Aus Julius Schnorrs Tagebüchern. Teil 3

Erlebnisse eines Dresdner Kommunalgardisten in den Maitagen 1849 Aus Julius Schnorrs Tagebüchern. Teil 3 (1901) von Franz Schnorr von Carolsfeld
Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904)
Rietschel und Hähnel. Zwei Briefe
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Aus Julius Schnorrs Tagebüchern.


Oktober.

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26) Montag ... Abends lesen wir Heiterethei zu Ende. Der Anfang des Buches befriedigte mehr, als das Ende. Doch ist es ein tüchtiges, tief durchdachtes Werk.

27) Dienstag ... Abends lesen wir aus dem Ludwig’schen Buche die zweite Geschichte: „Vom Regen in die Traufe“ ... Sie ist vortrefflich und erweckt die größte Heiterkeit der Zuhörer.

31) Samstag. Reformationsfest. Unser Hochzeitstag. Heute vor dreißig Jahren wurde ich mit Marie Heller verbunden ... Für den Abend sind Gabers ... und Hemken eingeladen ... Ein prachtvoller Strauß, mit rothseidenen Bändern gebunden, auf denen unser Wappen und ein schönes Richter-Bildchen gedruckt zu sehen, schmückt die Tafel. Gabers haben diese schöne Gabe dargebracht.

November.

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7) Samstag. Galerie-Kommission ... Das Porträt Steinla’s, von diesem selbst gemalt und der Galerie als Geschenk zugedacht, wird einstimmig für würdig zur Aufnahme erkannt ... Liszt gibt heute ein großes Concert. Ich habe die Absicht, dasselbe anzuhören, kann aber keinen Platz mehr bekommen ...

8) Sonntag ... Gegen Mittag erhalte ich von Joch endlich den längst erwarteten Probedruck nebst einem entschuldigenden Schreiben. Das Blatt „Des Johannes Geburt“ ist trefflich gearbeitet, und so ist man denn bald wieder mit der Langsamkeit des Arbeiters versöhnt. 1/25 Uhr begebe ich mich zur Fürstin Wittgenstein, wo zugleich auch Rietschels eintreffen. Außer uns sind Direktor Gruner und Alfred Meißner[1] Gäste an der Mittagstafel. Es geht ganz lebhaft zu. Geistreich ist die Fürstin, und die Prinzeß ist sehr liebenswürdig. Liszt war zu Herrn von Lüttichau eingeladen und kam erst nach Tisch. Mit ihm oder wenig später kommen Auerbach und seine Frau, dann Dawison, Gutzkow. Man bleibt bis gegen 6 Uhr. Liszt scheint schlecht aufgelegt und drückt sich bald mit einem Paar der Besucher bei Seite. Die Lebhaftigkeit der Unterhaltung wird dadurch nicht gestört, und ich befinde mich fortwährend im anregendsten Gespräch. Etwas ist mir zuwider. Die Fürstin raucht ...

9) Montag ... Auerbach sendet mir sein neuestes Büchlein, ein Kalenderbuch, das ich gestern schon bei der Wittgenstein gesehen habe. Die erste Erzählung hat Gellerts letzte Tage zum Gegenstand. Wir lesen diese Erzählung heute Abend. Diesem Gegenstand ist Auerbach nicht gewachsen. Den lieben, frommen und gottesfürchtigen Mann kann er zeichnen, aber nicht den Christen.

10) Dienstag ... Ade schickt mir einen Probedruck des Blattes „Jesus und die Sünderin“. Der junge Mann könnte sich etwas mehr Zeit lassen. Die Arbeit ist nicht schlecht; wie sehr unterscheidet sie sich aber von dem, was z. B. Joch macht! –

[10] 11) Mittwoch ... Gegen 1 Uhr bin ich wieder zu Hause, und mit mir zugleich kommt die Fürstin [von Wittgenstein], die Prinzessin und etwas später Liszt. Mit Ausnahme Liszt’s, welcher nach kürzerem Besuch sich wieder entfernt, bleiben unsere Gäste bis gegen 3 Uhr und lassen sich mit der Beschauung des Albums und meiner biblischen Zeichnungen bewirthen. Sie äußern sich etwas überschwänglich, sind aber sehr liebenswürdig und freundlich. Ich habe nur meinen Jammer wegen Verlust so vieler Tagesstunden, die ich meinen künstlerischen Arbeiten entziehen muß ...

14) Samstag. Wir wußten, daß Ludwig vorigen Sonntag als Robert auftreten sollte. Da wir von Ludwig noch keine Nachricht über den Erfolg erhalten, waren wir nicht ohne einige Sorge. Heute kam ein Brief aus Carlsruhe, an dessen Adresse ich Devrients Hand sogleich erkannte. Ich erschrak und fürchtete böse Nachricht. Der Inhalt war indessen nur erfreulich. Devrient berichtet, daß die schwere „Herzensprobe“ glücklich überstanden worden, daß Ludwig nun in volle Thätigkeit wieder eintreten werde, daß er (Devrient) jetzt „große Dinge mit ihm“ vorhabe. Keine Botschaft konnte uns erfreulicher und erwünschter sein. Devrient theilt mir auch mit, daß der Großherzog ein Benefiz für das Weberdenkmal bewilligt habe ...

15) Sonntag ... Wigand sendet mir meine Exemplare der nun erschienenen zwei Lieferungen meiner Bibel. Ich meine, sie gehören nicht zu den schlechtesten ...

16) Montag ... Robert ist also glücklich über die Bühne gegangen, und, da Grimminger krank geworden, studirt Ludwig nun seine Lieblingspartien, den Tannhäuser, Lohengrin, Masaniello etc. Gott erhalte ihm seine Gesundheit ...

17) Dienstag. Nach mehreren vergeblichen Versuchen, Peschel im Atelier zu finden, gelingt es mir heute, ihn und sein Bild zu sehen. Sein Altargemälde ist nun fast vollendet und macht ihm alle Ehre. Manches ist mir nicht recht daran, indessen schweige ich hiervon. Wer eine so schwere Aufgabe mit solchem Ernst löst, soll wegen des einen oder andern Bedenkens des wohlverdienten Beifalls nicht verlustig gehen ...

18) Mittwoch ... Museum. Schirmer hat ein Paar unserer schönsten Porträts von Rubens unter den Händen. In Schlichtheit und Strenge der Auffassung gleichen sie den Holbein’schen Porträts, an Glanz und Leben überbieten sie dieselben ...

19) Donnerstag ... Um 11 Uhr gehe ich zum Herrn Minister, der mich gestern bestellt hat. Der Minister theilt mir mit, daß der König von meinem Bericht über die Einrahmungsangelegenheit der Holbeinschen Madonna nun Kenntniß genommen und fürs erste sich dahin entschieden hat, daß auch der Hübner’sche und der letzte Gruner’sche Entwurf als Decoration im großen gemalt werden soll, wie bereits schon früher der Krüger’sche Entwurf ausgeführt worden ist, um dann vergleichen und wählen zu können ...

21) Samstag ... 12 Uhr Galerie-Kommission. Nur Rietschel fehlt. Wir sehen die prachtvollen Bildnisse von Rubens Nr. 810, 811, 813 und das schöne Porträt von Rembrandt Nr. 1164,[2] und es entspinnen sich dabei lebhafte Besprechungen, die indessen in eben der wohlthuenden Harmonie verbleiben, in welcher das Rembrandt’sche Werk gehalten ist ...

22) Sonntag ... Gegen Mittag erhalten wir famose Nachrichten von und über Ludwig. Gleichzeitig treffen Briefe aus Frankfurt und aus Carlsruhe ein. Marie theilt uns mit, was Paldamus in der Badischen Landeszeitung gelesen hat, daß Ludwig nun doch den Tannhäuser gesungen und, wie es heißt, „sich selbst übertroffen“ und großen Beifall geerntet hat. Und Ludwig schreibt, daß er unerwartet vom Director einen Tag vor der Aufführung den Bescheid erhalten hat, den Tannhäuser (der natürlich vorher schon von ihm einstudirt war) zu singen, nach einer einzigen Orchesterprobe die Partie ohne Fehler gesungen habe mit gleicher Kraft bis zum Schluß, drei Mal gerufen worden sei, nach jedem Act vom Director persönlich Lobsprüche erlangt und am nächsten Morgen völlig frisch sich befunden habe. – Abends besuchen uns Andreäs und Freund Rietschel. Die Nachrichten, welche letzterer uns über Rauchs Befinden mittheilt, sind äußerst betrübend. Die Aerzte haben wenig Hoffnung, ihn auch nur so weit wieder herzustellen, daß er nach Berlin transportirt werden kann.

24) Dienstag ... Ludwigs Ruhm ist übrigens auch schon in die hiesigen Zeitungen gedrungen. Es besucht mich gegen Abend Baron Carl von Binzer,[3] Bildhauer, von Rom kommend. Er hat einen schönen Auftrag zur Ausschmückung eines gräflich Hohenthalschen Schlosses[4] erhalten und wird nun hier bleiben, um Cartons zu zeichnen. Er erzählt mir viel von Cornelius, Wittig,[5] Wislicenus.[6] Seiner Richtung nach scheint er ganz einer der Unsern zu sein. Merkwürdig, daß jetzt so viele Umstände auf Hebung einer [11] ernsten monumentalen Kunstrichtung in Sachsen hinwirken.

25) Mittwoch. Ludwigs Angelegenheiten beschäftigen uns jetzt fortwährend, namentlich seine Wünsche in Betreff Dresdens. Frau Professor Gonne, die uns besucht, wird veranlassen, daß Graf Baudissin mit Herrn von Lüttichau deshalb redet ...

26) Donnerstag. Ludwigs Angelegenheiten nehmen einen raschen Gang. Seine Excellenz Herr von Lüttichau schickt zu mir, um fragen zu lassen, ob er mich zwischen 10 und 11 Uhr sprechen könnte. Gegen 11 Uhr kommt er dann wirklich, um sich zu erkundigen, wie lange Ludwig in Carlsruhe gebunden und ob es mir recht sei, wenn derselbe in Dresden engagirt werde. Da meine Antworten seinen Absichten günstig sind, so erklärt er seinen Entschluß, noch heute an Ludwig und an Devrient schreiben zu wollen, um zunächst zu veranlassen, daß Ludwig um Neujahr hier ein Paar Gastrollen gebe, und im Fall einer Verständigung dessen Engagement für nächsten Sommer anzubahnen ... Von Bethmann-Hollweg[7] erhalte ich einen Brief, in welchem er mir Notizen gibt über die Angelegenheiten der religiösen Kunst und seinen Wunsch ausspricht, mit mir hier in Dresden, etwa nächsten Sonntag Abend, eine Besprechung über diesen Gegenstand haben zu können. Ich schreibe ihm sogleich wieder, daß solch eine Besprechung mir ganz lieb sein wird. – Abends besuche ich Rietschel, der etwas unwohl ist. Durch ihn erfahre ich, daß auf seine (Rietschels) Veranlassung Carus mit Herrn von Lüttichau wegen Ludwigs gesprochen hat und daß also der Besuch von diesem Morgen Rietschels und Carus freundlicher Vermittlung zuzuschreiben ist ...

27) Freitag ... Langer Besuch bei Rietschel und lebhafte Besprechung meiner Absicht, die Albrechtsburg in Meißen zur Ausschmückung vorzuschlagen. Rietschel findet den Gedanken gut. Oppermann, der zugegen, meint, die Stände würden die 5000 Thaler jährlich nicht bewilligen. – Lesung aus dem modernen Vasari von W. Schadow. Die Abschnitte, die wir heute lesen, sind unbedenklich, freilich aber auch unbedeutend. Nun werden wir weiter sehen. – Hemken ist bei uns zum Thee, und wir sehen dann das große Buch an, in welchem eine größere Anzahl von Zeichnungen des Papa Olivier,[8] Schwinds und solche, die ich nach alten und andern Meistern zeichnete, vereinigt sind.

28) Samstag. Die kurze Darlegung meiner Ansichten in Betreff des Postulats für Kunstzwecke beschäftiget mich. Nur wenige Stunden habe ich jetzt zur Arbeit, diese wenigen muß ich jetzt fast ganz den mehr und mehr sich anhäufenden Schreibgeschäften widmen. Museum. Der kleine Giotto von Steinla ist da, ein ganz unbedeutend Bildchen, nur dadurch getragen, daß es das Gepräge seiner Zeit an sich hat. Man wird es annehmen als Theilchen dessen, was man bereits von Steinla hat. Schirmer hat die Bildnisse von Rembrandt Nr. 1163 [jetzt 1571] „Ein Mann mit Barett“ [= „Bildniß des Alten mit dem Stocke“] (dieses und der Ueberwurf sind schwerlich von Rembrandts Hand) und 1161 [jetzt 1564] „Eine Frau mit einer Goldwage“ (man sagt, des Künstlers Mutter), aufgefrischt und den ursprünglichen Glanz ihnen wieder verliehen. Richter und Gaber lade ich schriftlich zu der Besprechung mit Bethmann-Hollweg für morgen Abend ein ...

29) Sonntag. von Bethmann-Hollweg ist bereits hier und sucht mich am frühen Morgen auf. Er kommt dann noch einmal nach der Kirche, um mit mir allein unsere Angelegenheiten zu besprechen. ... Abends bei guter Zeit vereiniget sich die kleine Gesellschaft. Gonne hatte sich zufälliger Weise eingestellt. Die Herren Andreä, Richter und Gaber waren meiner Einladung freundlichst gefolgt ... Unsere Besprechung wurde ... in sehr freier Form abgehalten. Die Hauptsache war, daß Hollweg Richter, Gaber und Andreä kennen lernte und ihre Meinung erfuhr hinsichtlich der Förderung religiöser Kunst. Diese gieng dahin, das Vorhandene vor allem in Gang zu lassen, zu fördern, wo es sich thun läßt; aufzumerken, wo ein Bedürfniß sich zeigt und nach Kräften da einzugreifen. Mit Institutionen und Satzungen soll man sparsam sein, die Leute, die hier durch den Kunstverein oder auf andere Weise auf dem Gebiete thätig sind, soll man mit Zumuthungen verschonen. Die Besprechung war sehr angeregt, und man (Gonne hatte sich schon früher zurückgezogen) trennte sich erst nach 10 Uhr.

30) Montag. von Bethmann-Hollweg geht nach Leipzig, um dort für gleiche Zwecke mit Wigand und andern zu reden ... Nach 11 Uhr finden wir uns im Museum. Gonne und Andreä sind auch da. Der Erstere führt uns dann, wie verabredet, zu seinem Altarbild. Bei der Gelegenheit sehen wir auch Peschels Altarbild, das in der letzten Zeit sehr gewonnen hat. Nach Tisch verläßt der theure Mann Dresden, ich begleite ihn noch in sein Hotel ... Am Abend sind wir allein und lesen aus Schadows modernem Vasari und aus Immermanns Münchhausen. Ersterer ist sehr langweilig.

December.

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1) Dienstag ... Ludwig dagegen berichtet mehr Neues, als wir erwarten konnten, wenigstens erwartet haben. Herr von Lüttichau hat an ihn und Devrient in der Weise geschrieben, wie er uns gesagt hat. Devrient erklärte aber, um Neujahr Ludwig nicht entbehren [12] zu können. Was also die Gastrollen um diese Zeit betrifft, so wird Lüttichaus Absicht nicht erreicht werden. Dagegen ist Ludwig entschlossen, ein Engagement, wenn es nach den von ihm im Sommer zu gebenden Gastrollen ihm von der hiesigen Intendanz angetragen wird, unter allen Umständen anzunehmen. Das ist der eine Punkt, und da erfahren wir nichts, was uns unerwartet kam, der andere ist aber viel wichtiger. Ludwig hat sich mit Fräulein Garrigues verlobt ...

3) Donnerstag ... Heute, Morgens 7 Uhr, ist Rauch endlich seinen Leiden unterlegen. Es ist eine herbe Schickung, nach dem achtzigsten Jahre dem eigenen Hause entrückt, an einen fremden Ort versetzt, mit einem furchtbar schmerzhaften Leiden auf das Krankenlager geworfen zu werden zum Nimmerwiederaufstehen. Seine Leiche wird nach Berlin geschafft. Die Theilnahme ist außerordentlich groß ...

5) Samstag. Um 12 Uhr wird Rauchs Leiche in feierlichster Weise aus der Wohnung in der Lüttichau-Straße nach dem Neustädter Bahnhof gebracht, von wo sie dann nach Berlin geschafft wird. Glockengeläute verkündet der ganzen Stadt, daß der Trauerzug in Bewegung ist. Rietschel ist durch ernstliches Unwohlsein verhindert, dem Zug sich anzuschließen. Auch ich enthalte mich, die Leiche zu begleiten, da ich noch immer mit meinem Husten geplagt bin ...

7) Montag ... Museum. Verständigung mit Professor Hähnel, den ich zufällig daselbst finde, über die Grundsätze, nach denen bei etwaiger Bewilligung des Postulats[9] verfahren werden soll. Hähnel meint ebenso wie Hettner, daß ich den Corridor des Museums ausmalen soll! Ich habe nicht die mindeste Lust, auf diese Gedanken einzugehen, und denke jetzt überhaupt noch nicht an Personen, sondern an die Sache. Allerdings sind Sachen und Personen in unserm Fall schwer zu trennen.

9) Mittwoch ... Museum. Schirmer hat van Dycks Silen, dem ich den garstigen Lappen von den Lenden weggenommen, den Hübner ihm umgehängt, und dafür sein Ziegenhaar zur Bekleidung derselben wiedergegeben habe, in das Restaurationszimmer bringen lassen, um das Bild ein wenig aufzufrischen. Unsere Restauration hat sich vortrefflich gehalten und ist mit der alten Malerei ganz verwachsen ...

14) Montag ... Besuch bei Baron von Binzer. Seine Arbeiten gefallen mir sehr gut, besonders die Zeichnung zu einem Bilde, das er in Venedig im großen auszuführen begonnen hat, die Bestattung von Abrahams Leiche. Zu der Geschichte des Hauses Hohenzollern, welche Binzer in dem gräflich Hohenthal’schen Schloß in vielen Bildern darstellen soll, sind zwei Zeichnungen fertig. Auch diese Entwürfe zeugen von einem Talent, durch welches das deutsche Streben der guten Römischen und Münchner Zeit in rühmlicher Weise fortgesetzt werden wird ...

15) Dienstag. Rietschels Geburtstag. Gratulationsbesuch bei dem Freund und Nachbar ... Andreä liest uns mehrere Abschnitte aus Reichenspergers „Fingerzeige auf dem Gebiete der kirchlichen Kunst“ vor, ein schönes und interessantes Buch, nur etwas zu leidenschaftlich katholisch.

17) Donnerstag ... Museum. Das Bild von Franciabigio, die Geschichte des David, der Bathseba und Urias darstellend, ist muthwillig beschädigt worden, indem an zwei nackten Frauen links ein paar tiefe, wenn auch kleine, Kritzer eingegraben worden sind. Schirmer wird das Bild sogleich wiederherstellen ...

18) Freitag ... Sitzung des akademischen Raths ... Professor Steinla stellt den Antrag, daß der akademische Rath auf Verbesserung oder vielmehr Verschönerung des Gepräges der Landesmünzen hinarbeiten möge, da sowohl die Porträts unserer Könige, wie auch die Wappen auf der Kehrseite weit hinter dem Gepräge fremder Landesmünzen zurückstehen. Namentlich rügt er die Monotonie in den Bildnissen. Während von den Fürsten anderer Länder alle 5–6 Jahre ein neues Bildniß des Fürsten gegeben werde, sei bei uns während der achtzehnjährigen Regierung unseres verstorbenen Königs immer nur ein und dasselbe verwendet worden ...

23) Mittwoch ... Obermann bringt mir einen Probedruck des Blattes „Die Verklärung Christi“. Er hat sich viel Mühe damit gegeben, und ich bin zufrieden ...

26) Samstag. Zweiter Feiertag. Zur Erfüllung meines an Sohn Eduard gegebenen Versprechens, zeichne ich heute Vormittag die Eintrittskarte zum Ball der polytechnischen Schüler ... Um 4 Uhr begebe ich mich in das Gartenpalais, Lange Gasse, zu Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Georg, welcher mich zur Tafel geladen hat. Die Herren Minister Behr und von Zeschau, Geh. Rath Kohlschütter ... alles in allem 15 Personen waren anwesend ... Geh. Rath Kohlschütter sagt mir viel Freundliches über meinen Antrag, die Albrechtsburg in Meißen künstlerisch wiederherzustellen und zu schmücken. Ueberhaupt scheint der Gedanke Anklang zu finden. Von mehreren Seiten wird von der Restauration der Albrechtsburg gesprochen in meinem Sinne, ohne daß man weiß, daß die Sache von mir angeregt worden ist ...

30) Mittwoch ... Mittags kommt ein famoser Brief von Ludwig an. Wir erfahren, daß Devrient in der Berufungssache rein ist. Er hat den von ihm an Herrn von Lüttichau geschriebenen Brief kommen [13] lassen und Ludwig vorgelegt. Er hat von Ludwig in vortheilhaftester Weise geschrieben, aber allerdings denselben erst für 1859 zur Verfügung gestellt, da dessen Gebundenheit bis zum September dauert. Lüttichau hat nun Tichatscheck von neuem engagirt und ohne Noth bei dem Absagebrief an Ludwig Gründe angeführt, welche annehmen ließen, daß Devrient Ludwig als unfähig geschildert hätte, Tichatschecks Stelle einzunehmen. Nun ist ein neues Engagement Ludwigs für Carlsruhe verabredet und dem Abschluß nahe ...

3) Sonntag. Es ist heute des Geh. Rath Carus Geburtstag, und ich bin zur Feier desselben für den Abend eingeladen. Da ich nun im vorigen Jahr auf Bestellung eine Zeichnung für ihn fertigte, die ihm, ohne daß ich es wußte, von den Seinigen geschenkt wurde, und da ich doch große Verehrung für den Mann gewonnen und mancherlei Güte und Freundlichkeit von ihm erfahren habe, so nehme ich heute Gelegenheit, ihm eine Zeichnung zu schenken. Ich wähle zum Geschenk die Zeichnung: „Wie der Erzengel Michael Mosis Leiche vor dem Angriff des Satans beschirmt“. Die Aufmerksamkeit wird gut aufgenommen, und ich empfange den Dank dafür, als ich mich am Abend in dem Hause einstelle. Die Gesellschaft ist eine sehr große, kaum kann das Haus sie fassen. Sie ist auch eine gewählte; es fehlt nicht an vornehmsten Personen, ebenso wenig an Künstlern. Rietschel ist seit seiner Krankheit zum ersten Mal wieder in großer Gesellschaft. Andreä und von Binzer sind da. Man hört vortreffliche Musik. Den Anfang macht ein großes Quartett von Mozart. Dann singt die Bürde-Ney. Zum dritten hört man eine Sonate von Weber für Pianoforte und Clarinette. Was weiter kommt, weiß ich nicht, da ich am Schluß der Sonate mit Andreä mich entferne ...

7) Donnerstag ... Indessen bin ich mit der Aufzeichnung des Einzugs in Jerusalem fertig geworden. Es ist ein sehr reiches Blatt und es verdiente wohl gut geschnitten zu werden ... Nach dem Thee wird wieder aus „Friedrich der Große“[10] gelesen. Heute wird die Frauenzimmerschreiberei fast unerträglich. Nur der Stoff trägt das Buch. – In der Allgemeinen Zeitung finden wir einen Kunstbericht über ein Bild des russischen Malers Kotzebue, welches überaus gelobt und davon Veranlassung genommen wird, über die Historienmalerei der dahingehenden Klassischen weidlich loszuziehen. Unsere Kunst wird jetzt die „akademische“ genannt und dagegen das Panier der gegenwärtig regierenden, in meinen Augen nur Anekdoten-malenden Historienmaler hoch geschwungen. Dieses in München, während wir hier der monumentalen Kunst zu ihrem Recht verhelfen wollen. So verändern sich die Zeiten.[11]

8) Freitag ... Um 5 Uhr Sitzung des akademischen Raths. Der Vorsitzende erwähnt die Eingaben in Betreff des Postulats für Kunstzwecke ... Die eingegangenen Aufsätze waren heute Vormittag in meinen Händen ... Sie sind interessant und bezeichnend. Hettner hat sich ganz in Uebereinstimmung mit mir ausgesprochen, ebenso Hähnel, im wesentlichen auch Rietschel. Bendemann hat nur von der Organisation der Verwaltung gesprochen, dabei dem Verein der selbstständigen Künstler eine große Rolle zugedacht, im ganzen, wie mir scheint, die Rechnung etwas ohne den Wirth gemacht. Hübner hat auch die Aufträge und die Bezahlung bedeutend in den Vordergrund geschoben. Richter, Nicolai, Heine haben sich gar nicht ausgesprochen ...

9) Samstag ... Den Abend bringen wir bei Rietschels zu. Außer uns (fünf Personen) sind Andreäs und die Brüder Dorer[12] zugegen. Wir sind sehr heiter beisammen. Ich lerne auch Herrn von Schober aus Wien[13] kennen, der sich zufälliger Weise bei Rietschel eingefunden hatte.

11) Montag ... 3/45 Uhr stelle ich den Act. Wir haben ein neues Modell, einen himmelhohen Kerl, der gut gebaut und muskulös, nur etwas zu alt ist, um ganz brauchbar zu sein ...

12) Dienstag ... 5 Uhr Hauptcorrectur des Actes. Man merkt, daß die Schüler die Verhältnisse des neuen Modells nicht gewöhnt sind. Bei den meisten Zeichnungen sind diese auf das gewöhnliche Maß herabgesetzt. Um so nothwendiger ist es, dem Schüler immer neue Individualitäten vor Augen zu stellen.

13) Mittwoch ... Die beiden kleinen Berchems aus dem Vorrath, braun in braun gemalt, sind in der Galerie aufgestellt worden und nehmen sich sehr schön aus. In den nächsten Tagen werden noch einige Veränderungen vorgenommen werden, die ich mit Schirmer verabredet habe. – 4 Uhr Direktorialversammlung des Kunstvereins. Konstituierung des Direktoriums. Geh. Rath Spitzner lehnt die auf ihn gefallene Wahl zum Vorsitzenden ab, nimmt aber, nachdem nun Hettner fast einstimmig zum Vorsitzenden gewählt wird, die Stellvertretung an ...

[14] 15) Freitag ... Es besucht mich Herr Wittering, Sekretär der Akademie in Amsterdam, der Dresden zum ersten Mal besucht. Unsere Galerie macht einen starken Eindruck auf ihn, und er erklärt, daß die Pariser, namentlich in Ansehung der Räumlichkeiten und der Aufstellung, ihn lange nicht so befriedigt habe ...

16) Samstag ... 12 Uhr Galerie-Kommission. Schirmer hat die „Taufe“ von Francesco Francia in das Restaurationszimmer bringen lassen, an welcher sich einige Theile zu lösen drohen. Sodann ist auch die „Anbetung der Hirten“ nach Raphael[14] auf der Staffelei, die trotz des Parquets sich bedeutend krumm gezogen hat. Bei ersterem Bild muß mit dem Balsam das Mögliche gethan werden, bei dem letzteren wird beschlossen an den Seiten des Bildes Leisten einzufügen, welche der Bogenlinie desselben folgen und die Lücke zwischen Bild und Rahmen decken. Das Bild, das schon seit lange unverändert in diesem Zustand ist, mit Gewalt in seine ebene Lage zu bringen, wird für unthunlich gehalten. Endlich wird Hübners erneuerter Vorschlag, die Magdalena von Correggio [?] wieder in dem alten, mit Steinen verzierten Silberrahmen aufzustellen, in Erwägung gezogen. Die Mitglieder der Kommission sind außer Hübner zwar der Ansicht, daß das Bild mit einem neuen Rahmen zu umgeben, der alte Silberrahmen aber nicht mehr in Anwendung zu bringen sei ...

18) Montag ... Besuch bei Binzer. Zwei der neulich gesehenen neuen Kompositionen finde ich mit Berücksichtigung meiner Bemerkungen umgeändert. Sie haben außerordentlich gewonnen. Außerdem sehe ich das Zimmer mit vielen Zeichnungen und Farbenskizzen dekorirt, die von dem Reichthum und Umfang des Talentes ihres Urhebers eine günstige Meinung erwecken ...

20) Mittwoch ... Museum. Schirmer hat an der „Taufe“ des Francia die losen und gehobenen Farbentheile nach vorheriger Erweichung und Tränkung mit dem Balsam copaivae glücklich niedergelegt, und das Bild wird auf lange Zeit wieder halten. Die Abnahme der gelben und trüben Oberfläche des Bildes ist zu gefährlich, als daß Schirmer nicht davon abstehen sollte. Zu Hause finde ich von Bethmann-Hollwegs Vortrag über „Christenthum und bildende Kunst“, welchen derselbe auf dem Kirchentage zu Stuttgart gehalten hat. von Bethmann-Hollweg sendet mir die Schrift selbst. Dieselbe scheint mir ganz vortrefflich. Meines Bibelwerks ist ehrende Erwähnung geschehen ...

21) Donnerstag ... Die „Taufe Christi“ von Fr. Francia macht heute bei dem hellen Wetter und nach der Reinigung einen herrlichen Eindruck ...

22) Freitag ... Sitzung des akademischen Raths ... endlich wird auch die Kommission gewählt, welche auf Grund der eingegangenen Einzelgutachten in Betreff der 5000 Thaler, deren Bewilligung von den Ständen erbeten und gehofft wird, die Vorarbeit für den Vortrag an den Landtag liefern soll. Es werden Professor Hettner, Bendemann und ich gewählt. Kaum war die Sitzung zu Ende, als ich durch Georg Rietschel[15] die Mittheilung erhalte, daß in unserer Wohnung Feuer entstanden, aber die Gefahr beseitiget sei, ich jedoch in der bereit gehaltenen Droschke mich sogleich nach Hause verfügen solle. Dort angekommen finde ich die Wohnung mit Feuermännern und Gensdarmes nebst den Meinigen gefüllt. Julius und Georg sind zu Rietschels in Sicherheit gebracht worden. Alles schwimmt in Wasser. Der Boden im großen Zimmer wird nächst dem Schlafzimmer aufgehauen. Der Balken, welcher hier längs der Wand liegt, brannte großentheils ... Die Hausfrau hat sich vortrefflich benommen; aber auch die Löschmannschaft. Polizei und Dienstleute, wie die Kinder, haben alle nach ihrem Beruf und ihrer Art sich bestens gehalten. Um 9 Uhr ist jede Gefahr beseitigt, und die Polizei und die Löschmannschaft mit ihrer Handspritze begeben sich weg. Sechs Mann Feuerwächter bleiben in dem Salon während der ganzen Nacht ... Herr Dr. Hübner,[16] Lehrer in der Blochmannschen Anstalt und noch aus der guten Zeit uns befreundet, stellt sich im Beginn der Gefahr ein, dringt auf das Herbeibringen der Spritze, ist dann aufs dienstfertigste zur Hand und verläßt uns erst nach völliger Beseitigung der Gefahr ...

23) Samstag. Wir erleben den Morgen ohne weitere Sorgen und haben nur der wunderbaren Bewahrung zu gedenken, die wir erfahren haben. Unser Eigenthum ist unbeschädiget ...

25) Montag ... Um 5 Uhr kommen Hettner, Bendemann und ich zusammen im Sitzungszimmer der Akademie, um jene vom akademischen Rath uns übertragene Vorarbeit zu beginnen. Wir tauschen heute unsere Ansichten gegen einander mit aller Offenheit, jedoch friedlich, aus. Wir stehen einander näher, als wir wohl glaubten. Bendemann ist ein Repräsentant der gegnerischen Ansicht, der es jedenfalls ernst, redlich meint und einer wahren Kunst nichts vergibt. Hettner, welchem die Aufgabe zufällt, unsere Meinungen zusammenzufassen, das Uebereinstimmende unter einen Ausdruck zu bringen und dem Abweichenden auch Rechnung zu tragen, findet sich noch nicht in seine [15] Stellung, weshalb wir heute noch völlig in den Vorberathungen stehen bleiben ...

27) Mittwoch ... Um 5 Uhr setzen Hettner, Bendemann und ich unser Werk, über ein Programm uns zu vereinigen, fort. Hettner hat einen trefflichen Aufsatz abgefaßt, den ich gern unterzeichne, obwohl er die möglichsten Zugeständnisse für Bendemann enthält. Es ist ja im Interesse der Sache, eine Vereinigung möglich zu machen. Bei alledem ist Bendemann noch nicht zufrieden und nach unendlich langen Erörterungen, bei denen sich übrigens Bendemann als ernster, denkender und achtungswürdiger Mann erweist, kommt es darauf hinaus, daß ich den Hettnerschen Aufsatz unterzeichne, Bendemann aber eine Separaterklärung abgibt ...

29) Freitag. Ich begebe mich in Andreäs Atelier, um das nun vollendete Porträt meiner Frau zu sehen. Es ist ganz das geworden, was es schon bei der ersten Anlage zu werden versprach, nämlich ein sprechend ähnliches und in jeder Beziehung trefflich durchgeführtes Bildniß. Andreä hat schon erklärt, daß er es uns schenkt, und wir werden daran einen rechten Schatz besitzen ...

30) Samstag. Galerie-Kommission. Sämmtliche Mitglieder sind zugegen. Es wird heute nochmals die Einrahmungsangelegenheit der Magdalena von Correggio berathen, und zwar haben wir heute das Bild selbst bei der Hand, um es in dem alten Silberrahmen zu sehen. Die früher erhobenen Bedenken werden durch den Anblick des Bildes in demselben nicht gehoben. Nur Hübner meint noch immer, der schmutzige dunkle Silberton thue dem Gemälde keinen Schaden, wiewohl er im übrigen anerkennt, daß die Umrahmung zu dürftig sei und jedenfalls nochmals mit Gold oder anderem umgeben werden müsse, um in der Galerie neben den andern Bildern angemessen zu erscheinen. Diese Erwägungen werden endlich durch den Umstand bei Seite geschoben, daß sich heute bei dem Einpassen des Bildes in den Silberrahmen zeigt, daß er in der Breite wie in der Höhe des Bildes so klein ist, daß fast ein Zoll desselben bedeckt wird. So läßt denn auch Hübner seinen Antrag fallen, und es wird schließlich festgestellt, daß ein neuer Rahmen in der Form der Galerie-Rahmen gemacht werden soll ... Die Evangelisten von Meister Unbekannt Nr. 88[17] sollen gründlich gesichert und die Tafel parquetiert werden ...

Februar.

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1) Montag ... Wieder ein Brief von Klenze. Ich soll an die Hofbau-Intendanz berichten, daß ich gesonnen sei, die Nibelungen wieder aufzunehmen, und zwar in diesem Jahr Zeichnung und Carton zu einem der Hauptbilder zu beginnen ...

2) Dienstag ... Besuch bei Rietschel. Ich bringe ihm meinen Glückwunsch zu dem Auftrag, Luthers Denkmal in Worms auszuführen. Rietschel bekennt, daß ihm ein schönerer und erwünschterer Auftrag nicht hätte werden können. Er hat bereits seine Gedanken geordnet, und man darf nicht zweifeln, daß das Werk herrlich werde. Gott erhalte und stärke ihn! Auch Hähnel hat einen Auftrag, und zwar für Dresden. Er soll die Statue des höchstseligen Königs Friedrich August ausführen ...

3) Mittwoch ... Nachmittag 4 Uhr Direktorialversammlung des Kunstvereins. Ein Bild von Oer wird gekauft. Gegenstand aus Friedrich des Großen Jugend. Der Künstler scheint aus der Mühlbach geschöpft zu haben, also mehr Wasser (und nicht einmal reines) als Geist. Dieses Bild ist von einer nicht unbedeutenden Anzahl von Actionären zur Vervielfältigung als Vereinsblatt vorgeschlagen ...

4) Donnerstag ... Von Wigands Buchhalter erhalte ich einen Brief, in welchem sich überaus traurige Nachrichten befinden. Um Neujahr erkrankte Herr Wigand und sein Leiden nahm einen so schlimmen Verlauf, daß man ein nahes Ende fürchtete ...

5) Freitag ... Im Museum die Zusammenfügung des Holzbildes Nr. 88 begonnen. Ich habe mir durch die Anstellung des Müller[18] um die Galerie ein Verdienst erworben ...

6) Samstag ... Museum. In das Restaurationszimmer ist die große Landschaft von Uden Nr. 920 [jetzt 1135] gebracht worden. An einigen Stellen ist das Bild brüchig und blättert, namentlich wo die Leinwand zusammengenäht ist. Doch wird unser Balsam auch hier Hülfe bringen. Ich hatte das Bild noch nie ordentlich gesehen, weil es immer etwas hoch hing. Jetzt endlich wird der Werth desselben mir näher bekannt. Man streift gern in der Landschaft herum, überall stößt man auf Interessantes. Die Figuren mögen wohl von Teniers sein[19] ... Abends sind wir allein und beginnen ein Buch zu lesen von Mügge.[20] Der Anfang ist überaus spannend. Es wird der schauerliche Vorfall erzählt, welchen auch Schelling zum Gegenstand eines Gedichts[21] gewählt hat.

7) Sonntag ... Es zirkulieren jetzt die Eingaben der zur Vorarbeit für die Befürwortung des Postulats von 5000 Thalern berufenen Kommission. Bendemanns [16] Separatvotum ist mit einer gewissen Begeisterung und mit Geschick abgefaßt, und ich erwarte, daß es die Majorität des akademischen Raths, der nächsten Freitag über die Sache entscheiden wird, sich erwirbt. Bei alledem kann ich demselben nicht beistimmen. Was zu Gunsten der Staffeleimalerei gesagt ist, paßt besser für einen Lehrplan der Akademie als für Aufstellung der Motive, welche den Staat zur Theilnahme an Hebung der Kunst auffordern und bestimmen sollen ...

10) Mittwoch ... Um 10 Uhr Morgens erhalte ich von Herrn Theodor Cichorius[22] die Nachricht von Wigands Tod. So hat der brave edle Mann also geendet. Er starb in der Nacht vom neunten zum zehnten 3 Uhr Morgens. Welch ein schmerzlicher Verlust! ...

12) Freitag ... Museum. Lankaus Dekorationen sind im Direktorialzimmer aufgestellt, nämlich sowohl die nach dem Grunerschen Entwurf, als auch die früher gefertigte, nach dem Krügerschen Entwurf. Die erstere hat gegen meinen Rath den Fehler der kleinen Zeichnung beibehalten, nämlich den zu hohen Unterbau. Dadurch kommt das Bild zu hoch zu stehen. Käme dieser Entwurf zur Ausführung, so müßte dieses geändert werden ... 5 Uhr Sitzung des akademischen Rathes ... Die Schriftstücke der neulich in Angelegenheiten des Postulats gewählten Kommission, welche bereits bei den Mitgliedern des akademischen Raths zirkulierten, kommen zur Diskussion. Die Besprechung ist eine sehr lebhafte und langwierige. Kein Theil gibt seine Meinung auf. Einige Mitglieder sind für die Bendemannsche, andere für die Auffassung der Hettnerschen, auch von mir angenommenen Schrift. Einige erklären diese Schriften noch nicht aufmerksam genug gelesen zu haben, um ein Urtheil abgeben zu können. So sollen denn die Schriftstücke noch einmal zirkulieren ...

[38] 15) Montag. Ein gewisser Herr Voigt aus Leipzig sucht mich auf, um in Angelegenheiten des Wigandschen Hauses mit mir zu sprechen. Er ist zum Testamentsvollstrecker ernannt worden ... Herr Voigt zieht bei mir Erkundigungen wegen des Bibelwerks ein. Man wünschte, daß es möglich sein möchte, dem Umfang desselben eine engere Gränze als die angenommene [39] stecken zu können. Das ist aber nicht möglich. Im Fall, daß man das Bibelunternehmen in andere Hände wollte übergehen lassen, verspreche ich meine Beihülfe und Verwendung. Herr Sal. Hirzel führt einstweilen das Geschäft ..

16) Dienstag ... Aus Amsterdam erhalte ich die Nachricht, daß ich zum Ehrenmitglied der dortigen Akademie ernannt worden bin ... Im Museum treffe ich Anordnung, daß die Herodias Nr. 17 (von einem Mailänder)[23] mit dem Christus von Carlo oder Agnese Dolci vertauscht und so nahe vor die Augen gebracht werde. Den Abend bringen wir bei Andreäs zu. Andreä liest uns zwei Artikel aus der Augsburger Allgemeinen Zeitung vor, von denen der eine Kaulbachsche Arbeiten zu Goetheschen Werken ziemlich scharf kritisiert, der andere wieder einmal von der historischen Einleitung des Hübnerschen Katalogs spricht ...

17) Mittwoch ... Zu Hause finde ich einen recht schönen Probedruck von der Platte, die Ant. Joerdens geschnitten hat, die Wunderbare Speisung des Volks darstellend ...

18) Donnerstag. Atelier. Museum. Schirmer ist fleißig an den Evangelisten Nr. 88 [jetzt 831]. Wir haben keinen Zweifel, daß das Bild die Arbeit eines Niederländers ist, und sinnen darnach, wo wir es in der Hauptetage auf der Niederländer-Seite passend placieren könnten[24] ... Da ich für Rietschel in der nächsten Woche den Act besorgen werde, so besichtige ich mir heute den in dieser Woche von Hähnel gestellten oder vielmehr gelegten. Hähnel hat dem Modell die Stellung des Adam von Michael Angelo (Schöpfung) gegeben, und der Act ist wunderschön ...

23) Dienstag ... Beendigung der Reinschrift meiner Erklärung in Sachen des Postulats. Da mir daran gelegen ist, mit Hettner in Uebereinstimmung zu handeln, so gehe ich zu ihm und lese ihm die Schrift vor. Er ist sehr damit zufrieden und ist einverstanden, daß ich sie gleich in das Ministerium bringe, damit sie mit den andern Schriften, die noch nicht in Umlauf gesetzt sind, circuliere ...

25) Donnerstag ... Museum. Die schöne Herodias aus der Schule des Da Vinci ist von Schirmer (viel fehlte nicht) völlig in Stand gesetzt. Wir werden dieses bedeutende Bild nun statt des Christus von Dolci in die untere Reihe hängen ...

27) Samstag ... Es ist dann Zeit, in das Museum zur Kommission sich zu verfügen. Dieselbe ist vollzählig bei einander. Die Herodias (Schule des Da Vinci) wird mit großer Bewunderung betrachtet und, wenn auch nicht dem Da Vinci zugeschrieben, doch desselben eher werth erachtet, als manches Bild, das von ihm sein soll. Die Restauration, die jetzt geschehen ist, befriediget vollkommen. Leider ist aber der untere Theil des Bildes, die Hände der Herodias und das Haupt des Johannes, nicht gut erhalten und auch nicht so gut restauriert worden, wie es jetzt geschehen sein würde ...

28) Sonntag ... Ich besuche Rietschel, der mich zu sprechen wünscht. Er ist etwas in Aufregung über einen Brief des Bildhauers Scholl in Darmstadt, welcher verlangt, zu einer Konkurrenz um das Luther-Denkmal zugelassen zu werden, das doch schon Rietschel übertragen ist. Rietschel hat nicht die mindeste Verpflichtung, auf so närrische Forderungen Rücksicht zu nehmen. Bei dieser Gelegenheit theile ich Rietschel auch meine Ansicht mit, daß es nicht angemessen sein würde, Luther im Mönchshabit darzustellen, wie Rietschel es vor hat ...

1) Montag ... Ein sehr guter Brief von Ludwig. Sein Contract ist im Reinen ... Der Contract tritt mit 2. Juli d. J. in Kraft und ist giltig bis 1. April 1860. Es geht ihm auch sonst sehr gut. Wenn Gott ihn gesund erhält, so ist er nun ein gemachter Mann ...

3) Mittwoch ... Atelier. Peschel ladet mich ein, sein Altarbild zu sehen, das nun fast fertig ist. Es hat noch sehr gewonnen und ist mit großem Ernst durchgeführt ... Abends 6 Uhr Weber-Komitee. Unsere Briefe an die Fürsten zur Gewährung von Theatervorstellungen zum Besten des Denkmals haben bis jetzt ganz geringen Erfolg gehabt. Anderes verspricht reichlicheren Ertrag. Frau Bürde-Ney will einige Concerte geben mit großmüthigster Aufopferung eigenen Gewinns zum Besten des Denkmals.

4) Donnerstag ... Obermann bringt mir einen Abdruck der Platte: „Die Einsetzung des heiligen Abendmahls“[25]. Die Arbeit ist nicht glücklich ausgefallen. Es fehlt an den Köpfen. – Für den Abend erwarteten wir Prof. L. Richter, Gaber, Andreäs. Unerwartet kommen aber die alte Sachße, nebst Sohn, Tochter und Schwiegertochter, sodann der junge Lohse[26] (mit Eduard) und Hemken, so daß wir auf einmal eine große Gesellschaft um uns versammelt sehen, die bewirthet sein will. Doch ist die Hausfrau an solche Ereignisse gewöhnt, unsere Gäste erwarten nicht viel, und alles geht vortrefflich. Mit Richter bespreche ich unsere Postulatsangelegenheit, unsere beiderseitigen Köpfe können sich aber von den einmal gewonnenen (in diesem Fall auseinandergehenden) Anschauungen nicht trennen.

5) Freitag. Bußtag ... Retouche des Blattes von Obermann und nochmalige Durchsicht der neuen Aufzeichnung [40] für Steinbrecher. Ich bringe sodann diesem die Platte, jenem den Probedruck, wobei ich erfahre, daß Obermann, allerdings in guter Absicht, an dem Christuskopf feinere Strichlagen geschnitten hat, als ich gezeichnet habe, wodurch der Kopf verdorben ist. Nachmittag besuche ich Rietschel, um ihm den Besuch der Theaterdirektoren anzukündigen. Wir kommen nachher auf das Postulat für Kunstzwecke zu sprechen, und er erklärt sein Einverständniß mit mir, obwohl er meint, daß unter den jetzigen Verhältnissen, da der Realismus unzweifelhaft zur Herrschaft gelangen werde, unsere Wünsche für die Belebung der monumentalen Kunst keinen durchgreifenden Erfolg haben würden Abends bei Graf Bose, wo Geh. Rath Carus seine in zwei Aufsätzen niedergeschriebenen Gedanken über Paul Veronese und über Ruisdael vorliest. Die Aufsätze sind sehr geistreich und voll tiefer Blicke in das wahre Wesen der Kunst. Geh. Rath von Langenn und Gruner sind zugegen, sonst ist niemand da ...

6) Samstag ... Museum. Correggios Magdalena nimmt sich in dem neuen Rahmen sehr gut aus. Auch die Mailänder Herodias und die Copie nach Correggio (Verlobung der heiligen Katharina) an den neuen Plätzen wirken vortrefflich und können nun auch sehr gut gesehen werden. Die beabsichtigte Umhängung im Rembrandt-Saal stößt aber auf Schwierigkeiten und wird zunächst noch unterbleiben. – Obermann hat den Christuskopf retouchiert, und er ist wenigstens heller, wenn auch im wesentlichen nicht besser geworden. Der Kopf war in der Zeichnung schön und in den Strichlagen klar. Die Meinung, zartere Arbeit zu machen, hat nun das ganze Blatt verpfuscht. Abends sind wir, Gott sei Dank, einmal allein ...

7) Sonntag ... Gestern vergaß ich zu bemerken, daß ich einen sehr lieben Brief von Johannes Zumpe[27] aus Rom erhielt. Er ist sehr beglückt durch den freundlichen Empfang, den er bei Cornelius und Overbeck gefunden hat. Er und seine Genossen gehören nun zu den regelmäßigen Besuchern an gewissen Tagen, an welchen Cornelius wie Overbeck Gäste erwarten ... Der erste Brief Zumpes ließ mich fürchten, daß er sich in einer gewissen Ueberschwänglichkeit verlieren würde; sein letzter Brief zeigt mir, daß er wieder festen Boden gefunden und den richtigen Weg zum Ziele eingeschlagen hat. – Von Herrn Stadtrath Cichorius erhalte ich einen Brief, aus dem ich zu meiner Freude entnehme, daß Wigands Erben mein Bibelwerk in seinem Sinne fortzuführen und zu vollenden gedenken ...

8) Montag. Atelier. Museum. Daselbst sind die Miniaturen des verstorbenen Oberhofmarschalls von Reitzenstein nebst einem Ministerial-Erlaß abgegeben worden, in welchem ich aufgefordert werde, diese neuen Acquisitionen in das Inventarium einzutragen und dieselben in einem kurzen Aufsatz in solcher Weise zu besprechen, daß man denselben in das Dresdener Journal kann einrücken lassen ...

9) Dienstag. Circular in Sachen des akademischen Raths ... Erklärung von Bendemann, daß er die „Fortführung der Galerie“ nicht als Kunstzweck aufgestellt habe. Endlich eine neue Beleuchtung der Postulats-Angelegenheit Quandts, in welcher dem Ausdruck „monumentale Kunst“ eine bisher nicht übliche Bedeutung untergelegt, jedoch gegen Museen für Neuere (so verstehe ich Quandts Meinung) gestimmt wird ... Museum. Nicht genug, daß ich den durch den gestrigen Orkan angerichteten Schaden beträchtlich finde (an mehreren Orten sind Scheiben zertrümmert, im ganzen 12 Stück), so ist auch noch durch Bosheit ein Bild arg verletzt worden. An einem kleinen, nicht bedeutenden Bild von einem unbekannten französischen Meister, das eine Kreuzigung darstellt [jetzt Nr. 764], ist der Christuskopf herausgeschnitten. Das Bild hing in der zweiten Etage und Müller hatte diese zu überwachen. Auf ihn fällt keine Schuld, denn er kann nicht überall zugleich sein. Ich gehe sogleich zu dem Herrn Minister, um den Vorfall anzuzeigen. Man fühlt sich rathlos. Auch durch eine Verdoppelung und Verdreifachung der Aufseher würde man die Ausführung so ruchloser Beschädigungen nicht verhindern können ... Gleich nach 4 Uhr kommt Voigt und benachrichtiget mich, daß außer dem erwähnten Bilde noch drei andere Gemälde beschädiget worden sind: der kleine Bacchus von Guido Reni, die Diana von Fr. Albani und die Venus von Cairo. Diese Beschädigungen sind anderer Art als die ersterwähnte. Während es bei dieser offenbar auf einen Diebstahl abgesehen war, sind jene in der Art, wie die vor einigen Monaten ausgeübte: die Schamtheile sind durchstoßen oder zerkratzt. Was ist zu thun? ...

10) Mittwoch ... Im Museum besichtige ich die drei Gemälde, von deren Beschädigung Voigt mir gestern Nachmittag Nachricht gebracht hat; hierauf gehe ich in das Ministerium, wo ich bereits Herrn Minister von Zeschau finde und ihm Bericht erstatte. Der Minister ist ungehalten über die Diener, deren Unachtsamkeit er den Schaden zur Last legen will. In diesem Fall muß ich mich der Leute annehmen ...

11) Donnerstag ... Museum ... Unterredung mit den Galeriedienern wegen der letzten schlimmen Vorfälle ... Wäre mein Entwurf zu den Instruktionen für Voigt angenommen worden, oder würde er noch angenommen, so würde es besser um den Dienst stehen. Ich habe in diesem Entwurf unter anderm vorgeschlagen, dem Voigt ein Aufsichtsrecht über die Galeriediener zu übertragen ...

[41] 16) Dienstag ... Reinschrift des Aufsatzes über die Miniaturen... Fast zur Abgabe bereit, als ich benachrichtigt werde, daß der König und die Königin mein Atelier besuchen werden. Die Veranlassung hiervon ist, daß die Majestäten Peschels Bild sehen wollen ... Bendemann schickt mir ein Schreiben, von den Mitgliedern der Galerie-Kommission unterzeichnet, in welchem der Wunsch ausgesprochen wird, daß über die verübten Beschädigungen an den erwähnten Galeriebildern eine Veröffentlichung stattfinde ... 1/21 Uhr kommen die Majestäten mit Prinzeß Sidonie und der kleinen Prinzeß. Die Herrschaften sind höchst liebenswürdig. Peschel ist sehr glücklich über den Besuch, da der König sehr zufrieden mit dem Bilde ist. Die Herrschaften sehen auch die Arbeiten meiner Schüler ...

17) Mittwoch ... Mein Bericht an das Ministerium und der Aufsatz werden geschlossen und gesiegelt. Wegen der verletzten Bilder wird eine Bekanntmachung entworfen, um dem Wunsche der Galerie-Kommission zu genügen ...

18) Donnerstag ... Um 3 Uhr bei Baudissin zum Essen. Ich bin auf den Intendanten Dingelstedt eingeladen. Außer ihm finde ich Geh. Rath von Ammon, Hettner, Hähnel, Baron Heintze, Gonne. Man unterhält sich lebhaft und, ich glaube, vortrefflich. Nach Tisch nehmen Hettner und ich Gelegenheit, Dingelstedt zu bitten, mit seinen Herrn Kollegen Rietschels Modell zur Weber-Statue zu besichtigen. Ich begleite dann Dingelstedt bis in sein Hotel (Bellevue). Der Versuch, Devrient hier zu finden, mißlingt ...

19) Freitag ... Museum ... Der Minister schreibt mir, daß er mit meiner Bekanntmachung wegen der verletzten Bilder einverstanden sei, ebenso mit meinem Aufsatz über die Miniaturen. Beides soll ich zum Druck befördern ... Hettner sucht mich auf, um mir zu sagen, daß die Herren Intendanten beschlossen haben (in Folge unserer Aufforderung nämlich), um 3 Uhr nach Rietschels Atelier zu kommen, um das Modell zur Weber-Statue zu sehen ... 3/43 Uhr bin ich wieder in der Treppenhalle des Museums, wo ich mit Hettner zusammentreffe. Er meint, es sei noch zu früh, die Herren Intendanten abzuholen, und wir machen vorher einen Besuch bei der im Museum der Gypse vor kurzem aus Paris angekommenen tragischen Muse. Sodann nach dem Hotel. Die Herren sind aber schon nach Rietschels Atelier gegangen. Dort finden wir sie im Anschauen begriffen. Ich finde Devrient. Er ist sehr herzlich und berichtet nur Gutes über Ludwig. Er schildert seine Leistungen im Tannhäuser, Vestalin, Antigone als vorzüglich und sagt, daß er ihn nun auch als Lohengrin werde auftreten lassen. Von Rietschels Arbeit sage ich heute nichts, denn ich kann sie nicht mit Ruhe beschauen ... Es ist nun heute auch im Landhaus die Angelegenheit des Postulats für „Kunstzwecke“ zur Berathung und Entscheidung gekommen. Die Kammer hat es genehmigt. Herr von Beust, der es vertreten, soll die Sache etwas verpfuscht haben, indem er in Beziehung auf Verwendung, worüber Dr. Wahle[28] sich vortrefflich ausgesprochen, wieder die Fortführung der Galerie als Kunstzweck zur Geltung gebracht hat.

21) Sonntag ... Wigands Buchhandlung sendet mir den gewünschten Pressendruck von Obermanns Platte „Die Fußwaschung“. Der Christuskopf ist freilich nicht gut geschnitten, doch ist’s nicht so arg, als ich fürchtete ...

22) Montag ... Abends wird gelesen aus dem Andersenschen Buch [„Der Improvisator“]. Italien ist darin trefflich geschildert.

24) Mittwoch ... Ein von dem General von Treitschke gesandter Offizier trifft nähere Verabredung mit mir wegen der Militärs, welche von jetzt an zur Ueberwachung der Galerie zugezogen werden sollen ... Ade sendet mir einen Probedruck des Blattes „Die Einsetzung des heiligen Abendmahls“ und ersucht dringend um eine neue Aufzeichnung. Seine Arbeit ist sehr gut, und deshalb soll er eine neue Platte erhalten ... Im Dresdener Journal vom 25. März, das aber heute Abend schon ausgegeben wird, ist mein Aufsatz über die Miniaturen der Königlichen Gemälde-Galerie enthalten.

25) Donnerstag. Mariä Verkündigung ... Heute als an einem Feiertag wird die Galerie erst um 12 Uhr geöffnet. Ich begebe mich dahin, um die vier Unteroffiziere, die heute zum erstenmal uns zu Hülfe gesendet werden, in ihre Posten einzuweisen ...

26) Freitag. Mein Geburtstag. Nun bin ich mit Gottes Hülfe 64 Jahr alt geworden ... Um 3 Uhr werde ich ... in einem Wagen abgeholt, um nach dem Weißen Hirsch zu fahren, wo schon einige Freunde versammelt sind ... Ich theile die von Zumpe und tom Dieck aus Rom empfangenen Briefe mit, welche nicht wenig dazu beitragen, die Blicke hinüberzuziehen nach jenem Lande, das fast wie ein großes Denkmal einer erhabenen Kunstrichtung dem beschauenden Geiste sich darstellt und an welchem immer wieder von neuem sich zu entzünden und zu kräftigen allen eine unabweisbare Aufgabe erscheinen muß, die es mit der Kunst ernst meinen ...

27) Samstag. Rietschel bringt mir am frühen Morgen nachträglich seinen Geburtstagsgruß. Er berichtet mir dabei über die gestern von mir versäumte Sitzung des akademischen Raths ... Hübner stellte den Antrag, den Referenten unserer Postulatssache Rittner [42] und den Bürgermeister Koch[29] zu Ehrenmitgliedern unserer Akademie zu ernennen. Hettner fügt dem Antrag hinzu, auch Geh. Rath Kohlschütter diese Ehre zu erweisen, Anträge, welche mit Acclamation zu Beschlüssen erhoben werden ... 12 Uhr Galerie-Kommission. Hübner, Peschel und Rietschel sind zugegen. Die Landschaft von Uden, die nun vollendet, beschäftiget zunächst. Sodann ersuche ich die Herrn Collegen, ihre Meinung abzugeben über die Haltung des Christuskopfs, der entwendet worden, dessen sich niemand mehr erinnert[30]. Unsere Ansichten über die Haltung, die dem neuen zu geben ist, sind völlig übereinstimmend ...

28) Sonntag. Brief an von Bethmann-Hollweg. Ich nehme die mir zugedachte Ehre, daß neben den Namen Schnaase, Grüneisen, welche die Leiter des Beiblattes für religiöse Kunst[31] bezeichnen sollen, auch mein Name genannt werde, an ...

29) Montag ... Auf dem Rückweg hole ich mir den aus Auftrag des Verfassers von Brockhaus mir gesandten ersten Halbband von Bunsens Bibelwerk. Ein großes und höchst wichtiges Unternehmen. Das unausbleibliche Für und Wider wird die Sache fördern ...

4) Oster-Sonntag ... Von Prof. Schirmer in Carlsruhe erhalte ich einen Brief, in welchem er bei mir anfragt, ob es mir recht ist, wenn ein Theil meiner in Carlsruhe befindlichen Zeichnungen und Cartons zur Münchner Ausstellung geschickt werde. Ich beantworte ihn dahin, daß ich zwar das Bedenken habe, die Sachen seien zu unbedeutend, daß ich indessen die Entscheidung der Erwägung des Komitees anheimgebe...

5) Oster-Montag ... Ich schreibe heute noch an die Akademie zu Amsterdam, um mich für die Erwählung zum Ehrenmitglied zu bedanken, und gebe meine Stimme an den Kanzler der Friedensklasse des Ordens pour le mérite wegen Besetzung der durch Rauchs Tod erledigten Stelle ab. Natürlich gebe ich sie Rietschel, der ohne Zweifel auch die übrigen Stimmen erhalten wird ...

9) Freitag. Quandts Geburtstag ... Nach der Sitzung [des akademischen Raths] gehe ich hinüber zu Herrn von Quandt, um ihm Glück zu seinem Geburtstag zu wünschen. Er hat um Entlassung aus dem akademischen Rath nachgesucht, und in dem Verhältniß als Collegen tritt nun ein neuer Zeitabschnitt ein. Ich werde jetzt vielleicht besser als sonst meine Dankbarkeit und Anhänglichkeit ihm beweisen können; denn seine Philosophie reichte doch nicht aus, ihn die richtige Stellung erkennen zu lassen, welche er als Mitglied des akademischen Rathes den andern Mitgliedern gegenüber einzunehmen hatte ...

10) Samstag ... Um 12 Uhr haben wir Galerie-Kommission. Schirmer hat den Christuskopf in dem französischen Bild, der herausgeschnitten worden ist, trefflich ersetzt, so daß wir scherzweise ihm sagen, er habe den Kopf selbst herausgeschnitten und ihn nun wieder eingesetzt. Kein Mensch wird merken, was sich mit dem Bilde zugetragen hat ... Gaber bringt mir einen Probedruck des „Christus am Oelberg“. Das Blatt ist trefflich ausgefallen. Nachmittag komme ich endlich doch einmal wieder zu meiner Bibel und beginne den Entwurf zu einem neuen Blatte: Christus mit Dornen gekrönt und verspottet ...

12) Montag ... Das Porträt meiner Frau, von Andreä gemalt, ist nun in unserm Wohnzimmer aufgestellt. Es ist außerordentlich ähnlich und sehr schön gemalt. Es gefällt auch allen, die es sehen ...

16) Freitag ... Seit jenem Tage, an welchem die Herren Intendanten in Rietschels Atelier zur Besichtigung des Modells der Weber-Statue sich versammelt hatten, bin ich nicht wieder in demselben gewesen. Ich begebe mich heute Mittag in dasselbe und finde Rietschel an der Arbeit. Eine Bemerkung Eduard Devrients hat Rietschel vermocht, den Kopf etwas größer und milder in der Wendung zu machen. Die Aenderung ist sehr vortheilhaft. Ich erlaube mir einige Kleinigkeiten zu bemerken, unter anderem anzurathen, daß die steife Halsbinde mit einer leichten, frei geschlungenen vertauscht werde. Rietschel will meinem Rath nachkommen ...

18) Sonntag ... Inzwischen kommt auch Stadtrath Lampe aus Leipzig und theilt mir seinen Plan mit, dem Städtischen Museum unserer Vaterstadt eine Kupferstichsammlung zu schenken, welche nicht zunächst bestimmt ist, einen Ueberblick über die Erzeugnisse der Kupferstecherkunst zu geben, sondern, indem sie allerdings auch diesen Zweck erreicht, doch hauptsächlich den Zweck hat, in ihren Erzeugnissen einen Ueberblick über die Entwickelung der Malerei zu gewähren. Die Idee ist neu und sehr gut. Leipzig, das nicht erwarten darf, in seinem Museum große Werke aus der großen Zeit der Kunst aufstellen zu können, wird auf diese Weise doch einen Ueberblick von einem hohen Standpunkt aus möglich machen und ein mächtiges Bildungsmittel für den Kunstsinn aufstellen. Lampe wünscht ein Gutachten über diesen seinen Gedanken von mir zu erhalten, weil auch die Annahme seines sehr werthvollen Geschenkes mit Unkosten für die Stadt verbunden ist, da die Einrahmung der Stiche derselben zur Last fällt. Mit großer [43] Freude werde ich meine Ansicht über seinen Plan schriftlich aussprechen ...

19) Montag ... Museum. Schillings Fries ist neu eingesetzt. Das Werk ist so schön, daß man beklagen muß, es nicht in edlem Material zu besitzen...

23) Freitag ... Nachm. Sitzung des akademischen Raths. Im Ausstellungssaal sind die Receptionsbilder der früheren Professoren der Akademie aufgestellt. Es sind großentheils sehr geringe Sachen. Dennoch will man für ihre Erhaltung sorgen ... Auch von der Besetzung der erledigten Professur ist wieder die Rede. Der Vorsitzende scheint die Wahl Gruners zu wünschen; der akademische Rath verharrt bei dem in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlusse, daß ein Versuch gemacht werde, in die Lage zu kommen, durch Gewährung eines höheren Gehalts einen Künstler von auswärts herbeiziehen zu können, wobei man Thäter besonders ins Auge faßt ...

26) Montag. Seit langer Zeit ist es mir heute wieder einmal möglich, meinen Arbeitstag mit dem Zeichnen zu beginnen ... Ferner zu Herrn von Zeschau ... Meldung, daß die Dekorationen zur Holbeinschen Madonna fertig sind und S. M. der König zur Ausübung des Richteramtes eingeladen werden kann (Ich soll die Mappe mit sämmtlichen Akten dem Minister zuschicken; das Uebrige wird besorgt werden) ...

28) Mittwoch ... Museum. Hübners Umrahmung der Holbeinschen Madonna ist aufgestellt. Ich gestehe, daß ich von der guten Wirkung der Dekoration überrascht bin. Die befürchteten Mißverhältnisse der Madonna zu den lebensgroßen Porträts treten mir auch nicht störend entgegen; mit einem Wort, ich bin versöhnt und werde mich nicht wundern, wenn der König sich für dieses Projekt entscheidet ...

29) Donnerstag ... Ich erkläre ihm [Schirmer] meine Zufriedenheit mit der Hübnerschen Umrahmung der Holbeinschen Madonna und bitte ihn, diese meine Erklärung Hübner mitzutheilen. Alsbald entschließe ich mich aber, selbst zu Hübner zu gehen und meine Meinung auszusprechen, was sehr gut aufgenommen wird. Mir ist es angenehm, aus freien Stücken und vor jeder andern Besprechung Hübner diese Genugthuung gewährt zu haben. Mit vollster Unbefangenheit erwarte ich nun des Königs Entscheidung ... Vor dem Holbein findet mich Krüger, der in Folge meiner Einladung sich einstellt. Er theilt meine Ansicht im Ganzen, obwohl er im Einzelnen noch Bedenken hegt. Ich denke nun, der König wird sich auch für diese Umrahmung entscheiden ...

30) Freitag ... Nachmittag zeichne ich für Ludwig das Kostüm des Volker, das er für seinen Lohengrin sich gewünscht hat ...

1) Samstag ... Nach dem Museum gehe ich nicht ... Dagegen begebe ich mich zu Binzer. Sein großer Carton, die Belehnung des Hohenzollern mit der Mark Brandenburg darstellend, ist ganz vortrefflich geworden, und gehört diese Arbeit zu dem Besten, was in unserer Zeit auf diesem Gebiete geschaffen worden ist. Auch der andere Carton, die Gefangennehmung des Raubritters, den Dietrich vorgearbeitet hat, wird vortrefflich werden. Es ist eine Freude, die gute Sache durch solch einen Jünger so mächtig verstärkt zu sehen ...

2) Sonntag ... Es ist nun hohe Zeit, daß die Zeichnungen zu dem unteren Theil der Chornische von mir angefertigt werden, da Schönherr die Cartons beginnen will. Ich bin heute fleißig darüber her und übertrage sämmtliche Umrisse (zwei Bilder mit je zwei Aposteln und das Mittelbild, der predigende Franciscus) von den Skizzen auf das neue Papier ...

3) Montag ... Gruner und Rietschel besichtigen die Hübnersche Umrahmung und sprechen sich auch zufrieden damit aus. Ersterer rügt nur sehr, daß die Hübnersche Umrahmung aufgestellt ist und nun aufgestellt bleibt, ehe der König sie und die andern Dekorationen gesehen und sein Urtheil gefällt hat. Nicht zu leugnen ist, daß Hübner voreilig war, [indem er] sein Werk, auf das man so lange hat warten müssen, ohne vorher anzufragen, ohne weiteres aufgestellt hat ... Um 7 Uhr Abends versammelt sich das Weber-Komitee. Unter mancherlei Anmeldungen von Geld-Eingängen vernehmen wir mit Dank und Freude, daß Frau Bürde-Ney 521 Thaler für das Monument beigesteuert hat, eine Gabe, die um so werthvoller erscheint, wenn man vernimmt, unter welchen Opfern von ihrer Seite dieselbe dargebracht worden ist ...

4) Dienstag. ... Im Museum treffe ich mit Geh. Rath Carus vor der Holbeinschen Madonna zusammen. Er freut sich auch sehr der Hübnerschen Umrahmung. Bei der Gelegenheit erfahre ich von ihm, daß der Gedanke, die Holbeinsche Madonna als Gegenstück der Rafaelschen in den ihr angewiesenen Raum zu bringen, von der Königin Maria herrührt!!! Findet ein Gedanke Beifall und Zustimmung, dann findet sich auch irgend jemand anderer, als der eigentliche Erdenker, der ihn sich zueignet. Wenn ich erwäge, was nach Hübner die Galerie-Kommission alles erdacht und was die Königin nun ersonnen haben soll, so bleibt mir bei der Uebersiedelung der Galerie nicht viel mehr übrig als der Transport und die Raschheit der Aufstellung als anerkennungswerthes Verdienst; wenn nicht mit größerem Rechte als jene die Portechaisenträger und die Galeriediener dieses sich zuschreiben. Die Wahrheit ist dieses. Semper errichtete den Kuppelsaal in der Meinung, daß er Rafaels Madonna und etwa die Correggios, [44] als die Hauptbilder der Galerie aufnehmen sollte, im Sinne der sogenannten Tribünen. Diese Intention behielt Geltung, so lange das Museum nur im Plane vorhanden war. An sie knüpfte sich bei mir der Gedanke, ebenfalls in die Mitte des Gebäudes, aber in dem schönen Raum der zweiten Etage, die Holbeinsche Madonna als Hauptbild zu bringen und sie dann mit den übrigen Bildern der deutschen Schule zu umgeben. Später, als die Räume dastanden, zeigte sich, daß in dem Kuppelsaal für Oelgemälde, am wenigsten für die vorzüglichsten, kein ausreichendes Licht sei, und ich wählte für den Rafael den Eckraum an der westlichen Seite des Gebäudes als Aufstellungsort. Bei der Vertheilung der Bilder auf den kleinen Schemas wurde diese Bestimmung maßgebend, und es kamen nun die Italiener auf die westliche Seite des Museums, Holbein und die deutsche Schule, deren Aufstellung an dem früher angenommenen Ort sich auf dem Schema sehr glücklich ordnete, blieb in der zweiten Etage und wurde auch bei der ersten Aufstellung hier untergebracht. Da geschah es allerdings, daß Carus mir mittheilte, die Königin Marie, welche die Galerie während der Aufstellungsarbeiten besuchte, sei nicht einverstanden damit, daß die Holbeinsche Madonna nicht auch in der ersten Etage aufgestellt wäre. Nicht aber diese Mittheilung, sondern die Wahrnehmung, daß das Licht gerade an der Stelle, wo die Madonna aufgestellt war, nicht günstig ist, ließen mich und Schirmer an eine Aenderung denken. Da hatte nun Schirmer den Gedanken, das Bild in dem Eckraum aufzustellen, wo sie sich befindet. Ich erkannte augenblicklich, daß das Bild hier glücklich untergebracht sein würde und daß sich auf diese Weise mein ursprünglicher Plan, diese beiden Hauptbilder durch ihre Aufstellungsorte als die köstlichsten Perlen der Galerie auszuzeichnen, glücklich verwirkliche. Denn durch die Entfernung des Rafael war der Holbein außer Beziehung zu demselben gekommen; jetzt sollte er wieder dessen richtiges Gegenstück und der eine Endpunkt oder Pol der Axe werden, deren anderer der Rafael war. Den Gedanken fassen und ihn ausführen war fast eines. Aus Rücksicht gegen die Galerie-Kommission, welche vor der Aufstellung der Bilder die Schemata eingesehen und die Vertheilung der Gemälde gebilligt hatte (Bendemann hatte gerade die beabsichtigte Aufstellung des Holbein als eine sehr glückliche bezeichnet), befragte ich nur Seine Excellenz den Herrn Minister von Zeschau, ob ich ohne weiteres eine Aenderung des Planes vornehmen könne, und nach erlangter Genehmigung schritten wir sogleich zur Ausführung. Am Abend des nämlichen Tages, an welchem der Gedanke gefaßt war, war Holbeins Madonna an ihrem Ort und die ganze deutsche Schule in den Nebenabtheilungen aufgestellt. Nach vollbrachtem Werke erinnerte ich mich der Aeußerung der Königin Marie und bemerkte bei der nächsten Begegnung mit Carus diesem, daß wir eine Aenderung in der Aufstellung der Holbeinschen Madonna bewerkstelligt hätten, mit welcher Ihre Majestät gewiß zufrieden sein würde ...

5) Mittwoch ... Museum. Schirmer schlägt mir vor, die Skizze nach Rubens (der heilige Rochus) wieder von ihrem Ehrenplatz neben dem Liebesgarten zu entfernen und mit einem andern Schulbild zu vertauschen. Sollen wir so weit gehen? ...

6) Donnerstag ... Schirmer hat bereits die Rubens-Skizze mit dem Bilde vertauscht, das früher neben dem Liebesgarten hieng, eine unbedeutende stumpfe Arbeit eines Rubensischen Schülers. Auf meine Vorstellung sieht er aber doch ein, daß des Königs Geschenk, eine wahrscheinlich neue, aber ganz vortreffliche, geistreiche Arbeit, der nur die alte Patina fehlt, um sie ihres Platzes ganz würdig zu machen, diesen Platz besser verdient, und das Bild kommt nun wieder dahin ... Aufregendes Gespräch über meine Arbeitsüberbürdung. Ich soll meine Aemter aufgeben ... Trotz der Aufregung, in welche das Gespräch mich versetzt, schlafe ich nach dem Auseinandergehen sogleich ein und schlafe vortrefflich ...

8) Samstag ... 12 Uhr Galerie-Kommission ... Der heilige Sebastian von Correggio, No. 133 [jetzt 151], ist der in der letzten Sitzung getroffenen Verabredung gemäß in das Restaurationszimmer gebracht worden. Das Bild ist von je her in schlimmem Zustande gewesen und schon von Palmaroli restauriert worden. Längs der vier Fugen, welche durch die fünf Theile des Holzes veranlaßt sind, laufen die Restaurationen in der Breite von fast zwei Fingern. An vielen der restaurierten Stellen hat sich der Kitt mit der Farbe gelöst und gehoben und droht mit der Zeit zu blättern. Die losen Stellen wegzustoßen, erscheint bedenklich, weil sehr große Lücken entstehen werden, deren Ergänzung schwer sein würde. Mit dem Balsam hinter die Farbe zu kommen, ist auch nicht leicht. So ist denn die Aufgabe, das Bild wieder in guten Stand zu setzen, kaum lösbar und kann nur gehofft werden, eine wesentliche Besserung zu erzielen. Diese herbeizuführen, wird nun Schirmer versuchen, und ist von einem Restaurator ein Erfolg zu erwarten, so ist es gewiß Schirmer ...

10) Montag ... Museum. Schirmer ist schon sehr thätig gewesen an der Herstellung des St. Sebastian von Correggio. Es findet sich, daß die Fugen der einzelnen Holztheile mit Leinwandstreifen überklebt sind. An einer Stelle, wo die Farbe los und von Schirmer weggestoßen worden ist, war auch dieser Leinwandstreifen lose geworden, so daß ihn Schirmer von neuem zu befestigen hatte. Die Restauration, soll sie irgend gründlich sein, wird viel Mühe machen, deren es sich allerdings verlohnt, denn das Bild ist herrlich ...

[45] 11) Dienstag ... Amtsbauverwalter Beuchelt übergibt mir den östlichen Zwinger-Pavillon ... Die Räume sind sehr schön. Schade, daß sie nicht heizbar sind; sonst wäre hier die Galerie der Neueren vortrefflich placiert. – Heute wird nun auch die Zeichnung zu dem Mittelbild der Chornische fertig, so daß diese Arbeit nun erlediget ist. In dem Augenblick, als ich mit ungetheilten Kräften wieder zur Bibel mich wenden will, droht neue unerwartete und höchst unwillkommene Arbeit. Eine Sendung von Oldenbourg aus Leipzig erinnert mich an die längst von der Cottaschen Buchhandlung beabsichtigte neue Auflage des von mir und Neureuther illustrierten Nibelungen-Liedes und die Verpflichtung, mich dieser Sache zu widmen ...

12) Mittwoch. Bei näherer Betrachtung der gestern empfangenen Sendung aus Leipzig zeigt sich die Sache in weniger bedenklichem Lichte, als ich erwartete. Man wird mich nur so weit in Anspruch nehmen, als ich es selbst wünschen muß. Es werden nach einigen meiner Originalzeichnungen neue Zeichnungen auf Holz gemacht, weil man die im Schnitt oder Druck verunglückten Blätter durch bessere ersetzen will. Die jetzige Sendung enthält einen solchen Stock mit einer vortrefflichen Uebertragung. Durch eine ganz unbedeutende Retouche, die mehr dem Original als der Uebertragung gilt, ist die Sache abgethan ...

13) Donnerstag. Christi Himmelfahrt ... Ich wende eine Morgenstunde an die Retouche des Nibelungen-Stocks und bilde mir ein, die kleinen Aenderungen, die ich vornehme, wirken sehr vortheilhaft ...

14) Freitag. Den Entwurf einer Vignette zu dem Blatt für religiöse Kunst sende ich nebst einem Brief an Geh. Rath Schnaase. Professor Keller aus Düsseldorf besucht mich. Er erklärt mir seine Absicht, die Madonna di St. Sisto zu stechen, und ersucht mich, ihm zur Erlangung der Erlaubniß behülflich zu sein. Obwohl ich sonst nicht geneigt bin, eine solche Ausnahmsbewilligung zu befürworten, so werde ich in einem solchen Fall gern dienen. Kellers Stich nach der Disputa ist vollendet und im Kunstverein ausgestellt. Ich besichtige mir das Blatt und finde allerdings eine der gediegensten Arbeiten, welche die Kupferstecherkunst wohl je hervorgebracht hat. Obwohl zwei berühmte Namen an die Nachbildung von Rafaels Madonna durch den Stich sich knüpfen, Müller und Steinla, so zweifle ich doch nicht, daß Keller beide überflügeln wird ... Noch einmal retouchiere ich die Aufzeichnung zum Nibelungen-Lied aus Stuttgart ... Man hört, daß Cornelius nach Berlin zurückkehre, weil der Bau des Campo Santo nun ernstlich in Angriff genommen werden soll. Auf einmal kommt eine große monumentale Kunst wieder in Zug.

15) Samstag ... Noch bin ich bei diesem Morgengeschäft, als sich ein „alter Freund“ anmelden läßt, der im großen Zimmer bereits eingetreten. Es ist Passavant.[32] Von Herzen freue ich mich, ihn wiederzusehen ... 1/210 Uhr führe ich ihn in das Museum. Unsere Galerie kennt er nur vom alten Gebäude her. Der Eindruck, den dieselbe in den neuen Räumen macht, ist für ihn ein überraschender. Einen sehr mächtigen Eindruck macht die Rafaelsche Madonna, deren Aufstellung und Umrahmung ihn ganz befriediget. Wir bleiben lange vor dem Bilde sitzen. In der Stille des schönen Morgens (noch ist außer uns und den Dienern kein Mensch in der Galerie) ist der Genuß ein doppelt großer. Ich lasse ihn hier, hoffe aber aus unsern gemeinschaftlichen Beschauungen manchen Genuß noch und manche Belehrung zu schöpfen ...

16) Sonntag ... Schönherr besucht mich ... Wir kommen auf das Postulat zu sprechen, und ich theile ihm meine darauf bezüglichen Schriften mit. Er bestätiget mir, daß einige der angesehensten Künstler hier furchtbar über mich raisonnieren. Ich habe ihnen den Markt verdorben ...

17) Montag ... Museum. Passavant. Ich beginne heute damit, dessen Meinung über mehrere Bilder zu erforschen, über welche ich seit lange seine Ansicht zu erfahren wünschte. Den Christus Nr. 195 [jetzt 61] hält Passavant für Cima da Conegliano, Nr. 9 [„Ein Knabe“, jetzt 41] für Pinturicchio, Nr. 50 [„Anbetung der Könige“, jetzt 99] nicht Rafaels Komposition, sondern Giulio Romanos, für die Ausführung eines Niederländers (d. h. möglicher Weise), Nr. 138 [„Die heil. Margaretha“, jetzt 158] erscheint ihm sehr schön, dem Correggio so nahe, daß er, wäre das Bild bereits für einen Correggio erklärt, gegen eine solche Bezeichnung nichts einwenden würde[33] ...

18) Dienstag. Besichtigung des durch Del Vecchio auf der Terrasse ausgestellten Bildes von Ed. Dubufe, darstellend den Congreß von Paris. Dieses Bild ist vom Kaiser Napoleon als großes Preisbild für Versailles angekauft. Die Gesandten der betreffenden Staaten sind in lebensgroßen Porträtgestalten in Berathung begriffen dargestellt und mit großer Feinheit der Auffassung und völliger Beherrschung der Darstellungsmittel wiedergegeben. In seiner Art ist das Bild vortrefflich. Es ist ganz das, was es sein will ... Direktor Waagen hat in diesem Jahr ein Büchlein der Oeffentlichkeit übergeben unter dem Titel „Einige Bemerkungen über die neue Aufstellung, Beleuchtung und Katalogisierung [46] der Königl. Gemäldegalerie zu Dresden“. Die Aufstellung ist fast durchweg sehr günstig beurtheilt. Hübners Katalog erfährt manchen Widerspruch, bei welchem einige Feindseligkeit durchblickt. Hübner wird sich wohl zur Wehre setzen, wo er kann ...

19) Mittwoch ... Im Entreezimmer [des Museums] finde ich Professor Kellers Gesuch an Seine Majestät den König wegen des Stichs der Madonna di St. Sisto, welches der Herr Minister zur Begutachtung mir zusendet. Da ich in derselben mich auf Kellers Stich nach der Disputa beziehen werde, sehe ich mir denselben im Kunstverein noch einmal gründlich an. Der Stich macht mir heute denselben vortheilhaften Eindruck wie neulich ...

20) Donnerstag. Der Minister der Finanzen Behr hat die Herren Abgeordneten zu einer Fahrt nach Meißen eingeladen, um ihnen die Porzellanmanufactur zu zeigen, weil deren Verlegung bei den Kammern nun in Antrag gebracht wird. Die der Manufactur von Seiten der k. Akademie beigegebene Kommission, deren Mitglied ich seit mehreren Jahren bin, und einige Direktoren Königlicher Sammlungen sind ebenfalls geladen. Um 8 Uhr Morgens findet auf einem zu diesem Zweck gemietheten Dampfschiff die Fahrt statt ...

21) Freitag. Ich schreibe die Begutachtung von Kellers Gesuch, die Madonna di St. Sisto zeichnen und stechen zu dürfen. Ich befürworte dasselbe unbedingt. ... Passavant. Ich finde denselben im Kupferstichkabinet. Wir gehen zusammen in die Galerie und besprechen noch diejenigen Gemälde, über die ich besonders gern sein Urtheil hören wollte. Ich habe seine Bemerkungen besonders notiert und den Galerieacten beigelegt ...

22) Samstag ... Rietschel ... besuchte mich diesen Morgen ... Bei dieser Gelegenheit erklärt er seine Besorgniß, daß ich ihn für einen Gegner meiner Ansicht in Betreff der monumentalen Kunst halte, was er nicht sei. Nur auf die äußerste Rechte könne er seiner Natur nach sich nicht stellen. In allen Fällen, wo es eine Entscheidung gelte, werde er auf der Seite der ernsten Richtung stehen. Peschel will auch gelegentlich mir Erklärungen dieser Art geben. Wahrscheinlich hat Schönherr, gegen den ich mich neulich expektorierte, einiges über meine Klagen verlauten lassen ...

25) Dienstag ... Schönherr besucht mich und empfängt die Zeichnung zu dem Mittelbild des untern Theils der Chornische, d. i. zu dem heiligen Franz Xaver ...

26) Mittwoch. Schnaase trägt mir im Namen der Kollegen auf, Rietschel zu bitten, daß er zur Eröffnung des Blattes[34] (1. Oktober) eine Mittheilung über sein Luther-Denkmal, womöglich eine Zeichnung, gebe. Gestern war Rietschel noch nicht von Lauchhammer zurück, heute früh finde ich ihn. Eine Zeichnung will und kann er nicht geben, das begreife ich. Eine Mittheilung stellt er in Aussicht. Vielleicht bekommen wir auch diese nicht. Er steckt noch im Unklaren über die Auffassung. Kutte oder Chorrock, Realismus oder Idealismus, oder ein Zwischending, das die richtige Mitte sein möchte, sind die Fragen, die ihn beschäftigen, die er an allerlei Leute gerichtet hat, von denen er konfuse Antworten erhält! In Rietschels Auftrag veranlasse ich Andreä, ihm Papsts[35] Brief mitzutheilen, der sich so ganz vortrefflich über die Frage ausspricht, natürlich zu Gunsten des gewordenen Luther und nicht des werdenden. Rietschel ist höchst aufgeregt durch die entschiedene Behandlung der Sache, wird aber nicht überzeugt. Meine Antwort an Schnaase verschiebe ich auf morgen ... Museum. Schirmer hat in dem Correggio eine lose Stelle geheilt durch eine kühne Operation. Er hat ein Stück der Leinwand, mit welcher die Fuge verklebt ist (es hat bei dieser Gelegenheit sich gezeigt, daß nur die Fugen mit Streifen bedeckt sind) herausgenommen und durch ein neues Stück ersetzt. Die Stelle ist am Wolkenreiter ...

27) Donnerstag ... Kirchenrath Langbein vollzieht die Taufe [bei Andreä]. Wir bleiben nachher noch eine Weile beisammen. Es kommt die Rede auf das Luther-Denkmal. Langbein ist einer von denen, die Rietschel befragt hat und denen er seine eigene Ansicht eingepflanzt. Wir opponieren energisch, und es scheint, als ob Langbein die Richtigkeit unserer Argumente einsehe.

28) Freitag ... Unser Sebastian von Correggio ist in den wesentlich kranken Theilen nun geheilt. Es wird jetzt nur noch die Farbe zur Anwendung kommen, und wir werden von nun an mit Beruhigung das Kunstwerk als ein für die Zukunft gesichertes betrachten können ...

30) Sonntag ... Unter Mittag besehe ich mir Bendemanns „Nausikaa“, die nun vollendet und im Kunstverein ausgestellt ist. Ich werde nicht warm von diesem Bilde. Die Erfindung will nicht viel sagen. Was Ausführung betrifft, hat sich Bendemann in einen ihm nachtheiligen Wettstreit mit der Sonne eingelassen und, ohne den Glanz ihrer Strahlen zu erreichen, unvermittelte und störende Farbenpracht ausgeschüttet. Wo die Kunst aber siegreich, weil auf ihrem Gebiete, hätte auftreten können, in der Durchbildung der Zeichnung und der Form, da hat sich Bendemann einem Wirklichkeitsprincip unterworfen, das ihn in die Gleise der Zufälligkeiten und Unschönheiten gebracht hat, die ein Gegenstand wie der dargestellte am wenigsten verträgt ...

[47] 31) Montag ... Abends besuche ich Passavant. Ich nehme Gelegenheit, ihm vorzulesen, wie ich seine Bemerkungen über einige Galeriebilder mir notiert habe, und berichtige meine Aufschreibungen in ein paar Punkten nach seinen Angaben.

1) Dienstag ... Museum. Der Direktor der kaiserlich französischen Gemälde-Galerie in Paris ist in unserer Galerie und wird heute von Schmidt geführt. Ich mache seine Bekanntschaft nicht, da ich nicht mit ihm reden kann ...

2) Mittwoch ... Auch heute befindet sich der Graf von Nieuwerkerke, Generaldirektor der kaiserlichen Museen in Paris, in unserer Galerie. Ich stelle mich ihm vor, und wir conversieren in italienischer Sprache. Er ist ein schöner Mann, und dieser Eigenschaft hat er wohl vorzüglich seinen jetzigen Posten zu danken, da er, ein Bildhauer, das Wohlgefallen einer Napoleonischen Prinzessin auf sich zog und diese die kaiserliche Gnade für ihn erlangte. Zwei von unseren Ruisdaels erklärt er für Werke des Hobbema (nämlich die Nummern 1370 und 1367). Als Gemäldekenner dürfte er sich hierdurch nicht empfehlen, denn Hobbema hat an diesen Landschaften so wenig Antheil als sonst ein Meister außer Ruisdael[36].

4) Freitag. Im Museum wird mir mitgetheilt, daß sich heute abermals zwei Männer als Polizeileute zu erkennen gegeben haben, welche beordert seien, in Civilkleidern an der Ueberwachung der Galerie Theil zu nehmen. Von Seiten des Ministeriums ist mir über diese Maßregel nichts eröffnet worden. So wenig ich nun etwas dagegen haben kann, wenn unter den Besuchern der Galerie solche Männer sich einfinden, so wenig bin ich verpflichtet diejenigen, die als Polizeileute anerkannt sein wollen, ohne Legitimation dafür anzuerkennen ... Ich ging nun nach der Polizei und sprach mit dem Herrn Polizeicommissar Schilling über die Sache und erfuhr, daß die Sendung solcher Gensdarmen allerdings von der Polizeidirektion angeordnet worden ist. Meine in dem oben angedeuteten Sinn ausgesprochenen Bemerkungen werden hoffentlich nicht ganz unbeachtet bleiben ...

5) Samstag. Professor Keller theile ich gemäß hohen Auftrags mit, daß Seine Majestät die Ausführung einer Zeichnung nach Rafaels Madonna di St. Sisto zum Behufe eines Stichs genehmigt haben ... 12 Uhr Galerie-Kommission. Deren Mitglieder außer Rietschel vollzählig. Schirmers Restauration des Sebastian von Correggio, die nun bald vollendet sein wird, befriediget in hohem Grade. Das Bild ist, wills Gott, nun auf lange Zeit wieder gesichert ... Waagens neueste Brochure, „Bemerkungen über die Dresdner Galerie“, wird besprochen. Hübner wird nichts darauf erwidern und thut daran sehr wohl, obschon er viele Mittel in Händen hätte, um Waagen empfindlich zu züchtigen. Ein Gemälde von Matthäi, die Rache Orests an seiner ungetreuen Mutter und an Aegisth darstellend, befindet sich im Restaurationszimmer. Es hat sehr viel verdienstliches und gefällt mir besser als viele der romantisch-naturalistischen Erzeugnisse der neueren Zeit. Dieses Bild wird mit vielen anderen zur allgemeinen deutschen Ausstellung nach München gesendet werden ...

6) Sonntag ... Am Morgen bringt mir Anton Jördens einen Probedruck seiner Platte „Die Verleugnung Petri“. Das Blatt ist schön gearbeitet und macht mir Freude. Ich bedaure, daß Jördens mir erklärt, jetzt nicht mehr bei der Ausführung der Bibelblätter sich betheiligen zu wollen, da er in der Lage sei, sich endlich einmal ganz den akademischen Studien widmen zu können ... Wir erfahren, daß Ludwig, um Niemann aus Hannover als Tannhäuser zu hören, in Frankfurt war. Er kam kurz vor der Theaterzeit, ging dann ... zur Oper und kehrte am nächsten Morgen 5 Uhr nach Carlsruhe zurück, wo er noch am Vormittag eine Probe als Templer zu bestehen hatte ...

8) Dienstag. Herr Dr. Härtel in Leipzig schrieb vor etlichen Tagen an mich und stellte die Bitte, daß ich ihm Niebuhrs Porträt zum Behufe eines seiner Sammlung berühmter Deutscher anzureihenden Stichs senden möge. Er war der Meinung, ich sei im Besitz der Originalzeichnung. Ich schreibe ihm heute, daß diese Originalzeichnung in Bunsens Besitz sich befinde. Museum. Schirmer noch immer an dem Sebastian. Der Engel über diesem Heiligen macht Schwierigkeiten. Aber bald wird das Bild wieder in trefflichem Stand sein ...

9) Mittwoch ... Museum. Schirmer ist dabei, die letzte Hand an Correggios Bild zu legen. Wenn seine Arbeit in solchem Stadium ist, kann er mich zuweilen brauchen und hat mich auch gern an seiner Seite.

10) Donnerstag. Nach der mit Anstrengung durchgeführten Vollendung der letzten Aufzeichnung gebe ich heute früh der Schwachheit Raum, Bulwers Roman Maltravers, der mir von den Meinigen bis auf einen geringen Theil vorgelesen worden, vollends durchzulesen. Natürlich hätte ich dies nicht gethan, wenn das Buch mich nicht interessierte ... Eben ... erhalte ich den erwarteten Probedruck von Ade [„Jesus mit der Dornenkrone“]. Ich kann nichts wesentliches gegen den Schnitt einwenden, wohl aber wünschte ich vieles anders in der Zeichnung ...

12) Samstag ... Das Atelier, das Museum, endlich das Ausstellungslocal, wo die Bilder zu sehen sind, die nach München zur allgemeinen deutschen Ausstellung [48] gesendet werden sollen, besuche ich. Auf der Ausstellung finde ich auch jene älteren Bilder von mir, die Herr von Quandt besitzt: den „Besuch“, in Wien, vor der Reise nach Italien, und zwar vor der Ausführung des „Rochus“ gemalt[37], und die Madonna mit dem Kinde, in den ersten Jahren meines römischen Aufenthalts ausgeführt[38]. Andere Besucher der Ausstellung hindern mich, diese Bilder näher zu beschauen ...

13) Sonntag ... Mit der Arbeit will es auch heute nicht recht gehen. Ich bin bis gegen 8 Uhr dabei, ohne doch etwas Rechtes zu Stande zu bringen. Mein Gegenstand ist sehr schwer: „Jesus erscheint den versammelten Jüngern“ (Thomas).

14) Montag. Endlich treffe ich heute mit Conservator Eigner [aus Augsburg] in dem Museum zusammen ... Eigner erklärt sich sehr zufrieden mit unserer Galerie, namentlich auch als Restaurator. Im Kupferstichkabinet trete ich mein Amt als Vicedirektor an ... Am Nachmittag komme ich endlich mit meinem Entwurf zu Stande. Es ist der letzte zu den Evangelien, den ich zu machen hatte. Christi Himmelfahrt gehört schon in die Apostelgeschichte ...

15) Dienstag ... Von Herrn Kirchhoff, Wigands Buchhandlung, erhalte ich einen sehr angenehmen Brief. Er ... fragt mich ..., ob es mir recht ist, wenn ein Inserattausch auf dem Umschlag zu Bunsens und zu meinem Bibelwerk hinsichtlich der Bekanntmachung dieser Werke stattfindet. Ich antworte sogleich und erkläre in Betreff des letzten Punktes mich völlig einverstanden, daran erinnernd, daß Bunsen großen Antheil an dem Zustandekommen meines Werkes hat. Während ich schreibe, bringt mir Steinbrecher einen Probedruck seiner sehr gelungenen Platte [„Die Gefangennehmung Jesu“).

16) Mittwoch. Peschel hatte mich gebeten seine Zeichnung zu der Chornische in Callenberg zu sehen; deshalb verfüge ich mich heute zu ihm in das Atelier. Die Zeichnung gefällt mir sehr gut, doch vermag ich ihm einige Bemerkungen zu machen, welche ihm nützlich werden können. Sie beziehen sich auf die Silhouettierung der Darstellung ...

18) Freitag ... Gegen 10 Uhr traf unser lieber Ludwig wohlbehalten ein und wird ein paar Wochen bei uns verweilen ... In der letzten Zeit hat Ludwig in Carlsruhe viel anstrengende Arbeit gehabt; seine Stimme ist aber so schön wie je und die Beherrschung derselben hat sehr zugenommen. Zu verschiedenen Malen unter Tages und noch vor Schlafengehen erfreut er uns durch seinen Gesang.

19) Samstag ... 12 Uhr Galerie-Kommission. Außer dem von Dresden abwesenden Rietschel sind alle Mitglieder derselben zugegen. Unser ganzes heutiges Geschäft besteht darin, der sehr gelungenen, von allen anerkannten Restauration des Correggio (No. 133)[=151 „Die Madonna des heiligen Sebastian“] uns zu freuen. Daß darüber der große Meister selbst nicht vergessen und die vollste Bewunderung ihm gezollt wird, versteht sich von selbst ...

22) Dienstag ... Um 8 Uhr lenke ich meine Schritte zur Brücke, um die katholische Kirche in Neustadt zu besuchen. Wie verabredet, tritt an der Brücke Schönherr mir entgegen, und er läßt sich bestimmen mit mir zu gehen. Ich habe an dem Werk recht große Freude. Es macht einen ernsten und ganz echten Eindruck. Vertheilung der Massen, Größen, alles stimmt gut zusammen. Schönherr hat auch schon tüchtig an dem eigentlichen Altarbild, dem heiligen Franz Xaver, gearbeitet. Die Gestalten heben sich in der Untertuschung schon ganz deutlich aus dem Mauergrunde hervor und versprechen die richtige Wirkung zu machen ...

25) Freitag ... Zu Hause finde ich Lange und Hemken. Ludwig kommt später aus dem Theater, wo der Freischütz aufgeführt worden ist. Er singt uns dann noch Schumannsche Lieder; dann die Prachtarie aus dem Freischütz und einiges aus dem Lohengrin. Er singt schöner als je, und die jungen Freunde meinen, so etwas hätten sie noch nie gehört.

27) Sonntag ... Um 6 Uhr gehen wir ( ... Ludwig und ich) in das Theater, um Tannhäuser zu sehen ... Ich nahm Anstand, meine Gedanken heute schon unumwunden auszusprechen. Die Anlage des Stückes finde ich genial, zumal in Berücksichtigung der Kühnheit, mit welcher viele, die ältere Musik unnöthiger Weise einengenden Schranken niedergeworfen worden. Der Gehalt der rein musikalischen Gedanken erscheint mir aber nicht bedeutend. Bei einer genauen Beachtung des Textes mag vieles bedeutender heraustreten, als mir es ohne ein solches Eingehen auf die Worte erschien. Sollte durch ein solches Zugeständniß der gerügte Mangel aber völlig gedeckt werden?

30) Mittwoch. Das von mir gelegte Gewand wird fleißig nachgezeichnet, gemalt und modelliert. Um es selbst zu besitzen, ersuche ich Peppi[39], es zu zeichnen. Er unterzog sich der kleinen Arbeit und brachte mir am Abend eine recht schöne Zeichnung, die ich nun für mich copiere ...

1) Donnerstag ... Atelier. Hemken malt Ludwigs Porträt. Es verspricht recht ähnlich zu werden ...

[49] 2) Freitag ... Museum. Restaurationszimmer. Herr Major von Boxberg, Hofrath Keils Schwiegersohn, hat einige Gemälde aus der ehem. Löhrschen, dann Keilschen Sammlung, unter denen ein Gerh. Dou ganz vorzüglich ist ...

3) Samstag ... Hübner begleitet mich nach Hause und wir besprechen die Angelegenheit des Blattes für christliche Kunst, die Aufstellung des Holbein und endlich die Ausmalung des Corridors und des Treppenhauses im Museum ... In Ansehung des zweiten [Punktes erklärt Hübner] bei der Entscheidung, falle sie aus, wie sie wolle, sich beruhigen zu wollen, in Betreff des dritten Punktes erkläre ich mich nicht betheiligen zu können, im übrigen, so weit es gewünscht wird, mit meinem Rath zur Hand sein zu wollen ...

5) Montag ... Bei meinem Abendspaziergang trifft Bendemann mit mir zusammen, und, so ermüdet ich bin, kann ich einer Wiederaufnahme des Gesprächs, das er schon heute Mittag begann und die Ausmalung des Museums zum Gegenstand hat, nicht entgehen. Ich erkläre mich in derselben Weise gegen Bendemann wie gegen Hübner, nur daß ich näher in die Sache eingehe, wie ich es Bendemann schuldig bin.

9) Freitag ... Was mir, glaub’ ich, noch nie passiert ist, passiert mir heute: ich vergesse die Sitzung des akademischen Raths ... Auf den Feldern begegne ich Hübner, der wegen entzündeter Augen nicht zur Sitzung ging. So wird es bei der Sitzung wenigstens friedlich hergegangen sein. – Nach dem Thee liest Peppi mir den zweiten Theil von Mozarts Leben zu Ende. Herr Heribert Rau, der Verfasser, wird uns mehr und mehr verdächtig.

14) Mittwoch. Schreiben an die Kanzlei der Friedensklasse des Ordens pour le mérite bezüglich der neu vorzunehmenden Wahl. Ich gebe dem Geh. Rath Leo von Klenze meine Stimme ...

16) Freitag ... Museum ... Gegen 10 Uhr treffen die Herrschaften ein. Unser König begleitet den von Griechenland. König Otto begrüßt mich sehr freundlich. Er sieht ungleich kräftiger aus als bei seinem letzten Hiersein. Nach alter Weise verlangt er, gründlich auf das Vorzüglichste aufmerksam gemacht zu werden ... Nachmittags besucht mich der (gestern bereits angemeldete) erste Rector des Wittenberger Seminars, mein alter Freund Schmieder[40], der in Schandau zur Erholung sich ein paar Wochen aufhalten wird. Wir bringen eine schöne Stunde mit einander zu. Das erste ist, daß wir von dem beiderseitigen Hausstand uns Bericht erstatten. Dann besprechen wir die brennenden Fragen der religiösen Kunst ... Heute wurde kein Strich von mir gezeichnet ...

17) Samstag. Ein paar Stunden arbeite ich an meiner Aufzeichnung der „Himmelfahrt Christi“, dann begebe ich mich nach dem Atelier und kurz vor 12 Uhr in das Museum. Die heute stattfindende Galerie-Kommission, bei welcher Bendemann, Hübner und Peschel zugegen sind, bietet interessanten und wichtigen Stoff für die Berathung. Abgesehen davon, daß der heilige Franciscus von Correggio, unter Schirmers Hand in vollem Farbenglanze wieder aufgeblüht, ein Endurtheil erwartet, und ein paar kranke Bilder (die Söhne des Rubens, bei welchem eine Fuge gerissen ist, und Tizians schönes Gemälde No. 203 [= 168 „Maria mit dem Kinde und vier Heiligen“], an welchem namentlich am Grün Abblätterungen drohen), in das Restaurationszimmer gebracht worden sind, so ist uns auch ein überaus schönes Gemälde von Arthur van der Neer aus der Keilschen Sammlung durch die Güte des Herrn von Boxberg, Keils Schwiegersohn, zur Ansicht zugeschickt worden ...

19) Montag. Die letzte Nacht und den letzten Tag in Dresden verlebt also Ludwig mit mir allein ... Ludwig ist ein guter Sohn und ein trefflicher Mensch geworden. Der himmlische Vater hat ihn wunderbar geführt, und der Sohn hat sich führen lassen. O Gott, wie glücklich bin ich! Nun möge die Alpenluft auch dem Leibe Gesundheit und Kraft verleihn.

20) Dienstag. Von Herrn von Quandt erhielt ich vorgestern ein Briefchen, in welchem er mir über Kellers schönen Stich nach der Disputa seine Ansicht aussprach und zu verstehen gab, daß man suchen sollte, ihn an Steinlas Stelle hierher zu bringen. Mir machte es aufrichtige Freude, daß er nach jenen unangenehmen Aeußerungen über den akademischen Rath, die ich nicht mehr anhören konnte, wieder in besserer Weise anknüpfte, und beantwortete heute seinen Brief ...

21) Mittwoch. Schirmer stimmt nun schon an dem heiligen Georg von Correggio herum, wo die Harmonie gewichen ist, und wird ihn gewiß zurecht bringen, wie St. Franciscus, der bereits wieder in der Galerie prangt, vortrefflich zusammengekommen ist ... Im Nebenzimmer stemmt Müller die massiven Leisten hinter dem Rubens 809 [= 986 B „Die beiden Söhne des Rubens“ nach Rubens] weg, welche einen Riß der Holztafel verursacht haben ... Peppi liest sowohl am Nachmittag als auch am Abend aus Holteys „Chr. Lammfell“ vor. Das Buch gefällt mir außerordentlich ...

23) Freitag. St. Georg gelangt zu seinem Recht, und wenn man das Bild oben in der Galerie haben wird, wird man sich verwundern, daß man es so lange ohne Restauration hat vor Augen haben können. Die nähere Bekanntschaft, welche man mit einem Bilde im Restaurationszimmer macht, erschließt einem doch Herrlichkeiten, [50] welche man bei oberflächlicher Betrachtung gar so leicht übersieht ...

28) Mittwoch ... Atelier. Museum. Als ich auf dem Heimweg durch die kleine Reitbahngasse gehe, ruft Frau Professor Rietschel mich aus dem Fenster ihrer Wohnung an. Rietschel ist zurück, und ich begrüße das Ehepaar in seinem Haus. Er scheint sich wirklich recht erholt zu haben. – Der Theaterzettel macht bekannt, daß am Linckeschen Bade „Rochus Pumpernickel“, ein altes Wiener Stück, von Räder bearbeitet, heute zur Aufführung kommt. Es gelüstet mich die Posse zu sehen, und ich verabrede mich mit Peppi dahin zu gehen. Ich bin noch nie in diesem Theater gewesen, ebenso wenig wie mein Gefährte. Wir amüsieren uns sehr gut, obwohl das Stück unsinnig genug ist. Am Schluß tritt Räder (der den Rochus gibt), als Wiener Chocoladenmädchen auf, ganz in der Weise, wie Liotard in seinem bekannten Bilde Fräulein Baldauf dargestellt hat, und wird natürlich mit ungeheuerm Beifall empfangen.

29) Donnerstag. Ich bringe Rietschel das mir zur Bewahrung anvertraute Packet und seinen Orden pour le mérite ... Gegen 4 Uhr besucht mich der von Breitkopf und Härtels Buchhandlung für heute angekündigte Kupferstecher Sichling, um mir seine Zeichnung nach meinem Originalporträt Niebuhrs (das Bunsen zur Verfügung stellte und Sichling mitbringt) vorzulegen. Die Zeichnung ist gut, und der Stich wird noch besser werden, wenn er ebenso vortrefflich wie Lessings Porträt ausfällt, das ebenfalls von Sichling gestochen ist ...

31) Samstag ... Das Direktorium des Kunstvereins war um 12 Uhr in mein Atelier zu Peschel bestellt, um dessen Vorarbeiten zur Callenberger Kirche zu besichtigen ... Ich treffe Rietschel bei Peschel, mit welchem ich nach 12 in das Museum gehe, woselbst Hübner bereits den St. Georg von Correggio betrachtet. Dieses Bild nimmt sich nach der sehr gelungenen Restauration unvergleichlich aus ...

3) Dienstag. Atelier. Peppis Bild nimmt sich jetzt recht gut aus und macht mir Freude. Es fehlt halt nur das Tüpferl auf dem i, wie bei den meisten Werken der Menschen. Ich male heute, wie überhaupt jetzt häufiger als sonst, an den Bildern der Schüler, und ich meine fast, ich könnt’s versuchen, ein eignes Bild auszuführen.[41] Museum. St. Georg hängt in der Galerie und nimmt sich höchst stattlich aus. Nun ist die „Nacht“ im Restaurationszimmer ...

5) Donnerstag ... Ein Ministerial-Erlaß an die Akademie theilt den Mitgliedern des Rathes mit, daß eine Erhöhung der Dotation für die Professur der Kupferstecherkunst nicht erreichbar ist. Mit Thäter ist also nichts, und die nächste Sitzung wird wohl Gruner uns als Collegen zuführen ... Lange ist erkrankt ... An seinem Bild hat er einige Veränderungen machen wollen, und es ist deshalb noch nicht auf die Ausstellung gekommen, was mir leid thut. Restaurationszimmer. Correggios Nacht bietet für den Restaurator größere Schwierigkeiten dar als St. Georg und St. Franciscus, obwohl diese rein künstlerischer, nicht technischer Art sind. Das Bild ist nicht so klar wie jene. Die Jungfrau mit dem Kinde gehört zu dem liebenswürdigsten, was man sehen kann, daneben ist aber viel confuses in der Zeichnung und der Malerei ...

7) Samstag ... Die Nacht des Correggio hat unter Schirmers Händen schon sehr gewonnen ...

8) Sonntag. Rietschel besucht mich. Seine Gedanken über das Luther-Denkmal sind doch noch nicht fest, sondern flüssig. Er wünscht durch meine Vermittlung von Bethmann-Hollwegs und des Propsts Nitzsch Meinung darüber zu erfahren. Seine Weise und seine Aeußerungen thun mir wohl, und gewiß, ich werde ihm treu zur Seite stehen. Fortsetzung meiner Bibelstudien. Wie reich an Stoff sind die Bücher der Könige, namentlich bietet auch das zweite gewaltige Gegenstände. Ich muß nun aber strenges Maß halten, um innerhalb der mir gezogenen Grenzen zu bleiben ...

9) Montag. Anstatt zu schreiben, wozu viel dringende Aufforderung vorhanden, zeichne ich und bringe doch nichts zu Stande. Der schöne Gegenstand „Die Auferweckung des Sohnes der Sunamitin“ beschäftiget mich ... Von Schmieder erhalte ich den versprochenen Bericht über das Melanchthon-Denkmal, das Drake für Wittenberg ausführen wird ...

12) Donnerstag ... Kurz vorher besucht mich Rietschel, der mir mancherlei bezüglich seines Luther-Denkmals mitzutheilen hat. Er ist jetzt übrigens ganz damit einverstanden, daß Hübner seine Gedanken darüber in dem Christlichen Kunstblatt mittheilt. – Heute gelingt mir der Entwurf zu dem Bilde „Elisa erweckt den Sohn der Sunamitin“ ... Abends [überbringe ich] dem Herrn Oberhofprediger Liebner zwei [Exemplare des Programms des Christlichen Kunstblattes], von denen der zufällig anwesende Dr. Peip [42] eins erhält ... Mit Liebner und Peip bespreche ich auch das Luther-Denkmal. Sie sind für die Kutte, der Erstere ist jedoch seiner Sache nicht ganz gewiß.

13) Freitag. Bericht an Herrn Oberhofprediger von Grüneisen über die Angelegenheiten des Christlichen Kunstblattes und Uebersendung des Aufsatzes von [51] Schmieder über das in Wittenberg zu errichtende Melanchthon-Denkmal ...

15) Sonntag ... Dann mache ich Sr. Excellenz Herrn von Zeschau[43] meine Aufwartung ... Es kommt die Rede auf die Ausmalung der Treppenhalle und des Corridors des Museums. Herr von Zeschau weiß bereits, daß Hübner schon alle Entwürfe zu dem Werke in Bereitschaft hat. Ich theile Herrn von Zeschau mit, in welcher naiven Weise ich angegangen worden bin, seine Absichten zu unterstützen ...

17) Dienstag ... Correggios Nacht ist an ihrem Platz und macht in der wiedergewonnenen Klarheit und Ruhe eine unvergleichliche Wirkung ...

18) Mittwoch ... Aarland schickt mir einen Probedruck von der Kreuztragung, die er recht fleißig und tüchtig geschnitten hat. – Schönherr besucht mich und holt sich die Zeichnungen zu den Aposteln, welche noch in der Chornische der katholischen Kirche ausgeführt werden ... Auf den Feldern begegne ich Peip, welcher mir sagt, daß meine in Betreff des Luther-Denkmals ausgesprochenen Ansichten auf ihn und Liebner Eindruck gemacht haben und daß auch Rietschel zweifelhaft an der Richtigkeit der seinigen geworden sei.

20) Freitag ... Im Restaurationszimmer finde ich Herrn von Quandt, welchen ich sehr lange nicht gesehen hatte. Mit ihm begebe ich mich in die oberen Säle, wo wir vor dem heiligen Rodrigo[44] und dem Heiligen des Valdes Leal längere Zeit verweilen. Er findet diese Erwerbungen überaus werthvoll. Vor der Herodias des Rubens spricht sich von Quandt ebenfalls mit großem Wohlgefallen aus und meint, das Bild sei durch mich zu Ehren und in die Galerie gekommen[45]. Er ist überhaupt sehr freundlich gegen mich.

22) Sonntag ... Nach Tisch besuche ich Schönherr, um ihm zu sagen, daß er den Pastor Fröhlich veranlassen soll, für unser Blatt über die Schenkung des Altarbildes an die Kapelle der Diakonissen und den Einweihungsact einen kurzen Bericht zu schreiben. – Meine Frau liest mir aus der Augsburger Allgemeinen Zeitung einige gute Artikel über die Münchner Ausstellung vor. Nach einer Besprechung der Carstens, Schick und Wächter folgt eine treffliche Würdigung des Cornelius.

24) Dienstag ... In der Augsburger Allgemeinen Zeitung lesen wir die Fortsetzung der Berichte über die Münchner Ausstellung (Briefe über die kulturgeschichtliche Bedeutung der Deutschen Kunstausstellung in München VI Nr. 233). Ich komme in diesem Abschnitt auch vor, werde aber sehr arg mitgenommen[46]. Dann lesen wir aus Alban Stolz’s neuem Buche „Sem, Ham und Japhet“, unter welchem Titel er seine Reise nach Jerusalem erzählt. Stolz ist etwas bissig und holt reichlich nach, was er etwa früher in seinem Kalender versäumte, nämlich in Austheilung von Hieben auf uns Protestanten.

25) Mittwoch. Die gestrige Lektüre hatte mich dennoch nervös aufgeregt und namentlich das in dem Ausstellungsbericht über mich ausgesprochene Urtheil meinen Schlaf sehr gestört. Es ist ein eigen Ding, so mir nichts dir nichts auf die Anklagebank vor aller Welt gesetzt zu werden und ein Gericht über sich ergehen lassen zu müssen, bei welchem es sehr zufällig ist, ob man seinen Vertheidiger findet. Der Richter ist ein Anonymus, spricht sein Urtheil aus, und in wenig Tagen lesen es Tausende gedruckt, die kein Mittel haben die Richtigkeit desselben zu erproben. Ich bin nun begierig, was über Kaulbach gesagt wird. Gerne will ich die gegen mich gewandte Schärfe und selbst die Ungerechtigkeit mir gefallen lassen von einem, der Cornelius hervorragende Größe so kräftig hervorgehoben hat, wenn er dessen Widerspiel mit der edeln Rücksichtslosigkeit, die er an Cornelius rühmt, muthig, offen und mit deutscher Gesinnung zeichnet ... Aus Alban Stolz wird am Nachmittag und am Abend vorgelesen. Es zeichnet sich wie bei dem Storchschnabel bei dem Nachfahren der Umrisse der angeschauten Gegenstände ganz unwillkürlich auf der entgegengesetzten Seite ein Bild im Kleinen aus den Anschauungen, nur ist es das Porträt des Zeichners. Dieses Porträt zeigt immerhin einen herrlichen Kopf, aber tüchtige Runzeln sind doch darin.

26) Donnerstag ... Obermann bringt mir einen Probedruck des Blattes „Davids Helden“. Es ist gut gearbeitet ... Fortsetzung der Lesung aus Alban Stolz’s Sem, Ham und Japhet. Der Mann verliert in meinen Augen mehr und mehr durch dieses Buch.

27) Freitag ... Im Anzeiger steht heute ein Artikel, der nochmals die Einrahmung der Holbeinschen Madonna bespricht. Der Hübnersche Entwurf wird [52] ganz verworfen und eine Aufstellung des Bildes ohne Zuziehung anderer Bilder gewünscht ... Die Abschnitte, welche heute in Stolz’s Buch gelesen werden, gefallen mir sehr gut und versöhnen mich wieder mit dem Verfasser.

28) Samstag. 12 Uhr Galerie-Kommission. Meine Collegen finde ich bereits versammelt, obwohl ich vor der bestimmten Zeit komme. Die Herren sind in Aufregung über die Artikel in dem Anzeiger über die Einrahmung der Holbeinschen Madonna und meinten, gegen diesen Unfug auftreten zu müssen. Der anfänglich gefaßte Entschluß, in das Dresdener Journal eine hierauf bezügliche Erklärung einrücken zu lassen, wird wieder aufgegeben ...

29) Sonntag ... von Bethmann-Hollweg beantwortet die Frage wegen des Luther-Denkmals. Sein erster Gedanke ist der richtige, nach längerem Erwägen erklärt er sich für die Kutte. Gegen Abend begebe ich mich zu Rietschel, um dieses Resultat ihm mitzutheilen. Die Wirkung dieser Mittheilung ist eine andere, als ich erwartete. Ich finde einen gewissen Herrn Schiller (aus Braunschweig?) bei ihm, welcher bei der Ausführung der Lessing-Statue ihm als Freund zur Seite stand[47]. Dieser, in Betreff des Luther-Denkmals ganz meiner Ansicht, hat diese Ansicht mit Lebhaftigkeit aufgestellt und verfochten und, wie es scheint, die Umstimmung Rietschels wesentlich gefördert. Dabei hat er in Betreff der Architektonik des Denkmals glückliche Ideen angeregt, kurz und gut, Rietschel ist in einem andern und guten Fahrwasser, in welchem er selbst mit guter Zuversicht sich bewegt. Ich sehe es kommen, daß Rietschel sich bald entschieden für den Chorrock erklärt. Nun bin ich begierig, was Nitzsch, den Bethmann-Hollweg um seine Meinung fragen wird, für eine Antwort gibt. Im Vertrauen gesagt, großes Gewicht lege ich auf diese Autoritäten nicht. Die Herren denken und erwägen; denken aber die Sache bald ganz aus dem eigentlichen Gebiete, dem Gebiete der bildenden Kunst, hinaus und kommen auf ein Resultat, das keine Anschaulichkeit bietet ...

30) Montag ... Museum ... In den Gemäldesälen werde ich angesprochen von Professor Abrahams[48], meinem Reisegefährten von Rom nach Florenz im Frühjahr 1827. Wir erinnern uns der schönen Reisegefährtinnen, die von der Gesellschaft waren. Eine derselben, sie trug eine Binde über der Stirne, habe ich aus der Erinnerung gezeichnet. Die Skizze befindet sich in einem meiner Albums ...

31) Dienstag ... Führich ist im Museum und zwar bei Gruner ... Den Abend bringe ich bei Gruners zu, wohin ich auf Führich geladen bin ... Die Unterhaltung ist sehr lebhaft. Mit Führich verstehe ich mich in den Hauptsachen sehr gut. Auf dem konfessionellen Gebiete würde freilich eine Einigung nicht möglich sein.

September.

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1) Mittwoch ... Museum. Schirmer macht auf ein Bildchen aus dem Vorrath aufmerksam, das nach seiner Meinung ein Originalbild von Ary de Vois ist und in der Galerie zu bleiben verdient. Ich kann nur meine Zustimmung erklären. Bei unserer Prüfung ist es als „Wilh. Mieris, nacktes Mädchen“ bezeichnet worden. Schirmer erkennt eine Magdalena darin ... Um 6 Uhr bin ich bei Rietschel, welcher mich zu einer Zusammenkunft mit Hübner eingeladen, der seinen Aufsatz über das Luther-Denkmal für unser Kunstblatt beendet hat und uns vorlesen will. Der Aufsatz ist sehr schön und wird gewiß mit sehr großem Interesse gelesen werden.

2) Donnerstag. Es wird zu mir geschickt von Frau Schrader und mir gemeldet, daß Frau Veit aus Mainz und verwittwete Frau Veit aus Rom hier seien und mich sehen möchten ... Signora Carolina[49] ist nicht schön, sie war es ja auch als Mädchen nicht, aber stattlich, lebhaft und angenehm. Die Wittwe ist fast blind ... Mit Frau Carolina gehe ich nach dem Museum; dann kaufen wir zusammen Maltuch für ihren Mann ... Johannes Veit ist innerhalb drei Stunden gesund und todt gewesen. Philipp sieht sich als Künstler ganz zurückgesetzt und hat auch in seiner Familie viel Kreuz zu tragen. Die Mutter sagt, seine Tochter Nonne sei die glücklichste von den Töchtern ...

3) Freitag. Bei der vollständigen Reinigung des gestern [richtiger: vorgestern] erwähnten Vorrathsbildes findet sich an dem oberen Rand desselben die deutliche und echte Bezeichnung „F van Mieris“. Nun werden wir das Bild[50] erst recht behalten. Die Frauen Caroline und Flora Veit sind in der Galerie. Mit der ersteren mache ich mein Geschäft wegen des Maltuchs ab ... Wir gehen dann noch zusammen durch die Galerie. Flora, die wenig sieht, freut sich doch, die großen Kunstwerke vor sich zu haben, und gedenkt dabei ihres Johannes, der oft bewundernd vor denselben stand. Vor der Sixtinischen Madonna erhebt die fromme Frau sich zu einer stillen Andacht. In der Galerie nehmen wir auch Abschied ... Von Keller erhalte ich Antwort auf mein [53] amtliches Schreiben. Er gibt die Versicherung, daß er die Zeichnung nach der Madonna selbst vollenden werde.

4) Samstag. Museum. Schirmers Zimmer füllt sich nach und nach mit den restaurierten Bildern aus dem Vorrath. Der kleine F van Mieris macht uns Freude und dient auch zu einer neuen Mahnung, jedes Bild gut zu besehen, ehe wir es weggeben. – Die Zeichnung „Salomo [verfällt in Abgötterei]“ kommt am Nachmittag bis auf Affe und Pfau, für welche ich Flinzer[51] in Anspruch nehmen werde, zu Stande. Eduards[52] Bildniß, von Hemken a la prima gemalt, aber sprechend ähnlich, wird heute im Klavierzimmer aufgestellt ... Die Allgemeine Augsburger Zeitung[53] brachte endlich weitere Ausstellungsberichte mit einer Beurtheilung Kaulbachs. Die Beurtheilung war nicht ohne allen Zusatz von Essig, doch fehlte die rechte Schärfe. Das bischen Essig suchte die Redaktion dann noch durch einen Zusatz von Zucker[54] zu paralysieren. Für Cornelius erhob sich auch eine Stimme[55], um seine echte Katholicität, die in jenen Artikeln mit einer Sauce von Weltgröße angemacht war, zu bezeugen ...

5) Sonntag ... Mit Hülfe des Julius[56], der mir aus dem Pfennigmagazin einen richtigen Affen herausgesucht und in einem andern Buch einen Pfau gefunden, kommt meine Zeichnung dennoch zu Stande ... Ich mache gegen Abend einen Spaziergang nach dem Felsenkeller, wo ich lange nicht war. Die Umgebung hat sich außerordentlich verändert. Wo Grassis Villa stand, kann man sich kaum mehr deutlich machen.

6) Montag ... Unter anderem schreibt er [Thäter] auch, daß jene Briefe über die Münchner Kunstausstellung von Pecht sind ...

7) Dienstag ... von Bethmann-Hollweg sendet an mich die eigenhändigen Zeilen des Propst Nitzsch, in welchen dieser seine Meinung über das dem Luther zu gebende Kostüm ausspricht. Er erklärt sich für Beibehaltung des Cranachschen Typus. Abends theile ich Rietschel diese Erklärung mit. Derselbe ist bereits bei dem Entwurfe und hat sich auch in künstlerischer Beziehung schon mit dem Chorrock ausgesöhnt. Die Sache ist also gerettet ... Die Wigandsche Buchhandlung sendet mir endlich das Jochsche Blatt[57]. Der Stock ist noch nicht abgeliefert, weil die Buchhandlung den Xylographen mit einem Abzug wegen Verzögerung bedroht hat. Das Blatt ist herrlich geschnitten. Ich danke Gott, daß wir es haben. Der Stock wird ja doch bald erlangt werden.

10) Freitag ... Wir lassen uns bestimmen heute in das Theater zu gehen und „Das Urbild des Tartuffe“ von Gutzkow zu sehen. Wir amüsieren uns sehr gut, ohne daß indessen der Verfasser in unserer Achtung steigt.

11) Samstag ... 12 Uhr Galerie-Kommission. Außer Bendemann alle zugegen. Ich glaubte, wir würden uns heute vereinigen über ein paar Bilder, die aus denjenigen, welche Schirmer jetzt restauriert hat, noch für die Galerie zurückzubehalten wären. Wir kommen zu keinem Beschluß. Hübner will heute nicht einmal zugeben, daß wir den neuentdeckten Franz von Mieris behalten, und meint bei einem vorher zu bestimmenden Preis solle man das Bild verkaufen, um zu neuen Ankäufen Geld zu gewinnen. Ein Privatsammler mag so manövrieren, die Direktion einer Galerie, wie die unsere, kann und darf nicht nach solchen Grundsätzen verfahren ...

15) Mittwoch ... Der zweite [Brief] von Ludwig meldet die glückliche Aufführung des Fernand Cortez ... Meyerbeer war im Cortez zugegen und wird in einigen Tagen Ludwig im Lohengrin hören ...

16) Donnerstag. Morgenbesuch bei Rietschel in Angelegenheit des Luther-Denkmals. Eine Illustration zu Hübners Aufsatz werden wir nicht erhalten können, was ich begreife und im voraus mir gedacht. So ist es nun auch besser, wenn der Aufsatz baldmöglichst erscheint ... Zu Rietschel auf die Terrasse. Er hatte mich eingeladen, seine zwei Skizzen zu der Luther-Figur zu sehen, die eine im Chorrock, die andere in der Kutte. Das Motiv der zweiten ist noch bedeutsamer. Rietschel ist selbst der Meinung, dieses bei einer dritten Skizze beizubehalten, die Figur dann aber mit dem Chorrock zu bekleiden. Ich glaube, das wird dann das Rechte sein. Rietschel ist im besten Fahrwasser ...

17) Freitag ... Im Museum finde ich Hähnel, mit welchem ich über die Angelegenheiten der Professur der Kupferstecherkunst, der Ausmalung des Museums, der Aufstellung der Holbeinschen Madonna und anderes in eine ausführliche Besprechung komme. Er wird nun auch für Gruner stimmen; was die Ausmalung betrifft, so ist er für eine einfache Ausschmückung und natürlich nicht für Hübner; in Ansehung der Umrahmung erklärt er sich mit größter Entschiedenheit gegen das Hübnersche Projekt. Durch Hähnel erfahre ich, daß Steinla sehr leidend ist und, wie die Aerzte meinen, seinem Ende entgegengeht.

18) Samstag ... Nachmittag 4 Uhr gehen wir alle zusammen nach dem Felsenkeller ... Man darf freilich nicht daran denken, wie der Eingang in den Plauenschen Grund früher war, wenn man das neue [54] Etablissement schön finden will. Die Spuren der Zerstörung durch das Wasser sind noch nicht entfernt. Die Brücke ist gänzlich zerstört, und man hat eine Interimsbrücke von Holz errichten müssen. Nach kurzem Aufenthalt gehen wir durch den Hof und steigen in der Schlucht auf die Höhen. Da oben ist es erquicklich ...

19) Sonntag ... Gegen Mittag suche ich Steinla auf; es geht ihm aber so schlecht, daß die Wärterin beauftragt ist, niemand zuzulassen ...

21) Dienstag. Um 8 Uhr versammeln wir uns in dem Ausstellungslokal, um die Prämiierung der Schülerarbeiten festzustellen. Es ist nicht viel da. Langes Bild ist unbestritten das ausgezeichnetste unter den vorhandenen Gemälden und wird mit der kleinen goldnen Medaille bedacht. Eine goldne Medaille wird sonst niemand zugesprochen ... Zu Hause finde ich einen Brief von Ade, welcher mir einen Abdruck der „Himmelfahrt Jesu“ schickt. Das Blatt ist gut gearbeitet ...

22) Mittwoch ... Auf dem Wege nach dem Museum begegnet mir Professor Heine, von dem ich erfahre, daß Steinla gestern Abend 1/4 nach 6 Uhr gestorben ist ... Im Museum finde ich den Fürsten Lubomirski, welcher mir mittheilt, daß er die Haupttheile der Bruchstücke eines dreitheiligen Altarbildes von Georg Pens, die wir in unserer Galerie haben, besitzt. Er verspricht Photographien von seinem Bilde fertigen zu lassen und diese mir zu senden, damit wir sehen können, wie das Ganze beschaffen war ...

24) Freitag ... Der Maler Zimmermann[58] hatte mich ersucht, seine Saxonia nach meinem Entwurf, die in Porzellan-Mosaik ausgeführt ist, anzusehen; so führt mich mein erster Gang nach der Elbe in dessen Behausung. Das Ansehen macht freilich die schwache Arbeit nicht besser.

25) Samstag ... Museum. Galerie-Kommission, bei welcher sämmtliche Mitglieder zugegen sind. Es haben sich noch ein paar Gemälde gefunden, welche aus der Klasse der zu verkaufenden Bilder für die Galerie in Betracht kommen dürften, z. B. eines von Pesne, darstellend einen Mann, der eine Maske hält[59]. Ich stelle den Antrag, daß die Entschließung über einzelne dieser Gemälde ausgesetzt bleibe, bis man übersehe, wie viele noch für die Galerie etwa zurückzubehalten wären, dann dem Ministerium Vortrag zu erstatten und in Betreff der zwei Richtungen, die einzuschlagen wären, dessen Ansicht zu vernehmen. Hübner vertritt die Richtung, welche den Verkauf auch auf solche Bilder ausgedehnt wissen will, welche, wenn auch nicht wichtige, aber doch interessante Bestandtheile der Galerie bilden würden; während ich der Meinung bin, entschieden echte Bilder ausgezeichneter Meister nicht wegzugeben, wenn dieselben auch sonst noch und noch besser in der Galerie vertreten sind. Die Kommission gibt keine feste Erklärung, nur darin einigt man sich, in den Fällen, wo der Vorrath bessere Exemplare bietet, als die Galerie enthält, einen Tausch eintreten zu lassen. – Zscheckel bringt mir den Probedruck des Blattes: „Jesus erscheint den versammelten Jüngern (Thomas)“. Das Blatt ist sehr gut gearbeitet ...

29) Mittwoch ... Es langen Briefe von Zumpe aus Rom und von Lange aus Bützow an. Der Erstere ist in den Bedrängnissen, welchen die meisten jungen Künstler von kurzem Aufenthalt und regem Streben in Rom zu erfahren haben: er fühlt eine Verzagtheit den mächtigen Werken der Alten gegenüber und sehnt sich nach einer Verlängerung seines Dortseins ...

30) Donnerstag ... Im Dresdener Journal ist eine Beschreibung der Jubiläums-Feste Münchens von Clauß zu lesen. Der Festzug, welcher Münchens Geschichte seit seiner Entstehung darstellte, muß außerordentlich schön gewesen sein. So etwas können nur die Münchner Künstler ordnen und kann man nur in München sehen ...

Oktober.

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2) Samstag ... Die Königliche Akademie der bildenden Künste in Kopenhagen hat mich zu ihrem Ehrenmitglied erwählt und sendet mir das Diplom ...

4) Montag ... Sodann schreibe ich an Herrn Trossing, Kupferstecher in Königsberg, welcher in der Meinung, ich sei der Direktor der Akademie, sich bei mir um Steinlas Stelle beworben hat ... Professor Bürkner, welcher soeben aus München zurückgekehrt ist, woselbst er die Ausstellung und Künstler- und Jubiläums-Feste gesehen hat, besucht mich, um mir Grüße vom König Ludwig auszurichten, die derselbe aus Veranlassung des Kellerfests ihm mündlich an mich aufgetragen hat.

5) Dienstag ... Museum. Ueber Hübners Projekt zur Umrahmung des Holbein ist im Anzeiger wieder ein Spott zu lesen. Es ist nun das dritte oder vierte Mal, daß dieser Weg eingeschlagen wird, um Hübner lächerlich zu machen ...

6) Mittwoch ... Museum. Von den zum Verkauf bestimmten Gemälden sind bereits 88 der kleineren restauriert worden, und es haben sich doch noch ein paar außer den angeführten gefunden, welche für die Galerie zurückgehalten werden sollen ...

7) Donnerstag ... Frau Dr. Frankl[60] hat uns zur heutigen Vorstellung in das Theater geladen. Es wird „Graf Heinrich von Schwerin“ von Gust. von Meyern aufgeführt, ein neues Stück, welches in einer alten Geschichte auch noch die heutige Stellung der deutschen Herzogthümer zum Staate Dänemark bezeichnet. [55] Das Stück hat große Schönheiten, wird trefflich gegeben und findet zum Theil wohl wegen seiner politischen Beziehungen großen Anklang. Die in die Zwischenspiele aufgenommene Volkshymne „Schleswig-Holstein stammverwandt“ macht eine gewaltige Wirkung. Wollte Gott, es käme eine Zeit, in der diese Wirkung mit einem Volkskriege gegen die Nationalfeinde zusammenfiel! Dawison (Heinrich), die Bayer (seine Gemahlin) sind vortrefflich ...

8) Freitag ... Obermann bringt wieder einen Probedruck. Das Blatt stellt Salomons Tempelbau vor. Es ist nach seiner Weise gut gearbeitet ... In der Augsburger Allgemeinen Zeitung[61] wird auch auf von Meyerns Stück „Graf Heinrich von Schwerin“ wegen seiner patriotischen Beziehungen hingewiesen und die Bearbeitung solcher vaterländischen Stoffe empfohlen. Ich zweifle nicht, daß wir bald im Gebiete der Malerei und der dramatischen Dichtung diese Richtung einschlagen sehen, und erwarte guten Erfolg für die Kunst und für die Gesinnung des neuen Geschlechts.

9) Samstag ... Ein sehr schönes Bildchen aus dem Vorrath von Gysels[62], von welchem eine Wiederholung mit Veränderungen auf der Galerie ist, gibt nochmals Veranlassung die beim Verkauf festzuhaltenden Grundsätze zur Sprache zu bringen. Ich erkläre bestimmt, daß wir ohne höhere Ermächtigung nicht das Recht haben, etwas wirklich Vorzügliches zu verkaufen in der Meinung, durch einen bedeutenden Erlös ein gutes Geschäft für die Galerie zu machen. (Es versteht sich, daß hier ohnehin nur von Vorrathsbildern die Rede ist.) ... Schurig hat uns seine zum Behuf des Stichs nach Correggios Nacht angefertigte Zeichnung zur Beurtheilung vorgelegt. Wir finden sie vortrefflich, nur noch etwas unruhig ...

11) Montag ... Im Museum finde ich den soeben angekommenen Schrank für die Miniaturen. Er ist sehr schön ausgefallen und wird seinen Zweck sehr gut erfüllen, dabei auch dem Raum, in welchem er aufgestellt ist, zur Zierde gereichen. Hofbaumeister Krüger stellt sich selbst auch ein und empfängt meinen Dank ...

13) Mittwoch ... Ein Kunstfreund, der sich nicht nennt, macht mich in ein paar französischen Zeilen aufmerksam, daß das Bild Nr. 906, das dem Jordaens zugeschrieben wird, Silen mit einem Gefäße darstellend, in welches ihm eine Bacchantin Wein schenkt, die Copie eines Bildes von Rubens sei, das sich in Petersburg in der Eremitage befindet[63].

14) Donnerstag ... Hübner hat mich gebeten, eine zweite Vase, welche er für die Manufaktur mit Malerei zu schmücken unternommen, zu sehen. So besuche ich ihn denn und finde die Arbeit in der Art wie die frühere, die das Hauptbild „Das goldene Zeitalter“ umgibt ...

15) Freitag ... Herr von Quandt in der Galerie. Wir sprechen uns vor dem Holbein. Auch er ist der Meinung, daß dessen Madonna, wie die Sixtina, isoliert aufgestellt werden müsse ...

18) Montag ... Endlich wieder einmal Besuch des Ateliers. Ich finde drei meiner Schüler mit einem Porträt nach dem Leben beschäftiget, was mir sehr recht ist ...

20) Mittwoch ... Nachmittags erhält meine Frau wieder einen Besuch von der Freiin von Uslar-Gleichen. Sie kommt von München und hat dort alle uns interessanten Männer kennen gelernt und erzählt uns von ihnen ... Kaulbach wird nicht in der Wartburg, wenigstens das Luther-Zimmer nicht, malen. Er sagt, er sei nicht religiös und könne deshalb auch nicht religiöse Gegenstände malen. Auch dieses theilt uns das Fräulein mit ...

23) Samstag. Auf den Rath des Geh. Rath Carus suchen Hettner und ich Seine Excellenz Herrn von Lüttichau in der Expedition des Hoftheaters auf. Ehe wir vorkommen, treffen wir mit Reißiger, Dawison und Pabst zusammen. Dawison setzt Hettner zur Rede wegen eines Artikels, den dieser in die Augsburger Allgemeine Zeitung hat einrücken lassen, in welchem unter anderm der neue Vorhang, der den Scenenwechsel deckt, getadelt wird[64]. Herr von Lüttichau beantwortet unser Anliegen in einer Weise, daß wir deutlich sehen, wie gut! er bearbeitet worden ist. In Betreff der Unterstützung eines Liszt-Concerts im Theater unter Mitwirkung der Hofkapelle erhalten wir entschieden verneinende Antwort. Die Hofkapelle wird im Laufe des Winters eine Aufführung zu Gunsten des [Weber-]Denkmals aus eigener Veranstaltung geben. – 12 Uhr Galerie-Kommission. Auch Rietschel ist heute zugegen. Zunächst wurde eine gute Copie in Pastellfarben nach van Dycks Bild Nr. 943 (angeblich Cromwells Neffe)[65] mit diesem verglichen. Das Bild ist zu verkaufen und will als Arbeit van Dycks gelten. Der Rahmen läßt vermuthen, daß das [56] Bild einmal unserer Sammlung von Pastellen angehörte. Die Kommission hält das Bild eben für eine sehr tüchtige Copie. Sodann begeben wir uns in den Kuppelsaal, woselbst mittelst eines Schirmes der Versuch gemacht worden, ob die Abhaltung des Lichts von oben den Alt-Niederländer Teppich, darstellend die Kreuzigung, der mit seiner runzligen Oberfläche bei dem Oberlicht in seinen Einzelheiten, namentlich einigen Köpfen, ganz entstellt erscheint, wieder in seiner Vortrefflichkeit erkennen läßt. Leider ist der heutige, sehr trübe Tag zu einer solchen Probe sehr ungeeignet; doch sieht man deutlich, daß der Versuch zu einem günstigen Resultat führen kann, und will Professor Bendemann, dem eine Vorrichtung in den Sinn kommt, die dem Zweck entsprechen dürfte, zunächst in einer Zeichnung einen Mechanismus angeben, welcher die Ausführung eines beweglichen Schirmes zuläßt ...

25) Montag ... Nach den Spottartikeln im Anzeiger über Hübners Projekt einer Umrahmung des Holbein erscheint heute sogar im Dresdner Journal ein solcher. Hübner hätte seine Dekoration nicht aufstellen sollen, ohne zu fragen. Sie steht nun seit dem Frühjahr, und der König hat nicht Zeit gehabt, die Frage zu erledigen. Wer sind nun aber diejenigen, welche Hübner so konsequent anfeinden? Nach einigen Winken, die mir geworden sind, wären es Kammerrath Kaskel und Schäfer[66], der ehemals am Alterthumsverein thätig war.

26) Dienstag ... 5 Uhr Versammlung des Weber-Comitee. Bericht über das Resultat der Deputationen an Herrn von Lüttichau und an die Schröder Devrient, bei welcher Herr Brauer[67] gewesen ist. Ueber den Erfolg unseres Gesuchs an von Lüttichau ist das wesentliche bemerkt worden; die Devrient weigert sich, mit Liszt gemeinschaftlich zu wirken. Es wird nun beschlossen, Liszt zu bestimmen, selbständig ein Concert im Hotel de Saxe oder in Thiemes Hotel zu geben. Hettner wird den Brief schreiben ...

November.

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1) Montag ... Dann begebe ich mich zu dem Herrn Minister von Zeschau ... Der Herr Minister theilt mir dann noch seine Meinung mit in Ansehung der von Hübner projektierten Ausmalung der Treppenhalle und des Corridors unseres Museums. Der Minister meint, vom Standpunkte des Ministeriums des Innern würde er es nicht geeignet finden, die für Kunstzwecke bewilligten Gelder für das Museum zu verwenden, das ohnehin aus den vom Lande bewilligten Geldern errichtet und ausgeschmückt worden. Als Minister des Königlichen Hauses, unter den das Museum gestellt ist, müsse er wünschen, daß demselben die Einfachheit seiner dekorativen Theile erhalten bleibe und die Wandflächen des Corridors zur Unterbringung von Bildern aus dem Vorrath reserviert bleiben. Dieses würde kein Hinderniß sein, die Deckenfelder des Corridors, welcher allerdings in seinem jetzigen Zustand nicht verbleiben könne, mit Malereien zu schmücken. Ich theile hierauf meine Ansichten dem Herrn Minister mit, welche, was Einfachheit des künstlerischen Schmuckes der noch unausgemalten Räume betrifft, mit denen Seiner Excellenz übereinstimmen. Was die Benutzung der Wandflächen zur Aufstellung von Bildern betrifft, so muß ich allerdings darauf hinweisen, daß diese Räume solchen Zwecken deshalb nicht würden dienen können, weil sie der Sonne zu sehr ausgesetzt sind ...

2) Dienstag ... 4 Uhr Direktorialversammlung des Kunstvereins. Hähnel erstattet Bericht über die Verhandlungen des allgemeinen deutschen Kunstvereins. Es wird nicht viel dabei herauskommen. Die Herren bauen zu seicht. Es werden Vorschläge gemacht wegen des neuen Vereinsblattes. Man möchte Schwinds „Sieben Raben“ geben. Außerdem wird noch Trenkwalds Tezel, der in Vorschlag gekommen, lebhaft unterstützt. Waldmüllers Großmutter, Gonnes Luther und Bendemanns Nausikaa erhalten weniger Stimmen ...

3) Mittwoch ... Hettner und ich gingen nach Herrn von Lüttichaus Wohnung, um ihm den von Liszt eingegangenen Brief, in welchem er sich bereit erklärt, in dem von der Hofkapelle für das Weber-Denkmal zu veranstaltenden Concert zu spielen, mitzutheilen ...

5) Freitag ... Besuch in Rietschels Atelier. Ich finde ihn und seine dritte Skizze zur Luther-Statue. Er hat in dieser die Bewegung beibehalten, welche er in der zweiten Skizze (Luther mit der Kutte) der Figur gegeben hat, aber die Kutte in den Chorrock umgewandelt. Jetzt ist Rietschel auf dem rechten Fleck, wovon er auch selbst überzeugt ist. Die Weber-Statue wird demnächst im Modell ganz beendigt sein; eine kleine Veränderung am Kopf hat noch etwas aufgehalten ... Die dritte Nummer des Christlichen Kunstblattes mit dem Aufsatz von Hübner[68] wird mir von der Verlagshandlung zugeschickt ...

8) Montag ... Professor Hübner ist in seinen Behauptungen doch nicht immer zuverlässig. Das Bild Nr. 522 „Rebecca und Elieser am Brunnen“ ist zwar schlecht, aber ohne Zweifel echt. Die Vorliebe für das häßliche Weib mit der Baßgeige Nr. 524 ist mir auch nicht ganz einleuchtend[69].

[57] 9) Dienstag ... Schirmer prophezeit, daß der Hofbaumeister Krüger Auftrag erhalten wird, etwa auf Grund des Grunerschen Entwurfs noch einen neuen zu machen, welcher dann in Ausführung kommen wird. Eine solche Entscheidung würde auch meinen Wünschen ganz entsprechen. Hübners Projekt würde, nach einem mit Jädike vom Hofbaumeister Krüger entworfenen Kostenanschlag, 1500 Thaler in Anspruch nehmen! ... Mein ehemaliger Schüler Deimling bringt mir ein Briefchen von Ludwig, in welchem mir dieser in wenig Worten den großen Erfolg meldet, den er in der Aufführung des Propheten errungen hat. Gegen Abend kommt noch ein ausführlicherer Brief an die Mutter, in welchem näherer Bericht über seine Thätigkeit gegeben und angezeigt wird, daß man ihn in Berlin haben will ...

10) Mittwoch ... Heute ist nun auch der Tag, an welchem Seine Majestät der König sich wegen der Umrahmung der Holbeinschen Madonna entscheiden will. Sämmtliche Mitglieder der Kommission sind 3/4 12 Uhr in der Galerie versammelt. Um 12 Uhr kommt der Herr Minister von Zeschau und der Geh. Hofrath Bär, 1/4 auf 1 Uhr kommt Seine Majestät mit Ihrem Adjutanten dem Oberstleutnant v. Fritsch. Man begibt sich alsbald zur Stelle. Die Veränderungen der Umrahmungen nach den drei Entwürfen gehen rasch und ohne Unfall vor sich. Seine Majestät läßt zuletzt noch einmal die Hübnersche Dekoration aufstellen und entscheidet sich für diese. Es ist alles recht zugegangen. Jedes der betreffenden Mitglieder der Kommission nimmt Gelegenheit zu bemerken, was es zu erwähnen für angemessen hält ...

11) Donnerstag ... Atelier. Leonhard Gey aus Hannover wird aufgenommen ... Nach Tisch sucht mich Herr von Lüttichau auf und erklärt Ludwig gern haben zu wollen, um so mehr als derselbe bis April 1860 an Karlsruhe gebunden ist und der neue Contract mit Tichatscheck kein Hinderniß ist, denselben zu engagieren. Er meint, wenn Ludwig einmal in Berlin sei, so sei er für Dresden verloren ...

12) Freitag ... Um 5 Uhr Sitzung des akademischen Raths ... Mein Antrag wegen gleichmäßiger Vertheilung der Modellgelder an die Atelierschüler bringt Hübner in große, ja leidenschaftliche Aufregung. Er sieht den Antrag als einen Angriff gegen sich an und will von der amtlichen Behandlung der Sache nichts wissen. Nichtsdestoweniger wird in der nächsten Sitzung nachgewiesen werden, was in jedem Atelier bisher gebraucht worden ist, und fürs künftige eine Norm festgestellt werden, nach welcher sämmtlichen Atelierchefs ein gleicher Antheil an der für die Modelle bestimmten Gesammtsumme zugewiesen wird. So werden die einen in bessern Stand gesetzt werden, ihren Schülern das wichtige Lehrmittel zu gewähren, während andere ihre Uebergriffe werden unterlassen müssen ...

13) Samstag ... Quittung über Empfang des Bildes von Schuster[70] – ein schlechter Schmarren – geschrieben und dann selbst zu Heine (Vorstand der Ausstellungskommission) befördert ... Museum. Die Aenderungen im Rembrandt-Saal sind vollständig bewerkstelligt und äußerst vortheihaft. Die drei Bilder, welche über dem Opfer des Manoah zu hängen gekommen, verdienen keinen bessern Platz. Die zwei Bilder des Salomon de Bray, welche ich bei dieser Gelegenheit kennen gelernt habe, sind werthvoll und sollten gelegentlich besser anstatt schlechter placiert werden ...

14) Sonntag. Den heutigen Tag widme ich ziemlich ausschließlich dem Entwurf des Bildes „Josias vernimmt des Herrn Wort aus dem Gesetzbuch“. Das ist ein Gegenstand, mit dem am Sonntag sich zu beschäftigen wohl recht angemessen ist. Die Unterbrechung der Arbeit, welche nach Tisch eintritt, bringt keine Störung, vielmehr eine Mahnung und Ermunterung zu neuer Treue in der Arbeit und regerem Streben nach dem vorgesetzten Ziele. Gaber bringt mir das Büchelchen „Ein Streifzug in die Bilderwelt“ von Oldenberg, das die Aufsätze enthält, welche die Maihefte der „Fliegenden Blätter des Rauhen Hauses“ über „Bilder und Illustrationen“ bereits veröffentlichten. Der Verfasser hat das Exemplar für mich bestimmt und seinen Namen darauf geschrieben. Sodann bringt mir Gaber auch einen Abdruck des Blattes „Elias wird von Raben gespeist“, das vortrefflich geschnitten ist ...

17) Mittwoch ... Nach dieser Sitzung sehe ich Rietschels nun ganz vollendetes Modell zur Weber-Statue. Demnächst werden wir es ausstellen. Die Arbeit ist vortrefflich ...

19) Freitag ... Durch Wießner erfahre ich auch, daß ein hübscher Artikel über kirchliche Kunst, der im gestrigen Dresdener Journal stand, von Albert von Zahn ist ...

20) Samstag ... 12 Uhr Galerie-Kommission ... Ich nehme Gelegenheit meine Ansicht über das Schlachtbild von Schuster auszusprechen. Meine Kollegen können nicht viel dagegen sagen ...

21) Sonntag ... Ich begebe mich auf die Terrasse, um die ausgestellten Bilder von de Keyser zu sehen. Sie stellen vor: „Webers letzte Augenblicke“ und „Milton dictiert seinen Töchtern die Dichtung das verlorne Paradies“. Es sind doch auch nur Salonbilder, im übrigen hat man dem Künstler für seine Gefälligkeit Dank zu sagen, mit welcher er dieselben zum Besten des Weber-Denkmals zur Ausstellung hierher geschickt hat ...

23) Dienstag. Die Photographie nach Rietschels Pietà für das christliche Kunstblatt, welche der Meister [58] zu diesem Zweck selbst hat anfertigen lassen, wird von mir heute der Post übergeben ... Abends mit Reißigers Frau und Tochter und Andreas und dem Kirchenrath Langbein bei Gruners. Ich gerathe mit Langbein aneinander, weil er den Preußenhaß predigt und die Handlungsweise Friedrich Augusts zur Zeit der Befreiungskriege gutheißt. Er muß meine Meinung hören, doch halte ich mich glimpflich, und es erfolgt keine Störung für die Gesellschaft. Zuletzt wird noch ein Choral gesungen, und erst nach 11 Uhr gehen wir nach Hause.

24) Mittwoch ... Museum. Schusters Schlacht hängt in vortrefflichem Licht. Das Bild müßte für den guten Platz besser sein. Obermann bringt mir den Abdruck seiner letzten Platte: Rehabeam und Jerobeam. Das Blatt ist schön gearbeitet ...

25) Donnerstag ... Gegen Abend überrascht uns Herr von Lüttichau mit einem Besuch, nur um uns zu benachrichtigen, daß seine Unterhandlungen mit Ludwig dem Abschluß nahe sind ...

26) Freitag ... Ade sendet mir den Probedruck des Blattes „Elias auf dem Horeb“. Es ist zufriedenstellend gearbeitet, doch freilich kein Gaber ...

30) Dienstag ... Major Serre im Museum, zur Plage der Leute, da er Beistand für seine Schiller-Lotterie begehrt. Ich sage ihm meine Meinung ordentlich und, ich hoffe, er bleibt mir mit seinen Quälereien vom Halse. – Mit Hähnel habe ich eine sehr lange Unterredung wegen der Ausschmückung des Museums. Er meint, wir sollten bei diesem Unternehmen Zumpes gedenken und ihn zu der Arbeit vorschlagen. Mir kommt diese Erklärung sehr zu statten, denn jedenfalls kann ich darauf rechnen, daß Hähnel meiner Befürwortung von Zumpes Gesuch[71] sich kräftig anschließt ...

December.

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1) Mittwoch ... sodann Versammlung des Weber-Comitee. Die Einnahme an Entreegeldern bei der Ausstellung von de Keysers Bildern hat uns doch über 150 Thaler eingebracht. Die Geldverhältnisse gestalten sich auch sonst günstig, und wir können nun auch an einen künstlerischen Schmuck des Piedestals denken.

2) Donnerstag ... 5 Uhr Sitzung des akademischen Raths ... Zumpes Angelegenheit ist die wichtigste, und wird deren Besprechung dadurch zu einer angenehmen, daß alle Gutachten zu seinen Gunsten lauten. von Quandt hat sich sehr eingehend ausgesprochen, andere nur mit kurzen Worten ihr Einverständniß mit Quandts und meinem Gutachten bemerkend ... In der Sache der Modellgelder will man Hübner die genauere Erörterung im akademischen Rath ersparen und sollen die betreffenden Atelierchefs die Angelegenheit unter sich ordnen und dann dem akademischen Rath zur definitiven Feststellung einer neuen Ordnung Vortrag erstatten.

3) Freitag ... Museum. Ich werde zum Herrn Minister beschieden. Derselbe erstattet mir vor der schriftlichen Ausfertigung in Gegenwart des Geheimen Hofrath Bär Vortrag über die Maßregeln, welche in Betreff der nächst zu verkaufenden 200 Gemälde getroffen werden sollen, nachdem das Ministerium des Innern und Se. Majestät der König im ganzen mit der Maßregel sich einverstanden erklärt haben. Der König befiehlt noch, daß etwa sich vorfindende Unanständigkeiten nicht verkauft werden sollen. Ferner soll man Porträts, welche etwa interessante Bildnisse sein könnten, zurückhalten ...

4) Samstag ... Nach den Besprechungen mit Hähnel über die Ausmalung des Museums ... werde ich von neuem angeregt, meine Gedanken über jene Ausschmückung zu ordnen und niederzuschreiben. Während des Vormittags beschäftige ich mich ausschließlich mit dieser Arbeit ...

7) Dienstag ... Rietschel ist von dem Comitee des Luther-Denkmals in Worms, welchem er Hübners Aufsatz mitgetheilt, angegangen worden anzufragen, ob der Comitee einen Separatabdruck desselben veranstalten lassen dürfe ... Rietschel wünscht, daß in dem Bewilligungsfalle von Hübner eine Anmerkung beigefügt werde, in welcher gesagt wird, daß Luther mit dem Chorrock bekleidet wird. Also die Frage ist entschieden ...

12) Sonntag. Stadtrath Cichorius sendet mir das Manuscript eines Aufsatzes über meine Bibel, in welchem nach Spendung vielen Lobes die vorkommenden Nacktheiten streng getadelt und als sittenverderbend bezeichnet werden[72] ...

13) Montag ... Im Museum wird mir gemeldet, daß Herr von Lüttichau mich zu einer Berathung in der Theater-Expedition hat einladen lassen. Ich finde dort Hettner und die Vorstände der Hofkapelle. Herr von Lüttichau theilt uns mit, daß er ein Schreiben von Liszt erhalten hat, in welchem dieser an einem Concert zum Besten des Weber-Denkmals sich betheiligen zu wollen zwar wiederholt erklärt, dennoch aber sich weigert in den Verhältnissen mitzuwirken, in welche die von der Intendanz ausgegangene Aufforderung ihn stellen will. Wir haben Mühe, diese neueste Erklärung in Zusammenhang zu bringen mit Liszts letztem Schreiben an Hettner. Was thun? Das muß überlegt werden ...

14) Dienstag ... Brief an Herrn Stadtrath Cichorius, in welchem ich unter Rücksendung des mir mitgetheilten [59] Aufsatzes über meine Bibel die Angriffe auf dieselbe zurückweise ...

15) Mittwoch ... Nach Tisch besuche ich Zimmermann[73], um seine nach meinem Carton gemalte Saxonia zu sehen, die nun ziemlich vollendet ist. Von da gehe ich zu Hähnel, den ich in seinem Atelier finde ... Wir verständigen uns über die Aufgaben für monumentale Kunst. Wir werden beide der Jugend das Wort reden. Ich werde als erste Aufgabe die Ausführung des Kruzifix auf der alten Brücke empfehlen. Mit meinem Aufsatz über die Ausmalung des Corridors im Museum ist Hähnel sehr zufrieden ...

16) Donnerstag. Nochmals Besuch von Regierungsrath Wießner wegen der Betheiligung bei der Eröffnung des städtischen Museums in Leipzig. Ich erkläre gehen zu wollen und ersuche Wießner, dieses dem Geh. Rath Kohlschütter zu eröffnen ...

17) Freitag. Gestern eröffnete ich die von Breitkopf & Härtel gesendete Kiste und erfreue mich der trefflich gelungenen Arbeit Sichlings[74]. Heute früh nehme ich die Retouche vor ... Museum. Ich höre, daß Hübner nun doch nach Leipzig geht ...

18) Samstag ... Um 11 Uhr betraten wir das Museum [in Leipzig] ... Nachdem der Herr Minister von Beust eingetreten, begibt man sich nach dem Saal, in welchem die feierliche Uebergabe des Museums an die Stadt und die Eröffnung desselben für das Publikum durch mehrere Reden ausgesprochen wird ... Bald hätte ich vergessen zu bemerken, daß Hübner doch bei der feierlichen Handlung seinen Platz neben Dr. Härtel, welcher im Namen des Comitee das nun vollendete Gebäude an die Auftraggeber übergab, eingenommen hatte und aus Auftrag des akademischen Raths einige passende Worte sprach! ...

19) Sonntag ... Ich begebe mich Nachmittag nach Neustadt mit der Absicht, Herrn von Quandt über die gestrige Feierlichkeit Nachricht zu geben, ihm namentlich mitzutheilen, wie ehrenvoll seiner Verdienste in der Rede des Bürgermeister Koch gedacht wurde. Er ist aber nicht in der Stadt ...

21) Dienstag ... Heute ist General-Versammlung des Kunstvereins und die Verloosung der Gewinnste; mithin ist der Zeitpunkt gekommen, welchen ich schon lange zum Austritt aus dem Direktorium mir ersehen habe. Obwohl ich darin im Irrthum war, daß ich glaubte, es sei seit meiner Wiederwahl auch meine Zeit abgelaufen, so halte ich dennoch an dem Entschlusse fest, auszutreten, und eröffne dieses Direktor Hettner, dem Vorstand des Direktoriums, damit eine Neuwahl auch für meine Stelle getroffen werde ... Dem Regierungsrath Wießner mache ich einen Besuch, um ihm mündlichen Bericht über die Eröffnung des Leipziger Museums zu geben. Wießner weiß nichts davon, daß dem Hübner der Auftrag geworden sei, im Namen des akademischen Raths bei der Eröffnung des Museums zu sprechen. Bei dieser Gelegenheit erfahre ich auch, daß der Herr Minister von Beust für Hübner keinesweges so entschieden Partei nimmt, wie ich vermuthete. Abends kommt Lange mit Peppi, und ich zeige beiden die neuesten Lieferungen meiner Bibel in der Luxusausgabe, in welcher die Abdrücke auf dem chinesischen Papier sich allerdings sehr vortheilhaft im Vergleich mit den Abdrücken der Volksausgabe ausnehmen.

22) Mittwoch ... Peppi berichtet, daß Hähnel und Richter ihre Wiederwahl in das Direktorium des Kunstvereins abgelehnt hätten. Dagegen sind nun Kummer, Auerbach und Lichtenberger eingetreten ...

24) Freitag ... Peppi schenke ich die drei kleinen Zeichnungen zum Buch Hiob, die ich für die Cottasche Bibel verfertiget habe ...

26) Sonntag Zweiter Weihnachts-Feiertag ... Sodann bestelle ich mir bei Globig[75] den Layard: „Niniveh und seine Ueberreste“, den ich zum Sanherib[76] gebrauche ...

28) Dienstag ... Der andere Brief ist von Herrn von Bethmann-Hollweg. Er fragt mich vertraulich um Rath wegen Besetzung der Stelle Schadows in Düsseldorf, der von der Direktion der Akademie zurücktritt. Sodann macht er mich auch auf einen Fehler in einer der Unterschriften zu einem der letzerschienenen Bibelblätter aufmerksam. Ich habe geschrieben: „Maria Magdalena salbt Jesum zu seinem Begräbniß“. Es muß heißen: Maria von Bethanien. Der Fehler ist mir empfindlich. Ich werde dafür sorgen, daß bei den nächsten Drucken derselbe verbessert werde ... Ich begebe mich zu dem Herrn Minister, um über einige Gegenstände Vortrag zu erstatten. Die vertrauliche Mittheilung meines Berichts über die Umrahmung der Holbeinschen Madonna an Geh. Rath Kohlschütter wird gestattet ...

29) Mittwoch ... Obermann bringt mir das sehr tüchtig geschnittene Blatt: Das Ende der Isebel ...

30) Donnerstag ... Rietschel sendet mir das Monatsheft für Januar 1859 der Zeitschrift „Anregungen für Kunst, Leben und Wissenschaft“, herausgegeben von Franz Brendel und Richard Pohl, verlegt von C. Merseburger, Leipzig, welches den ersten Abschnitt eines vortrefflichen Artikels über die Kunst der Gegenwart und ihre Zustände enthält unter dem Titel: „Nach [60] der historischen Kunst-Ausstellung“. – Museum. – Die Augsburger Allgemeine Zeitung bringt einen Artikel aus Berlin, welcher von den dortigen Bestrebungen spricht, die Kunst zu heben, und das Drängen darnach zeigt, die Pflege derselben als einen „Staatszweck“ anerkannt zu sehen. Man will, daß die Summe von 50 000 Thalern für Kunstzwecke auf das Budget gestellt werde etc. –, im Großen die Erscheinungen, die bei uns im Kleinen bereits vorübergegangen. Mir ist der Artikel nützlich. Ich sehe, um was es sich bei den mir nahe gelegten Wünschen in Betreff einer Mittheilung meiner Ansichten handelt, und ich weiß nun, was ich Herrn von Bethmann-Hollweg mitzutheilen habe ...

31) Freitag. St. Sylvester. Ich danke Rietschel schriftlich für den mir zugesendeten Artikel und spreche meine Vermuthung aus, daß sein Schwager Oppermann der Verfasser desselben ist ...

[62]

3) Montag. Schreiben an den Cultusminister von Bethmann-Hollweg concipiert. Ich kann mich nur andeutungsweise aussprechen und muß erwarten, daß an mich weitere und bestimmtere Fragen gerichtet werden. Was die Akademie in Düsseldorf anbelangt, so empfehle ich Bendemann für die Direktorstelle ... Besuch bei Langbein, welcher gestern mit seiner Frau bei uns war ... Er sagt mir, daß die Unterscheidung der heiligen Marien, der von Magdala und der von Bethanien, noch gar nicht festgestellt wäre. – Heute ist des Carus siebzigster Geburtstag, und es findet eine große Feier statt, zu der auch ich geladen bin. Ein wundervoll gespieltes Quartett von Mozart eröffnet die Aufführungen. Sodann erfolgt ein Festspiel, in welchem sprechende Bilder und Chöre (die von der Ney, der Jacobi[77], Tichatscheck und Conradi[78] gesungen werden) abwechseln. Zuletzt singen die Genannten noch vier Quartetts von Mendelssohn. In den sprechenden Bildern traten die Frau von Bock (Schröder-Devrient), die Steeger[79] und Fräulein Bendemann auf. Ich unterhielt mich trefflich und fand viele und lebhafte Ansprache bei meinen zahlreich anwesenden Bekannten. Besonders unterhielt ich mich mit Geh. Rath von Ammon[80], neben dem ich längere Zeit saß.

[63] 4) Dienstag ... Abends 7 Uhr ist Versammlung der selbständigen Künstler zum Behuf der Wahl von drei Künstlern, welche den akademischen Rath bei der Berathung über auszuführende öffentliche Werke verstärken sollen. Es werden die Herren Kummer, Lichtenberger und Kriebel gewählt, sodann noch für Stellvertreter gesorgt durch eine Nachwahl, welche die Herren Papperitz, Hammer und Bürkner trifft. Diese Wahlen zeigen deutlich, in welchem Sinne die Mehrzahl der selbständigen Künstler bei den weiteren Verhandlungen sich betheiligen werden.

5) Mittwoch ... Museum. Der Miniaturenschrank ist nun in Ordnung. Die kleine Sammlung nimmt sich vortrefflich aus und macht mir jetzt wirklich Freude ...

6) Donnerstag. Heilige Drei Könige ... In der Nr. 3 (3. Jan. d. J.) der Augsburger Allgemeinen Zeitung, Beilage, ist ein vortrefflicher Artikel aus Berlin enthalten, betitelt: „Der Dom und das Campo Santo in Berlin“. Er weist darauf hin, wie man die letzte Stunde nicht versäumen soll, Cornelius herrliche Kompositionen zu der Friedhofhalle zur Ausführung zu bringen, und spricht sich über die Bedeutung der monumentalen Kunst in einer Weise aus, die mit meinen Ansichten in vollkommener Uebereinstimmung sich findet.

8) Samstag ... 12 Uhr Galerie-Kommission ... Dann begiebt man sich in den 1. Stock, um bei dem heutigen hellen Wetter über die Zweckmäßigkeit des über der Niederländer Tapete angebrachten Probeschirmes zu berathen. Ich erkläre wegen meines schwachen Auges kein sicheres Urtheil über den erzielten Erfolg abgeben zu können; daß sich bei mir aber die Ansicht festgestellt habe, es stehe der erlangte Vortheil mit den Nachtheilen, die sich mit der Ausführung des Vorschlags verbinden würden, in keinem günstigen Verhältniß und es würden die von mir vorgeschlagenen Handschirme den beabsichtigten Zweck ausreichend erfüllen ohne die bemerkten Nachtheile und den damit noch obendrein verbundenen großen Kostenaufwand herbeizuführen ... Bendemann, Rietschel, Peschel sind für die Schirme, doch scheint es nicht, als ob sie ihren Vorschlag verfolgen wollten. Hübner erklärt sich mit mir einverstanden ...

9) Sonntag ... Während Gonne noch da ist, kommen Schönherr und Wichmann und theilen mir den Plan mit, einen Verein für christliche Kunst nach Art des Kunstvereins, der jetzt aber ganz in die Hände der Gegner gekommen ist, zu errichten. Ich erkläre mich bereit mich anzuschließen, gebe indessen einiges zu bedenken, was bei den weiteren Schritten zu beachten sein dürfte ...

14) Freitag ... 5 Uhr Sitzung des akademischen Raths ... Der Geheime Rath Kohlschütter berichtet unter anderm über die Vertretung des akademischen Raths bei der Eröffnungsfeier des Leipziger städtischen Museums. Er erwähnt Hübners in der Weise, daß er als Beauftragter des Ministeriums und im Namen des akademischen Raths gesprochen zu haben erscheint ... Meiner Bitte, für die Erstattung der Modellgelder an die Atelierschüler eine sichere Norm aufzustellen, wird nicht gedacht. Bendemann stellt einen Antrag an den akademischen Rath, daß derselbe die geeigneten Schritte thun möge, um zu bewirken, daß bei Errichtung von Staatsbauten auf den Schmuck durch Plastik oder Malerei Rücksicht genommen werden möge. Der Antrag verdient und erhält allgemeine Zustimmung ...

17) Montag ... Nach Tisch besucht uns ganz unerwartet unser Verwandter, Herr von Tschudi[81], der eben aus Brasilien seit fünfzehnmonatlicher Abwesenheit über Hamburg zurückgekehrt ist und nun zu Frau und Kind nach Jacobshof, seinem Landsitz in Steiermark[82], eilt. Sein Besuch macht uns große Freude. Er ist ein herrlicher Mann, mit welchem in neue und nähere Beziehungen zu treten uns sehr erwünscht ist. Er bringt dann auch noch den Abend bei uns zu und erzählt von seiner letzten Reise und den dabei ausgestandenen Mühseligkeiten und Gefahren ...

19) Mittwoch. Gegen 1/2 4 Uhr Morgens werden wir durch Feuerlärm geweckt. Das Brauhaus zum Feldschlößchen brennt. Bei dem starken Sturm verbreitet sich die Flamme furchtbar schnell. Der Anblick des Brandes, den wir von unsern Fenstern aus sehr gut sehen, ist ein schauerlich schöner. An Hülfe ist nicht zu denken. Am Morgen hören wir, daß alles Brennbare vernichtet sei. Es scheinen große Vorräthe aufgehäuft gewesen zu sein. – Ich schreibe meine Vorschläge hinsichtlich zweier in Ausführung zu bringenden monumentalen Werke völlig ins Reine und bringe die Schrift ins Ministerium des Innern. Mein erster Antrag geht auf Errichtung eines neuen Kruzifixes auf der alten Elbbrücke und auf Ausmalung des Korridors unseres Museums unter der Bedingung, daß der gewählte Künstler durch ein präcis gefaßtes Programm gebunden werde ...

27) Donnerstag ... Museum. Herr Schäfer[83] (der sogenannte böse, wie Schulz[84] ihn zur Unterscheidung von Arnold Schäfer[85], dem guten, nannte) giebt einen neuen Katalog unserer Galerie heraus und arbeitet deshalb viel im Museum. Ein Theil des Buches ist gedruckt. Es wird viel Berichtigungen und manche neue Entdeckungen enthalten. Hübnern ist er sehr aufsässig [64] und weist ihm viele Fehler nach. Er, Schäfer, ist es auch, der nicht müde wird gegen die Hübnersche Umrahmung der Holbeinschen Madonna offen und versteckt zu manövrieren (unter anderm im Anzeiger) ...

28) Freitag. Endlich setze ich den Danksagungsbrief an die Akademie der schönen Künste in Kopenhagen für Ernennung zu ihrem Ehrenmitglied auf ...

29) Samstag ... Es beschäftiget mich heute die Zeichnung „Des Volkes Buße“. Immer wieder von neuem muß ich staunen über den Reichthum an den mannigfaltigsten und schönsten Gegenständen, welchen die Bibel bietet. Welches andere Buch könnte sich wohl auch in dieser Beziehung mit der Bibel messen! ...

30) Sonntag ... Nachher gehe ich zu Quandts, die beide zu Hause sind und mich sehr freundlich aufnehmen. Quandt theilt mir ungefragt mit, welchen Vorschlag er zur Ausführung eines monumentalen Werkes gemacht habe. Er beantragt die Errichtung einer Nike in Leipzig zur Erinnerung an den in der Völkerschlacht am 18. Oktober 1813 erfochtenen Sieg. Einen schöneren Vorschlag kann man nicht machen, und ich nehme mir vor, bei der Abstimmung außer dem Kruzifix für die Dresdner Brücke auch dieser Nike meine Stimme zu geben, wenn zwei Gegenstände bezeichnet werden dürfen.

31) Montag ... Auf Renners Wunsch male ich heute ein wenig an der Augustusburger Altartafel, um das Gewand Christi, dessen Gefälte sehr undeutlich ist, zu restaurieren ...

Februar.

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1) Dienstag ... Rietschel hat einen schweren Krankheitsanfall zu bestehen gehabt. Es geht zwar wieder besser, aber seine Kräfte sind ohnehin geschwächt, und jeder derartige Anfall muß seine Natur mehr und mehr untergraben. Peschel sagt mir, daß auch Rietschel für die Errichtung des Kruzifixes auf der Brücke gestimmt habe. So wird dieser Gegenstand wohl mit fünf Stimmen in Vorschlag kommen ...

2) Mittwoch ... Von dem Porträt Kurfürst Augusts von Cranach dem Jüngern meint Schäfer, es sei das Studium zu der Augustusburger Altartafel ...

3) Donnerstag ... Museum. Restaurationszimmer. Ich lasse das Porträt Kurfürst Augusts von Cranach dem Jüngern, das wir in der Galerie haben, herunter bringen, um es mit dem Porträt auf der Augustusburger Altartafel zu vergleichen. Es entspricht vollkommen dem letzteren, ist aber noch besser, und man sieht deutlich, daß es das Studium zu demselben ist. Die Tafel zeigt: Cranachs Schule. Das muß geändert werden[86]. Mit Schirmer komme ich in einen lebhaften Streit wegen Errichtung eines neuen Kruzifixes auf der Brücke. Er meint, es würde darin eine Verleugnung des Protestantismus liegen und zugleich eine Konzession gegenüber den Katholiken. Da bin ich auch einmal grob geworden ...

3) Donnerstag ... 5 Uhr Sitzung des akademischen Raths ... Auf dem Heimweg begleite ich Geh. Rath Kohlschütter. Er sagt mir von Quandts Vorschlag, daß er ihn in Verlegenheit setze; denn die Nike, welche dieser wolle, würde nicht allein ein Denkmal des Sieges der Verbündeten über Napoleon sein, sondern zugleich ein Denkmal der Gefangennehmung des Königs von Sachsen, und ein solches Denkmal zu errichten, könne man doch seinem Nachfolger nicht vorschlagen. Gegen das Kruzifix hat er auch Bedenken, weil es bei den Protestanten nicht Sitte sei, außer der Kirche auf einem öffentlichen Platz ein solches zu errichten. Doch giebt er zu, daß in dem Umstand, daß bereits ein Kruzifix auf der Brücke gestanden, ein Grund zur Befürwortung des Vorschlags gefunden werden könne ...

5) Samstag. Das Christliche Kunstblatt vom 1. Februar bringt einen sehr schönen Artikel über ein Relief von Wittig[87], darstellend die Grablegung, verfaßt von Schnaase. Den Schluß der Nummer bilden einige Aeußerungen Luthers über Anwendung der Kunst auf religiöse Gegenstände, die köstlich sind ...

6) Sonntag ... Um 12 Uhr Versammlung des Weber-Komitee im Hotel Petersburg. v. Hülsen in Berlin meldet uns einen Beitrag von gegen 800 Thalern; v. Platen läßt sich durch Serres wiederholte Aeußerung, daß die Kosten für unser Unternehmen gedeckt seien, nicht hindern für uns zu wirken und in unser Ermessen zu stellen, ob wir den Ertrag für die Aufführung der Euryanthe abwarten oder sogleich eine Durchschnittszahlung haben wollen ... Der Stadtrath erwidert auf unser Gesuch um einen Beitrag, daß ein solcher zu erwarten sei unter der Voraussetzung, daß das Standbild zwischen Theater und katholischer Kirche und zwischen die neuen Gas-Kandelaber gesetzt werde ...

7) Montag ... Auf meinen Bericht über die Restauration der Augustusburger Altartafel bemerkt der Minister, daß ein Erlaß an mich kommen wird, in welchem die Einverleibung der Tafel in die Galerie unter gewissen Bedingungen in Aussicht gestellt und ein Gutachten eingefordert wird ...

8) Dienstag ... Noch gestern Nachts 11 Uhr brachte das Dresdner Journal die wesentlichen Theile der Napoleonschen Thronrede. Sie spricht sich in unverschämter Weise aus ...

10) Donnerstag. Um 10 Uhr beginnt die Sitzung des akademischen Raths, in welcher die Vorschläge für [65] Ausführung monumentaler Werke mitgetheilt werden sollen. Es sind also die Herren Kummer, Lichtenberger und Kriebel aus dem Vereine der selbständigen Künstler und Professor Peschel aus dem Kreis der Professoren, welche dem akademischen Rath nicht angehören, gegenwärtig ... Der Vortrag der eingegangenen Vorschläge dauert bis etwa 12 Uhr und wird beschlossen die Berathung derselben heute nicht zu beginnen ... Unter den vorgeschlagenen Gegenständen zählt die Ausmalung des Korridors im Museum zwar 8 Stimmen, von denen jedoch 6 nur unter Beschränkung (der Hübner-Bendemannschen Ansicht entgegen) das Werk in Vorschlag bringen. Das Kruzifix auf der Brücke wird mit 5 Stimmen beantragt, ohne Nebenbedingung. Kummer beantragt die Umwandlung des Dublettensaals[88] zu einer mit Fresken und Statuen auszuschmückenden Volkshalle. Rietschel und Hähnel beantragen den Schmuck der Terrassentreppe mit Statuen. Außerdem werden noch viel schöne Gegenstände in Vorschlag gebracht, und es zeigt sich, wie viel würdige Veranlassungen sich finden, die Kunst in Anwendung zu bringen ... Zu bemerken ist, daß Hübner der einzige war, welcher sich selbst zur Ausführung eines Werkes, nämlich der Ausmalung des Treppenhauses und des Korridors des Museums, in Vorschlag gebracht hat ...

11) Freitag ... In der Dämmerung besehe ich mir den für die Weber-Statue von Anfang an bestimmten und den andern, von dem Stadtrath vorgeschlagenen Platz. Ich muß mich für den ersteren erklären ...

12) Samstag. Abfassung des Gutachtens über die Wahl oder vielmehr Beibehaltung des Platzes für das Weber-Denkmal ... Gegen Abend besuche ich Rietschel, ... theile ihm mein Gutachten über den für die Weber-Statue zu wählenden Platz[89] mit und lese ihm meine „Gedanken über die Ausmalung des Korridor“ vor. Es sind ihm sämmtliche Schriften, die in letzter Sitzung vorgelegt worden, zugesendet worden. Meine Ansichten über die Ausmalung des Museums finden seinen Beifall. Was den Platz für das Weber-Denkmal betrifft, so stimmten seine und meine Ansichten von Anfang an überein.

15) Dienstag ... Besichtigung der Hübnerschen Zeichnungen zu dem Treppenhaus und Korridor des Museums. Das Werk ist geistreich angeordnet und verdiente an geeigneter Stelle wohl ausgeführt zu werden. Das Museum ist aber die geeignete Stelle gewiß nicht, und es wäre tief zu beklagen, wenn dieser Vorschlag angenommen würde. Es würde geschehen, wogegen ich mich aufs Entschiedenste ausgesprochen habe: es würde in dem Gebäude der Gemäldegalerie noch eine Galerie zur unvermeidlichen Schau gestellt und zwischen den Beschauer und die älteren Gemälde eingedrängt werden. Dabei sind die Räume des Treppenhauses zur Aufnahme der projektierten großen Gemälde durchaus ungünstig. Die Wandflächen im Korridor sind übrigens in vier übereinander liegende Streifen, die alle reiche Kompositionen enthalten, getheilt, was sich sehr übel macht ...

16) Mittwoch ... 5 Uhr Sitzung des akademischen Raths, das ist Fortsetzung der Berathung über Ausführung monumentaler Gegenstände. Wir besprechen heute die vorgeschlagenen plastischen Werke ... Der Errichtung des von fünf Mitgliedern vorgeschlagenen Kruzifixes tritt kein Widerspruch entgegen. In betreff klarer Motivierung einiger der fruchtbarsten Gedanken bleibt noch viel zu wünschen übrig. Indessen wir stehen ja in einem Anfang, und gewiß kann man zufrieden sein mit den bereits erlangten Ergebnissen ...

18) Freitag ... 5 Uhr Sitzung des akademischen Raths. Fortsetzung der Besprechung über die eingereichten Vorschläge, und zwar nun heute über die vorgeschlagenen Malereien. Alles geht glatt und ruhig ab, nur der Hübnersche Vorschlag verursacht große Aufregung und eine längere Diskussion. Ich trage mein Urtheil vor, das ich schriftlich vor mir habe, um es zu den Akten zu bringen. An das Urtheil knüpfe ich eine Ansprache, in welcher ich darauf aufmerksam mache, daß es sich hier nicht um die Entstehung eines mehr oder weniger gelungenen Kunstwerks handle, sondern, wegen der Verbindung desselben mit einem schon vorhandenen Kunstkleinod, der weltberühmten Dresdner Galerie, die mit ihrem Hause ein Ganzes geworden ist, um Erhöhung oder Verminderung einer Zierde des Landes, auf welche die Blicke der ganzen gebildeten Welt gerichtet sind. Dann erkläre ich, daß diese Frage (ob nämlich Hübners Projekt zu empfehlen oder nicht zu empfehlen sei) nicht als eine schwebende aus dem Kollegium der höchsten Kunstbehörde des Landes in weitere Kreise gelangen dürfe und daß deshalb jedes Mitglied desselben sich bestimmt auszusprechen habe, wie es darüber denke. Die Wirkung solch einer Ansprache (die ich übrigens auch aufgesetzt und gelesen habe, damit sie ebenfalls zu den Akten komme) war nicht gering; es fehlte aber viel, daß die Kollegen zu einem Ausdruck ihrer Meinung gebracht worden wären, obwohl Hähnel einen guten Anfang machte durch eine entschiedene Beistimmung und nachher auch Richter sich beistimmend erklärte Peschel sprach heute einmal ein paar Worte, aber solche, nach denen man ihn für einen Anhänger des Hübnerschen Projekts hätte halten müssen. Alle übrigen sagten entweder gar nichts oder schlugen [66] wenigstens immer neben den Nagel, statt ihn auf den Kopf zu treffen. Doch war im Ganzen die Wirkung, wie ich glaube, eine entscheidende, und namentlich wurde ich durch eine Besprechung nach der Sitzung, bei welcher nur Geh. Rath Kohlschütter, Wießner, Hähnel und ich zugegen waren, über den Erfolg beruhigt. Hübner und Bendemann haben natürlich sehr viel gesprochen, aber immer in solcher Weise, daß sie dem Kern der Frage auswichen.

19) Samstag ... Atelier. Meine Schüler sind in großer Aufregung über Hettners gestrige Vorlesung, in welcher er auf die Franzosen, namentlich auf Delaroche, als Vorbilder auch für uns hingewiesen hat ...

21) Montag. Vor ein paar Tagen ist ein Schriftchen erschienen, das unter dem Titel „Die Kunst und das sächsische Kunstbudget“ den Gegenstand der gegenwärtigen Verhandlungen des akademischen Rathes eingehend bespricht ... Die Schrift enthält viel Vortreffliches und wird nicht wirkungslos bleiben ...

22) Dienstag ... Ich schreibe meinen Bericht über die Augustusburger Altartafel. Er wird ziemlich lang, wird aber hoffentlich die Wirkung haben, daß wir das Bild nicht bekommen ...

24) Donnerstag ... Museum. Das Wetter ist entsetzlich. Schirmer meint aber, das Wetter ginge noch, aber die Menschen taugten nichts! Er hat nicht ganz Unrecht, indessen, um ernstlich zu reden, muß man anerkennen, daß gerade jetzt den politischen Verwicklungen gegenüber eine solche Kraft und Macht der Gesinnung sich kund giebt, wie sich in Deutschland anno 13 nur irgend ausgesprochen hat. Dieser Abenteurer und Hallunke Napoleon III. wird gebrandmarkt nach Recht und Gerechtigkeit. Gott gebe seinen Segen, wenn es dazu kommen soll, daß die Acht vollzogen wird! – Rietschel hat einen weiteren Vorschlag gemacht in betreff der Ausstattung der großen Aufgangstreppe zur Brühlschen Terrasse, dem ich mich anschließen werde ...

25) Freitag ... Wenn es nach Hähnels und meinen Ansichten geht, so werden Zumpe und Große bei der Ausmalung des Korridors beschäftiget. Ich schreibe meinen Stimmzettel über die zunächst auszuführenden monumentalen Werke und bringe ihn in das Ministerium. Ich stimme für das Kruzifix, für die Ausstattung der Aufgangstreppe zur Brühlschen Terrasse (nach Rietschels Plan) und für die Ausmalung des Korridors (nach Hähnels Plan). Hähnel finde ich im Museum, und wir berathen uns wieder über das fragliche Werk ...

26) Samstag ... Am Abend spreche ich mit Zahn[90] ... Bei der Gelegenheit bestätiget sich mir auch, daß Zahn der Verfasser jener Schrift über „Die Kunst und das sächsische Kunstbudget“ ist, obwohl er es nicht geradezu eingesteht. Zahn wird seinen Weg machen, obwohl in anderer Richtung, als er selbst meinte. Mit der Ausübung der Kunst wird es nicht gehen, aber er wird ein tüchtiger Kunstschriftsteller werden und wäre wohl geeignet zum Vorstand von Sammlungen, warum nicht zum Galeriedirektor? Ich werde ihn auf diese Bahnen zu lenken suchen.

27) Sonntag. Aus Antwerpen erhalte ich von den Herren Swerts und Guffens die Anfrage, ob ich nicht geneigt sei, einige Cartons dahin zu schicken, da das Belgische Gouvernement die Absicht hege, durch Aufstellung derartiger Kunstwerke der Kunst neue Anregungen zu geben[91]. Meine Antwort wird die Bereitwilligkeit aussprechen, solchem Verlangen zu entsprechen ... Gegen Abend besuche ich Rietschel, den ich lange nicht gesehen hatte. Er ist dabei, seine Abstimmung einzureichen. Er stimmt für die nämlichen Gegenstände, für die auch ich gestimmt habe, nämlich: Kruzifix, Aufgangstreppe zur Brühlschen Terrasse und Korridor des Museums. Hinsichtlich des letzteren spricht er sich für einen mehr ornamentalen Schmuck aus. Kurz wir sind einverstanden ...

1) Dienstag ... Die Kriegsgefahr scheint immer näher zu rücken; es ist aber erhebend, zu sehen, wie ganz Deutschland in dem Stück einig ist, daß dem Napoleon keine Handbreit nachgegeben werden darf. Der Neffe des großen Eroberers dürfte wohl ein ähnliches Ende wie dieser erleben, ohne in den vorausgegangenen Erfolgen seinem Vorbild nahe gekommen zu sein. Die Augsburger Allgemeine Zeitung bringt prachtvolle Artikel. Es ist uns eine wahre Herzenserquickung, an den Abenden mit dieser Speise sich zu nähren.

2) Mittwoch ... Zahn besucht mich, bringt mir eine kurze kritische Abhandlung zur Beurtheilung und bekennt sich dann auch als Verfasser der Schrift über „Die Kunst und das sächsische Kunstbudget“. Er klagt, daß Bendemann darüber sehr beleidigt sei, daß er als Schüler der Akademie solch eine Schrift geschrieben habe ...

3) Donnerstag ... Schirmer meint, man könne den Korridor auch zur Aufstellung von Gemälden verwenden. Die Sonne, meint er, schade den Bildern weniger als die Feuchtigkeit. Ich werde diese Begutachtung [67] des Restaurators mir ad notam nehmen und auch dem Herrn Minister mittheilen. Der Gegenstand paßt mir sehr gut zu der Heizungs-Verbesserungs-Angelegenheit der oberen Räume, in welcher wir jetzt doch nicht zum Ziel kommen werden ...

4) Freitag ... Nachmittag 5 Uhr Sitzung des akademischen Raths mit Zuziehung der gewählten Herren aus dem Verein der selbständigen Künstler und der Professoren. Der Vorsitzende trägt die schriftlichen, nachträglich abgegebenen Begutachtungen Rietschels, der heute übrigens wieder in Person zugegen ist, vor und schreitet dann zur Mittheilung der eingereichten Abstimmungen. Beantragt ist:

das Kruzifix auf der alten Elbbrücke mit 7 Stimmen,
Ausstattung der Brühlschen Terrassentreppe mit Statuen etc. 7 und 2 Stimmen
(bedingungsweise)
Ausschmückung von Brunnen 3 Stimmen,
Gellert-Statue für Leipzig 2 Stimmen
Korridor im Museum (mit leichterem, mehr dekorativ gehaltenem Schmuck) 9 Stimmen
Korridor und Treppenhaus (Hübner und Bendemann) 2 Stimmen
Kirchen in der Provinz 5 Stimmen
Loggie im Leipziger Museum 4 Stimmen
Kuppel der Frauenkirche 3 Stimmen
Treppenhalle im Ständehaus 2 Stimmen
Ausstellungshalle auf der Terrasse als Volkshalle 2 Stimmen .

Die Verhandlung hat heute einen ruhigen und erfreulichen Verlauf. Was meine Beurtheilung des Hübnerschen Projekts und die in der vorigen Sitzung an die Mitglieder des Kollegiums gestellte Bitte in betreff desselben belangt, so kann ich in der heutigen Abstimmung die mir gewordene Zustimmung nicht verkennen. Rietschels schriftliche Darlegungen und Begutachtungen sind schöne Zeugnisse für seine Einsicht und Unabhängigkeit seines Urtheils. Herr von Quandt war nicht zugegen. In seiner Abstimmung war von dem Vorschlag einer Nike für Leipzig abgesehen ...

5) Samstag ... Der Geheime Regierungsrath Pinder ... bringt mir Grüße von Herrn Minister v. Bethmann-Hollweg und ist von diesem veranlaßt worden, mit mir noch einmal über die Besetzung der Direktorstelle in Düsseldorf zu sprechen. In meinem Briefe an Herrn v. Bethmann-Hollweg hatte ich bereits Bendemann, auf welchen auch von Düsseldorf aus hingewiesen worden, empfohlen. Ich kann mich nur in gleichem Sinne jetzt über Bendemann aussprechen. Pinder wollte, ohnehin schon so instruiert, wie ich annehmen muß, noch heute mit Bendemann über die Sache reden, und ich zweifle nicht, daß eine Verständigung erfolgt. 12 Uhr Galerie-Kommission. Seit längerer Zeit wieder einmal vollzählig vertreten; denn auch Rietschel ist zugegen. Gegenstände der Berathung sind folgende. Das erwähnte Porträt des Kurfürst August wird als Originalstudienkopf Lucas Cranachs des Jüngern, das auch dem Bildniß auf der Augustusburger Altartafel als Original gedient, anerkannt. Das weibliche Bildniß Nr. 1699, das als Hans Holbein bezeichnet ist, dennoch aber als ein schwaches Bild hoch gehangen wurde, soll jetzt durch ein „Unbekannt“ bezeichnet werden. Das Bild ist auf Leinwand gemalt und zwar nichts weniger als ein Holbein, dennoch aber ein schönes Bildchen[92]. Luthers Porträt als Leiche, das ich gestützt auf die in dem erwähnten Buche von 1761[93] gegebene Nachricht für eine Copie des in Leipzig befindlichen Originals von Lucas Fortenagel halte, welche ich, wie jene Nachricht sagt und wie der Kopf mir zu bestätigen scheint, dem Lucas Cranach dem Aelteren zuschreibe, wird von Hübner nicht für gut genug gehalten, um eine solche Annahme zu rechtfertigen[94].

7) Montag ... Der Albrecht-Dürer-Verein in Wien ... giebt mir meine Aufnahme in denselben als Ehrenmitglied durch ein sehr freundliches Schreiben kund ...

8) Dienstag ... Museum. Schirmer hat heute früh die Unterschrift Berchem auf dem Bilde von Cuyp untersucht (Nr. 1345). Es sollte nur an einem Buchstaben die Probe gemacht werden und wurde nur zur Vorbereitung die ganze Stelle mit Spiritus angefeuchtet. Bei diesem ersten leichten Angriff wich sogleich die ganze Unterschrift und erwies sich als falsch[95] ...

10) Donnerstag ... Abends allein. Das Lesen der Zeitungen verdrängt jetzt jede andere Lectüre. Die öffentliche Meinung in Deutschland ist überall eine erfreuliche. Das Streben nach Einigung arbeitet sich jetzt aus einer Gesinnung heraus, die fern von den Umwälzungsgelüsten von 48 und 49, dennoch mächtigere Umwandlungen bewirken dürfte als diese. Möchten die deutschen Regierungen, groß und klein, dieses beachten! Hier kommt auf eine richtige Unterscheidung der Geister viel an.

13) Sonntag ... Gestern vergaß ich zu berichten, daß ich Rietschels kleines Modell zum Luther-Denkmal gesehen habe. Wenn es in der Ausdehnung zur Ausführung [68] kommt, wie es jetzt entworfen ist, so wird es eines der kolossalsten Werke, die jemals ausgeführt worden sind. Der Plan ist außerordentlich schön, und einige der Gestalten sind jetzt schon vielversprechend. Jetzt fühlt man auch, wie nothwendig, wie unerläßlich es war, Luther im Chorrock darzustellen, weil das Denkmal über jeden Einzelmoment von Luthers Leben und Wirken hinausragt. Es wird recht eigentlich ein Reformationsdenkmal. Gott schenke nur dem Bildner Kraft, um das Werk auch wirklich ins Dasein zu rufen! ...

15) Dienstag ... Eine Zeichnung zum Buch Hiob „Die vier Boten“, auf Grundlage der älteren Komposition für die Cottasche Bibel vor etlichen Tagen in Angriff genommen, wird heute weiter geführt und am Nachmittag beendigt ...

18) Freitag. Kirchenrath Langbein hat sich des projektierten kirchlichen Kunstvereins angenommen und einen Aufruf geschrieben, den er mir vor ein paar Tagen zur Durchsicht überbrachte. Ich lese ihn heute Morgens und sende ihn dann an Langbein zurück mit ein paar Zeilen, in denen ich mein Einverständniß ausspreche ...

19) Samstag ... Museum. Galerie-Kommission. Außer Rietschel sämmtliche Mitglieder zugegen. Ich bitte um nochmalige Erklärung wegen der gewünschten neuen Einrahmungen der Studienköpfe (sächsische Fürsten und Markgraf Georg von Brandenburg) von den Cranachs. Hübner bringt das Bild „Melanchthon als Leiche“ von Cranach dem Aelteren, das in Bürkners Besitz ist, mit, um an einer unzweifelhaft echten Arbeit des Meisters Weise zu zeigen. Das Bild ist vortrefflich[96] ... Endlich zeigt Schirmer das Bild von Cuyp, an welchem die Unterschrift „Berchem“ auf die erste Berührung mit Spiritus fast ganz weggegangen ist. Da Hübner immer noch eine Spur der Unterschrift sieht, im Uebrigen auch eine große Aehnlichkeit der Malerei mit jenen braun in braun gemalten Berchems erkennt, welche wir besitzen, so hält er auch noch an der Ueberzeugung fest, daß das Bild von Berchem herrühre ...

21) Montag ... Museum. Ich finde Schirmer bei dem Berchem-Cuyp, ihm zur Seite v. Quandt und Peschel. Es ist der seltsame Umstand eingetreten, daß unter der unechten Unterschrift „Berchem“, die auf den ersten leichten Angriff mit Spiritus wich, nun die wirklich alte Schrift des Namens „Berchem“ zum Vorschein gekommen ist; und doch sieht das Bild dem Berchem so wenig ähnlich, namentlich in der Farbe, daß ich auch bei dieser unleugbaren Thatsache die Arbeit diesem Künstler nicht zuschreiben kann, wofern nicht erwiesen wird, daß er auch in dieser Art arbeiten konnte. Hier ist nichts von diesem konventionellen Tone, von dieser manierierten Weise, die seine Bilder sonst an sich tragen. Wer kann das Räthsel lösen? Hübner wird triumphieren. Mit Quandt verweile ich dann noch längere Zeit in den oberen Räumen, namentlich vor Holbeins Madonna, die Quandt auch ohne jene Hübnersche Verbindung mit andern Bildern sehen möchte ...

23) Mittwoch ... Museum. Schirmer und ich sprechen noch immer über die seltsame Entdeckung der echten Unterschrift „Berchem“, obwohl die Farbe und Behandlung des Bildes in entschiedenem Widerspruch mit allen Malereien steht, die wir von ihm kennen. Wäre die Erklärung nicht zu künstlich, so möchte man glauben, der etwa 20 Jahre ältere Cuyp habe eine Berchemsche, mit dem Namen bezeichnete Untertuschung in Farbe gesetzt.

27) Sonntag ... Albert Zahn kommt und liest mir einen sehr schönen und umfangreichen Aufsatz von Hermann Grimm über Cornelius vor, der im Morgenblatt abgedruckt ist ...

2) Samstag ... Die vielerwähnte Landschaft mit der allerdings nach Entfernung der unechten Unterschrift aufgefundenen echten Bezeichnung „Berchem“ wird nochmals mit einigen andern Bildern des Meisters verglichen. Am nächsten kommt demselben im Ton und in der Behandlung die Verkündigung der Hirten Nr. 1335 [= 1480]. Doch bleibt immer noch ein bedeutender Unterschied, und die Beurtheilung des Meisters muß allerdings einen andern Maßstab als den bisher angenommenen zur Richtschnur nehmen. Das Räthsel dürfte in der Annahme seine Lösung finden, daß Berchem, der achtzehn Jahr jünger war als Cuyp, dessen Werke studiert und in unserm Bild ihn nachgeahmt hat ...

4) Montag ... Grahl[97], den ich in der Galerie finde, erklärt sich auch mit größter Entschiedenheit gegen die Hübnersche Einrahmung der Holbeinschen Madonna und bemerkt, daß er mit Rietschel wegen dieses Projekts, das der letztere bekanntlich eifrig befürwortet hat, in lebhaften Streit gerathen sei ...

5) Dienstag ... Ich gehe nach L. Richters Atelier, finde zwar nicht ihn, aber seine neueste Arbeit, eine Landschaft in Oel, zu Hause. Ich kann die Meinung nicht theilen, daß das Bild eine seiner schönsten Arbeiten sei. Wäre das Bild erst angefangen, so würde ich mir einige Bemerkungen erlauben. Es war am Ende gut, [69] daß ich den Meister nicht zu Hause fand[98] ... Es wird heute die „Widerspenstige“ von Shakespeare gegeben und zum Schluß „’s letzti Fensterln“ aufgeführt ... Im ersten Stück spielt Frau Bayer-Bürck mit gewohnter Meisterschaft. Sontag (Petruchio), neu engagiertes Mitglied, ist schwach. Im letzten Doppelstück ist Frida von Schütz vortrefflich. 6) Mittwoch ... Nachmittag 3 Uhr versammelt sich die Galerie-Kommission, Rietschel ausgenommen, in dem alten Galeriegebäude, um die 200 Vorrathsbilder, welche in diesem Sommer verkauft werden sollen, nochmals zu besichtigen, das Verzeichniß zu revidieren und zu ergänzen. Hübner hat nämlich im alten Inventar mehrere bemerkenswerthe Notizen in betreff mehrerer dieser Bilder aufgefunden. Sechs Stück werden noch zurückgestellt, weil man meint, sie dürften der Galerie zu erhalten sein ...

7) Donnerstag ... Rietschel ließ mir gestern durch seine Frau sagen, ich möchte sein Modell zum Luther-Denkmal ansehen ... Das Denkmal ist vortrefflich konzipiert. Der starke lebenskräftige Keim hat ein Gewächs entstehen lassen, das weit über den ersten Gedanken, ich möchte sagen, über das Wollen und Können des Künstlers hinausgewachsen ist. Das Luther-Denkmal ist zu einem mächtigen Reformationsdenkmal geworden. Hier wäre die Kutte unmöglich. Der Gedanke an die „feste Burg“ hat zu einer so glücklichen, klaren, plastischen Gestaltung geführt, hat den Fürsten, als den rechten Zionswächtern, so würdige angemessene Plätze angewiesen, daß kein Bedenken mehr aufkommen kann gegen die Schicklichkeit ihrer Stellung zu dem Luther. Mit einem Wort, es däucht mir alles recht und gut und schön dazu ...

13) Mittwoch ... Rietschel hat einen Brief von Thäter erhalten, in welchem dieser auch von der offenkundigen Absicht Schwinds spricht, entweder an Bendemanns statt nach Dresden oder nach Düsseldorf zu kommen! ...

14) Donnerstag. Brief an Herrn von Grüneisen[99]. Ich melde ihm ohne Verzug, wie dankbar Rietschel für sein Anerbieten ist, an den Prälaten Z. in Darmstadt zu schreiben, und sage ihm noch Mehreres über den Entwurf zu dem Luther-Denkmal[100]. Von der Frau Fürstin Wittgenstein erhalte ich ein sehr liebenswürdiges Schreiben mit einer kleinen Bestellung. Sie wünscht, daß ich für Liszt eines von meinen Psalmbildern in größerem Maßstab als Carton zeichne. Mit diesem Carton möchte sie Liszt an seinem Geburtstage (20. October) ein Geschenk machen, und derselbe soll in dessen Musiksaal[WS 1] neben einer großen Zeichnung von Genelli und einer von Schwind aufgestellt werden. Die Bestellung ist nach meinem Gusto und meinen Kräften; deshalb werde ich sie annehmen ...

16) Samstag ... Im historischen Museum spreche ich noch einmal mit Direktor Kraukling wegen jenes Gegenstücks zu unserm Kurfürst August in Wasserfarben, das in seinem Geschäftszimmer aufgehangen und ihm eigentlich im Wege ist. Das Bild gehört offenbar zu unserm Bild und stellt Augusts Gemahlin Anna vor und ist gerade so gemalt, wie das unsere. Kraukling wird dasselbe gern der Galerie überlassen, und wir verabreden die nöthigen Schritte, um bei dem Ministerium die Bewilligung zu solcher Uebertragung zu bewirken[101] ...

17) Sonntag ... Zscheckel bringt mir einen Probedruck der Platte „Wegführung der Israeliten von Jerusalem“. Der Druck ist nicht gut gelungen, und das Blatt sieht sehr fleckig und stellenweis roh aus. Hoffentlich stellt sich das Bild im Pressendruck besser als in diesem Handdruck dar ...

25) Oster-Montag ... Den Abend bringen wir bei Gruners zu ... Wir finden ... einen Piemontesen daselbst, welcher Gruner von London aus bekannt ist und hierher gekommen ist, um einige Gemälde zu verkaufen. Er zeigt uns eine bunte Zeichnung in Farbenstiften ausgeführt, welche für eine Arbeit des Correggio und einen ersten Entwurf zu der „Nacht“ gehalten wird. Die Zeichnung hat sehr große Schönheiten und zwar zum Theil in den Partien, in welchen sich dieselbe von unserm Bild unterscheidet ...

28) Donnerstag ... Ich sah gestern eine Photographie nach der Krebs-Michalesi als Judith, ganze Figur. Dieses regte mich zu einem Entwurf für meine Bibel an, den ich heute etwas weiter ausbilde ...

30) Samstag. Das Gedenkblatt von dem Komitee der Münchner Ausstellung und die Antwort auf die culturhistorischen Briefe[102], ertheilt von F. Dietz[103], den Ausstellungsgenossen gewidmet. Die Antwort ist derb [70] und wird wohl so ziemlich als Ausdruck der Meinung der Münchner Kunstgenossenschaft gelten können ...

1) Sonntag ... Nachmittag beschäftige ich mich mit der weiteren Wahl der Gegenstände für mein Bibelwerk zur Ausfüllung der Lücke zwischen dem Alten und Neuen Testament. Ich sehe zu meiner Beruhigung, daß die Vertheilung der Bilder in angemessener Weise innerhalb der gegebenen Gesammtzahl sich gestalten wird ...

2) Montag ... Breitkopf & Härtel, Buchhandlung, sendet mir sechs Abdrücke des nun vollendeten, sehr schön ausgefallenen Stichs nach Niebuhrs von mir gezeichnetem Porträt. Der Wiener Albrecht-Dürer-Verein sendet mir das Diplom. Statt Julius ist gesetzt Ludwig[104] S. Hähnel sendet mir eine schriftliche Erklärung seines Planes für die Ausmalung des Korridors, seinen mündlichen Mittheilungen entsprechend und ganz nach meinem Sinn. Ich werde schriftlich meine Bereitwilligkeit aussprechen als Gehülfe an der Ausführung Antheil zu nehmen. Nachmittag besichtige ich die auf meinem Atelier befindlichen großen Cartons zu den Kaisersälen und wähle drei derselben zur Versendung nach Brüssel: 1. Schlacht Karls des Großen gegen Wittekind, 2. Friedrich Barbarossas Einzug in Mailand, 3. Rudolf von Habsburg bändigt die Friedensstörer ... Abends haben wir an unserm Theetisch ... Herrn Cichorius und Gaber, der mir einen Abdruck des schön geschnittenen Blattes „Die Gründung des neuen Tempels“ bringt.

5) Donnerstag ... Mit den früher erwähnten drei Cartons zu den deutschgeschichtlichen Darstellungen in den Kaisersälen sende ich auch sechs bunte Zeichnungen in Aquarell zu den Nibelungen ... Heute Abend findet das Concert statt, welches die hiesige königliche Kapelle zum Besten des Weber-Denkmals giebt ... Das Concert fällt sehr glänzend aus und ist ungeheuer besucht ...

7) Samstag ... Die Zeichnung „Judith enthauptet den Holofernes“ wird fertig ...

8) Sonntag. Adé schickt einen Probedruck „Rückkehr nach Jerusalem“. Das Blatt ist fleißig gearbeitet, aber kein Gaber ...

9) Montag ... Steinbrecher bringt mir einen Abdruck der Platte „Des Volkes Buße“. Das Blatt ist sehr schön gearbeitet ...

14) Samstag ... Galerie-Kommission. Außer dem von Dresden abwesenden Rietschel alle zugegen. Ritter Merighi, der Piemontese, bietet seine angebliche Originalskizze zur „Nacht“ (Correggio) der Galerie zum Kauf an. Die Kommission giebt auf die schriftliche Anfrage sogleich eine schriftliche Antwort, in welcher sie erklärt, zur Befürwortung des Antrags sich nicht veranlaßt zu sehen. Die Skizze nahm sich am Abend der Undeutlichkeit wegen besser aus als bei Tag. Bendemann denkt dabei an Rotari, und diese Annahme oder Vermuthung dürfte unter den aufgestellten Meinungen der Wahrheit am nächsten kommen ...

21) Samstag ... Das Dresdner Journal bringt einen trefflichen Artikel über den Deutschen Bund und die Parteien (Nr. 116), vielleicht von Beust? ...

22) Sonntag ... Mittags beginnen die Durchzüge der Oesterreicher. Die Eisenbahn wird in etwa vierzehn Tagen über 30 000 Mann befördern. Sie gehen zunächst nach Hof und, wie man sagt, von da aus nach Vorarlberg. Etwa um 7 Uhr begebe ich mich nach dem Neustädter Bahnhof, wo eine Abtheilung eine Stunde Halt macht. Es ist aber außer einigen einzelnen Offizieren nichts zu sehen ...

23) Montag ... Museum. Ich verabrede mit Voigt[105] die Aufstellung des Matthäischen Bildes[106]. Bei der Gelegenheit kommt mir wieder der Verdruß über die Aufnahme der neuen Bilder in die Galerie. Wie lange wird es dauern, so muß ich wieder Bilder von der Ausstellung unterbringen; so komme ich nie aus der Unordnung. Man hat ein schlechtes System angenommen, weil man trotz des vielen Redens nicht einsieht, wozu ein Museum da ist und wozu nicht ...

26) Donnerstag ... Museum. Matthäis Bild ist aufgestellt und nimmt sich ganz gut aus ... Die Durchzüge der Oesterreicher dauern fort. Der Jubel beim Empfang steigert sich ...

27) Freitag ... Die Zeichnung zu den Klagliedern [Jeremiae] gestaltet sich. Ich bleibe ganz bei der Komposition, die ich für die Cottasche Bibel gemacht habe ...

28) Samstag. Einzug des Prinzen Georg mit seiner Gemahlin in Dresden ... Bei guter Zeit werfe ich mich in meinen Festschmuck, um nach dem Theater zu gehen. Es findet nämlich zur Feier des heutigen Tages Théâtre paré statt und wird nach einem von Dr. Pabst gedichteten Festvorspiel Shakespeares „Sommernachtstraum“ gegeben. Ich hatte, getrennt von meinen Kollegen an der Akademie, einen sehr schönen Platz in der Mitte des Parterres, wo ich die Prinzessin Georg sehr gut hätte sehen können, hätte ich meines Opernguckers mich bedienen wollen ...

30) Montag ... Endlich langt auch ein recht tüchtig gearbeitetes Blatt zur Bibel von Aarland an (Bau und Vertheidigung der neuen Stadtmauern) ... Gonne zeigt mir einen Carton, Conradins Abschied von seiner Mutter darstellend. Eine sehr schwache Arbeit ...

[71]

1) Mittwoch ... Durch Frau von Bernstorff [aus Neustrelitz] hörte ich, Quandt sei sehr krank. Ich gehe gegen Abend, um mich zu erkundigen. Allerdings war Quandt sehr bedenklich krank, es geht aber heute etwas besser ...

3) Freitag ... Gaber bringt einen Abdruck des Blattes „Esther von Ahasveros zur Königin gewählt“. Das Blatt ist herrlich geschnitten ...

4) Samstag ... Gaber bringt den Abdruck der Platte: „Hiobs neuer Wohlstand“. Auch dieses Blatt ist ausgezeichnet schön geschnitten ...

7) Dienstag ... Gleich nach Tisch höre ich die Feuerglocke mit sechs Schlägen und sehe Rauch ziemlich in der Richtung des Zwingers aufsteigen. Ich eile also nach dem Museum. Es brennt in der kleinen Brüdergasse in einem Hintergebäude der Stadt Gotha (Hotel) ..

8) Mittwoch ... Obermann bringt einen Probedruck des Blattes: „Der leidende Hiob und seine Freunde“. Das Blatt ist sehr tüchtig gearbeitet ...

12) Pfingst-Sonntag ... Um Mittag begebe ich mich zu Frau Professor Gonne ... Ihr Mann ist auch zu Hause und empfängt mich in seinem Atelier, wo ich den Carton, den ich neulich sah, in zweiter sehr verbesserter Auflage sehe ...

14) Dienstag ... Pastor Meurer hat mir sein Schriftchen über die Callenberger Kirche nebst einem Brief geschickt, in welchem, was den Zustand der Kirchen-Baulichkeiten und der Geräthe anbelangt, den er bei seiner letzten Visitation in Sachsen vorgefunden hat, traurige Andeutungen gegeben werden. Ich nehme Veranlassung, den Brief Langbein mitzutheilen, welcher seinerseits auch sich aufgefordert fühlte, mit mir die Gründung eines Vereins für kirchliche Kunst nochmals zu besprechen. Der Minister von Falkenstein hat nämlich selbst auf die Nothwendigkeit eines solchen Instituts hingewiesen. Wir verabreden nun eine Konferenz, welche in den nächsten Tagen stattfinden soll, um dem vorgesteckten Ziele wieder etwas näher zu rücken ...

15) Mittwoch. Zu der beabsichtigten Konferenz in Sachen kirchlicher Kunst soll der Architekt Arnold[107] eingeladen werden, den wir in den Ausschuß zu haben wünschen ...

16) Donnerstag ... Nachmittag 5 Uhr haben wir bei Langbein die verabredete Konferenz. Außer dem Herrn Kirchenrath und mir sind Andreä und Arnold zugegen. Schönherr und Wichmann, die eingeladen worden, sind nicht erschienen ... Eine Schwierigkeit ist noch die Gewinnung eines Mannes, der den Vorsitz und die Führung der Geschäfte übernimmt. Der Kirchenrath denkt an einen Herrn von Carlowitz ...

20) Montag ... Gegen 10 Uhr besucht mich Professor Heine, um mir mitzutheilen, daß Herr von Quandt gestern Morgens 1/4 8 Uhr verschieden ist, und zugleich mich zu bitten, bei Frau von Quandt mich zu erkundigen, ob ein Fackelzug mit Trauermusik, welchen der akademische Rath zur Bezeugung seiner Verehrung und Dankbarkeit gegen den Verstorbenen veranlassen würde, nicht ungern gesehen würde. Nach solcher Mittheilung und solchem Auftrag verfüge ich mich alsbald nach dem Hause der Trauer und werde von Frau von Quandt und Gustav vorgelassen. Auf die Frage wegen des Fackelzugs wird mir eröffnet, daß Herr von Quandt in seinem Testament ausdrücklich erklärt hat, daß keine derartige Feier zugelassen werden solle, daß demnach auch die Zustimmung zu dem Vorhaben des akademischen Raths und der Kunstgenossenschaft nicht ertheilt werden könne. Frau von Quandt theilt mir dann unter anderem auch mit, daß ihr seliger Mann mich in seinem Testament als „seinen theuern Freund“ erwähnt und mich mit einem Andenken aus seiner Sammlung der Handzeichnungen bedacht habe ...

23) Donnerstag ... Dr. W. Schäfer hat wieder interessante Entdeckungen gemacht. Ein Bild Nr. 1223, das als Copie verzeichnet ist, ist so echt bezeichnet und so vortrefflich, daß man nicht begreift, warum es dem Meister nicht zuerkannt ist[108] ...

25) Samstag. Wochenschluß der akademischen Studien. So störend die Leitung dieser Studien auf meine andern Arbeiten einwirkt, so muß ich doch sagen: die Ausübung dieser meiner Pflicht macht mir Freude. Die Schüler – so scheint mir wenigstens – arbeiten gern und gut unter meiner Führung. Museum. Ich finde einen Brief von Bendemann, in welchem er seine Entlassung aus dem sächsischen Staatsdienst und sein Ausscheiden aus der Galerie-Kommission mit sehr freundlichen und herzlichen Worten anzeigt ...

26) Sonntag ... Sodann retouchiere ich den von Wislicenus aufgezeichneten Christuskopf, um auf Gabers Wunsch etwas mehr Ruhe und Rundung in die Zeichnung zu bringen ...

1) Freitag. Ich schließe heute meine Functionen in der Akademie. Es macht mir Freude, die jungen Leute loben zu können. Es ist fleißig und gut gearbeitet worden ...

[72] 10) Sonntag ... Gaber schickt mir einen Probedruck der „Judith nach der Rückkehr zu ihrem Volk“. Ich bin mit dem Vortrag des Bildes nicht zufrieden, mein Tadel kehrt sich aber mehr gegen mich selbst als gegen den Holzschneider (Gaber hat übrigens das Blatt wohl nicht selbst geschnitten). Die Strichlagen sind zu eng, wie auf dem Blatte Sanherib“. Das Streben, eine tiefere, nächtliche Stimmung hervorzubringen, hat mich zu dem Fehler verleitet, in den ich freilich sonst auch oft gerathen bin. Ich habe mich zu sehr an die Ausführung mit der Feder gewöhnt, als daß ich den richtigen Vortrag für den Holzschnitt mir sicher aneignen könnte ...

12) Dienstag ... Obermann bringt mir einen Abdruck seines Stockes: „Jeremiä Klage“. Das Blatt ist sehr gut gearbeitet. Das Dresdner Journal bringt eine telegraphische Depesche des Inhalts, daß heute Morgen von den beiden Kaisern die Friedenspräliminarien vollzogen worden sind. So stehen wir also plötzlich auf einem ganz andern Flecke als noch vor 24 Stunden. Die langen Verhandlungen zwischen Oesterreich und Preußen, die endlichen Mobilmachungen, was gelten sie heute? Als Lehren und als Keime zu neuen Kriegen, die ärger sein werden als der jetzt so rasch beendigte ...

13) Mittwoch. Rietschel, der recht gestärkt hier wieder eingetroffen ist, macht uns seinen Besuch am Morgen ... Besuch bei dem Konrektor Böttcher[109]. Ich befrage ihn wegen der Buchstaben, mit welchen ich die chaldäischen Worte „mene tekel upharsin“ schreiben soll. Er räth zu den ebräischen, mit denen sie in der Bibel geschrieben sind. Dieser Rath entspricht ganz meiner Ansicht. Böttcher giebt mir eine ebräische Bibel mit nach Hause ... Wie der alte Kaiser Franz sein deutsches Kaiserthum aufgegeben hat, so giebt der jetzige – nur um durch die Art der Hülfe, die Deutschland doch nun bringen wollte und gebracht haben würde, nicht geniert zu werden – auch den Rest der Beziehungen auf, durch die er noch mit Deutschland verbunden war. Er hat sich ausgelöst aus dem Deutschen Bunde und die Stellung, die er jetzt eingenommen, wird er nicht zu halten vermögen. mene, mene, tekel, upharsin. Wie lange wird es dauern, so wird er von Italien nichts mehr haben und Ungarn wird er auch verlieren. So muß man denn ein neues Ziel ins Auge fassen. Denn Deutschland darf man nicht aufgeben, weil Habsburg seiner unwürdig ist. Nach großen Trübsalen und einer schweren Geburt wird Germania wiedererstehen in neuer Gestalt. Das Alte ist zu Ende, es muß alles neu werden.

16) Samstag. Von Adé erhalte ich einen Abdruck von Judith. Das Blatt ist sehr schön gearbeitet ... Um 2 Uhr fahren wir in zwei Wagen nach Moritzburg ... Dann gehen wir nach dem Schlosse und[WS 2] lassen uns die fürstlichen Gemächer zeigen. Unter den Bildern interessiert mich am meisten die Jagd von Lucas Cranach. Das Bild ist von vorzüglichster Ausführung und ein echtes Meisterwerk. Mehrere der Räume sind prachtvoll, die Ausstattung großentheils eigenthümlich und interessant. Die Frauen sind besonders von mehreren Schränken ganz entzückt. Ein eigenthümliches und merkwürdiges Beiwerk des Zimmerschmuckes bilden die Geweihe unzähliger Hirsche. Wir sehen im Schlosse nicht alles Merkwürdige, weil wir nicht zu spät zur Fütterung des Wildes kommen wollen. An dem Hauptbruch finden wir eine große Anzahl Wildschweine und Hirsche und Rehe. Die noch aus der Ferne zuziehenden Stücke nehmen sich am schönsten aus. Wir finden am Fütterungsplatz die Herren Oberforstmeister von Trebra-Lindenau und den Fasanenjäger König, Bruder des in München ertrunkenen Malers König. Beide Herrn sind sehr freundlich gegen uns. Der Aufenthalt hier am Bruch und der Rückgang sind köstlich. Der Abend ist über alle Vorstellung schön ...

22) Freitag ... Die Aufzeichnung des Blattes zu dem Hohen Lied verschiebe ich bis nach der Ausführung der Blätter zum Jesus Sirach, mit denen Obermann und Adé bedacht werden sollen, während ersteres, an dessen vorzüglicher Ausführung mir gelegen ist, von Gaber selbst geschnitten werden soll ...

27) Mittwoch ... Bei meinem kleinen Abendspaziergang begegne ich dem Minister von Falkenstein, welcher mir erlaubt ihn etwas zu begleiten. Wir sprechen von unserm Verein für kirchliche Kunst, bei welcher Gelegenheit ich mich sehr offen über die vorhandene Verwilderung auf diesem Gebiete ausspreche ...

28) Donnerstag ... Brief von Grüneisen. Die Eisenacher Versammlung hat unsere Bestrebungen für christliche Kunst durch Vereine und das Kunstblatt mit großem Interesse ins Auge gefaßt und zu fördern verheißen. Grüneisen denkt in den politischen Dingen wie ich, nur daß er das Verhalten Oesterreichs, was seine Demüthigung vor Frankreich anbelangt, mit härterem Tadel beurtheilt als ich. Um zu einem Endurtheil ausgerüstet zu sein, fehlt es mir noch an ausreichender Kenntniß der Thatsachen.

[137]

4) Donnerstag ... Besuch bei Rietschel im Atelier. Jene lebensgroße Statue eines Kindes mit einer Weintraube, zu welcher mein Patchen Gertrud[110] Modell gestanden, sehe ich nun in Marmor wundervoll ausgeführt. Was mich aber eigentlich zu meinem Besuch veranlaßte, war das Bildniß Herrn von Quandts, das als Medaillon die Außenseite der Akademie zur Seite des Herrn von Lindenau schmücken soll. Es ist trefflich gerathen, wie das von einer Arbeit Rietschels, der gerade in diesem Fach unübertrefflich ist, nicht anders zu erwarten war. Atelier. Gey hat seinen Christuskopf (Tuch der Veronica) bis auf weniges und mit einem sehr schönen Erfolg beendiget ...

5) Freitag. Vor ein paar Tagen brachte ein Ministerial-Erlaß mir die Eröffnung, daß das Ministerium des k. Hauses beschlossen habe, den von Sr. Maj. dem König gewählten Hübnerschen Entwurf einer Umrahmung der Holbeinschen Madonna in Nußbaumholz von dem Hofkunsttischler Türpe ausführen zu lassen ... Den Thee trinkt Gey mit uns (Peppi natürlich auch zugegen). Es werden die von mir gesammelten Verzierungen angesehen.

6) Samstag ... 12 Uhr Galerie-Kommission. Anwesend: Hübner, Peschel und Rietschel ... Weitere Berathungsgegenstände sind veranlaßt durch Hübners Vorarbeiten zu einer neuen Auflage seines Katalogs. Die erste Auflage mußte bald nach der Uebersiedelung der Galerie in das neue Museum gedruckt werden, und es war daher nicht möglich, bei der Feststellung der Namen der Meister so kritisch zu Werke zu gehen, wie es bei einer solchen Arbeit wünschenswerth ist. Was damals nicht sein konnte, soll nun bei der nächsten Auflage nach Möglichkeit nachgeholt werden. Es waren nun heute in Folge einer Verabredung von der letzten Sitzung folgende Gemälde zur Prüfung in das Restaurationszimmer gebracht worden: 1) Nr. 1441 [=1656] Adr. v. de Velde [„Die trinkende Frau“]. Das Bildchen würde man eher dem Metzu oder Uchtervelt zuschreiben (was letzteren betrifft, so stimmt dasselbe freilich mit unserm Uchtervelt Nr. 1584 nicht). Die aufgefundene ganz echt scheinende Bezeichnung und die neben den andern Bildern v. de Veldes vorgenommene Vergleichung bestimmen die Kommission, es bei der Anführung im Katalog, und zwar unter Hinweglassung des Fragezeichens zu belassen. 2) Nr. 580 [=1023 A] [„Bildniß eines jungen Mannes“], nach Quandts Ansicht als Roelas bezeichnet. Die Kommission beschließt diese Bezeichnung zu entfernen und das Bild unter den Namen Rubens zu stellen. 3) Nr. 1223 [=1398] [„Zwei schmausende Bauern“], im Katalog als nach Ostade bezeichnet. Die Kommission prüft das Bild genau, sowohl im scharfen Licht des Restaurationszimmers mit der Lupe, als auch in der betreffenden Abtheilung neben den andern Bildern des Ostade und beschließt, das treffliche und gewiß echt bezeichnete Bild einfach mit dem Namen Adr. v. Ostade zu versehen[111]. Vor der Holbeinschen [138] Madonna entspann sich noch ein Gespräch über die beiden nackten Kinder. Während Hübner und ich in der ganz einfachen und natürlichen Erklärung, daß das Kind auf den Armen der Maria das Christuskind und das unten von dem älteren Knaben gehaltene ein Söhnchen des Bürgermeisters sei, das von dem Meister in der Stellung, wie er es nach dem Leben aufzufassen vermochte, festgehalten worden, völlig übereinstimmten, hielt Rietschel mit Lebhaftigkeit an der viel verbreiteten Schlegelschen Erklärung fest. – Nachm. 5 Uhr Besichtigung der katholischen Kirche in Neustadt, wo mich Schönherr bereits erwartete. Die Figuren der Apostel haben nun ihren Goldgrund, auf welchem sie sich in tief gesättigter Färbung vortheilhaft abheben. Die Nische macht einen sehr ernsten und streng kirchlichen Eindruck. Sind nur erst einmal die Dekorationsmaler fertig und die Gerüste weggeräumt, so wird dieselbe gewiß einen guten feierlichen Eindruck machen. Um 6 Uhr finde ich mich bei den Meinen im Theater ein, wo wir der ersten Aufführung des Lohengrin mit großer Spannung beiwohnen. Wir sind im Ganzen sehr befriedigt. Die Mutter meint nur, der Tannhäuser sei ihr lieber, während ich im Stillen mich in meiner alten Ansicht bestärkt sehe, daß Wagner, was die Musik anbelangt, sich ohne große schöpferische Gaben doch in einem ziemlich engen Gedankenkreis bewege ...

8) Montag ... Bei einem kurzen Besuch der Ausstellung besehe ich mir Kriebels vielgelobte Arbeit, Schönherrs Bild, dann die Werke von Wichmann, Wegener, Van Lerius und Andern. Bei vielem Geschick, das in allen diesen Sachen sich kundgiebt, vermisse ich doch durchgehends gerade dasjenige, was mich erfassen und befriedigen könnte ... Das Dresdner Journal enthält eine sehr eingehende und, wie mir scheint, gute Besprechung des Lohengrin von C. Banck. Es wird dabei Gelegenheit genommen, Wagners Bestrebungen und Leistungen zu charakterisieren, und die Aufführung nur in wenig Worten beurtheilt.

9) Dienstag ... Atelier. Gey ist mit seinem Christuskopf fertig. Ich habe an der Arbeit große Freude. Gey wird mit dem Pinsel vortrefflich umgehen lernen, er weiß seine Arbeiten wirklich zu beendigen ...

10) Mittwoch ... Die Zeitungen bieten mancherlei Interessantes. Ueberall zeigt sich doch das Streben des deutschen Volkes nach Einigung und nach Vertretung unter einer Centralgewalt, welche die Einen durch Anschluß an Preußen, andere durch die Aufstellung einer Trias, Oesterreich, Preußen und das „Reich“ (durch die Mittel- und Kleinstaaten dargestellt), gewinnen möchten. Gott möge diese Bestrebungen segnen, damit das deutsche Volk nicht wie die Griechen und die Juden in Trümmer gehe (wie manche fürchten), sondern sich einige und endlich die Stellung einnehme, die es einzunehmen verdient ...

15) Montag ... um 6 Uhr begebe ich mich in den Ausstellungssaal, wo die Ankaufskommission sich versammelt, um Beschluß zu fassen über die zum Ankauf vorzuschlagenden Gemälde. Mit Ausschluß einer (Rietschels) Stimme erklärt man sich für Wegeners Waldbrand, von den vier übrigen wollen aber nur zwei (Hammer und ich) die vollen 900 Thaler, die andern nur 800 Thaler geben. Rietschel gebraucht nun als Vorsitzender sein Entscheidungsrecht und spricht sich für 900 Thaler aus, womit die Sache erlediget ist und das zu Protokoll gebrachte Gutachten der Kommission an den akademischen Rath eingesendet werden kann ...

16) Dienstag. Das Schreiben an die Fürstin Wittgenstein, in welchem ich erkläre, mich in der Berechnung meiner Arbeitskräfte verrechnet zu haben, und bitte, mich meines hinsichtlich der Ausführung eines Kartons bis zum 20. Oktober gegebenen Versprechens zu entbinden, kommt endlich zu Stande und wird abgesendet ... Im Museum finde ich auch Gaber, mit welchem ich ein Holzschnittwerk verabrede, das mir wieder auf längere Zeit Beschäftigung geben würde, wenn die Umstände die Inangriffnahme desselben gestatten. Es handelt sich nämlich um eine Darstellung der Leidensgeschichte in Form der in der katholischen Kirche festgestellten Stationen ...

17) Mittwoch ... Atelier. Gey hat seinen Christuskopf in einem schwarzen Rahmen mit Goldleisten, und derselbe nimmt sich sehr gut aus. Das Bild ist voll hohen Ernstes und in der Ausführung durchgebildet. Die Inschrift „O Haupt voll Blut und Wunden“ giebt einen würdigen evangelischen Text zu dem nach katholischer Ueberlieferung gegebenen Bilde ... Im Museum erwartet mich Hübner, um mich im Namen der Herren Guffens und Swerts zu fragen, ob es mir recht sei, wenn die in Brüssel von mir ausgestellten Kartons mit den übrigen auch noch einige Zeit in Antwerpen ausgestellt würden. Ich beantworte die Frage mit Ja ...

18) Donnerstag. Ein Brief von Stadtrath Lampe in Leipzig in Angelegenheiten seiner dem Museum verehrten Sammlung. Er möchte nämlich Einiges von mir aus der römischen Periode – Villa Massimi – aufstellen, findet aber keine Stiche und will die Lücke mit Durchzeichnungen der passenden Kompositionen ausfüllen, was er nur theilweise ohne meine Beihilfe thun könnte ...

20) Samstag ... Ich beantworte heute den Lampeschen Brief und mache den Vorschlag, in die mir bestimmten Felder außer der von ihm vorgeschlagenen Vermählung des Ruggiero und der Bradamante auch die beiden sehr gut passenden Hauptbilder zum Ariost: Angriff der Heiden auf Paris und deren Abwehr durch [139] Carl, in neuen Zeichnungen zu stiften, zu denen ich mir nur die nach den Original-Kartons zu zeichnenden Umrisse bedinge. Noch war mein Brief nicht beendiget, als ich ein Briefchen von der Fürstin Wittgenstein aus dem Hotel de Saxe erhielt, wo sie gestern eingetroffen ist. Sie schreibt bestürzt über meinen Absagebrief. Ich suche sie in dem Hotel auf und alles ordnet sich zum Besten. Sie giebt mir Zeit, soviel ich will, und ich ergreife sehr gern dieses Zugeständniß, um eine Arbeit zu machen, zu der ich sehr viel Lust habe ...

22) Montag ... Museum. Es spricht mich eine Tochter Fr. Rückerts an, welche mir Grüße von diesem alten und hochverehrten Freund bringt. Die Tochter sieht dem Vater auffallend ähnlich und ist ein interessantes und geistreiches Mädchen. Wir besehen einen Theil der Galerie mit einander ...

23) Dienstag ... Fräulein Rückert besucht uns. Sie gefällt den Meinigen sehr gut, wie sie in der That eine ungewöhnliche und interessante Erscheinung ist ...

24) Mittwoch. Ich halte mich fleißig zu der gestern erwähnten Zeichnung [„Matathias fliehet mit den Seinigen“] und arbeite ganz ungestört bis zu meiner Ausgangszeit. Nachmittag nehme ich diese Arbeit wieder auf und bringe sie zu Stande. Das Bild ist eben auch wieder ein ganz anderes als die bereits erschienenen. Immer zeigt sich mir von neuem der unerschöpfliche Reichthum und die wunderbare Mannigfaltigkeit des Stoffes, welchen die Bibel zu bildlichen Zwecken darbietet. – Museum ... Mein Entschluß befestiget sich immer mehr, den Ueberreichthum von Vergoldung an der Umrahmung der Sixtinischen Madonna auf ein bescheidneres Maß zurückzuführen ...

28) Sonntag ... Gang nach der Ausstellung ... Was das Wegenersche Bild [„Waldbrand in Nordamerika“][112] betrifft, so überzeuge ich mich doch von neuem, daß es gegenüber jener so hoch erhobenen Darstellung des Einfangs ungarischer Pferde von Simonson von einem ausgezeichneten Talent und einem höchst achtungswerthen Streben zeugt ...

29) Montag. Der Geh. Rath Pinder aus Berlin macht mir einen Morgenbesuch. Man hat dort große Dinge vor, und von Bethmann-Hollweg soll auch der Meinung sein, daß man mit Bewilligung großer Summen zum Ankauf von neuen Bildern der Kunst nicht viel nütze, sondern Gelegenheit geben müsse zur Entstehung monumentaler Werke, bei denen sämmtliche bildende Künste Betheiligung finden können. Es soll auch daran gedacht werden, das Campo Santo unabhängig vom Dombau zu vollenden und die Ausführung der Corneliusschen Kompositionen zu beginnen. Des Cornelius sämmtliche Kartons, an 70 Stück, werden in Berlin ausgestellt werden. Vielleicht zieht mich diese Ausstellung im Oktober nach Berlin ... Der Architekt Stache aus Wien ... bringt mir ein neues Diplom des Albr. Dürer-Vereins statt des alten, in dem ich Ludwig statt Julius genannt werde. Rolle theilt mir seine Absicht mit, der Galerie ein weibliches Porträt von Graff zu schenken. Ich ersuche ihn, mit dem Herrn Minister deshalb zu reden. In der ersten Etage [des Museums] angekommen bringt mir Gruner Herrn Eastlake aus London, Präsident der Akademie, meinen alten Bekannten von Rom her. Derselbe wird sich unsere zum Verkauf bestimmten Vorrathsbilder besehen ... Gegen Abend gehe ich zu Frau von Quandt. Wir sehen die Mappen mit meinen Skizzen zum Ariost und die improvisierten Federzeichnungen, die in Rom im Winter von 1819 auf 20 am Theetisch entstanden sind. Diese Zeichnungen[113] giebt Frau von Quandt mir mit nach Hause, damit ich sie meiner Frau zeige. Die Besichtigung derselben an meinem Theetisch macht Vergnügen.

30) Dienstag ... Rietschel besucht mich am Morgen und theilt mir mit, daß Geh. Rath Pinder aus Auftrag des Herrn von Bethmann-Hollweg ihm die Direktorstelle an der Berliner Akademie angetragen habe und er meine Ansicht hierüber zu wissen wünsche. Rietschel ist sichtlich sehr erfreut über diese Berufung, und seine Bedenklichkeiten äußern sich mehr als die Erfüllung einer Form, denn als wahrhaft vorhanden. Man sieht, er ist entschlossen, will aber noch einige Pflichtschritte thun, ehe er einen Entschluß kund giebt. Ich sage dieses nicht, um eine Schwäche aufzudecken. Der Antrag ist überaus erfreulich für ihn, die Bedenken sind nicht wesentlich, er muß sie ins Auge fassen, darf sie aber Dem überweisen, der nach vielen Leiden ihm diese schöne Berufung sendet. In diesem Sinne spreche ich meine Ansicht dem Freunde gegenüber aus. – Im Museum ... treffe ich den Präsident Eastlake nebst Gemahlin ... Ich habe nun Gelegenheit Eastlakes Meinung über einige unserer Gemälde zu erfahren, die zu hören mir wichtig ist. Ueber Nr. 8 [= 43], „Verkündigung“, äußert er sich entschieden, daß es ein Gemälde Marco Zoppos, Schülers des Squarcione und Mitschülers des Mantegna sei. Eastlake bemerkt, daß in Berlin ein bezeichnetes Bild von Zoppo sei, das vollkommen mit dem unsern stimme[114]. Ueber den Lorenzo di Credi aus der Steinlaschen Sammlung[115] bemerkt er, daß die Bezeichnung falsch sei. Ueber Nr. 138 [= 158], „die heilige Margaretha“, bemerkt er in Uebereinstimmung, [140] aber mit noch größerer Entschiedenheit als Passavant[116], daß das Bild dem Correggio zuzuschreiben sei. Er findet das Bild ganz herrlich. Nur am Haar vermißt er das Impasto, welches an dem Haar des Correggio gewöhnlich gefunden werde. Es wird doch noch geschehen, daß das Bild als Correggio anerkannt wird. Ueber die Vertretung des Rembrandt und seiner Schule ist Eastlake sehr befriedigt ...

September.

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1) Donnerstag ... Die neueste Nr. des Belgischen Journal des Beaux Arts berichtet über die gute Aufnahme, welche die deutschen Kartons in Antwerpen gefunden haben. Museum. Gegen 1/..[WS 4] 1 Uhr kommt der Herr Minister von Zeschau und läßt sich von mir erklären, worin die beabsichtigten Aenderungen an der Umrahmung der Rafaelschen Madonna bestehen würden. Ich zeige ihm, welche Partien der allzu reichen Vergoldung ich mit Farbe decken würde, wobei ich den Beirath des Architekten, des Hofbaumeisters Krüger, als unerläßlich und zum Theil für maßgebend erkläre ... Es giebt sich Veranlassung, dem Minister einen Wink über Rietschels Berufung nach Berlin zu geben ...

4) Sonntag ... Gegen 6 Uhr besuchen uns Rietschel, Frau und Töchterchen ... Bei der Gelegenheit erfahre ich auch, daß die Vorschläge des akademischen Raths in Ansehung der Ausführung monumentaler Werke großartigere Erfolge haben werden, als wir hoffen konnten. Der König hat sich für den Schmuck der Terrassentreppe erklärt und sich auch besonders günstig für die Umgestaltung des Ausstellungsgebäudes zu einer Volkshalle ausgesprochen. In erste Linie ist aber die Ausführung des Kruzifixes auf der Brücke gestellt. – Durch einen Expressen erhalte ich von dem Oberkammerherrn von Könneritz vom Weinberg der Königin die Nachricht, daß König Ludwig [von Bayern] morgen 3/4 11 Uhr die Gemäldegalerie besichtigen wird, mit dem Zusatz, der König habe sich wiederholt geäußert, daß er sich freue, mich wiederzusehen ...

5) Montag ... Etwa um 11 Uhr kommt der König Ludwig mit der verwittweten Königin ... Der König begrüßt mich mit größter Freundlichkeit. Er sieht gut aus, nur sind seine Bewegungen etwas milder geworden, als sie sonst es waren. Wir betreten zunächst den Kuppelsaal und besichtigen von da aus die Säle der Italiener. Der König sieht mit großer Theilnahme und Aufmerksamkeit, und ich kann hinzufügen, mit sehr viel Urtheil. Vor der Rafaelschen Madonna verweilt er lange. Er erklärt sich sehr zufrieden mit der Aufstellung. Sodann begeben wir uns in die kleinen Gemächer, wo ihn besonders der Arzt des Correggio, die heilige Margaretha und dann der Zinsgroschen ansprechen. Die Claudes sind die letzten Bilder, die er mit großer Aufmerksamkeit betrachtet. Er erklärt damit für heute beschließen zu wollen ... Da indessen die Wagen noch nicht eingetroffen sind, so besieht der König noch die Pastelle, die Canalettos und die Miniaturen ... Einige Aeußerungen des Königs will ich hier bemerken. Er sagte mir, seine Absicht sei gewesen, mich zum Direktor der Central-Gemälde-Galerie in München zu machen, wenn ich dort geblieben wäre. Sodann: Kaulbach hätte er nie zum Direktor der Akademie gemacht, diese Stelle habe er Schwanthaler zugedacht gehabt. Kaulbach sei ein Mensch, der etwas Dämonisches habe ...

6) Dienstag ... Die Herrschaften kommen etwa 1/2 11 Uhr. Der König ist gegen mich womöglich noch freundlicher als gestern ... Durch das Rafael-Zimmer begeben wir uns in die kleinen Abtheilungen, verweilen vor Correggios Arzt, vor dem Zinsgroschen und vor den Claudes. Dann setzen wir den Gang fort, wo er gestern beschlossen wurde. Der König widmet nun auch den Wouwermann, den Berchem und besonders dem Ruysdael große Aufmerksamkeit. Rubens fesselt ihn mit dem Liebesgarten und den andern kleinen Bildern weniger als die Terburg, Ostade, Netscher, Mieris, Metzu. Ein längerer Aufenthalt wird Holbeins Madonna geweiht. Bei der Gelegenheit sollen auch Urtheile der Königin erwähnt werden. Sie meint: Holbeins Madonna sei ihr lieber als Rafaels Madonna, weil sie trostvoller für die Bedrängten erscheine. Vor der Rafaelschen Madonna sagte sie: hier erscheine ihr die Mutter Gottes als Himmelskönigin, aber nicht als Zuflucht der Sünder!!! Von dem Sohne ist nicht die Rede. Wie verkehrt! Gerade das ist das Große an dem Bilde, daß Maria nur als die Gottesträgerin erscheint, auf deren Armen das Kind wie auf einem Throne ruht und zwar mit dem Ausdruck einer Größe und Erhabenheit, welche Michael Angelos Adam gegenüber den zweiten Adam erkennen läßt, der wieder gut macht, was jener schlecht gemacht hat. Das ist meine evangelische Erläuterung des Bildes. Sixtus und Barbara repräsentieren die anbetende Menschheit nach ihren zwei Geschlechtern. Holbeins Madonna erscheint mir viel katholischer als die Rafaelsche. Nach der Abtheilung der Deutschen besichtigt der König die großen Säle der Niederländer, widmet vor allem dem Rembrandt große Aufmerksamkeit, dann schließt er mit der Betrachtung der Spanier. Murillos Rodrigo entzückt ihn. Die Erwerbung unserer Spanier aus dem Nachlaß Louis Philipps erscheint ihm ein großer Glücksfall, in Betracht der bezahlten 4000 und einige hundert wie geschenkt ...

9) Freitag. Die „Bekanntmachung“ wegen des Verkaufs der 200 Vorathsbilder habe ich geschrieben. Ob sie dem Herrn Minister recht sein wird, ist nun eine andere Frage. Sie wird ihm vielleicht zu lang erscheinen [141] und doch glaube ich, daß Einiges über die Entstehung dieser Nebensammlung und über die Verhältnisse, unter denen nun ihre Auflösung erfolgen soll, gesagt werden mußte[117]. Da der Herr Minister über Land ist, habe ich heute keine Gelegenheit, seine Meinung zu erfahren. Im Zwingerhof treffe ich mit Seiner Excellenz dem Oberkammerherrn von Könneritz zusammen, der mich schon zweimal im Museum gesucht hatte. Er will meine Ansicht wissen wegen der von Seiten der hiesigen Künstlerschaft dem König Ludwig von Bayern zugedachten Ovation. Ich konnte ihm genügenden Aufschluß geben, da Lichtenberger, der Vorstand des Vereins der selbständigen Künstler, mich diesen Morgen aufgesucht und den Stand der Angelegenheit mir mitgetheilt hatte ... Abends sind wir zu Gruners geladen. Wir finden Lepsius und Frau (der berühmte Reisende, Bunsens Freund), Mrs. Jameson[118], Professor Hettner und Herrn von Goethe. Für mich war der Abend sehr interessant.

10) Samstag ... Der Herr Minister sendet mir den Entwurf zur Bekanntmachung über unsere Versteigerung mit seiner Unterschrift und dem Beisatz „Sehr einverstanden“ zurück ...

12) Montag ... Die Bekanntmachung wird an die Augsburger Allgemeine und an die Leipziger Zeitung expediert ...

13) Dienstag. Die Hausfrau und Franz[119] haben einen Artikel für den Anzeiger geschmiedet, in welchem dringend auf die Erbauung einer neuen Kreuzschule hingewiesen wird. Wir lesen diesen Artikel heut morgen bereits gedruckt ... Atelier. Kein Schüler, dagegen werde ich von Heine, den ich bei Peschel finde, im Namen der Vorstände des Vereins selbständiger Künstler ersucht, bei dem morgen stattfindenden Fackelzug für König Ludwig bei der Deputation zu sein und den Sprecher zu machen. Nur mit Widerstreben nehme ich das Amt an ...

14) Mittwoch ... Peschel stellt sich ein und meldet mir, daß der Künstlerverein dennoch das von Bary vorgeschlagene kleine Festspiel bei dem heute stattfindenden Fackelzug zur Ausführung bringen wolle und die Deputation und Ansprache an den König wegfalle. Ich arbeite nun sehr ruhig den Nachmittag an meiner Aufzeichnung. Um 5 Uhr werden wir sehr angenehm durch einen Besuch Thaeters überrascht, der sich hierher begeben hat, um nach einer unserer Rafaelschen Tapeten, die er sticht, Paulus in Athen, seinen bereits gestochenen Umriß zu berichtigen. Einen großen und wesentlichen Theil der Arbeit führt Thaeter nach Photographien aus ... 1/4 7 Uhr besteigen Thaeter und ich das bereits stark besetzte Dampfschiff. 1/2 7 Uhr fährt das Schiff ab. Unmittelbar unter dem Weinberg der Königin landet dasselbe. Die Fackeln werden angezündet, die Musik voran, entwickelt sich der Zug, der sehr bedeutend ist. Ich gehe neben Geh. Rath Kohlschütter, der sich erfreulicher Weise angeschlossen hat. Oben angekommen, erscheint König Ludwig und die Königin Marie nebst dem nächsten Hofdienst unter der Halle des kleinen Palais. Das Festspiel beginnt, läuft glücklich ab, der König bedankt sich, spricht mit vielen Einzelnen. Es werden Hochs gebracht, sehr schön gesungen etc. etc. Beim Abzug der Künstler werden die Mitglieder des akademischen Raths und die Professoren in den Salon ihrer Majestäten eingeführt, während die übrigen Theilnehmer am Zug in einem Zelt bewirthet werden. König Ludwig scheint in der That sehr erfreut über die ihm dargebrachte Huldigung, er bespricht sich lange und mit größter Lebendigkeit mit jedem der Anwesenden und erklärt wiederholt, mit den Künstlern gern umzugehen. Etwa um 9 Uhr verlassen wir das Weinbergs-Palais. Der ganze Zug, mit Musik an der Spitze und frischen Fackeln, bewegt sich nach dem Schiff zurück. Vor dem Einsteigen in dasselbe werden die Fackeln vollends verbrannt. Auf der Heimfahrt werden Kanonenschläge gelöst, Raketen, Leuchtkugeln steigen und kleineres Feuerwerk wird abgebrannt. An den Ufern zeigen sich einzelne Gebäude magisch beleuchtet, so Villa Spitzner, Waldschlößchen, Felßner etc., kurz, man sieht, daß auch außer dem Zug und den vielen Schaulustigen, die an dem Ufer sich ihm angeschlossen haben, viele an unserer Feier theilnehmen. Um 10 Uhr landen wir in Dresden und gehen sogleich auseinander.

15) Donnerstag ... Wenige Minuten vor 1 Uhr verließ König Ludwig das Museum. Er war so freundlich wie je gegen mich und entließ mich, nachdem er den Wagen schon bestiegen hatte, mit der Aeußerung, daß er sich sehr freuen würde, mit mir noch einmal in Rom zusammenzutreffen. Ich bin sehr dankbar für die schönen Stunden, die ich in den letzten Tagen mit König Ludwig noch zubringen durfte, und versäumte gern, was die heutige Führung desselben betrifft, die zu gleicher Stunde abgehaltene feierliche Prämienvertheilung, bei welcher Hübner den Vorsitz einnahm und eine Rede hielt. Vor allem bin ich dankbar, daß durch den Besuch [142] König Ludwigs in Dresden ein Theil der trüben Erinnerungen an München, welche seit den letzten Jahren meines Aufenthalts daselbst sich bei mir festgesetzt hatten, verscheucht worden sind ... Abends kommen v. Deutsch[120], Gey und Schmidt. Ersterer zeigt mir seine Kompositionen zu einer Abtheilung des Corridors im Museum nach Hähnels Angaben. Die Entwürfe sind in der That sehr schön, nur fürchte ich, daß die fast durchgängig in sehr sinnlichen Bildern ausgedrückten, an sich seelischen Zustände sich nicht zu Darstellungen eignen werden, welche unser Hof acceptieren soll.

16) Freitag ... Abends haben wir die Freunde Thaeter, L. Richter und Gaber und Frau beim Thee. Der Abend verläuft höchst gemüthlich.

17) Samstag ... Als ich nach Hause komme, finde ich einen Boten vom Weinberge der Königin mit einem Schreiben Sr. Excellenz des Oberkammerherrn von Könneritz, in welchem ich für morgen Abend zu Ihrer Majestät der Königin auf den Weinberg eingeladen werde ... Ich soll mein Landschaftsbuch mitbringen ...

18) Sonntag ... Nach 6 Uhr werde ich nach dem Weinberg in einem leichten Wagen mit flinken Rossen abgeholt. Nach 7 Uhr bin ich dort. König Ludwig und die Königin sind noch nicht von Pillnitz zurück. Der Oberkammerherr von Könneritz leistet mir indessen Gesellschaft. Etwa 1/2 8 sind die Herrschaften da, und es wird sogleich der Thee genommen. Außer den beiden Majestäten, dem Adjutanten La Roche (?), dem Oberkammerherrn und der Hofdame Friederici bin ich nur da. Nach dem Thee werden meine Zeichnungen (das verlangte Landschaftsbuch und 15 biblische Zeichnungen) angesehen. Ich muß mich neben den König setzen, der mit Theilnahme und Befriedigung sieht, dabei auf das lebhafteste über die schönen, in Rom verlebten Zeiten sich ausspricht und überhaupt sehr angeregt ist. Aber auch heute wieder fragt er: ob ich verheirathet bin; – daß er Pathe eines Sohnes von mir[121] ist, scheint also rein vergessen. Nach 9 Uhr geht der König zu Bett. Ich muß noch bis etwa 10 Uhr bleiben, und nun führt die Königin das Wort. Um 11 Uhr bin ich zu Hause, mit derselben Gelegenheit, mit der ich gekommen ... Ich vergaß zu bemerken, daß König Ludwig mir den Auftrag ertheilte, sämmtlichen Künstlern, welche an dem Fackelzug Antheil genommen haben, zu sagen, daß er sich über das Fest sehr gefreut habe und ihnen noch vielmals danken lasse. Unter anderm soll ich auch besonders noch der „Zeit“, Mathilde Sachße, seinen Dank ausdrücken. Da ich morgen abreise[122], werde ich nun freilich gehindert sein, persönlich mich des Auftrags zu entledigen; doch werde ich sorgen, daß der mir gewordene Auftrag bekannt werde.

Oktober.

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16) Sonntag ... Gegen Mittag besucht mich Rietschel und bittet mich um Rath wegen des Konzepts eines Briefes an Geh. Rath Pinder in Berlin, welches er bereits aufgesetzt hat. Rietschel fühlt nämlich, daß er den Anstrengungen und Aufregungen, welche die neue Stellung in Berlin mit sich bringen würde, mit seinem gebrechlichen Leibe nicht gewachsen ist, und will, da von hier aus alle möglichen Anerbietungen gemacht worden sind, seine Wünsche zu erfüllen, und es ihm peinlich ist, die preußische Regierung so lange in Ungewißheit zu lassen, die ihm gemachten Anträge ablehnen. Ich kann seine Entschließung nur billigen, rathe ihm aber doch noch eine kurze Frist für eine definitive Entscheidung zu erbitten, um nicht eher für hier zu entscheiden, bis er nicht Gewißheit über das ihm zugesagte Haus und Atelier erlangt hat. Rietschel will meinen Rath befolgen.

17) Montag ... Aus Wiesbaden wird uns ein Artikel der Mittel-Rheinischen Zeitung zugeschickt, welcher den Erfolg von Ludwigs Auftreten als Lohengrin als einen ganz außerordentlichen schildert und dem Sänger eine große Zukunft prophezeit. Heute erhalten wir auch von Ludwig selbst einen Brief, in welchem er näheren Bericht über die Aufführung, die Sonntag den 9. Oktober stattgefunden hat, uns giebt. Schon bei der Probe waren die Zuhörer, d. s. die mitwirkenden Künstler, entzückt. Die Musiker im Orchester legten ihre Instrumente weg, um zu applaudieren. Bei der wirklichen Aufführung vor einem ganz gefüllten Haus war der Beifall ein stürmischer ...

21) Freitag ... Nachmittag 5 Uhr Sitzung des akademischen Rathes ... Sodann schreitet man zur Wahl von Ehrenmitgliedern der Akademie ... Rietschel schlägt noch Wislicenus[123] vor; Hübner erklärt sich mit ziemlicher Leidenschaftlichkeit gegen die Annahme dieses Vorschlags, und man sieht davon ab. Endlich kommt noch die Ausstattung der Terrassentreppe, welche nach der Entschließung Sr. Maj. des Königs aus dem bewilligten Fonds für Kunstzwecke in Angriff genommen werden soll, zur Besprechung. Rietschel erstattet Bericht aus Auftrag und motiviert mehrere Vorschläge. Die Angelegenheit wird mit Lebhaftigkeit berathen und [143] schließlich festgestellt, daß Rietschels Bericht zirkulieren soll, damit ein jedes Mitglied in kurzen Worten das Resultat seiner Erwägungen, d. i. seine Meinung, schriftlich niederlegen kann.

25) Dienstag ... Ich gehe zu ihm [dem Hofgraveur Jahn] ... Bei der Gelegenheit erfahre ich, daß man das Wappen auf unserm Silbergeld mit Beachtung der von dem akademischen Rath gemachten Vorschläge abändern wird. Statt des Mantels wird das Wappen mit den Wappenhaltern (Löwen) umgeben ...

26) Mittwoch ... Museum. Inspektor Hotho[124] ist noch immer hier und täglich in der Galerie. Er scheint gründlich unterrichtet. Deshalb sind mir seine Ansichten bemerkenswerth. Das von Steinla als ein Werk des Lorenzo di Credi bezeichnete Bild[125] hält er für einen Raffaellino del Garbo, das von Steinla also bezeichnete [„Maria mit dem Kinde und Heiligen“, jetzt Nr. 21] will er diesem Meister nicht zuschreiben; es scheint ihm zu gering für dessen Hand. Auch den kleinen Filippino Lippi [„Maria mit dem Kinde“, jetzt Nr. 19] hält er für unrichtig bezeichnet. Doch findet er dieses, wie das dem Lorenzo di Credi zugeschriebene Bildchen werthvoll. Ueber unsere heilige Margaretha, bezeichnet „Correggios Schule“, spricht er sich genau so aus, wie Passavant[126]. Er sagt: er würde nicht das mindeste Bedenken finden, das Bild als Werk des Correggio anzuerkennen, wenn es dem Meister zugeschrieben wäre ...

29) Samstag. Rietschel schickt mir am frühen Morgen Grüneisens Brief, den ich ihm gestern gegeben, zurück mit einigen Zeilen, in welchen er mir Folgendes schreibt: Gestern Abends theilte mir Geh. Rath Kohlschütter mit, daß das Hempelsche Haus gekauft werden würde[127] ... Rietschel fügt hinzu: „mir brennt der Kopf und das Herz, und meine Hände falten sich zum Dank und dann zur Bitte, daß mir Gott gewähren möge, wenigstens mein Lutherdenkmal vollenden zu können“[128] ...

November.

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3) Donnerstag ... Gestern brachte Gaber einen Abdruck des Bibelblattes Nr. 138 „Die Ruhe der Freundin unter dem Schutze des Freundes“ (Hohes Lied Salomos). Das Blatt ist sehr schön geschnitten ... Frau von Quandt hat mich für heute zu der Besichtigung der in Mappen zurückgelassenen Zeichnungen ihres verstorbenen Mannes in ihr Haus beschieden ... Nach Tisch machen wir uns gleich über die Mappen. Es sind schöne Sachen darunter ... Unter den 8 bis 10 Zeichnungen von mir ist auch eine sehr ausgeführte Federzeichnung, der Entwurf zu dem Bilde, das Quandt[129] besitzt: „Der Besuch“. Diese Zeichnung ist wirklich gut. Einige unter denselben sind mir aber geradezu unangenehm ...

6) Sonntag ... Besuch bei Rietschel. Ich erstatte ihm Bericht über die gestrige Sitzung der Galeriekommission. Da zufällig auch Hübner bei Rietschel sich einstellt, so erfährt er vollkommen, wie die Sachen[130] stehen ... Wir kommen auch auf den plastischen Schmuck der großen Aufgangstreppe zur Brühlschen Terrasse zu sprechen. Hübner hat einen unleugbar interessanten und bedeutenden Gegenstand in Vorschlag gebracht, welcher einen historischen Charakter hat. Es wird nämlich, was mir nicht bekannt war, die Sage von Drusus, welchem ein gigantisches germanisches Weib, eine Norna erscheint und drohend seinen Uebergang über die Elbe wehrt, an den Platz unseres jetzigen Elbübergangs verlegt und der Name Dresden von Drusus abgeleitet. Hübner meint nun, die dräuende Norna und der zurückschreckende Drusus mit einigen Nebenfiguren verbunden, würden schöne Gruppen für die unteren Postamente, eine Gruppe von Fischern als erste Erbauer der Stadt und eine andere Gruppe, welche das heutige Dresden charakterisierte, würden den passenden Schmuck für die oberen Postamente abgeben. Der Gedanke ist gewiß nicht schlecht, wenn sich gegen dessen Ausführung auch mancherlei sagen läßt ...

9) Mittwoch ... Reißiger ist also todt. Das Dresdner Journal enthält einen sehr gut geschriebenen und interessanten Nekrolog (von C. Banck). ... Dreßler hat die beiden ihm übertragenen Abschriften der Bekanntmachung wegen unseres christlichen Kunstvereins mir übergeben. Die eine bringe ich an Schönherr ..., mit der andern gehe ich zu Rietschel, erstatte Vortrag über die ganze Angelegenheit, lese die (von Langbein abgefaßte) Schrift ihm vor und frage ihn, ob ihm die Sache recht sei und er beitreten wolle. Derselbe erklärt seinen Beitritt unbedingt und wünscht nur (was wir Andern ja auch stets im Auge behalten haben) dafürgesorgt zu sehen, daß bei dem Unternehmen confessionelle Uebertreibungen und Engherzigkeiten ferne bleiben ...

[144] 10) Donnerstag. Schillers hundertjährige Geburtstagsfeier. Um 8 Uhr Morgens ertönen alle Kirchenglocken der Stadt. Dieses Festgeläute ist aber zugleich Reißigers Grabgeläute, der diesen Morgen zur Erde bestattet wird. Bei meinem Gang nach dem Museum wende ich mich zuerst nach dem Altmarkt, wo eine kolossale Statue Schillers (von Schilling) errichtet worden ist. Um 11 Uhr wird dieselbe von einem auf dem Balkon des festlich geschmückten Rathhauses aufgestellten Musikcorps feierlich begrüßt. Der Platz ist mit Tausenden von Menschen bedeckt. Die Statue ist trefflich ausgefallen, und es verdiente die in fünf Tagen aufgebaute Figur in edlem Material späteren Zeiten erhalten zu werden. Die Festlichkeiten, welche sich dieser Feier anschließen, muß ich unbeachtet lassen ... Gegen 8 Uhr gehe ich mit den Meinigen nach dem Altmarkt, der, wie die ganze innere Stadt, illuminiert ist und das kolossale Standbild Schillers in wirkungsvoller Beleuchtung zeigt. Dann verfügen wir uns nach dem Museum und betrachten den sehr brillanten Fackelzug von der Wohnung des Hausmanns Hirschberger aus ... Was uns Alte doch besonders erfreut, ist die Erfahrung, daß in der Feier des großen deutschen Dichters ganz Deutschland sich einig zeigt und daß heute nicht nur hier, sondern in allen Städten des großen deutschen Vaterlandes begeisterte Herzen dankbar sich erheben ...

11) Freitag ... Das Dresdner Journal bringt einen sehr schön geschriebenen und überaus interessanten Bericht über das Schiller-Fest. Die Rede, welche der Staatsminister von Beust an Vorabend des Hauptfestes bei dem Festbankett im Saale der Harmonie gehalten hat, ist vortrefflich. Ueberhaupt war die Schiller-Feier eine sehr würdige und durch eine edle Begeisterung getragene.

12) Samstag ... Da morgen die am Schiller-Tag gegebene Festvorstellung (Glocke, Wallensteins Lager) wiederholt wird, so begebe ich mich zum Cassierer, um Billet für Frau, Tochter und mich zu besorgen; ich höre aber, daß kaum der zwölfte Theil der Anforderungen befriedigt werden konnte und für mich nichts mehr übrig ist ... Am Abend sah ich noch einmal die Schiller-Statue auf dem Altmarkt, die nun heute zum dritten und letzten Mal beleuchtet ist. Sie ist sehr wohl gelungen und macht Schilling Ehre.

16) Mittwoch ... 1/2 8 Uhr zu Langbein. Das lange besprochene Herrenkränzchen tritt mit heute ins Leben. Wir kommen heute in der Art zusammen, wie wir nun allwöchentlich einmal uns vereinen wollen. Die Mitglieder sind: Langbein, Dr. Heymann[131], Dr. Seifert[132], Dr. Häpe[133], Andreä und ich ... Wir unterhalten uns heute herrlich, und ehe wirs uns versehen, wird es 1/2 12 Uhr; da springen wir aber auseinander.

17) Donnerstag ... Zum Herrn Minister ... Ich werde dann befragt wegen der Porträts Sr. Majestät des jetzigen und des höchstsel. Königs für die Universität Leipzig und schlage hierzu Gonne vor, welcher schon früher ein sehr ähnliches Porträt des jetzigen Königs in ganzer Figur gemalt hat ...

18) Freitag. Bußtag ... Peppi und Gey trinken mit uns den Thee. Wir besehen die erste Lieferung eines neuen Werkes: das illustrierte Leben und Leiden Jesu und der Jungfrau Maria. Text von Schanzenbach, Holzschnitte nach Overbecks Zeichnungen. Ich möchte das Werk mir wohl anschaffen; die Bilder haben bei der Uebertragung durch meinen Namensvetter, J. Schnorr in Stuttgart[134], aber gar zu sehr gelitten. Ich hole die Copien Dürerscher Holzschnitte herbei, die in Nürnberg herauskommen unter Krelings und Kaulbachs Leitung. Was ist das für ein ganz anderer Vortrag! Gegen Dürer muß freilich alles weit zurückstehen.

19) Samstag ... 12 Uhr Galerie-Kommission. Es kommen Peschel und Hübner ... Es entspinnt sich ein lebhaftes Gespräch über einen Antrag, den Hübner in Aussicht stellt und schon heute zur Sprache bringt, den Antrag nämlich, das Glas über der Holbeinschen Madonna zu entfernen. Die Vorrichtung zu dessen Beibehaltung bei der neuen Aufstellung der Madonna ist Hübner unbequem, und nun meint er auf einmal, das Bild habe das Glas nicht nöthig. Das Bild ist allerdings fest und in durchaus gutem Stand, auch ist zwischen dem neuen Museum und dem Stallgebäude ein Unterschied; doch bin ich der Ansicht, daß die Frage eine Principienfrage und nicht bloß im Hinblick auf das Holbeinsche Bild zu beantworten sei ...

23) Mittwoch ... Abends 1/2 8 Uhr stelle ich mich bei Carus ein, wohin ich nebst einer größern Anzahl von Herren zu einer Vorlesung beschieden bin. Carus liest eine Abhandlung über den Mythus der Psyche, der eine sehr interessante Darstellung der Entwickelungsgeschichte des Schmetterlings vorangeht. Ich finde die Abhandlung sehr interessant und sehr schön ...

25) Freitag Um 10 Uhr finden sich auf Einladung einer Finanzdeputation einige Mitglieder des Weber-Komitee auf dem Platze hinter dem Theater [145] ein, wo Webers Statue aufgestellt werden soll. Auch Professor Rietschel erscheint. Man verständigt sich sehr schnell über die Stelle, wo die Statue stehen und alsbald der Grund gelegt werden soll, indem man unbedingt Rietschels Wunsch als maßgebend betrachtet ... 5 Uhr Sitzung des akademischen Raths ... Ich erfahre, daß Hübner unausgesetzt seinen Plan, den Corridor des Museums auszumalen, verfolgt und bereits große Cartons gezeichnet hat. Hähnel meint, wenn ich dieses Werk nicht übernehme, so wird Hübner seine Absichten durchsetzen. Wie kann ich aber aus purer Opposition dieser Aufgabe nachgehen, die mit dem, was ich für meine alten Tage mir vorgenommen habe, zum Theil auch auszuführen verpflichtet bin, ganz unvereinbar ist ...

30) Mittwoch ... Herr von Deutsch kommt dann zum Thee. Ich kann ihm sagen, daß seine Zeichnungen zu dem Corridor mir sehr gut gefallen haben und daß sie meinen Ansichten über die richtige Behandlung der Aufgabe ganz entsprechen.

Dezember.

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2) Freitag ... Dann gehe ich nach dem Kunstverein, um meine Actie zu bezahlen und „Die Schlacht an der Katzbach“ von Bleibtreu[135] zu sehen. In dem Bilde ist viel Leben, was aber Ausführung anbelangt, so geht die Kleckserei über alle Vorstellung und man sieht, was man dem Publikum bieten kann, wenn man mit der Mode geht ...

3) Samstag ... Museum. Um 11 Uhr stelle ich mich zur Galerie-Kommission, wie verabredet, ein, die anderen Herren kommen ebenfalls. Zuerst begeben wir uns in den Rembrandt-Saal, wo die Gemälde von Victoor und der Jan (nicht Jacob) van der Meer 1363 [„Bei der Kupplerin“, jetzt 1335] (die vollerhaltene Bezeichnung gibt die Veranlassung zu genauerer Besichtigung) abgenommen sind. Hübner, welcher durch einen fremden Künstler auf letzteres Bild besonders aufmerksam gemacht worden ist, möchte das Bild unten statt des Bildes Nr. 1161 von Rembrandt [„Die Goldwägerin“, jetzt 1564] aufgestellt sehen. Zu solchem Wechsel kann ich meine Zustimmung nicht geben. Auf den Bildern von Victoor sucht Hübner Bezeichnungen, die sich aber nicht finden. Nr. 1457 [„Die Findung Mosis“, jetzt 1615] ist ein recht schönes Bild, namentlich ist die Gruppe der Amme mit dem kleinen Moses und den zuschauenden Begleiterinnen der Prinzessin sehr ansprechend. Nach Besichtigung dieser Bilder begeben wir uns zu den nochmals zu prüfenden Vorrathsbildern (25 Stück), die in den Pastellzimmern aufgestellt sind. Von den Dietrichs behalten wir nur noch einen und außer diesem Bilde noch acht Stück, unter denen auch der Cranach mit den drei Gruppen, eine scheußliche Alte mit einem jungen Mann, ein Alter mit einer jungen Dirne, und ein Paar, das zusammenpaßt und in seiner naturgemäßen Verbindung glücklich ist [jetzt 1936]. Hübner, der sonst sehr viel, ja viel zu viel fortschaffen wollte, will nun auf einmal wieder zu viel behalten. Rietschel steht mir mit gleicher Ansicht zur Seite und wir behaupten die richtige Mitte ...

4) Sonntag ... Nachmittag kommt Gaber ... Gaber hält den Gedanken fest, den Kreuzweg in größeren Holzschnitten nach Zeichnungen von mir herauszugeben, und ich gehe gern auf den Gedanken ein ...

7) Mittwoch. Der Herr Minister von Zeschau im Museum ... Der Herr Minister befragt mich auch wegen eines geschickten Miniaturmalers, nachdem gestern der Hofmaler Naumann[136] gestorben ist. Auch Se. Excellenz der Herr Oberhofmeister O’Byrn, welchen eigentlich die Beantwortung dieser Frage angeht, erscheint im Museum, um mich zu fragen. Ich erkläre, keinen tüchtigen Miniaturmaler zu kennen, aber mit Hübner mich deshalb besprechen zu wollen ... Schon am Morgen hatte mir Gerh. Joerdens endlich einen Probedruck seines Blattes gebracht: Daniel, ein Blatt, das sehr schön geschnitten ist. Nachmittag bringt Obermann das Blatt: „Judas Maccabäus erblickt ein Gesicht“, das ebenfalls tüchtig gearbeitet ist.

8) Donnerstag ... Ich finde im Museum einen Brief, in welchem er [Hübner] auf Mohn aufmerksam macht, von welchem er ein treffliches Porträt in Miniatur gesehen habe. Wenn Mohn[137] geneigt ist, dieser Gattung von Malerei sich zu widmen, so bin auch ich überzeugt, daß er ganz der Mann ist, den man sucht ...

12) Montag. Des Königs Geburtstag ... Im Museum sind wenig Leute, und die Wenigen, welche da sind, wenden ihre Blicke mehr der großen Parade zu, welche zwischen Theater und der Kirche stattfindet und bei welcher auch der König mit seinem Stabe und der Prinz Georg erscheint, als daß sie die Kunstwerke betrachten ... Um 8 Uhr fahre ich zu der Soiree, welche der Herr Minister von Beust zur Feier des Königs-Geburtstages gibt. Die Festgesellschaft ist brillanter als je ...

13) Dienstag ... Herrenkränzchen bei Dr. Seifert. ... Beim Thee wird lebhaft gesprochen und geurtheilt über die süddeutsche Bevölkerung. Die meisten stellen sie in intellectueller und religiöser Beziehung ziemlich tief. Ich vertheidige sie entschieden, wobei ich nur von einer Seite, von Häpe, wenigstens im stillen, unterstützt werde ...

[146] 20) Dienstag ... Der Herr Minister hat mir den Katalog der Gewehrgalerie zugeschickt, aus dem ich ersehe, daß die Sammlung eine in vielen Hinsichten sehr bedeutende ist und gewiß verdient, einer gründlichen Wiederherstellung ihrer Bestandtheile und der Lokalität ein Opfer zu bringen. Um 12 Uhr finde ich mich mit Inspektor Renner in dem alten Galeriegebäude ein, wo die Sammlung während des Umbaues des der Gewehrgalerie von jeher zugehörigen Lokals untergebracht und aufgestellt ist. Wir finden bereits den Oberstallmeister von Engel Exc. bei dem Inspektor Hänisch, bald darauf erscheinen der Minister von Zeschau und der Geh. Hofrath Bär, endlich treffen auch der Hofbaumeister Krüger und der Maler Lankau ein. Die Restauration der Bilder, Porträts und Turniere etc. wird sofort genehmigt, nachdem Renner seine sehr mäßige Forderung gestellt hat. Die gründliche Wiederherstellung der Rahmen etc., die Ausmalung der Decke und Fensterverzierungen wird endlich auch als unerläßlich anerkannt und das nöthige Geldopfer zugestanden. Es versteht sich, daß man sich in allen Stücken genau an das großentheils noch vorhandene Alte anschließen wird und es sich zum strengsten Gesetz macht, den Charakter des seine Zeit so scharf ausprägenden Ganzen überall inne zu halten. Der Herr Minister zeigt auch hier, daß er bei aller Berücksichtigung seiner Pflichten als guter Haushalter, doch auch die gerechten Forderungen zu würdigen weiß, die von dem Standpunkte der Erhaltung und Pflege der ihm unterstellten Sammlungen ihm entgegentreten ...

21) Mittwoch ... Gegen Abend kommt Andreä und zeigt die Zeichnung, die er für das Dante-Album des Königs gefertigt hat. Sie ist recht schön und könnte bei größerer Durchbildung allerdings noch schöner sein ...

22) Donnerstag ... Da Geheimer Rath Kohlschütter noch immer leidend ist, eine nochmalige Besprechung des Programms für die Ausschmückung der Terrassentreppe aber unerläßlich erscheint, so sind die betreffenden Mitglieder des akademischen Raths heute Mittag 12 Uhr in seine Wohnung beschieden ... Es stellen sich Hettner, Hähnel, Nicolai außer mir ein, Wießner fungiert als Sekretär. Es wird von Nicolai eine Zeichnung zur Treppe vorgelegt, die, im ganzen das Alte vollkommen beibehaltend, bei dem Aufgang eine wesentliche Verschönerung und Verbesserung angibt und allgemeine Zustimmung findet. Was die Gegenstände betrifft, so wird bei der Ausschreibung zur Konkurrenz nur der eine, von mir vorgeschlagene Gegenstand festgehalten, nämlich die Jahreszeiten, im übrigen bemerkt, daß den Konkurrenten der Vorschlag neuer Ideen unbenommen sein soll ...

25) Sonntag. Erster Weihnachts-Feiertag. Ich höre Liebners herrliche Predigt in der Sophienkirche. Herr Morris Moore[138], Besitzer des angeblichen Rafael, „Apollo und Marsyas“, ist hier mit seinem Bild angekommen und bringt mir Briefe von Förster und Professor Vogel aus München ...

26) Montag. Zweiter Feiertag ... So sehe ich denn das viel bestrittene Bild, sehe eine Photographie der in der Sammlung zu Venedig aufbewahrten Handzeichnung und was sonst an Zeichnungen Analogien darbietet. Das etwa eine Elle hohe Gemälde ist von der feinsten Ausführung, von hoher Schönheit und von trefflicher Erhaltung. Ich bin überzeugt, daß es von Rafaels Hand ist. Auf meine Kunstkenntniß würde ich ein solches Urtheil nicht stützen. Kenne ich wohl den Francia, so kenne ich doch den Timoteo della Vite nicht, dem Passavants[139] das Bild zuschreibt; kann aber von anderer Hand als der des göttlichen Rafael der Kopf und Obertheil des Apollo geschaffen worden sein? und hierzu nun die Handzeichnung, die in dem Venetianischen Katalog als unzweifelhaft echte Arbeit des Meisters bezeichnet ist, des Zeugnisses, das die Zeichnung in sich selber trägt, nicht zu gedenken! Diese Stützen sind mir hinreichend, um eine Ueberzeugung mir zu bilden. Eigenthümlich ist der Marsyas. Derselbe ist ganz menschlich gebildet, selbst das Eselsohr, das die Zeichnung andeutet, ist weggeblieben. Apollo ist ohne irgend eine Gewandung dargestellt; auch Marsyas ist ganz unbekleidet. Außer diesem Bilde sehe ich dann auch das Bildniß des Dante, das Rafael nach einem Gemälde des Giotto gemalt haben soll, welches sich in Florenz im Palazzo del Barghello vorgefunden hat ...

28) Mittwoch ... Ich bespreche mit Schirmer die Angelegenheit Moore und sein Bild und lese ihm den langen Artikel desselben[140] vor, in welchem Passavant, Eastlake und Waagen so niederträchtig schlecht gemacht sind ... Gegen Abend erhalte ich von Carus einige Zeilen nebst einer Anzeige über die Ausstellung des Apollo und Marsyas zum Besten der Schiller-Stiftung, welche ich und Hübner mit der Erklärung unterzeichnen soll, daß gegen die Autorschaft des Rafael kein Zweifel mehr erhoben werden kann. Diese Erklärung kann ich nicht unterzeichnen und Hübner, welchen ich sogleich in seinem Haus aufsuche, will das auch nicht thun. Da wir aber beide davon überzeugt sind, daß Rafael wirklich der Urheber des Bildes ist, so schlägt Hübner eine andere Form für die Erklärung [147] vor, die wir unbedenklich unterzeichnen können und es auch thun[141].

29) Donnerstag ... Museum. Der Herr Minister läßt mich rufen. Derselbe theilt mir vertraulich mit, daß der Hübnersche Plan zur Ausmalung des Treppenhauses und Corridors im neuen Museum nochmals dem König und durch diesen dem Hausministerium zur Begutachtung vorgelegt worden sei. Daß dem so sei, erfuhr ich schon gestern; ich höre nun aber durch den Herrn Minister, daß die Vorlage mit Rücksicht auf die nächste Finanzperiode, in welcher voraussichtlich die Bewilligung der jährlichen 5000 Thaler erneuert werden wird, erfolgt. Die heimliche Umgehung des akademischen Rathes findet hierdurch freilich keine rechtfertigende Erklärung ...

2) Montag ... Museum. Dr. Schäfer theilt mir die Vorrede zu seinem Katalog mit und macht mich dann aufmerksam auf die Beziehung, in welcher die Nr. 1701, Holbein [?], Bildniß einer Frau, und Nr. 1708, von unbekannter Hand, zu einander zu stehen scheinen ... Schäfer meint, das Bild sei das Gegenstück zu Nr. 1701 und beide Gemälde seien die Porträts eines Ehepaars. Zu dieser Annahme ist Schäfer allerdings durch die Uebereinstimmung der Inschriften[142] geführt worden, unleugbar ist aber auch in den Bildern selbst so viel Aehnlichkeit der Behandlung und Auffassung zu finden, um sich die Zusammengehörigkeit derselben denken zu können[143] Endlich gehe ich noch zu Rietschel ... Mit Rietschel bespreche ich mich auch über das Bildchen „Apollo und Marsyas“, das er ebenfalls für eine Rafaelsche Arbeit hält und große Freude daran hat ...

3) Dienstag ... Um 11 Uhr gehe ich ... nach dem Zwinger, um Rafaels „Apollo und Marsyas“ zu sehen. Das Bild macht mir heute noch einen schöneren Eindruck als neulich. Hübner, der sich einfindet, ist der Meinung, daß Moore nicht Recht habe, wenn er das Bild in die Florentiner Periode Rafaels stelle. Ich muß ihm beipflichten. Das Sposalizio ist 1504 gemalt, Rafael kam erst 1507 nach Florenz und war damals schon selbständiger entfaltet.

5) Donnerstag ... Museum. Dr. Schäfer ist wieder bei den Porträts 1698 [jetzt 834], 1701 und 1708. Waagens Bemerkungen[144] in Betreff der Jahreszahl, die das Bild 1701 nachweist, und des Kostüms beider Frauenbildnisse werden nicht leicht entkräftet werden können. Etwas schwieriger mag es scheinen, das Schäfersche Ehepaar 1701 und 1708, von denen ersteres aus der Wallensteinschen Sammlung in Dux, letzteres als Dosso Dossi aus Modena gekommen ]?[, zusammenzubringen. Auffallend ist allerdings die Uebereinstimmung in der Behandlung (soweit diese bei einem bräunlichen Mannsgesicht und einer blonden Frauennatur sein kann) und der Inschriften beider Bilder; indessen will ich die Combination mir noch nicht allzu heftig aneignen ...

9) Montag ... Der Frühbote bringt mir einen Brief von Klenze ... im Namen des Königs Maximilian von Bayern fragt er bei mir an, ob ich geneigt sei, zu dem historischen Cyklus des Athenäums ein Bild zu malen, darstellend die Verbrennung der päpstlichen Bulle zu Wittenberg durch Dr. Martin Luther. Namentlich diese Frage ist mir höchst unerwartet, und ich werde einige Tage brauchen, um mich über die zu ertheilende Antwort zu entschließen ...

10) Dienstag ... Gegen Abend besuche ich Rietschel, den ich nach Umständen munter finde, und theile ihm die Nachricht ... aus München über Bestellung des Bildes vertraulich mit. Rietschel räth mir unbedingt, die Bestellung anzunehmen ...

11) Mittwoch ... Zscheckel bringt mir endlich einen Abdruck der längst von ihm vollendeten Platte: der Prophet Jeremias. Das Blatt macht mir Freude ...

13) Freitag ... Ade schickt mir einen Probedruck des Blattes: Märtyrertod der sieben Brüder und ihrer Mutter. Ich bin mit dem Blatt sehr zufrieden .. Museum. Herr Morris Moore noch in Dresden, veranlaßt durch die Abfassung (ich weiß nicht von wem) eines Gegenartikels auf den im Dresdner Journal Nr. 5 vom 6. Januar] erschienenen, nicht ganz angemessenen Aufsatz von Clauß[145] über seinen „Apollo und Marsyas“. Herr Moore ... sagt mir, daß der Artikel des Dresdner Journals durch Einwirkungen, die von Berlin ausgegangen wären, veranlaßt worden sei. Herr Moore ist zu mißtrauisch, und ich suche ihm [148] seinen Argwohn zu benehmen. Das scheint nun zwar keinen Erfolg zu haben, indessen nimmt Herr Moore in freundlicher und herzlicher Weise Abschied von mir ...

14) Samstag ... Der Minister[146] theilt mir noch mit, daß das Gutachten über das Hübnersche Projekt, das Treppenhaus und den Corridor des Museums auszumalen, an das Ministerium des Innern abgegangen ist. Es ist in dem Sinne gegeben worden, wie die frühere vertrauliche Mittheilung des Ministers mir es andeutete. Der Minister erklärt noch, in einem Stück meiner Ansicht nicht beipflichten zu können, in dem Stück nämlich, daß ich meinte: die Hübnerschen Bilder würden die Aufmerksamkeit der Besucher in einem Grade auf sich ziehen, welcher der Wirkung der alten Gemälde Abbruch thun könne, worauf ich erwidere, daß meine Besorgniß Hübnern lieber sein werde als sein Zweifel, daß die Darstellungen die Beschauer zur Betrachtung auffordern könnten. Uebrigens beruht meine Besorgniß nicht auf der Meinung, daß der Werth der Hübnerschen Darstellungen den alten Bildern Abbruch thun könne, sondern nur deren zudringliche Gegenwart ... In der für morgen ausgegebenen Nr. [12] des Dresdner Journals erscheint der von Herrn Moore mir angekündigte Artikel gegen den Claußschen kurzen Aufsatz. Der Mooresche Artikel ist wieder entsetzlich bissig und übertreibend.

15) Sonntag ... Brief an von Klenze, welchem ich schreibe, daß ich geneigt bin, die in Aussicht gestellte Bestellung auf ein Oelgemälde anzunehmen ...

16) Montag ... Museum. Inspektor Schirmer hat es immer noch gewaltig gegen Herrn Moore und seinen Rafael ... Mittags kommen Briefe von Frankfurt ... Emmy[147] ist erzürnt, daß ich nicht die nämliche Klasse des Leopold-Ordens bekommen habe, die Cornelius und Kaulbach erhalten haben. Ich bin bescheidener und begreife, daß man mir nicht mehr geben konnte ...

21) Samstag ... Gegen Abend gehe ich ... zu Rietschel ... Wir sprechen viel von Apollo und Marsyas, von Herrn M. Moore und dem letzten Artikel Nr. 15, Dresdner Journal, des Herrn Clauß. Der Artikel erfährt gerechten Tadel. Clauß wird noch viel Verdruß wegen desselben erleben ...

24) Dienstag ... Um 3 Uhr begebe ich mich zu Graf Baudissin zum Speisen. Ich bin eingeladen worden, um den Hofrath Freytag, Verfasser von „Soll und Haben“, kennen zu lernen. Außer ihm finde ich Geh. Rath von Ammon, Hettner, Klee, den General von Baudissin, Gonne. Später kommt Dawison. Wir bleiben bis 7 Uhr beisammen. Freytag gefällt mir sehr gut ...

29) Sonntag ... So viel Veranlassung zum Schreiben vorliegt, so will ich doch heute meinen Sonntag wenigstens in Berufsarbeit feiern, da ich – es klingt seltsam – mir nicht erlauben darf, in die Kirche zu gehen. Ich arbeite an meinen Bibelwerke ...

Februar.

Bearbeiten

4) Samstag ... 12 Uhr Sitzung des akademischen Rathes. Nach mancherlei unbedeutenden Sachen wird nochmals das Ausschreiben zur Konkurrenz in Betreff der Ausschmückung der Terrassentreppe zur Berathung gebracht. Man einigt sich heute dahin, zwar die vier vorgeschlagenen Gegenstände zu nennen, dennoch aber die Darstellung der vier Jahreszeiten, wie ich sie in Vorschlag gebracht, als den geeignetst befundenen Gegenstand zu bezeichnen ...

8) Mittwoch ... Museum. Schirmer hat mein Bild: „Die Wallfahrt“[148] mit großer Liebe und Sorgfalt wiederhergestellt. Schirmer hat das Bild selbst lieb und hält es nur zu hoch ...

10) Freitag ... In dem Zoologischen Museum ist das Modell des neu zu errichtenden Thiergartens en relief aufgestellt. Ich besichtige dasselbe. Der Thiergarten wird eine Zierde der Stadt werden. Die Bedenken wegen des Geruchs theile ich nicht. Der Garten bleibt der Stadt doch so ferne, daß diese gewiß nicht durch die animalische Ausdünstung belästiget werden wird ...

12) Sonntag ... Gegen Abend besuche ich Frau von Quandt. Herr Rudolf Weigel will nächstens aus Leipzig kommen und meint, ich soll die Lebensskizze des sel. von Quandt schreiben. Was die Leute denken! ...

17) Freitag ... Der Himmel verdunkelt sich zeitig, und ich mache nach langer Zeit einmal einen Spaziergang. Ich gehe nach Strehlen, besehe mir die neue Besitzung unseres Kronprinzen (ehemals das Grundstück eines Forstmeisters), umgehe ihre Gränzen und kehre am großen Garten und den neuen Anlagen am Dohnaschen Schlag nach Hause zurück ...

26) Sonntag ... Wichmann[149] besucht mich. Er theilt mir mit, daß er auf meinem Atelier und unter meiner Leitung gern einen Carton zeichnen würde. Er sagt mir, daß er vor langer Zeit schon diesen Wunsch gehegt, ihn auch Bendemann mitgetheilt hätte, welcher aber sehr unzufrieden sich geäußert habe ...

[166] 27) Montag ... Museum. Oberst Törmer bringt das Bildchen seines Bruders [„Der Musikunterricht“], das er der Galerie schenken will, in das Restaurationszimmer. Das Bildchen ist kein Mieris, kein Netscher und kein Metsu, kann aber mit Dank angenommen werden, da es einen der neueren sächsischen Künstler in erfreulicher Weise repräsentiert ...

28) Dienstag ... Museum. Törmers Bildchen ist gefirnißt worden, wodurch es sehr gewonnen hat. Es wird sich in der Sammlung der Neueren recht gut ausnehmen. Krüger holt, gemäß unserer Verabredung, mich zur Besichtigung der Probeabtheilungen in der Gewehrgalerie ab. Es liegen die Proben Lankaus und Reitzenborns vor. Die des ersteren verdienen unbedingt den Vorzug nach der angewandten Technik sowohl, wie nach der Stimmung der Farben. Ich werde für Lankau stimmen, auch wenn seine Forderung eine höhere ist als die Reitzenborns, dessen Arbeit wahre Jahrmarktsmalerei ist. Gaber bringt einen Abdruck seiner Susanna. Das Blatt ist, wie nicht anders zu erwarten, sehr schön gearbeitet. Donndorf bringt einen Abguß seines Medaillons der Mutter[150]. Das Porträt ist sprechend ähnlich ...

29) Mittwoch ... Nach einer fast ganz schlaflos vorübergegangenen Nacht – der heftigste Sturm brauste und tobte von Mitternacht bis zum Morgen – kann mich nur die Arbeit erfrischen. Ich halte mich Vor- und Nachmittag an sie und fördere die Bibelzeichnung bedeutend ...

1) Donnerstag ... Ich schreibe Klenze unter anderm, daß ich gegen Kaulbach nach für mich abgethaner Sache und keiner weiteren Veranlassung keinen Groll hege, oft an ihn denke und mich freuen würde, ihn einmal wieder zu sehen. Museum. Man meldet mir, daß der Erbherzog von Meiningen, Prinz Georg, mit seiner Gemahlin (eine geb. Prinzessin Hohenlohe) in der Galerie sich befinden. Ich eile mich ihnen vorzustellen. Der Prinz ist außerordentlich ernst, begrüßt mich aber, wie sonst, mit Handschlag ... Unser Kronprinz stellt sich ebenfalls ein und bald darauf auch die Kronprinzessin. Der Kronprinz fragt, wie es mit dem Korridor stehe, und bemerkt, daß sich sein Vater sehr sträube, die Nebenräume in der von Hübner beabsichtigten Weise ausmalen zu lassen. Ich sage ganz offen meine Meinung. Der Herzog und die Herzogin von Meiningen erklären, mich morgen 11 Uhr in meinem Hause besuchen zu wollen, um meine Bibelzeichnungen zu sehen ...

2) Freitag ... Nach 10 Uhr kommt Botschaft, daß der Herzog eine geschwollene Backe hat und nicht kommen kann, aber wünscht, daß ich 1/2 11 Uhr zu ihm komme. Mein Bote, der Galeriediener Schneider, hat eine Droschke mitgebracht, die ich gleich benutze, und mit den Bibelzeichnungen und dem Album der Hausfrau mich gleich nach dem Prinzenpalais begebe. Der Kronprinz ist beim Herzog, und ich werde zur Herzogin geführt. Sie läßt mich neben sich setzen und bittet dann um die Zeichnungen. Ich zeige und erkläre die Bibelzeichnungen und verweile dabei bis 12 Uhr, dann kommt der Herzog, den unser Kronprinz erst jetzt verlassen hat. Um nicht lästig zu sein, erkläre ich, die mitgebrachten Sachen in den Händen Seiner Hoheit lassen zu wollen, und entferne mich. Ich habe über meinen anderthalbstündigen Besuch mich nur zu freuen. Die Prinzessin ist nicht nur schön, sondern wahrhaft gebildet, und in dem Gespräch hat sich Gelegenheit geboten, ihren feingebildeten Geist, wie ihr edles Gemüth kennen zu lernen ...

5) Montag ... Auf dem Wege nach dem Museum begegnete mir Clauß, welcher, ebenfalls indigniert über den Aufsatz im Morgenblatt gegen Wigand[151], sich bereit erklärt, etwas dagegen in das Dresdner Journal einrücken zu lassen ...

6) Dienstag ... Am Nachmittag halte ich mich an meiner Zeichnung „Daniel“. Gey wird bei den sieben Löwen mir zur Hand sein müssen. Er ist ein ausgezeichneter Thierzeichner ...

8) Donnerstag ... Rietschels Atelier. Die Luther-Statue und nun auch sein Wicleff werden mit Sicherheit fortgebildet und versprechen in verhältnißmäßig kurzer Zeit vollendet zu sein ...

9) Freitag. Bußtag ... Der Vormittag geht für meine Bibelarbeit verloren, am Nachmittag bin ich aber wieder dafür thätig, indem ich die Apostelgeschichte durchnehme und zehn Gegenstände – so viel Bilder sollen ihr gewidmet werden – für die bildliche Darstellung auswähle. Der Reichthum an schönsten Gegenständen [167] ist übrigens so groß, daß ich nur bedauern muß, nicht mehr als zehn Nummern für die Apostelgeschichte verwenden zu können, da ich die noch übrigen fünf Nummern der Offenbarung Johannis vorbehalten muß ... Ich bespreche mit Gaber den Artikel im Morgenblatt, welcher den garstigen Angriff auf Wigand enthält. Gaber stellt eine Vermuthung in betreff des Verfassers auf, welche ich nicht aus dem Kopf bringe. Er denkt an Zahn. Es ist nicht zu leugnen, unser Albert hat schon manches Stückchen aus seinem Versteck ausgehen lassen, welchem dieses neueste nicht unähnlich sein würde ...

10) Samstag ... 12 Uhr Galerie-Kommission. Hübner und Peschel stellen sich ein. Die Kommission findet einige Vorrathsbilder von größerem Umfang von Inspektor Schirmer in Stand gesetzt. Eines derselben, Nr. 73, erscheint so bedeutend, daß man es nochmals mit Sorgfalt prüft und schließlich sich dahin entscheidet, es für die Galerie zu behalten. Das Bild stellt Hero und Leander vor und dürfte, wie Hübner richtig bemerkt, eine Kopie nach Rubens, vielleicht von der Hand des Jordaens, sein. Die Konzeption des Gegenstandes ist großartig und höchst poetisch. Das hochaufwogende Meer zeigt Leanders Leichnam, der von Nymphen aufgenommen und gegen das Ufer gelenkt wird. Hero stürzt sich vom Thurm herab[152].

11) Sonntag ... Gey bringt mir die erbetene Studie zu den Löwen, die vortrefflich gezeichnet ist ...

12) Montag ... Von Klenze erhalte ich einen Brief mit neuen Kontrakten. Der König Max hat sich nämlich anders besonnen und statt der Verbrennung der päpstlichen Bulle in Wittenberg Luther auf dem Reichstag zu Worms als Gegenstand des bestellten Bildes mir aufgegeben. Ich bedauere, daß es nicht bei dem ersten Gegenstand geblieben ist, in welchen ich mich schon lebhaft gedacht hatte; indessen muß ich mich zu neuen Konzeptionen wenden, da ich die ganze Sache nicht mehr aufgeben will und anerkennen muß, daß der jetzt gewählte Gegenstand von größerer weltgeschichtlicher Bedeutung ist als der früher bestimmte ...

13) Dienstag ... Da ich lange nicht bei dem Herrn Minister war, so begebe ich mich heute zu demselben ... Der Herr Minister theilt mir mit, daß er endlich gestern sich entschlossen, Hübner in seinem Atelier aufzusuchen, und gefunden, daß dieser den Kartons zu dem Korridor viel Zeit und Mühe gewidmet habe ...

16) Freitag ... Museum. Grüder[153] zeigt mir die Kopien nach den in Basel befindlichen Studienköpfen zu dem Holbeinschen Madonnenbilde. Sie sind über die Maßen schön und lassen die im Bilde ausgeführten Köpfe weit hinter sich zurück ...

18) Sonntag ... Adé schickt mir einen Probedruck seiner sorgfältig gearbeiteten Platte „Judas Maccabaeus reinigt den Tempel“. Ich schreibe und schicke ihm die Unterschrift. Jch mache ihn nur aufmerksam darauf, daß seine Schnitte zu mager sind ...

22) Donnerstag ... Im Museum wird nur gefragt, ob nichts vorliege; dann begebe ich mich in die Gewehrgalerie, wohin mich der Herr Minister bestellt hat, damit man über die Ausmalung derselben sich entscheide ... Die Probeabtheilung ist fertig, und da die Lankausche Ausführung in jeder Beziehung die Reitzenbornsche übertrifft, auch der Unterschied im Preise nicht so beträchtlich ist, daß man um deswillen die schlechte und weniger haltbare Malerei des letzteren wählen müsse, so wird dem Lankau die ganze Ausführung der Arbeit übertragen. – Um 3 Uhr begebe ich mich zu Se. Exc. dem Herrn Minister von Zeschau, der mich zum Mittagsessen eingeladen hat ... Gaber besucht mich gegen 6 Uhr. Es ist bei Hofe von dem Kreuzweg die Rede gewesen, den ich für Gaber zeichnen will, und einige Prinzessinnen interessieren sich für das Unternehmen, wollen auch, daß derselbe für die katholische Hofkirche in Oel ausgeführt werde. – Um 9 Uhr begebe ich mich zum Preußischen Gesandten, in dessen Hotel der Geburtstag des Prinz-Regenten von Preußen durch eine große Soiree gefeiert wird ... Um 11 Uhr komme ich nach Hause, von dem mit Erlebnissen überfüllten Tag nicht wenig ermüdet.

23) Freitag .... Museum. Im Kupferstichkabinet zeigen mir Gruner und Gaber die zwei in Farbendruck erschienenen Kreuzwegbilder von Overbeck, deren Größe mir als Maßstab dienen soll für die von mir gewünschten Darstellungen des Kreuzwegs Christi ...

25) Sonntag .... Um 11 Uhr gehe ich nach dem Museum, um im Restaurationszimmer das Köpfchen des alten Königs auf dem Franciaschen Bilde [„Die Anbetung der Könige“, jetzt Nr. 49] zu zeichnen, das bei der gefährlichen, aber unabweislich nothwendigen Restaurationsoperation leicht Schaden leiden kann ...

27) Dienstag ... Unser Kränzchen vereinigt sich heute bei Heymann ... Ich theile den Herrn einen schönen Brief mit, den mir ein Ofentöpfer in Herrnhut Namens Beck geschrieben hat. Er ist voll Begeisterung für christliche Kunst, wünscht Verwendung in seinem Fach (Ornamentik in gebrannter Erde) und Aufnahme in unsern Verein. Der Brief, der in edler und gebildeter Sprache den innern und äußern Lebensgang [168] des Mannes schildert, macht den Freunden große Freude[154] ...

28) Mittwoch ... Museum. Schirmer hat den kleinen Francia in der Arbeit. Er hat einen Mittelweg der Restauration eingeschlagen, der gewiß auch der richtige ist. Da, wo die Farbe mit dem Kreidegrund und dem Kitt sich am meisten gehoben hat, an dem rothen Gewande des vorderen knieenden Königs, hat Schirmer einen Einschnitt gemacht und von den sich gegeneinander stemmenden Farbenrändern etwas abgenommen, hierauf reichlich Balsam copaivae einlaufen lassen, wodurch alles erweicht und auch die lose Stelle unter dem Kopf mit neuem Bindestoff getränkt worden, um nun die Farbe niederlegen und an ihren Grund neu befestigen zu können. So ist das gelöste Köpfchen, das mit der losen Gewandpartie zusammenhängt, vom Messer unberührt geblieben und wird doch hoffentlich wieder fest werden. Andere lose Stellen konnten etwas kecker in gleicher Stelle behandelt werden, da sie an Stellen des Bildes sich befinden (über dem knieenden König in der Landschaft), welche nicht so delikat sind, wie die Partien an der Figur ...

29) Donnerstag ... Museum. Ich zeichne mir aus einem der Bilder, die in die Gewehrgalerie gehören, einen Lehrstuhl, Katheder, den ich gelegentlich werde brauchen können ...

30) Freitag ... Brief von Johannes Zumpe aus Rom ... Er ist ein Mann, der treulich nach dem Besten ringt, sich aber zu lange auf dem Gebiete der Vorarbeiten aufhält. Er wird ein Träger und Lehrer der Kunst, wie sie von den Besten erfaßt worden, sein und bleiben, selbst aber doch wenig zu Stande bringen ... Um 5 Uhr beginnt die Sitzung [des akademischen Rathes] ... Die neuen Thaler mit den Löwen, welche aus Anregung des akademischen Raths geprägt worden sind, werden geprüft und beschlossen, sich dahin zu erklären, daß man Ursache habe über oberflächliche Benutzung des gelieferten Modells zu klagen, wodurch immer wieder nur halb das Erstrebte erreicht worden, endlich sich auch darüber zu äußern, wie verletzend es sei, in einer Sache, die von dem akademischen Rath angeregt worden, bei der Ausarbeitung der Stempel gar nicht weiter zu Rathe gezogen worden zu sein ...

2) Montag ... Gegen Mitternacht werden wir durch Feuerlärm geweckt. Da die fünf Schläge auf Neustadt deuten und wir von unserm Hause aus kein Feuer sehen, so bleibe ich zu Hause und lege mich, als die Schläge eine Stunde später aufhören, wieder zu Bette.

3) Dienstag. Wie ich am Morgen ... vernehme, ist ein Militärdepot in der Nähe der Pontonsschuppen abgebrannt ... Museum ... Mit ganz besonderer Freude sehe ich eine neue ausgezeichnete Leistung unseres Schirmer. Unser kleiner Francesco Francia ist mit bewundernswürdiger Geschicklichkeit wiederhergestellt ...

6) Charfreitag ... Langbein hält eine herrliche Predigt ... Am späteren Nachmittag gehe ich ... nach der Marienbrücke, um die über ihre Ufer ausgetretene Elbe zu sehen. Der Strom nimmt sich prächtig aus und giebt mit der schönen Umgebung nach der Stadt- und Landseite herrliche Bilder ...

9) Oster-Montag ... Unser Theetisch ist heute sehr belebt. Frau Arnemann[155] und Professor Lübke[156] stellen sich ein und wir unterhalten uns unter anderm durch eingehende Besprechungen der Korridorsprojekte unseres Freundes Hübner.

14) Samstag ... Gaber kommt und klagt, daß der alte Richter sich ganz von ihm gewendet habe ...

16) Montag ... Herrn Apell, Ernst Arnold’sche Kunsthandlung, der mich seit Jahren um die Darleihung (zum Behufe eines Stichs) des von mir gezeichneten Porträts des unglücklichen Erhard[157] gebeten hat, bringe ich heute dasselbe ...

18) Mittwoch ... Unsere Versteigerung geht sehr gut von statten. Obwohl 28 Bilder (von Kern, der jetzt sehr gesucht wird, und Rotari) auf Anordnung des Ministeriums zurückgezogen worden sind, so wird die Einnahme dieses Mal noch bedeutender werden als bei der vorjährigen Versteigerung. Man sieht doch, daß die frühere Zugehörigkeit der Bilder zur berühmten Galerie eine große Anziehungskraft ausübt ...

19) Donnerstag ... Gruner ladet mich ein, im Kupferstichkabinet die große Federzeichnung von mir, die sich noch unter den Quandtschen Sachen befunden hat, den „Sechskampf“, zu sehen. Drache hat die Zeichnung sehr geschickt auf Leinwand aufgezogen, und es ist kein Makel an derselben. Gruner und meine jungen Freunde freuen sich an dem Werk.

[181] 21) Samstag ... Gegen Abend hole ich aus der Expedition des Pfarramts das Dimissoriale für Ludwig und Malvina, und es steht der Trauung, die wir nun auf Mittwoch Nachmittag festgesetzt haben, nichts mehr im Wege. Dann gehe ich zu Rietschel, den ich lange nicht gesehen habe, weil ein neuer Anfall seines Leidens ihn betroffen hat. Ich finde ihn heiter und liebevoll und theilnehmend gegen mich bei vollster Einsicht in seinen bedenklichen Gesundheitszustand. Rietschel ist ein herrlicher Mensch. Wie wohl thut es doch, selbst im Angesicht des Todes solch ein inneres Leben, wie es sich in diesem gebrechlichen Leibe offenbart, vor sich entfalten zu sehen! ...

22) Sonntag ... Graf Bose theilt mir unter anderem mit, daß Seine Excellenz von Langenn bei Hübner [182] gewesen und von dessen Projekten für die Ausmalung des Korridors und Treppenhauses des Museums sehr eingenommen ist ... So wird das Werk ja wohl zu Stande kommen, und wenn ich bedenke, welche Folgen für mich daraus erwachsen werden, wenn Hübner endlich doch mit seinen Plänen und Wünschen reussiert, so darf ich nachgerade an meinen Rückzug denken ...

25) Mittwoch. Ludwigs und der Malvina Hochzeitstag ... Da mich der Herr Minister aufgefordert hat, Notizen über diejenigen Gemälde der Woodburneschen Sammlung zu geben, welche für unsere Galerie wünschenswerth erscheinen[158], so nehme ich mein Tagebuch vor, um das, was ich über diese ausgezeichnete Sammlung in London aufgezeichnet habe, nachzulesen ... Von Klenze erhalte ich ein freundliches Schreiben und den von König Max unterzeichneten Kontrakt. So ist denn also diese Bestellung in bester Form festgemacht. Obermann bringt mir den Probedruck seiner Platte, die letzte zu den beiden jetzt erscheinenden Lieferungen. Sie ist schön geschnitten (Nr. 156)[159]. – Gegen 5 Uhr rüsten wir uns zur Fahrt nach der Kirche. Malvina sieht in ihrem einfachen weißen Kleide mit Schleier und Kranz wunderschön aus ... Alle Zeugen stellen sich rechtzeitig in der Sakristei ein. Leider konnten Rietschels nicht kommen ... Der Trauungsakt ist einfach, kurz, aber sehr feierlich und schön. Langbein spricht vortrefflich ... Wir haben ein schönes Fest gefeiert, und Ludwig ist sichtlich ergriffen ...

26) Donnerstag ... Rietschel begrüßt das neue Ehepaar in einigen Zeilen und sendet ein paar kleine Basreliefs von seiner Hand ...

27) Freitag ... 5 Uhr Sitzung des Akademischen Rathes ... Endlich wird auch mein im vorigen Jahr gestellter Antrag, die Bezahlung der Modellgelder in den Ateliers auf eine feste Norm zu gründen, von Hähnel wieder in Anregung gebracht ... Nach der Sitzung veranlaßt Professor Richter mich, ihn zu begleiten, da er wünscht, über sein und seines Sohnes geschäftliches Verhältniß zu Gaber, in welchem nicht nur Störungen vorgekommen sind, welches vielmehr nun gänzlich zerstört ist, mit mir zu sprechen. Es handelt sich darum, mir zu zeigen, daß Gaber keinen geschäftlichen Sinn habe und gänzlich unzuverlässig, unter Umständen auch unwahr sei ...

30) Montag ... Museum. Hübner, dessen Aufstellungsplan für die Holbeinsche Madonna zur Ausführung gekommen ist, bringt mir einen kleinen Aufsatz, der für das Dresdner Journal geschrieben und bestimmt ist, in wenig Worten dem Publikum Kenntniß von den Gründen zu geben, welche diese Aufstellungsweise empfohlen haben. Der Aufsatz ist gut und anspruchslos gehalten, und ich bringe ihn Hübner am Abend mit der schriftlichen Erklärung zurück, daß ich damit einverstanden bin ...

1) Dienstag ... 1/2 12 Uhr bin ich im Museum, um vor Eintreffen Seiner Majestät zu sehen, ob alles in Ordnung ist. Alsbald stellt sich Professor Hübner ein, mit welchem ich mich in die Treppenhalle verfüge, wo dann auch Seine Excellenz der Herr Minister sich einfindet ... Der König begiebt sich sogleich in die Abtheilung des Holbein und äußert sich nach aufmerksamer Besichtigung der Aufstellung ganz zufrieden mit dem Bemerken, daß ihm bange gewesen sei, weil sich gar so viele Einwendungen gegen das Projekt hätten vernehmen lassen. Ich stehe nicht an, Seiner Majestät zu sagen, daß die Aufstellung mit allen Einzelheiten des Aufbaues gewiß befriedigen müsse, sobald man einmal der Frage einer Einzelaufstellung des Hauptbildes gegenüber für die Aufstellung der Bildergruppe sich entschieden habe, denn die Wirkung des Ganzen als Dekoration des Raumes sei unbestreitbar eine sehr günstige. Hübner äußert, daß die laut gewordene Opposition gegen das Projekt wohl besonders durch seine Persönlichkeit hervorgerufen worden sei. Der Herr Minister ist sichtlich erfreut, daß die ganze Angelegenheit nun zur Zufriedenheit des Königs erlediget worden ist ...

2) Mittwoch ... Atelier. Außer Trembicky hat sich nun auch Stichart im Atelier eingefunden, welcher schon vor einem Jahre seinen Eintritt beabsichtigte, aber erst in München sich eine Zeit lang aufhalten wollte, um im Malen sich einige Sicherheit zu erwerben ...

3) Donnerstag ... Schirmer hat ein Vorrathsbild von Cranach gereinigt, das der Einverleibung in die Galerie würdig scheint. Es stellt das Doppelopfer des Elias und der Baals-Pfaffen vor und ist sehr figurenreich und von großer Ausführung [jetzt Nr. 1941] ... Nachmittag erhielt ich noch einen Brief von Klenze, der mich benachrichtigt, daß der König Max am 9. Mai in München eintreffen wird und daß es sehr erwünscht wäre, wenn ich bis dahin eine Skizze zu dem bei mir bestellten Bilde einliefern könnte. In den wenigen Tagen, die ich bis zum 9. vor mir habe, einen Entwurf zu solch einem Gegenstand zu Stande zu bringen, scheint mir unmöglich, doch will ich sehen, was sich thun läßt.

4) Freitag ... Klenzes Brief wird umgehend beantwortet. Ich mache ihm begreiflich, daß ich durch eine übereilte Arbeit mich entweder binden oder kompromittieren könne, daß ich indeß doch einen Versuch machen würde, eine Skizze in den nächsten Tagen zusammenzubringen [183] ... Im Kupferstich-Kabinet bitte ich mir Cranachsche und Burgkmayrsche Holzschnitte, welche mir bei meiner Luther-Komposition etwa dienen könnten, herauszulegen. In der Arnoldschen Kunsthandlung lasse ich mir einiges dahin Einschlagende zeigen und nehme mir ein Blatt von Schwerdgeburth[160], das den Reichstag von Worms darstellt, mit nach Haus. Die ersten Linien zu meiner Komposition werden dann bald gezogen, und nach dem Mittagessen, welches ich heute bei Graf Bose einnahm, einige Gestalten in feste Formen gebracht. Bei viel Bedeutungs- und Charaktervollem, das gegeben ist durch den Gegenstand, fehlt es auch nicht an Dingen, die eine freie eigenthümliche Gestaltung in der Anordnung hindern. Die Formen müssen hier und da unter die Formalitäten sich beugen ...

5) Samstag ... Indem ich die gestern hingeworfene Skizze aufnehme, beginne ich nun heute in der Frühe einen größeren Entwurf, in welchem ich die Gestalten feststelle und die Vertheilung derselben nach Maßgabe des vorgeschriebenen Raumes vertheile [so!]. Die Darstellung muß eine reiche werden, wenn man nur nothdürftig die Personen unterbringen will, die geschichtlich bedeutend sind, und den „Reichstag“ zu charakterisieren beabsichtigt, der eben unter einer kleinen Versammlung sich nicht anschaulich machen läßt ... 12 Uhr Galerie-Kommission ... Außerdem findet eine lebhafte Unterhaltung statt über die Prinzipien, welche uns bei der Bilderauswahl zum Verkauf geleitet haben, wobei ich Gelegenheit nehme, darauf hinzuweisen, daß ich bei dem Antritt meines Amtes das konservative Prinzip mir zur Richtschnur genommen (worüber unter meinen Schriften in den Akten Belege sich befinden). Meine verehrten Kollegen maßten sich manchmal ein Richteramt an, und Quandt und Bendemann verurtheilten ein Drittheil der Galerie etwa zur Ausweisung. Aber auch Hübner, der jetzt eine starke Schwenkung zur konservativen Richtung gemacht hat, neigte nach jener Sekte und meinte noch vor Jahr und Tag, man solle auch einige bessere Bilder weggeben, um die Kauflustigen zu reizen ... Dann kommen noch einige Besprechungen über die Waagen-Schäferschen Entdeckungen vor, und Hübner giebt zu, daß das bisher als Holbeins Werk angegebene weibliche Portrait, das in die neue Aufstellung der Madonna übergegangen, kein Werk dieses Meisters sein dürfte. – Der heutige Anzeiger bringt einen kurzen, aber den Nagel recht auf den Kopf treffenden Artikel gegen das Hübnersche Projekt zur Ausmalung der Treppenhalle und des Korridors des Museums. Der Artikel muß von einem ganz Kundigen geschrieben sein und wird Hübner ärgern ...

6) Sonntag ... Zum Thee sind sämmtliche Mittagsgenossen vereinigt. Ludwig war vorher im Theater ... Nach dem Thee nimmt Gey das Wort, um gegen Richard Wagner in die Schranken zu treten. Ludwig begegnet ihm mit großer Ueberlegenheit, dabei mit Ruhe und liebenswürdiger Mäßigung.

7) Montag. Großes Gesuch um Verlängerung seines Stipendiums liegt mir vor. Ich lese es mit größter Befriedigung. Auch er hat in Italien den richtigen Weg gefunden und bekennt sich entschieden zu der Richtung, welche die Genossen des Cornelius und Overbeck eingeschlagen haben. Bei seinem großen Talent wird es nicht an trefflichen Leistungen fehlen. Bis jetzt hat er die Zumpesche Arbeit „Christi Einzug“ noch lange nicht erreicht ... Da dieses nicht der Fall [daß meine Gegenwart im Museum nöthig ist], wende ich mich nach der Stadt, um im Arnoldschen Kunstladen die Komposition Jacobs[161] (Luther vor Karl V.) zu sehen. Es ist ein fades Bild[162], es fehlt nur der Tisch mit Chokolade. Der Kaiser ist, was ich eigentlich nur wissen wollte, hier im vollen Kaiserornate dargestellt, während ich in diesem Stück Schwerdgeburth gefolgt bin, welcher den Kaiser in seinem gewöhnlichen Galakleid dargestellt hat ...

8) Dienstag ... Im Dresdner Journal ist ein langer Artikel von Clauß über das Hähnelsche Projekt für die Ausschmückung der Loggia des Museums[163]. Die Erfindung ist höchst geistreich, der Schmuck hat zunächst einen dekorativen Zweck, obwohl die Darstellungen, die in die Kuppeln verlegt sind, gewiß den höchsten Anforderungen künstlerischer Bedeutsamkeit genügen würden. Die von Deutsch ausgeführten Kompositionen berechtigen zu solchen Erwartungen ...

11) Freitag ... Museum. Herr Schulgen aus Paris. Derselbe versorgt 800 Abnehmer meiner Bibel mit den bestellten Exemplaren und ist sehr dabei interessiert, daß das Werk rasch beendigt werde. Er theilt mir dieses mit, jedoch als ein Mann, der Einsicht hat, und läßt sich durch meine Erklärung über die Führung des Werks beruhigen. – Nachmittag. Sitzung des Akademischen Raths ... Auch das Gepräge der neu herzustellenden Zweithalerstücke kam zur Besprechung in Folge einer Eröffnung seiten des Finanzministeriums. Es wird Professor Hähnel ermächtigt, den an ihn zu verweisenden Medailleur zu instruieren ...

12) Samstag. Brief von Stadtrath Carl Lampe. Ich werde, obwohl in zarter Weise, dennoch gemahnt an die versprochene Lieferung der Zeichnungen zum [184] Ariost ... Es bleibt mir nichts anderes übrig, als Lampe zu bitten, mich aufzugeben, die Aquarellzeichnung auf die Bleiche zu hängen und die sonst mir zugedachten Räume anderweitig zu verwenden ... Museum. Ich werde zum Herrn Minister beschieden. Derselbe zeigt mir an, daß der erwartete Katalog der Woodburneschen Sammlung, die versteigert wird, angelangt ist und die von mir bemerkten Bilder darin aufgeführt sind ... Die Gemälde, welche wir im Auge haben, sind die Fiesoles, die Ghirlandajos und der Lucas Signorelli ...

14) Montag ... Atelier ... Peschel zeigt mir sein nun vollendetes Bild „Der Gang der Marien nach Jesu Grabe“. Es ist sehr schön geworden und dürfte seine beste Arbeit sein ...

19) Samstag ... Atelier. Stichart, der nun in mein Atelier eintretende neue Schüler, zeigt mir die in München gemachten Studien. Es sind Köpfe nach dem Leben in Oel gemalt, die freilich zu wünschen übrig lassen und unter Ehrhardts[164] Leitung vielleicht besser geworden wären ...

21) Montag ... Ich schreibe den Bericht über die vorgestrige Sitzung der Galerie-Kommission. Sodann bemerke ich in dem Katalog der Woodburneschen Sammlung diejenigen Gemälde, welche für unsere Galerie besonders wünschenswerth erscheinen, wie mein Herr Minister es verlangt hat, lege dem Katalog eine Abschrift meiner „Nachrichten“ über mehrere Bilder dieser Sammlung bei und bringe die Schriften nebst einigen Zeilen an Herrn v. Zeschau in das Ministerium ...

23) Mittwoch. Gestern Abend erhielt ich meine Exemplare der Bibel. Es macht mir großes Vergnügen, die Bilder der Luxusausgabe an ihre richtigen Stellen einzuordnen. Diese Ausgabe auf dem chinesischen Papier, das einen so schönen Ton hat, mit Abdrücken, welche sorgfältiger gemacht sind als die der Volksausgabe, macht mir besondre Freude. Und ich darf sagen, die letzten Lieferungen enthalten gute Blätter ...

25) Freitag. Ich vergaß gestern zu bemerken, daß ich einige Zeilen von Klenze mit der Nachricht erhielt, daß König Max meinen Entwurf zu dem Luther-Bilde genehmigt hat. Zu einer Aenderung treibt mich der eigene Entschluß. Ich werde den Kaiser doch im vollen kaiserlichen Ornat darstellen. Wie man mir bemerkt hat, soll das sein, weil der Kaiser gegenüber den versammelten Würdenträgern und Fürsten auch im kaiserlichen Ornat zu erscheinen gebunden ist; sodann wird der Gegensatz zwischen dem Mönch und dem Kaiser noch wirksamer werden ...

26) Samstag ... Mit Frau und Tochter gehe ich nach Rietschels Atelier, um den Luther, der jetzt geformt wird, noch einmal zu sehen. Wir finden den Meister, wie er sein Werk dem Direktor Waagen, dem Grafen Berg-Schönfeld und noch einem paar Herrn zeigt. Die Figur macht einen mächtigen und höchst würdigen Eindruck ...

27) Sonntag. Pfingsten ... Besuch des Franzosen Duplaissis. Er dankt für die erhaltene Bewilligung, kopieren zu dürfen, und verabschiedet sich. Die Rafael’sche Madonna erfüllt ihn mit der höchsten Bewunderung und vor allem ist es das wunderbare Kind, dessen Blick ihm die Nähe Gottes empfinden läßt. Er gesteht mir, daß eines Tages, als er sich vor dem Bilde ganz allein befunden habe, er auf seine Kniee gestürzt sei, um seinem vollen Herzensdrang zu genügen. Die Nacht des Correggio findet er so unter seiner Erwartung, daß er sagt: sie sei die Nacht des Ruhmes des Meisters ...

28) Pfingst-Montag ... Ich schreibe am Vormittag die Unterschriften zu den Bildern der 29. Lieferung ins Reine. Diese Texte üben immer eine große Gewalt auf mich aus, und ich fühle recht deutlich, wie überflüssig weitere Erklärungen der Bilder für mein Werk sind. Sind ja doch die Bilder eigentlich nur eine Art Erklärung oder vielmehr Auslegung zu dem Texte. Will man dann weiter erklären, so thue man es anderwärts ... Rietschel und Frau machen uns ihren Abschiedsbesuch, da sie morgen oder übermorgen nach Reichenhall abreisen. Rietschel hat sich wieder recht erholt, und es steht doch zu hoffen, daß Reichenhall und der Sommer und dann das neue Haus mit dem Atelier ihm sehr zu gute kommen werden. Gott geb’s!

30) Mittwoch ... In diesen Tagen habe ich die kleine Schrift „Aufschlüsse über das Buch Eritis sicut Deus“ gelesen. Die Schrift ist von der Verfasserin des bekannten Buchs; doch bleibt sie noch im Verborgenen. Die „Aufschlüsse“ werden mich auf das Buch noch einmal zurückführen, sie geben an sich unendlich viel und führen in wunderbare Tiefen und Höhen. Nach denselben das große Buch noch einmal zu lesen, ist mir jetzt ein Bedürfniß[165].

2) Samstag. Museum. Dr. Schäfer zeigt mir einen Artikel der Constitutionellen Zeitung, in welchem das Hübnersche Projekt, das Treppenhaus und den Korridor des Museums auszumalen, arg mitgenommen wird. [185] Es wird gerathen, die Dresdner Kunst der Gegenwart auf die Ausschmückung der zu errichtenden Volkshalle auf der Brühlschen Terrasse zu verwenden ...

3) Sonntag. Die Aufführung des Lohengrin findet heute statt ... Ludwigs Erscheinung ist ganz ideal und höchst auffallend durch ihre Noblesse. Frau Dustmann-Meyer[166] ist eine vorzügliche Künstlerin. Im zweiten und besonders im dritten Akt steigert sich das Spiel und die Wirkung von Ludwigs Stimme. Im dritten Akt ist Spiel und Gesang vortrefflich, von einer Idealität und Innigkeit, daß man wirklich eine Erscheinung aus einer andern höheren Welt vor sich zu haben meint. Das ganz volle Theater spendet warmen und reichen Beifall. Dieses erste Auftreten ist durch einen vollständigen Erfolg gekrönt ...

7) Donnerstag ... Nachmittag zeichne ich den Schwan zum Panzer des Lohengrin (Ludwig) ...

8) Freitag. Akademie. Als ich nach Hause komme, wird mir mitgetheilt, daß sich im Anzeiger die Meldung von Klenze’s[167] Ankunft vorfindet. Ich mache mich gegen 10 Uhr auf den Weg, um ihn zu besuchen, und finde ihn im Hotel Bellevue. Meine Zeichnung erhalte ich aus seinen Händen und empfange umfassenden und sehr interessanten Bericht über die Münchner Verhältnisse. Unter anderm versichert mich Klenze, daß Kaulbach bei jeder Gelegenheit meiner mit Freundlichkeit und Achtung gedenke ... Gegen 1 Uhr treffen wir wieder in der Galerie zusammen ... v. Klenze besichtiget nun in meiner Begleitung die ganze Galerie, und er spricht sich nicht nur über die Gemälde und ihre Aufstellung, sondern auch über das Gebäude (nachdem wir den Zwingerhof betreten, auch über dessen Aeußeres) höchst günstig aus, wobei er natürlich die Genugthuung [hat], sich sagen zu können, daß man im Wesentlichen seine Pinakothek als Vorbild benutzt habe. In der Treppenhalle nehme ich noch Gelegenheit, Klenze auch das Kupferstich- und Handzeichnungskabinet zu zeigen. Da v. Klenze sich anschickt, mich in der Richtung nach meiner Wohnung zu begleiten, veranlasse ich ihn, nach der Terrasse sich zu wenden. Wir ersteigen die große Treppe, und Klenze weiß die prachtvolle Aussicht (der Tag ist himmlisch) ganz zu würdigen. Ein Bedienter des Herrn von Savigny, der uns meldet, daß seine Herrschaft sich in der Abtheilung der Rethel’schen Karton-Ausstellung befindet, veranlaßt, daß auch wir in dieselbe eintreten, da Klenze dem alten Savigny versprochen hatte, seine Kinder aufzusuchen. Dann besuchen wir noch das Rietschelsche Atelier, wo zwar die kolossale Luther-Statue, die geformt worden, nur in Stücken zu sehen ist, dagegen doch das Modell zu dem ganzen Denkmal in Augenschein genommen werden kann. Klenze hat einen großen Eindruck von diesem größesten der Rietschelschen Werke ... Ludwig ist leider verschnupft, was um so fataler, da für Sonntag die Aufführung der Hugenotten bestimmt worden ist ...

9) Samstag. Der Anzeiger meldet, daß Meyerbeer hier angekommen ist. Sollte er darauf rechnen, morgen die Hugenotten mit Ludwig zu hören? Dann wäre das Hinderniß (der Schnupfen) für Ludwig um so empfindlicher ... Um 11 Uhr hole ich Signora Gaggiotti-Richards[168] nebst Mutter und Söhnchen zur Galerie ab, wie ich versprochen. Nach einigem Verweilen daselbst stellt sich auch Geh. Rath v. Klenze ein, schließt sich bei der Besichtigung der Gemälde, wie es scheint, nicht ungern an uns an und begleitet bei der Rückfahrt die römische Malerin nach ihrem Atelier ... 1/2 9 Uhr begebe ich mich zu Herrn v. Savigny, der eine kleine Abendgesellschaft aus Veranlassung der Anwesenheit des Herrn v. Klenze giebt. Excellenz v. Langenn und andere mir weniger oder gar nicht bekannte, aber interessante Leute sind anwesend. Wir bleiben bis 11 Uhr unter sehr lebhaften Gesprächen bei einander. Morgen früh 6 Uhr reist Klenze direkt nach München zurück. Ich habe mit ihm ausgemacht, daß ich bis Weihnachten die Farbenskizze zu dem großen Oelbild schicke und womöglich früher Zeichnungen zu den fehlenden Fresken in den Nibelungen-Sälen sende.

12) Dienstag ... Um 12 Uhr finde ich mich in Direktor Hettners Zimmer ein im Museum der Gypse, wo das Komitee des Weber-Denkmals sich zu einer Berathung versammelt. Der Hauptgegenstand ist: Beurtheilung der Zeichnung zu dem eisernen Gitter, welches das Monument umgeben soll. Der Entwurf, der von Nicolai ist, gefällt uns nicht. Er ist nach Pariser Zuschnitt, überreich und hält den Charakter von Eisenwerk nicht fest. Die Hauptsache ist, daß wir nicht wissen, wie viel Geld wir auf die bloße Einfriedigung des Denkmals verwenden können, und daß wir die große Ausgabe, welche die Ausführung dieser weder nöthigen noch besonders schönen Vergitterung erfordern würde, uns nicht aufhalsen wollen. Wir erklären also, daß wir die Einfriedigung überhaupt beruhen lassen wollen, bis das Monument fertig ist und wir übersehen, welche Geldmittel uns noch zur Verfügung bleiben ...

13) Mittwoch ... Nach Tisch kommt ein Brief von Hübner für mich nebst einem umfangreichen und ausführlichen Schreiben an Seine Excellenz an, in welchem mir Näheres über den Einkauf und die Verhältnisse, [186] unter denen er erfolgt ist, mitgetheilt wird. Die Mittheilung ist interessant und erfreulich, letzteres besonders durch eine Berichtigung. Wir haben nicht Nr. 77, den Domenico Ghirlandajo, wie die Depesche sagte, sondern Nr. 79, den Lucas Signorelli, also das schönste Bild der Sammlung[169]; außerdem Nr. 52, die in meinem Tagebuch als angebliche Jugendarbeit des Leonardo da Vinci [bezeichnete Nr.], das als Lorenzo di Credi erkannte Bild, wie Hübner und andere meinen, das zweitschönste Bild der Sammlung[170]. Ich bringe das Schreiben an den Herrn Minister sogleich nach dessen Hotel, mache der Frau Professor Hübner, die heute früh noch keine neue Nachricht von ihrem Mann hatte, einen Besuch, um ihr die Neuigkeiten mitzutheilen, die indessen eben auch einen Brief erhalten hat. Dann suche ich Schirmer auf, um ihm die gute Botschaft zu bringen, finde ihn indessen nicht mehr im Museum ...

18) Montag ... Am Sonnabend erhielt ich eine Aufforderung, auf der Polizei zu erscheinen. Ich leiste heute Vormittag dieser Aufforderung Folge. Die Sache ist die: Das Stadtamt zu Carlsruhe hat noch eine Forderung von 35 Kreuzer an mich aus Veranlassung der Heirathsbewilligung für Ludwig und läßt diese Summe durch die hiesige Polizei einfordern ... Museum. Schirmer hat das Bild Nr. 7 Abtheil. A. B.[171] nun ganz gereinigt, und es kann kaum ein Zweifel bestehen, daß das Bild von Amerighi (Caravaggio) und der Aufstellung in der Galerie würdig ist. Die jetzt schon durch die Reinigung hervortretende Bedeutung des Bildes wird durch die Restauration noch sehr gesteigert werden ... Gaber bringt mir einen Abdruck des Blattes „Sauli Bekehrung“, das sehr schön gearbeitet ist ...

19) Dienstag ... Gegen Abend gehe ich allein spazieren und besuche die Stelle über Zschertnitz, wo ich mein Schlößchen bauen möchte ...

21) Donnerstag ... Museum. Das Bild von Caravaggio gewinnt unter Schirmers Händen immer mehr, und ich bin der Meinung, daß es viel bedeutender ist als das Bild Nr. 157[172] von dem Meister, das in der Galerie hängt. Man sollte dieses mit jenem vertauschen ... Sodann schreibt mir Ade und fragt, ob ich den Probedruck des „Daniel in dem Löwengraben“ nebst einem Brief mit den Brettern erhalten habe. Die Bretter erhielt ich zusammengebunden und ließ sie so, da ich nicht vermuthete, daß noch ein anderer Inhalt bei der Sendung wäre. Nun öffne ich das Packet und finde das Blatt, das recht schön und fleißig gearbeitet ist. – Heute wird der Freischütz aufgeführt ... Ludwig singt und spielt den Max vortrefflich, und ich freue mich seiner, wie auch der herrlichen Musik. Die Aufführung ist im übrigen nicht befriedigend, und Ludwig klagt sehr über Vernachlässigung der Proben und Inszenesetzung. Er spricht sich gegen die Betreffenden sehr offen aus und wird gewiß, soviel an ihm ist, den Schlendrian nicht dulden ...

24) Sonntag ... Fräulein von Falkenstein (Schwester des Ministers) hat mir wieder wegen des Graffschen Bildnisses, darstellend Tiedge, geschrieben. Sie hofft es auf der Ausstellung zu verkaufen und empfiehlt mir die Sache. Ich habe deshalb mit der Ausstellungskommission gesprochen und schreibe ihr heute, daß der Ausstellung des Gemäldes mit Preisangabe nichts im Wege steht. Mehr kann ich jetzt nicht thun ... Ludwig ist heute Vormittag zur Probe des „Troubadour“ (Verdi) im Theater gewesen. Da ist ihm angekündigt worden, daß übermorgen die Aufführung des „Propheten“ (Ludwig die Titelrolle) stattfinden soll. Diese rücksichtslose plötzliche Bestimmung mag wohl in der löblichen Absicht getroffen worden sein, Ludwig eine Verlegenheit zu bereiten, da nun ohne irgend eine Vorbereitung morgen die Generalprobe sein muß. Ludwig hat seine Meinung offen ausgesprochen, wird jedoch sehen, wie morgen die Probe abläuft, und behält sich vor, im Fall, daß man Veränderungen vornimmt, auf die er nicht eingerichtet ist, von der Aufführung zurückzutreten.

26) Dienstag ... Um 6 Uhr gehe ich mit Malvina nach dem Theater, wo „Der Prophet“ aufgeführt wird. Ludwig giebt die Titelrolle. Ich folge den ersten drei Akten mit der größten Spannung. Ludwigs Gesang, Spiel und Erscheinung macht mir den günstigsten Eindruck. Die ungeheure Hitze lastet indessen sichtlich auf den Spielenden, wie auf dem Publikum, welches letztere sich auch nicht zahlreich eingestellt hat und außerdem großen Theils aus Fremden besteht. Die Theilnahme ist daher ziemlich schwach ...

27) Mittwoch ... Museum. Schirmer. Das Bild von Rembrandt Nr. 1159 [jetzt 1559], der Künstler mit seiner Frau auf dem Schooß, das etwas trübe geworden, wird aufgefrischt. Ich erfahre bei der Gelegenheit Näheres über die Geschichte des Bildes zur Zeit der Uebertragung durch Renner. Sie enthält neue Belege für die Charakteristik von Quandts und Matthaeis in betreff ihrer Wirksamkeit in der Galerie, welche dem Ersteren nicht immer günstig sind ... Zu Hause finde ich ein Briefchen von Hübner. Er hat meinen Brief erhalten. Ueber den Ghirlandajo erlange ich erwünschten Aufschluß. Meine Aufzeichnungen im Tagebuch sind doch ungenau gewesen. Holbeins Zeichnung zum Morette ist nicht erlangt [187] worden, dagegen muß ich annehmen, daß die Zeichnungen von Correggio erworben worden sind ...

28) Donnerstag ... Ich besichtige die ausgestellten Kartons von Cornelius und die Landschaften von Calame, welche Herr von Hildebrandt noch zu der Ausstellung hergegeben hat. Es macht mir große Freude, des Cornelius gewaltige Schöpfungen wieder einmal zu schauen ...

30) Samstag ... Museum ... Wir besprechen eben die neuen Erwerbungen, als Hübner selbst eintritt ... Hübner meint, daß das zweitvorzüglichste Bild, das dem Lorenzo di Credi zugeschrieben, aber schon von Woodburne als eine Jugendarbeit des Leonardo da Vinci angesehen worden, diesem letztern Meister wirklich angehöre. Sollte man sich dafür erklären können – Beweise werden nicht beizubringen sein –, so wäre die Erwerbung in der That eine außerordentlich glückliche. Bei der näheren Beschreibung des Bildchens, namentlich bei der Bezeichnung der Größe, wird es mir zweifelhaft, ob es das nämliche ist, das ich gesehen und als eine von Woodburne dem Leonardo da Vinci zugeschriebene Jugendarbeit bezeichnet habe[173]. Daß das Bild von Luca Signorelli ein höchst bedeutendes Werk und namentlich für unsere Galerie eine sehr glückliche Acquisition ist, das scheint außer allem Zweifel. Zwei kleine Bilder von Starnina, einem der Meister, welchen Ant. da Messina die Oelmalerei gelehrt[174], sollen sehr interessant sein. Dann haben wir noch einen Giottino[175] und einen kleinen Byzantiner[176]. Wir freuen uns wie die Kinder auf die Ankunft der Bilder, die wir in etwa vierzehn Tagen erwarten dürfen. Ihre Aufstellung wird eine Lust sein ...

1) Sonntag ... Ludwig spielt und singt aus Glucks Alceste. Das Herz öffnet sich weit bei solcher Musik. Dann geht er mit Malvina in das Theater, wo Tichatscheck nach seiner Ferienzeit zum erstenmal wieder und zwar als Rienzi auftritt. Man erwartet einen um so brillanteren Empfang, als er und seine Freunde alle Mittel aufbieten, um Ludwig gegenüber in großen Triumphen zu glänzen ...

2) Montag ... Museum. Schirmer hat einen netten kleinen Teniers aus dem Vorrath auf der Staffelei, welcher der Galerie bleiben wird. Ein alter Musikant stimmt seine Laute. Ein Flötenbläser, der ihm zur Seite steht, giebt den Ton an [jetzt Nr. 1085 B]. ... Nachmittag beendige ich meine Aufzeichnung: Paulus und Barnabas in Lystra. So wäre denn auch die 29. Lieferung erledigt, und es bleibt mir nur noch eine zu vollenden, um das Werk zum Schluß zu bringen ...

4) Mittwoch ... Der Zweite [Thäter] bringt in vertraulicher Weise einen Wunsch des Münchner Akademischen Raths zum Vortrag an den Dresdner Akademischen Rath an mich. Da nämlich es zu Tage liegt, daß es mit den Unterklassen der Münchner Akademie schlecht bestellt ist, wünscht man Probearbeiten unserer Kunstschule einsehen zu können ...

6) Freitag ... Frau Georg Wigand besucht uns, von Teplitz nach Leipzig zurückkehrend. Sie spricht sich noch sehr erregt über Ludwig Richters Verhalten ihrem seligen Mann gegenüber aus. Richter scheint doch jetzt bitter zu beklagen, daß er in so trauriger Weise für den Schmähartikel[177] eingestanden ist. Das bestätiget mir auch Peschel, den ich am Nachmittag über die Sache spreche. Freilich hat Richter nun selbst schlimme Erfahrungen machen müssen, nachdem Otto Wigand für seinen so hart und ungerecht angegriffenen Bruder Georg in die Schranken getreten ist ...

8) Sonntag ... Abends sind Schnorrs jun. ... bei uns. Ludwig und Malvina singen herrlich. Ludwig trägt zuerst ein paar Lieder vor, dann singt Malvina drei (die uns bekannten) Balladen von Löwe, endlich beide zusammen die Kerkerszene aus Fidelio. Wir haben einen herrlichen Genuß.

9) Montag ... Tichatscheck hat Ludwigs Besuch freundlichst erwidert und ist heute Vormittag einige Stunden bei ihm gewesen. Er ist ganz liebenswürdig gewesen ...

10) Dienstag ... Gegen 9 Uhr begebe ich mich nach dem Museum, um Schirmer von der Ankunft der Bilder aus London zu unterrichten und deren Abholung zu besorgen ... Nach 12 Uhr finde ich die beiden Hauptstücke im Restaurationszimmer und Schirmer und Hübner dabei. Die vier kleinen Bilder werden dann auch gebracht. Der Luca Signorelli ist ein herrliches Werk. Diese alte Kunst hat die Anmuth und Herbheit einer wahren Jungfrau. Die Luft, welche in deren Beschauung einen anwehet, hat die erquickende Frische eines Auferstehungsmorgens – des Auferstehungsmorgens der Kunst. Und welche Größe beginnt sich in diesem Lucas Signorelli zu entfalten! Auch das andere Gemälde, das [188] Hübner für eine Jugendarbeit des Leonardo da Vinci hält, wogegen ich auch nichts einzuwenden habe, ist ein herrliches kleines Werk. – Hübner zeigt sich übrigens ganz in seiner Eigenthümlichkeit. Mit der größten Liebenswürdigkeit und Beredtsamkeit möchte er mich auf den Punkt bringen, zu behaupten, daß wir ihm einen Leonardo da Vinci zu verdanken haben; und mit welcher konsequenten Zähigkeit weigert er sich, die kleine Margaretha als ein Werk des Correggio[178] anzuerkennen; obwohl das Bild viel gewisser diesem Meister angehört als sein kleines Bild dem Leonardo. Dieses Bild hat freilich er mit so viel hunderten Guineen gekauft, während die Margeritha von mir aus den verwahrlosten Bildern des Vorraths an das Licht gebracht worden ist. – Die Starmina find zwei liebliche Bilder, der Giottino charakterisiert die großen Konzeptionen der Giottesken Kunst. Der kleine Grieche hilft auch seine Zeit zur Anschauung zu bringen. – Aus dem Museum gehe ich so gleich zu dem Herrn Minister, um ihn von der Ankunft der Bilder und deren Unversehrtheit in Kenntniß zu setzen …

11) Mittwoch … Gegen 11 Uhr gehe ich nach dem Museum … Die Thüre des Restaurationsateliers ist geschlossen. Beim Eröffnen finde ich Hübner, der offenbar das Köpfchen der Madonna des kleinen Leo- nardo da Vinci restauriert hat, während Schirmer den Signorelli gereinigt und gefirnißt hat. Dagegen ist nichts einzuwenden; nur erscheint mir jetzt Schirmer in einem neuen Lichte, der sich vor dem von mir ausgesprochenen Gedanken, daß man Hübner diese Sache überlassen möge, entsetzlich sträubte und nun mit Hübner ein Herz und eine Seele ist. Die Bilder sehen prachtvoll aus. Das kleine Bildchen hat durch die Restauration und Auf frischung außerordentlich gewonnen. Auch ich halte es für eine Arbeit des jungen Leonardo und gebe gern meine Zustimmung, daß es als solche bezeichnet werde, obwohl ich bei der schmeichlerischen Weise, mit welcher Hübner diese Zustimmung zu erlangen sucht, meine eigenen Gedanken habe

12) Donnerstag … Museum … Um 5 Uhr finden sich zum Empfang Seiner Majestät des Königs im Restaurationszimmer ein: Seine Ercellenz der Herr Minister von Geschau, Hübner, Peschel, Schirmer und meine Wenigkeit … Der König sieht die Bilder mit der lebhaftesten Theilnahme und äußert sich sehr zufrieden mit der Erwerbung … Der König begiebt sich noch Der König begiebt sich noch in die Galerie, um den Raum zu sehen, in welchem die Bilder, namentlich der Luca Signorelli aufzustellen sein werden, und entfernt sich dann sichtlich zufrieden ge- stellt … Nachmittag brachte mir Obermann einen Abzug des Blattes „Die Steinigung Stephani“ dar stellend, das sehr schön geschnitten ist.

13) Freitag … Ein Lakai zeigt an, daß Prinz Georg um 2 Uhr das Museum besuchen und die Bilder sehen wolle. Hübner wird hiervon benachrichtiget, findet sich auch mit mir 42 Uhr im Restaurationszimmer ein. Der Prinz läßt nicht lange auf sich warten … Bei dieser Gelegenheit erwähne ich noch, daß Seine Majestät der König gestern bemerkte: Ihre Königliche Hoheit die Kronprinzessin Carola habe ihm durch Mittheilung der in einem englischen Blatte aufgefundenen Nachricht über die Versteigerung der Woodburneschen Sammlung die erste Veranlassung gegeben, mit Herrn Minister von Beschau über die Sache zu sprechen, welches dann zu den weiteren Schritten und endlich zu der Erwerbung selbst geführt habe …

16) Montag … Museum … Schirmer, immer etwas mißtrauisch und leicht empfindlich, hat ein Wort und eine Bewegung, mit welcher ich auf eine nur ihm verständliche Weise in Gegenwart Hübners bei der letzten Sitzung andeuten wollte, daß ich eine Retouche, die er auf meinen Rath an dem kleinen Madonnenbilde angebracht, mit Befriedigung bemerkte, mißverstanden und setzt mich auf eine sehr gereizte Weise zur Rede. Ich weiß im Anfang nicht, was er meint, erinnere mich aber dann genau des Sachverhalts und kann ihm beweisen, daß sein Mißtrauen ihn auf ganz falſche Fährte gebracht hat, worauf er sich auch beruhiget …

18) Mittwoch … Museum. Schirmer zeigt mir noch einmal das Bildchen von Leonardo da Vinci, an welchem er auf meinen Rath noch eine kleine Retouche angebracht hat, die sehr wohl thut.

19) Donnerstag … Herr Schulze schreibt mir aus Paris, daß mehrere Abnehmer der Bibel ungeduldig werden, weil die Lieferungen zu lange auf sich warten lassen …

22) Sonntag … Gang nach der Ausstellung, die ich heute zum erstenmal ordentlich sehe. Die Marien am Grabe von tom Dieck sind mit großer Liebe ausgeführt, in der Konzeption aber wenig bedeutend. Das Bild von Klenze, die wahrscheinlich ganz frei zusammengestellte Ansicht eines altgriechischen Ortes darstellend, ist mit bewunderungswürdiger Sorgfalt ausgeführt und macht dem großen Architekten alle Ehre. Plüddemanns Bild „Friedrich der Rothbart schlichtet einen Streit“ ist mit viel Leben und Geschick angeordnet und ausgeführt. Es könnte leicht kommen, daß dasselbe für die Galerie an gekauft wird[179]. Die große Kreuzabnahme von Jacobs[180] ist nur ein Beweis, daß der Maler wohlthun würde, bei seinen Scheherazaden[181] zu bleiben und die Heiligen zu [189] verschonen. Das große Kirchenbild von Engerth in Prag ist auch nicht viel werth. Die Bildhauerarbeiten ziehen mich nicht sehr an, dagegen sehe ich mit Freude die Kartons von Dietrich und Gey; auch des Ersteren allegorische Figuren und das Porträt seiner Braut zeichnen sich aus. Koopmanns Zeichnungen gefallen mir heute noch weniger als neulich. Wo bleibt da das Deutsch-Nationale, von welchem mein Freund mit soviel Pathos spricht?[182] ...

25) Mittwoch ... Hübner liest mir seinen Artikel fürs Dresdner Journal über die neue Erwerbung vor. Er hat mir diesesmal die Ehre gegeben, mich voranzustellen ...

26) Donnerstag ... Heute wird also wirklich der Troubadour aufgeführt. Wir gehen ... in das Theater, nicht ohne Spannung, weil Ludwig erklärt hatte, sich sehr ermüdet zu fühlen. Die ersten Strophen, die er noch hinter den Koulissen sang, elektrisierten uns. Die Stimme ist gar zu schön. Die Musik ist freilich entsetzlich, bei alledem machte es uns großes Vergnügen, der Aufführung beizuwohnen. Ludwig sang und spielte vortrefflich und wurde viel gerufen ... Der Herzog von Meiningen, der Kronprinz und Prinz Georg hörten die Oper mit an; der alte Herzog mit sichtlichem Wohlgefallen.

27) Freitag ... Museum. Ich erfreue mich heute in aller Ruhe unserer neuen Erwerbungen und auch der durchaus vortheilhaften Aufstellung der Bilder. Nicht nur, daß dieselbe durch die nöthig gewordenen Veränderungen in der früheren Aufstellung den älteren Bildern nicht nachtheilig geworden, so machen die beiden Wände, deren Bilder umgehangen werden mußten (Saal D und Abtheilung 1), im Ganzen eine viel schönere, ich möchte sagen feierlichere Wirkung als früher ...

29) Sonntag ... Später kommt Professor Jos. Keller aus Düsseldorf, der nun endlich seine – oder vielmehr Schurigs – Zeichnung nach der Raphaelschen Madonna beendigen wird.

2) Donnerstag ... Museum. Der Kronprinz und die Kronprinzessin sind kurz vor mir in die Galerie eingetreten, um die neuen Erwerbungen zu sehen. Ich finde die Herrschaften vor dem Luca Signorelli ... Ludwig ist Gegenstand freundlicher Aeußerungen ... Gaber hat mir einen Probedruck des Blattes „Die Ausgießung des heiligen Geistes“ gesendet. Es ist, wie sich von selbst versteht, sehr schön gearbeitet ...

3) Freitag ... Nach Tisch erhalte ich einige Zeilen von einem Baron von Pfuel aus Liebenstein bei Eisenach mit der Frage: ob über der Sixtinischen Madonna ein Glas befindlich ist oder nicht. Er hat dieses einem andern Badegast gegenüber behauptet, und da dieser es verneint, eine bedeutende Wette eingegangen, welche durch meine Antwort entschieden werden soll. Mir macht die Sache Vergnügen, da sie mir ein Beweis ist, daß solche Besucher der Galerie, welche vor dem Raphaelschen Bilde den rechten Standpunkt einnehmen, das Glas gar nicht bemerken. Schon der König von Preußen fragte bei seinem ersten Besuch der Galerie vor dem Bilde, ob es ein Glas habe[183]. Ernst Förster richtete dieselbe Frage an mich ...

4) Samstag ... Ich vergaß gestern zu notieren, daß ich mir das in unserer Ausstellung seit einigen Tagen ausgestellte Bild von Louis de Taeye in Antwerpen betrachtet habe. Es stellt die „Schlacht bei Poitiers“[184] vor, hat in Belgien großes Aufsehen gemacht und ist von der dortigen Regierung angekauft worden. Ich sah das Bild mit großem Interesse und werde es noch öfter betrachten, um zu lernen. Das Bild, das in seiner Konzeption meinen Beifall nicht hat, ist sehr tüchtig und mit sorgfältigen Studien gemacht und die Technik ist eine durchaus gesunde und klare ...

6) Montag ... Museum. Gruner bringt mir die Zeichnung von Holbein zum Porträt des Th. Morett, die er soeben aus London erhalten hat, in die Galerie. Wir betrachten sie zusammen vor dem Holbeinschen Gemälde. Die Zeichnung stimmt vollkommen mit demselben. Auf der Rückseite sind interessante Bemerkungen geschrieben. Man erfährt unter anderm daraus, daß Morett ein Franzos war, der nach England auswanderte. Auch wird gesagt, daß Hollar nach dieser Zeichnung seinen Stich ausgeführt habe. Die Zeichnung wird im Holbeinzimmer aufgehangen und trägt nicht wenig dazu bei, die neuen Erwerbungen als epochemachende in der Geschichte der Galerie erscheinen zu lassen. Ich begleite Gruner dann in sein Handzeichnungs-Kabinet, wo er mir auch die anderen neuerworbenen Handzeichnungen (es mögen deren etwa 50 Stück sein) zeigt. Es sind sehr ausgezeichnete darunter. Eine von Michael Angelo, andere von Fiesole, von Luca Signorelli, von Perugia gehören wohl zu den interessantesten und schönsten ...

7) Dienstag ... Museum. Schirmer theilt mir mit, daß die Holbeinsche Originalzeichnung zum Th. Morett nach Gruner noch neue Entdeckungen in Betreff der Persönlichkeit des Dargestellten erwarten läßt. Es hat zwei Morett gegeben, von denen der eine ein aus Frankreich ausgewiesener General war, der sich zur Zeit der Regierung Heinrichs VIII. nach England flüchtete. Unser Porträt stellt wahrscheinlich den General und nicht den Goldschmied vor ...

[190] 11) Samstag ... Herr Apell (in Arnolds Kunsthandlung) hat Ehrhardts Porträt, das er von mir gekauft, von Bürkner stechen lassen. Er sendet mir einen Abdruck zur Retouche. Der Stich ist sehr gut und ich gebe ihn mit nur wenigen Bemerkungen zurück ...

14) Dienstag ... Museum. Direktor Ruben[185] aus Wien ist daselbst, von Professor R. Kummer begleitet. Es ist mir interessant, den alten Bekannten aus der Münchner Zeit wiederzusehen, ich kann aber nicht sagen, daß er mir einen guten Eindruck macht. Auffallend ist seine slavische Tournüre und Sprache ...

16) Donnerstag ... Die Offenbarung Johannis nimmt in diesen Tagen all mein Denken, Dichten und Trachten in Anspruch. Die Aufgabe, die sich mir stellt, in Erfassung des Gegenstandes und Darstellung des wunderbaren Stoffes einen würdigen Schluß meines Werkes zu geben, ist eine gar zu schwere. Indessen, die Sache muß angefaßt und ins Reine gebracht werden. Ich nehme das Calwer Handbuch der Bibelerklärung vor mich, greife aber bald zur Bibel selbst und finde aus ihr heraus, was für mich faßbar ist und den Bedingungen, die aus der Anlage des Werks sich ergeben, entspricht. Ich lege Werth darauf, daß sich das Werk mit der Schöpfung eröffnet und mit dem Gesicht von dem neuen Himmel und der neuen Erde schließt Am Nachmittag komme ich mit der Wahl der fünf Gegenstände, welche ich der Offenbarung Johannis widmen kann, mit Bezeichnung der Bilder und der Feststellung des Textes zu Stande. Vor Tisch sah ich mir im Kupferstichkabinet die Dürerschen Offenbarungsbilder an. Nachmittag legte ich mir Cornelius seine Friedhofsbilder zurecht, kam jedoch heute nicht mehr dazu, sie zu betrachten ...

17) Freitag ... Die Offenbarung Johannis. Noch einmal über- und durchdenke ich das gestern Gedachte und Zurechtgelegte. Indem ich mit wenigen Linien das Eine und das Andere zu gestalten versuche, finde ich mich noch besser in dem Stoff zurecht. Die Bezeichnung eines Bildes wird geändert und der Text anders gestellt, ich glaube aber mit der Disposition nun im Reinen zu sein. Ich weiß, was ich geben will, und sehe klar, in welcher Form ich es ausdrücken kann. Ich betrachte die Arbeit, die mir noch übrig bleibt, nicht als etwas, was ich nothgedrungen thun muß, um mit dem Werke zu Ende zu kommen, sondern als den Genuß einer Frucht, die unter langer Pflege und Mühe gezeitiget worden; als das Aufnehmen eines Schlußaccords, in welchem sich endlich chaotisch verschlungene, sich windende und abringende Dissonanzen in Friede und Freude lösen. Ich hoffe, daß diejenigen, die an den Schöpfungstagen sich nicht wohl fühlten, sich etwas beruhigen werden, wenn sie sehen, was Johannes sah: Und ich sahe einen neuen Himmel und eine neue Erde. Denn der erste Himmel und die erste Erde verging, und das Meer ist nicht mehr. Und ich Johannes sahe die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabfahren, zubereitet als eine geschmückte Braut ihrem Manne ...

18) Samstag ... In der Galerie hat sich ein unangenehmer Vorfall ereignet. Dem Maler Schramm ist seine vor kurzem fertig gewordene Copie von Batonis Magdalena, die bereits verkauft war, durch Vitriol verdorben worden. Diese schändliche Bosheit ist ohne Zweifel durch einen andern Copierenden verübt worden; vielleicht gelingt es, ihn zu entdecken. Das Fläschchen, noch halb mit Vitriol gefüllt, hat sich noch vorgefunden ...

19) Sonntag ... Gegen 5 Uhr mache ich mit Zumpe[186] und Gey einen Spaziergang nach Kunnersdorf: wo ich lange nicht gewesen bin. Das kleine abgeschiedene Thal mit seinen drei Mühlen ist so reizend, baum- und wiesenfrisch, daß wir uns ganz glücklich fühlen. Die Stille (bei einer einzigen Mühle sehen wir eine Birnensammlerin und sonst keinen Menschen) ist dabei einer lebhaften Unterhaltung höchst förderlich. Zumpe muß uns von Rom, vor allem von Cornelius und Overbeck erzählen. Da, wo der Weg sich rechts auf die Höhe zieht, biegen wir links und steigen nach Kunnersdorf hinan; dann gehen wir durch das Dorf und hinab bis ans Ende des Thales, wo wir kehrt machen und durch den dicht bewaldeten Thalgrund zurückgehen bis zu jenem Wege ...

21) Dienstag ... Gegen Abend besucht uns Rietschel. Er sieht doch viel besser aus als vor seiner Abreise. Nur kann er den Husten nicht los werden. ...

23) Donnerstag ... Ich komme heute mit dem Entwurf zu den „vier Reitern“ aus der Offenbarung zu Stande. Das Blatt ist sehr figurenreich, und deshalb mußten auch die Figuren kleiner werden als bei den andern Blättern. Der Gegenstand ist so eigenthümlicher Art, daß mir das als kein Nachtheil erscheint. Zscheckel bringt mir den Abdruck des Blattes „Bekehrung des Kämmerers“. Ich habe lange warten müssen, das Blatt ist aber schön gearbeitet, und so sage ich gern: Ende gut, alles gut ...

26) Sonntag. Ich vergaß gestern zu bemerken, daß mich Hübner auf eine Zeichnung in unserm Kabinet aufmerksam machte, welche mit dem Namen Leonardo da Vinci zwar von fremder Hand, aber doch schon seit lange [191] bezeichnet worden und unleugbar als eine Skizze zu unserm kleinen Gemälde von Leonardo da Vinci zu betrachten ist ... Wie mir Hübner sagt, hat Gruner, ehe er unser neues Bildchen gekannt hat, bei dieser Zeichnung an Andrea Verocchio[187] gedacht, jetzt derselben aber sich nicht erinnert, und erst Dr. Luchs ist darauf gekommen, in ihr einen Entwurf zu dem Bildchen zu erkennen. Müßte die Zeichnung dem Verocchio zugeschrieben werden, so wäre Verocchio natürlich auch der Meister des Bildes; aber schwerlich wird man ein Werk des Verocchio nachweisen können, in welchem sich der hohe Standpunkt der Kunst und der Genius zeigt, der sich in unserm Bildchen darstellt ...

27) Montag ... Von Herrn Stadtpfarrer H. Merz erhalte ich Antwort auf meine Briefe. Er spricht sich sehr zufrieden mit meinen Mittheilungen aus. Einiges davon möchte er in seinem Artikel über „die neuern Bilderbibeln“[188] veröffentlichen, wogegen ich nichts habe ...

28) Dienstag ... Unter Tags kommen Nachrichten aus Leipzig, welche melden, daß die Wetter dort furchtbaren Schaden angerichtet haben, da sie mit Hagelschlag verbunden waren ... Museum ... Gruner ist zugegen. Ich nehme Gelegenheit ihn zu fragen, ob er die Zeichnung wirklich dem Andrea Verocchio zuschreiben möchte. Er antwortet in meinem Sinne. Er findet nämlich doch auch, daß die Werke des Verocchio die Durchbildung und Feinheit nicht zeigen, welche in unserm Bildchen und in der Skizze sich kund geben ...

30) Donnerstag ... Nachmittag schickt mir Gaber einen Probedruck des Blattes, das Joerdens geschnitten hat [„Das Gesicht des Petrus“]. Es ist ausgezeichnet schön gearbeitet ...

31) Freitag ... Da mich die Skizze von Anton Dietrich, weil sie eine Konkurrenzarbeit ist, sehr beschäftigt und ich zu dem bestimmten Gefühl gekommen bin, daß eine Aenderung der Figur des gefangenen Papstes das Bild wesentlich verbessern würde, so gehe ich nach dem Atelier und zeichne eine andere Figur, die gut ausfällt und welche Dietrich völlig acceptiert und adoptiert. Dr. Schäfer zeigt mir einen Artikel in der Constitutionellen Zeitung über die neuerworbenen Gemälde, welchen Hübner für dieses Blatt geschrieben hat ...

September.

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1) Samstag ... 12 Uhr Galerie-Kommission. Endlich haben wir auch Freund Rietschel wieder einmal dabei ... Die Galerie-Kommission beschäftigte sich hierauf mit einem Vergleiche der in dem Handzeichnungskabinet aufgefundenen Originalskizze des Leonardo da Vinci mit dem neuerworbenen Bilde dieses Meisters. Herr Direktor Gruner hatte die Güte, die Zeichnung nebst einer Photographie herbeizubringen und sich der Kommission, welche sich in die Galerie begab, anzuschließen. Die Uebereinstimmung der Zeichnung mit dem Bilde ist, was die Madonna betrifft, bis auf kleine Fältchen am Oberkleide vollkommen. Die Kinder sind erst mit ganz zarten Linien und in völlig anderer Weise entworfen, als sie nach Platz und Stellung in dem Bilde erscheinen, so daß die Vermuthung wohl richtig sein dürfte, daß die sehr durchgeführte Zeichnung der Jungfrau auf einem Naturstudium beruhen dürfte ...

3) Montag ... Museum. Schirmer ist zurück von Leipzig und giebt mir Bericht über den Schaden, den das furchtbare Hagelwetter daselbst angerichtet hat. Die Schloßen sind mit solcher Gewalt und in solcher Größe herabgefahren, daß kein Dach hat Widerstand leisten können. Zinkplatten sind durchgeschlagen worden. So konnten denn auch Vorkehrungen gegen Hagel, wie sie an dem Museum angebracht waren, keinen Schutz gewähren. Ohnehin fehlten die Vergitterungen. Der Schaden an den Bildern ist nicht ganz so bedeutend, wie einige gemeldet haben. Mein Bild indessen ist unter den sechs am meisten beschädigten Gemälden. Schirmer, welcher die Restauration der meisten verletzten Gemälde gern andern überläßt, hat die Wiederherstellung des meinigen sich vorbehalten. So wird denn Rochus bald wieder in unser Spital kommen. – Hübner liest mir den Artikel über die aufgefundene Zeichnung des Leonardo da Vinci vor, welcher für das Dresdner Journal bestimmt ist ...

8) Samstag. Die von Seiten des Hausministeriums geforderte Begutachtung der Frage: In welcher Ausdehnung soll die Ausmalung des Korridors bewerkstelligt werden? wird heute ernstlich in Angriff genommen. Ich vertiefe mich so in die Sache, daß ich 1/4 über 12 Uhr zum ersten Mal nach der Uhr sehe ...

12) Mittwoch ... Von dem Ministerium gehe ich nach dem Sitzungszimmer der Akademie, wo wir um 12 Uhr Konferenz haben. Rietschel ist zugegen ... In der Reisestipendiums-Sache entspinnt sich eine lange Diskussion. Rietschel hat ein treffliches, ein rechtschaffenes Gutachten über die Leistungen und Anlagen der beiden Bewerber ... abgegeben ... Dietrich siegt ...

14) Freitag ... Die Frühstunde, die ich im Museum zubringe, benutze ich auch, um Kellers Zeichnung zu sehen. Er hatte schon lange den Wunsch ausgesprochen, daß ich seine Arbeit genau betrachten und meine Meinung darüber ihn sagen möge ... Ich finde die Zeichnung vortrefflich und glaube, daß sein Antheil an der Vollendung derselben doch wesentlich zu ihrer Gediegenheit und Treue beigetragen hat ...

[192] 15) Samstag ... 12 Uhr Galerie-Kommission. Peschel und Hübner stellen sich ein. Schirmer hat die Restauration von einigen Vorrathsbildern beendet ... Ein anderes, eine Galerie darstellend, in welcher links ein Maler vor einer Staffelei sitzt und in der Mitte ein Knabe knieend ein kleines Bild oder einen Spiegel hält, aus Teniers Schule, verräth in einigen Theilen, namentlich in den Figuren, des Meisters Hand, und ich kann nicht ganz einverstanden damit sein, daß es verkauft werden soll, wie Schirmer und Hübner meinen ...[189]

16) Sonntag. Meine Arbeit an der Platte wird durch einen Besuch Ades, für welchen sie bestimmt ist, unterbrochen ... Er erzählt mir, daß die Bibelplatten sehr ruiniert werden durch die rücksichtslose Behandlung beim Druck. Anstatt Cliches für gewöhnlich zu verwenden, werden immer nur die Holzplatten abgedruckt. Da Ade die Aufgabe hat, die beschädigten Platten, wenn sie vom Tischler kommen, wieder mit dem Messer und Stichel herzustellen, so weiß er natürlich genau, wie sie mißhandelt werden. Wie schlecht eine Rechnung ist, die nur an den Augenblick und nicht auch an die Zukunft denkt, und in welchen Händen das Werk ist, sieht man aus diesem Umstand. Ich werde nicht ermangeln, Frau Wigand auf den Schaden aufmerksam zu machen, welcher ihren Erben erwächst, wenn die Platten in wenig Jahren verdorben werden ...

19) Mittwoch ... Nach 4 Uhr kommen Ludwig und Malvina glücklich an ... Der Hauptgegenstand der Berichte ist das Passionsspiel in Ober-Ammergau. Ich habe aber allerlei darüber gelesen, die mündliche Erzählung, die höchst eingehend schildert, giebt mir jedoch eine viel deutlichere und lebendigere Anschauung als alles, was ich früher davon gelesen und gehört hatte. Ludwig hat sehr große und starke Eindrücke empfangen, und ich freue mich noch mehr an ihm, der so tiefer und reiner Eindrücke fähig ist, als an dem Gegenstand der Erzählung. Wir bleiben bis 11 Uhr zusammen, und der Abend war wunderschön ...

20) Donnerstag ... Für den Abend sind wir zu Ludwig eingeladen. Vor dem Thee singen er und Malvina den ganzen Cyklus der Müllerlieder von Schubert und zwar ganz herrlich. Wir haben einen großen musikalischen Genuß ...

21) Freitag. Hübner hat seinen Bilder-Cyklus für das Treppenhaus und den Korridor des neuen Museums unter dem Titel „Ideen etc.“ mit einer 22 Seiten einnehmenden gedruckten Erklärung ausgestellt. Die Constitutionelle Zeitung bringt einen Auszug. Jetzt muß die Sache wohl zur Entscheidung kommen. Hübner scheint auf die Wucht der öffentlichen Meinung zu seinen Gunsten zu rechnen ...

22) Samstag ... Museum. Schirmer restauriert jetzt die schönen kleinen Bilder von Hamilton, einzelne Pferde, meistens wohl spanischer Rasse, darstellend. Die Bilder sind in ihrer Art einzig und machen mir viel Freude. – In der Hübnerschen Schrift „Ideen zur malerischen Ausschmückung des Treppenhauses und des südlichen Korridores im neuen Museum zu Dresden“ findet sich folgendes Motto, entnommen aus Winckelmanns Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke: „Der Abscheu vor dem leeren Raum füllet also die leeren Wände – und Gemälde, von Gedanken leer, sollen das Leere ersetzen?“ Das geht auf Hähnel und auf mich hinsichtlich unserer Vorschläge, nur die Decke des Korridors mit leichteren bildlichen Darstellungen zu dekorieren ...

24) Montag ... Abends kommt Herr von Deutsch und zeigt mir einige Kompositionen zu dem Hähnelschen Cyklus für den Korridor. Die Kompositionen sind sehr schön, doch bekommt die Einkleidung einer an sich durchaus ernsten und geistigen Erfassung des Psychenmythus theils einen zu fleischlichen Charakter, theils zu wenig Verständlichkeit, als daß das Projekt Glück machen wird ...

25) Dienstag ... Die Weber-Statue ist glücklich auf ihr Postament gestellt. Der Platz scheint mir sehr günstig. Möge der Meister nur wieder gesunden. In der letzten Woche ging es ihm sehr schlecht ...

26) Mittwoch ... Um 5 Uhr hat der Akademische Rath eine Sitzung, in welcher es zu lebhaften Erklärungen kommt. Die Wahl der für die Galerie anzukaufenden Bilder giebt die erste Veranlassung. Schließlich wird der Vorschlag der Ankaufskommission, welche für Plüddemanns Barbarossa und für Hammers Wildsau sich erklärt hat, bestätiget. Die zweite Veranlassung giebt eine schriftliche Klage der selbständigen Künstler über einen Artikel Hettners, der in einem auswärtigen Blatte[190] abgedruckt worden und gegen die Dresdner Malerschulen gerichtet ist. Hettner und Hübner gerathen hart aneinander, da der erste eine Zurückweisung des zweiten energisch abweist ...

27) Donnerstag ... Museum. Diejenigen Gemälde aus dem Leipziger Museum, welche Schirmer zur Restauration übergeben werden, sind nun angekommen. De la Roches Napoleon ist bereits in Arbeit. Meinen Rochus sehe ich auf der Staffelei. Der Schade ist nicht so groß, als ich dachte. Die Wiederherstellung wird nicht zu schwierig sein. Ein Fehler ist freilich nicht gut zu machen, der aber nicht dem Hagel zur Last zu legen [193] ist. Die Leinwand, die ich zum Bilde genommen habe, ist nicht gut ...

28) Freitag ... Professor Heine und Professor Peschel machen mir einen Morgenbesuch, um meine Meinung über den zweiten Streitpunkt, der bei der vorgestrigen Sitzung großes Aergerniß gegeben hat, zu erfahren ... Ich bin der Meinung, der Akademische Rath hätte die Anzeige und Anklage der selbständigen Künstler, welche gegen eine Privatsache gerichtet war, nicht annehmen und an ihre Urheber zurückgelangen lassen sollen ... Meine beiden Kollegen scheinen diese Meinung nicht unbegründet zu finden ...

28) Freitag ... Museum. Napoleons Löcher sind schon[WS 5] aus dem gröbsten vermacht. Hätten wir nur den Neffen auch schon in der Mache ...

29) Samstag ... Museum. Kupferstichkabinet. Die Zeichnung nach der Madonna di St. Sisto von Keller ist daselbst aufgestellt, und soeben hat sie der Herr Minister gesehen. Sie ist vortrefflich beendigt, und man muß gestehen, wie vorzüglich die Vorarbeit Schurigs war, so hat doch Keller noch das Beste daran gethan. Gelingt in eben dem Maße der Stich, wie die Zeichnung gelungen ist, so wird die Welt ein Abbild der Raphaelschen Madonna erhalten, wie es bis jetzt noch nicht existierte ... Gaber hat mir einen Probedruck der zuletzt beendeten Platte gebracht, „Pauli Predigt in Athen“ darstellend, welcher wohl nur wegen Mangelhaftigkeit des Druckes einen ungünstigen Eindruck macht ...

30) Sonntag ... Brief an die Wigandsche Buchhandlung. Er enthält den letzten Bericht über den Stand der Arbeiten ... Dabei mache ich aufmerksam darauf, daß es gut sein wird, auf dem Haupttitel des Werks es auszudrücken, daß die Bilder von mir auf das Holz gezeichnet worden sind, und endlich empfehle ich es dringend, die Platten möglichst zu schonen und als wirkliche Original-Platten zu erhalten ... Am Abend wird mir eine Einladung zur Generalversammlung der selbständigen Künstler zugesendet, in welcher Beschluß gefaßt werden soll über einen Antrag auf Ausschließung eines Ehrenmitglieds des Vereins. Dieser Antrag ist auf Hettner gerichtet wegen des erwähnten Artikels ...

Oktober.

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5) Freitag. Brief von Herrn Kirchhoff ... Kirchhoff antwortet eingehend auf meinen letzten Brief, in welchem ich meine Sorgen wegen Erhaltung der Holzplatten unseres Bibelwerks ausgesprochen hatte. Es zeigt sich, daß Ade seine Wahrnehmungen in übertriebener Weise mir mitgetheilt hat und daß ich mich beruhigen kann ...

6) Samstag ... Um 7 Uhr haben wir eine Weber-Sitzung ... Hettner liest uns seine Rede vor, die sehr schön ist. Dann liest mir derselbe in einem Nebenraum eine Erklärung vor, welche er dem Akademischen Rath in betreff seines Artikels geben will. Hettner gesteht darin seinen Fehler ein, indem er die Richtung und ihre Vertreter, welche er bekämpfen will, nicht ausdrücklich bezeichnet hat; seine Ansicht hält er aufrecht. Der Ausgang der Sache wird schließlich seinen Gegnern nicht zum Vortheil gereichen ...

7) Sonntag ... Ein Versuch, Rietschel zu sehen bei Ueberreichung der Eintrittskarten in die Festtribüne zur Weber-Feier, mißlingt. Seine Frau sagt mir, daß Carus ihm das Sprechen verboten habe ...

9) Dienstag. Die von Obermann zuletzt vollendete Bibelplatte trägt bedeutende Spuren seines Augenleidens. Sie ist oberflächlich und ohne Gefühl gearbeitet. Sie stellt die Ankunft Pauli in Rom vor ...

11) Donnerstag ... Das Wetter ist zu unserm heutigen Feste das ungünstigste, das man haben kann. Als ich um 10 Uhr im Gypsmuseum mich einstelle, höre ich, daß Hettner sich in das Schloß begeben hat, um anzuzeigen, daß das Dach der Tribüne für den König den Regen durchläßt. Man denkt daran, die Feierlichkeit, d. i. Musik und Reden, im Theater abzuhalten, was aber nicht ausführbar ist. Es muß nun alles gehen, wie angeordnet worden, so gut oder so schlecht, wie es eben gehen will. Der Zug der Musiker und Sänger zieht vom Gewandhaus aus unter fortwährendem Regen nach der Feststätte ... Um 11 Uhr kommt auch der König mit Gefolge. Die Feier beginnt sogleich. Das Rietzsche Eingangsstück mit Text von Kühn ist vortrefflich, ebenso Hettners überall vernehmliche Rede. Darauf folgt die Enthüllung des Denkmals ... Die Mitglieder des Komitees sind zum Theil sehr niedergeschlagen über den ungünstigen Verlauf der an sich so schön angelegten Feier. Bei etwas freundlichem Wetter hätte das Fest einen großen Eindruck machen müssen. Das Komitee wird zur Vorstellung des Oberon im Theater eingeladen und erhält sehr schöne Plätze im Amphitheater ... Tichatscheck ist nicht brillant. Ueberhaupt will mir die Oper nicht gefallen ...

12) Freitag ... Vor dem Besuch des Museums besehe ich mir die Weber-Statue. Es ist ein Standbild von so lebenvoller Auffassung, so porträthaft von Kopf bis zu den Füßen, daß wohl kein Kundiger es ohne tiefere Theilnahme wird betrachten können ...

14) Sonntag. Am Vormittag arbeite ich fleißig und ungestört an meiner Platte und beendige sie ... Gegen 3 Uhr entferne ich mich, um Gaber die Platte zu bringen. Es ist die letzte und ich gebe sie nicht ohne eine eigenthümliche Empfindung aus der Hand. Ein Werk unter Gottes Beistand glücklich abgeschlossen zu [194] haben, das ich nicht ohne Sorgen und Zagen vor neun Jahren begonnen habe, ist keine Kleinigkeit. Auch der Gegenstand des Bildes ist für mich in Ansehung meiner Beziehungen zu dem Werke bedeutend ... Wir ... hören den Ruf: Halleluja, denn der allmächtige GOTT hat das Reich eingenommen. Das letzte Bild gestaltet sich mit den Darstellungen der ersten Schöpfung zu den rechten Widerlagern, auf welchen die Weltgeschichte ruhet und über denen sie wie die Wölbung eines heiligen Domes sich ausspannt ...

15) Montag. Th. Langer bringt mir eine größere Zahl von Abdrücken seiner Nibelungen-Platte, darstellend den Hochzeitszug. Es sind also drei von den vier Bildern gestochen, und zwar in völlig übereinstimmender Vortrefflichkeit ...

18) Donnerstag ... Letztere [Frau Professor Rietschel] theilt mir mit, daß ihr Mann mich gern sehen würde. Ich gehe sogleich zu ihm und bleibe eine Viertelstunde ... Sein Geist ist klar und heiter ...

19) Freitag ... Den Abend bringe ... ich im Theater zu, um die Aufführung der Preziosa (mit Dawison als Zigeunerhauptmann) zu sehen. Die Vorstellung macht mir große Freude, obwohl Fräulein Ulrich in der Titelrolle mir nicht gefällt.

20) Samstag ... Nachmittag gehe ich nach den Meinertschen Anlagen[191], die sich durch schöne und solide Bauten und zierliche Gärten immer mehr zu einem wunderschönen Stadttheil gestalten ...

21) Sonntag ... Es wird heute Götz von Berlichingen gegeben ... Das Stück macht mir viel Freude, da die Aufführung gut ist; doch ist es immer noch besser zum Lesen als zur Bühnendarstellung eingerichtet ...

23) Dienstag ... Museum. Napoleon von De la Roche ist von Schirmers geschickten Händen nun auf eine Weise wiederhergestellt, die jeden Kundigen in die größte Verwunderung setzen muß. Es ist jede Spur einer Verletzung verschwunden und nur die mündliche und schriftliche Ueberlieferung wird von dem, was dem Bilde widerfahren ist, Kunde geben können. Mir ist der wiederholte Anblick des Bildes zu einem sehr lehrreichen Studium geworden. Die Technik des Meisters ist bewunderungswürdig und unbedingt musterhaft. Man kann keine vortrefflichere und zugleich einfachere und gesündere Malerei sehen, als man in diesem Bilde erblickt ... Es wurde mir gesagt, Gaber habe die Platte „Die vier Reiter“ getrennt, um ein paar Holzschneider zu beschäftigen. Die Sache beunruhiget mich, und ich gehe zu ihm hinaus. Gaber zeigt mir die Platte, an welcher nur noch wenig fehlt, und auch dieses wenige Nebensächliche will er selbst machen. Auch an der Jerusalem ist viel geschehen, und Gaber wird dieses Blatt ebenfalls ganz allein ausführen. Keine der Platten ist in Stücke getheilt worden, wohl aber hat Zscheckel die seinige, „Christus offenbart sich dem Johannes“, in drei Stücke zerbrochen, was mir allerdings fatal ist, aber hoffentlich ohne wesentlichen Nachtheil bleibt ...

24) Mittwoch ... Museum. Mehrere der kleineren, für die Galerie aus dem Vorrath zurückbehaltenen Bilder haben neue Rahmen erhalten und nehmen sich vortrefflich aus. Der neue Caravaggio[192] macht mir große Freude; es ist ein treffliches Bild ...

26) Freitag ... In der Galerie finde ich Direktor Waagen aus Berlin. Er spricht sich mit großer Anerkennung über unsere neuen Erwerbungen aus, namentlich über das Bild von Lucas Signorelli. Der neue Caravaggio und Hero und Leander nach Rubens erscheinen ihm als eine werthvolle Bereicherung der Galerie ...

28) Sonntag ... Langbein predigt. Ich fühle mich sehr angesprochen von der Predigt. Der Entschiedenheit und Schärfe der Darlegung gegenüber steht eine Milde und Innigkeit, die dem christlichen Prediger so wohl anstehen und den Hörer wirksam berühren ... Am Nachmittag kommt Gaber und bringt mir einen Abdruck der „vier Reiter“ aus der Offenbarung Johannis. Das Blatt macht eine gute Wirkung ...

29) Montag ... Frau Clara Schumann, geb. Wieck, und Jos. Joachim geben unter Ludwigs Mitwirkung heute ein Concert ... Nur die drei oben Genannten wirken dabei; man kann aber nichts Vollendeteres hören als das, was uns geboten wird. Wunderbar herrlich ist der Vortrag der Sonate in A-dur von Beethoven. Ludwig erntet großen Beifall; er wird nach jeder Abtheilung ein paarmal gerufen.

30) Dienstag ... Nach Tisch erhalte ich einige Zeilen von Gaber mit der Bitte, zu ihm zu kommen. Ich mache mich gleich auf den Weg. Es handelt sich darum, eine Zeichnung von Wislicenus für die Schiller-Lotterie zu besichtigen und – Einiges daran zu ergänzen und nachzubessern ... Heute kommt der Prophet zur Aufführung. Ludwig giebt die Titelrolle ... Ludwig ist nicht gut bei Stimme; das Organ hat seit dem letzten Unwohlsein noch nicht genugsam geruht. Der Erfolg ist ein schwacher. Ich bemerke im ersten Akt nicht das Geringste an seiner Stimme und bin entzückt über die Schönheit des Vortrags und den Adel und die Feinheit des Spiels ...

31) Mittwoch. Reformationsfest. Da ich meinen Luther vor Kaiser Karl V. nun in Angriff nehmen und zunächst meiner Zeichnung den architektonischen Hintergrund [195] geben muß, so suche ich Choulant auf, der mir dabei behilflich sein soll. Ich finde ihn in seinem Atelier an der Elbe, und er erklärt sich in liebenswürdiger Weise bereit, meine Wünsche zu erfüllen ... Ludwig ist heute wieder heiser ... Ich gehe Nachmittag zu ihm und spiele mit ihm Schach ...

November.

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2) Freitag ... Von meinem ehemaligen Schüler Fraustadt erhalte ich aus Antwerpen einen Brief, in welchem er mich im Namen des Cercle artistique einladet, an einer Ausstellung von Zeichnungen mich zu betheiligen, welche von jenem unter dem Protektorat des Prinzen von Brabant stehenden Vereine nächsten Winter veranstaltet werden soll. Es ist das Verlangen des Vereins dahin gerichtet, Zeichnungen von deutschen Künstlern der ernsten Richtung zugesendet zu erhalten, Zeichnungen, welche vorzugsweise der Periode der Neubelebung der deutschen Kunst zu Anfang dieses Jahrhunderts angehören ... Um 2 Uhr bin ich im Museum und empfange Seine Majestät. Der König ist sehr erfreut über die Restauration des Bildes[193], das er unmittelbar nach den erhaltenen Verletzungen in Leipzig gesehen hat. Dann begiebt sich derselbe noch in die oberen Räume, zunächst in der Absicht, Treppenhaus und Korridor zu besichtigen, da die Sache jetzt bei ihm zur Entscheidung liegt. Ich habe Gelegenheit, meine Ansichten mündlich noch einmal auszusprechen. Soviel ich entnehmen kann, ist er gegen die Ausmalung des Treppenhauses. Ueberhaupt gefällt ihm das Hübnersche Projekt nicht, noch weniger aber, wie er ausdrücklich sagt, das Hähnelsche, da die Behandlung der Amor-Psyche-Mythe zu undeutlich und willkürlich erschiene. Ob der König die Wandflächen zu größeren Darstellungen für geeignet hält, vermag ich nicht zu erkennen; eine Aufstellung von Galeriebildern erscheint ihm aber nicht passend ...

7) Mittwoch ... Mittag 12 Uhr Sitzung des Akademischen Rathes zur Beurtheilung der eingesendeten Konkurrenzarbeiten ... Unter den Skizzen zum plastischen Schmuck der Terrassentreppe erhält fast alle Stimmen (nur eine fehlt) eine Arbeit, die von Schilling herrühren soll. Diese Arbeit begreift sowohl die beiden Gruppen, welche am Fuße der Treppe, als auch die einzelnen Figuren, welche am obern Ende derselben aufgestellt werden sollen. Der Name des Künstlers wird erst eingesehen, wenn die Bestätigung des Königs erfolgt ist ...

13) Dienstag ... Choulant bringt mir meine Zeichnung (Luther vor Kaiser Karl V.) mit dem architektonischen Hintergrund. Choulant hat seine Aufgabe ganz zu meiner Befriedigung gelöst, und ich bitte ihn nur, den Entwurf noch etwas genauer und deutlicher auszuzeichnen ...

15) Donnerstag ... Um 11 Uhr ist feierliche Preisvertheilung an die Schüler der Akademie. Professor Hettner eröffnet den Aktus mit einer schönen Rede, in welcher er, wie einst die Griechen die Akropolis das Athen in Athen, ebenso den Vatikan das Rom in Rom nennt, und auf Raphael, den größesten Künstler, hinweisend, über den Inhalt des Saals der Signoria als den Gipfelpunkt der Kunst näher sich ausläßt ... Nach Tisch bringt Gaber einen Abdruck des Schlußbildes zur Bibel, Nr. 240, Christus und die Braut, das neue heilige Jerusalem. Das Blatt macht mir Freude, die ich nicht bei allen Blättern der letzten Lieferungen empfinde. Vor allem bedaure ich, daß Obermann bei dem zuletzt von ihm gelieferten Blatt wegen seiner kranken Augen nicht gut gearbeitet hat (Ankunft Pauli in Rom) ...

17) Samstag ... 12 Uhr Galerie-Kommission. Schirmer hat das niedliche Bildchen von Slingeland, das wir im Vorrath gefunden und unter 109 verzeichnet haben, völlig in Stand gesetzt. Es wird der Galerie zur Zierde gereichen. Die singende Dame ist zwar nicht sehr schön, aber ebenso wie die Nebensachen, das Klavier etc., mit größter Feinheit ausgeführt. Dann sehen wir noch das in der Restauration begriffene Bild von Cranach Nr. 56, „Die Opferung Eliä und der Baalspfaffen“, das nackte Kind (Naturstudium) von Cranach in zwei ganz gleichen Exemplaren, Nr. 237 und 238, von denen wir das letztere für die Galerie behalten, endlich das Galeriebild Nr. 160 von Caravaggio [„Eine Wachtstube“, jetzt 411], das einer Auffrischung bedurfte und jetzt von Schirmer völlig wieder in Stand gesezt ist ... Nachmittag besucht mich Herr Legationsrath von Schober[194], um mir seine Gedanken über die passende Ausschmückung unseres Korridors mitzutheilen, nachdem er sich sowohl gegen das Hübnersche als auch gegen das Hähnelsche Projekt erklärt hat. Schober meint, man solle die Porträts der vorzüglichsten in der Galerie vertretenen Künstler aufstellen. Der Gedanke ist nicht uneben, und ich muntere ihn auf, denselben in einem öffentlichen Blatt auszusprechen[195] ... Frau Direktor Gruner theilt uns einen Brief von Frau Lepsius mit, in welchem diese von Bunsens voraussichtlich letzten bewußten Stunden berichtet ... Unter den Freunden, denen der Scheidende Liebesgrüße sendet, werde auch ich genannt ...

[196] 19) Montag ... Museum. Kupferstichkabinet. Besichtigung Cranachscher Holzschnitte – Bildnisse Kaiser Karls V., Sächsischer Fürsten und D. M. Luthers ...

20) Dienstag ... Von der Obermannschen Platte (Michael und der Drache) sehe ich einen Probedruck, der mir Freude macht ... Heute wird die Zauberflöte aufgeführt mit Ludwig als Tamino ... Ludwig sieht prachtvoll aus und singt wunderschön. Die Aufführung macht mir außerordentliche Freude. Malvina ist nicht mit ihrem Mann, noch weniger mit den andern Künstlern, am wenigsten mit dem Publikum zufrieden. Ludwig selbst scheint viel Anerkennung und Aufmunterung bei seinen Kollegen, bei dem Kapellmeister und bei Herrn von Lüttichau erfahren zu haben, denn er ist nach der Aufführung in sehr heiterer Stimmung ...

21) Mittwoch ... Ich nehme nun das Vorwort zur Bibel vor. Viel giebt es nicht zu ändern. Nur der Eingang muß anders und gegen den Schluß ein Zusatz eingefügt werden, in welchem ich meine Gründe angebe, warum ich die Schöpfungsbilder bestehen lasse und auch am Schlusse des Werkes auf den neuen Himmel und die neue Erde und die Vereinigung der Gemeinde mit ihrem Herrn und Heiland deute. Ich bediene mich hierbei der Worte, die ich in diesen Blättern (in dem Tagesbericht vom 14. Oktober) nach Beendigung des Schlußbildes niedergelegt habe ... Museum ... Die neuen Bilder hängen an ihrem Ort in der 2. Etage nur zu gut. Und doch werden wir die Klage hören müssen, daß Hammers Sau zu hoch gekommen ist ...

22) Donnerstag ... Viel später als gewöhnlich komme ich in das Museum, wo Rietz nach mir gefragt hat ... Rietz finde ich noch im Kupferstichkabinet. Wir kommen bald auf Ludwig zu sprechen und werden lebhaft im Austausch unserer Meinungen. Rietz will Ludwig zum lyrischen Tenor machen, während sowohl Ludwigs Neigung wie seine Natur, namentlich sein Organ, ihn auf das Gebiet des Heldentenors stellen. Man will eben Tichatscheck unangetastet das Regiment lassen bei der bevorstehenden Erneuerung seines Kontraktes und kümmert sich nicht darum, was Lüttichau ihm versprochen und was Ludwig infolge dieses Versprechens dran gegeben hat. Ich vertrete Ludwigs Ansicht und Recht mit Entschiedenheit, was mir um so lieber ist, als ich am Nachmittag aus Ludwigs Munde höre, wie die Sachen stehen und wie er selbst Veranlassung erhalten, sich energisch auszusprechen ...

23) Freitag. Bußtag ... Zscheckel bringt mir endlich einen Abdruck seiner letzten Platte. Er hat die Platte in drei Theile getheilt, um sich helfen lassen zu können, und dann bei der Zusammensetzung „Pech“ gehabt und viel Zeit darüber verloren.]

24) Samstag ... Im Kupferstichkabinet besichtige ich mehrere Porträts Kaiser Karls V. in den Tizianschen Heften und andern Kupferwerken ... Ohne daß ich am Morgen daran dachte, werde ich am Abend veranlaßt ... zur Aufführung des Hamlet in das Theater zu gehen. Dawison ist außerordentlich. Noch nie machte mir das Stück den Eindruck, wie heute, was vielleicht noch mehr an meiner Disposition als an der Aufführung lag.

25) Sonntag ... Juniors speisen nicht bei uns, da heute Abend Aufführung des Wilhelm Tell, Oper von Rossini, und Ludwig dabei in der Partie des Arnold Melchthal beschäftiget ist. Die Partie liegt sehr hoch und Ludwig ist nicht ohne Sorge; doch hören wir schon in den Mittagsstunden, daß er sich bei Stimme und auch sonst in guter Verfassung fühlt ... Ludwigs brillanteste und schwierigste Gesangsstücke liegen im ersten Akt. Er besteht die schwere Probe seiner Stimmmittel vortrefflich und mit bestem Erfolg. Mitterwurzer als Tell ist ausgezeichnet. Die Oper wird heute sehr gut aufgenommen, nachdem sie früher nicht hat ziehen wollen. Der König, Prinz und Prinzessin Georg sind anwesend ...

26) Montag. Brief vom Stadtpfarrer Dr. H. Merz aus Hall nebst einem Theil der Erklärungen zu meinen Bibelbildern im Manuskript ... Die Erklärungen sind, soviel ich nach der heutigen Lesung zu urtheilen vermag, dem Zwecke ganz entsprechend, einfach und ohne Weitschweifigkeit, dabei eingehend auf die künstlerische Auffassungsweise, was ich dem Verfasser besonders danke ... Nachmittag besuchen uns Juniors. Ludwig ist ganz munter, spürt nichts von Anstrengung und ist sichtlich gehoben durch die Beifallsbezeugungen, die er gestern erfahren hat. Der König hat ihm seine Zufriedenheit durch Herrn von Lüttichau bezeugen lassen. Die Kollegen im Orchester haben ihm gesagt, sie hätten sich gefreut, wieder einmal „Gesang“ gehört zu haben. Das heute Abend erscheinende Dresdner Journal bringt eine höchst anerkennende Beurtheilung seiner Leistung von C. Banck ... Gegen Abend besucht uns Gonne. Er hat den Prinzen Georg gemalt und wünscht, daß ich die Arbeit sehe, ehe er sie ganz beendiget hat.

27) Dienstag ... Infolge der gestern von Gonne erhaltenen Einladung begebe ich mich zu diesem und sehe das Porträt. Ich finde es sehr ähnlich und die Auffassung glücklich. Ich sollte meinen, daß es auch bei Hofe gefallen müßte ...

28) Mittwoch ... Heute kommt Wilhelm Tell wieder zur Aufführung ... Zu unserer Freude finden wir Frau Professor Rietschel in unserer Loge ... Beim Nachhausegehen holt uns Ludwig ein, der sehr munter ist und erklärt, daß die Partie ihm heute ganz leicht geworden sei ...

[197] 29) Donnerstag. Das Trachtenbuch von Hans Weigel, Formschneider in Nürnberg, das 1577 daselbst erschienen ist, zieht mich heute zeitig in das Museum. Die Absicht, im Kupferstichkabinet mir mehreres daraus zu zeichnen, gebe ich auf, da Gruner mir ein koloriertes Exemplar mit nach Hause geben will ...

Dezember.

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1) Samstag. Eine Nachricht, die mir Hettner schon gestern in der Sitzung mittheilte, wird mir heute in der Frühe bestätiget. Bunsen ist am 28. November Morgens 5 1/4 Uhr aus diesem Leben geschieden und zwar, wie die Anzeige sagt, sanft, nach schweren, in christlicher Ergebung getragenen Leiden. Er starb im 70. Jahre. So hat denn der edle, treue, liebevolle Freund, der in einem reichen schönen Leben wie ein Aar fich emporgeschwungen, seine Fittiche gesenkt und zuletzt nach schwerem Kampf die Krone des ewigen Lebens sich errungen. Friede, Friede sei mit ihm! ...

3) Montag ... Von da gehe ich zu Langbein und bitte ihn, den neuen Abdruck meines Vorwortes [zur Bibel in Bildern] noch einmal durchzusehen. Mit meinem Zusatz in betreff des Festhaltens der Schöpfungsbilder und der Zuziehung der Offenbarung Johannis, welchen ich ihm vorlese, erklärt er sich sehr einverstanden ...

5) Mittwoch ... Ich sende den von Langbein noch einmal revidierten und mit ein paar Korrekturen versehenen Abdruck des Vorwortes zur Bibel an die Wigandsche Buchhandlung ...

8) Samstag ... Nachmittag nehme ich meine Luther-Zeichnung vor und zeichne einen neuen Kaiser hinein. Gegen Abend besucht uns Gaber und bleibt bis nach 7 Uhr. Er erzählt wieder viel von seinen Familien- und Ateliersverhältnissen. Es macht mich sehr traurig, daß das so schön aufblühende Atelier durch seine nächsten Verwandten ruiniert werden soll ...

9) Sonntag ... Ludwig zeichnet jetzt viel, größtentheils im Hinblick theatralischer Kostümierung. Es werden hierbei aber auch die herrlichen Flaxmanschen Umrisse benutzt ...

11) Dienstag ... Museum. Das Bildchen aus der Hofkapelle, in welchem Hübner den vermißten Clovio entdeckt zu haben glaubte und welches durch Vermittelung des Herrn Ministers von Zeschau in das Restaurationszimmer gebracht worden, ist von Lavinia Fontana, Tochter des Malers Prospero Fontana, anno 1585 gemalt. Es ist ein feines Bildchen, viel schöner als das in der Galerie befindliche Bild von dieser Künstlerin (Nr. 421). Im Kupferstichkabinet möchte ich den Weißkunig nachsehen, um einen für mein Bild passenden Thronsessel mit Baldachin zu finden. Dieses Werkchen befindet sich aber nicht in unserer Sammlung, doch werde ich es morgen durch Gruner in der Bibliothek der Königin Maria zu Gesichte bekommen ...

13) Donnerstag ... Kupferstichkabinet. Gruner hat mir den Weißkunig besorgt, und ich durchblättere in Gruners Kabinetchen dieses köstliche Buch, hier und da mir etwas skizzierend. Ich behalte mir aber vor, morgen noch einmal das Buch vorzunehmen. Ich wollte, ich könnte es zu Hause haben und recht viel daraus durchzeichnen. Es sind unvergleichlich schöne Sachen darin, und zwar auch was Komposition und Schönheit der Darstellung betrifft. Ich hatte das Buch in Wien vor etwa 40 Jahren in der Hand und erinnere mich des großen Eindrucks, den es auf mich machte. Die Einzelheiten waren aber meinem Gedächtniß entschwunden ...

14) Freitag ... Nachmittag kommen Juniors ... Es ist die Lucia von Lammermoor binnen wenig Tagen einstudiert worden und wird morgen aufgeführt. Dabei hat es allerlei Händel gesetzt, die wohl noch ihre Fortsetzung haben werden. Die Intendanz hat zwei Gäste zum Spiel herbeigerufen, ohne vorher über ihre Tüchtigkeit sich zu unterrichten. So hat man Ludwig zugemuthet, eine Rolle, die er selbst zum ersten Mal ausführt, mit einer Sängerin zu unternehmen, welche der Partie nicht gewachsen ist. Ludwig weigerte sich, in diese Falle einzugehen, und Herr von Lüttichau hat seiner festen Erklärung nachgegeben und die betreffende Partie der Jauner-Krall übergeben, mit welcher die Oper morgen zur Aufführung kommen wird ...

15) Samstag. Heute ist Rietschels Geburtstag. Da der edle Freund in den letzten Tagen wieder recht leidend und angegriffen war, wage ich es nicht, ihn persönlich aufzusuchen, schreibe ihm aber etliche Zeilen, in welchen ich meine und der Meinigen Wünsche für sein Wohl ausspreche ... 6 Uhr Theater, wo heute Lucia von Lammermoor aufgeführt wird ... Ludwigs Leistung ist eine vorzügliche, namentlich ist sein Spiel heute ganz ergreifend. Es fehlt nicht an großem und ungewöhnlich warmem Beifall.

17) Montag ... Der Artikel des Grafen Otto Baudissin über den Kunstverein[196] hat einen scharfen Gegenartikel seiten des Direktoriums hervorgerufen[197]. Ohne Frage wird es dabei nicht bleiben.

18) Dienstag ... In der Galerie ist Dr. Schäfer anwesend. Nachdem derselbe erst vor kurzem (Anzeiger Nr. 347, 12. Dez. 60) etwas über die „Ideen zur Ausschmückung des Korridors der Gemälde-Galerie“ (von Hübner) losgelassen hat, brütet derselbe schon wieder über einen Angriff auf dieses Projekt. – Nachmittag beginne ich die Skizzen für Ludwig zu zeichnen, welche [198] den Anfang einer Reihe von kleinen Zeichnungen, die ihn in seinen Hauptrollen darstellen sollen, bilden und sein Weihnachtsgeschenk sein werden ...

19) Mittwoch ... Dann Besuch bei Ludwig und Malvina ... Der Erstere hat heute sein Concert bei Herrn von Lüttichau, wo er den Beethovenschen Lieder-Cyklus „an die ferne Geliebte“ singt ... Heute war auch die Weihnachts-Generalversammlung des Kunstvereins, bei welcher vermuthlich einige Wahlkämpfe vorgekommen sein werden. Obwohl ich Baudissins Ansichten über die Zustände des Vereins theile, enthalte ich mich der Theilnahme an dem Kampfe, da ich mich von diesem Verein definitiv zurückgezogen habe und mich mit der Bezahlung meiner Actie begnüge.

20) Donnerstag. Ich widme mich einige Stunden dem Lutherbilde. Die Veränderungen, welche ich vorgenommen habe, thun sehr gut. Ich hoffe gleich nach Neujahr zu meiner Farbenskizze übergehen zu können ... Ludwig ist von seinem gestrigen Concert bei Herrn von Lüttichau nicht sehr erbaut. Die eingeladenen Künstler werden in ein Extrazimmer eingeführt, aus welchem die bei der Ausführung der Musikstücke Mitwirkenden jedesmal in den Saal einzutreten haben. Aus dem großen Saal, wo fast lauter Damen ... sich befinden, kommen einzelne Herren zur Unterhaltung in das Künstlerzimmer. Ludwig ist es von Karlsruhe her anders gewöhnt ...

21) Freitag ... Gegen 4 Uhr mache ich Rietschel einen Besuch. Ich finde ihn recht schwach und verfallen. – Um 5 Uhr haben wir Sitzung des Akademischen Rathes. Es kommen mehrere Gegenstände von Bedeutung vor, unter anderm die Wahl eines der Schillingschen Entwürfe zu dem Schmuck der Terrassentreppe, bei welcher der König mehr für die Darstellung der Tageszeiten zu sein scheint ...

22) Samstag. Meine Exemplare der letzten zwei Lieferungen meiner Bibel sind angekommen ... So ist denn die Bibel in Bildern fertig. Wie oft dachte ich beim Beginn der Arbeit mit Zagen an die Möglichkeit, daß ich wegen meines Augenleidens das Werk nicht werde beendigen können. Und nun ist’s doch zu Stande gekommen. Gott sei Preis und Dank dafür! Es macht mir nun große Freude, die letzten Lieferungen der Luxus-Ausgabe in das betreffende Exemplar einzuordnen. Die Abdrucke auf chinesischem Papier nehmen sich ungleich schöner aus als die ohnehin weniger sorgfältig gedruckten auf weißem Papier ...

23) Sonntag ... Ich bringe am Vormittag eine kleine Zeichnung für Ludwig zu Stande, welche die Reihe von Darstellungen eines Theater-Albums eröffnen soll. Ich will nämlich nach und nach Ludwig in jeder seiner Hauptrollen in einer entsprechenden Situation zeichnen Das erste Bild stellt ihn als Lohengrin dar, wie er von dem Schwane Abschied nimmt ...

24) Montag ... Ich beendige noch eine zweite Zeichnung zu dem für Ludwig bestimmten Theater-Album, in welchem er als Raoul (Hugenotten) dargestellt ist ... Wir trennen uns gegen 11 Uhr nach einem sehr glücklich durchlebten Tage. Gott erhalte uns unser Glück!

1) Dienstag ... Ein Extrablatt des Dresdner Journals bringt die Nachricht, daß der König von Preußen im Sterben liegt ... Morgen wird Preußen einen neuen König haben. Seine nächste Aufgabe wird sein, Deutschlands „Schwert“ zu sein.

2) Mittwoch ... Napoleon hat die Begrüßungen des Diplomatischen Corps mit friedlichen Worten erwidert. Indessen ist es traurig genug, daß man auf die Worte eines einzigen – ohnehin fremden – Herrschers so viel Gewicht legen muß ...

3) Donnerstag. Die Schreibereien nehmen bei mir kein Ende ... Heute lasse ich mich aber nicht abhalten, an meiner Luther-Zeichnung zu arbeiten. Ich gebe die Schattenmassen, mithin die Lichtwirkung, mit Tusche an und vergegenwärtige mir auch mit etwas Farbe die malerische Haltung des Bildes. Ich bin im Zuge und freue mich auf die Arbeit ... Abends Kränzchen bei Langbein ... Andreä giebt uns einen Ueberblick über einen Theil des Grimmischen Buches über Michael Angelo, nachdem er seine eigene Ansicht über das Verhältniß der italienischen zur deutschen Kunst, die mit der von Grimm aufgestellten nicht übereinstimmt, in sehr ansprechender Weise aus einem Manuskript uns zur Einleitung giebt ...

6) Sonntag ... Es wird heute abermals die Hermann-Schlacht von Kleist aufgeführt ... Das Stück ist sehr interessant und wird vortrefflich gegeben. Dawison und die Bayer sind ausgezeichnet. Der Beifall des Publikums ist sehr warm und bei den Stellen, welche sich auf unsere vaterländischen Verhältnisse beziehen lassen, stürmisch ...

13) Sonntag ... Von [dem Landbaumeister] Hänel gehe ich zu Richter (Ludwig), um wegen der Ausstellung in Antwerpen in den Lokalitäten des Cercle artistique mit ihm zu reden. Richter ist ebenso wenig wie Rietschel im Stande, etwas Wesentliches für die Sache zu thun, und er ermächtiget mich, auch in seinem Namen zu schreiben und Fraustadt von der Unausführbarkeit der Sendung zu benachrichtigen ...

14) Montag ... Der Postbote bringt ein Schreiben nebst einem Packet aus Göttingen, durch welches eine ganz unerwartete Freude und Ehre mir bereitet ist. [199] Der Dekan der theologischen Fakultät daselbst, Abt D. Ehrenfeuchter, übersendet mir mit ebenso herzlichen als ehrenden Worten das Ehrendiplom der theologischen Doktorwürde als Dank für mein Bibelwerk Namens der theologischen Fakultät ...

18) Freitag ... 5 Uhr Sitzung des Akademischen Raths. Bei meinem Eintreffen hat man bereits Beschluß gefaßt über die Anschaffung meiner „Bibel in Bildern“. Hettner sagt mir viel Schönes darüber, unter anderm auch über das Vorwort. – Um 7 Uhr begebe ich mich in die Dreyßigsche Singakademie, welche heute den Judas Makkabäus zur Aufführung bringt, und zwar unter Ludwigs Mitwirkung, welcher die Partie des Judas singt. Sein Gesang schlägt gewaltig durch und zündet in den Gemüthern ...

20) Sonntag ... Ludwigs Verhältnisse am Theater trüben sich in Folge des Rollenmonopols, das Tichatscheck früher schon zugestanden und, wie anzunehmen, auch bei der jetzigen Erneuerung seines Contractes ihm gelassen worden ist. Dadurch wird Ludwig, gegen Herrn von Lüttichaus schriftliche Versprechungen, aus dem Kreise der Rollen hinausgedrängt, die zu seinem Fach gehören, und in das Gebiet der lyrischen Partien geschoben, das er weder seiner Neigung noch seinen Stimmmitteln angemessen findet ...

22) Dienstag ... Herr von Lüttichau gesteht von vornherein zu, daß er Ludwig das Versprechen gegeben habe, ihn im Fache des Heldentenors zu beschäftigen, daß Tichatschecks Weigerung, jetzt in die Stelle eines Ehrenmitglieds des Theaters einzutreten oder eine größere Zahl seiner Rollen abzugeben, bei dem Verlangen des Königs, ihn (Tichatscheck) zu halten, der Intendanz Schwierigkeiten Ludwig gegenüber bereite. Man könne Tichatscheck nicht umgehen, wolle aber auch Ludwig nicht entbehren und werde sehen, wie sich eine Ausgleichung finden lasse ... Ludwig erklärt, nicht bleiben zu können, wenn er in seinem Fach nicht verwendet werde etc. etc. ...

26) Samstag ... Nach Tisch ordne ich vollends Rietschels Exemplar der Bibel in Bildern und bringe ihm dasselbe. Er empfängt mich sehr freundlich und ich bleibe über eine halbe Stunde bei ihm ... Gegen 7 Uhr begebe ich mich ... nach dem Hotel de Saxe, wo Herr Baumfelder ein Concert giebt, bei welchem Ludwig mitwirkt. Ludwig singt unter anderm Glucks herrliche Arie des Pylades „Nur einen Wunsch, nur ein Verlangen etc.“. Ludwig wird bei seinem Eintreten mit Applaus empfangen und nach dem Gesang mit Beifall belohnt ...

31) Donnerstag. Fortsetzung der Durchsicht der Erklärungen[198]. Ich habe immer wieder Gelegenheit, mich zu überzeugen, daß diese Durchsicht nicht unterlassen werden dürfte. Aber ich finde auch immer mehr Ursache, mich dieser Erklärungen zu erfreuen ... Seine [Ludwigs] Verhältnisse zum Theater haben sich ... nach Wunsch geordnet. Tichatscheck hat ihm selbst davon Mittheilung gemacht und sich mit dem Abkommen zufrieden erklärt, da man mit möglichster Rücksicht gegen ihn von Seiten der Intendanz verfahren ist ...

Februar.

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1) Freitag ... Kunstverein. Die Photographie der Schwindschen „Sieben Raben“ ist ausgestellt, und ich gehe dahin, um endlich diese so berühmt gewordene Schwindsche Schöpfung zu sehen. In der That ist das Werk ausgezeichnet und charakterisiert des Künstlers Gaben in glänzendster Weise ...

3) Sonntag ... Sodann gehe ich nach dem Rietschelschen Hause, wo, wie ich gehört, viel Sorge um den theuern Hausvater herrscht. Die liebe Frau Rietschel öffnet mir die Hausthüre und eröffnet mir in wenigen Worten, daß Dr. Walther gestern den Kranken untersucht und das Uebel sehr vorgeschritten gefunden habe. Ich verstehe, was das aus dem Munde der Frau sagen will. Die Frau Professor meint aber doch, daß es Rietschel freuen werde, mich zu sehen, und er empfängt mich auch. Der Verfall ist sichtlich, dabei zeigt sich deutlich, daß Rietschel selbst keine klare Vorstellung von seinem Zustand hat. Er bemerkt mir z. B., daß er bei der nächsten Wahl eines neuen Mitgliedes für den Orden pour le mérite den Wunsch aussprechen werde, daß das Resultat der Abstimmung den auswärtigen Mitgliedern jedesmal angezeigt werde. Andreas Oppermann, welcher sich im Krankenzimmer einstellt, begleitet mich beim Fortgehen und sagt mir ebenfalls, daß es sehr übel stehe – Rietschel habe übrigens sein Haus geordnet! ... Gegen Abend kommit Direktor Wackernagel ... Nach längerer heiterer Unterhaltung beim Thee kommt die Rede auf die Oberammergauer Passionsspiele, und es entzündet sich bei der Erwähnung, daß auch das heilige Abendmahl dargestellt werde, ein Streit, der sehr unangenehm wird und die Möglichkeit eines wiederholten Beisammenseins von Wackernagel mit Ludwig und Malvina abschneidet. Auch ich bin der Meinung, daß ein Sacrament nicht zur Schein-Darstellung kommen dürfe, ... ich bedaure aber, daß ein so trefflicher Christ, wie Wackernagel, nicht so viel Liebe und Weisheit besitzt, um so ernst- und wohlgesinnten Menschen gegenüber, wie Ludwig und Malvina sind, den rechten Ton in seinen Aeußerungen treffen zu können. Er verurtheilt Darsteller und Zuschauer mit großer Härte und meint, man hätte die Darsteller mit faulen Aepfeln werfen müssen. Dafür wird nun freilich Wackernagel, nachdem er sich entfernt hat, wahrhaft gesteinigt, und es wird Böses reichlich [200] mit Bösem vergolten und ein Verhältniß zerstört, aus welchem uns allen viel Gutes hätte erwachsen können.

4) Montag ... Nach 3 Uhr begebe ich mich nach Rietschels Atelier. Wie mir Rietschel vorgestern [richtiger: gestern] sagte, hat Donndorf aus des Meisters Auftrag an dem Kopf der Lutherstatue mehrere Aenderungen vorgenommen. Rietschel wünscht, daß ich den veränderten Kopf nun sehe und mein Urtheil darüber ausspreche. Die Statue (in Gyps) steht im Garten, um die Wirkung im Freien beurtheilen zu können. Ich glaube, daß die Aenderungen Donndorfs in Wesentlichen glücklich sind und die Individualität des Reformators kräftiger und charakteristischer geben. Einige Milderungen in der Ausprägung der Formen und Züge rathe ich an, um auf eine richtige Mitte zu lenken[199] ...

5) Dienstag. Fortsetzung der Durchsicht der Erklärungen ... Die Tochter der Herodias mit dem Haupt des Johannes ist allerdings nicht richtig aufgefaßt, doch sehe ich keine Möglichkeit einer Aenderung, ohne den Bau der ganzen Erklärung zu zerstören ... Ich gehe nach Rietschels Atelier, um zu sehen, was Donndorf noch an dem Kopf gethan hat. Die Statue ist wieder unter Dach und Fach, Donndorf selbst nicht zugegen. Ich sehe aber den Kopf genau an und finde, daß derselbe seit gestern noch sehr gewonnen hat. Hierauf gehe ich zum Meister, bei welchem ich seine Tochter Adelheid und Herrn Inspektor Trautschold finde, und erstatte ihm Bericht über die Ausführung seiner Wünsche. Rietschel scheint sehr zufrieden zu sein mit der Weise, in welcher sein Auftrag ausgeführt worden ist ... Abends vereinigt sich unser Kränzchen bei mir ... In der vorigen Versammlung kam die Rede auf die Kopfbildung Napoleons I. und ich hatte versprochen, heute die Maske zu zeigen, was ich denn auch thue. Es sind alle von der Größe dieses Angesichts, dessen Hoheit auch durch den Tod nicht zerstört werden konnte, wohl aber einen versöhnenden Ausdruck des Leidens gewonnen hat, tief ergriffen.

6) Mittwoch. Fortsetzung der Durchsicht der Erklärungen. Ich ändere doch noch die Beschreibung der Tochter der Herodias. Bei der Beschreibung des Bildes: „Maria Magdalena suchet den Herrn und findet ihn nicht“ kommt die arme Magdalena, d. h. meine gezeichnete Magdalena, so übel weg (die Stellung wird als unweiblich, unnatürlich etc. bezeichnet), daß ich bedeutend verstimmt werde. Die Figur ist in der Ausführung und in der Gewandung mißglückt, aber in der Intention, meine ich, nicht. Da ist nun aber nichts zu machen. Es ist keine falsche Auslegung, die ich ändern könnte, sondern ein Tadel, den ich mir gefallen lassen muß und gefallen lassen will, um zu zeigen, daß die Erklärungen nicht da sind, um meine Bilder zu loben[200] ... Donndorf bestellt mich auf morgen. Abends sind Juniors bei uns ... Wir nehmen das Gespräch über die Darstellungen der Leidensgeschichte Christi in Oberammergau wieder auf und ich sehe mich veranlaßt, mich Wackernagels insoweit anzunehmen, daß ich den Kernpunkt der Frage hervorhebe, welcher in der Darstellung der Kommunion liegt, gegen welche Wackernagel eifert und welche auch ich nicht billigen kann ... Ludwig wehrt sich und meint immer, man wolle seiner Kunst aus einer gewissen Geringschätzung vorenthalten, was man den andern Künsten zugesteht. Endlich scheinen auch da die Wetterwolken abzuziehen, und die Hymnen des Lobes und Dankes erheben sich wieder zum blauen Himmel. Die Unterscheidung zwischen dem geschichtlichen Vorgang und dem Sacrament, das nur wirklich vollzogen, aber nicht „gespielt“ werden darf, kommt zu ihrem Recht.

7) Donnerstag ... Nachmittag verfüge ich mich wieder in das Rietschelsche Atelier, um den Lutherkopf zu sehen. Donndorf hat die angerathenen Aenderungen gemacht und ich glaube, der Kopf hat sehr gewonnen. Jetzt ist der Luther-Typus klar ohne Derbheit ausgeprägt und der Kopf wird gut wirken. Aus dem Atelier gehe ich zu Rietschel in die Wohnung, um ihm Bericht zu erstatten. Ich finde seine Frau, Tochter Adelheid, Schwägerin Seebeck und Inspektor Trautschold bei ihm. Rietschel findet sichtlich eine Beruhigung darin, daß ich mich seines Auftrags eifrig angenommen habe. Er wünscht nur noch, daß ich Se. Maj. den König, welcher demnächst die Luther-Statue sehen wird, empfange. Gerne unterziehe ich mich auch diesem ehrenvollen Auftrag ...

[201] 9) Samstag ... Das aus dem Vorrath für die Galerie zurückbehaltene Bild 622 A: Lucas Cranach, „Lasset die Kindlein zu mir kommen“ [jetzt 1924], wird, von Schirmer trefflich restauriert, uns vor Augen gestellt. Ist es immerhin schwer, genau zu bestimmen, wie viel der Meister Antheil an der Ausführung seiner Bilder genommen, so kann man dieses Bild gewiß unter diejenigen rechnen, an deren Vollendung der Meister selbst thätig gewesen ist ... 5 Uhr Sitzung des Akademischen Rathes. Der König hat nun dennoch Schillings Skizze „Die Tageszeiten“ zur Ausführung für die Terrassentreppe bestimmt ...

[202] 10) Sonntag ... Gegen 4 Uhr mache ich einen Besuch bei Rietschel. Er sitzt im Kreise der Seinen, welchen sich seit gestern auch Wolfgang angeschlossen hat. Der arme Mann sieht sehr verfallen aus. Der Arzt meint selbst nun, daß es sich wohl nur noch um Wochen handle ...

11) Montag ... Museum. Schirmer. Ich zeige ihm Akte von mir, aus denen er sehen kann, wie verzeichnet die Christusfigur auf dem Bilde 22 [= 296, früher Andrea del Sarto, jetzt einem „unbestimmten Oberitaliener“ aus der „Mitte des 16. Jahrhunderts“ zugeschrieben] ist ...

13) Mittwoch ... Nachmittag will ich bei Rietschel einen Besuch machen. Er schläft. Die Frau Professor, welche mir dieses mittheilt mit der Bemerkung, daß er immer schwächer werde, berichtet mir von einem recht betrübenden Vorfall, der im Atelier sich zugetragen hat. Beim Abformen des neuen Kopfes des Luthermodells reißt der zu schwache Strick und die Form wie der Kopf zerbricht beim Herabfallen in viele Stücke. Dieser Unfall unter den jetzigen Umständen, wo unter anderm auch die Ablieferung nach Lauchhammer sehr drängt, ist sehr beklagenswerth ...

14) Donnerstag ... Nachmittag begebe ich mich in Rietschels Atelier. Ich finde Geheimrath Kohlschütter daselbst. Der Lutherkopf ist wieder aus dem Gröbsten hergestellt. – Mit Rietschel geht es übel. Das Fieber wie die Schwäche nehmen in raschem Fortschritt zu. Ich sehe ihn nicht. Er liegt. Wir werden ihn nicht mehr lange haben ...

15) Freitag ... Nach Tisch gehe ich wieder nach Rietschels Atelier. Der neue Lutherkopf ist fast fertig, und ich würde keinen Unterschied mit dem ersten aufzufinden vermögen ...

16) Samstag ... Ich spreche Frau Professor Rietschel. Es geht ihrem Mann sehr übel, und ich werde ihn nicht mehr sehen ...

17) Sonntag ... Die flüchtigen Skizzen, welche ich aus dem Weißkunig im Kupferstichkabinet mir gezeichnet habe, zeichne ich sauber auf Pflanzenpapier, um diese Studien meinem Costümbuch einverleiben zu können ...

18) Montag ... Gegen Mittag erhalte ich aus Türks Buchhandlung das Gelzersche Schriftchen „Bunsen als Staatsmann und Schriftsteller“ ... Wie ergreifend und wie tröstlich ist mir alles, was ich hier erfahre! Wie dankbar bin ich gegen Gott, daß er mich an dieser großen Natur nie hat irre werden lassen! Ich kann mich von dem Büchlein nicht trennen, bis ich es ausgelesen habe ...

19) Dienstag ... Nach 3 Uhr gehe ich in das Rietschelsche Atelier, um mit Donndorf nähere Verabredung wegen der Ausstellung des Luthermodells zu treffen. Das Atelier wird Freitag dem Publikum geöffnet werden ... Der Kopf ist nun in Gyps ausgegossen und mit der Statue gut verbunden. Er scheint mir sehr schön zu sein. ... Geheimrath Kohlschütter, den ich im Atelier finde, will mit mir vertraulich über die Korridorsache berathen. Es scheint dabei sein Bewenden haben zu sollen, daß die Wände bemalt werden. Ich halte diese Entschließung für einen Mißgriff ...

20) Mittwoch ... Dem Herrn Obersthofmeister Excellenz ô Byrn melde ich zum Behuf der Mittheilung an Se. Majestät den König, daß das Luthermodell vollendet ist und am Freitag das Atelier dem Publikum zugänglich sein soll. Herr ô Byrn meint, der König müsse sich noch sehr vor Erkältung hüten und werde morgen schwerlich kommen können ...

21) Donnerstag ... Am frühen Morgen kommt die Nachricht, daß unser lieber Rietschel bei Tagesanbruch (um 6 Uhr) seinen Geist ausgehaucht hat. So ist denn wieder ein edles Leben dahin. Friede für ihn nach schwerem Kampf, für uns schmerzlicher Verlust ... Nach Tisch kommt Donndorf. Die Ausstellung der Lutherstatue, dann des Modells zum ganzen Reformationsdenkmal, der Quadriga für Braunschweig etc. wird erst in der nächsten Woche stattfinden. Es ist auch zwischen uns die Rede davon, in welcher Weise bei dem Komitee in Worms die Vollendung des Luthermonuments beantragt werden soll. Ich sprach darüber schon am Morgen mit Herrn Trautschold aus Lauchhammer, dann am Abend mit dem Geheimrath Kohlschütter, welcher mich zu Hause aufsuchte. Wir sind der Meinung, daß bei dem Vorhandensein so trefflicher Modelle das Rietschelsche Atelier vollkommen ausreichende Kräfte zur Durchbildung und Vollendung des Werkes biete und daß man die Ehre, dasselbe zu Stande gebracht zu haben, unserm Meister und seiner Schule zu erhalten suchen müsse. Zieht man andere Meister herbei, so werden diese ihren eigenen Namen verherrlichen wollen und nicht die nöthige Pietät und Selbstverleugnung haben, Rietschel die Ehre zu lassen, dieses Werkes Schöpfer zu sein ...

22) Freitag ... 5 Uhr Sitzung des Akademischen Rathes. Rietschels Tod ist der einzige Gegenstand, den wir besprechen. Was die Vollendung des Lutherdenkmals betrifft, so sind alle der Ansicht, daß Kietz und Donndorf die rechten Männer sind, um das Werk im Sinne des Meisters durchzuführen. Hähnel spricht sich entschieden in diesem Sinne aus. Heine hat aus Herrn Andreas Oppermanns Munde gehört, daß Rietschel nicht nur in seinem vor drei Jahren niedergelegten Testamente diese beiden Schüler als diejenigen bezeichnet hat, welche seine damals noch unvollendeten Werke (Weberdenkmal, Quadriga etc.) im Falle seines Todes vollenden sollten, sondern daß Rietschel kurz vor seinem Tode [203] mündlich auch in Betreff des Lutherdenkmals sich so ausgesprochen habe. Hettner, der von Hübners Aeußerungen: man müsse die vorzüglichsten Bildhauer Deutschlands zur Vollendung des Werks herbeiziehen, gehört hatte, hat bereits an das Komitee in Worms geschrieben, um solchem Beginnen entgegen zu wirken. Hübner vertritt in der Sitzung diese seine Ansicht nur ziemlich schwach. Heine theilt dem Akademischen Rath noch das Programm mit, welches die Künstlergenossenschaft für das Leichenbegängniß aufgestellt hat.

23) Samstag. Herr Andr. Oppermann kommt am frühen Morgen, um mit mir die Schritte zu berathen, welche dem Wormser Komitee gegenüber wegen der Vollendung des Lutherdenkmals zu thun sind. Ich theile ihm zunächst die Ansicht mit, welche gestern in der Sitzung des Akademischen Rathes in dieser Beziehung einstimmig ist ausgesprochen worden. Ueber das Ziel, welches wir zu verfolgen haben, kann also kein Zweifel sein. Das nächste soll nun sein, daß Oppermann an Dr. Eich schreibt und ihn zu bestimmen sucht, sich hierher zu verfügen, um zu sehen, was gemacht ist, und sich zu überzeugen, daß die Vollendung des Werkes in Dresden durch Rietschels vorzüglichste Schüler und unter dem Beirath von etwa zwei Professoren, unter denen Hähnel die erste Stelle einnehmen müßte, die vollste Bürgschaft für eine einheitliche Durchbildung dieser größten Schöpfung des Meisters gewähre ...

24) Sonntag. Um 11 Uhr wird Rietschels Leiche aus dem Hause getragen. Sie war im Atelier aufgestellt, von Lorbeerkränzen, Palmen und Blumen umgeben. Ehrenwachen waren seit vorgestern Tag und Nacht an ihrer Seite. Der Trauerzug kann sich nur langsam entfalten, er ist unabsehbar. Alle Straßen sind mit Zuschauern bedeckt. Die Adjutanten der Prinzen schließen sich zunächst den Leidtragenden an. Dann folgt der Akademische Rath. Marschälle gehen zur Seite. Minister von Beust reiht sich weiter draußen in den Zug ein, auch von Falkenstein und von Friesen, von Wietersheim stellen sich an der Grabesstätte ein. Der weite Friedhof[201], wo Rietschels Grab ist, wird etwa 1/2 1 Uhr erreicht, da der Zug sich nur langsam bewegt und die Stadt durchschreitet. Diakonus Schulze[202] hält die Leichenrede. Im Namen des Akademischen Rathes spricht Geheimrath Kohlschütter, im Namen der Schüler Donndorf. Die ganze Trauerfeier ist überaus würdig. Das herrlichste Frühlingswetter begünstigte den mehrstündigen Aufenthalt im Freien. Gott tröste die Hinterbliebenen! ...

27) Mittwoch ... Ich suche Donndorf auf, um ihn zu bestimmen, im Namen des Rietschelschen Ateliers an den Akademischen Rath die Bitte zu stellen, daß Professor Hähnel zum Stellvertreter des seligen Chefs ernannt werde. Donndorf ist um so mehr einverstanden mit diesem Vorschlag, als er aus freiem Antrieb schon einleitende Schritte zu einem schriftlichen Gesuch gethan hat. Ich habe bei der Sache besonders das im Auge, daß die Stellvertretung des früheren Atelierchefs durch Hähnel unsere Wünsche wegen der Vollendung des Luthermonumentes in dem Atelier um so eher zum Ziele führen wird ...

2) Samstag. Andreas Oppermann und Donndorf machen mir einen Morgenbesuch, um in der Angelegenheit des Lutherdenkmals mit mir zu reden. Es wird gewünscht, daß ich in der Sache an den Ausschuß des Lutherdenkmal-Vereins in Worms schreibe. Gern werde ich diesen Wunsch erfüllen ... Am Vormittag konnte ich gar nicht, am Nachmittag kaum eine Stunde an meinem Karton arbeiten, da ich um 4 Uhr zur Konferenz bei Geheimrath Carus zu gehen habe. Es findet natürlich nur eine Vorberathung wegen des projektierten Rietschel-Museums statt. Man beschließt, mit einem Aufruf und Einsammlung von Beiträgen zu beginnen und erst dann vor die Regierung (die übrigens in ihren Spizen schon für die Sache gewonnen ist) und die Stände mit einem Gesuch zu treten. Sodann werden mehrere Personen bezeichnet, welche zum Eintritt in das Komitee eingeladen werden sollen. Die Einladung übernehmen die schon heute vereinigten Mitglieder. Ich übernehme es, Hähnel einzuladen, und begebe mich sogleich zu ihm. Es ist mir sehr daran gelegen, Hähnels Einwilligung zu erhalten, da die drei Dinge: seine Vorstandschaft im Rietschelschen Atelier; seine Betheiligung als Beirath bei der Vollendung des Lutherdenkmals; und seine Mitwirkung bei der Errichtung des Rietschel-Museums innigst zusammenhängen. Ueber Erwarten finde ich ihn bereit, in das Komitee zu treten, ja er erklärt, daß er selbst schon an ein solches Unternehmen gedacht habe und über kurz oder lang dasselbe in Vorschlag gebracht haben würde ...

3) Sonntag ... Nachmittag gehe ich zu Frau Professor Rietschel, bei welcher ich auch Andreas Oppermann finde. Ich erstatte Bericht über Hähnels Stellung zu uns nach ihrer dreifachen Bedeutung ... Frau Professor und Oppermann scheinen sich über meinen Bericht sehr zu freuen. Oppermann hat heute eine Abschrift von Bunsens Gutachten über die Monumentssache in meine Hände gelegt. Bis auf die Bekleidung Luthers entspricht Rietschels Werk diesem Gutachten vollkommen. (Bunsen war für die Kutte.)

4) Montag ... Ich konzipiere das Gutachten über die Weise, wie, nach meiner Ansicht, die gediegene Durchführung des Lutherdenkmals im Sinne des Meisters [204] am sichersten verbürgt würde. Ein solches Gutachten, das womöglich auf die Entschließung des Komitees in Worms einwirken soll, ist nicht leicht geschrieben und kostet mir mehr Zeit als andern ...

5) Dienstag ... um 4 Uhr bin ich bei Carus zur Konferenz. Hähnel ist da, auch Klee und Hübner, neu ernannte Mitglieder. Sonst fehlen mehrere. Hettner liest seinen Aufruf vor, der genehmigt und zum Druck befördert wird ... Mein Kränzchen habe ich heute aufgegeben, da Ludwig in der „Stummen“ den Masaniello giebt. Ludwig singt und spielt ganz ausgezeichnet. Er zeigt, daß er zum Heldentenor berufen ist. Ich hätte die Lebendigkeit und Energie des Spiels nicht von ihm erwartet. So wirkt die Macht seiner Stimme, wie die Süßigkeit und Innigkeit des Gesangs in der Schlummerarie, in einer Weise, wie sie mir bisher noch nicht vorgekommen ist. Ludwig wird durch reichen Beifall belohnt ...

7) Donnerstag. Endlich auch einmal ein ziemlich ungestörter Arbeitstag im Atelier, welcher der Aufzeichnung des Umrisses zu dem Lutherbild im Großen sehr förderlich ist. Es steht die Komposition mit Ausnahme der Architektur nun vor mir. Die Größe der Figuren sagt mir sehr zu. Sie bleibt so sehr unter der Lebensgröße, daß man überhaupt an wirkliche Menschen nicht denkt, und das ist vortheilhaft. Auch hoffe ich in den bescheidenen Dimensionen mit dem Malen fertig zu werden ...

10) Sonntag ... Noch am Vormittag mache ich bei Frau Professor Rietschel einen Besuch, da ich ihr die Abschrift des Bunsenschen Gutachtens zurückzugeben und nach einem Versprechen meiner Frau mein Gutachten ihr mitzutheilen hatte. Frau Professor sagt mir, daß Hübner auch bei ihr gewesen sei, um Notizen für die von der Augsburger Allgemeinen Zeitung verlangte biographische Skizze über Rietschel sich zu erbitten. Sie bemerkte ihm, daß Hettner, der regelmäßige Korrespondent der Allgemeinen Zeitung, auch die Absicht ausgesprochen, einen Lebensabriß ihres Mannes zu liefern, und daß sie diesem ihre Notizen übergeben habe ...[203] Mein übriger Tag verstreicht, ohne daß ich etwas thue ... Dagegen bietet der Abend, wo nicht Arbeit, doch überreichen Genuß durch das Theater, in welchem heute die Hugenotten mit Ludwig als Raoul zur Aufführung kommen. Nach Ludwigs erstem Auftreten wird die Szene bei dem Gastmahl schon anziehend durch sein vortreffliches Spiel. Die Romanze singt er ausgezeichnet schön. Die Szene mit Valentine im dritten [richtiger: vierten] Akt ist sein Meisterstück. Ist der Beifall heute überhaupt lebhaft, so wird er nach diesem Akt stürmisch. Valentine und Raoul werden nach demselben dreimal gerufen. Das Haus war überfüllt und das ganze Publikum fühlbar erregt.

11) Montag ... Gegen 9 Uhr zeigt sich ein großer Brand gegen Westen. Der neuaufgerichtete hölzerne Festsaal neben dem Feldschlößchen steht in hellen Flammen ...

12) Dienstag ... Bevor ich es [das Atelier] verlasse, macht mir Joh. Zumpe einen Besuch. Er befragt mich über den Stand der Korridorangelegenheit. Hähnel wünscht, daß er sich bei den Entwürfen für eine der Kuppeln betheilige und daß die jungen Leute eine Petition an den König richten, in welcher sie um die Erlaubniß bitten, bei der genannten Aufgabe konkurrieren zu dürfen. Nach dem Essen mache ich dem Salzburger Bildhauer Greinwald einen Besuch, um, wie er es wünschte, sein Basrelief noch einmal zu sehen. Er hat dasselbe jetzt sauber ausgeführt. Was eigentliche Durchbildung betrifft, so fehlt es ihm doch zu sehr an eingehendem Studium, um etwas Gediegenes leisten zu können ...

13) Mittwoch. Ein Kgl. Lakai meldet mir, daß Seine Majestät der König 3/4 2 Uhr das Rietschelsche Atelier besichtigen wird ... Etwa um 2 Uhr kommt der König mit der Königin, den Prinzessinnen Sidonie und Sophie. Der König betrachtet alles mit größter Theilnahme und auch das Lutherdenkmal im Kleinen, sowie die vollendeten großen Standbilder in eingehendster Weise. Ueber Rietschels Tod spricht er sich mit tiefer Bekümmerniß, und über des Meisters Kunst, wie über dessen edle, liebenswürdige Persönlichkeit mit herzlichster Anerkennung aus. Donndorf, von welchem der König ohnehin schon Näheres weiß, wird bei dieser Gelegenheit ihm persönlich bekannt. Die hohen Herrschaften bleiben etwa 3/4 Stunde. Nach deren Entfernung statte ich der Frau Professor Bericht über den hohen Besuch ab ...

18) Montag ... Restaurationszimmer. Schirmer. Das erwähnte[204] Oersche Bild[205], die Kopie nach Dürers St. Hubertus (bekanntlich hat der Meister diese Komposition nur als Stich ausgeführt), ist inzwischen herbeigebracht worden. Ich besehe mir dasselbe genau. Es weicht in einigen Stücken von dem Original ab, z. B. ist die Figur des St. Hubertus hier kleiner als im Kupferstich, es ist aber eine höchst gediegene Arbeit aus der Zeit, in welcher das Original entstanden ist. Von wem die Kopie ist, wird schwer zu ermitteln sein. Ich möchte an einen Deutschen oder Niederländer denken, [205] welcher bereits von italienischem Einfluß berührt worden ist. Von einem der Cranachs ist sie gewiß nicht ...[206]

19) Dienstag ... Ehe ich in das Atelier gehe, verfüge ich mich zu dem Photographen Schwendler, welcher mich aufgefordert hatte, zu einer kleinen Porträtfigur, wie sie jetzt in zierlichen Albums gesammelt werden, zu stehen. Der Photograph hat mir eine schlechte Stellung gegeben, und das Abbild, das ich auf dem Glase sehe, erinnert mich an die Stelle im „Bauer als Millionär“, wie er der Erscheinung des Alters gegenüber sich verwandelt ...

20) Mittwoch ... Schwendler sendet mir mein Porträt. Es ist zum Erschrecken. Namentlich ist die Gestalt höchst kümmerlich. Die Meinen wollen, daß ich noch einmal stehen soll, und Ludwig erbietet sich, mit mir zum Photographen zu gehen ...

23) Samstag. Galerie-Kommission ... Man bittet Direktor Gruner, den Dürerschen Kupferstich zur Vergleichung herbeizuschaffen und sich selbst bei der Prüfung zu betheiligen. Der Hauptunterschied liegt darin, daß in dem Bilde die Figur des Heiligen viel kleiner ist als in dem Stich. Dann ist im Bilde die Meereslinie weggelassen. Man schafft dann auch die kleine Anbetung der Könige nach Raphael[207] herbei, um die Hunde[208] zu vergleichen. Zwei gleichen sich vollkommen bis auf die Farben, welche gewechselt sind. Die Kommission ist einig in ihrer Ansicht, daß die Erwerbung des Bildes wünschenswerth ... sei ...

24) Sonntag ... Joh. Zumpe kommt zu mir, um wegen der beabsichtigten Petition an Seine Majestät den König sich mit mir zu verständigen ... Abends ist die große Aufführung des Judas Maccabäus und der achten Symphonie von Beethoven im Theater. Der Zudrang ist außerordentlich, und kaum erhalten wir noch zwei Plätze ... Ludwig singt prachtvoll und, wer noch zweifeln wollte, würde sich heute überzeugen können, daß Ludwig ein geborner Heldentenor ist. Das Oratorium wird mit sichtlicher Spannung angehört, eine Aeußerung des Beifalls wird bei Oratorien, die am Palmsonntag zur Aufführung kommen, in Folge alter Ueberlieferung nicht für angemessen erachtet. Diese Palmsonntags-Aufführungen fanden nämlich früher in der Kirche statt und erhielten hierdurch eine kirchliche Weihe. Die prachtvolle Symphonie wird dagegen durch Klatschen ausgezeichnet.

25) Montag ... 7 Uhr haben wir eine Sitzung in Angelegenheiten des Weber-Denkmals. Der Stadtrath hat seinen Plan wegen der Einfriedigung des Denkmals eingesendet. Wir finden das Projekt zu kleinlich und bestehen auf einem ordentlichen Eisengitter, das mit dem Monument zu einem Körper sich verbindet ... Da wir immer noch 600 Thaler in der Hand haben, so werden wir das Eisengitter selbst machen lassen, anstatt das Geld dem Stadtrath zur Verfügung zu stellen.

27) Mittwoch. Clauß hat mir gestern den Nekrolog über Rietschel[209] gebracht. Er scheint mir vortrefflich, und mit viel Geschick sind meinem Wunsche gemäß sowohl die Angelegenheiten des Lutherdenkmals wie des Rietschel-Museums dabei zur Sprache gebracht ... Professor Gustav Heine benachrichtiget mich auf vertrauliche Weise, daß nächsten Samstag eine Deputation der hiesigen Kunstgenossenschaft mir einen Besuch abstatten will. Was mögen Sie vorhaben? ...

28) Gründonnerstag ... Bei Giese[210] sehe ich Zumpes kolorierte Zeichnung seines Einzugs Christi in Jerusalem. Die Zeichnung ist köstlich und bezeugt Zumpes wahrhaften Beruf zur hohen Kunst. Ich überzeuge mich von neuem, daß er einer der Träger der ernsten großen Richtung sein wird, die von Cornelius und Overbeck ins Leben gerufen wurde ... Um 4 Uhr versammelt sich das Komitee des Rietschel-Museums bei Geh. Rath Carus. Heute stellt sich auch Herr von Wietersheim ein. Hähnel fehlt. Man bespricht die Bedenken, welche gegen die Weise, wie wir in der Sache verfahren sind, erhoben worden. Das Komitee erörtert seine Gründe, warum es mit dem Aufruf nicht gezaudert hat ... Es sind bis jetzt gegen 800 Thaler eingegangen. Die Sache wird gehen ...

29) Charfreitag ... Wir gehen nach Meißen ... Nach 1 Uhr sind wir im Meißner Bahnhof, wo Ludwig uns empfängt. Wir speisen zusammen im Sommerpavillon des Gasthauses zum Schiff, begeben uns dann in die Stadt, und da Ludwig sein großes Zimmer im Hirsch von andern Gästen besetzt findet ... ersteigen wir langsam den Schloßberg. Oben eröffnet uns ein Porzellanmaler Namens Born sein Haus und Garten, wo wir ein herrliches sonniges Plätzchen mit einer prachtvollen Ueberschau über die Stadt und Ferne gegen Nord-Ost-Süd haben, zum Verweilen bis zum Beginn der Aufführung des Messias ... 1/2 5 Uhr beginnt das Oratorium. Die Töne wirken gewaltig, doch ist etwas zu viel Schall, und die Worte des Textes sind kaum zu verstehen. Mich stört auch anfänglich die große Unruhe der Zuhörer bei vielem Ab- und Zugehen. Endlich siegt die Wirkung der gewaltigen Tonschöpfung. Ludwigs Stimme nimmt sich prachtvoll aus. Sein Gesang bildet doch wieder die Spitze des Genusses. 1/2 8 Uhr ertönt das große Amen, Amen, Amen! ...

[206] 30) Samstag ... Um 10 Uhr rüste ich mich zum Empfang der angemeldeten Deputation der hiesigen Kunstgenossenschaft. Bei längerer Erwägung der Verhältnisse schien es mir heute gewiß, daß die Beschickung der Cölner Ausstellung mit einigen Kartons, wozu mich schon Peschel aufgefordert hatte, der Grund sei, welcher die Deputation zu mir führte. Ich täuschte mich. Die Deputation, mit Bürkner, dem Vorstand der Kunstgenossenschaft, und Hübner, dem Wortführer, an der Spitze, überreichte mir eine Zuschrift, in welcher die Kunstgenossenschaft Dresdens mir ihre Glückwünsche zur Vollendung der „Bibel in Bildern“ darbringt. Dieser Ausdruck der Theilnahme und Anerkennung machte mir um so mehr Freude, als ich nicht im mindesten etwas der Art erwartete ...

2) Dienstag ... Um 6 Uhr bin ich im Theater, um Ludwig als Hüon in Webers Oberon zu hören ... Ludwig singt sehr schön und sieht prachtvoll aus, doch kann uns die Oper nicht gefallen.

3) Mittwoch ... Als ich im Begriff bin, mich zu Langbein zum Kränzchen zu verfügen, kommt Geheimer Rath Kohlschütter, um über einige Angelegenheiten mit mir zu reden, die zur Erledigung drängen. Vor allem ist es wieder die Korridorsache, die lebhaft erörtert wird. Obwohl meine Vorschläge nicht angenommen worden sind, bleibe ich bei meinen Ansichten und lehne jede Zusage ab, mich bei einer andern Behandlung der Aufgabe zu betheiligen. Nur in dem Fall, daß die jungen Leute mit ihrer Petition durchdringen und ein von ihnen aufgestelltes Projekt, das mir gefällt, acceptiert wird, werde ich meine Hülfe zur Verfügung stellen. Dann wird das Projekt eines Rietschel-Museums besprochen. Kohlschütter theilt die Bedenken nicht, die gegen unsere Behandlung der Sache erhoben worden sind. Ich sage ihm, daß die Leipziger gern für das Lokal in Leipzig sorgen würden, wenn das Projekt in Dresden an dem Mangel eines Lokals scheitern sollte. Endlich besprechen wir auch die Angelegenheit des Lutherdenkmals. Kohlschütter stimmt ganz mit meinen und Hettners Ansichten ...

5) Freitag ... Nicolai sagt mir auch, in welchen nahen Beziehungen er zu dem Lutherdenkmal steht, da der architektonische Theil von ihm im Einverständniß mit Rietschel schon bis auf das kleinste Detail ausgearbeitet und festgestellt worden ist. Hettner, dem ich dieses mittheile, möchte nun, daß Nicolai mit als Beirath bei der Ausführung des Denkmals zugezogen wird ...

6) Samstag. Durch Herrn Oppermann benachrichtigt, daß die Herren Abgeordneten aus Worms heute morgen nach 8 Uhr mich erwarten würden, begebe ich mich um diese Zeit zu ihnen. Da wir von vorn herein auf gleichem Boden stehen und ich ohne Rückhalt meine Ansicht ausspreche, so verständigen wir uns sehr bald. Mit Hähnel haben die Herren gestern bereits gesprochen. Derselbe will gern die Stelle eines Beiraths annehmen, wenn außer mir kein Anderer zugezogen wird ... Beim Nachhausegehen besuche ich die Anlagen am Dohnaschen Schlag. Man hat aus dem ehemaligen Johannis-Kirchhof eine schöne große Eiche dieser Tage hierher versetzt. Möge sie gedeihen! ...

7) Sonntag ... Unter Tages begegnete ich Nicolai ... Er sagt mir, daß er die Herren aus Worms gesprochen habe und daß sein Antheil an dem Werk geordnet sei.

8) Montag ... Kietz sucht mich auf, um mir zu sagen, daß die Herren Abgeordneten aus Worms wieder abgereist seien und die Angelegenheit des Denkmals sich nach Wunsch geordnet habe. Hähnel und ich werden gemeinschaftlich den Beirath bilden; Schilling wird bei der Ausführung der Städtefiguren einen Antheil erhalten, Kietz und Donndorf arbeiten aber unabhängig von ihm und haben nur mit Hähnel und mir zu thun ...

10) Mittwoch ... Museum. Der Herr Minister ist in der zweiten Etage und, wie von einem Dämon dahergeführt, zu einem Zeitpunkt gekommen, wo eine große Dummheit, die auf meine Verwaltung ein schlechtes Licht wirft, ist begangen worden. Voigt, der sonst so tüchtige Mensch, giebt sich der Meinung hin, daß die Thieleschen Landschaften doch zum Schmuck eines Kgl. Schlosses verwendet werden, und bestimmt Renner, sich zum Hofsekretär Müller zu verfügen und diesen zu bitten, die Bilder, die ihm (Voigt) im Wege sind, abholen zu lassen. Der Hofsekretär schickt auch Leute, welche eine Partie Thielescher Landschaften wegtragen und in dem weißen Saal des Schlosses unterbringen. Dieses ist alles möglich, ohne daß ich, der ich täglich im Museum bin und gestern zweimal daselbst war, von den braven Beamten erst gefragt werde. Und in dem Augenblick, als die Dummheit geschehen, kommt der Minister und ich erst nach ihm und muß wie ein dummer Junge ihm sagen, daß ich von nichts weiß! ... Die große Aufregung und Verstimmung, in welche die unangenehme Geschichte mich versetzt, mäßiget sich bei der ungestörten Arbeit Nachmittags im Atelier und ganz besonders im Theater, wo Fra Diavolo mit Ludwig in der Titelrolle zur Aufführung kommt ... Ludwig giebt seine Partie vortrefflich und den Räuberhauptmann als Marquis mit Noblesse, Eleganz und großer Lebendigkeit ...

12) Freitag ... Nachmittags 5 Uhr Sitzung des Akademischen Rathes ... Daß Oppermann in seinen Befürchtungen Recht hat, beweist die Besprechung des Kietz-Donndorfschen Gesuchs wegen Ueberlassung der nöthigen Räumlichkeiten in dem Atelier. Hähnel behandelt die Denkmalsache höchst lieblos. Das Königliche [207] Akademische Atelier wird stark betont und Rietschels Werk als unbequeme Zugabe betrachtet, die man so leichten Kaufs als möglich abzuschütteln habe. Nur Hettner spricht sich mit Lebhaftigkeit und Wärme für das Rietschelsche Vermächtniß aus ...

13) Samstag ... Museum. Nach 12 Uhr kommt, der gestrigen Verabredung gemäß, Direktor Hettner, und wir besprechen im Kuppelsaal den Stand der Lutherdenkmals-Angelegenheit ... Mit der Stellung neben Hähnel als Beirath für Vollendung des Denkmals, die mir zugedacht worden, ist’s nichts. Ich sage aber nicht wie Hähnel bei jeder Gelegenheit, wenn er etwas durchsetzen will: er wolle nichts mit der Sache zu thun haben, sondern ich sage: ich will nun erst recht mit der Sache zu thun haben, und zwar ohne Hähnel oder als sein Gegner. Ob bei solcher Sage der Dinge das Komitee das Werk noch in den Händen des Donndorf und Kietz und unter meinem Beirath lassen will, muß man freilich abwarten ... Nach der Arbeit suche ich Frau Professor Rietschel auf und mache sie mit der Lage der Sachen bekannt ...

14) Sonntag ... Als ich den Brief [an Oppermann] beendigt hatte, erhalte ich eine Sendung aus Worms von dem Komitee, in welcher ein Entwurf zu dem Kontrakt mit Donndorf und Kietz und ein Begleitschreiben an mich enthalten ist. Der Vertragsentwurf ist in dem Sinne abgefaßt, wie sich auch Hähnel anfänglich erklärt hatte ... Schillings ist in dem Entwurf gar nicht gedacht und nur in dem Begleitschreiben an mich ist erwähnt, daß Hähnel später auf einer Betheiligung Schillings an dem Werke bestanden habe und daß man es einer Verständigung zwischen mir und Hähnel überlasse, ob demselben ein Antheil (die Ausführung von zwei Städtefiguren) zugestanden werden soll ...

16) Dienstag ... Dann mache ich mich auf den Weg zu Hähnel. Der Morgen ist herrlich und der Weg als Spaziergang höchst erquicklich. Ich finde Hähnel; er öffnet mir selbst die Gartenthüre. Ein Brief, den er von Dr. Eich[211] empfangen hat, bereitete ihn auf meinen Besuch vor. Der unberechenbare Mann benimmt sich sehr freundlich, ja liebenswürdig gegen mich, und es thut mir fast leid, in Gedanken und Worten scharf über ihn geurtheilt zu haben. Bei alledem halte ich fest an meinem Vorsatz, um keine Handbreit die Stellung zu verlassen, welche ich für die richtige halte ... Und merkwürdig, Hähnel sagt: er könne nicht mit mir streiten; er meint, daß er seinen Namen hergeben wolle, damit die Sache zu Stande käme. Ich dränge nicht, lasse ihm die aus Vorsicht in Bereitschaft gehaltene Abschrift des Vertrags zurück und bitte ihn, entweder einfach seine Zustimmung zu geben durch Namensunterschrift oder in ein paar Worten zu erklären, daß und warum er zurücktrete. So scheiden wir nach anderthalbstündigem Gespräche in Frieden ...

17) Mittwoch ... Gegen Abend besucht mich Geheimer Rath Kohlschütter ... Seine Meinung ist, daß Donndorf und Kietz das Rietschelsche Atelier so lange benutzen, als die Arbeit an dem Lutherdenkmal dauert, wofern das Verhältniß mit Hähnel sich leidlich ordnet; jedenfalls sollen sie die angefangenen Figuren ungestört vollenden können. Der Saal, der sich gewissermaßen als Rietschel-Museum gestaltet hat, wird jetzt auch unangetastet bleiben. Das läßt sich hören. Geheimer Rath Kohlschütter fragt mich um meine Ansicht über das Gesuch der Zumpe, Wichmann, Grosse, v. Deutsch an Seine Majestät den König wegen einer Konkurrenz für die Ausschmückung des Korridors. Ich rathe, Seine Majestät zu vermögen, diese Konkurrenz zuzulassen ...

18) Donnerstag ... Ein paar Zeilen an Hähnel, der mir seine Entschließung noch immer nicht mitgetheilt hat. Als ich nach einigen Stunden Arbeit an dem Karton nach Hause zurückkehre, finde ich den ihm zurückgelassenen Vertragsentwurf der Wormser mit Donndorf und Kietz einfach unterzeichnet ohne jeden Vorbehalt. Dieser Ausgang der Sache ist, glaube ich, als Gewinn zu betrachten ...

19) Freitag ... Der Minister ... kommt auch auf die Bilder der Neuern in Beziehung auf das Ungeeignete ihrer Einreihung in die Bilder der Alten (in eine stabile Galerie) zu sprechen. Seine Excellenz finden jetzt selbst, was ich immer gesagt habe, daß eine solche Vermischung der Alten und stets sich vermehrenden Arbeiten der Neueren ein Mißgriff ist ...

23) Dienstag ... Abends Kränzchen bei Häpe ... Ob Krieg oder Friede, ob die Deutschen warten sollen, bis es den Fremden gefällt, sie anzugreifen, oder ob sie selber anfangen sollen, ist die Frage. Ich finde den Zustand dieses Abwartens und sich in der Kriegsbereitschaft Verzehrens heillos und ehrlos dazu.

30) Dienstag ... Heute erhalte ich auch einen Brief des Ausschusses des Wormser Luther-Komitees nebst den Reinschriften des Vertrags und einem Schreiben für Donndorf und Kietz. Man ist sehr zufrieden mit meinen Diensten und überträgt mir noch die Besorgung der Unterschriften ...

2) Donnerstag ... Mit Tochter Marie besuche ich dann das Theater, um Figaros Hochzeit zu hören. Die Musik ist doch reizend – flüssiges Gold – Reichthum herrlicher Motive – wo findet man das bei den Neueren und Neuesten?

3) Freitag. Fortsetzung meiner Luther-Studien. Aus Rietschels Atelier ist mir jetzt der Kopf zugeschickt [208] worden, den Rietschel als Vorbild zu dem Kolossalkopfe der Statue in Lebensgröße modelliert hat. Der Kopf ist leicht behandelt und die Ausführung ist nicht bis in das Kleinste geführt, die Auffassung ist aber vortrefflich und läßt kaum etwas zu wünschen übrig ...

5) Sonntag ... Wir hören mit größter Spannung die Oper [Tannhäuser], deren Schönheiten unleugbar sind, aber nicht nur von seiten der Darstellenden, sondern auch von seiten der Zuhörer eine große Anstrengung erfordern, um gegeben und empfangen werden zu können. Ludwig singt und spielt vortrefflich und wird durch großen Beifall belohnt. Frau Jachmann-Wagner, die, weil die Stimme nicht mehr ausreicht, von nun an dem Gesang entsagen und dem Schauspiel sich widmen will, wirkt immer noch durch ihre schöne Erscheinung und ihre Gesangsweise. Man nimmt hier in Dresden, wo sie früher an der Seite ihres Onkels Richard Wagner ihre größten Triumphe feierte, immer noch großen Antheil an ihr und belohnt ihre Leistung mit großem Beifall. Ludwig hat ein großes und wichtiges Stück Arbeit und Anstrengung hinter sich. Nach dem heute kundgegebenen Beifall darf man annehmen, daß die Gelegenheit, in Tichatschecks Hauptrollen aufzutreten, ihm großen Gewinn gebracht hat ...

9) Donnerstag. Christi Himmelfahrt ... 1/2 6 Uhr gehe ich mit Malvina in das Theater, wo heute Tannhäuser wiederholt wird. Die Aufführung ist vielleicht schöner[WS 6] als die am vergangenen Sonntag. Jedenfalls beherrscht Ludwig seine Partie noch mehr als bei der letzten[WS 7] Aufführung. Das Publikum ist jedoch ziemlich kalt, wenn auch zahlreich versammelt. Die Begeisterung scheint sich nach dem Thiergarten gezogen zu haben, der heute eröffnet worden ist ...

10) Freitag ... Ich halte mich fleißig an einer dritten[212] Zeichnung für Ludwig, in welcher er in seiner Rolle als Gennaro[213] dargestellt wird. Diese Zeichnung wird noch die beste von den bisher gelieferten werden.

14) Dienstag ... Heute ist der zweite Auktionstag der Galeriebilder und ich verfüge mich in das alte Galeriegebäude, um zu sehen, wie die Geschäfte gehen. Gestern sind gegen 1200 Thaler eingegangen und auch heute verkaufen sich die Sachen ganz gut. Herr von Savigny, der unter den Käufern, spricht mich an und ladet mich zum Mittagessen für heute 6 Uhr ein ... Um 6 Uhr verfüge ich mich in das preußische Gesandtschaftshotel. Ich finde eine kleinere Gesellschaft, unter welcher Herr von Langenn, Fürst Lichnowsky, Oberst Törmer, Gruner sich befinden. Schon bei Tafel bringt von Savigny die Rede auf das Lutherdenkmal, wobei es Erörterungen giebt, die an das Gebiet des Religiösen streifen. Nach Tisch und namentlich nachdem die meisten der Gäste sich entfernt haben und endlich außer den Wirthen nur noch Fürst Lichnowsky, der Geistliche, mit mir allein zurückgeblieben ist, wird das Gespräch entschieden auf das Gebiet des Konfessionellen übertragen, und ich sehe mich veranlaßt, meine religiöse Ueberzeugung entschieden auszusprechen, was mir den beiden Katholiken und der Frau von Savigny gegenüber, die wahrscheinlich lebhaft bearbeitet wird, um sie zum Uebertritt zu bringen, etwas unbequem wird.

18) Samstag ... Ich beschäftige mich heute großentheils mit Lesen. Erstlich hält mich „Luthers Leben“, aus den Quellen erzählt von Moritz Meurer, fest, und dann wende ich mich zur „Nibelungen-Klage“, welche doch noch in diesem Jahr meine künstlerische Thätigkeit in Anspruch nehmen wird. Die flüchtigen Entwürfe, welche noch in München, als ich mit den Nibelungen im besten Zug war, entstanden sind, bleiben ganz in Geltung. Die Auffassung des Gegenstandes ist glücklich und die Motive bieten außerordentlich viel für die malerische Bearbeitung. Der Auszug aus dem Urtext der Klage, den ich auch noch in München machte und der mir einen klaren Ueberblick des Stoffs gewährt, kommt mir ebenfalls sehr zu statten ...

20) Pfingstmontag. Die „Klage“ beschäftiget mich sehr. Der Stoff ist doch herrlich. Ich freue mich sehr auf die Zeit, zu welcher ich die Kompositionen der drei Bilder ernstlich vornehmen kann ...

21) Dienstag ... Gegen 6 Uhr gehen wir ... ins Theater, wo die Hugenotten zur Aufführung kommen. Die Aufführung ist eine vorzügliche. Die La Grua spielt doch ganz anders, viel lebendiger und plastisch anschaulicher als die Ney. Ludwig singt und spielt vortrefflich. Namentlich nach dem vierten Akt ist der Beifall stürmisch. Valentine und Raoul werden viermal hinter einander allein am Schlusse dieses Akts gerufen[214].

Ende.

  1. Alfred Meißner (1822–1885), Dichter und Arzt.
  2. Die Nrn. 810 und 811 („Bildniß einer Frau mit goldenen Brustschnüren“ und „Bildniß eines Herrn, der seine Handschuhe anzieht“, jetzt 1023 D und 1023 C) wurden inzwischen als Werke van Dycks erkannt; den Nrn. 813 („Bildniß eines Herrn neben einem Tische“) und 1164 („Bildniß eines bärtigen Alten“) entsprechen die jetzigen Nrn. 960 und 1567.
  3. Jetzt als Maler in München lebend.
  4. Zu Dölkau bei Merseburg.
  5. August Wittig, Bildhauer, geb. 1823 in Meißen, gest. 1893 in Düsseldorf: vergl. Allgem. deutsche Biographie Bd. 43 S. 638 f.
  6. Hermann Wislicenus, Maler, geb. 1825 in Eisenach, gest. 25. April 1899 in Goslar.
  7. Schon erwähnt unter dem 27. Mai 1856.
  8. Ferdinand Olivier, Stiefvater von Schnorrs Frau.
  9. S. oben unter dem 27. November.
  10. Von Luise Mühlbach.
  11. Das in der Allgemeinen Zeitung vom 4. Januar 1858 S. 50 besprochene Kotzebuesche Bild stellt eine Scene aus der (neueren) Schlacht an der Trebbia mit Suworow als Hauptperson dar.
  12. Eugen Robert Dorer, Bildhauer, geb. 1830 zu Baden im Aargau, gest. 13. April 1893 ebenda, und sein älterer Bruder Edmund, der bekannte Schriftsteller, dessen nachgelassene Schriften Graf Adolf Friedrich von Schack 1893 zu Dresden herausgab.
  13. Franz von Schober, Dichter, der Freund Franz Schuberts und Schwinds, geb. 1796 in Torup, gest. 1882 in Dresden: vergl. Allgem. Deutsche Biographie Bd. 32 S. 202–206.
  14. Nach Wörmanns Katalog zu 201 B ist das Bild ein Werk von Girolamo da Treviso dem jüngeren.
  15. Ernst Rietschels zweiter Sohn, jetzt Professor der Theologie an der Universität Leipzig.
  16. Dr. phil. Joh. Gottlieb Hübner, später Professor der Vorbereitungswissenschaften an der Königlichen Thierarzneischule in Dresden.
  17. S. weiter unten unter dem 18. Februar.
  18. Karl F. Müller, ursprünglich Tischler, dann Galeriediener, zuletzt Konservator bei der Gemäldegalerie, gest. 1899.
  19. So nehmen die nach 1858 erschienenen Galeriekataloge an.
  20. „Erich Randal.“
  21. Gemeint ist Schellings Gedicht „Die letzten Worte des Pfarrers zu Drottning auf Seeland“ (Schellings sämmtliche Werke Abth. 1 Bd. 10 1861 S. 431–437), zuerst gedruckt in Schlegels und Tiecks Musenalmanach für 1802.
  22. Stadtrath, später Vicebürgermeister in Leipzig, Wigands Schwiegersohn.
  23. „Die Tochter der Herodias“ (von Bartolommeo Veneto? s. Wörmanns Katalog zu 201 A).
  24. Es wurde inzwischen als Werk Joachim Brukelaars erkannt, dessen Monogramm Max Lehrs an dem Gemälde entdeckt hat.
  25. Für „Einsetzung des heiligen Abendmahls“ muß es heißen: „Die Fußwaschung“: s. weiter unten unter dem 21. und 24. März.
  26. Jetzt Kgl. Sächs. Justizrath und Rechtsanwalt in Leipzig.
  27. Joh. Zumpe, Schüler Schnorrs, schon erwähnt, beispielsweise am 19. September 1856.
  28. Abgeordneter Dr. Richard Wahle auf Lauske, Gerichtsrath aus Bautzen.
  29. Die Abgeordneten Karl August Rittner, Rittergutsbesitzer auf Merzdorf, und Hermann Theodor Koch, Bürgermeister aus Buchholz.
  30. Siehe oben unter dem 9. März.
  31. Das noch jetzt bestehende „Christliche Kunstblatt“ war ursprünglich als Beiblatt zum „Deutschen Kunstblatt“ geplant worden.
  32. Joh. David Passavant, Maler und Kunstforscher, geb. am 18. September 1787 in Frankfurt a. M., gest. am 17. August 1861 ebenda, berühmt u. a. durch ein Werk über Rafael.
  33. Mit Passavants Annahmen stimmen die Bezeichnungen im neuen Galerie-Kataloge überein; nur schreibt der letztere die Komposition des Bildes Nr. 50 = 99 nicht Giulio Romano, sondern Baldassare Peruzzi zu.
  34. Des „Christlichen Kunstblattes“.
  35. Einer Berliner Persönlichkeit, die ich nicht im Stande bin genauer zu bestimmen.
  36. 1370 = 1493 „Die Furt im Walde“ und 1367 = 1499 „Der Eichenhügel“ sind nach dem Zeugniß des neuen Galeriekatalogs beide mit Ruisdaels Namen bezeichnet.
  37. Jetzt in der Königlichen Gemäldegalerie zu Dresden. Das Bild ist mit der Jahrzahl 1817 bezeichnet, nicht mit 1818, wie zur Berichtigung eines Druckfehlers im neuesten Galeriekataloge bemerkt sein möge.
  38. Jetzt im Museum Wallraf-Richartz zu Köln.
  39. Joseph Frankl, schon erwähnt unter dem 7. Juli 1857.
  40. Heinrich Eduard Schmieder, geb. 1794, gest. 1893, preußischer Gesandtschaftsprediger in Rom, während Schnorr sich dort aufhielt; später Direktor des königlichen Predigerseminars in Wittenberg.
  41. Bezieht sich darauf, daß Schnorr im Jahre 1848 auf einem Auge blind geworden war.
  42. Schon erwähnt, beispielsweise unter dem 1. November 1856.
  43. Minister des Königlichen Hauses, als solcher Chef der Verwaltung der Königlichen Sammlungen.
  44. Von Murillo.
  45. Nach Wörmanns Katalog zu Nr. 986 ist das Bild eine Werkstattswiederholung und befindet sich das Original, dessen Hintergrund ausgeführter, in Castle Howard.
  46. Der Verfasser war, wie ich einer brieflichen Mittheilung von ihm selbst entnehme und mit seiner Genehmigung aussprechen darf, der bekannte Kunstschriftsteller Friedrich Pecht. Thäters Angabe, weiter unten unter dem 6. September, erweist sich also als richtig. Bei aller Anerkennung, die Pecht Schnorrs bewunderungswürdiger Gestaltungskraft, „der Leichtigkeit und Kühnheit, mit der er seine Figuren bewegt, dem Reichthum seiner Erfindung, dem glänzenden Stilgefühl und dem Sinn für die Architektonik der Komposition“ widerfahren läßt, findet er in seinen Schöpfungen doch ein „Pathos, das oft etwas theatralisch, Gebärden, die oft etwas übertrieben“ sind, und „vermißt in ihnen das nationale Element“.
  47. Karl Schiller (1807–1874), Privatgelehrter in Braunschweig. Nach der Angabe in der „Allgemeinen Deutschen Biographie“ Band 31, Seite 251 ff. soll sein „Rath für die Auffassung Lessings von Seiten Rietschels maßgebend gewesen sein und er den Künstler nur mit Mühe bewogen haben, daß er von der Figur den Mantel fortließ und sie in der Kleidung der Zeit darstellte“.
  48. N. Ch. L. Abrahams, Professor der französischen Sprache an der Universität Kopenhagen, Verfasser einer 1876 unter dem Titel „Meddelelser af mit Liv“ im Druck erschienenen Autobiographie.
  49. Philipp Veits Gattin, geb. Pulini.
  50. In Wörmanns Katalog Nr. 1744.
  51. Feodor Alexis Flinzer, geb. 1832 in Reichenbach i. V., Maler, besonders Thiermaler, jetzt Professor in Leipzig.
  52. Eines Sohnes Schnorrs.
  53. Beilage zu Nr. 240, Seite 3889–3891.
  54. Enthaltend Urtheile von A. Springer.
  55. Lohbauer in Thun in der Beilage zu Nr. 245, Seite 3971 f.
  56. Name eines in jungen Jahren verstorbenen Sohnes Schnorrs.
  57. Vermuthlich: „Maria von Bethanien salbt Jesum“.
  58. Ferd. A. Zimmermann.
  59. In Wörmanns Katalog Nr. 779.
  60. Aus Marienbad, Mutter des öfter erwähnten jungen Malers Joseph Frankl.
  61. „Ein patriotisches Stück. Dresden, 2. Oktober“: Beilage zu Nr. 286 vom 13. Oktober.
  62. „Jagdbeute am Waldrand“, Wörmann Nr. 1161 (in Hübners Katalog vom Jahre 1862 Nr. 768).
  63. Das Dresdner Bild: „Bacchus auf dem Fasse“, Wörmanns Nr. 984, gilt jetzt als eine Werkstattswiederholung eines in St. Petersburg vorhandenen Originalgemäldes von P. P. Rubens.
  64. Ein mit – τ τ – bezeichneter Artikel in der Beilage zu Nr. 289 der Allgemeinen Zeitung vom 16. Oktober rühmt die Darstellung der Titelrolle in Richard dem Dritten als eine der genialsten Leistungen Dawisons, meint aber, daß trotz alledem der Eindruck der Aufführung nur ein sehr gemischter gewesen sei wegen unzulässiger Streichungen und ungenügender Einstudierung, sowie wegen der Neueinführung eines Zwischenvorhangs, der störend gewirkt habe.
  65. „Bildniß eines Geharnischten“, jetzt Nr. 1043, nach Bode und Wörmann nicht von van Dyck.
  66. Dr. phil. Karl Wilhelm Schäfer (1807–1869): s. Allgem. deutsche Biographie, Bd. 30, S. 527.
  67. F. Ad. Brauer, Kunst- und Musikalienhändler.
  68. „Das Lutherdenkmal in Worms“, unterzeichnet –r: Christliches Kunstblatt 1. Nov. 1858 Nr. 3, Seite 17–21.
  69. Die hier erwähnten zwei Gemälde Bernardo Strozzis sind jetzt mit 656 und 657 bezeichnet. Zu dem ersteren bemerkt Wörmanns Katalog: „Bei Hübner wird seine Echtheit ohne Grund bezweifelt. Es befand sich in schlechtem Zustand, ist aber neuerdings hergestellt“.
  70. „In der Schlacht von Borodino“, 1858 aus der Ausstellungs-Einnahme für die Königliche Gemäldegalerie angekauft.
  71. Um Gewährung der Mittel für einen verlängerten Aufenthalt in Rom.
  72. Der Verfasser des Aufsatzes war, wie Theodor Cichorius in seinem Begleitschreiben angibt, „ein sächsischer Lehrer“. „Ein Geistlicher“ in Leipzig hatte das Manuscript vertraulich, jedoch mit der Erlaubniß, es Schnorr vorzulegen, an Cichorius eingereicht.
  73. Siehe oben 24. September.
  74. Seines Stiches nach Niebuhrs, von Schnorr gezeichnetem Porträt: vergleiche oben unter dem 29. Juli.
  75. C. W. Th. Globig, Canzlist bei der Königlichen Akademie der bildenden Künste.
  76. „Sanheribs Macht wird auf Hiskias Gebet gebrochen.“
  77. Constanze Jacobi, Musiklehrerin, später Gemahlin Dawisons.
  78. J. Jacob Conradi, Hofopernsänger.
  79. L. M. Steeger, königl. Hofschauspielerin und Sängerin.
  80. F. A. v. Ammon, königl. Leibarzt und Geh. Medizinalrath.
  81. Der Amerika-Forscher Johann Jakob von Tschudi (1818 bis 1889): Allgemeine Deutsche Biographie Bd. 38 S. 749–752. Er war Schwiegersohn von Schnorrs Bruder Ludwig.
  82. Richtiger: im niederösterreichischen Kreise Unterwienerwald.
  83. Dr. phil. Karl Wilhelm Schäfer, bereits erwähnt unter dem 25. Oktober 1858.
  84. Geh. Hofrath Heinrich Wilhelm Schulz.
  85. Zuletzt Professor an der Universität Bonn.
  86. Es handelt sich um das jetzt mit 1947 bezeichnete Bild („Kurfürst August ohne Kopfbedeckung“), welches auch nach Wörmann ein „ausgezeichnetes eigenhändiges Werk der letzten Zeit des Meisters“ ist.
  87. Schon erwähnt unter dem 24. November 1857.
  88. Auf der Brühlschen Terrasse.
  89. Diejenige Stelle, auf der sich das Denkmal gegenwärtig befindet, ist bekanntlich nicht die, auf der es errichtet wurde.
  90. Albert von Zahn (gest. 1873), ursprünglich Maler, zuletzt vortragender Rath in der Generaldirektion der königl. Sammlungen; schon erwähnt unter dem 14. Februar 1856.
  91. Ein von den Antwerpener Malern Guffens und Swerts gemeinsam unterzeichneter Brief an Schnorr vom 24. Februar 1859 beginnt mit den Worten: „Le gouvernement Belge désirant donner à la peinture murale un élan digne de la patrie des van Eyck et de Rubens, se propose de demander en ce but un crédit extraordinaire aux chambres législatives“.
  92. Wörmann bemerkt zu 1903 = 1699: „Bei Hübner als ,unbekannt‘ in der deutschen Schule. Viel mehr läßt sich in der That nicht über das Bild sagen“.
  93. Historisch-critische Abhandlung über das Leben und die Kunstwerke des Mahlers Lucas Cranach Seite 60.
  94. Auch Wörmanns Katalog verzeichnet das Bild 1955 unter den Werken der Schüler und Nachfolger Lucas Cranachs des Jüngeren.
  95. Vergl. jedoch die Bemerkung weiter unten unter dem 21. März. Das Bild ist jetzt mit Nr. 1477 bezeichnet.
  96. Es ging 1871 in den Besitz der kgl. Gemäldegalerie über und ist jetzt mit Nr. 1952 bezeichnet. Wörmanns Katalog schreibt es einem der Schüler und Nachfolger Lucas Cranach des Jüngeren zu. Cranach der Aeltere starb 1553, Melanchthon 1560.
  97. August Grahl, Maler, schon erwähnt, beispielsweise am 18. Mai 1857.
  98. Richter selbst hat für das Bild die Benennung „Im Juni“ gewählt. Es befindet sich im Besitz des bekannten Kunstfreundes Eduard Cichorius und wird beschrieben in Otto Jahns „Mittheilungen über Ludwig Richter“ (Biographische Aufsätze. Leipzig 1866. S. 247).
  99. Karl Grüneisen, Württembergischer Theolog (1802–1878): s. Allgem. deutsche Biographie, Bd. 10, S. 36 f.
  100. Grüneisen hatte unter dem 11. April an Schnorr geschrieben: „Jch freue mich außerordentlich Ihrer Mittheilungen über Rietschels nenestes Werk. Auch bin ich recht gerne bereit, wenn Rietschel es für passend hält, in der Angelegenheit des Wormser Denkmals an meinen alten Freund, den Prälaten Zimmermann und zwar so ostensibel zu schreiben, daß der Großherzog, der wenigstens früher etwas von mir hielt, es lesen darf ...
  101. Die beiden Bilder sind 1551 von Hans Krell gemalt und jetzt in der Gemäldegalerie unter den Nummern 1956 und 1957 vereinigt.
  102. Pechts: s. oben unter dem 24. August 1858.
  103. Feodor Dietz, Schlachtenmaler (1813–1870): s. Allgem. deutsche Biographie, Bd. 5, S. 209 f. Die Broschüre von Dietz, die hier erwähnt wird, ist in der kgl. Hof- und Staatsbibliothek zu München vorhanden.
  104. Ludwig hieß ein älterer Bruder Schnorrs, gleichfalls Maler.
  105. Johann Gottlob Voigt, Hausmeister der Gemäldegalerie.
  106. Friedrich Matthäis „Ermordung des Aegisth“ war damals gekauft worden.
  107. Ch. F. Arnold, zu jener Zeit dritter Lehrer für Baukunst und Bauwissenschaften an der Dresdner Akademie der bildenden Künste.
  108. Ostades Bild „Zwei schmausende Bauern“ ist in Hübners Katalog vom Jahre 1856 als ein Werk nach Ostade aufgeführt. In seinem Kataloge vom Jahre 1862 findet man die Angabe bereits berichtigt.
  109. Dr. theol. et phil. Jul. F. Böttcher (1801–1863), Konrektor an der Kreuzschule, bekannter Hebraist.
  110. Rietschels zweite Tochter.
  111. Abweichend beurtheilt Wörmann das unter 2) angeführte Bild, das er jedoch nicht mit voller Sicherheit, sondern nur dem gegenwärtigen „Stande der Wissenschaft Rechnung tragend“ unter van Dyck einreiht.
  112. Jetzt im Besitz der Kgl. Gemäldegalerie.
  113. Schon erwähnt oben unter dem 13. Januar 1850.
  114. Nach Wörmann ist der Maler des Dresdner Bildes Francesco Cossa.
  115. „Thronende Maria mit dem Kinde und Johannes“ jetzt Nr. 22, nach Wörmann von einem unbestimmten Florentiner.
  116. Vergl. oben unter dem 17. Mai 1858.[WS 3]
  117. Die gedruckte Bekanntmachung (Beilage zu Nr. 264 der Allgem. Zeitung vom 21. September 1859 S. 4311) erwähnt einleitend, daß die „von jeher“ zu dem Bestande der Königlichen Gemäldegalerie gehörige Sammlung der „Vorrathsbilder“ die Gemälde enthalte, welche bei früheren Ankäufen in Masse für die Aufnahme in die Galerie nicht geeignet erschienen oder in Folge von Veränderungen in Königlichen Gebäuden ihr zufielen. „Sie wechselte nach Gehalt und Umfang; denn von Zeit zu Zeit wurden derselben auch wieder Bilder entnommen, um der Hauptsammlung einverleibt zu werden“.
  118. Anna Jameson, Tochter des Malers Murphy, berühmte englische Schriftstellerin, mit Schnorr schon von München her bekannt.
  119. Ein Sohn Schnorrs, bis 1858 Kreuzschüler, damals Student.
  120. Rudolf von Deutsch, geboren 1835 in Moskan, gegenwärtig in Berlin lebend, damals Schüler Schnorrs, wie die beiden anderen hier Genannten.
  121. Des Sängers Ludwig S. v. C.
  122. Es folgt hier der Bericht über eine Reise nach Endorf in Bayern und Wien, den ich übergehe, obgleich die Aufzeichnungen über Wien einiges enthalten, was für die Dresdner Gemäldegalerie von Interesse ist.
  123. Später Direktor der Akademie zu Düsseldorf, schon erwähnt unter dem 24. November 1857.
  124. Heinr. Gust. Hotho (1802–1873), seit 1859 Direktor der Kupferstichsammlung des königlichen Museums in Berlin.
  125. Vergl. oben unter dem 30. August.
  126. Vergl. oben unter dem 17. Mai 1858.
  127. Das noch jetzt dem Staatsfiskus gehörige Grundstück Ammonstraße Nr. 9 wurde gekauft, um Rietschel in demselben ein Atelier nebst Wohnung anweisen zu können.
  128. Der Schluß des in Schnorrs Nachlaß erhaltenen Rietschelschen Briefes lautet: „Deiner vortrefflichen Frau die herzlichsten Grüße! Sie war die erste, die in mir den Gedanken und Muth aufrief, auch Zulage zu fordern. Was wären wir ohne die Frauen!“
  129. Jetzt die Königliche Gemäldegalerie in Dresden.
  130. Bezüglich eines von Johann Karl Lasch zum Ankauf angebotenen Bonifazio.
  131. Dr. med. F. Mor. Heymann, Augenarzt.
  132. Dr. med. Gustav Seifert, Arzt.
  133. Hugo Häpe, damals Regierungsrath, gest. 1902.
  134. Die Erwähnung dieses Namensvetters gibt mir Gelegenheit, einen Irrthum in dem 1897 erschienenen „Katalog der Bibliothek der Königl. Akademie der bildenden Künste zu Dresden“ zu berichtigen, der darin besteht, daß S. 101 in einer und derselben Liste mit der „Bibel in Bildern“ und anderen Werken des Verfassers vorliegender Tagebuchnotizen auch aufgeführt wird: „Goethe, Reineke Fuchs. Mit Zeichnungen von W. v. Kaulbach. Auf Holz gezeichnet von Jul. Schnorr. Stuttgart 1857.“
  135. Georg Bleibtreu (1828–1892), Schlachtenmaler.
  136. C. Naumann.
  137. Ernst Fürchtegott Mohn, Radierer, geb. 1835 in Pieschen bei Dresden.
  138. Schon erwähnt unter dem 23. Dezember 1856.
  139. Im deutschen Kunstblatt 1855, Nr. 44, S. 388.
  140. Erste Beilage zur Königl. privileg. Berlinischen Zeitung 13. Febr. 1857, S. 3–7.
  141. Die Ausstellung fand im Salon des südlichen Zwingerpavillons statt. Der Vorstand der Dresdner Schiller-Stiftung lud zum Besuche in einer Bekanntmachung ein, der folgende von Schnorr und Hübner unterzeichnete Erklärung beigefügt war: „Daß obgenanntes Werk von der Hand Rafaels sei und der bezeichneten Periode [der Zeit des Sposalizio] angehöre, ist auch die Ueberzeugung der Unterzeichneten.“
  142. Die Bezeichnung des weiblichen Bildnisses, Nr. 1701, jetzt 846, lautet: „aetatis 41 anno 1548“; die des männlichen, Nr. 1708, jetzt 813; „aetatis sue 40 anno 1548“.
  143. Wörmanns Katalog theilt das weibliche Bildniß einem „holländischen Meister“ zu und findet in dem männlichen die „Art des Pieter Pourbus“.
  144. Waagen in seiner Schrift „Einige Bemerkungen über die neue Aufstellung, Beleuchtung und Catalogisirung der K. Gemäldegallerie zu Dresden“ (Berlin 1858) S. 49 f. bestreitet, daß Holbein die beiden Porträts 1698 and 1701 gemalt haben könne, und will sie Antonis de Moor zutheilen.
  145. Carl J. E. Clauß, schon erwähnt unter dem 14. Juli 1857.
  146. Minister des Königlichen Hauses von Zeschau.
  147. Eine Tochter Schnorrs.
  148. Eigenthum des Städtischen Museums in Leipzig.
  149. Schon erwähnt unter dem 10. September 1857.
  150. Der Gattin Schnorrs.
  151. In einem durch mehrere Nummern des Morgenblattes gehenden, „Dresdner Grübeleien“ betitelten Aufsatze wird (S. 144 der Nr. 6 vom Jahre 1860) von Wigands Richter-Album gesprochen und dabei gesagt: „Wir mögen den Ehrensold gar nicht nennen, welcher, als freiwillige Huldigung Seitens des glücklichen Spekulanten, dem Schöpfer dieses Werkes noch Dankesverpflichtung auferlegt hat – oder, aber warum nicht? wir wollen seine Bescheidenheit nicht unserem Unmuth einen Zaum anlegen lassen, wir wollen die Summe verrathen – es waren in Allem zweihundert Thaler“.
  152. Das Bild befindet sich jetzt in der Galerie unter Nr. 1002 und wird auch von Wörmann als das Werk eines „Schülers und Nachahmers des P. P. Rubens“ angesehen.
  153. Eberh. Jul. F. Grüder, Historienmaler in Dresden.
  154. Das Schreiben des inzwischen in weiten Kreisen bekannt gewordenen Professors M. E. Beck in Herrnhut ist in Schnorrs nachgelassener Korrespondenz erhalten.
  155. Mathilde Arnemann, geb. Stammann, † 21. August 1896 zu Hamburg im 88. Lebensjahr, bekannt durch ihre gemeinnützige Thätigkeit besonders im Dienste der Verwundeten- und Krankenpflege.
  156. Wilhelm Lübke (1826–1893), Kunsthistoriker.
  157. Joh. Christoph Erhard (1795–1822), Maler und Radierer. Von seinem unglücklichen Ende berichten Schnorrs „Briefe aus Italien“, S. 393 f.
  158. Dies war, wie aus einer – hier nicht abgedruckten – Tagebuchaufzeichnung vom 25. April 1854 hervorgeht, sechs Jahre früher schon einmal geschehen.
  159. II. Buch der Maccabäer Cap. 11: „Ein Engel des Herrn führt Israel gegen den Feind“.
  160. Karl August Schwerdgeburth, Kupferstecher, geb. 1785 in Dresden, gest. 1878 in Weimar.
  161. Paul Emil Jacobs, Historien- und Bildnißmaler, geb. 1802 in Gotha, gest. daselbst 1866.
  162. Im Stralsunder Rathhause.
  163. Dresdner Journal Nr. 105 u. 106 vom 6. u. 8. Mai 1860.
  164. Des Professors an der Dresdner Akademie Karl Ludwig Adolf Ehrhardt, geb. 1813 in Berlin, gest. 1899 in Wolfenbüttel.
  165. Der 1854 im Verlag der Agentur des Rauhen Hauses in Hamburg erschienene Roman „Eritis sicut Deus“, ein „Roman der inneren Mission“, wie man ihn genannt hat, war nur kurze Zeit berühmt und ist jetzt völlig vergessen, nicht mit Unrecht, wenn man Hermann Marggraff’s Urtheil in den „Blättern für litterarische Unterhaltung“ 1854, Nr. 14, für zutreffend halten darf. Verfasser war ein württembergischer Pfarrer Namens August Cranz, der 1880 zu Vaihingen im Alter von 57 Jahren starb.
  166. Frau Dustmann-Meyer, k. k. Kammersängerin aus Wien, spielte als Gast die Rolle der Elsa.
  167. Leo v. Klenze, der berühmte Münchner Architekt, geb. 1784, gest. 1864.
  168. Die Malerin Frau Angelina Gaggiotti-Richards hatte damals in Dresden ihren Wohnsitz.
  169. Das berühmte Bild, darstellend die heilige Familie – Nr. 20 des neuen Galeriekatalogs – wurde inzwischen als ein Werk Piero di Cosimos bestimmt.
  170. Siehe die Anmerkung zu der Tagebuchnotiz vom 30. Juni.
  171. „Die Wahrsagerin“ (Wörmanns Katalog Nr. 412).
  172. „Petrus, den Heiland verleugnend“, jetzt 413, nach fachmännischem Urtheil „sicher nicht von Caravaggio selbst“.
  173. Der neue Galeriekatalog (Nr. 13) theilt das Bild („Maria mit dem Kinde und Johannes“) dem Lorenzo di Credi zu.
  174. Richtiger: aus der Schule Domenico Ghirlandajos (Wörmanns Katalog Nr. 17 und 18).
  175. „Johannes der Täufer im Gefängniß“, nach Wörmann zu Nr. 5 aus der „Schule Giottos“.
  176. „Thronende Madonna“, nach Wörmann zu Nr. 23 von einem „unbestimmten Toscaner XIII. Jahrh.“
  177. „Dresdner Grübeleien“ im Morgenblatt": s. oben unter dem 5. März. Gabers Vermuthung, daß Albert von Zahn deren Verfasser gewesen sei, traf, wie ich inzwischen von kundigster Seite erfahren habe, nicht das Richtige und wurde von Schnorr – s. unter dem 9. März – irrthümlicher Weise für glaubwürdig gehalten.
  178. Vergl. oben unter dem 30. August 1859.
  179. Dies ist geschehen.
  180. Oben erwähnt unter dem 7. Mai.
  181. „Scheherasade erzählt dem Sultan Märchen“, ein in Königsberg befindliches Bild von Jacobs.
  182. S. oben unter dem 13. u. 14. Mai 1854 (Geschichtsblätter 1896 Nr. 2 Seite 265).
  183. S. oben unter dem 1. August 1856.
  184. Die Schlacht bei Poitiers im Jahre 732, Sieg Karl Martells über die Sarazenen.
  185. Christoph Christian Ruben, Maler (1805–1875), 1841 bis 1852 Direktor der Prager, 1852–1872 Direktor der Wiener Akademie.
  186. Der öfter, beispielsweise am 7. März 1858 erwähnte Schüler Schnorrs.
  187. Wie auch Morelli zuletzt, nachdem er anfangs Credi für den Urheber gehalten (s. Wörmann zu Nr. 13).
  188. Christliches Kunstblatt 1860 S. 81 ff., 1861 S. 78 ff.
  189. Wörmann zu Nr. 1101 theilt das Bild „Im Atelier“ zwar Ferd. van Apshoven II zu, erwähnt jedoch, daß es nach Frimmel eine wenig veränderte Kopie nach einem Werke D. Teniers d. j. im Stifte St. Florian in Oberösterreich sei.
  190. In der Berliner Nationalzeitung.
  191. Aus ihnen ist das jetzige Schweizer-Viertel entstanden.
  192. „Die Wahrsagerin“, nach Wörmann zu Nr. 412, von einem Nachahmer Caravaggios.
  193. „Napoleon“ von De la Roche.
  194. Der Freund Franz Schuberts und Schwinds, schon erwähnt am 9. Januar 1858.
  195. Schober that dies ohne Nennung seines Namens im Dresdner Journal.
  196. Dresdner Anzeiger vom 10. Dezember, S. 13.
  197. Dresdner Anzeiger vom 16. Dezember, S. 3.
  198. Des Pfarrers Merz zur Bibel in Bildern.
  199. In seinem weiter unten unter dem 4. März erwähnten, mir in eigenhändiger Abschrift vorliegenden Gutachten äußert sich Schnorr über den Vorgang folgendermaßen: „Diesem ist noch beizufügen, daß Rietschel, als er eine Veränderung an dem Kopfe Luthers für nothwendig erachtete, die er nicht mehr selbst unternehmen konnte und deren Ausführung er Donndorf übertrng, mir sagte: ich habe das volle Vertrauen zu Donndorf, der sich in mein Werk ganz eingelebt hat, daß er diese Aenderung in meinem Sinne ausführen wird. Rietschel bat mich dann, dem Donndorf bei der Arbeit zur Seite zu stehen, weil ihm dieses noch zur Beruhigung gereichen würde.“ Bei Gelegenheit des 1883 entstandenen Streites über Rietschels „echten“ Luther-Kopf ist von mir aus Schnorrs Tagebüchern schon einmal durch den Druck veröffentlicht worden, was als urkundliches Zeugniß zur Feststellung der Wahrheit zu dienen geeignet war: Dresdner Anzeiger vom 20. Juli 1883, S. 15 f.
  200. In der gedruckten Erklärung zu dem Blatte 220 liest man: „Der Maler zeichnet sie mit übergeschlagenen Beinen, trostlos unterwärts gefalteten Händen, aufgelöstem Haare, verschleiertem Haupte an die Felsenpforte gelehnt ... Es ist eine unweibliche, der mannhaften Magdalena nur in der Verzweiflung des Schmerzes mögliche Stellung ...
  201. So pflegte damals der Trinitatisfriedhof genannt zu werden.
  202. Heinrich Theodor Schulze, geb. 1. Oktober 1820 in Polenz bei Leipzig, Diakonus, später Pfarrer an der Kirche zu Friedrichstadt-Dresden.
  203. Ein Nekrolog auf Rietschel, der in den Beilagen zu Nr. 84 und 85 des Jahrgangs 1861 der Allgemeinen Zeitung abgedruckt ist, weist am Schluß die Namensabkürzung J. H. auf und ist sonach von Julius Hübner, nicht von Hermann Hettner verfaßt.
  204. Die betreffende Stelle ist hier weggeblieben.
  205. Jetzt in der Kgl. Gemäldegalerie unter der Bezeichnung „Der heilige Eustachius (oder Hubertus)“ Nr. 1873.
  206. Auch nach Wörmann ist sie „vielleicht von niederländischer Hand“.
  207. Richtiger Baldassare Peruzzi, jetzt Nr. 99.
  208. Nach Wörmann sind in dem anscheinend „von nordischer Hand herrührenden Bilde“ Nr. 99 die drei Hunde ein „Zusatz des Kopisten“.
  209. Abgedruckt im Christlichen Kunstblatt 1861 Nr. 9 and 10.
  210. Ernst Giese, der bekannte, bis vor kurzer Zeit in Dresden wirkende Architekt, gest. 12. Okt. 1903 in Charlottenburg.
  211. Mitglied des Ausschusses des Vereins für das Lutherdenkmal in Worms, schon erwähnt unter dem 23. Februar.
  212. Neben Edgardo und Florestan in den Opern Troubadour und Fidelio.
  213. In der Oper Lucrezia Borgia.
  214. Die Anmerkung (*) auf S. 184 des vorliegenden Bandes ist dahin zu berichtigen, daß der Roman „Eritis sicut Deus“ wirklich von einer Verfasserin, wie Schnorr in seinem Tagebuche ganz richtig annimmt, nicht von einem Verfasser herrührt. Durch eine dankenswerthe Auskunft der Verlagshandlung habe ich zuverlässig erfahren, daß das Buch von einem Fräulein Auguste Kranz verfaßt wurde, die „vor circa 6 Jahren“ gestorben ist.

Anmerkungen (Wikisource)

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  5. Vorlage: chon. Vermutlich Druckfehler, wurde sinngemäß durch „schon“ ersetzt
  6. Vorlage: chöner. Vermutlich Druckfehler, wurde sinngemäß durch „schöner“ ersetzt
  7. Vorlage: etzten. Vermutlich Druckfehler, wurde sinngemäß durch „letzten“ ersetzt