Seite:Dresdner Geschichtsblätter Dritter Band.pdf/207

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

11) Samstag ... Herr Apell (in Arnolds Kunsthandlung) hat Ehrhardts Porträt, das er von mir gekauft, von Bürkner stechen lassen. Er sendet mir einen Abdruck zur Retouche. Der Stich ist sehr gut und ich gebe ihn mit nur wenigen Bemerkungen zurück ...

14) Dienstag ... Museum. Direktor Ruben[1] aus Wien ist daselbst, von Professor R. Kummer begleitet. Es ist mir interessant, den alten Bekannten aus der Münchner Zeit wiederzusehen, ich kann aber nicht sagen, daß er mir einen guten Eindruck macht. Auffallend ist seine slavische Tournüre und Sprache ...

16) Donnerstag ... Die Offenbarung Johannis nimmt in diesen Tagen all mein Denken, Dichten und Trachten in Anspruch. Die Aufgabe, die sich mir stellt, in Erfassung des Gegenstandes und Darstellung des wunderbaren Stoffes einen würdigen Schluß meines Werkes zu geben, ist eine gar zu schwere. Indessen, die Sache muß angefaßt und ins Reine gebracht werden. Ich nehme das Calwer Handbuch der Bibelerklärung vor mich, greife aber bald zur Bibel selbst und finde aus ihr heraus, was für mich faßbar ist und den Bedingungen, die aus der Anlage des Werks sich ergeben, entspricht. Ich lege Werth darauf, daß sich das Werk mit der Schöpfung eröffnet und mit dem Gesicht von dem neuen Himmel und der neuen Erde schließt Am Nachmittag komme ich mit der Wahl der fünf Gegenstände, welche ich der Offenbarung Johannis widmen kann, mit Bezeichnung der Bilder und der Feststellung des Textes zu Stande. Vor Tisch sah ich mir im Kupferstichkabinet die Dürerschen Offenbarungsbilder an. Nachmittag legte ich mir Cornelius seine Friedhofsbilder zurecht, kam jedoch heute nicht mehr dazu, sie zu betrachten ...

17) Freitag ... Die Offenbarung Johannis. Noch einmal über- und durchdenke ich das gestern Gedachte und Zurechtgelegte. Indem ich mit wenigen Linien das Eine und das Andere zu gestalten versuche, finde ich mich noch besser in dem Stoff zurecht. Die Bezeichnung eines Bildes wird geändert und der Text anders gestellt, ich glaube aber mit der Disposition nun im Reinen zu sein. Ich weiß, was ich geben will, und sehe klar, in welcher Form ich es ausdrücken kann. Ich betrachte die Arbeit, die mir noch übrig bleibt, nicht als etwas, was ich nothgedrungen thun muß, um mit dem Werke zu Ende zu kommen, sondern als den Genuß einer Frucht, die unter langer Pflege und Mühe gezeitiget worden; als das Aufnehmen eines Schlußaccords, in welchem sich endlich chaotisch verschlungene, sich windende und abringende Dissonanzen in Friede und Freude lösen. Ich hoffe, daß diejenigen, die an den Schöpfungstagen sich nicht wohl fühlten, sich etwas beruhigen werden, wenn sie sehen, was Johannes sah: Und ich sahe einen neuen Himmel und eine neue Erde. Denn der erste Himmel und die erste Erde verging, und das Meer ist nicht mehr. Und ich Johannes sahe die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabfahren, zubereitet als eine geschmückte Braut ihrem Manne ...

18) Samstag ... In der Galerie hat sich ein unangenehmer Vorfall ereignet. Dem Maler Schramm ist seine vor kurzem fertig gewordene Copie von Batonis Magdalena, die bereits verkauft war, durch Vitriol verdorben worden. Diese schändliche Bosheit ist ohne Zweifel durch einen andern Copierenden verübt worden; vielleicht gelingt es, ihn zu entdecken. Das Fläschchen, noch halb mit Vitriol gefüllt, hat sich noch vorgefunden ...

19) Sonntag ... Gegen 5 Uhr mache ich mit Zumpe[2] und Gey einen Spaziergang nach Kunnersdorf: wo ich lange nicht gewesen bin. Das kleine abgeschiedene Thal mit seinen drei Mühlen ist so reizend, baum- und wiesenfrisch, daß wir uns ganz glücklich fühlen. Die Stille (bei einer einzigen Mühle sehen wir eine Birnensammlerin und sonst keinen Menschen) ist dabei einer lebhaften Unterhaltung höchst förderlich. Zumpe muß uns von Rom, vor allem von Cornelius und Overbeck erzählen. Da, wo der Weg sich rechts auf die Höhe zieht, biegen wir links und steigen nach Kunnersdorf hinan; dann gehen wir durch das Dorf und hinab bis ans Ende des Thales, wo wir kehrt machen und durch den dicht bewaldeten Thalgrund zurückgehen bis zu jenem Wege ...

21) Dienstag ... Gegen Abend besucht uns Rietschel. Er sieht doch viel besser aus als vor seiner Abreise. Nur kann er den Husten nicht los werden. ...

23) Donnerstag ... Ich komme heute mit dem Entwurf zu den „vier Reitern“ aus der Offenbarung zu Stande. Das Blatt ist sehr figurenreich, und deshalb mußten auch die Figuren kleiner werden als bei den andern Blättern. Der Gegenstand ist so eigenthümlicher Art, daß mir das als kein Nachtheil erscheint. Zscheckel bringt mir den Abdruck des Blattes „Bekehrung des Kämmerers“. Ich habe lange warten müssen, das Blatt ist aber schön gearbeitet, und so sage ich gern: Ende gut, alles gut ...

26) Sonntag. Ich vergaß gestern zu bemerken, daß mich Hübner auf eine Zeichnung in unserm Kabinet aufmerksam machte, welche mit dem Namen Leonardo da

Vinci zwar von fremder Hand, aber doch schon seit lange


  1. Christoph Christian Ruben, Maler (1805–1875), 1841 bis 1852 Direktor der Prager, 1852–1872 Direktor der Wiener Akademie.
  2. Der öfter, beispielsweise am 7. März 1858 erwähnte Schüler Schnorrs.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 190. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/207&oldid=- (Version vom 11.9.2024)