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schließlich festgestellt, daß Rietschels Bericht zirkulieren soll, damit ein jedes Mitglied in kurzen Worten das Resultat seiner Erwägungen, d. i. seine Meinung, schriftlich niederlegen kann.

25) Dienstag ... Ich gehe zu ihm [dem Hofgraveur Jahn] ... Bei der Gelegenheit erfahre ich, daß man das Wappen auf unserm Silbergeld mit Beachtung der von dem akademischen Rath gemachten Vorschläge abändern wird. Statt des Mantels wird das Wappen mit den Wappenhaltern (Löwen) umgeben ...

26) Mittwoch ... Museum. Inspektor Hotho[1] ist noch immer hier und täglich in der Galerie. Er scheint gründlich unterrichtet. Deshalb sind mir seine Ansichten bemerkenswerth. Das von Steinla als ein Werk des Lorenzo di Credi bezeichnete Bild[2] hält er für einen Raffaellino del Garbo, das von Steinla also bezeichnete [„Maria mit dem Kinde und Heiligen“, jetzt Nr. 21] will er diesem Meister nicht zuschreiben; es scheint ihm zu gering für dessen Hand. Auch den kleinen Filippino Lippi [„Maria mit dem Kinde“, jetzt Nr. 19] hält er für unrichtig bezeichnet. Doch findet er dieses, wie das dem Lorenzo di Credi zugeschriebene Bildchen werthvoll. Ueber unsere heilige Margaretha, bezeichnet „Correggios Schule“, spricht er sich genau so aus, wie Passavant[3]. Er sagt: er würde nicht das mindeste Bedenken finden, das Bild als Werk des Correggio anzuerkennen, wenn es dem Meister zugeschrieben wäre ...

29) Samstag. Rietschel schickt mir am frühen Morgen Grüneisens Brief, den ich ihm gestern gegeben, zurück mit einigen Zeilen, in welchen er mir Folgendes schreibt: Gestern Abends theilte mir Geh. Rath Kohlschütter mit, daß das Hempelsche Haus gekauft werden würde[4] ... Rietschel fügt hinzu: „mir brennt der Kopf und das Herz, und meine Hände falten sich zum Dank und dann zur Bitte, daß mir Gott gewähren möge, wenigstens mein Lutherdenkmal vollenden zu können“[5] ...

November.

3) Donnerstag ... Gestern brachte Gaber einen Abdruck des Bibelblattes Nr. 138 „Die Ruhe der Freundin unter dem Schutze des Freundes“ (Hohes Lied Salomos). Das Blatt ist sehr schön geschnitten ... Frau von Quandt hat mich für heute zu der Besichtigung der in Mappen zurückgelassenen Zeichnungen ihres verstorbenen Mannes in ihr Haus beschieden ... Nach Tisch machen wir uns gleich über die Mappen. Es sind schöne Sachen darunter ... Unter den 8 bis 10 Zeichnungen von mir ist auch eine sehr ausgeführte Federzeichnung, der Entwurf zu dem Bilde, das Quandt[6] besitzt: „Der Besuch“. Diese Zeichnung ist wirklich gut. Einige unter denselben sind mir aber geradezu unangenehm ...

6) Sonntag ... Besuch bei Rietschel. Ich erstatte ihm Bericht über die gestrige Sitzung der Galeriekommission. Da zufällig auch Hübner bei Rietschel sich einstellt, so erfährt er vollkommen, wie die Sachen[7] stehen ... Wir kommen auch auf den plastischen Schmuck der großen Aufgangstreppe zur Brühlschen Terrasse zu sprechen. Hübner hat einen unleugbar interessanten und bedeutenden Gegenstand in Vorschlag gebracht, welcher einen historischen Charakter hat. Es wird nämlich, was mir nicht bekannt war, die Sage von Drusus, welchem ein gigantisches germanisches Weib, eine Norna erscheint und drohend seinen Uebergang über die Elbe wehrt, an den Platz unseres jetzigen Elbübergangs verlegt und der Name Dresden von Drusus abgeleitet. Hübner meint nun, die dräuende Norna und der zurückschreckende Drusus mit einigen Nebenfiguren verbunden, würden schöne Gruppen für die unteren Postamente, eine Gruppe von Fischern als erste Erbauer der Stadt und eine andere Gruppe, welche das heutige Dresden charakterisierte, würden den passenden Schmuck für die oberen Postamente abgeben. Der Gedanke ist gewiß nicht schlecht, wenn sich gegen dessen Ausführung auch mancherlei sagen läßt ...

9) Mittwoch ... Reißiger ist also todt. Das Dresdner Journal enthält einen sehr gut geschriebenen und interessanten Nekrolog (von C. Banck). ... Dreßler hat die beiden ihm übertragenen Abschriften der Bekanntmachung wegen unseres christlichen Kunstvereins mir übergeben. Die eine bringe ich an Schönherr ..., mit der andern gehe ich zu Rietschel, erstatte Vortrag über die ganze Angelegenheit, lese die (von Langbein abgefaßte) Schrift ihm vor und frage ihn, ob ihm die Sache recht sei und er beitreten wolle. Derselbe erklärt seinen Beitritt unbedingt und wünscht nur (was wir Andern ja auch stets im Auge behalten haben) dafürgesorgt zu sehen, daß bei dem Unternehmen confessionelle Uebertreibungen und Engherzigkeiten ferne bleiben ...


  1. Heinr. Gust. Hotho (1802–1873), seit 1859 Direktor der Kupferstichsammlung des königlichen Museums in Berlin.
  2. Vergl. oben unter dem 30. August.
  3. Vergl. oben unter dem 17. Mai 1858.
  4. Das noch jetzt dem Staatsfiskus gehörige Grundstück Ammonstraße Nr. 9 wurde gekauft, um Rietschel in demselben ein Atelier nebst Wohnung anweisen zu können.
  5. Der Schluß des in Schnorrs Nachlaß erhaltenen Rietschelschen Briefes lautet: „Deiner vortrefflichen Frau die herzlichsten Grüße! Sie war die erste, die in mir den Gedanken und Muth aufrief, auch Zulage zu fordern. Was wären wir ohne die Frauen!“
  6. Jetzt die Königliche Gemäldegalerie in Dresden.
  7. Bezüglich eines von Johann Karl Lasch zum Ankauf angebotenen Bonifazio.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/150&oldid=- (Version vom 10.9.2024)