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Das Stück hat große Schönheiten, wird trefflich gegeben und findet zum Theil wohl wegen seiner politischen Beziehungen großen Anklang. Die in die Zwischenspiele aufgenommene Volkshymne „Schleswig-Holstein stammverwandt“ macht eine gewaltige Wirkung. Wollte Gott, es käme eine Zeit, in der diese Wirkung mit einem Volkskriege gegen die Nationalfeinde zusammenfiel! Dawison (Heinrich), die Bayer (seine Gemahlin) sind vortrefflich ...

8) Freitag ... Obermann bringt wieder einen Probedruck. Das Blatt stellt Salomons Tempelbau vor. Es ist nach seiner Weise gut gearbeitet ... In der Augsburger Allgemeinen Zeitung[1] wird auch auf von Meyerns Stück „Graf Heinrich von Schwerin“ wegen seiner patriotischen Beziehungen hingewiesen und die Bearbeitung solcher vaterländischen Stoffe empfohlen. Ich zweifle nicht, daß wir bald im Gebiete der Malerei und der dramatischen Dichtung diese Richtung einschlagen sehen, und erwarte guten Erfolg für die Kunst und für die Gesinnung des neuen Geschlechts.

9) Samstag ... Ein sehr schönes Bildchen aus dem Vorrath von Gysels[2], von welchem eine Wiederholung mit Veränderungen auf der Galerie ist, gibt nochmals Veranlassung die beim Verkauf festzuhaltenden Grundsätze zur Sprache zu bringen. Ich erkläre bestimmt, daß wir ohne höhere Ermächtigung nicht das Recht haben, etwas wirklich Vorzügliches zu verkaufen in der Meinung, durch einen bedeutenden Erlös ein gutes Geschäft für die Galerie zu machen. (Es versteht sich, daß hier ohnehin nur von Vorrathsbildern die Rede ist.) ... Schurig hat uns seine zum Behuf des Stichs nach Correggios Nacht angefertigte Zeichnung zur Beurtheilung vorgelegt. Wir finden sie vortrefflich, nur noch etwas unruhig ...

11) Montag ... Im Museum finde ich den soeben angekommenen Schrank für die Miniaturen. Er ist sehr schön ausgefallen und wird seinen Zweck sehr gut erfüllen, dabei auch dem Raum, in welchem er aufgestellt ist, zur Zierde gereichen. Hofbaumeister Krüger stellt sich selbst auch ein und empfängt meinen Dank ...

13) Mittwoch ... Ein Kunstfreund, der sich nicht nennt, macht mich in ein paar französischen Zeilen aufmerksam, daß das Bild Nr. 906, das dem Jordaens zugeschrieben wird, Silen mit einem Gefäße darstellend, in welches ihm eine Bacchantin Wein schenkt, die Copie eines Bildes von Rubens sei, das sich in Petersburg in der Eremitage befindet[3].

14) Donnerstag ... Hübner hat mich gebeten, eine zweite Vase, welche er für die Manufaktur mit Malerei zu schmücken unternommen, zu sehen. So besuche ich ihn denn und finde die Arbeit in der Art wie die frühere, die das Hauptbild „Das goldene Zeitalter“ umgibt ...

15) Freitag ... Herr von Quandt in der Galerie. Wir sprechen uns vor dem Holbein. Auch er ist der Meinung, daß dessen Madonna, wie die Sixtina, isoliert aufgestellt werden müsse ...

18) Montag ... Endlich wieder einmal Besuch des Ateliers. Ich finde drei meiner Schüler mit einem Porträt nach dem Leben beschäftiget, was mir sehr recht ist ...

20) Mittwoch ... Nachmittags erhält meine Frau wieder einen Besuch von der Freiin von Uslar-Gleichen. Sie kommt von München und hat dort alle uns interessanten Männer kennen gelernt und erzählt uns von ihnen ... Kaulbach wird nicht in der Wartburg, wenigstens das Luther-Zimmer nicht, malen. Er sagt, er sei nicht religiös und könne deshalb auch nicht religiöse Gegenstände malen. Auch dieses theilt uns das Fräulein mit ...

23) Samstag. Auf den Rath des Geh. Rath Carus suchen Hettner und ich Seine Excellenz Herrn von Lüttichau in der Expedition des Hoftheaters auf. Ehe wir vorkommen, treffen wir mit Reißiger, Dawison und Pabst zusammen. Dawison setzt Hettner zur Rede wegen eines Artikels, den dieser in die Augsburger Allgemeine Zeitung hat einrücken lassen, in welchem unter anderm der neue Vorhang, der den Scenenwechsel deckt, getadelt wird[4]. Herr von Lüttichau beantwortet unser Anliegen in einer Weise, daß wir deutlich sehen, wie gut! er bearbeitet worden ist. In Betreff der Unterstützung eines Liszt-Concerts im Theater unter Mitwirkung der Hofkapelle erhalten wir entschieden verneinende Antwort. Die Hofkapelle wird im Laufe des Winters eine Aufführung zu Gunsten des [Weber-]Denkmals aus eigener Veranstaltung geben. – 12 Uhr Galerie-Kommission. Auch Rietschel ist heute zugegen. Zunächst wurde eine gute Copie in Pastellfarben nach van Dycks Bild Nr. 943 (angeblich Cromwells Neffe)[5] mit diesem verglichen. Das Bild ist zu verkaufen und will als Arbeit van

Dycks gelten. Der Rahmen läßt vermuthen, daß das


  1. „Ein patriotisches Stück. Dresden, 2. Oktober“: Beilage zu Nr. 286 vom 13. Oktober.
  2. „Jagdbeute am Waldrand“, Wörmann Nr. 1161 (in Hübners Katalog vom Jahre 1862 Nr. 768).
  3. Das Dresdner Bild: „Bacchus auf dem Fasse“, Wörmanns Nr. 984, gilt jetzt als eine Werkstattswiederholung eines in St. Petersburg vorhandenen Originalgemäldes von P. P. Rubens.
  4. Ein mit – τ τ – bezeichneter Artikel in der Beilage zu Nr. 289 der Allgemeinen Zeitung vom 16. Oktober rühmt die Darstellung der Titelrolle in Richard dem Dritten als eine der genialsten Leistungen Dawisons, meint aber, daß trotz alledem der Eindruck der Aufführung nur ein sehr gemischter gewesen sei wegen unzulässiger Streichungen und ungenügender Einstudierung, sowie wegen der Neueinführung eines Zwischenvorhangs, der störend gewirkt habe.
  5. „Bildniß eines Geharnischten“, jetzt Nr. 1043, nach Bode und Wörmann nicht von van Dyck.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 55. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/58&oldid=- (Version vom 28.8.2024)