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19) Montag ... Museum. Kupferstichkabinet. Besichtigung Cranachscher Holzschnitte – Bildnisse Kaiser Karls V., Sächsischer Fürsten und D. M. Luthers ...

20) Dienstag ... Von der Obermannschen Platte (Michael und der Drache) sehe ich einen Probedruck, der mir Freude macht ... Heute wird die Zauberflöte aufgeführt mit Ludwig als Tamino ... Ludwig sieht prachtvoll aus und singt wunderschön. Die Aufführung macht mir außerordentliche Freude. Malvina ist nicht mit ihrem Mann, noch weniger mit den andern Künstlern, am wenigsten mit dem Publikum zufrieden. Ludwig selbst scheint viel Anerkennung und Aufmunterung bei seinen Kollegen, bei dem Kapellmeister und bei Herrn von Lüttichau erfahren zu haben, denn er ist nach der Aufführung in sehr heiterer Stimmung ...

21) Mittwoch ... Ich nehme nun das Vorwort zur Bibel vor. Viel giebt es nicht zu ändern. Nur der Eingang muß anders und gegen den Schluß ein Zusatz eingefügt werden, in welchem ich meine Gründe angebe, warum ich die Schöpfungsbilder bestehen lasse und auch am Schlusse des Werkes auf den neuen Himmel und die neue Erde und die Vereinigung der Gemeinde mit ihrem Herrn und Heiland deute. Ich bediene mich hierbei der Worte, die ich in diesen Blättern (in dem Tagesbericht vom 14. Oktober) nach Beendigung des Schlußbildes niedergelegt habe ... Museum ... Die neuen Bilder hängen an ihrem Ort in der 2. Etage nur zu gut. Und doch werden wir die Klage hören müssen, daß Hammers Sau zu hoch gekommen ist ...

22) Donnerstag ... Viel später als gewöhnlich komme ich in das Museum, wo Rietz nach mir gefragt hat ... Rietz finde ich noch im Kupferstichkabinet. Wir kommen bald auf Ludwig zu sprechen und werden lebhaft im Austausch unserer Meinungen. Rietz will Ludwig zum lyrischen Tenor machen, während sowohl Ludwigs Neigung wie seine Natur, namentlich sein Organ, ihn auf das Gebiet des Heldentenors stellen. Man will eben Tichatscheck unangetastet das Regiment lassen bei der bevorstehenden Erneuerung seines Kontraktes und kümmert sich nicht darum, was Lüttichau ihm versprochen und was Ludwig infolge dieses Versprechens dran gegeben hat. Ich vertrete Ludwigs Ansicht und Recht mit Entschiedenheit, was mir um so lieber ist, als ich am Nachmittag aus Ludwigs Munde höre, wie die Sachen stehen und wie er selbst Veranlassung erhalten, sich energisch auszusprechen ...

23) Freitag. Bußtag ... Zscheckel bringt mir endlich einen Abdruck seiner letzten Platte. Er hat die Platte in drei Theile getheilt, um sich helfen lassen zu können, und dann bei der Zusammensetzung „Pech“ gehabt und viel Zeit darüber verloren.]

24) Samstag ... Im Kupferstichkabinet besichtige ich mehrere Porträts Kaiser Karls V. in den Tizianschen Heften und andern Kupferwerken ... Ohne daß ich am Morgen daran dachte, werde ich am Abend veranlaßt ... zur Aufführung des Hamlet in das Theater zu gehen. Dawison ist außerordentlich. Noch nie machte mir das Stück den Eindruck, wie heute, was vielleicht noch mehr an meiner Disposition als an der Aufführung lag.

25) Sonntag ... Juniors speisen nicht bei uns, da heute Abend Aufführung des Wilhelm Tell, Oper von Rossini, und Ludwig dabei in der Partie des Arnold Melchthal beschäftiget ist. Die Partie liegt sehr hoch und Ludwig ist nicht ohne Sorge; doch hören wir schon in den Mittagsstunden, daß er sich bei Stimme und auch sonst in guter Verfassung fühlt ... Ludwigs brillanteste und schwierigste Gesangsstücke liegen im ersten Akt. Er besteht die schwere Probe seiner Stimmmittel vortrefflich und mit bestem Erfolg. Mitterwurzer als Tell ist ausgezeichnet. Die Oper wird heute sehr gut aufgenommen, nachdem sie früher nicht hat ziehen wollen. Der König, Prinz und Prinzessin Georg sind anwesend ...

26) Montag. Brief vom Stadtpfarrer Dr. H. Merz aus Hall nebst einem Theil der Erklärungen zu meinen Bibelbildern im Manuskript ... Die Erklärungen sind, soviel ich nach der heutigen Lesung zu urtheilen vermag, dem Zwecke ganz entsprechend, einfach und ohne Weitschweifigkeit, dabei eingehend auf die künstlerische Auffassungsweise, was ich dem Verfasser besonders danke ... Nachmittag besuchen uns Juniors. Ludwig ist ganz munter, spürt nichts von Anstrengung und ist sichtlich gehoben durch die Beifallsbezeugungen, die er gestern erfahren hat. Der König hat ihm seine Zufriedenheit durch Herrn von Lüttichau bezeugen lassen. Die Kollegen im Orchester haben ihm gesagt, sie hätten sich gefreut, wieder einmal „Gesang“ gehört zu haben. Das heute Abend erscheinende Dresdner Journal bringt eine höchst anerkennende Beurtheilung seiner Leistung von C. Banck ... Gegen Abend besucht uns Gonne. Er hat den Prinzen Georg gemalt und wünscht, daß ich die Arbeit sehe, ehe er sie ganz beendiget hat.

27) Dienstag ... Infolge der gestern von Gonne erhaltenen Einladung begebe ich mich zu diesem und sehe das Porträt. Ich finde es sehr ähnlich und die Auffassung glücklich. Ich sollte meinen, daß es auch bei Hofe gefallen müßte ...

28) Mittwoch ... Heute kommt Wilhelm Tell wieder zur Aufführung ... Zu unserer Freude finden wir Frau Professor Rietschel in unserer Loge ... Beim Nachhausegehen holt uns Ludwig ein, der sehr munter ist und erklärt, daß die Partie ihm heute ganz leicht geworden sei ...

Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/213&oldid=- (Version vom 12.9.2024)