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welche man bei oberflächlicher Betrachtung gar so leicht übersieht ...

28) Mittwoch ... Atelier. Museum. Als ich auf dem Heimweg durch die kleine Reitbahngasse gehe, ruft Frau Professor Rietschel mich aus dem Fenster ihrer Wohnung an. Rietschel ist zurück, und ich begrüße das Ehepaar in seinem Haus. Er scheint sich wirklich recht erholt zu haben. – Der Theaterzettel macht bekannt, daß am Linckeschen Bade „Rochus Pumpernickel“, ein altes Wiener Stück, von Räder bearbeitet, heute zur Aufführung kommt. Es gelüstet mich die Posse zu sehen, und ich verabrede mich mit Peppi dahin zu gehen. Ich bin noch nie in diesem Theater gewesen, ebenso wenig wie mein Gefährte. Wir amüsieren uns sehr gut, obwohl das Stück unsinnig genug ist. Am Schluß tritt Räder (der den Rochus gibt), als Wiener Chocoladenmädchen auf, ganz in der Weise, wie Liotard in seinem bekannten Bilde Fräulein Baldauf dargestellt hat, und wird natürlich mit ungeheuerm Beifall empfangen.

29) Donnerstag. Ich bringe Rietschel das mir zur Bewahrung anvertraute Packet und seinen Orden pour le mérite ... Gegen 4 Uhr besucht mich der von Breitkopf und Härtels Buchhandlung für heute angekündigte Kupferstecher Sichling, um mir seine Zeichnung nach meinem Originalporträt Niebuhrs (das Bunsen zur Verfügung stellte und Sichling mitbringt) vorzulegen. Die Zeichnung ist gut, und der Stich wird noch besser werden, wenn er ebenso vortrefflich wie Lessings Porträt ausfällt, das ebenfalls von Sichling gestochen ist ...

31) Samstag ... Das Direktorium des Kunstvereins war um 12 Uhr in mein Atelier zu Peschel bestellt, um dessen Vorarbeiten zur Callenberger Kirche zu besichtigen ... Ich treffe Rietschel bei Peschel, mit welchem ich nach 12 in das Museum gehe, woselbst Hübner bereits den St. Georg von Correggio betrachtet. Dieses Bild nimmt sich nach der sehr gelungenen Restauration unvergleichlich aus ...

August.

3) Dienstag. Atelier. Peppis Bild nimmt sich jetzt recht gut aus und macht mir Freude. Es fehlt halt nur das Tüpferl auf dem i, wie bei den meisten Werken der Menschen. Ich male heute, wie überhaupt jetzt häufiger als sonst, an den Bildern der Schüler, und ich meine fast, ich könnt’s versuchen, ein eignes Bild auszuführen.[1] Museum. St. Georg hängt in der Galerie und nimmt sich höchst stattlich aus. Nun ist die „Nacht“ im Restaurationszimmer ...

5) Donnerstag ... Ein Ministerial-Erlaß an die Akademie theilt den Mitgliedern des Rathes mit, daß eine Erhöhung der Dotation für die Professur der Kupferstecherkunst nicht erreichbar ist. Mit Thäter ist also nichts, und die nächste Sitzung wird wohl Gruner uns als Collegen zuführen ... Lange ist erkrankt ... An seinem Bild hat er einige Veränderungen machen wollen, und es ist deshalb noch nicht auf die Ausstellung gekommen, was mir leid thut. Restaurationszimmer. Correggios Nacht bietet für den Restaurator größere Schwierigkeiten dar als St. Georg und St. Franciscus, obwohl diese rein künstlerischer, nicht technischer Art sind. Das Bild ist nicht so klar wie jene. Die Jungfrau mit dem Kinde gehört zu dem liebenswürdigsten, was man sehen kann, daneben ist aber viel confuses in der Zeichnung und der Malerei ...

7) Samstag ... Die Nacht des Correggio hat unter Schirmers Händen schon sehr gewonnen ...

8) Sonntag. Rietschel besucht mich. Seine Gedanken über das Luther-Denkmal sind doch noch nicht fest, sondern flüssig. Er wünscht durch meine Vermittlung von Bethmann-Hollwegs und des Propsts Nitzsch Meinung darüber zu erfahren. Seine Weise und seine Aeußerungen thun mir wohl, und gewiß, ich werde ihm treu zur Seite stehen. Fortsetzung meiner Bibelstudien. Wie reich an Stoff sind die Bücher der Könige, namentlich bietet auch das zweite gewaltige Gegenstände. Ich muß nun aber strenges Maß halten, um innerhalb der mir gezogenen Grenzen zu bleiben ...

9) Montag. Anstatt zu schreiben, wozu viel dringende Aufforderung vorhanden, zeichne ich und bringe doch nichts zu Stande. Der schöne Gegenstand „Die Auferweckung des Sohnes der Sunamitin“ beschäftiget mich ... Von Schmieder erhalte ich den versprochenen Bericht über das Melanchthon-Denkmal, das Drake für Wittenberg ausführen wird ...

12) Donnerstag ... Kurz vorher besucht mich Rietschel, der mir mancherlei bezüglich seines Luther-Denkmals mitzutheilen hat. Er ist jetzt übrigens ganz damit einverstanden, daß Hübner seine Gedanken darüber in dem Christlichen Kunstblatt mittheilt. – Heute gelingt mir der Entwurf zu dem Bilde „Elisa erweckt den Sohn der Sunamitin“ ... Abends [überbringe ich] dem Herrn Oberhofprediger Liebner zwei [Exemplare des Programms des Christlichen Kunstblattes], von denen der zufällig anwesende Dr. Peip [2] eins erhält ... Mit Liebner und Peip bespreche ich auch das Luther-Denkmal. Sie sind für die Kutte, der Erstere ist jedoch seiner Sache nicht ganz gewiß.

13) Freitag. Bericht an Herrn Oberhofprediger von Grüneisen über die Angelegenheiten des Christlichen

Kunstblattes und Uebersendung des Aufsatzes von


  1. Bezieht sich darauf, daß Schnorr im Jahre 1848 auf einem Auge blind geworden war.
  2. Schon erwähnt, beispielsweise unter dem 1. November 1856.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/53&oldid=- (Version vom 26.8.2024)