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unter denen er erfolgt ist, mitgetheilt wird. Die Mittheilung ist interessant und erfreulich, letzteres besonders durch eine Berichtigung. Wir haben nicht Nr. 77, den Domenico Ghirlandajo, wie die Depesche sagte, sondern Nr. 79, den Lucas Signorelli, also das schönste Bild der Sammlung[1]; außerdem Nr. 52, die in meinem Tagebuch als angebliche Jugendarbeit des Leonardo da Vinci [bezeichnete Nr.], das als Lorenzo di Credi erkannte Bild, wie Hübner und andere meinen, das zweitschönste Bild der Sammlung[2]. Ich bringe das Schreiben an den Herrn Minister sogleich nach dessen Hotel, mache der Frau Professor Hübner, die heute früh noch keine neue Nachricht von ihrem Mann hatte, einen Besuch, um ihr die Neuigkeiten mitzutheilen, die indessen eben auch einen Brief erhalten hat. Dann suche ich Schirmer auf, um ihm die gute Botschaft zu bringen, finde ihn indessen nicht mehr im Museum ...

18) Montag ... Am Sonnabend erhielt ich eine Aufforderung, auf der Polizei zu erscheinen. Ich leiste heute Vormittag dieser Aufforderung Folge. Die Sache ist die: Das Stadtamt zu Carlsruhe hat noch eine Forderung von 35 Kreuzer an mich aus Veranlassung der Heirathsbewilligung für Ludwig und läßt diese Summe durch die hiesige Polizei einfordern ... Museum. Schirmer hat das Bild Nr. 7 Abtheil. A. B.[3] nun ganz gereinigt, und es kann kaum ein Zweifel bestehen, daß das Bild von Amerighi (Caravaggio) und der Aufstellung in der Galerie würdig ist. Die jetzt schon durch die Reinigung hervortretende Bedeutung des Bildes wird durch die Restauration noch sehr gesteigert werden ... Gaber bringt mir einen Abdruck des Blattes „Sauli Bekehrung“, das sehr schön gearbeitet ist ...

19) Dienstag ... Gegen Abend gehe ich allein spazieren und besuche die Stelle über Zschertnitz, wo ich mein Schlößchen bauen möchte ...

21) Donnerstag ... Museum. Das Bild von Caravaggio gewinnt unter Schirmers Händen immer mehr, und ich bin der Meinung, daß es viel bedeutender ist als das Bild Nr. 157[4] von dem Meister, das in der Galerie hängt. Man sollte dieses mit jenem vertauschen ... Sodann schreibt mir Ade und fragt, ob ich den Probedruck des „Daniel in dem Löwengraben“ nebst einem Brief mit den Brettern erhalten habe. Die Bretter erhielt ich zusammengebunden und ließ sie so, da ich nicht vermuthete, daß noch ein anderer Inhalt bei der Sendung wäre. Nun öffne ich das Packet und finde das Blatt, das recht schön und fleißig gearbeitet ist. – Heute wird der Freischütz aufgeführt ... Ludwig singt und spielt den Max vortrefflich, und ich freue mich seiner, wie auch der herrlichen Musik. Die Aufführung ist im übrigen nicht befriedigend, und Ludwig klagt sehr über Vernachlässigung der Proben und Inszenesetzung. Er spricht sich gegen die Betreffenden sehr offen aus und wird gewiß, soviel an ihm ist, den Schlendrian nicht dulden ...

24) Sonntag ... Fräulein von Falkenstein (Schwester des Ministers) hat mir wieder wegen des Graffschen Bildnisses, darstellend Tiedge, geschrieben. Sie hofft es auf der Ausstellung zu verkaufen und empfiehlt mir die Sache. Ich habe deshalb mit der Ausstellungskommission gesprochen und schreibe ihr heute, daß der Ausstellung des Gemäldes mit Preisangabe nichts im Wege steht. Mehr kann ich jetzt nicht thun ... Ludwig ist heute Vormittag zur Probe des „Troubadour“ (Verdi) im Theater gewesen. Da ist ihm angekündigt worden, daß übermorgen die Aufführung des „Propheten“ (Ludwig die Titelrolle) stattfinden soll. Diese rücksichtslose plötzliche Bestimmung mag wohl in der löblichen Absicht getroffen worden sein, Ludwig eine Verlegenheit zu bereiten, da nun ohne irgend eine Vorbereitung morgen die Generalprobe sein muß. Ludwig hat seine Meinung offen ausgesprochen, wird jedoch sehen, wie morgen die Probe abläuft, und behält sich vor, im Fall, daß man Veränderungen vornimmt, auf die er nicht eingerichtet ist, von der Aufführung zurückzutreten.

26) Dienstag ... Um 6 Uhr gehe ich mit Malvina nach dem Theater, wo „Der Prophet“ aufgeführt wird. Ludwig giebt die Titelrolle. Ich folge den ersten drei Akten mit der größten Spannung. Ludwigs Gesang, Spiel und Erscheinung macht mir den günstigsten Eindruck. Die ungeheure Hitze lastet indessen sichtlich auf den Spielenden, wie auf dem Publikum, welches letztere sich auch nicht zahlreich eingestellt hat und außerdem großen Theils aus Fremden besteht. Die Theilnahme ist daher ziemlich schwach ...

27) Mittwoch ... Museum. Schirmer. Das Bild von Rembrandt Nr. 1159 [jetzt 1559], der Künstler mit seiner Frau auf dem Schooß, das etwas trübe geworden, wird aufgefrischt. Ich erfahre bei der Gelegenheit Näheres über die Geschichte des Bildes zur Zeit der Uebertragung durch Renner. Sie enthält neue Belege für die Charakteristik von Quandts und Matthaeis in betreff ihrer Wirksamkeit in der Galerie, welche dem Ersteren nicht immer günstig sind ... Zu Hause finde ich ein Briefchen von Hübner. Er hat meinen Brief erhalten. Ueber den Ghirlandajo erlange ich erwünschten Aufschluß. Meine Aufzeichnungen im Tagebuch sind doch ungenau

gewesen. Holbeins Zeichnung zum Morette ist nicht erlangt


  1. Das berühmte Bild, darstellend die heilige Familie – Nr. 20 des neuen Galeriekatalogs – wurde inzwischen als ein Werk Piero di Cosimos bestimmt.
  2. Siehe die Anmerkung zu der Tagebuchnotiz vom 30. Juni.
  3. „Die Wahrsagerin“ (Wörmanns Katalog Nr. 412).
  4. „Petrus, den Heiland verleugnend“, jetzt 413, nach fachmännischem Urtheil „sicher nicht von Caravaggio selbst“.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/203&oldid=- (Version vom 11.9.2024)