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Akademische Atelier wird stark betont und Rietschels Werk als unbequeme Zugabe betrachtet, die man so leichten Kaufs als möglich abzuschütteln habe. Nur Hettner spricht sich mit Lebhaftigkeit und Wärme für das Rietschelsche Vermächtniß aus ...

13) Samstag ... Museum. Nach 12 Uhr kommt, der gestrigen Verabredung gemäß, Direktor Hettner, und wir besprechen im Kuppelsaal den Stand der Lutherdenkmals-Angelegenheit ... Mit der Stellung neben Hähnel als Beirath für Vollendung des Denkmals, die mir zugedacht worden, ist’s nichts. Ich sage aber nicht wie Hähnel bei jeder Gelegenheit, wenn er etwas durchsetzen will: er wolle nichts mit der Sache zu thun haben, sondern ich sage: ich will nun erst recht mit der Sache zu thun haben, und zwar ohne Hähnel oder als sein Gegner. Ob bei solcher Sage der Dinge das Komitee das Werk noch in den Händen des Donndorf und Kietz und unter meinem Beirath lassen will, muß man freilich abwarten ... Nach der Arbeit suche ich Frau Professor Rietschel auf und mache sie mit der Lage der Sachen bekannt ...

14) Sonntag ... Als ich den Brief [an Oppermann] beendigt hatte, erhalte ich eine Sendung aus Worms von dem Komitee, in welcher ein Entwurf zu dem Kontrakt mit Donndorf und Kietz und ein Begleitschreiben an mich enthalten ist. Der Vertragsentwurf ist in dem Sinne abgefaßt, wie sich auch Hähnel anfänglich erklärt hatte ... Schillings ist in dem Entwurf gar nicht gedacht und nur in dem Begleitschreiben an mich ist erwähnt, daß Hähnel später auf einer Betheiligung Schillings an dem Werke bestanden habe und daß man es einer Verständigung zwischen mir und Hähnel überlasse, ob demselben ein Antheil (die Ausführung von zwei Städtefiguren) zugestanden werden soll ...

16) Dienstag ... Dann mache ich mich auf den Weg zu Hähnel. Der Morgen ist herrlich und der Weg als Spaziergang höchst erquicklich. Ich finde Hähnel; er öffnet mir selbst die Gartenthüre. Ein Brief, den er von Dr. Eich[1] empfangen hat, bereitete ihn auf meinen Besuch vor. Der unberechenbare Mann benimmt sich sehr freundlich, ja liebenswürdig gegen mich, und es thut mir fast leid, in Gedanken und Worten scharf über ihn geurtheilt zu haben. Bei alledem halte ich fest an meinem Vorsatz, um keine Handbreit die Stellung zu verlassen, welche ich für die richtige halte ... Und merkwürdig, Hähnel sagt: er könne nicht mit mir streiten; er meint, daß er seinen Namen hergeben wolle, damit die Sache zu Stande käme. Ich dränge nicht, lasse ihm die aus Vorsicht in Bereitschaft gehaltene Abschrift des Vertrags zurück und bitte ihn, entweder einfach seine Zustimmung zu geben durch Namensunterschrift oder in ein paar Worten zu erklären, daß und warum er zurücktrete. So scheiden wir nach anderthalbstündigem Gespräche in Frieden ...

17) Mittwoch ... Gegen Abend besucht mich Geheimer Rath Kohlschütter ... Seine Meinung ist, daß Donndorf und Kietz das Rietschelsche Atelier so lange benutzen, als die Arbeit an dem Lutherdenkmal dauert, wofern das Verhältniß mit Hähnel sich leidlich ordnet; jedenfalls sollen sie die angefangenen Figuren ungestört vollenden können. Der Saal, der sich gewissermaßen als Rietschel-Museum gestaltet hat, wird jetzt auch unangetastet bleiben. Das läßt sich hören. Geheimer Rath Kohlschütter fragt mich um meine Ansicht über das Gesuch der Zumpe, Wichmann, Grosse, v. Deutsch an Seine Majestät den König wegen einer Konkurrenz für die Ausschmückung des Korridors. Ich rathe, Seine Majestät zu vermögen, diese Konkurrenz zuzulassen ...

18) Donnerstag ... Ein paar Zeilen an Hähnel, der mir seine Entschließung noch immer nicht mitgetheilt hat. Als ich nach einigen Stunden Arbeit an dem Karton nach Hause zurückkehre, finde ich den ihm zurückgelassenen Vertragsentwurf der Wormser mit Donndorf und Kietz einfach unterzeichnet ohne jeden Vorbehalt. Dieser Ausgang der Sache ist, glaube ich, als Gewinn zu betrachten ...

19) Freitag ... Der Minister ... kommt auch auf die Bilder der Neuern in Beziehung auf das Ungeeignete ihrer Einreihung in die Bilder der Alten (in eine stabile Galerie) zu sprechen. Seine Excellenz finden jetzt selbst, was ich immer gesagt habe, daß eine solche Vermischung der Alten und stets sich vermehrenden Arbeiten der Neueren ein Mißgriff ist ...

23) Dienstag ... Abends Kränzchen bei Häpe ... Ob Krieg oder Friede, ob die Deutschen warten sollen, bis es den Fremden gefällt, sie anzugreifen, oder ob sie selber anfangen sollen, ist die Frage. Ich finde den Zustand dieses Abwartens und sich in der Kriegsbereitschaft Verzehrens heillos und ehrlos dazu.

30) Dienstag ... Heute erhalte ich auch einen Brief des Ausschusses des Wormser Luther-Komitees nebst den Reinschriften des Vertrags und einem Schreiben für Donndorf und Kietz. Man ist sehr zufrieden mit meinen Diensten und überträgt mir noch die Besorgung der Unterschriften ...

Mai.

2) Donnerstag ... Mit Tochter Marie besuche ich dann das Theater, um Figaros Hochzeit zu hören. Die Musik ist doch reizend – flüssiges Gold – Reichthum herrlicher Motive – wo findet man das bei den Neueren und Neuesten?

3) Freitag. Fortsetzung meiner Luther-Studien. Aus

Rietschels Atelier ist mir jetzt der Kopf zugeschickt


  1. Mitglied des Ausschusses des Vereins für das Lutherdenkmal in Worms, schon erwähnt unter dem 23. Februar.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/224&oldid=- (Version vom 14.9.2024)