Seite:Dresdner Geschichtsblätter Dritter Band.pdf/76

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

und wird wohl so ziemlich als Ausdruck der Meinung der Münchner Kunstgenossenschaft gelten können ...

Mai.

1) Sonntag ... Nachmittag beschäftige ich mich mit der weiteren Wahl der Gegenstände für mein Bibelwerk zur Ausfüllung der Lücke zwischen dem Alten und Neuen Testament. Ich sehe zu meiner Beruhigung, daß die Vertheilung der Bilder in angemessener Weise innerhalb der gegebenen Gesammtzahl sich gestalten wird ...

2) Montag ... Breitkopf & Härtel, Buchhandlung, sendet mir sechs Abdrücke des nun vollendeten, sehr schön ausgefallenen Stichs nach Niebuhrs von mir gezeichnetem Porträt. Der Wiener Albrecht-Dürer-Verein sendet mir das Diplom. Statt Julius ist gesetzt Ludwig[1] S. Hähnel sendet mir eine schriftliche Erklärung seines Planes für die Ausmalung des Korridors, seinen mündlichen Mittheilungen entsprechend und ganz nach meinem Sinn. Ich werde schriftlich meine Bereitwilligkeit aussprechen als Gehülfe an der Ausführung Antheil zu nehmen. Nachmittag besichtige ich die auf meinem Atelier befindlichen großen Cartons zu den Kaisersälen und wähle drei derselben zur Versendung nach Brüssel: 1. Schlacht Karls des Großen gegen Wittekind, 2. Friedrich Barbarossas Einzug in Mailand, 3. Rudolf von Habsburg bändigt die Friedensstörer ... Abends haben wir an unserm Theetisch ... Herrn Cichorius und Gaber, der mir einen Abdruck des schön geschnittenen Blattes „Die Gründung des neuen Tempels“ bringt.

5) Donnerstag ... Mit den früher erwähnten drei Cartons zu den deutschgeschichtlichen Darstellungen in den Kaisersälen sende ich auch sechs bunte Zeichnungen in Aquarell zu den Nibelungen ... Heute Abend findet das Concert statt, welches die hiesige königliche Kapelle zum Besten des Weber-Denkmals giebt ... Das Concert fällt sehr glänzend aus und ist ungeheuer besucht ...

7) Samstag ... Die Zeichnung „Judith enthauptet den Holofernes“ wird fertig ...

8) Sonntag. Adé schickt einen Probedruck „Rückkehr nach Jerusalem“. Das Blatt ist fleißig gearbeitet, aber kein Gaber ...

9) Montag ... Steinbrecher bringt mir einen Abdruck der Platte „Des Volkes Buße“. Das Blatt ist sehr schön gearbeitet ...

14) Samstag ... Galerie-Kommission. Außer dem von Dresden abwesenden Rietschel alle zugegen. Ritter Merighi, der Piemontese, bietet seine angebliche Originalskizze zur „Nacht“ (Correggio) der Galerie zum Kauf an. Die Kommission giebt auf die schriftliche Anfrage sogleich eine schriftliche Antwort, in welcher sie erklärt, zur Befürwortung des Antrags sich nicht veranlaßt zu sehen. Die Skizze nahm sich am Abend der Undeutlichkeit wegen besser aus als bei Tag. Bendemann denkt dabei an Rotari, und diese Annahme oder Vermuthung dürfte unter den aufgestellten Meinungen der Wahrheit am nächsten kommen ...

21) Samstag ... Das Dresdner Journal bringt einen trefflichen Artikel über den Deutschen Bund und die Parteien (Nr. 116), vielleicht von Beust? ...

22) Sonntag ... Mittags beginnen die Durchzüge der Oesterreicher. Die Eisenbahn wird in etwa vierzehn Tagen über 30 000 Mann befördern. Sie gehen zunächst nach Hof und, wie man sagt, von da aus nach Vorarlberg. Etwa um 7 Uhr begebe ich mich nach dem Neustädter Bahnhof, wo eine Abtheilung eine Stunde Halt macht. Es ist aber außer einigen einzelnen Offizieren nichts zu sehen ...

23) Montag ... Museum. Ich verabrede mit Voigt[2] die Aufstellung des Matthäischen Bildes[3]. Bei der Gelegenheit kommt mir wieder der Verdruß über die Aufnahme der neuen Bilder in die Galerie. Wie lange wird es dauern, so muß ich wieder Bilder von der Ausstellung unterbringen; so komme ich nie aus der Unordnung. Man hat ein schlechtes System angenommen, weil man trotz des vielen Redens nicht einsieht, wozu ein Museum da ist und wozu nicht ...

26) Donnerstag ... Museum. Matthäis Bild ist aufgestellt und nimmt sich ganz gut aus ... Die Durchzüge der Oesterreicher dauern fort. Der Jubel beim Empfang steigert sich ...

27) Freitag ... Die Zeichnung zu den Klagliedern [Jeremiae] gestaltet sich. Ich bleibe ganz bei der Komposition, die ich für die Cottasche Bibel gemacht habe ...

28) Samstag. Einzug des Prinzen Georg mit seiner Gemahlin in Dresden ... Bei guter Zeit werfe ich mich in meinen Festschmuck, um nach dem Theater zu gehen. Es findet nämlich zur Feier des heutigen Tages Théâtre paré statt und wird nach einem von Dr. Pabst gedichteten Festvorspiel Shakespeares „Sommernachtstraum“ gegeben. Ich hatte, getrennt von meinen Kollegen an der Akademie, einen sehr schönen Platz in der Mitte des Parterres, wo ich die Prinzessin Georg sehr gut hätte sehen können, hätte ich meines Opernguckers mich bedienen wollen ...

30) Montag ... Endlich langt auch ein recht tüchtig gearbeitetes Blatt zur Bibel von Aarland an (Bau und Vertheidigung der neuen Stadtmauern) ... Gonne zeigt mir einen Carton, Conradins Abschied von seiner Mutter darstellend. Eine sehr schwache Arbeit ...


  1. Ludwig hieß ein älterer Bruder Schnorrs, gleichfalls Maler.
  2. Johann Gottlob Voigt, Hausmeister der Gemäldegalerie.
  3. Friedrich Matthäis „Ermordung des Aegisth“ war damals gekauft worden.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/76&oldid=- (Version vom 3.9.2024)