Seite:Dresdner Geschichtsblätter Dritter Band.pdf/68

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.


gemacht, daß man in Dresden seinen Namen nicht so aussprach wie in der Heimath, daß aus dem hellen, klaren I ein dunkles U oder Ue, aus dem scharfen F ein weiches B wurde. Hätte er nun seinen Namen weiter so schreiben wollen, wie er in Brandoberndorf gesprochen und demgemäß geschrieben wurde, so hätte er ihn anders geschrieben, als er in Dresden gesprochen wurde, ein Umstand, der für ihn als Geschäftsmann Unannehmlichkeiten im Gefolge gehabt haben mag; denen entging er eben dadurch, daß er seinen Namen in Dresden so schrieb, wie man ihn dort aussprach und so wurde aus einem Stiefel ein Stübel.

Eine Stütze für diese Annahme glaube ich in dem auch von Dr. Richter hervorgehobenen Umstande zu finden, daß Andreas Stübel der Jüngere, ein Sohn des Dresdner Bürgers, sich in seinem Catalogus Andreas Stübel oder Stiefel nennt und auf’s Beharrlichste in allen seinen zahlreichen Schriften dem Namen Stübel „oder Stiefel“ beisetzt. Nach meiner Ansicht hat er dies nicht gethan, „weil ihm die oberdeutsche Herkunft seiner Familie und die Bedeutung seines Namens schon nicht mehr gegenwärtig war“, er hat es vielmehr gethan, weil er wußte, daß der Name eigentlich Stiefel hieß; Gewissenhaftigkeit, nicht etymologische Spielerei war die Ursache.

Denn ihm war die Heimath seines Vaters wohl bekannt. Das geht ganz unzweideutig aus einer Stelle in seiner: „Treuhertzigen und Wohlgemeynten Erinnerung wegen des Unrechts und Betrugs, so zu allgemeinen Unsegen und zum Verderben und Schaden des Buchhandels zu dieser Zeit sehr im Schwange gehet“ hervor. In dieser Schrift beklagt er sich bitter über die bösen Bücherrevisoren, die „itzige Michaelismesse [1698] meine zwei Schriften, die wider H. D. Pfeiffers und H. D. Albertis Streitschriften gerichtet seyn, und darinnen H. D. Speners Unschuld desto mehr gerettet wird, und auff welche der Verleger zu Franckfurt am Mayn Herr Johann David Zeuner seinen ehrlichen Namen sowohl als meinen und des Buchdruckers hinzugesetzet, verbothen und confiszieret haben.“ Hinter Franckfurt am Mayn schreibt er nämlich, allerdings mit einer gewissen geographischen Licenz, in Parenthese: „in patria mei parentis.“ Hatte ihm aber sein Vater mitgetheilt, woher er stamme, so wird er ihm auch sonst Mittheilungen über seine Familie und Herkunft gemacht haben[1] und es liegt nichts näher, als daß er ihm auch erzählt hat, daß er eigentlich Stiefel und nicht Stübel hieß, eine Mittheilung, die ihn als vielleicht etwas pedantischen Philologen und Schulmann veranlaßte, diesen Umstand in allen seinen Büchern gebührend hervorzuheben.

Ist diese Annahme aber richtig, so fällt auch damit die von Richter gegebene Erklärung des Namens[2], denn diese beruht ja darauf, daß schon in der süddeutschen Heimath Andreas Stübels der Name so geschrieben wurde. Die Familie Stübel muß daher leider auf diese ansprechende Erklärung verzichten und sich die meines Erachtens aber ebenso problematische Erklärung gefallen lassen, daß der Name eben nur jenes nützliche Fußbekleidungsstück bedeutet, das noch jetzt so geschrieben wird, wie der Familienname des alten Andreas im Brandoberndorfer Kirchenbuche.



Aus Julius Schnorrs Tagebüchern.

XIX.[3]


1859.

Januar.

3) Montag. Schreiben an den Cultusminister von Bethmann-Hollweg concipiert. Ich kann mich nur andeutungsweise aussprechen und muß erwarten, daß an mich weitere und bestimmtere Fragen gerichtet werden. Was die Akademie in Düsseldorf anbelangt, so empfehle ich Bendemann für die Direktorstelle ... Besuch bei Langbein, welcher gestern mit seiner Frau bei uns war ... Er sagt mir, daß die Unterscheidung der heiligen Marien, der von Magdala und der von Bethanien, noch gar nicht festgestellt wäre. – Heute ist des Carus siebzigster Geburtstag, und es findet eine große Feier statt, zu der auch ich geladen bin. Ein wundervoll gespieltes Quartett von Mozart eröffnet die Aufführungen. Sodann erfolgt ein Festspiel, in welchem sprechende Bilder und Chöre (die von der Ney, der Jacobi[4], Tichatscheck und Conradi[5] gesungen werden) abwechseln. Zuletzt singen die Genannten noch vier Quartetts von Mendelssohn. In den sprechenden Bildern traten die Frau von Bock (Schröder-Devrient), die Steeger[6] und Fräulein Bendemann auf. Ich unterhielt mich trefflich und fand viele und lebhafte Ansprache bei meinen zahlreich anwesenden Bekannten. Besonders unterhielt ich mich mit Geh. Rath von Ammon[7], neben dem ich längere Zeit saß.


  1. Vergl. die Nr. 5 der Abth. III des oben erwähnten Katalogs, der im Richter’schen Aufsatz abgedruckt ist.
  2. Im Kirchenbuche von Offenhausen bei Nürnberg befindet sich übrigens folgender Eintrag: den 13. Februar 1664 wurde begraben Konz Krenß, genannt „der Stübel“. Darnach scheint dem Worte Stübel noch eine andere Bedeutung beigewohnt zu haben.
  3. Fortsetzung des irrthümlich mit XVI statt XVIII bezeichneten, in Nr. 3 des Jahrganges 1901 der Geschichtsblätter abgedruckten Abschnittes.
  4. Constanze Jacobi, Musiklehrerin, später Gemahlin Dawisons.
  5. J. Jacob Conradi, Hofopernsänger.
  6. L. M. Steeger, königl. Hofschauspielerin und Sängerin.
  7. F. A. v. Ammon, königl. Leibarzt und Geh. Medizinalrath.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/68&oldid=- (Version vom 29.8.2024)