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daß ich den Meister nicht zu Hause fand[1] ... Es wird heute die „Widerspenstige“ von Shakespeare gegeben und zum Schluß „’s letzti Fensterln“ aufgeführt ... Im ersten Stück spielt Frau Bayer-Bürck mit gewohnter Meisterschaft. Sontag (Petruchio), neu engagiertes Mitglied, ist schwach. Im letzten Doppelstück ist Frida von Schütz vortrefflich. 6) Mittwoch ... Nachmittag 3 Uhr versammelt sich die Galerie-Kommission, Rietschel ausgenommen, in dem alten Galeriegebäude, um die 200 Vorrathsbilder, welche in diesem Sommer verkauft werden sollen, nochmals zu besichtigen, das Verzeichniß zu revidieren und zu ergänzen. Hübner hat nämlich im alten Inventar mehrere bemerkenswerthe Notizen in betreff mehrerer dieser Bilder aufgefunden. Sechs Stück werden noch zurückgestellt, weil man meint, sie dürften der Galerie zu erhalten sein ...

7) Donnerstag ... Rietschel ließ mir gestern durch seine Frau sagen, ich möchte sein Modell zum Luther-Denkmal ansehen ... Das Denkmal ist vortrefflich konzipiert. Der starke lebenskräftige Keim hat ein Gewächs entstehen lassen, das weit über den ersten Gedanken, ich möchte sagen, über das Wollen und Können des Künstlers hinausgewachsen ist. Das Luther-Denkmal ist zu einem mächtigen Reformationsdenkmal geworden. Hier wäre die Kutte unmöglich. Der Gedanke an die „feste Burg“ hat zu einer so glücklichen, klaren, plastischen Gestaltung geführt, hat den Fürsten, als den rechten Zionswächtern, so würdige angemessene Plätze angewiesen, daß kein Bedenken mehr aufkommen kann gegen die Schicklichkeit ihrer Stellung zu dem Luther. Mit einem Wort, es däucht mir alles recht und gut und schön dazu ...

13) Mittwoch ... Rietschel hat einen Brief von Thäter erhalten, in welchem dieser auch von der offenkundigen Absicht Schwinds spricht, entweder an Bendemanns statt nach Dresden oder nach Düsseldorf zu kommen! ...

14) Donnerstag. Brief an Herrn von Grüneisen[2]. Ich melde ihm ohne Verzug, wie dankbar Rietschel für sein Anerbieten ist, an den Prälaten Z. in Darmstadt zu schreiben, und sage ihm noch Mehreres über den Entwurf zu dem Luther-Denkmal[3]. Von der Frau Fürstin Wittgenstein erhalte ich ein sehr liebenswürdiges Schreiben mit einer kleinen Bestellung. Sie wünscht, daß ich für Liszt eines von meinen Psalmbildern in größerem Maßstab als Carton zeichne. Mit diesem Carton möchte sie Liszt an seinem Geburtstage (20. October) ein Geschenk machen, und derselbe soll in dessen Musiksaal[WS 1] neben einer großen Zeichnung von Genelli und einer von Schwind aufgestellt werden. Die Bestellung ist nach meinem Gusto und meinen Kräften; deshalb werde ich sie annehmen ...

16) Samstag ... Im historischen Museum spreche ich noch einmal mit Direktor Kraukling wegen jenes Gegenstücks zu unserm Kurfürst August in Wasserfarben, das in seinem Geschäftszimmer aufgehangen und ihm eigentlich im Wege ist. Das Bild gehört offenbar zu unserm Bild und stellt Augusts Gemahlin Anna vor und ist gerade so gemalt, wie das unsere. Kraukling wird dasselbe gern der Galerie überlassen, und wir verabreden die nöthigen Schritte, um bei dem Ministerium die Bewilligung zu solcher Uebertragung zu bewirken[4] ...

17) Sonntag ... Zscheckel bringt mir einen Probedruck der Platte „Wegführung der Israeliten von Jerusalem“. Der Druck ist nicht gut gelungen, und das Blatt sieht sehr fleckig und stellenweis roh aus. Hoffentlich stellt sich das Bild im Pressendruck besser als in diesem Handdruck dar ...

25) Oster-Montag ... Den Abend bringen wir bei Gruners zu ... Wir finden ... einen Piemontesen daselbst, welcher Gruner von London aus bekannt ist und hierher gekommen ist, um einige Gemälde zu verkaufen. Er zeigt uns eine bunte Zeichnung in Farbenstiften ausgeführt, welche für eine Arbeit des Correggio und einen ersten Entwurf zu der „Nacht“ gehalten wird. Die Zeichnung hat sehr große Schönheiten und zwar zum Theil in den Partien, in welchen sich dieselbe von unserm Bild unterscheidet ...

28) Donnerstag ... Ich sah gestern eine Photographie nach der Krebs-Michalesi als Judith, ganze Figur. Dieses regte mich zu einem Entwurf für meine Bibel an, den ich heute etwas weiter ausbilde ...

30) Samstag. Das Gedenkblatt von dem Komitee der Münchner Ausstellung und die Antwort auf die culturhistorischen Briefe[5], ertheilt von F. Dietz[6], den

Ausstellungsgenossen gewidmet. Die Antwort ist derb


  1. Richter selbst hat für das Bild die Benennung „Im Juni“ gewählt. Es befindet sich im Besitz des bekannten Kunstfreundes Eduard Cichorius und wird beschrieben in Otto Jahns „Mittheilungen über Ludwig Richter“ (Biographische Aufsätze. Leipzig 1866. S. 247).
  2. Karl Grüneisen, Württembergischer Theolog (1802–1878): s. Allgem. deutsche Biographie, Bd. 10, S. 36 f.
  3. Grüneisen hatte unter dem 11. April an Schnorr geschrieben: „Jch freue mich außerordentlich Ihrer Mittheilungen über Rietschels nenestes Werk. Auch bin ich recht gerne bereit, wenn Rietschel es für passend hält, in der Angelegenheit des Wormser Denkmals an meinen alten Freund, den Prälaten Zimmermann und zwar so ostensibel zu schreiben, daß der Großherzog, der wenigstens früher etwas von mir hielt, es lesen darf ...
  4. Die beiden Bilder sind 1551 von Hans Krell gemalt und jetzt in der Gemäldegalerie unter den Nummern 1956 und 1957 vereinigt.
  5. Pechts: s. oben unter dem 24. August 1858.
  6. Feodor Dietz, Schlachtenmaler (1813–1870): s. Allgem. deutsche Biographie, Bd. 5, S. 209 f. Die Broschüre von Dietz, die hier erwähnt wird, ist in der kgl. Hof- und Staatsbibliothek zu München vorhanden.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Musiksaa. Vermutlich Druckfehler, wurde sinngemäß durch „Musiksaal“ ersetzt
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/75&oldid=- (Version vom 3.9.2024)