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2) Freitag ... Museum. Restaurationszimmer. Herr Major von Boxberg, Hofrath Keils Schwiegersohn, hat einige Gemälde aus der ehem. Löhrschen, dann Keilschen Sammlung, unter denen ein Gerh. Dou ganz vorzüglich ist ...

3) Samstag ... Hübner begleitet mich nach Hause und wir besprechen die Angelegenheit des Blattes für christliche Kunst, die Aufstellung des Holbein und endlich die Ausmalung des Corridors und des Treppenhauses im Museum ... In Ansehung des zweiten [Punktes erklärt Hübner] bei der Entscheidung, falle sie aus, wie sie wolle, sich beruhigen zu wollen, in Betreff des dritten Punktes erkläre ich mich nicht betheiligen zu können, im übrigen, so weit es gewünscht wird, mit meinem Rath zur Hand sein zu wollen ...

5) Montag ... Bei meinem Abendspaziergang trifft Bendemann mit mir zusammen, und, so ermüdet ich bin, kann ich einer Wiederaufnahme des Gesprächs, das er schon heute Mittag begann und die Ausmalung des Museums zum Gegenstand hat, nicht entgehen. Ich erkläre mich in derselben Weise gegen Bendemann wie gegen Hübner, nur daß ich näher in die Sache eingehe, wie ich es Bendemann schuldig bin.

9) Freitag ... Was mir, glaub’ ich, noch nie passiert ist, passiert mir heute: ich vergesse die Sitzung des akademischen Raths ... Auf den Feldern begegne ich Hübner, der wegen entzündeter Augen nicht zur Sitzung ging. So wird es bei der Sitzung wenigstens friedlich hergegangen sein. – Nach dem Thee liest Peppi mir den zweiten Theil von Mozarts Leben zu Ende. Herr Heribert Rau, der Verfasser, wird uns mehr und mehr verdächtig.

14) Mittwoch. Schreiben an die Kanzlei der Friedensklasse des Ordens pour le mérite bezüglich der neu vorzunehmenden Wahl. Ich gebe dem Geh. Rath Leo von Klenze meine Stimme ...

16) Freitag ... Museum ... Gegen 10 Uhr treffen die Herrschaften ein. Unser König begleitet den von Griechenland. König Otto begrüßt mich sehr freundlich. Er sieht ungleich kräftiger aus als bei seinem letzten Hiersein. Nach alter Weise verlangt er, gründlich auf das Vorzüglichste aufmerksam gemacht zu werden ... Nachmittags besucht mich der (gestern bereits angemeldete) erste Rector des Wittenberger Seminars, mein alter Freund Schmieder[1], der in Schandau zur Erholung sich ein paar Wochen aufhalten wird. Wir bringen eine schöne Stunde mit einander zu. Das erste ist, daß wir von dem beiderseitigen Hausstand uns Bericht erstatten. Dann besprechen wir die brennenden Fragen der religiösen Kunst ... Heute wurde kein Strich von mir gezeichnet ...

17) Samstag. Ein paar Stunden arbeite ich an meiner Aufzeichnung der „Himmelfahrt Christi“, dann begebe ich mich nach dem Atelier und kurz vor 12 Uhr in das Museum. Die heute stattfindende Galerie-Kommission, bei welcher Bendemann, Hübner und Peschel zugegen sind, bietet interessanten und wichtigen Stoff für die Berathung. Abgesehen davon, daß der heilige Franciscus von Correggio, unter Schirmers Hand in vollem Farbenglanze wieder aufgeblüht, ein Endurtheil erwartet, und ein paar kranke Bilder (die Söhne des Rubens, bei welchem eine Fuge gerissen ist, und Tizians schönes Gemälde No. 203 [= 168 „Maria mit dem Kinde und vier Heiligen“], an welchem namentlich am Grün Abblätterungen drohen), in das Restaurationszimmer gebracht worden sind, so ist uns auch ein überaus schönes Gemälde von Arthur van der Neer aus der Keilschen Sammlung durch die Güte des Herrn von Boxberg, Keils Schwiegersohn, zur Ansicht zugeschickt worden ...

19) Montag. Die letzte Nacht und den letzten Tag in Dresden verlebt also Ludwig mit mir allein ... Ludwig ist ein guter Sohn und ein trefflicher Mensch geworden. Der himmlische Vater hat ihn wunderbar geführt, und der Sohn hat sich führen lassen. O Gott, wie glücklich bin ich! Nun möge die Alpenluft auch dem Leibe Gesundheit und Kraft verleihn.

20) Dienstag. Von Herrn von Quandt erhielt ich vorgestern ein Briefchen, in welchem er mir über Kellers schönen Stich nach der Disputa seine Ansicht aussprach und zu verstehen gab, daß man suchen sollte, ihn an Steinlas Stelle hierher zu bringen. Mir machte es aufrichtige Freude, daß er nach jenen unangenehmen Aeußerungen über den akademischen Rath, die ich nicht mehr anhören konnte, wieder in besserer Weise anknüpfte, und beantwortete heute seinen Brief ...

21) Mittwoch. Schirmer stimmt nun schon an dem heiligen Georg von Correggio herum, wo die Harmonie gewichen ist, und wird ihn gewiß zurecht bringen, wie St. Franciscus, der bereits wieder in der Galerie prangt, vortrefflich zusammengekommen ist ... Im Nebenzimmer stemmt Müller die massiven Leisten hinter dem Rubens 809 [= 986 B „Die beiden Söhne des Rubens“ nach Rubens] weg, welche einen Riß der Holztafel verursacht haben ... Peppi liest sowohl am Nachmittag als auch am Abend aus Holteys „Chr. Lammfell“ vor. Das Buch gefällt mir außerordentlich ...

23) Freitag. St. Georg gelangt zu seinem Recht, und wenn man das Bild oben in der Galerie haben wird, wird man sich verwundern, daß man es so lange ohne Restauration hat vor Augen haben können. Die nähere Bekanntschaft, welche man mit einem Bilde im

Restaurationszimmer macht, erschließt einem doch Herrlichkeiten,


  1. Heinrich Eduard Schmieder, geb. 1794, gest. 1893, preußischer Gesandtschaftsprediger in Rom, während Schnorr sich dort aufhielt; später Direktor des königlichen Predigerseminars in Wittenberg.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/52&oldid=- (Version vom 26.8.2024)