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15) Samstag ... 12 Uhr Galerie-Kommission. Peschel und Hübner stellen sich ein. Schirmer hat die Restauration von einigen Vorrathsbildern beendet ... Ein anderes, eine Galerie darstellend, in welcher links ein Maler vor einer Staffelei sitzt und in der Mitte ein Knabe knieend ein kleines Bild oder einen Spiegel hält, aus Teniers Schule, verräth in einigen Theilen, namentlich in den Figuren, des Meisters Hand, und ich kann nicht ganz einverstanden damit sein, daß es verkauft werden soll, wie Schirmer und Hübner meinen ...[1]

16) Sonntag. Meine Arbeit an der Platte wird durch einen Besuch Ades, für welchen sie bestimmt ist, unterbrochen ... Er erzählt mir, daß die Bibelplatten sehr ruiniert werden durch die rücksichtslose Behandlung beim Druck. Anstatt Cliches für gewöhnlich zu verwenden, werden immer nur die Holzplatten abgedruckt. Da Ade die Aufgabe hat, die beschädigten Platten, wenn sie vom Tischler kommen, wieder mit dem Messer und Stichel herzustellen, so weiß er natürlich genau, wie sie mißhandelt werden. Wie schlecht eine Rechnung ist, die nur an den Augenblick und nicht auch an die Zukunft denkt, und in welchen Händen das Werk ist, sieht man aus diesem Umstand. Ich werde nicht ermangeln, Frau Wigand auf den Schaden aufmerksam zu machen, welcher ihren Erben erwächst, wenn die Platten in wenig Jahren verdorben werden ...

19) Mittwoch ... Nach 4 Uhr kommen Ludwig und Malvina glücklich an ... Der Hauptgegenstand der Berichte ist das Passionsspiel in Ober-Ammergau. Ich habe aber allerlei darüber gelesen, die mündliche Erzählung, die höchst eingehend schildert, giebt mir jedoch eine viel deutlichere und lebendigere Anschauung als alles, was ich früher davon gelesen und gehört hatte. Ludwig hat sehr große und starke Eindrücke empfangen, und ich freue mich noch mehr an ihm, der so tiefer und reiner Eindrücke fähig ist, als an dem Gegenstand der Erzählung. Wir bleiben bis 11 Uhr zusammen, und der Abend war wunderschön ...

20) Donnerstag ... Für den Abend sind wir zu Ludwig eingeladen. Vor dem Thee singen er und Malvina den ganzen Cyklus der Müllerlieder von Schubert und zwar ganz herrlich. Wir haben einen großen musikalischen Genuß ...

21) Freitag. Hübner hat seinen Bilder-Cyklus für das Treppenhaus und den Korridor des neuen Museums unter dem Titel „Ideen etc.“ mit einer 22 Seiten einnehmenden gedruckten Erklärung ausgestellt. Die Constitutionelle Zeitung bringt einen Auszug. Jetzt muß die Sache wohl zur Entscheidung kommen. Hübner scheint auf die Wucht der öffentlichen Meinung zu seinen Gunsten zu rechnen ...

22) Samstag ... Museum. Schirmer restauriert jetzt die schönen kleinen Bilder von Hamilton, einzelne Pferde, meistens wohl spanischer Rasse, darstellend. Die Bilder sind in ihrer Art einzig und machen mir viel Freude. – In der Hübnerschen Schrift „Ideen zur malerischen Ausschmückung des Treppenhauses und des südlichen Korridores im neuen Museum zu Dresden“ findet sich folgendes Motto, entnommen aus Winckelmanns Gedanken über die Nachahmung der griechischen Werke: „Der Abscheu vor dem leeren Raum füllet also die leeren Wände – und Gemälde, von Gedanken leer, sollen das Leere ersetzen?“ Das geht auf Hähnel und auf mich hinsichtlich unserer Vorschläge, nur die Decke des Korridors mit leichteren bildlichen Darstellungen zu dekorieren ...

24) Montag ... Abends kommt Herr von Deutsch und zeigt mir einige Kompositionen zu dem Hähnelschen Cyklus für den Korridor. Die Kompositionen sind sehr schön, doch bekommt die Einkleidung einer an sich durchaus ernsten und geistigen Erfassung des Psychenmythus theils einen zu fleischlichen Charakter, theils zu wenig Verständlichkeit, als daß das Projekt Glück machen wird ...

25) Dienstag ... Die Weber-Statue ist glücklich auf ihr Postament gestellt. Der Platz scheint mir sehr günstig. Möge der Meister nur wieder gesunden. In der letzten Woche ging es ihm sehr schlecht ...

26) Mittwoch ... Um 5 Uhr hat der Akademische Rath eine Sitzung, in welcher es zu lebhaften Erklärungen kommt. Die Wahl der für die Galerie anzukaufenden Bilder giebt die erste Veranlassung. Schließlich wird der Vorschlag der Ankaufskommission, welche für Plüddemanns Barbarossa und für Hammers Wildsau sich erklärt hat, bestätiget. Die zweite Veranlassung giebt eine schriftliche Klage der selbständigen Künstler über einen Artikel Hettners, der in einem auswärtigen Blatte[2] abgedruckt worden und gegen die Dresdner Malerschulen gerichtet ist. Hettner und Hübner gerathen hart aneinander, da der erste eine Zurückweisung des zweiten energisch abweist ...

27) Donnerstag ... Museum. Diejenigen Gemälde aus dem Leipziger Museum, welche Schirmer zur Restauration übergeben werden, sind nun angekommen. De la Roches Napoleon ist bereits in Arbeit. Meinen Rochus sehe ich auf der Staffelei. Der Schade ist nicht so groß, als ich dachte. Die Wiederherstellung wird nicht zu schwierig sein. Ein Fehler ist freilich nicht gut

zu machen, der aber nicht dem Hagel zur Last zu legen


  1. Wörmann zu Nr. 1101 theilt das Bild „Im Atelier“ zwar Ferd. van Apshoven II zu, erwähnt jedoch, daß es nach Frimmel eine wenig veränderte Kopie nach einem Werke D. Teniers d. j. im Stifte St. Florian in Oberösterreich sei.
  2. In der Berliner Nationalzeitung.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/209&oldid=- (Version vom 12.9.2024)