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zu können. Was also die Gastrollen um diese Zeit betrifft, so wird Lüttichaus Absicht nicht erreicht werden. Dagegen ist Ludwig entschlossen, ein Engagement, wenn es nach den von ihm im Sommer zu gebenden Gastrollen ihm von der hiesigen Intendanz angetragen wird, unter allen Umständen anzunehmen. Das ist der eine Punkt, und da erfahren wir nichts, was uns unerwartet kam, der andere ist aber viel wichtiger. Ludwig hat sich mit Fräulein Garrigues verlobt ...

3) Donnerstag ... Heute, Morgens 7 Uhr, ist Rauch endlich seinen Leiden unterlegen. Es ist eine herbe Schickung, nach dem achtzigsten Jahre dem eigenen Hause entrückt, an einen fremden Ort versetzt, mit einem furchtbar schmerzhaften Leiden auf das Krankenlager geworfen zu werden zum Nimmerwiederaufstehen. Seine Leiche wird nach Berlin geschafft. Die Theilnahme ist außerordentlich groß ...

5) Samstag. Um 12 Uhr wird Rauchs Leiche in feierlichster Weise aus der Wohnung in der Lüttichau-Straße nach dem Neustädter Bahnhof gebracht, von wo sie dann nach Berlin geschafft wird. Glockengeläute verkündet der ganzen Stadt, daß der Trauerzug in Bewegung ist. Rietschel ist durch ernstliches Unwohlsein verhindert, dem Zug sich anzuschließen. Auch ich enthalte mich, die Leiche zu begleiten, da ich noch immer mit meinem Husten geplagt bin ...

7) Montag ... Museum. Verständigung mit Professor Hähnel, den ich zufällig daselbst finde, über die Grundsätze, nach denen bei etwaiger Bewilligung des Postulats[1] verfahren werden soll. Hähnel meint ebenso wie Hettner, daß ich den Corridor des Museums ausmalen soll! Ich habe nicht die mindeste Lust, auf diese Gedanken einzugehen, und denke jetzt überhaupt noch nicht an Personen, sondern an die Sache. Allerdings sind Sachen und Personen in unserm Fall schwer zu trennen.

9) Mittwoch ... Museum. Schirmer hat van Dycks Silen, dem ich den garstigen Lappen von den Lenden weggenommen, den Hübner ihm umgehängt, und dafür sein Ziegenhaar zur Bekleidung derselben wiedergegeben habe, in das Restaurationszimmer bringen lassen, um das Bild ein wenig aufzufrischen. Unsere Restauration hat sich vortrefflich gehalten und ist mit der alten Malerei ganz verwachsen ...

14) Montag ... Besuch bei Baron von Binzer. Seine Arbeiten gefallen mir sehr gut, besonders die Zeichnung zu einem Bilde, das er in Venedig im großen auszuführen begonnen hat, die Bestattung von Abrahams Leiche. Zu der Geschichte des Hauses Hohenzollern, welche Binzer in dem gräflich Hohenthal’schen Schloß in vielen Bildern darstellen soll, sind zwei Zeichnungen fertig. Auch diese Entwürfe zeugen von einem Talent, durch welches das deutsche Streben der guten Römischen und Münchner Zeit in rühmlicher Weise fortgesetzt werden wird ...

15) Dienstag. Rietschels Geburtstag. Gratulationsbesuch bei dem Freund und Nachbar ... Andreä liest uns mehrere Abschnitte aus Reichenspergers „Fingerzeige auf dem Gebiete der kirchlichen Kunst“ vor, ein schönes und interessantes Buch, nur etwas zu leidenschaftlich katholisch.

17) Donnerstag ... Museum. Das Bild von Franciabigio, die Geschichte des David, der Bathseba und Urias darstellend, ist muthwillig beschädigt worden, indem an zwei nackten Frauen links ein paar tiefe, wenn auch kleine, Kritzer eingegraben worden sind. Schirmer wird das Bild sogleich wiederherstellen ...

18) Freitag ... Sitzung des akademischen Raths ... Professor Steinla stellt den Antrag, daß der akademische Rath auf Verbesserung oder vielmehr Verschönerung des Gepräges der Landesmünzen hinarbeiten möge, da sowohl die Porträts unserer Könige, wie auch die Wappen auf der Kehrseite weit hinter dem Gepräge fremder Landesmünzen zurückstehen. Namentlich rügt er die Monotonie in den Bildnissen. Während von den Fürsten anderer Länder alle 5–6 Jahre ein neues Bildniß des Fürsten gegeben werde, sei bei uns während der achtzehnjährigen Regierung unseres verstorbenen Königs immer nur ein und dasselbe verwendet worden ...

23) Mittwoch ... Obermann bringt mir einen Probedruck des Blattes „Die Verklärung Christi“. Er hat sich viel Mühe damit gegeben, und ich bin zufrieden ...

26) Samstag. Zweiter Feiertag. Zur Erfüllung meines an Sohn Eduard gegebenen Versprechens, zeichne ich heute Vormittag die Eintrittskarte zum Ball der polytechnischen Schüler ... Um 4 Uhr begebe ich mich in das Gartenpalais, Lange Gasse, zu Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Georg, welcher mich zur Tafel geladen hat. Die Herren Minister Behr und von Zeschau, Geh. Rath Kohlschütter ... alles in allem 15 Personen waren anwesend ... Geh. Rath Kohlschütter sagt mir viel Freundliches über meinen Antrag, die Albrechtsburg in Meißen künstlerisch wiederherzustellen und zu schmücken. Ueberhaupt scheint der Gedanke Anklang zu finden. Von mehreren Seiten wird von der Restauration der Albrechtsburg gesprochen in meinem Sinne, ohne daß man weiß, daß die Sache von mir angeregt worden ist ...

30) Mittwoch ... Mittags kommt ein famoser Brief von Ludwig an. Wir erfahren, daß Devrient in der Berufungssache rein ist. Er hat den von ihm

an Herrn von Lüttichau geschriebenen Brief kommen


  1. S. oben unter dem 27. November.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/15&oldid=- (Version vom 20.8.2024)