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vor, die wir unbedenklich unterzeichnen können und es auch thun[1].

29) Donnerstag ... Museum. Der Herr Minister läßt mich rufen. Derselbe theilt mir vertraulich mit, daß der Hübnersche Plan zur Ausmalung des Treppenhauses und Corridors im neuen Museum nochmals dem König und durch diesen dem Hausministerium zur Begutachtung vorgelegt worden sei. Daß dem so sei, erfuhr ich schon gestern; ich höre nun aber durch den Herrn Minister, daß die Vorlage mit Rücksicht auf die nächste Finanzperiode, in welcher voraussichtlich die Bewilligung der jährlichen 5000 Thaler erneuert werden wird, erfolgt. Die heimliche Umgehung des akademischen Rathes findet hierdurch freilich keine rechtfertigende Erklärung ...

1860.

Januar.

2) Montag ... Museum. Dr. Schäfer theilt mir die Vorrede zu seinem Katalog mit und macht mich dann aufmerksam auf die Beziehung, in welcher die Nr. 1701, Holbein [?], Bildniß einer Frau, und Nr. 1708, von unbekannter Hand, zu einander zu stehen scheinen ... Schäfer meint, das Bild sei das Gegenstück zu Nr. 1701 und beide Gemälde seien die Porträts eines Ehepaars. Zu dieser Annahme ist Schäfer allerdings durch die Uebereinstimmung der Inschriften[2] geführt worden, unleugbar ist aber auch in den Bildern selbst so viel Aehnlichkeit der Behandlung und Auffassung zu finden, um sich die Zusammengehörigkeit derselben denken zu können[3] Endlich gehe ich noch zu Rietschel ... Mit Rietschel bespreche ich mich auch über das Bildchen „Apollo und Marsyas“, das er ebenfalls für eine Rafaelsche Arbeit hält und große Freude daran hat ...

3) Dienstag ... Um 11 Uhr gehe ich ... nach dem Zwinger, um Rafaels „Apollo und Marsyas“ zu sehen. Das Bild macht mir heute noch einen schöneren Eindruck als neulich. Hübner, der sich einfindet, ist der Meinung, daß Moore nicht Recht habe, wenn er das Bild in die Florentiner Periode Rafaels stelle. Ich muß ihm beipflichten. Das Sposalizio ist 1504 gemalt, Rafael kam erst 1507 nach Florenz und war damals schon selbständiger entfaltet.

5) Donnerstag ... Museum. Dr. Schäfer ist wieder bei den Porträts 1698 [jetzt 834], 1701 und 1708. Waagens Bemerkungen[4] in Betreff der Jahreszahl, die das Bild 1701 nachweist, und des Kostüms beider Frauenbildnisse werden nicht leicht entkräftet werden können. Etwas schwieriger mag es scheinen, das Schäfersche Ehepaar 1701 und 1708, von denen ersteres aus der Wallensteinschen Sammlung in Dux, letzteres als Dosso Dossi aus Modena gekommen ]?[, zusammenzubringen. Auffallend ist allerdings die Uebereinstimmung in der Behandlung (soweit diese bei einem bräunlichen Mannsgesicht und einer blonden Frauennatur sein kann) und der Inschriften beider Bilder; indessen will ich die Combination mir noch nicht allzu heftig aneignen ...

9) Montag ... Der Frühbote bringt mir einen Brief von Klenze ... im Namen des Königs Maximilian von Bayern fragt er bei mir an, ob ich geneigt sei, zu dem historischen Cyklus des Athenäums ein Bild zu malen, darstellend die Verbrennung der päpstlichen Bulle zu Wittenberg durch Dr. Martin Luther. Namentlich diese Frage ist mir höchst unerwartet, und ich werde einige Tage brauchen, um mich über die zu ertheilende Antwort zu entschließen ...

10) Dienstag ... Gegen Abend besuche ich Rietschel, den ich nach Umständen munter finde, und theile ihm die Nachricht ... aus München über Bestellung des Bildes vertraulich mit. Rietschel räth mir unbedingt, die Bestellung anzunehmen ...

11) Mittwoch ... Zscheckel bringt mir endlich einen Abdruck der längst von ihm vollendeten Platte: der Prophet Jeremias. Das Blatt macht mir Freude ...

13) Freitag ... Ade schickt mir einen Probedruck des Blattes: Märtyrertod der sieben Brüder und ihrer Mutter. Ich bin mit dem Blatt sehr zufrieden .. Museum. Herr Morris Moore noch in Dresden, veranlaßt durch die Abfassung (ich weiß nicht von wem) eines Gegenartikels auf den im Dresdner Journal Nr. 5 vom 6. Januar] erschienenen, nicht ganz angemessenen Aufsatz von Clauß[5] über seinen „Apollo und Marsyas“. Herr Moore ... sagt mir, daß der Artikel des Dresdner Journals durch Einwirkungen, die von Berlin ausgegangen wären, veranlaßt worden

sei. Herr Moore ist zu mißtrauisch, und ich suche ihm


  1. Die Ausstellung fand im Salon des südlichen Zwingerpavillons statt. Der Vorstand der Dresdner Schiller-Stiftung lud zum Besuche in einer Bekanntmachung ein, der folgende von Schnorr und Hübner unterzeichnete Erklärung beigefügt war: „Daß obgenanntes Werk von der Hand Rafaels sei und der bezeichneten Periode [der Zeit des Sposalizio] angehöre, ist auch die Ueberzeugung der Unterzeichneten.“
  2. Die Bezeichnung des weiblichen Bildnisses, Nr. 1701, jetzt 846, lautet: „aetatis 41 anno 1548“; die des männlichen, Nr. 1708, jetzt 813; „aetatis sue 40 anno 1548“.
  3. Wörmanns Katalog theilt das weibliche Bildniß einem „holländischen Meister“ zu und findet in dem männlichen die „Art des Pieter Pourbus“.
  4. Waagen in seiner Schrift „Einige Bemerkungen über die neue Aufstellung, Beleuchtung und Catalogisirung der K. Gemäldegallerie zu Dresden“ (Berlin 1858) S. 49 f. bestreitet, daß Holbein die beiden Porträts 1698 and 1701 gemalt haben könne, und will sie Antonis de Moor zutheilen.
  5. Carl J. E. Clauß, schon erwähnt unter dem 14. Juli 1857.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/154&oldid=- (Version vom 10.9.2024)