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Aus Julius Schnorrs Tagebüchern.

XXI.

1860.

Februar.

27) Montag ... Museum. Oberst Törmer bringt das Bildchen seines Bruders [„Der Musikunterricht“], das er der Galerie schenken will, in das Restaurationszimmer. Das Bildchen ist kein Mieris, kein Netscher und kein Metsu, kann aber mit Dank angenommen werden, da es einen der neueren sächsischen Künstler in erfreulicher Weise repräsentiert ...

28) Dienstag ... Museum. Törmers Bildchen ist gefirnißt worden, wodurch es sehr gewonnen hat. Es wird sich in der Sammlung der Neueren recht gut ausnehmen. Krüger holt, gemäß unserer Verabredung, mich zur Besichtigung der Probeabtheilungen in der Gewehrgalerie ab. Es liegen die Proben Lankaus und Reitzenborns vor. Die des ersteren verdienen unbedingt den Vorzug nach der angewandten Technik sowohl, wie nach der Stimmung der Farben. Ich werde für Lankau stimmen, auch wenn seine Forderung eine höhere ist als die Reitzenborns, dessen Arbeit wahre Jahrmarktsmalerei ist. Gaber bringt einen Abdruck seiner Susanna. Das Blatt ist, wie nicht anders zu erwarten, sehr schön gearbeitet. Donndorf bringt einen Abguß seines Medaillons der Mutter[1]. Das Porträt ist sprechend ähnlich ...

29) Mittwoch ... Nach einer fast ganz schlaflos vorübergegangenen Nacht – der heftigste Sturm brauste und tobte von Mitternacht bis zum Morgen – kann mich nur die Arbeit erfrischen. Ich halte mich Vor- und Nachmittag an sie und fördere die Bibelzeichnung bedeutend ...

März.

1) Donnerstag ... Ich schreibe Klenze unter anderm, daß ich gegen Kaulbach nach für mich abgethaner Sache und keiner weiteren Veranlassung keinen Groll hege, oft an ihn denke und mich freuen würde, ihn einmal wieder zu sehen. Museum. Man meldet mir, daß der Erbherzog von Meiningen, Prinz Georg, mit seiner Gemahlin (eine geb. Prinzessin Hohenlohe) in der Galerie sich befinden. Ich eile mich ihnen vorzustellen. Der Prinz ist außerordentlich ernst, begrüßt mich aber, wie sonst, mit Handschlag ... Unser Kronprinz stellt sich ebenfalls ein und bald darauf auch die Kronprinzessin. Der Kronprinz fragt, wie es mit dem Korridor stehe, und bemerkt, daß sich sein Vater sehr sträube, die Nebenräume in der von Hübner beabsichtigten Weise ausmalen zu lassen. Ich sage ganz offen meine Meinung. Der Herzog und die Herzogin von Meiningen erklären, mich morgen 11 Uhr in meinem Hause besuchen zu wollen, um meine Bibelzeichnungen zu sehen ...

2) Freitag ... Nach 10 Uhr kommt Botschaft, daß der Herzog eine geschwollene Backe hat und nicht kommen kann, aber wünscht, daß ich 1/2 11 Uhr zu ihm komme. Mein Bote, der Galeriediener Schneider, hat eine Droschke mitgebracht, die ich gleich benutze, und mit den Bibelzeichnungen und dem Album der Hausfrau mich gleich nach dem Prinzenpalais begebe. Der Kronprinz ist beim Herzog, und ich werde zur Herzogin geführt. Sie läßt mich neben sich setzen und bittet dann um die Zeichnungen. Ich zeige und erkläre die Bibelzeichnungen und verweile dabei bis 12 Uhr, dann kommt der Herzog, den unser Kronprinz erst jetzt verlassen hat. Um nicht lästig zu sein, erkläre ich, die mitgebrachten Sachen in den Händen Seiner Hoheit lassen zu wollen, und entferne mich. Ich habe über meinen anderthalbstündigen Besuch mich nur zu freuen. Die Prinzessin ist nicht nur schön, sondern wahrhaft gebildet, und in dem Gespräch hat sich Gelegenheit geboten, ihren feingebildeten Geist, wie ihr edles Gemüth kennen zu lernen ...

5) Montag ... Auf dem Wege nach dem Museum begegnete mir Clauß, welcher, ebenfalls indigniert über den Aufsatz im Morgenblatt gegen Wigand[2], sich bereit erklärt, etwas dagegen in das Dresdner Journal einrücken zu lassen ...

6) Dienstag ... Am Nachmittag halte ich mich an meiner Zeichnung „Daniel“. Gey wird bei den sieben Löwen mir zur Hand sein müssen. Er ist ein ausgezeichneter Thierzeichner ...

8) Donnerstag ... Rietschels Atelier. Die Luther-Statue und nun auch sein Wicleff werden mit Sicherheit fortgebildet und versprechen in verhältnißmäßig kurzer Zeit vollendet zu sein ...

9) Freitag. Bußtag ... Der Vormittag geht für meine Bibelarbeit verloren, am Nachmittag bin ich aber wieder dafür thätig, indem ich die Apostelgeschichte durchnehme und zehn Gegenstände – so viel Bilder sollen ihr gewidmet werden – für die bildliche

Darstellung auswähle. Der Reichthum an schönsten Gegenständen


  1. Der Gattin Schnorrs.
  2. In einem durch mehrere Nummern des Morgenblattes gehenden, „Dresdner Grübeleien“ betitelten Aufsatze wird (S. 144 der Nr. 6 vom Jahre 1860) von Wigands Richter-Album gesprochen und dabei gesagt: „Wir mögen den Ehrensold gar nicht nennen, welcher, als freiwillige Huldigung Seitens des glücklichen Spekulanten, dem Schöpfer dieses Werkes noch Dankesverpflichtung auferlegt hat – oder, aber warum nicht? wir wollen seine Bescheidenheit nicht unserem Unmuth einen Zaum anlegen lassen, wir wollen die Summe verrathen – es waren in Allem zweihundert Thaler“.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/173&oldid=- (Version vom 10.9.2024)