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und weist ihm viele Fehler nach. Er, Schäfer, ist es auch, der nicht müde wird gegen die Hübnersche Umrahmung der Holbeinschen Madonna offen und versteckt zu manövrieren (unter anderm im Anzeiger) ...

28) Freitag. Endlich setze ich den Danksagungsbrief an die Akademie der schönen Künste in Kopenhagen für Ernennung zu ihrem Ehrenmitglied auf ...

29) Samstag ... Es beschäftiget mich heute die Zeichnung „Des Volkes Buße“. Immer wieder von neuem muß ich staunen über den Reichthum an den mannigfaltigsten und schönsten Gegenständen, welchen die Bibel bietet. Welches andere Buch könnte sich wohl auch in dieser Beziehung mit der Bibel messen! ...

30) Sonntag ... Nachher gehe ich zu Quandts, die beide zu Hause sind und mich sehr freundlich aufnehmen. Quandt theilt mir ungefragt mit, welchen Vorschlag er zur Ausführung eines monumentalen Werkes gemacht habe. Er beantragt die Errichtung einer Nike in Leipzig zur Erinnerung an den in der Völkerschlacht am 18. Oktober 1813 erfochtenen Sieg. Einen schöneren Vorschlag kann man nicht machen, und ich nehme mir vor, bei der Abstimmung außer dem Kruzifix für die Dresdner Brücke auch dieser Nike meine Stimme zu geben, wenn zwei Gegenstände bezeichnet werden dürfen.

31) Montag ... Auf Renners Wunsch male ich heute ein wenig an der Augustusburger Altartafel, um das Gewand Christi, dessen Gefälte sehr undeutlich ist, zu restaurieren ...

Februar.

1) Dienstag ... Rietschel hat einen schweren Krankheitsanfall zu bestehen gehabt. Es geht zwar wieder besser, aber seine Kräfte sind ohnehin geschwächt, und jeder derartige Anfall muß seine Natur mehr und mehr untergraben. Peschel sagt mir, daß auch Rietschel für die Errichtung des Kruzifixes auf der Brücke gestimmt habe. So wird dieser Gegenstand wohl mit fünf Stimmen in Vorschlag kommen ...

2) Mittwoch ... Von dem Porträt Kurfürst Augusts von Cranach dem Jüngern meint Schäfer, es sei das Studium zu der Augustusburger Altartafel ...

3) Donnerstag ... Museum. Restaurationszimmer. Ich lasse das Porträt Kurfürst Augusts von Cranach dem Jüngern, das wir in der Galerie haben, herunter bringen, um es mit dem Porträt auf der Augustusburger Altartafel zu vergleichen. Es entspricht vollkommen dem letzteren, ist aber noch besser, und man sieht deutlich, daß es das Studium zu demselben ist. Die Tafel zeigt: Cranachs Schule. Das muß geändert werden[1]. Mit Schirmer komme ich in einen lebhaften Streit wegen Errichtung eines neuen Kruzifixes auf der Brücke. Er meint, es würde darin eine Verleugnung des Protestantismus liegen und zugleich eine Konzession gegenüber den Katholiken. Da bin ich auch einmal grob geworden ...

3) Donnerstag ... 5 Uhr Sitzung des akademischen Raths ... Auf dem Heimweg begleite ich Geh. Rath Kohlschütter. Er sagt mir von Quandts Vorschlag, daß er ihn in Verlegenheit setze; denn die Nike, welche dieser wolle, würde nicht allein ein Denkmal des Sieges der Verbündeten über Napoleon sein, sondern zugleich ein Denkmal der Gefangennehmung des Königs von Sachsen, und ein solches Denkmal zu errichten, könne man doch seinem Nachfolger nicht vorschlagen. Gegen das Kruzifix hat er auch Bedenken, weil es bei den Protestanten nicht Sitte sei, außer der Kirche auf einem öffentlichen Platz ein solches zu errichten. Doch giebt er zu, daß in dem Umstand, daß bereits ein Kruzifix auf der Brücke gestanden, ein Grund zur Befürwortung des Vorschlags gefunden werden könne ...

5) Samstag. Das Christliche Kunstblatt vom 1. Februar bringt einen sehr schönen Artikel über ein Relief von Wittig[2], darstellend die Grablegung, verfaßt von Schnaase. Den Schluß der Nummer bilden einige Aeußerungen Luthers über Anwendung der Kunst auf religiöse Gegenstände, die köstlich sind ...

6) Sonntag ... Um 12 Uhr Versammlung des Weber-Komitee im Hotel Petersburg. v. Hülsen in Berlin meldet uns einen Beitrag von gegen 800 Thalern; v. Platen läßt sich durch Serres wiederholte Aeußerung, daß die Kosten für unser Unternehmen gedeckt seien, nicht hindern für uns zu wirken und in unser Ermessen zu stellen, ob wir den Ertrag für die Aufführung der Euryanthe abwarten oder sogleich eine Durchschnittszahlung haben wollen ... Der Stadtrath erwidert auf unser Gesuch um einen Beitrag, daß ein solcher zu erwarten sei unter der Voraussetzung, daß das Standbild zwischen Theater und katholischer Kirche und zwischen die neuen Gas-Kandelaber gesetzt werde ...

7) Montag ... Auf meinen Bericht über die Restauration der Augustusburger Altartafel bemerkt der Minister, daß ein Erlaß an mich kommen wird, in welchem die Einverleibung der Tafel in die Galerie unter gewissen Bedingungen in Aussicht gestellt und ein Gutachten eingefordert wird ...

8) Dienstag ... Noch gestern Nachts 11 Uhr brachte das Dresdner Journal die wesentlichen Theile der Napoleonschen Thronrede. Sie spricht sich in unverschämter Weise aus ...

10) Donnerstag. Um 10 Uhr beginnt die Sitzung

des akademischen Raths, in welcher die Vorschläge für


  1. Es handelt sich um das jetzt mit 1947 bezeichnete Bild („Kurfürst August ohne Kopfbedeckung“), welches auch nach Wörmann ein „ausgezeichnetes eigenhändiges Werk der letzten Zeit des Meisters“ ist.
  2. Schon erwähnt unter dem 24. November 1857.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/70&oldid=- (Version vom 30.8.2024)