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amtliches Schreiben. Er gibt die Versicherung, daß er die Zeichnung nach der Madonna selbst vollenden werde.

4) Samstag. Museum. Schirmers Zimmer füllt sich nach und nach mit den restaurierten Bildern aus dem Vorrath. Der kleine F van Mieris macht uns Freude und dient auch zu einer neuen Mahnung, jedes Bild gut zu besehen, ehe wir es weggeben. – Die Zeichnung „Salomo [verfällt in Abgötterei]“ kommt am Nachmittag bis auf Affe und Pfau, für welche ich Flinzer[1] in Anspruch nehmen werde, zu Stande. Eduards[2] Bildniß, von Hemken a la prima gemalt, aber sprechend ähnlich, wird heute im Klavierzimmer aufgestellt ... Die Allgemeine Augsburger Zeitung[3] brachte endlich weitere Ausstellungsberichte mit einer Beurtheilung Kaulbachs. Die Beurtheilung war nicht ohne allen Zusatz von Essig, doch fehlte die rechte Schärfe. Das bischen Essig suchte die Redaktion dann noch durch einen Zusatz von Zucker[4] zu paralysieren. Für Cornelius erhob sich auch eine Stimme[5], um seine echte Katholicität, die in jenen Artikeln mit einer Sauce von Weltgröße angemacht war, zu bezeugen ...

5) Sonntag ... Mit Hülfe des Julius[6], der mir aus dem Pfennigmagazin einen richtigen Affen herausgesucht und in einem andern Buch einen Pfau gefunden, kommt meine Zeichnung dennoch zu Stande ... Ich mache gegen Abend einen Spaziergang nach dem Felsenkeller, wo ich lange nicht war. Die Umgebung hat sich außerordentlich verändert. Wo Grassis Villa stand, kann man sich kaum mehr deutlich machen.

6) Montag ... Unter anderem schreibt er [Thäter] auch, daß jene Briefe über die Münchner Kunstausstellung von Pecht sind ...

7) Dienstag ... von Bethmann-Hollweg sendet an mich die eigenhändigen Zeilen des Propst Nitzsch, in welchen dieser seine Meinung über das dem Luther zu gebende Kostüm ausspricht. Er erklärt sich für Beibehaltung des Cranachschen Typus. Abends theile ich Rietschel diese Erklärung mit. Derselbe ist bereits bei dem Entwurfe und hat sich auch in künstlerischer Beziehung schon mit dem Chorrock ausgesöhnt. Die Sache ist also gerettet ... Die Wigandsche Buchhandlung sendet mir endlich das Jochsche Blatt[7]. Der Stock ist noch nicht abgeliefert, weil die Buchhandlung den Xylographen mit einem Abzug wegen Verzögerung bedroht hat. Das Blatt ist herrlich geschnitten. Ich danke Gott, daß wir es haben. Der Stock wird ja doch bald erlangt werden.

10) Freitag ... Wir lassen uns bestimmen heute in das Theater zu gehen und „Das Urbild des Tartuffe“ von Gutzkow zu sehen. Wir amüsieren uns sehr gut, ohne daß indessen der Verfasser in unserer Achtung steigt.

11) Samstag ... 12 Uhr Galerie-Kommission. Außer Bendemann alle zugegen. Ich glaubte, wir würden uns heute vereinigen über ein paar Bilder, die aus denjenigen, welche Schirmer jetzt restauriert hat, noch für die Galerie zurückzubehalten wären. Wir kommen zu keinem Beschluß. Hübner will heute nicht einmal zugeben, daß wir den neuentdeckten Franz von Mieris behalten, und meint bei einem vorher zu bestimmenden Preis solle man das Bild verkaufen, um zu neuen Ankäufen Geld zu gewinnen. Ein Privatsammler mag so manövrieren, die Direktion einer Galerie, wie die unsere, kann und darf nicht nach solchen Grundsätzen verfahren ...

15) Mittwoch ... Der zweite [Brief] von Ludwig meldet die glückliche Aufführung des Fernand Cortez ... Meyerbeer war im Cortez zugegen und wird in einigen Tagen Ludwig im Lohengrin hören ...

16) Donnerstag. Morgenbesuch bei Rietschel in Angelegenheit des Luther-Denkmals. Eine Illustration zu Hübners Aufsatz werden wir nicht erhalten können, was ich begreife und im voraus mir gedacht. So ist es nun auch besser, wenn der Aufsatz baldmöglichst erscheint ... Zu Rietschel auf die Terrasse. Er hatte mich eingeladen, seine zwei Skizzen zu der Luther-Figur zu sehen, die eine im Chorrock, die andere in der Kutte. Das Motiv der zweiten ist noch bedeutsamer. Rietschel ist selbst der Meinung, dieses bei einer dritten Skizze beizubehalten, die Figur dann aber mit dem Chorrock zu bekleiden. Ich glaube, das wird dann das Rechte sein. Rietschel ist im besten Fahrwasser ...

17) Freitag ... Im Museum finde ich Hähnel, mit welchem ich über die Angelegenheiten der Professur der Kupferstecherkunst, der Ausmalung des Museums, der Aufstellung der Holbeinschen Madonna und anderes in eine ausführliche Besprechung komme. Er wird nun auch für Gruner stimmen; was die Ausmalung betrifft, so ist er für eine einfache Ausschmückung und natürlich nicht für Hübner; in Ansehung der Umrahmung erklärt er sich mit größter Entschiedenheit gegen das Hübnersche Projekt. Durch Hähnel erfahre ich, daß Steinla sehr leidend ist und, wie die Aerzte meinen, seinem Ende entgegengeht.

18) Samstag ... Nachmittag 4 Uhr gehen wir alle zusammen nach dem Felsenkeller ... Man darf freilich nicht daran denken, wie der Eingang in den

Plauenschen Grund früher war, wenn man das neue


  1. Feodor Alexis Flinzer, geb. 1832 in Reichenbach i. V., Maler, besonders Thiermaler, jetzt Professor in Leipzig.
  2. Eines Sohnes Schnorrs.
  3. Beilage zu Nr. 240, Seite 3889–3891.
  4. Enthaltend Urtheile von A. Springer.
  5. Lohbauer in Thun in der Beilage zu Nr. 245, Seite 3971 f.
  6. Name eines in jungen Jahren verstorbenen Sohnes Schnorrs.
  7. Vermuthlich: „Maria von Bethanien salbt Jesum“.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/56&oldid=- (Version vom 27.8.2024)