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ernsten monumentalen Kunstrichtung in Sachsen hinwirken.

25) Mittwoch. Ludwigs Angelegenheiten beschäftigen uns jetzt fortwährend, namentlich seine Wünsche in Betreff Dresdens. Frau Professor Gonne, die uns besucht, wird veranlassen, daß Graf Baudissin mit Herrn von Lüttichau deshalb redet ...

26) Donnerstag. Ludwigs Angelegenheiten nehmen einen raschen Gang. Seine Excellenz Herr von Lüttichau schickt zu mir, um fragen zu lassen, ob er mich zwischen 10 und 11 Uhr sprechen könnte. Gegen 11 Uhr kommt er dann wirklich, um sich zu erkundigen, wie lange Ludwig in Carlsruhe gebunden und ob es mir recht sei, wenn derselbe in Dresden engagirt werde. Da meine Antworten seinen Absichten günstig sind, so erklärt er seinen Entschluß, noch heute an Ludwig und an Devrient schreiben zu wollen, um zunächst zu veranlassen, daß Ludwig um Neujahr hier ein Paar Gastrollen gebe, und im Fall einer Verständigung dessen Engagement für nächsten Sommer anzubahnen ... Von Bethmann-Hollweg[1] erhalte ich einen Brief, in welchem er mir Notizen gibt über die Angelegenheiten der religiösen Kunst und seinen Wunsch ausspricht, mit mir hier in Dresden, etwa nächsten Sonntag Abend, eine Besprechung über diesen Gegenstand haben zu können. Ich schreibe ihm sogleich wieder, daß solch eine Besprechung mir ganz lieb sein wird. – Abends besuche ich Rietschel, der etwas unwohl ist. Durch ihn erfahre ich, daß auf seine (Rietschels) Veranlassung Carus mit Herrn von Lüttichau wegen Ludwigs gesprochen hat und daß also der Besuch von diesem Morgen Rietschels und Carus freundlicher Vermittlung zuzuschreiben ist ...

27) Freitag ... Langer Besuch bei Rietschel und lebhafte Besprechung meiner Absicht, die Albrechtsburg in Meißen zur Ausschmückung vorzuschlagen. Rietschel findet den Gedanken gut. Oppermann, der zugegen, meint, die Stände würden die 5000 Thaler jährlich nicht bewilligen. – Lesung aus dem modernen Vasari von W. Schadow. Die Abschnitte, die wir heute lesen, sind unbedenklich, freilich aber auch unbedeutend. Nun werden wir weiter sehen. – Hemken ist bei uns zum Thee, und wir sehen dann das große Buch an, in welchem eine größere Anzahl von Zeichnungen des Papa Olivier,[2] Schwinds und solche, die ich nach alten und andern Meistern zeichnete, vereinigt sind.

28) Samstag. Die kurze Darlegung meiner Ansichten in Betreff des Postulats für Kunstzwecke beschäftiget mich. Nur wenige Stunden habe ich jetzt zur Arbeit, diese wenigen muß ich jetzt fast ganz den mehr und mehr sich anhäufenden Schreibgeschäften widmen. Museum. Der kleine Giotto von Steinla ist da, ein ganz unbedeutend Bildchen, nur dadurch getragen, daß es das Gepräge seiner Zeit an sich hat. Man wird es annehmen als Theilchen dessen, was man bereits von Steinla hat. Schirmer hat die Bildnisse von Rembrandt Nr. 1163 [jetzt 1571] „Ein Mann mit Barett“ [= „Bildniß des Alten mit dem Stocke“] (dieses und der Ueberwurf sind schwerlich von Rembrandts Hand) und 1161 [jetzt 1564] „Eine Frau mit einer Goldwage“ (man sagt, des Künstlers Mutter), aufgefrischt und den ursprünglichen Glanz ihnen wieder verliehen. Richter und Gaber lade ich schriftlich zu der Besprechung mit Bethmann-Hollweg für morgen Abend ein ...

29) Sonntag. von Bethmann-Hollweg ist bereits hier und sucht mich am frühen Morgen auf. Er kommt dann noch einmal nach der Kirche, um mit mir allein unsere Angelegenheiten zu besprechen. ... Abends bei guter Zeit vereiniget sich die kleine Gesellschaft. Gonne hatte sich zufälliger Weise eingestellt. Die Herren Andreä, Richter und Gaber waren meiner Einladung freundlichst gefolgt ... Unsere Besprechung wurde ... in sehr freier Form abgehalten. Die Hauptsache war, daß Hollweg Richter, Gaber und Andreä kennen lernte und ihre Meinung erfuhr hinsichtlich der Förderung religiöser Kunst. Diese gieng dahin, das Vorhandene vor allem in Gang zu lassen, zu fördern, wo es sich thun läßt; aufzumerken, wo ein Bedürfniß sich zeigt und nach Kräften da einzugreifen. Mit Institutionen und Satzungen soll man sparsam sein, die Leute, die hier durch den Kunstverein oder auf andere Weise auf dem Gebiete thätig sind, soll man mit Zumuthungen verschonen. Die Besprechung war sehr angeregt, und man (Gonne hatte sich schon früher zurückgezogen) trennte sich erst nach 10 Uhr.

30) Montag. von Bethmann-Hollweg geht nach Leipzig, um dort für gleiche Zwecke mit Wigand und andern zu reden ... Nach 11 Uhr finden wir uns im Museum. Gonne und Andreä sind auch da. Der Erstere führt uns dann, wie verabredet, zu seinem Altarbild. Bei der Gelegenheit sehen wir auch Peschels Altarbild, das in der letzten Zeit sehr gewonnen hat. Nach Tisch verläßt der theure Mann Dresden, ich begleite ihn noch in sein Hotel ... Am Abend sind wir allein und lesen aus Schadows modernem Vasari und aus Immermanns Münchhausen. Ersterer ist sehr langweilig.

December.

1) Dienstag ... Ludwig dagegen berichtet mehr Neues, als wir erwarten konnten, wenigstens erwartet haben. Herr von Lüttichau hat an ihn und Devrient in der Weise geschrieben, wie er uns gesagt hat.

Devrient erklärte aber, um Neujahr Ludwig nicht entbehren


  1. Schon erwähnt unter dem 27. Mai 1856.
  2. Ferdinand Olivier, Stiefvater von Schnorrs Frau.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/14&oldid=- (Version vom 20.8.2024)