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stecken zu können. Das ist aber nicht möglich. Im Fall, daß man das Bibelunternehmen in andere Hände wollte übergehen lassen, verspreche ich meine Beihülfe und Verwendung. Herr Sal. Hirzel führt einstweilen das Geschäft ..

16) Dienstag ... Aus Amsterdam erhalte ich die Nachricht, daß ich zum Ehrenmitglied der dortigen Akademie ernannt worden bin ... Im Museum treffe ich Anordnung, daß die Herodias Nr. 17 (von einem Mailänder)[1] mit dem Christus von Carlo oder Agnese Dolci vertauscht und so nahe vor die Augen gebracht werde. Den Abend bringen wir bei Andreäs zu. Andreä liest uns zwei Artikel aus der Augsburger Allgemeinen Zeitung vor, von denen der eine Kaulbachsche Arbeiten zu Goetheschen Werken ziemlich scharf kritisiert, der andere wieder einmal von der historischen Einleitung des Hübnerschen Katalogs spricht ...

17) Mittwoch ... Zu Hause finde ich einen recht schönen Probedruck von der Platte, die Ant. Joerdens geschnitten hat, die Wunderbare Speisung des Volks darstellend ...

18) Donnerstag. Atelier. Museum. Schirmer ist fleißig an den Evangelisten Nr. 88 [jetzt 831]. Wir haben keinen Zweifel, daß das Bild die Arbeit eines Niederländers ist, und sinnen darnach, wo wir es in der Hauptetage auf der Niederländer-Seite passend placieren könnten[2] ... Da ich für Rietschel in der nächsten Woche den Act besorgen werde, so besichtige ich mir heute den in dieser Woche von Hähnel gestellten oder vielmehr gelegten. Hähnel hat dem Modell die Stellung des Adam von Michael Angelo (Schöpfung) gegeben, und der Act ist wunderschön ...

23) Dienstag ... Beendigung der Reinschrift meiner Erklärung in Sachen des Postulats. Da mir daran gelegen ist, mit Hettner in Uebereinstimmung zu handeln, so gehe ich zu ihm und lese ihm die Schrift vor. Er ist sehr damit zufrieden und ist einverstanden, daß ich sie gleich in das Ministerium bringe, damit sie mit den andern Schriften, die noch nicht in Umlauf gesetzt sind, circuliere ...

25) Donnerstag ... Museum. Die schöne Herodias aus der Schule des Da Vinci ist von Schirmer (viel fehlte nicht) völlig in Stand gesetzt. Wir werden dieses bedeutende Bild nun statt des Christus von Dolci in die untere Reihe hängen ...

27) Samstag ... Es ist dann Zeit, in das Museum zur Kommission sich zu verfügen. Dieselbe ist vollzählig bei einander. Die Herodias (Schule des Da Vinci) wird mit großer Bewunderung betrachtet und, wenn auch nicht dem Da Vinci zugeschrieben, doch desselben eher werth erachtet, als manches Bild, das von ihm sein soll. Die Restauration, die jetzt geschehen ist, befriediget vollkommen. Leider ist aber der untere Theil des Bildes, die Hände der Herodias und das Haupt des Johannes, nicht gut erhalten und auch nicht so gut restauriert worden, wie es jetzt geschehen sein würde ...

28) Sonntag ... Ich besuche Rietschel, der mich zu sprechen wünscht. Er ist etwas in Aufregung über einen Brief des Bildhauers Scholl in Darmstadt, welcher verlangt, zu einer Konkurrenz um das Luther-Denkmal zugelassen zu werden, das doch schon Rietschel übertragen ist. Rietschel hat nicht die mindeste Verpflichtung, auf so närrische Forderungen Rücksicht zu nehmen. Bei dieser Gelegenheit theile ich Rietschel auch meine Ansicht mit, daß es nicht angemessen sein würde, Luther im Mönchshabit darzustellen, wie Rietschel es vor hat ...

März.

1) Montag ... Ein sehr guter Brief von Ludwig. Sein Contract ist im Reinen ... Der Contract tritt mit 2. Juli d. J. in Kraft und ist giltig bis 1. April 1860. Es geht ihm auch sonst sehr gut. Wenn Gott ihn gesund erhält, so ist er nun ein gemachter Mann ...

3) Mittwoch ... Atelier. Peschel ladet mich ein, sein Altarbild zu sehen, das nun fast fertig ist. Es hat noch sehr gewonnen und ist mit großem Ernst durchgeführt ... Abends 6 Uhr Weber-Komitee. Unsere Briefe an die Fürsten zur Gewährung von Theatervorstellungen zum Besten des Denkmals haben bis jetzt ganz geringen Erfolg gehabt. Anderes verspricht reichlicheren Ertrag. Frau Bürde-Ney will einige Concerte geben mit großmüthigster Aufopferung eigenen Gewinns zum Besten des Denkmals.

4) Donnerstag ... Obermann bringt mir einen Abdruck der Platte: „Die Einsetzung des heiligen Abendmahls“[3]. Die Arbeit ist nicht glücklich ausgefallen. Es fehlt an den Köpfen. – Für den Abend erwarteten wir Prof. L. Richter, Gaber, Andreäs. Unerwartet kommen aber die alte Sachße, nebst Sohn, Tochter und Schwiegertochter, sodann der junge Lohse[4] (mit Eduard) und Hemken, so daß wir auf einmal eine große Gesellschaft um uns versammelt sehen, die bewirthet sein will. Doch ist die Hausfrau an solche Ereignisse gewöhnt, unsere Gäste erwarten nicht viel, und alles geht vortrefflich. Mit Richter bespreche ich unsere Postulatsangelegenheit, unsere beiderseitigen Köpfe können sich aber von den einmal gewonnenen (in diesem Fall auseinandergehenden) Anschauungen nicht trennen.

5) Freitag. Bußtag ... Retouche des Blattes von

Obermann und nochmalige Durchsicht der neuen Aufzeichnung


  1. „Die Tochter der Herodias“ (von Bartolommeo Veneto? s. Wörmanns Katalog zu 201 A).
  2. Es wurde inzwischen als Werk Joachim Brukelaars erkannt, dessen Monogramm Max Lehrs an dem Gemälde entdeckt hat.
  3. Für „Einsetzung des heiligen Abendmahls“ muß es heißen: „Die Fußwaschung“: s. weiter unten unter dem 21. und 24. März.
  4. Jetzt Kgl. Sächs. Justizrath und Rechtsanwalt in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/42&oldid=- (Version vom 22.8.2024)