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König Ludwigs in Dresden ein Theil der trüben Erinnerungen an München, welche seit den letzten Jahren meines Aufenthalts daselbst sich bei mir festgesetzt hatten, verscheucht worden sind ... Abends kommen v. Deutsch[1], Gey und Schmidt. Ersterer zeigt mir seine Kompositionen zu einer Abtheilung des Corridors im Museum nach Hähnels Angaben. Die Entwürfe sind in der That sehr schön, nur fürchte ich, daß die fast durchgängig in sehr sinnlichen Bildern ausgedrückten, an sich seelischen Zustände sich nicht zu Darstellungen eignen werden, welche unser Hof acceptieren soll.

16) Freitag ... Abends haben wir die Freunde Thaeter, L. Richter und Gaber und Frau beim Thee. Der Abend verläuft höchst gemüthlich.

17) Samstag ... Als ich nach Hause komme, finde ich einen Boten vom Weinberge der Königin mit einem Schreiben Sr. Excellenz des Oberkammerherrn von Könneritz, in welchem ich für morgen Abend zu Ihrer Majestät der Königin auf den Weinberg eingeladen werde ... Ich soll mein Landschaftsbuch mitbringen ...

18) Sonntag ... Nach 6 Uhr werde ich nach dem Weinberg in einem leichten Wagen mit flinken Rossen abgeholt. Nach 7 Uhr bin ich dort. König Ludwig und die Königin sind noch nicht von Pillnitz zurück. Der Oberkammerherr von Könneritz leistet mir indessen Gesellschaft. Etwa 1/2 8 sind die Herrschaften da, und es wird sogleich der Thee genommen. Außer den beiden Majestäten, dem Adjutanten La Roche (?), dem Oberkammerherrn und der Hofdame Friederici bin ich nur da. Nach dem Thee werden meine Zeichnungen (das verlangte Landschaftsbuch und 15 biblische Zeichnungen) angesehen. Ich muß mich neben den König setzen, der mit Theilnahme und Befriedigung sieht, dabei auf das lebhafteste über die schönen, in Rom verlebten Zeiten sich ausspricht und überhaupt sehr angeregt ist. Aber auch heute wieder fragt er: ob ich verheirathet bin; – daß er Pathe eines Sohnes von mir[2] ist, scheint also rein vergessen. Nach 9 Uhr geht der König zu Bett. Ich muß noch bis etwa 10 Uhr bleiben, und nun führt die Königin das Wort. Um 11 Uhr bin ich zu Hause, mit derselben Gelegenheit, mit der ich gekommen ... Ich vergaß zu bemerken, daß König Ludwig mir den Auftrag ertheilte, sämmtlichen Künstlern, welche an dem Fackelzug Antheil genommen haben, zu sagen, daß er sich über das Fest sehr gefreut habe und ihnen noch vielmals danken lasse. Unter anderm soll ich auch besonders noch der „Zeit“, Mathilde Sachße, seinen Dank ausdrücken. Da ich morgen abreise[3], werde ich nun freilich gehindert sein, persönlich mich des Auftrags zu entledigen; doch werde ich sorgen, daß der mir gewordene Auftrag bekannt werde.

Oktober.

16) Sonntag ... Gegen Mittag besucht mich Rietschel und bittet mich um Rath wegen des Konzepts eines Briefes an Geh. Rath Pinder in Berlin, welches er bereits aufgesetzt hat. Rietschel fühlt nämlich, daß er den Anstrengungen und Aufregungen, welche die neue Stellung in Berlin mit sich bringen würde, mit seinem gebrechlichen Leibe nicht gewachsen ist, und will, da von hier aus alle möglichen Anerbietungen gemacht worden sind, seine Wünsche zu erfüllen, und es ihm peinlich ist, die preußische Regierung so lange in Ungewißheit zu lassen, die ihm gemachten Anträge ablehnen. Ich kann seine Entschließung nur billigen, rathe ihm aber doch noch eine kurze Frist für eine definitive Entscheidung zu erbitten, um nicht eher für hier zu entscheiden, bis er nicht Gewißheit über das ihm zugesagte Haus und Atelier erlangt hat. Rietschel will meinen Rath befolgen.

17) Montag ... Aus Wiesbaden wird uns ein Artikel der Mittel-Rheinischen Zeitung zugeschickt, welcher den Erfolg von Ludwigs Auftreten als Lohengrin als einen ganz außerordentlichen schildert und dem Sänger eine große Zukunft prophezeit. Heute erhalten wir auch von Ludwig selbst einen Brief, in welchem er näheren Bericht über die Aufführung, die Sonntag den 9. Oktober stattgefunden hat, uns giebt. Schon bei der Probe waren die Zuhörer, d. s. die mitwirkenden Künstler, entzückt. Die Musiker im Orchester legten ihre Instrumente weg, um zu applaudieren. Bei der wirklichen Aufführung vor einem ganz gefüllten Haus war der Beifall ein stürmischer ...

21) Freitag ... Nachmittag 5 Uhr Sitzung des akademischen Rathes ... Sodann schreitet man zur Wahl von Ehrenmitgliedern der Akademie ... Rietschel schlägt noch Wislicenus[4] vor; Hübner erklärt sich mit ziemlicher Leidenschaftlichkeit gegen die Annahme dieses Vorschlags, und man sieht davon ab. Endlich kommt noch die Ausstattung der Terrassentreppe, welche nach der Entschließung Sr. Maj. des Königs aus dem bewilligten Fonds für Kunstzwecke in Angriff genommen werden soll, zur Besprechung. Rietschel erstattet Bericht aus Auftrag und motiviert mehrere Vorschläge. Die

Angelegenheit wird mit Lebhaftigkeit berathen und


  1. Rudolf von Deutsch, geboren 1835 in Moskan, gegenwärtig in Berlin lebend, damals Schüler Schnorrs, wie die beiden anderen hier Genannten.
  2. Des Sängers Ludwig S. v. C.
  3. Es folgt hier der Bericht über eine Reise nach Endorf in Bayern und Wien, den ich übergehe, obgleich die Aufzeichnungen über Wien einiges enthalten, was für die Dresdner Gemäldegalerie von Interesse ist.
  4. Später Direktor der Akademie zu Düsseldorf, schon erwähnt unter dem 24. November 1857.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 142. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/149&oldid=- (Version vom 10.9.2024)