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worden, dagegen muß ich annehmen, daß die Zeichnungen von Correggio erworben worden sind ...

28) Donnerstag ... Ich besichtige die ausgestellten Kartons von Cornelius und die Landschaften von Calame, welche Herr von Hildebrandt noch zu der Ausstellung hergegeben hat. Es macht mir große Freude, des Cornelius gewaltige Schöpfungen wieder einmal zu schauen ...

30) Samstag ... Museum ... Wir besprechen eben die neuen Erwerbungen, als Hübner selbst eintritt ... Hübner meint, daß das zweitvorzüglichste Bild, das dem Lorenzo di Credi zugeschrieben, aber schon von Woodburne als eine Jugendarbeit des Leonardo da Vinci angesehen worden, diesem letztern Meister wirklich angehöre. Sollte man sich dafür erklären können – Beweise werden nicht beizubringen sein –, so wäre die Erwerbung in der That eine außerordentlich glückliche. Bei der näheren Beschreibung des Bildchens, namentlich bei der Bezeichnung der Größe, wird es mir zweifelhaft, ob es das nämliche ist, das ich gesehen und als eine von Woodburne dem Leonardo da Vinci zugeschriebene Jugendarbeit bezeichnet habe[1]. Daß das Bild von Luca Signorelli ein höchst bedeutendes Werk und namentlich für unsere Galerie eine sehr glückliche Acquisition ist, das scheint außer allem Zweifel. Zwei kleine Bilder von Starnina, einem der Meister, welchen Ant. da Messina die Oelmalerei gelehrt[2], sollen sehr interessant sein. Dann haben wir noch einen Giottino[3] und einen kleinen Byzantiner[4]. Wir freuen uns wie die Kinder auf die Ankunft der Bilder, die wir in etwa vierzehn Tagen erwarten dürfen. Ihre Aufstellung wird eine Lust sein ...

Juli.

1) Sonntag ... Ludwig spielt und singt aus Glucks Alceste. Das Herz öffnet sich weit bei solcher Musik. Dann geht er mit Malvina in das Theater, wo Tichatscheck nach seiner Ferienzeit zum erstenmal wieder und zwar als Rienzi auftritt. Man erwartet einen um so brillanteren Empfang, als er und seine Freunde alle Mittel aufbieten, um Ludwig gegenüber in großen Triumphen zu glänzen ...

2) Montag ... Museum. Schirmer hat einen netten kleinen Teniers aus dem Vorrath auf der Staffelei, welcher der Galerie bleiben wird. Ein alter Musikant stimmt seine Laute. Ein Flötenbläser, der ihm zur Seite steht, giebt den Ton an [jetzt Nr. 1085 B]. ... Nachmittag beendige ich meine Aufzeichnung: Paulus und Barnabas in Lystra. So wäre denn auch die 29. Lieferung erledigt, und es bleibt mir nur noch eine zu vollenden, um das Werk zum Schluß zu bringen ...

4) Mittwoch ... Der Zweite [Thäter] bringt in vertraulicher Weise einen Wunsch des Münchner Akademischen Raths zum Vortrag an den Dresdner Akademischen Rath an mich. Da nämlich es zu Tage liegt, daß es mit den Unterklassen der Münchner Akademie schlecht bestellt ist, wünscht man Probearbeiten unserer Kunstschule einsehen zu können ...

6) Freitag ... Frau Georg Wigand besucht uns, von Teplitz nach Leipzig zurückkehrend. Sie spricht sich noch sehr erregt über Ludwig Richters Verhalten ihrem seligen Mann gegenüber aus. Richter scheint doch jetzt bitter zu beklagen, daß er in so trauriger Weise für den Schmähartikel[5] eingestanden ist. Das bestätiget mir auch Peschel, den ich am Nachmittag über die Sache spreche. Freilich hat Richter nun selbst schlimme Erfahrungen machen müssen, nachdem Otto Wigand für seinen so hart und ungerecht angegriffenen Bruder Georg in die Schranken getreten ist ...

8) Sonntag ... Abends sind Schnorrs jun. ... bei uns. Ludwig und Malvina singen herrlich. Ludwig trägt zuerst ein paar Lieder vor, dann singt Malvina drei (die uns bekannten) Balladen von Löwe, endlich beide zusammen die Kerkerszene aus Fidelio. Wir haben einen herrlichen Genuß.

9) Montag ... Tichatscheck hat Ludwigs Besuch freundlichst erwidert und ist heute Vormittag einige Stunden bei ihm gewesen. Er ist ganz liebenswürdig gewesen ...

10) Dienstag ... Gegen 9 Uhr begebe ich mich nach dem Museum, um Schirmer von der Ankunft der Bilder aus London zu unterrichten und deren Abholung zu besorgen ... Nach 12 Uhr finde ich die beiden Hauptstücke im Restaurationszimmer und Schirmer und Hübner dabei. Die vier kleinen Bilder werden dann auch gebracht. Der Luca Signorelli ist ein herrliches Werk. Diese alte Kunst hat die Anmuth und Herbheit einer wahren Jungfrau. Die Luft, welche in deren Beschauung einen anwehet, hat die erquickende Frische eines Auferstehungsmorgens – des Auferstehungsmorgens der Kunst. Und welche Größe beginnt sich in diesem Lucas

Signorelli zu entfalten! Auch das andere Gemälde, das


  1. Der neue Galeriekatalog (Nr. 13) theilt das Bild („Maria mit dem Kinde und Johannes“) dem Lorenzo di Credi zu.
  2. Richtiger: aus der Schule Domenico Ghirlandajos (Wörmanns Katalog Nr. 17 und 18).
  3. „Johannes der Täufer im Gefängniß“, nach Wörmann zu Nr. 5 aus der „Schule Giottos“.
  4. „Thronende Madonna“, nach Wörmann zu Nr. 23 von einem „unbestimmten Toscaner XIII. Jahrh.“
  5. „Dresdner Grübeleien“ im Morgenblatt": s. oben unter dem 5. März. Gabers Vermuthung, daß Albert von Zahn deren Verfasser gewesen sei, traf, wie ich inzwischen von kundigster Seite erfahren habe, nicht das Richtige und wurde von Schnorr – s. unter dem 9. März – irrthümlicher Weise für glaubwürdig gehalten.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/204&oldid=- (Version vom 11.9.2024)