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ein, wo Webers Statue aufgestellt werden soll. Auch Professor Rietschel erscheint. Man verständigt sich sehr schnell über die Stelle, wo die Statue stehen und alsbald der Grund gelegt werden soll, indem man unbedingt Rietschels Wunsch als maßgebend betrachtet ... 5 Uhr Sitzung des akademischen Raths ... Ich erfahre, daß Hübner unausgesetzt seinen Plan, den Corridor des Museums auszumalen, verfolgt und bereits große Cartons gezeichnet hat. Hähnel meint, wenn ich dieses Werk nicht übernehme, so wird Hübner seine Absichten durchsetzen. Wie kann ich aber aus purer Opposition dieser Aufgabe nachgehen, die mit dem, was ich für meine alten Tage mir vorgenommen habe, zum Theil auch auszuführen verpflichtet bin, ganz unvereinbar ist ...

30) Mittwoch ... Herr von Deutsch kommt dann zum Thee. Ich kann ihm sagen, daß seine Zeichnungen zu dem Corridor mir sehr gut gefallen haben und daß sie meinen Ansichten über die richtige Behandlung der Aufgabe ganz entsprechen.

Dezember.

2) Freitag ... Dann gehe ich nach dem Kunstverein, um meine Actie zu bezahlen und „Die Schlacht an der Katzbach“ von Bleibtreu[1] zu sehen. In dem Bilde ist viel Leben, was aber Ausführung anbelangt, so geht die Kleckserei über alle Vorstellung und man sieht, was man dem Publikum bieten kann, wenn man mit der Mode geht ...

3) Samstag ... Museum. Um 11 Uhr stelle ich mich zur Galerie-Kommission, wie verabredet, ein, die anderen Herren kommen ebenfalls. Zuerst begeben wir uns in den Rembrandt-Saal, wo die Gemälde von Victoor und der Jan (nicht Jacob) van der Meer 1363 [„Bei der Kupplerin“, jetzt 1335] (die vollerhaltene Bezeichnung gibt die Veranlassung zu genauerer Besichtigung) abgenommen sind. Hübner, welcher durch einen fremden Künstler auf letzteres Bild besonders aufmerksam gemacht worden ist, möchte das Bild unten statt des Bildes Nr. 1161 von Rembrandt [„Die Goldwägerin“, jetzt 1564] aufgestellt sehen. Zu solchem Wechsel kann ich meine Zustimmung nicht geben. Auf den Bildern von Victoor sucht Hübner Bezeichnungen, die sich aber nicht finden. Nr. 1457 [„Die Findung Mosis“, jetzt 1615] ist ein recht schönes Bild, namentlich ist die Gruppe der Amme mit dem kleinen Moses und den zuschauenden Begleiterinnen der Prinzessin sehr ansprechend. Nach Besichtigung dieser Bilder begeben wir uns zu den nochmals zu prüfenden Vorrathsbildern (25 Stück), die in den Pastellzimmern aufgestellt sind. Von den Dietrichs behalten wir nur noch einen und außer diesem Bilde noch acht Stück, unter denen auch der Cranach mit den drei Gruppen, eine scheußliche Alte mit einem jungen Mann, ein Alter mit einer jungen Dirne, und ein Paar, das zusammenpaßt und in seiner naturgemäßen Verbindung glücklich ist [jetzt 1936]. Hübner, der sonst sehr viel, ja viel zu viel fortschaffen wollte, will nun auf einmal wieder zu viel behalten. Rietschel steht mir mit gleicher Ansicht zur Seite und wir behaupten die richtige Mitte ...

4) Sonntag ... Nachmittag kommt Gaber ... Gaber hält den Gedanken fest, den Kreuzweg in größeren Holzschnitten nach Zeichnungen von mir herauszugeben, und ich gehe gern auf den Gedanken ein ...

7) Mittwoch. Der Herr Minister von Zeschau im Museum ... Der Herr Minister befragt mich auch wegen eines geschickten Miniaturmalers, nachdem gestern der Hofmaler Naumann[2] gestorben ist. Auch Se. Excellenz der Herr Oberhofmeister O’Byrn, welchen eigentlich die Beantwortung dieser Frage angeht, erscheint im Museum, um mich zu fragen. Ich erkläre, keinen tüchtigen Miniaturmaler zu kennen, aber mit Hübner mich deshalb besprechen zu wollen ... Schon am Morgen hatte mir Gerh. Joerdens endlich einen Probedruck seines Blattes gebracht: Daniel, ein Blatt, das sehr schön geschnitten ist. Nachmittag bringt Obermann das Blatt: „Judas Maccabäus erblickt ein Gesicht“, das ebenfalls tüchtig gearbeitet ist.

8) Donnerstag ... Ich finde im Museum einen Brief, in welchem er [Hübner] auf Mohn aufmerksam macht, von welchem er ein treffliches Porträt in Miniatur gesehen habe. Wenn Mohn[3] geneigt ist, dieser Gattung von Malerei sich zu widmen, so bin auch ich überzeugt, daß er ganz der Mann ist, den man sucht ...

12) Montag. Des Königs Geburtstag ... Im Museum sind wenig Leute, und die Wenigen, welche da sind, wenden ihre Blicke mehr der großen Parade zu, welche zwischen Theater und der Kirche stattfindet und bei welcher auch der König mit seinem Stabe und der Prinz Georg erscheint, als daß sie die Kunstwerke betrachten ... Um 8 Uhr fahre ich zu der Soiree, welche der Herr Minister von Beust zur Feier des Königs-Geburtstages gibt. Die Festgesellschaft ist brillanter als je ...

13) Dienstag ... Herrenkränzchen bei Dr. Seifert. ... Beim Thee wird lebhaft gesprochen und geurtheilt über die süddeutsche Bevölkerung. Die meisten stellen sie in intellectueller und religiöser Beziehung ziemlich tief. Ich vertheidige sie entschieden, wobei ich nur von einer Seite, von Häpe, wenigstens im stillen, unterstützt werde ...


  1. Georg Bleibtreu (1828–1892), Schlachtenmaler.
  2. C. Naumann.
  3. Ernst Fürchtegott Mohn, Radierer, geb. 1835 in Pieschen bei Dresden.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/152&oldid=- (Version vom 10.9.2024)