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und doch glaube ich, daß Einiges über die Entstehung dieser Nebensammlung und über die Verhältnisse, unter denen nun ihre Auflösung erfolgen soll, gesagt werden mußte[1]. Da der Herr Minister über Land ist, habe ich heute keine Gelegenheit, seine Meinung zu erfahren. Im Zwingerhof treffe ich mit Seiner Excellenz dem Oberkammerherrn von Könneritz zusammen, der mich schon zweimal im Museum gesucht hatte. Er will meine Ansicht wissen wegen der von Seiten der hiesigen Künstlerschaft dem König Ludwig von Bayern zugedachten Ovation. Ich konnte ihm genügenden Aufschluß geben, da Lichtenberger, der Vorstand des Vereins der selbständigen Künstler, mich diesen Morgen aufgesucht und den Stand der Angelegenheit mir mitgetheilt hatte ... Abends sind wir zu Gruners geladen. Wir finden Lepsius und Frau (der berühmte Reisende, Bunsens Freund), Mrs. Jameson[2], Professor Hettner und Herrn von Goethe. Für mich war der Abend sehr interessant.

10) Samstag ... Der Herr Minister sendet mir den Entwurf zur Bekanntmachung über unsere Versteigerung mit seiner Unterschrift und dem Beisatz „Sehr einverstanden“ zurück ...

12) Montag ... Die Bekanntmachung wird an die Augsburger Allgemeine und an die Leipziger Zeitung expediert ...

13) Dienstag. Die Hausfrau und Franz[3] haben einen Artikel für den Anzeiger geschmiedet, in welchem dringend auf die Erbauung einer neuen Kreuzschule hingewiesen wird. Wir lesen diesen Artikel heut morgen bereits gedruckt ... Atelier. Kein Schüler, dagegen werde ich von Heine, den ich bei Peschel finde, im Namen der Vorstände des Vereins selbständiger Künstler ersucht, bei dem morgen stattfindenden Fackelzug für König Ludwig bei der Deputation zu sein und den Sprecher zu machen. Nur mit Widerstreben nehme ich das Amt an ...

14) Mittwoch ... Peschel stellt sich ein und meldet mir, daß der Künstlerverein dennoch das von Bary vorgeschlagene kleine Festspiel bei dem heute stattfindenden Fackelzug zur Ausführung bringen wolle und die Deputation und Ansprache an den König wegfalle. Ich arbeite nun sehr ruhig den Nachmittag an meiner Aufzeichnung. Um 5 Uhr werden wir sehr angenehm durch einen Besuch Thaeters überrascht, der sich hierher begeben hat, um nach einer unserer Rafaelschen Tapeten, die er sticht, Paulus in Athen, seinen bereits gestochenen Umriß zu berichtigen. Einen großen und wesentlichen Theil der Arbeit führt Thaeter nach Photographien aus ... 1/4 7 Uhr besteigen Thaeter und ich das bereits stark besetzte Dampfschiff. 1/2 7 Uhr fährt das Schiff ab. Unmittelbar unter dem Weinberg der Königin landet dasselbe. Die Fackeln werden angezündet, die Musik voran, entwickelt sich der Zug, der sehr bedeutend ist. Ich gehe neben Geh. Rath Kohlschütter, der sich erfreulicher Weise angeschlossen hat. Oben angekommen, erscheint König Ludwig und die Königin Marie nebst dem nächsten Hofdienst unter der Halle des kleinen Palais. Das Festspiel beginnt, läuft glücklich ab, der König bedankt sich, spricht mit vielen Einzelnen. Es werden Hochs gebracht, sehr schön gesungen etc. etc. Beim Abzug der Künstler werden die Mitglieder des akademischen Raths und die Professoren in den Salon ihrer Majestäten eingeführt, während die übrigen Theilnehmer am Zug in einem Zelt bewirthet werden. König Ludwig scheint in der That sehr erfreut über die ihm dargebrachte Huldigung, er bespricht sich lange und mit größter Lebendigkeit mit jedem der Anwesenden und erklärt wiederholt, mit den Künstlern gern umzugehen. Etwa um 9 Uhr verlassen wir das Weinbergs-Palais. Der ganze Zug, mit Musik an der Spitze und frischen Fackeln, bewegt sich nach dem Schiff zurück. Vor dem Einsteigen in dasselbe werden die Fackeln vollends verbrannt. Auf der Heimfahrt werden Kanonenschläge gelöst, Raketen, Leuchtkugeln steigen und kleineres Feuerwerk wird abgebrannt. An den Ufern zeigen sich einzelne Gebäude magisch beleuchtet, so Villa Spitzner, Waldschlößchen, Felßner etc., kurz, man sieht, daß auch außer dem Zug und den vielen Schaulustigen, die an dem Ufer sich ihm angeschlossen haben, viele an unserer Feier theilnehmen. Um 10 Uhr landen wir in Dresden und gehen sogleich auseinander.

15) Donnerstag ... Wenige Minuten vor 1 Uhr verließ König Ludwig das Museum. Er war so freundlich wie je gegen mich und entließ mich, nachdem er den Wagen schon bestiegen hatte, mit der Aeußerung, daß er sich sehr freuen würde, mit mir noch einmal in Rom zusammenzutreffen. Ich bin sehr dankbar für die schönen Stunden, die ich in den letzten Tagen mit König Ludwig noch zubringen durfte, und versäumte gern, was die heutige Führung desselben betrifft, die zu gleicher Stunde abgehaltene feierliche Prämienvertheilung, bei welcher Hübner den Vorsitz einnahm und eine Rede

hielt. Vor allem bin ich dankbar, daß durch den Besuch


  1. Die gedruckte Bekanntmachung (Beilage zu Nr. 264 der Allgem. Zeitung vom 21. September 1859 S. 4311) erwähnt einleitend, daß die „von jeher“ zu dem Bestande der Königlichen Gemäldegalerie gehörige Sammlung der „Vorrathsbilder“ die Gemälde enthalte, welche bei früheren Ankäufen in Masse für die Aufnahme in die Galerie nicht geeignet erschienen oder in Folge von Veränderungen in Königlichen Gebäuden ihr zufielen. „Sie wechselte nach Gehalt und Umfang; denn von Zeit zu Zeit wurden derselben auch wieder Bilder entnommen, um der Hauptsammlung einverleibt zu werden“.
  2. Anna Jameson, Tochter des Malers Murphy, berühmte englische Schriftstellerin, mit Schnorr schon von München her bekannt.
  3. Ein Sohn Schnorrs, bis 1858 Kreuzschüler, damals Student.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 141. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/148&oldid=- (Version vom 9.9.2024)