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4) Dienstag ... Abends 7 Uhr ist Versammlung der selbständigen Künstler zum Behuf der Wahl von drei Künstlern, welche den akademischen Rath bei der Berathung über auszuführende öffentliche Werke verstärken sollen. Es werden die Herren Kummer, Lichtenberger und Kriebel gewählt, sodann noch für Stellvertreter gesorgt durch eine Nachwahl, welche die Herren Papperitz, Hammer und Bürkner trifft. Diese Wahlen zeigen deutlich, in welchem Sinne die Mehrzahl der selbständigen Künstler bei den weiteren Verhandlungen sich betheiligen werden.

5) Mittwoch ... Museum. Der Miniaturenschrank ist nun in Ordnung. Die kleine Sammlung nimmt sich vortrefflich aus und macht mir jetzt wirklich Freude ...

6) Donnerstag. Heilige Drei Könige ... In der Nr. 3 (3. Jan. d. J.) der Augsburger Allgemeinen Zeitung, Beilage, ist ein vortrefflicher Artikel aus Berlin enthalten, betitelt: „Der Dom und das Campo Santo in Berlin“. Er weist darauf hin, wie man die letzte Stunde nicht versäumen soll, Cornelius herrliche Kompositionen zu der Friedhofhalle zur Ausführung zu bringen, und spricht sich über die Bedeutung der monumentalen Kunst in einer Weise aus, die mit meinen Ansichten in vollkommener Uebereinstimmung sich findet.

8) Samstag ... 12 Uhr Galerie-Kommission ... Dann begiebt man sich in den 1. Stock, um bei dem heutigen hellen Wetter über die Zweckmäßigkeit des über der Niederländer Tapete angebrachten Probeschirmes zu berathen. Ich erkläre wegen meines schwachen Auges kein sicheres Urtheil über den erzielten Erfolg abgeben zu können; daß sich bei mir aber die Ansicht festgestellt habe, es stehe der erlangte Vortheil mit den Nachtheilen, die sich mit der Ausführung des Vorschlags verbinden würden, in keinem günstigen Verhältniß und es würden die von mir vorgeschlagenen Handschirme den beabsichtigten Zweck ausreichend erfüllen ohne die bemerkten Nachtheile und den damit noch obendrein verbundenen großen Kostenaufwand herbeizuführen ... Bendemann, Rietschel, Peschel sind für die Schirme, doch scheint es nicht, als ob sie ihren Vorschlag verfolgen wollten. Hübner erklärt sich mit mir einverstanden ...

9) Sonntag ... Während Gonne noch da ist, kommen Schönherr und Wichmann und theilen mir den Plan mit, einen Verein für christliche Kunst nach Art des Kunstvereins, der jetzt aber ganz in die Hände der Gegner gekommen ist, zu errichten. Ich erkläre mich bereit mich anzuschließen, gebe indessen einiges zu bedenken, was bei den weiteren Schritten zu beachten sein dürfte ...

14) Freitag ... 5 Uhr Sitzung des akademischen Raths ... Der Geheime Rath Kohlschütter berichtet unter anderm über die Vertretung des akademischen Raths bei der Eröffnungsfeier des Leipziger städtischen Museums. Er erwähnt Hübners in der Weise, daß er als Beauftragter des Ministeriums und im Namen des akademischen Raths gesprochen zu haben erscheint ... Meiner Bitte, für die Erstattung der Modellgelder an die Atelierschüler eine sichere Norm aufzustellen, wird nicht gedacht. Bendemann stellt einen Antrag an den akademischen Rath, daß derselbe die geeigneten Schritte thun möge, um zu bewirken, daß bei Errichtung von Staatsbauten auf den Schmuck durch Plastik oder Malerei Rücksicht genommen werden möge. Der Antrag verdient und erhält allgemeine Zustimmung ...

17) Montag ... Nach Tisch besucht uns ganz unerwartet unser Verwandter, Herr von Tschudi[1], der eben aus Brasilien seit fünfzehnmonatlicher Abwesenheit über Hamburg zurückgekehrt ist und nun zu Frau und Kind nach Jacobshof, seinem Landsitz in Steiermark[2], eilt. Sein Besuch macht uns große Freude. Er ist ein herrlicher Mann, mit welchem in neue und nähere Beziehungen zu treten uns sehr erwünscht ist. Er bringt dann auch noch den Abend bei uns zu und erzählt von seiner letzten Reise und den dabei ausgestandenen Mühseligkeiten und Gefahren ...

19) Mittwoch. Gegen 1/2 4 Uhr Morgens werden wir durch Feuerlärm geweckt. Das Brauhaus zum Feldschlößchen brennt. Bei dem starken Sturm verbreitet sich die Flamme furchtbar schnell. Der Anblick des Brandes, den wir von unsern Fenstern aus sehr gut sehen, ist ein schauerlich schöner. An Hülfe ist nicht zu denken. Am Morgen hören wir, daß alles Brennbare vernichtet sei. Es scheinen große Vorräthe aufgehäuft gewesen zu sein. – Ich schreibe meine Vorschläge hinsichtlich zweier in Ausführung zu bringenden monumentalen Werke völlig ins Reine und bringe die Schrift ins Ministerium des Innern. Mein erster Antrag geht auf Errichtung eines neuen Kruzifixes auf der alten Elbbrücke und auf Ausmalung des Korridors unseres Museums unter der Bedingung, daß der gewählte Künstler durch ein präcis gefaßtes Programm gebunden werde ...

27) Donnerstag ... Museum. Herr Schäfer[3] (der sogenannte böse, wie Schulz[4] ihn zur Unterscheidung von Arnold Schäfer[5], dem guten, nannte) giebt einen neuen Katalog unserer Galerie heraus und arbeitet deshalb viel im Museum. Ein Theil des Buches ist gedruckt. Es wird viel Berichtigungen und manche neue

Entdeckungen enthalten. Hübnern ist er sehr aufsässig


  1. Der Amerika-Forscher Johann Jakob von Tschudi (1818 bis 1889): Allgemeine Deutsche Biographie Bd. 38 S. 749–752. Er war Schwiegersohn von Schnorrs Bruder Ludwig.
  2. Richtiger: im niederösterreichischen Kreise Unterwienerwald.
  3. Dr. phil. Karl Wilhelm Schäfer, bereits erwähnt unter dem 25. Oktober 1858.
  4. Geh. Hofrath Heinrich Wilhelm Schulz.
  5. Zuletzt Professor an der Universität Bonn.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/69&oldid=- (Version vom 29.8.2024)