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16) Dienstag ... Reinschrift des Aufsatzes über die Miniaturen... Fast zur Abgabe bereit, als ich benachrichtigt werde, daß der König und die Königin mein Atelier besuchen werden. Die Veranlassung hiervon ist, daß die Majestäten Peschels Bild sehen wollen ... Bendemann schickt mir ein Schreiben, von den Mitgliedern der Galerie-Kommission unterzeichnet, in welchem der Wunsch ausgesprochen wird, daß über die verübten Beschädigungen an den erwähnten Galeriebildern eine Veröffentlichung stattfinde ... 1/21 Uhr kommen die Majestäten mit Prinzeß Sidonie und der kleinen Prinzeß. Die Herrschaften sind höchst liebenswürdig. Peschel ist sehr glücklich über den Besuch, da der König sehr zufrieden mit dem Bilde ist. Die Herrschaften sehen auch die Arbeiten meiner Schüler ...

17) Mittwoch ... Mein Bericht an das Ministerium und der Aufsatz werden geschlossen und gesiegelt. Wegen der verletzten Bilder wird eine Bekanntmachung entworfen, um dem Wunsche der Galerie-Kommission zu genügen ...

18) Donnerstag ... Um 3 Uhr bei Baudissin zum Essen. Ich bin auf den Intendanten Dingelstedt eingeladen. Außer ihm finde ich Geh. Rath von Ammon, Hettner, Hähnel, Baron Heintze, Gonne. Man unterhält sich lebhaft und, ich glaube, vortrefflich. Nach Tisch nehmen Hettner und ich Gelegenheit, Dingelstedt zu bitten, mit seinen Herrn Kollegen Rietschels Modell zur Weber-Statue zu besichtigen. Ich begleite dann Dingelstedt bis in sein Hotel (Bellevue). Der Versuch, Devrient hier zu finden, mißlingt ...

19) Freitag ... Museum ... Der Minister schreibt mir, daß er mit meiner Bekanntmachung wegen der verletzten Bilder einverstanden sei, ebenso mit meinem Aufsatz über die Miniaturen. Beides soll ich zum Druck befördern ... Hettner sucht mich auf, um mir zu sagen, daß die Herren Intendanten beschlossen haben (in Folge unserer Aufforderung nämlich), um 3 Uhr nach Rietschels Atelier zu kommen, um das Modell zur Weber-Statue zu sehen ... 3/43 Uhr bin ich wieder in der Treppenhalle des Museums, wo ich mit Hettner zusammentreffe. Er meint, es sei noch zu früh, die Herren Intendanten abzuholen, und wir machen vorher einen Besuch bei der im Museum der Gypse vor kurzem aus Paris angekommenen tragischen Muse. Sodann nach dem Hotel. Die Herren sind aber schon nach Rietschels Atelier gegangen. Dort finden wir sie im Anschauen begriffen. Ich finde Devrient. Er ist sehr herzlich und berichtet nur Gutes über Ludwig. Er schildert seine Leistungen im Tannhäuser, Vestalin, Antigone als vorzüglich und sagt, daß er ihn nun auch als Lohengrin werde auftreten lassen. Von Rietschels Arbeit sage ich heute nichts, denn ich kann sie nicht mit Ruhe beschauen ... Es ist nun heute auch im Landhaus die Angelegenheit des Postulats für „Kunstzwecke“ zur Berathung und Entscheidung gekommen. Die Kammer hat es genehmigt. Herr von Beust, der es vertreten, soll die Sache etwas verpfuscht haben, indem er in Beziehung auf Verwendung, worüber Dr. Wahle[1] sich vortrefflich ausgesprochen, wieder die Fortführung der Galerie als Kunstzweck zur Geltung gebracht hat.

21) Sonntag ... Wigands Buchhandlung sendet mir den gewünschten Pressendruck von Obermanns Platte „Die Fußwaschung“. Der Christuskopf ist freilich nicht gut geschnitten, doch ist’s nicht so arg, als ich fürchtete ...

22) Montag ... Abends wird gelesen aus dem Andersenschen Buch [„Der Improvisator“]. Italien ist darin trefflich geschildert.

24) Mittwoch ... Ein von dem General von Treitschke gesandter Offizier trifft nähere Verabredung mit mir wegen der Militärs, welche von jetzt an zur Ueberwachung der Galerie zugezogen werden sollen ... Ade sendet mir einen Probedruck des Blattes „Die Einsetzung des heiligen Abendmahls“ und ersucht dringend um eine neue Aufzeichnung. Seine Arbeit ist sehr gut, und deshalb soll er eine neue Platte erhalten ... Im Dresdener Journal vom 25. März, das aber heute Abend schon ausgegeben wird, ist mein Aufsatz über die Miniaturen der Königlichen Gemälde-Galerie enthalten.

25) Donnerstag. Mariä Verkündigung ... Heute als an einem Feiertag wird die Galerie erst um 12 Uhr geöffnet. Ich begebe mich dahin, um die vier Unteroffiziere, die heute zum erstenmal uns zu Hülfe gesendet werden, in ihre Posten einzuweisen ...

26) Freitag. Mein Geburtstag. Nun bin ich mit Gottes Hülfe 64 Jahr alt geworden ... Um 3 Uhr werde ich ... in einem Wagen abgeholt, um nach dem Weißen Hirsch zu fahren, wo schon einige Freunde versammelt sind ... Ich theile die von Zumpe und tom Dieck aus Rom empfangenen Briefe mit, welche nicht wenig dazu beitragen, die Blicke hinüberzuziehen nach jenem Lande, das fast wie ein großes Denkmal einer erhabenen Kunstrichtung dem beschauenden Geiste sich darstellt und an welchem immer wieder von neuem sich zu entzünden und zu kräftigen allen eine unabweisbare Aufgabe erscheinen muß, die es mit der Kunst ernst meinen ...

27) Samstag. Rietschel bringt mir am frühen Morgen nachträglich seinen Geburtstagsgruß. Er berichtet mir dabei über die gestern von mir versäumte Sitzung des akademischen Raths ... Hübner stellte den

Antrag, den Referenten unserer Postulatssache Rittner


  1. Abgeordneter Dr. Richard Wahle auf Lauske, Gerichtsrath aus Bautzen.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/44&oldid=- (Version vom 22.8.2024)