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Ariost ... Es bleibt mir nichts anderes übrig, als Lampe zu bitten, mich aufzugeben, die Aquarellzeichnung auf die Bleiche zu hängen und die sonst mir zugedachten Räume anderweitig zu verwenden ... Museum. Ich werde zum Herrn Minister beschieden. Derselbe zeigt mir an, daß der erwartete Katalog der Woodburneschen Sammlung, die versteigert wird, angelangt ist und die von mir bemerkten Bilder darin aufgeführt sind ... Die Gemälde, welche wir im Auge haben, sind die Fiesoles, die Ghirlandajos und der Lucas Signorelli ...

14) Montag ... Atelier ... Peschel zeigt mir sein nun vollendetes Bild „Der Gang der Marien nach Jesu Grabe“. Es ist sehr schön geworden und dürfte seine beste Arbeit sein ...

19) Samstag ... Atelier. Stichart, der nun in mein Atelier eintretende neue Schüler, zeigt mir die in München gemachten Studien. Es sind Köpfe nach dem Leben in Oel gemalt, die freilich zu wünschen übrig lassen und unter Ehrhardts[1] Leitung vielleicht besser geworden wären ...

21) Montag ... Ich schreibe den Bericht über die vorgestrige Sitzung der Galerie-Kommission. Sodann bemerke ich in dem Katalog der Woodburneschen Sammlung diejenigen Gemälde, welche für unsere Galerie besonders wünschenswerth erscheinen, wie mein Herr Minister es verlangt hat, lege dem Katalog eine Abschrift meiner „Nachrichten“ über mehrere Bilder dieser Sammlung bei und bringe die Schriften nebst einigen Zeilen an Herrn v. Zeschau in das Ministerium ...

23) Mittwoch. Gestern Abend erhielt ich meine Exemplare der Bibel. Es macht mir großes Vergnügen, die Bilder der Luxusausgabe an ihre richtigen Stellen einzuordnen. Diese Ausgabe auf dem chinesischen Papier, das einen so schönen Ton hat, mit Abdrücken, welche sorgfältiger gemacht sind als die der Volksausgabe, macht mir besondre Freude. Und ich darf sagen, die letzten Lieferungen enthalten gute Blätter ...

25) Freitag. Ich vergaß gestern zu bemerken, daß ich einige Zeilen von Klenze mit der Nachricht erhielt, daß König Max meinen Entwurf zu dem Luther-Bilde genehmigt hat. Zu einer Aenderung treibt mich der eigene Entschluß. Ich werde den Kaiser doch im vollen kaiserlichen Ornat darstellen. Wie man mir bemerkt hat, soll das sein, weil der Kaiser gegenüber den versammelten Würdenträgern und Fürsten auch im kaiserlichen Ornat zu erscheinen gebunden ist; sodann wird der Gegensatz zwischen dem Mönch und dem Kaiser noch wirksamer werden ...

26) Samstag ... Mit Frau und Tochter gehe ich nach Rietschels Atelier, um den Luther, der jetzt geformt wird, noch einmal zu sehen. Wir finden den Meister, wie er sein Werk dem Direktor Waagen, dem Grafen Berg-Schönfeld und noch einem paar Herrn zeigt. Die Figur macht einen mächtigen und höchst würdigen Eindruck ...

27) Sonntag. Pfingsten ... Besuch des Franzosen Duplaissis. Er dankt für die erhaltene Bewilligung, kopieren zu dürfen, und verabschiedet sich. Die Rafael’sche Madonna erfüllt ihn mit der höchsten Bewunderung und vor allem ist es das wunderbare Kind, dessen Blick ihm die Nähe Gottes empfinden läßt. Er gesteht mir, daß eines Tages, als er sich vor dem Bilde ganz allein befunden habe, er auf seine Kniee gestürzt sei, um seinem vollen Herzensdrang zu genügen. Die Nacht des Correggio findet er so unter seiner Erwartung, daß er sagt: sie sei die Nacht des Ruhmes des Meisters ...

28) Pfingst-Montag ... Ich schreibe am Vormittag die Unterschriften zu den Bildern der 29. Lieferung ins Reine. Diese Texte üben immer eine große Gewalt auf mich aus, und ich fühle recht deutlich, wie überflüssig weitere Erklärungen der Bilder für mein Werk sind. Sind ja doch die Bilder eigentlich nur eine Art Erklärung oder vielmehr Auslegung zu dem Texte. Will man dann weiter erklären, so thue man es anderwärts ... Rietschel und Frau machen uns ihren Abschiedsbesuch, da sie morgen oder übermorgen nach Reichenhall abreisen. Rietschel hat sich wieder recht erholt, und es steht doch zu hoffen, daß Reichenhall und der Sommer und dann das neue Haus mit dem Atelier ihm sehr zu gute kommen werden. Gott geb’s!

30) Mittwoch ... In diesen Tagen habe ich die kleine Schrift „Aufschlüsse über das Buch Eritis sicut Deus“ gelesen. Die Schrift ist von der Verfasserin des bekannten Buchs; doch bleibt sie noch im Verborgenen. Die „Aufschlüsse“ werden mich auf das Buch noch einmal zurückführen, sie geben an sich unendlich viel und führen in wunderbare Tiefen und Höhen. Nach denselben das große Buch noch einmal zu lesen, ist mir jetzt ein Bedürfniß[2].

Juni.

2) Samstag. Museum. Dr. Schäfer zeigt mir einen Artikel der Constitutionellen Zeitung, in welchem das Hübnersche Projekt, das Treppenhaus und den Korridor

des Museums auszumalen, arg mitgenommen wird.


  1. Des Professors an der Dresdner Akademie Karl Ludwig Adolf Ehrhardt, geb. 1813 in Berlin, gest. 1899 in Wolfenbüttel.
  2. Der 1854 im Verlag der Agentur des Rauhen Hauses in Hamburg erschienene Roman „Eritis sicut Deus“, ein „Roman der inneren Mission“, wie man ihn genannt hat, war nur kurze Zeit berühmt und ist jetzt völlig vergessen, nicht mit Unrecht, wenn man Hermann Marggraff’s Urtheil in den „Blättern für litterarische Unterhaltung“ 1854, Nr. 14, für zutreffend halten darf. Verfasser war ein württembergischer Pfarrer Namens August Cranz, der 1880 zu Vaihingen im Alter von 57 Jahren starb.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/201&oldid=- (Version vom 14.9.2024)