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des Restaurators mir ad notam nehmen und auch dem Herrn Minister mittheilen. Der Gegenstand paßt mir sehr gut zu der Heizungs-Verbesserungs-Angelegenheit der oberen Räume, in welcher wir jetzt doch nicht zum Ziel kommen werden ...

4) Freitag ... Nachmittag 5 Uhr Sitzung des akademischen Raths mit Zuziehung der gewählten Herren aus dem Verein der selbständigen Künstler und der Professoren. Der Vorsitzende trägt die schriftlichen, nachträglich abgegebenen Begutachtungen Rietschels, der heute übrigens wieder in Person zugegen ist, vor und schreitet dann zur Mittheilung der eingereichten Abstimmungen. Beantragt ist:

das Kruzifix auf der alten Elbbrücke mit 7 Stimmen,
Ausstattung der Brühlschen Terrassentreppe mit Statuen etc. 7 und 2 Stimmen
(bedingungsweise)
Ausschmückung von Brunnen 3 Stimmen,
Gellert-Statue für Leipzig 2 Stimmen
Korridor im Museum (mit leichterem, mehr dekorativ gehaltenem Schmuck) 9 Stimmen
Korridor und Treppenhaus (Hübner und Bendemann) 2 Stimmen
Kirchen in der Provinz 5 Stimmen
Loggie im Leipziger Museum 4 Stimmen
Kuppel der Frauenkirche 3 Stimmen
Treppenhalle im Ständehaus 2 Stimmen
Ausstellungshalle auf der Terrasse als Volkshalle 2 Stimmen .

Die Verhandlung hat heute einen ruhigen und erfreulichen Verlauf. Was meine Beurtheilung des Hübnerschen Projekts und die in der vorigen Sitzung an die Mitglieder des Kollegiums gestellte Bitte in betreff desselben belangt, so kann ich in der heutigen Abstimmung die mir gewordene Zustimmung nicht verkennen. Rietschels schriftliche Darlegungen und Begutachtungen sind schöne Zeugnisse für seine Einsicht und Unabhängigkeit seines Urtheils. Herr von Quandt war nicht zugegen. In seiner Abstimmung war von dem Vorschlag einer Nike für Leipzig abgesehen ...

5) Samstag ... Der Geheime Regierungsrath Pinder ... bringt mir Grüße von Herrn Minister v. Bethmann-Hollweg und ist von diesem veranlaßt worden, mit mir noch einmal über die Besetzung der Direktorstelle in Düsseldorf zu sprechen. In meinem Briefe an Herrn v. Bethmann-Hollweg hatte ich bereits Bendemann, auf welchen auch von Düsseldorf aus hingewiesen worden, empfohlen. Ich kann mich nur in gleichem Sinne jetzt über Bendemann aussprechen. Pinder wollte, ohnehin schon so instruiert, wie ich annehmen muß, noch heute mit Bendemann über die Sache reden, und ich zweifle nicht, daß eine Verständigung erfolgt. 12 Uhr Galerie-Kommission. Seit längerer Zeit wieder einmal vollzählig vertreten; denn auch Rietschel ist zugegen. Gegenstände der Berathung sind folgende. Das erwähnte Porträt des Kurfürst August wird als Originalstudienkopf Lucas Cranachs des Jüngern, das auch dem Bildniß auf der Augustusburger Altartafel als Original gedient, anerkannt. Das weibliche Bildniß Nr. 1699, das als Hans Holbein bezeichnet ist, dennoch aber als ein schwaches Bild hoch gehangen wurde, soll jetzt durch ein „Unbekannt“ bezeichnet werden. Das Bild ist auf Leinwand gemalt und zwar nichts weniger als ein Holbein, dennoch aber ein schönes Bildchen[1]. Luthers Porträt als Leiche, das ich gestützt auf die in dem erwähnten Buche von 1761[2] gegebene Nachricht für eine Copie des in Leipzig befindlichen Originals von Lucas Fortenagel halte, welche ich, wie jene Nachricht sagt und wie der Kopf mir zu bestätigen scheint, dem Lucas Cranach dem Aelteren zuschreibe, wird von Hübner nicht für gut genug gehalten, um eine solche Annahme zu rechtfertigen[3].

7) Montag ... Der Albrecht-Dürer-Verein in Wien ... giebt mir meine Aufnahme in denselben als Ehrenmitglied durch ein sehr freundliches Schreiben kund ...

8) Dienstag ... Museum. Schirmer hat heute früh die Unterschrift Berchem auf dem Bilde von Cuyp untersucht (Nr. 1345). Es sollte nur an einem Buchstaben die Probe gemacht werden und wurde nur zur Vorbereitung die ganze Stelle mit Spiritus angefeuchtet. Bei diesem ersten leichten Angriff wich sogleich die ganze Unterschrift und erwies sich als falsch[4] ...

10) Donnerstag ... Abends allein. Das Lesen der Zeitungen verdrängt jetzt jede andere Lectüre. Die öffentliche Meinung in Deutschland ist überall eine erfreuliche. Das Streben nach Einigung arbeitet sich jetzt aus einer Gesinnung heraus, die fern von den Umwälzungsgelüsten von 48 und 49, dennoch mächtigere Umwandlungen bewirken dürfte als diese. Möchten die deutschen Regierungen, groß und klein, dieses beachten! Hier kommt auf eine richtige Unterscheidung der Geister viel an.

13) Sonntag ... Gestern vergaß ich zu berichten, daß ich Rietschels kleines Modell zum Luther-Denkmal

gesehen habe. Wenn es in der Ausdehnung zur Ausführung


  1. Wörmann bemerkt zu 1903 = 1699: „Bei Hübner als ,unbekannt‘ in der deutschen Schule. Viel mehr läßt sich in der That nicht über das Bild sagen“.
  2. Historisch-critische Abhandlung über das Leben und die Kunstwerke des Mahlers Lucas Cranach Seite 60.
  3. Auch Wörmanns Katalog verzeichnet das Bild 1955 unter den Werken der Schüler und Nachfolger Lucas Cranachs des Jüngeren.
  4. Vergl. jedoch die Bemerkung weiter unten unter dem 21. März. Das Bild ist jetzt mit Nr. 1477 bezeichnet.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 67. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/73&oldid=- (Version vom 2.9.2024)