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wenigstens immer neben den Nagel, statt ihn auf den Kopf zu treffen. Doch war im Ganzen die Wirkung, wie ich glaube, eine entscheidende, und namentlich wurde ich durch eine Besprechung nach der Sitzung, bei welcher nur Geh. Rath Kohlschütter, Wießner, Hähnel und ich zugegen waren, über den Erfolg beruhigt. Hübner und Bendemann haben natürlich sehr viel gesprochen, aber immer in solcher Weise, daß sie dem Kern der Frage auswichen.

19) Samstag ... Atelier. Meine Schüler sind in großer Aufregung über Hettners gestrige Vorlesung, in welcher er auf die Franzosen, namentlich auf Delaroche, als Vorbilder auch für uns hingewiesen hat ...

21) Montag. Vor ein paar Tagen ist ein Schriftchen erschienen, das unter dem Titel „Die Kunst und das sächsische Kunstbudget“ den Gegenstand der gegenwärtigen Verhandlungen des akademischen Rathes eingehend bespricht ... Die Schrift enthält viel Vortreffliches und wird nicht wirkungslos bleiben ...

22) Dienstag ... Ich schreibe meinen Bericht über die Augustusburger Altartafel. Er wird ziemlich lang, wird aber hoffentlich die Wirkung haben, daß wir das Bild nicht bekommen ...

24) Donnerstag ... Museum. Das Wetter ist entsetzlich. Schirmer meint aber, das Wetter ginge noch, aber die Menschen taugten nichts! Er hat nicht ganz Unrecht, indessen, um ernstlich zu reden, muß man anerkennen, daß gerade jetzt den politischen Verwicklungen gegenüber eine solche Kraft und Macht der Gesinnung sich kund giebt, wie sich in Deutschland anno 13 nur irgend ausgesprochen hat. Dieser Abenteurer und Hallunke Napoleon III. wird gebrandmarkt nach Recht und Gerechtigkeit. Gott gebe seinen Segen, wenn es dazu kommen soll, daß die Acht vollzogen wird! – Rietschel hat einen weiteren Vorschlag gemacht in betreff der Ausstattung der großen Aufgangstreppe zur Brühlschen Terrasse, dem ich mich anschließen werde ...

25) Freitag ... Wenn es nach Hähnels und meinen Ansichten geht, so werden Zumpe und Große bei der Ausmalung des Korridors beschäftiget. Ich schreibe meinen Stimmzettel über die zunächst auszuführenden monumentalen Werke und bringe ihn in das Ministerium. Ich stimme für das Kruzifix, für die Ausstattung der Aufgangstreppe zur Brühlschen Terrasse (nach Rietschels Plan) und für die Ausmalung des Korridors (nach Hähnels Plan). Hähnel finde ich im Museum, und wir berathen uns wieder über das fragliche Werk ...

26) Samstag ... Am Abend spreche ich mit Zahn[1] ... Bei der Gelegenheit bestätiget sich mir auch, daß Zahn der Verfasser jener Schrift über „Die Kunst und das sächsische Kunstbudget“ ist, obwohl er es nicht geradezu eingesteht. Zahn wird seinen Weg machen, obwohl in anderer Richtung, als er selbst meinte. Mit der Ausübung der Kunst wird es nicht gehen, aber er wird ein tüchtiger Kunstschriftsteller werden und wäre wohl geeignet zum Vorstand von Sammlungen, warum nicht zum Galeriedirektor? Ich werde ihn auf diese Bahnen zu lenken suchen.

27) Sonntag. Aus Antwerpen erhalte ich von den Herren Swerts und Guffens die Anfrage, ob ich nicht geneigt sei, einige Cartons dahin zu schicken, da das Belgische Gouvernement die Absicht hege, durch Aufstellung derartiger Kunstwerke der Kunst neue Anregungen zu geben[2]. Meine Antwort wird die Bereitwilligkeit aussprechen, solchem Verlangen zu entsprechen ... Gegen Abend besuche ich Rietschel, den ich lange nicht gesehen hatte. Er ist dabei, seine Abstimmung einzureichen. Er stimmt für die nämlichen Gegenstände, für die auch ich gestimmt habe, nämlich: Kruzifix, Aufgangstreppe zur Brühlschen Terrasse und Korridor des Museums. Hinsichtlich des letzteren spricht er sich für einen mehr ornamentalen Schmuck aus. Kurz wir sind einverstanden ...

März.

1) Dienstag ... Die Kriegsgefahr scheint immer näher zu rücken; es ist aber erhebend, zu sehen, wie ganz Deutschland in dem Stück einig ist, daß dem Napoleon keine Handbreit nachgegeben werden darf. Der Neffe des großen Eroberers dürfte wohl ein ähnliches Ende wie dieser erleben, ohne in den vorausgegangenen Erfolgen seinem Vorbild nahe gekommen zu sein. Die Augsburger Allgemeine Zeitung bringt prachtvolle Artikel. Es ist uns eine wahre Herzenserquickung, an den Abenden mit dieser Speise sich zu nähren.

2) Mittwoch ... Zahn besucht mich, bringt mir eine kurze kritische Abhandlung zur Beurtheilung und bekennt sich dann auch als Verfasser der Schrift über „Die Kunst und das sächsische Kunstbudget“. Er klagt, daß Bendemann darüber sehr beleidigt sei, daß er als Schüler der Akademie solch eine Schrift geschrieben habe ...

3) Donnerstag ... Schirmer meint, man könne den Korridor auch zur Aufstellung von Gemälden verwenden. Die Sonne, meint er, schade den Bildern

weniger als die Feuchtigkeit. Ich werde diese Begutachtung


  1. Albert von Zahn (gest. 1873), ursprünglich Maler, zuletzt vortragender Rath in der Generaldirektion der königl. Sammlungen; schon erwähnt unter dem 14. Februar 1856.
  2. Ein von den Antwerpener Malern Guffens und Swerts gemeinsam unterzeichneter Brief an Schnorr vom 24. Februar 1859 beginnt mit den Worten: „Le gouvernement Belge désirant donner à la peinture murale un élan digne de la patrie des van Eyck et de Rubens, se propose de demander en ce but un crédit extraordinaire aux chambres législatives“.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/72&oldid=- (Version vom 2.9.2024)