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Separatvotum ist mit einer gewissen Begeisterung und mit Geschick abgefaßt, und ich erwarte, daß es die Majorität des akademischen Raths, der nächsten Freitag über die Sache entscheiden wird, sich erwirbt. Bei alledem kann ich demselben nicht beistimmen. Was zu Gunsten der Staffeleimalerei gesagt ist, paßt besser für einen Lehrplan der Akademie als für Aufstellung der Motive, welche den Staat zur Theilnahme an Hebung der Kunst auffordern und bestimmen sollen ...

10) Mittwoch ... Um 10 Uhr Morgens erhalte ich von Herrn Theodor Cichorius[1] die Nachricht von Wigands Tod. So hat der brave edle Mann also geendet. Er starb in der Nacht vom neunten zum zehnten 3 Uhr Morgens. Welch ein schmerzlicher Verlust! ...

12) Freitag ... Museum. Lankaus Dekorationen sind im Direktorialzimmer aufgestellt, nämlich sowohl die nach dem Grunerschen Entwurf, als auch die früher gefertigte, nach dem Krügerschen Entwurf. Die erstere hat gegen meinen Rath den Fehler der kleinen Zeichnung beibehalten, nämlich den zu hohen Unterbau. Dadurch kommt das Bild zu hoch zu stehen. Käme dieser Entwurf zur Ausführung, so müßte dieses geändert werden ... 5 Uhr Sitzung des akademischen Rathes ... Die Schriftstücke der neulich in Angelegenheiten des Postulats gewählten Kommission, welche bereits bei den Mitgliedern des akademischen Raths zirkulierten, kommen zur Diskussion. Die Besprechung ist eine sehr lebhafte und langwierige. Kein Theil gibt seine Meinung auf. Einige Mitglieder sind für die Bendemannsche, andere für die Auffassung der Hettnerschen, auch von mir angenommenen Schrift. Einige erklären diese Schriften noch nicht aufmerksam genug gelesen zu haben, um ein Urtheil abgeben zu können. So sollen denn die Schriftstücke noch einmal zirkulieren ...


Rietschel und Hähnel.
Zwei Briefe, mitgetheilt von Dr. O. Richter.

Julius Schnorr schreibt in seinem Tagebuche unterm 12. April 1855: „Freund Rietschel macht mir Mittheilungen über Hähnel, die trauriger Art sind. Graf Einsiedel hatte Rietschel die Ausführung des Kruzifix für die Brücke an die Stelle des alten, damals (1845) in dem Flusse untergegangenen übertragen. Einsiedel hat aber veranlaßt, daß ein Komité zusammentrete, welches allerdings auch die Aufgabe hatte, Beiträge zu sammeln, hauptsächlich aber die Angelegenheit geschäftlich überwachen und leiten sollte. Hähnel steht nun mit einigen der Komitémitglieder längst in freundschaftlichem Vernehmen. Plötzlich tritt Hähnel als derjenige auf, welchem die Ausführung des Kruzifix von diesem Komité übertragen worden sei. Einsiedel ist sehr aufgebracht, zieht sich von der Sache ganz zurück, und möglicher Weise wird nun gar nichts aus der Sache, da Einsiedel den Guß in Lauchhammer unter allen Umständen auf sich genommen und überhaupt das an Mitteln fehlende decken zu wollen sich erklärt hatte.“ Und weiter unterm 22. April: „Rietschel besucht mich und erzählt mir den weiteren Verlauf seines Handels mit Hähnel. Rietschel hatte ihm noch in einem Briefe, den er mir mittheilt, in versöhnlichster Weise zugesprochen, abgesehen von der Entscheidung, welche von Seiten des Grafen Einsiedel und des Komité zu erwarten steht, sich zu vertragen. Hähnel antwortet hierauf nur in herbem und ablehnendem Tone ...[2]

Diese Mittheilungen Schnorrs sind allein schon ausreichend, um das Verhalten Hähnels gebührend zu kennzeichnen. Nur um die vornehme und milde Denkungsart Rietschels in das rechte Licht zu sehen, sollen hier die beiden Briefe wiedergegeben werden, die er in dieser Sache an seinen „Freund“ richtete und die kürzlich in den Besitz unsers Stadtmuseums gelangt sind.


Verehrter Freund.

Auf Veranlassung einer Angelegenheit, die Sie und mich betrifft, erlaube ich mir diese Zeilen an Sie zu richten, mit der Bitte, mir vielleicht freundlich Aufschluß zu ertheilen. Schon längst hätte ich, als diese Angelegenheit mich noch allein betraf, Ihnen Mittheilung davon gemacht, doch hat sich es immer verschoben, indem ich durch die Entfernung von Ihnen und die beengte Zeit bei kurzen Tagen verhindert wurde, zu Ihnen zu kommen; und am dritten Orte fand ich dafür nicht den passenden Moment, da immer Andere gegenwärtig waren.

Dem Hüttenmeister Trautschold, welcher hier, auf einer größeren Reise begriffen, sich aufhielt, war von Lauchhammer ein Brief von Ihnen nachgesendet worden mit der Anfrage wegen des Preises des Broncegusses eines Crucifixes auf der Brücke. So natürlich ich dies unter andern Umständen gefunden und so unbefangen ich es aufgenommen hätte, so war ich doch deshalb überrascht, da ich von Sr. Exz. dem Herrn Minister v. Einsiedel schon längst den Auftrag erhalten und er mir durch den Hüttenmeister Trautschold noch sagen ließ, daß ich immer anfangen könnte. (Ich hatte den Anschlag zu einer Figur von der Höhe von 71/2 Fuß Sächs. gemacht) und würde auch schon dieselbe haben anlegen lassen, wenn ich nicht aus zwei Ursachen es bis Ende dieses Monats verschieben wollen, diese sind:


  1. Stadtrath, später Vicebürgermeister in Leipzig, Wigands Schwiegersohn.
  2. Geschichtsblätter Bd. II S. 18.
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Otto Richter (Hrsg.): Dresdner Geschichtsblätter Band 3 (1901 bis 1904). Wilhelm Baensch Dresden, Dresden 1901 bis 1904, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Dresdner_Geschichtsbl%C3%A4tter_Dritter_Band.pdf/19&oldid=- (Version vom 21.8.2024)