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Jüdische Altertümer
Buch XV »
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[203]
Vierzehntes Buch.

Dieses Buch umfasst einen Zeitraum von 32 Jahren.

Inhalt.

1. Wie nach dem Tode Alexandras ihr jüngster Sohn Aristobulus mit seinem Bruder Hyrkanus um die Herrschaft stritt, ihn besiegte und bis in die Burg von Jerusalem verfolgte. Wie sie alsdann übereinkamen, dass Aristobulus König sein, Hyrkanus dagegen sich ins Privatleben zurückziehen solle.

2. Von Antipater und dessen Geschlecht, und wie er und seine Söhne aus kleinen und bescheidenen Anfängen zu Ruhm und grosser Macht gelangten. Wie auf seinen Rat Hyrkanus aus Jerusalem zum Araberkönige Aretas floh und diesen unter dem Versprechen von grossem Landbesitz und vielem Gelde bat, ihm zur Herrschaft zu verhelfen.

3. Wie Aretas den Hyrkanus freundlich aufnahm, gegen Aristobulus zu Felde zog, ihn besiegte, bis nach Jerusalem verfolgte und die Stadt belagerte.

4. Wie zu Scaurus, den Pompejus der Grosse aus Armenien nach Syrien geschickt hatte, Gesandte sowohl von Hyrkanus als von Aristobulus kamen, um seine Hilfe zu erbitten.

5. Wie Scaurus durch Zahlung von vierhundert Talenten bewogen wurde, sich auf Aristobulus’ Seite zu stellen.

6. Wie, als Pompejus aus Armenien nach Damaskus zog, Aristobulus und Hyrkanus sich mit ihrem Thronstreit an ihn wandten, und wie Pompejus, nachdem er die Ursache des Streites vernommen, die Entscheidung verschob, bis er in ihr Land kommen würde.

7. Wie Aristobulus, nachdem er erkannt hatte, welche Gesinnung Pompejus gegen ihn hege, nach Judaea abzog und, da Pompejus erzürnt gegen ihn ins Feld rückte, sich in Alexandrium, einem festen und schwer einnehmbaren Platze, einschloss.

8. Wie Pompejus auf die Kunde hiervon eine Kriegslist gebrauchte und den Aristobulus beredete, die Festung zu verlassen und zu ihm zu kommen, als wolle er ihm die Herrschaft übertragen. Wie Pompejus, als Aristobulus dies gethan und [204] wiederholt mit seinem Bruder sich unterredet hatte, ihn zwang, eigenhändig an die Kommandanten der Festungen zu schreiben, dass sie dieselben den Römern zu übergeben hätten.

9. Wie Aristobulus aus Furcht darauf einging, dann aber aus Aerger darüber, dass Pompejus ihm nichts von dem bewilligte, was er erwartet hatte, entfloh, um sich in Jerusalem einzuschliessen.

10. Wie Aristobulus, als Pompejus ihm auf dem Fusse folgte, seinen Sinn änderte und ihm bis nach Jericho entgegenzog, ihn wegen seiner Verfehlungen um Verzeihung bat und ihm die Stadt nebst allem Gelde zu übergeben versprach. Wie hierauf die Jerusalemer, als Gabinius mit auserlesenen Streitkräften von Pompejus zur Einnahme der Stadt und zum Empfang des Geldes geschickt wurde, vor den Römern die Thore schlossen, weil sie sahen, dass Aristobulus wie ein Gefangener behandelt wurde.

11. Wie im Zorn darüber Pompejus den Aristobulus fesseln liess und mit seiner ganzen Truppenmacht die Stadt belagerte, und wie die Anhänger des Hyrkanus ihn in die obere Stadt einliessen, die des Aristobulus aber in den Tempel flüchteten.

12. Wie Pompejus den Tempel und die untere Stadt im dritten Monat eroberte. Von seiner Mässigung und Gottesfurcht.

13. Wie Pompejus nichts im Tempel antastete, obgleich dort viel Geld vorhanden war.

14. Wie er, nachdem er das alles vollbracht, Judaea den Römern tributpflichtig machte, Hyrkanus zum Ethnarchen ernannte, Aristobulus nebst seinen Kindern gefangen nach Rom führte und Scaurus zum Landpfleger von Syrien machte.

15. Wie Scaurus gegen Petra, die Königsstadt der Araber, ausrückte und sie belagerte. Wie, nachdem sein Heer in Not geraten war, Antipater den Araber beredete, dem Scaurus dreihundert Talente zu zahlen und dafür ein Bündnis mit ihm zu schliessen.

16. Wie des Aristobulus Sohn Alexander, der dem Pompejus entflohen war und sich nach Judaea begeben hatte, ein grosses Heer sammelte und Hyrkanus wie Antipater bekriegte.

17. Wie Alexander von Gabinius besiegt, in die Festung Alexandrium gedrängt und dort belagert wurde.

18. Wie Gabinius, nachdem Alexander auf Veranlassung seiner Mutter die Festung übergeben hatte, ihn freiliess und an den Senat schrieb, er möge dessen Brüder, die mit ihrem Vater Aristobulus in Ketten lagen, freigeben und ihrer Mutter zusenden, die wegen ihrer Treue einer solchen Gnade würdig sei.

[205] 19. Wie Aristobulus aus Rom nach Judaea entkam, aber von Gabinius ergriffen und nach Rom zurückgeschickt wurde.

20. Crassus fällt auf seinem Kriegszuge gegen die Parther in Judaea ein und plündert den Tempelschatz.

21. Des Pompejus Flucht nach Epirus. Scipio kommt in Syrien an mit dem Befehl, Alexander zu töten.

22. Wie Caesar, nachdem er den Aristobulus in Freiheit gesetzt hatte, im Begriff stand, ihn mit zwei Kohorten nach Judaea zu schicken, und wie Aristobulus von des Pompejus Anhängern durch Gift umgebracht wurde.

23. Caesars Feldzug nach Aegypten, und wie Hyrkanus und Antipater ihm Hilfstruppen stellten und die Juden bewogen, zu ihm zu halten.

24. Antipaters Heldenthaten im Kampfe und seine Freundschaft mit Caesar. Wie Caesar in seiner Freude über den Sieg Hyrkanus mit Ehren überhäufte und ihm gestattete, die zerstörten Mauern seiner Vaterstadt wieder aufzubauen, Antipater aber zum Landpfleger von Judaea ernannte.

25. Caesars Briefe und des Senates Beschlüsse betreffend die Freundschaft mit den Juden.

26. Wie Antipater seinen Söhnen die Verwaltung anvertraute, dem Herodes die von Galilaea, Phasaël die von Jerusalem. Wie Sextus Caesar, als er Statthalter in Syrien war, Geschenke von Herodes erhielt und ihn dafür gross und ruhmvoll machte, indem er ihn zum Statthalter von Coelesyrien ernannte.

27. Wie Cassius nach Caesars Ermordung in Judaea einfiel, das Land bedrängte und von den Juden einen Tribut von achthundert Talenten erzwang, und wie Herodes durch die Eintreibung des Geldes bei Cassius zu Ansehen kam.

28. Wie Malichus den Antipater meuchlings durch Gift aus dem Wege räumte, und zwar mit Hilfe von Hyrkanus’ Mundschenk, den er mit Geld bestochen hatte.

29. Wie Herodes auf Cassius’ Befehl den Malichus umbrachte.

30. Wie Herodes Antigonus, den Sohn des Aristobulus, der von dem syrischen Tyrannen Marion unterstützt wurde, in die Flucht schlug und aus Judaea vertrieb.

31. Wie Herodes, nachdem Cassius in Macedonien von dem jungen Caesar und von Antonius besiegt worden war, den Antonius bei seiner Ankunft in Bithynien mit vielem Gelde sich geneigt machte, und wie letzterer deswegen keine Anklagen gegen Herodes zuliess. Was Antonius den Tyriern in betreff der Juden schrieb.

32. Wie Antonius, als er abermals nach Syrien gekommen war und Anklagen gegen Herodes und Phasaël erhoben wurden, diese [206] nicht nur zurückwies, sondern die beiden zu Tetrarchen ernannte und zehn von den Anklägern hinrichten liess.

33. Kriegszug der Parther gegen Syrien, bei welcher Gelegenheit sie Antigonus, den Sohn des Aristobulus, wieder in die Königsherrschaft einsetzen.

34. Wie sie Hyrkanus und Phasaël, den Bruder des Herodes, zu Gefangenen machten.

35. Wie Herodes floh, sich nach Rom begab und durch Versprechung grosser Geldsummen und durch Bitten bei Antonius es erreichte, dass er vom Senate und von Caesar (Octavianus) zum Könige von Judaea ernannt wurde.

36. Herodes fährt zu Schiffe von Italien nach Judaea und kämpft mit Hilfe des Römerheeres, das ihn begleitet, und des Anführers Silo gegen Antigonus.

37. Wie Jerusalem von Silo belagert, und Antigonus von Sosius und Herodes überwunden wurde.


Erstes Kapitel.
Aristobulus’ und Hyrkanus’ Kampf um die Herrschaft, und wie sie übereinkamen, dass Aristobulus König sein, Hyrkanus aber als Privatmann leben solle. Wie darauf Hyrkanus zu Aretas floh.

(1.) 1 Nachdem ich im vorigen Buche von der Königin Alexandra und ihrem Tode berichtet habe, wende ich mich jetzt zur Erzählung der darauf folgenden Begebenheiten und werde ganz besonders darauf bedacht sein, nichts aus Unkenntnis oder Vergesslichkeit zu übergehen. 2 Ich beabsichtige ja nichts anderes, als die Geschichte von Ereignissen zu schreiben, die ihres Alters wegen meistenteils unbekannt sind, und ich habe mir vorgenommen, die Darstellung, so viel dies möglich ist, durch Schönheit des Ausdruckes und wohlgefügten Stil zu beleben, wie auch alles andere zu thun, um dem Leser gefällig zu sein, 3 damit er sich die Kenntnis der Geschichte auf angenehme und unterhaltende Weise verschaffe. Die Hauptsache muss selbstverständlich für den Geschichtschreiber peinlichste Genauigkeit und wahrheitsgetreue [207] Darstellung sein, damit sein Werk dem Leser Belehrung und Überzeugung beibringe.

(2.) 4 Als Hyrkanus im dritten Jahre der hundertsiebenundsiebzigsten Olympiade,[1] unter den römischen Konsuln Quintus Hortensius und Quintus Metellus Creticus das Hohepriesteramt angetreten hatte, überzog ihn sogleich Aristobulus mit Krieg. In der Schlacht, die bei Jericho stattfand, gingen viele von den Kriegern des Hyrkanus zu seinem Bruder über, 5 weshalb ersterer sich in die Burg flüchten musste, wohin die Gattin und Kinder des Aristobulus, wie oben erwähnt, von seiner Mutter in Gewahrsam gebracht worden waren. Die übrigen Gegner des Aristobulus zogen sich in die Einfriedigung des Tempels zurück, wurden aber hier gefangen genommen. 6 Alsdann besprach sich Aristobulus mit seinem Bruder über eine etwaige Verständigung, und man schloss Frieden unter der Bedingung, dass Aristobulus König sein, Hyrkanus dagegen in Musse von seinen Einkünften leben solle. 7 Nachdem sie diese Übereinkunft im Tempel gethätigt, sie mit Schwur und Handschlag bekräftigt und sich vor den Augen des ganzen Volkes umarmt hatten, schieden sie voneinander, und Aristobulus begab sich in den Königspalast, Hyrkanus aber als Privatmann in die frühere Wohnung des Aristobulus.

(3.) 8 Es hatte aber Hyrkanus einen Freund Namens Antipater, der Idumäer von Geburt, sehr reich und von Charakter thatkräftig und verwegen war. Wegen seiner Neigung zu Hyrkanus konnte er sich mit Aristobulus nicht befreunden. 9 Nikolaus von Damaskus leitet seine Herkunft von den ersten Juden ab, die aus Babylon nach Judaea zurückkehrten. Doch sagt er das wohl nur, um seinem Sohne Herodes, der durch Zufall König der Juden wurde und von dem ich später reden werde, einen Gefallen zu erweisen. 10 Dieser Antipater hiess zuerst Antipas, welchen Namen auch sein Vater führte. Den letzteren hatten König Alexander und dessen Gemahlin [208] zum Statthalter von ganz Idumaea ernannt, in welcher Eigenschaft er Bündnisse mit den ihm gleichgesinnten Arabern, Gazäern und Askalonitern, die er durch reiche und kostbare Geschenke auf seine Seite brachte, geschlossen haben soll. 11 Da nun dieser jüngere Antipater von Aristobulus’ Macht sich nichts Gutes versprach und befürchten musste, wegen seines Hasses gegen Aristobulus von diesem verfolgt zu werden, reizte er heimlich die Vornehmen der Juden gegen ihn auf, indem er denselben vorstellte, es sei doch unrecht, zu dulden, dass Aristobulus die Herrschaft innehabe und seinen älteren Bruder, dem sie seines höheren Alters wegen zukomme, davon ausschliesse. 12 Dieselben Reden führte er auch bei Hyrkanus und setzte ihm auseinander, sein Leben sei in Gefahr, wenn er sich nicht vorsehe und den Aristobulus aus dem Wege räume. Er sei sicher, dass des Aristobulus Freunde keine Gelegenheit vorbeigehen liessen, diesen zu ermahnen, dass er zur Sicherung seines Thrones den Hyrkanus töten müsse. 13 Indessen achtete Hyrkanus nicht auf solche Einflüsterungen, weil er von Natur rechtlich gesinnt war und in diesem seinem Billigkeitsgefühl nicht leicht eine Verleumdung annahm. Auch war er infolge seiner Trägheit und Gleichgültigkeit ein unentschlossener und energieloser Charakter, während Aristobulus sich im Gegenteil unternehmend und geweckt zeigte.

(4.) 14 Als nun Antipater sah, dass Hyrkanus auf seine Vorschläge nicht einging, liess er keinen Tag vorübergehen, ohne Aristobulus zu beschuldigen, dieser wolle den Hyrkanus umbringen. Aber nur mit grosser Mühe konnte er den letzteren bereden, zu dem Araberkönige Aretas zu fliehen, indem er ihm seine Hilfe für den Fall zusagte, dass er etwas unternehmen wolle. 15 Auf dieses Versprechen hin hielt es denn auch Hyrkanus für geraten, zu Aretas in die Gebiete Arabiens zu fliehen, welche Judaea benachbart sind. Doch sandte er zuvor den Antipater zu Aretas, um sich die Versicherung geben zu lassen, dass dieser ihn, wenn er als Schützling [209] komme, nicht seinen Feinden ausliefern werde. 16 Als Antipater diese Zusage erhalten hatte, kehrte er nach Jerusalem zu Hyrkanus zurück, begab sich kurze Zeit darauf mit ihm bei Nacht aus der Stadt und brachte ihn nach einer langen Reise in die Stadt Petra, wo die Residenz des Aretas war. 17 Da er nun dem letzteren sehr befreundet war, bat er ihn, den Hyrkanus auf den Thron Judaeas zurückzuführen, was denn auch Aretas, nachdem ihm die Bitte Tag für Tag wiederholt und durch Geschenke unterstützt worden war, endlich zusagte. 18 Hyrkanus selbst aber versprach ihm, er wolle, wenn er zur Herrschaft gelangt sei, ihm das Gebiet mit den zwölf Städten zurückgeben, die sein Vater Alexander den Arabern abgenommen hatte, nämlich Medaba, Naballo, Livias, Tharabasa, Agalla, Athone, Zoara, Oronae, Marissa, Rhydda, Lusa und Oryba.

Zweites Kapitel.
Wie Aretas und Hyrkanus gegen Aristobulus zogen und Jerusalem belagerten, und wie der Römer Scaurus die Stadt von der Belagerung befreite. Des Onias Tod.

(1.) 19 Durch diese Versprechungen bewogen, zog Aretas mit einem aus Reitern und Fussvolk bestehenden Heere von fünfzigtausend Mann gegen Aristobulus zu Felde und besiegte ihn. Und da nach diesem Siege viele von des Aristobulus Anhängern zu Hyrkanus übergingen, sah sich Aristobulus, verlassen wie er war, genötigt, nach Jerusalem zu fliehen. 20 Der Araber aber folgte ihm mit seinem Heere und belagerte ihn im Tempel, während das Volk sich an Hyrkanus anschloss und ihn bei der Belagerung unterstützte, sodass allein die Priester bei Aristobulus aushielten. 21 Aretas befahl alsdann den Arabern und den Juden, mit ihrem beiderseitigen Lager näher aneinander zu rücken, und betrieb nun die Belagerung mit allem Nachdruck. Während dies geschah, [210] fiel das Fest der ungesäuerten Brote ein, welches wir Pascha nennen, und es verliessen daher die vornehmsten Juden das Land, um nach Aegypten zu fliehen. 22 Nur ein gewisser Onias, ein gerechter und Gott wohlgefälliger Mann, der, als er einst bei einer Dürre Gott um Regen gebeten hatte, augenblicklich erhört worden war, verbarg sich, weil er noch kein Ende des Streites absah. Die Juden aber ergriffen ihn, führten ihn ins Lager und verlangten von ihm, er solle, wie er einst durch sein Gebet der Dürre ein Ende gemacht habe, so jetzt über Aristobulus und dessen Anhänger den Fluch herabrufen. 23 Da er nun trotz seines Bittens und Sträubens von der Menge genötigt wurde, trat er in ihre Mitte und rief aus: 24 „O Gott, König des Weltalls, da die jetzt um mich Stehenden dein Volk und die Belagerten deine Priester sind, so bitte ich dich, du wollest weder den einen noch den anderen gewähren, was sie über ihre Gegner herabflehen.“ Als er so geredet hatte, töteten ihn einige Bösewichter aus den umstehenden Juden mit Steinwürfen.

(2.) 25 Gott aber bestrafte sie alsbald für diese Grausamkeit und rächte die Ermordung des Onias auf folgende Weise. Da, wie gesagt, das Paschafest bevorstand, an dem es bei uns Sitte ist, Gott dem Herrn reiche Opfer darzubringen, 26 und Aristobulus und seine Umgebung keine Opfertiere hatten, baten sie ihre Landsleute darum und boten ihnen dafür so viel Geld, als sie haben wollten. Obgleich diese nun für jedes Stück tausend Drachmen[2] forderten, bewilligten die Priester und Aristobulus doch sogleich diesen Preis und liessen das Geld durch die Maueröffnungen hinunter. 27 Die Belagerer nahmen das Geld, gaben ihnen aber keine Opfertiere dafür, sondern gingen in ihrer Bosheit so weit, dass sie ihr Wort brachen und gegen Gott frevelten, indem sie ihren Gegnern trotz deren Bitten die Opfertiere verweigerten. 28 Als die Priester sich getäuscht sahen, flehten [211] sie zu Gott, er möge sie an ihren Landsleuten rächen. Der Herr schob denn auch die Rache nicht auf, sondern sandte einen heftigen Orkan, der alle Feldfrüchte der Gegend zerstörte, sodass um diese Zeit der Modius[3] Weizen elf Drachmen kostete.

(3.) 29 Unterdessen sandte Pompejus, der in Armenien stand und noch mit Tigranes Krieg führte, den Scaurus nach Syrien. Als dieser in Damaskus ankam, traf er dort Lollius und Metellus, die soeben die Stadt eingenommen hatten, und begab sich nun sogleich nach Judaea. 30 Kaum war er hier angelangt, als sowohl von Aristobulus wie von Hyrkanus Gesandte bei ihm erschienen, die ihn um Hilfe baten. Aristobulus bot ihm dafür vierhundert Talente und Hyrkanus nicht weniger. Indessen nahm er das Anerbieten des Aristobulus an, 31 weil dieser sehr reich und freigebig war und weniger verlangte, während Hyrkanus arm und dabei geizig war und für seine unsicheren Versprechungen viel mehr begehrte. Es war nämlich nicht dasselbe, eine Stadt erobern, welche weit und breit die stärkste und festeste war, oder einen Haufen Flüchtlinge und Nabatäer vertreiben, von denen die letzteren obendrein noch wenig kriegstauglich waren. 32 Aus diesen Gründen schloss er mit Aristobulus einen Vertrag, nahm dessen Geld und befreite ihn von der Belagerung, indem er dem Aretas befahl, abzuziehen, wofern er nicht für einen Feind der Römer erklärt werden wolle. 33 Darauf kehrte Scaurus nach Damaskus zurück; Aristobulus dagegen zog mit grosser Heeresmacht gegen Aretas und Hyrkanus zu Felde, besiegte sie bei Papyron und machte von ihren Kriegern gegen sechstausend nieder, darunter auch Antipaters Bruder Phallion.

[212]
Drittes Kapitel.
Wie Aristobulus und Hyrkanus ihren Thronstreit vor Pompejus brachten, und wie ersterer in die Festung Alexandrium floh. Pompejus zieht gegen ihn zu Felde.

(1.) 34 Als kurz darauf Pompejus nach Damaskus und Coelesyrien kam, erschienen bei ihm Gesandte aus ganz Syrien, Aegypten und Judaea. Aristobulus sandte ihm ein sehr kostbares Geschenk, nämlich einen goldenen Weinstock im Werte von fünfhundert Talenten. 35 Dieses Geschenk erwähnt auch der Kappadocier Strabo mit folgenden Worten: „Es kam aus Aegypten eine Gesandtschaft mit einer Krone von viertausend Goldstücken, und aus Judaea ein Geschenk, welches einen Weinstock oder einen Garten darstellte und Terpole, das heisst „Ergötzung“, genannt wurde. 36 Dieses Geschenk sahen wir zu Rom im Tempel des Capitolinischen Jupiter aufgestellt, und es trug die Aufschrift: Geschenk Alexanders, des Königs der Juden. Seinen Wert schätzte man auf fünfhundert Talente, und wie man meint, ist es dasselbe, welches der jüdische Herrscher Aristobulus geschickt hatte.“

(2.) 37 Bald danach kamen abermals Gesandte zu ihm, und zwar Antipater für Hyrkanus und Nikodemus für Aristobulus. Der letztere klagte zugleich den Gabinius und den Scaurus der Bestechlichkeit an, weil der eine fünfhundert, der andere dreihundert Talente sich habe geben lassen. Hierdurch machte er ausser anderen auch noch diese beiden zu Aristobulus’ Feinden. 38 Pompejus aber hiess die streitenden Parteien bei Frühlingsanfang wiederkommen, führte sein Heer aus den Winterquartieren und brach gegen Damaskus auf. Unterwegs zerstörte er die Burg zu Apamea, die Antiochus von Kyzikos befestigt hatte, 39 und verheerte das Gebiet des Ptolemaeus Mennaei, eines ebenso nichtswürdigen Menschen, wie sein Verwandter Dionysius von Tripolis [213] war, der mit dem Beile hingerichtet wurde. Er selbst jedoch erkaufte sich Verzeihung für seine Frevelthaten mit tausend Talenten, die Pompejus zur Löhnung seiner Soldaten verwendete. 40 Dann eroberte der römische Feldherr die Festung Lysias, deren Befehlshaber der Jude Silas war, zog durch die Städte Heliopolis und Chalkis, überstieg das Gebirge, welches Coelesyrien durchschneidet, und begab sich von Pella nach Damaskus, 41 wo er nunmehr die Juden und deren Führer anhörte, die untereinander im Streite lagen: Hyrkanus und Aristobulus samt ihrem beiderseitigen Anhange. Das Volk, das überhaupt von der Königsherrschaft nichts wissen wollte, liess vorbringen, bei ihnen sei es alte Sitte, dass sie nur den Priestern des von ihnen verehrten Gottes zu gehorchen brauchten; diese beiden Nachkommen von Priestern aber suchten dem Volke eine andere Regierungsform aufzudrängen, um es in Sklaverei zu bringen. 42 Hyrkanus klagte, er als der ältere sei von Aristobulus des Rechtes der Erstgeburt beraubt worden und besitze nur einen kleinen Teil des Landes, während Aristobulus den übrigen Teil mit Gewalt an sich gerissen habe. 43 Dieser sei es auch, der die Einfälle in die benachbarten Gebiete verursache und auf dem Meere die Seeräubereien verübe, und das Volk wäre sicherlich nie aufständisch geworden, wenn er nicht so gewaltthätig und tyrannisch regiere. Das bezeugten dann über tausend der vornehmsten Juden, die Antipater zu diesem Zweck mitgebracht hatte. 44 Aristobulus dagegen behauptete, er habe den Hyrkanus von der Herrschaft ausgeschlossen, weil er zu träge sei und sich kein Ansehen zu verschaffen wisse. Er selbst habe die Regierung nur deshalb angetreten, weil er sie nicht in fremde Hände habe geraten lassen wollen, führe dieselbe aber unter keinem anderen Namen als sein Vater Alexander. 45 Als Zeugen dafür rief er einige stutzerhaft gekleidete Jünglinge auf, deren Purpurkleider, Haarschmuck und sonstiger lächerliche Putz Anstoss erregten, da sie nicht aussahen, als wenn sie vor Gericht, sondern als wenn [214] sie bei einem prunkvollen Aufzuge hätten erscheinen sollen.

(3.) 46 Nachdem Pompejus diese Klagen angehört hatte, gab er dem Aristobulus wegen seiner Gewaltthätigkeit unrecht, entliess sie dann aber alle mit dem freundlichen Bescheid, er wolle in ihr Land kommen und die ganze Sache ordnen, sobald er von dem Feldzuge gegen die Nabatäer zurück sei. Unterdessen hiess er sie sich ruhig verhalten; dem Aristobulus aber sprach er besonders gnädig zu, damit er das Volk nicht aufwiegele und ihm selbst nicht die Zugänge abschneide. 47 Gleichwohl that Aristobulus dies und kümmerte sich in keiner Weise um das, was Pompejus mit ihm besprochen hatte, sondern begab sich nach Dion und von da nach Judaea.

(4.) 48 Hierüber geriet Pompejus in Zorn, zog das Heer, welches gegen die Nabatäer marschieren sollte, die Hilfstruppen aus Damaskus und dem übrigen Syrien, sowie die römischen Legionen, welche er bei sich hatte, zusammen und rückte gegen Aristobulus ins Feld. 49 Und nachdem er an Pella und Skythopolis vorbei nach Koraea, wo landeinwärts Judaea beginnt, gekommen war, sandte er in die auf der Spitze eines Berges herrlich gelegene Festung Alexandrium, wohin Aristobulus sich geflüchtet hatte, zu diesem einen Boten und liess ihn auffordern, zu ihm zu kommen. 50 Da nun dem Aristobulus von vielen Seiten der Rat erteilt wurde, sich nicht, in einen Krieg mit den Römern einzulassen, folgte er der Aufforderung, unterhandelte mit seinem Bruder in betreff der Herrschaft und begab sich dann mit Erlaubnis des Pompejus wieder in die Festung zurück. 51 Das that er auch zum zweiten- und drittenmal, indem er sich mit der Hoffnung schmeichelte, von Pompejus als Herrscher bestätigt zu werden, und deshalb allen Befehlen desselben sich willfährig zeigte, dabei aber jedesmal sich wieder in die Festung zurückzog und sich zum Kriege gerüstet hielt, damit die Herrschaft nicht an Hyrkanus falle. 52 Als ihm aber [215] Pompejus befahl, er solle die Festungen übergeben und eigenhändig deswegen an die Befehlshaber derselben schreiben, weil sie sonst niemand einlassen durften, gehorchte er zwar, zog aber im höchsten Groll nach Jerusalem und rüstete sich zum Kriege. 53 Pompejus war schon auf dem Marsche gegen ihn begriffen, als er durch einige Ankömmlinge aus Pontus die Nachricht vom Tode des Mithradates erhielt, der von seinem eigenen Sohne Pharnakes ermordet worden war.

Viertes Kapitel.
Wie Pompejus Jerusalem belagerte und eroberte.

(1.) 54 Nachdem Pompejus zunächst bei Jericho, wo die Palme wächst und der Opobalsam gedeiht, aus dessen mit einem scharfen Stein geritzten Früchten als Saft eine vortreffliche Salbe hervorquillt, sich gelagert hatte, brach er in der Morgenfrühe nach Jerusalem auf. 55 Nun änderte Aristobulus seinen Plan, begab sich zu Pompejus und bat ihn unter dem Versprechen, eine Geldsumme zahlen und ihn in Jerusalem einlassen zu wollen, er möge vom Kriege ablassen und im Frieden alles nach seinem Gutdünken ordnen. 56 Auf seine Bitten verzieh ihm Pompejus und schickte den Gabinius mit einer Abteilung Soldaten, um das Geld und die Schlüssel der Stadt in Empfang zu nehmen. Doch geschah weder das eine noch das andere, sondern Gabinius kam ohne Geld und, ohne Einlass in die Stadt erlangt zu haben, zurück, weil Aristobulus’ Krieger mit dessen Abmachung nicht einverstanden waren. 57 Hierüber erbittert, liess Pompejus den Aristobulus gefangen nehmen und rückte an die Stadt heran, die auf allen Seiten mit Ausnahme der Nordseite stark befestigt war. Denn sie war von einer breiten und tiefen Schlucht umgeben, die sich rings um den durch eine steinerne Mauer befestigten Tempel zog.

[216] (2.) 58 In der Stadt konnte man sich über das, was zu thun sei, nicht einigen. Die eine Partei hielt dafür, man solle dem Pompejus die Stadt übergeben, während des Aristobulus Anhänger verlangten, man solle die Thore schliessen und sich zum Kriege rüsten, weil Aristobulus gefangen gehalten werde. Die letzteren besetzten darauf den Tempel, zerstörten die ihn mit der Stadt verbindende Brücke und bereiteten sich auf eine Belagerung vor. 59 Die anderen dagegen liessen das Heer ein und übergaben dem Pompejus die Stadt und den Königspalast. Dieser sandte darauf seinen Legaten Piso mit einem Heere und liess die Stadt und den Palast besetzen sowie die in der Nähe des Tempels liegenden Häuser und die ganze Umgebung desselben befestigen. 60 Zunächst unterhandelte er nun noch mit der Besatzung des Tempels in betreff des Friedens. Da dieselbe aber auf seine Bedingungen nicht eingehen wollte, liess er die Umgebung des Tempels mit einer Mauer einschliessen, wobei Hyrkanus alle notwendige Hilfe leistete. Pompejus lagerte sich darauf an der Nordseite des Tempels, wo derselbe am leichtesten zu berennen war. 61 Hier erhoben sich hohe Türme, und es zog sich ein Graben noch innerhalb der tiefen Schlucht hin. Die der Stadt zugekehrte Seite, wo Pompejus sich befand, fiel nach Zerstörung der Brücke jäh ab, und der Wall wurde täglich mit grosser Mühe weitergeführt, indem die Römer die in der Nähe stehenden Bäume fällten. 62 Sobald aber der Wall vollendet und der sehr tiefe Graben notdürftig ausgefüllt war, liess Pompejus Belagerungs- und Schleudermaschinen von Tyrus kommen und begann den Tempel mit Steingeschossen zu überschütten. 63 Wäre es nun nicht Sitte bei uns, am siebenten Tage zu feiern, so wäre wohl die Vollendung des Walles von den Belagerten verhindert worden. Das Gesetz erlaubt nämlich, sich in der Schlacht gegen den Angriff des Feindes am Sabbat zu wehren, aber nicht, einer anderen feindlichen Unternehmung entgegenzutreten.

[217] (3.) 64 Als die Römer das erkannt hatten, warfen sie an den Sabbaten weder Steine gegen die Juden, noch liessen sie sich auf einen anderen Kampf mit ihnen ein, sondern sie errichteten Wälle und Türme und brachten die Maschinen heran, um sie am folgenden Tage verwenden zu können. 65 Wie sehr wir uns aber der Verehrung Gottes und der Beobachtung der Gesetze befleissigen, kann man daraus ersehen, dass sich die Priester während der Belagerung durch Furcht nicht abhalten liessen, die Opfer darzubringen. Vielmehr versahen sie sowohl in der Morgenfrühe als um die neunte Stunde[4] den Gottesdienst und unterliessen denselben nicht einmal dann, wenn sich ein besonders schlimmer Zufall bei der Belagerung ereignete. 66 Beispielsweise als die Stadt an dem Fasttage im dritten Monat, in der hundertneunundsiebzigsten Olympiade, unter dem Konsulate des Gajus Antonius und des Marcus Tullius Cicero eingenommen wurde[5] und die eindringenden Feinde alle im Tempel Befindlichen niedermachten, 67 liessen sich die Priester beim Gottesdienste nicht im geringsten stören und weder aus Furcht für ihr Leben noch durch die Menge der Getöteten sich bewegen, zu fliehen, sondern sie wollten lieber das Unvermeidliche an den Altären selbst erdulden, als irgend eine Vorschrift des Gesetzes übertreten. 68 Dass dies nicht bloss leere Worte sind, die einer falschen Frömmigkeit das Lob reden sollen, sondern völlig der Wahrheit entspricht, bezeugen alle Schriftsteller, die des Pompejus Thaten aufzeichneten, darunter Strabo und Nikolaus und ausserdem Titus Livius, der römische Geschichtschreiber.

(4.) 69 Nachdem nun der grösste der Türme unter den Stössen der herbeigeschafften Maschinen gefallen war und so eine Bresche sich gebildet hatte, drangen die Feinde ein. Zuerst erstieg Cornelius Faustus, Sohn des Sulla, mit seiner Kriegerschar die Mauer, dann an einer [218] anderen Stelle der Hauptmann Furius mit den Seinigen, und zwischen beiden der Hauptmann Fabius mit einer starken Abteilung seiner Soldaten. 70 Das Blutbad wurde darauf ein allgemeines. Die Juden wurden teils von den Römern, teils von ihren eigenen Landsleuten niedergehauen, teils stürzten sie sich in die Schluchten oder verbrannten sich in ihren Häusern, weil sie das, was kommen musste, nicht ertragen wollten. 71 So fielen gegen zwölftausend Juden, von den Römern dagegen nur sehr wenige. Absalom, Aristobulus’ Oheim und Schwiegervater, geriet in Gefangenschaft. Der Tempel aber, dessen Inneres sonst unzugänglich und keinem Auge sichtbar war, wurde schwer geschändet. 72 Denn Pompejus drang mit einer Anzahl seiner Begleiter in das Innere ein und sah, was kein Sterblicher ausser dem Hohepriester erblicken durfte. Obwohl ihm aber der goldene Tisch, der heilige Leuchter, die Opferschalen, eine Menge Räucherwerk und ausserdem im Tempelschatz gegen zweittausend Talente Geld zu Gesicht kamen, rührte er aus Frömmigkeit nichts davon an, sondern benahm sich, wie man von seiner Tugend erwarten konnte. 73 Am folgenden Tage befahl er den Tempeldienern, das Heiligtum zu reinigen und liess Gott die vom Gesetze vorgeschriebenen Opfer darbringen. Dann ernannte er den Hyrkanus zum Hohepriester, einmal weil er ihm sonst wichtige Dienste geleistet, dann aber auch, weil er die im Lande wohnenden Juden abgehalten hatte, dem Aristobulus Hilfe zu gewähren. Die Urheber des Krieges liess Pompejus mit dem Beile hinrichten; hierauf verteilte er an Faustus und die übrigen, welche zuerst die Mauer erstiegen hatten, die verdienten Belohnungen. 74 Jerusalem aber machte er den Römern zinspflichtig entzog die Städte in Coelesyrien, welche der Hauptstadt Judaeas unterworfen waren, dieser Botmässigkeit, stellte dieselben unter einen römischen Praetor und wies das ganze, sonst so mächtige Volk auf enge Grenzen an. 75 Gadara, welches kurz vorher zerstört worden war, liess er dem Gadarener Demetrius, seinem Freigelassenen, zu Gefallen wieder aufbauen, und die [219] Städte Hippos, Skythopolis, Pella, Dion, Samaria, Marissa, Azot, Jamnia und Arethusa gab er ihren früheren Bewohnern zurück. 76 Diese im Binnenland gelegenen Plätze mit Ausnahme der zerstörten, sowie die am Meer gelegenen Städte Gaza, Joppe, Dora und Stratonsturm, welch letzteres von Herodes prächtig ausgebaut, mit Hafenanlagen und Tempeln versehen wurde und jetzt Caesarea heisst, erklärte Pompejus für selbstständig und teilte sie der Provinz Syrien zu.

(5.) 77 An diesem Unglück Jerusalems trug nur der Streit zwischen Hyrkanus und Aristobulus die Schuld. Dadurch wurde uns die Freiheit entrissen: wir kamen unter die Botmässigkeit der Römer und mussten das Land, welches wir den Syrern mit Waffengewalt abgenommen, denselben wieder zurückgeben. 78 Ausserdem brandschatzten uns die Römer in kurzer Zeit um mehr als zehntausend Talente und liessen die Königswürde, die früher dem hohepriesterlichen Geschlechte allein zukam, an Männer aus dem anderen Volke gelangen. Darüber werde ich noch später reden. 79 Pompejus übergab nun Coelesyrien bis zum Euphrat und bis nach Aegypten hin dem Scaurus, stellte zwei römische Legionen unter dessen Befehl und trat den Marsch nach Cilicien an, um möglichst bald nach Rom zu kommen. Dorthin nahm er auch den Aristobulus und dessen Kinder als Kriegsgefangene mit. Letztere waren zwei Töchter und ebenso viele Söhne von denen der eine, Alexander, entfloh, der jüngere, Antigonus, aber mit seinen Schwestern nach Rom gebracht wurde.

Fünftes Kapitel.
Wie Scaurus mit Aretas sich abfand. Kriegsthaten des Gabinius in Judaea.

(1.) 80 Unterdessen zog Scaurus gegen Petra, die Hauptstadt des Petraeischen Arabien, und da dieselbe seiner Belagerung trotzte, verheerte er ringsum das Ackerland. [220] Als er nun mit seinem Heere Hunger litt, lieferte ihm Antipater auf Hyrkanus’ Geheiss Getreide und alle übrigen Lebensmittel. 81 Dann schickte Scaurus an Aretas einen Legaten, der mit diesem in Gastfreundschaft stand, und liess ihm vorschlagen, er solle durch eine Geldzahlung der weiteren Verwüstung des Ackerlandes Einhalt thun, wobei der Legat selbst für dreihundert Talente die Bürgschaft übernahm. Unter dieser Bedingung machte Scaurus, nachdem Aretas dieselbe angenommen, dem Kriege ein Ende, weniger, weil Aretas dies wünschte, als weil er selbst danach verlangte.

(2.) 82 Als einige Zeit darauf Alexander, der Sohn des Aristobulus, Judaea durchzog, kam Gabinius als Praetor aus Rom nach Syrien und unternahm ausser anderen bemerkenswerten Thaten auch einen Feldzug gegen Alexander. Hyrkanus nämlich konnte Alexanders Macht nicht länger ertragen und fing an, die von Pompejus zerstörten Mauern Jerusalems wieder aufzurichten, was jedoch die in der Stadt befindlichen Römer verhinderten. 83 Alexander durchstreifte inzwischen das Land, rief viele Juden zu den Waffen und hatte bald zehntausend Fusssoldaten und tausendfünfhundert Reiter zusammen. Alsdann verstärkte er die Befestigungen von Alexandrium, der bei Koreae gelegenen Festung, und von Machaerus im arabischen Gebirge. 84 Nun rückte Gabinius gegen ihn an und schickte den Marcus Antonius nebst den übrigen Heerführern voraus. Diese zogen mit den römischen Soldaten, welche sie führten, mit den Juden, die unter dem Befehl von Pitholaus und Malichus sich ihnen anschlossen, und mit Antipaters Hilfstruppen dem Alexander entgegen, während Gabinius mit den Schwerbewaffneten folgte. 85 Alexander zog sich in die Nähe von Jerusalem zurück, und hier kam es zur Schlacht, in der die Römer gegen dreitausend Feinde niedermachten und ebenso viele gefangennahmen.

(3.) 86 Alsdann rückte Gabinius vor Alexandrium und forderte die Besatzung zur Übergabe auf, indem er für alles Vorgefallene Verzeihung versprach. Da aber auch [221] noch eine Menge von Feinden vor der Festung lagerte, griffen die Römer dieselben an, wobei namentlich Marcus Antonius sich sehr hervorthat und durch Niedermetzelung vieler Gegner seine Kampfgenossen weit übertraf. 87 Darauf liess Gabinius einen Teil seines Heeres zur Belagerung des Platzes zurück, zog weiter durch Judaea und liess alle zerstörten Städte, die er antraf, wiederherstellen. 88 So erstanden aufs neue Samaria, Azot, Skythopolis, Anthedon, Raphia, Dora, Marissa, Gaza und viele andere. Und da des Gabinius Vorschriften allseitig befolgt wurden, bildeten diese Städte in kurzem wieder sichere Wohnplätze, nachdem sie lange Zeit verlassen gewesen waren.

(4.) 89 Nach diesen Anordnungen kehrte Gabinius wieder nach Alexandrium zurück. Im weiteren Verlaufe der Belagerung nun schickte Alexander eine Gesandtschaft an ihn, liess ihn um Verzeihung bitten und übergab ihm zunächst die Festungen Hyrkania und Machaerus und schliesslich auch Alexandrium, die Gabinius sämtlich zerstören liess. 90 Als darauf die Mutter Alexanders, die sich mit den Römern gut halten musste, weil ihr Gatte und ihre Kinder in Rom gefangen gehalten wurden, sich an ihn wandte, erfüllte er alle ihre Bitten. Alsdann führte er den Hyrkanus in Jerusalem ein und übertrug ihm die Sorge für den Tempel. 91 Endlich bestellte er fünf Gerichtshöfe (Synedrien) für ebenso viele Bezirke und zwar zu Jerusalem, Gadara, Amathus, Jericho und zu Sepphoris in Galilaea. So waren also die Juden ihres Königtums verlustig und hatten nun eine aristokratische Regierungsform.

[222]
Sechstes Kapitel.
Wie Gabinius den aus Rom entwichenen Aristobulus gefangennahm und dorthin zurückschickte. Er besiegt den Alexander und die Nabatäer.

(1.) 92 Unterdessen war es Aristobulus gelungen, aus Rom nach Judaea zu entkommen. Als er aber das jüngst zerstörte Alexandrium wiederherzustellen im Begriff war, schickte Gabinius eine Abteilung Soldaten unter Sisenna, Antonius und Servilius gegen ihn, um ihn aus dem Platze zu vertreiben und gefangen zu nehmen. 93 Von den Juden strömten viele zu Aristobulus hin, einmal seines alten Ruhmes wegen, und dann auch, weil sie an Umwälzungen Gefallen hatten. Ja, ein gewisser Pitholaus, der zu Jerusalem als Legat stand, ging sogar mit tausend Mann zu ihm über. Allein die meisten von denen, die zu Aristobulus stiessen, waren noch unbewaffnet. 94 Da nun Aristobulus beschlossen hatte, nach Machaerus zu ziehen, entliess er diese Unbewaffneten sämtlich, weil sie nicht eingeübt, mithin zum Kriegsdienst untauglich waren, und zog mit nur ungefähr achttausend Bewaffneten ins Feld. 95 Doch die Römer griffen ihn an und besiegten ihn, und obwohl die Seinigen wacker fochten, mussten sie zuletzt die Flucht ergreifen. Dabei kamen gegen fünftausend von ihnen um, während die übrigen zerstreut wurden und sich zu retten suchten, so gut sie konnten. 96 Aristobulus floh mit stark tausend Mann nach Machaerus, fing an, den Platz zu befestigen, und war trotz seines Unglückes voll zuversichtlicher Hoffnung. Nach zweitägiger Belagerung jedoch wurde er, mit Wunden bedeckt, samt seinem Sohne Antigonus, der mit ihm aus Rom geflohen war, von den Römern gefangen genommen und zu Gabinius geführt. 97 Dieser schickte ihn wieder nach Rom, wo er in strengem Gewahrsam gehalten wurde, nachdem er drei Jahre und sechs Monate König und Hohepriester gewesen war und sich als edler und hochherziger Mann bewiesen hatte. Seine Kinder dagegen liess der Senat frei, weil Gabinius schrieb, er [223] habe dies ihrer Mutter für die Übergabe der Festungen versprochen. So kamen sie denn nach Judaea zurück.

(2.) 98 Gabinius beabsichtigte nun, gegen die Parther zu Felde zu ziehen. Doch als er den Euphrat schon überschritten hatte, änderte er seinen Plan, kehrte um und zog nach Aegypten, um dort dem Ptolemaeus wieder auf den Thron zu helfen, wie das schon anderswoher bekannt ist. 99 Bei diesem Kriegszuge, den er gegen Archelaus unternahm, lieferte ihm Antipater Getreide, Waffen und Geld und verschaffte ihm die Bundesgenossenschaft derjenigen Juden, welche oberhalb Pelusium wohnten und den Zugang zu Aegypten bewachen mussten. 100 Als er nun aus Aegypten zurückkehrte, traf er Syrien in Verwirrung und Aufruhr an. Denn des Aristobulus Sohn Alexander, der sich mit Gewalt der Regierung wieder bemächtigt hatte, veranlasste viele Juden zum Aufstand, durchzog mit grosser Truppenmacht das Land, machte alle Römer nieder, die er auf ihrer Flucht nach dem Berge Garizin traf, und belagerte die übrigen daselbst.

(3.) 101 Als Gabinius Syrien in einem solchen Zustand sah, schickte er, schlau wie er war, den Antipater gegen die Empörer vor, um sie möglicherweise von ihrer Tollkühnheit abzubringen und zu besserer Einsicht zu bekehren. 102 Diesem gelang es denn auch, viele der Aufrührer zur Vernunft zu bringen, und nur bei Alexander schlugen seine Bemühungen fehl. Letzterer zog vielmehr mit dreissigtausend Juden dem Gabinius entgegen und griff ihn an, wurde aber bei dem Berge Tabor geschlagen und verlor zehntausend seiner Leute.

(4.) 103 Hierauf ordnete Gabinius die Verhältnisse Jerusalems nach dem Dafürhalten Antipaters und rückte dann gegen die Nabatäer. Diese besiegte er in einer Schlacht, schickte dann die parthischen Flüchtlinge Mithradates und Orsanes, welche bei ihm Zuflucht gesucht hatten, unter dem Vorwande, sie seien ihm entlaufen, voraus nach Rom 104 und kehrte nach Vollbringung glänzender Kriegsthaten ebendahin zurück, nachdem er die Provinz dem Crassus übergeben hatte. Von diesen [224] kriegerischen Unternehmungen des Pompejus und des Gabinius berichten in übereinstimmender Weise auch Nikolaus von Damaskus und Strabo der Kappadocier.

Siebentes Kapitel.
Wie Crassus nach Judaea kam und den Tempel plünderte, und wie er im Kriege gegen die Parther umkam. Wie Cassius Syrien gegen die Parther verteidigte und nach Judaea zog.

(1.) 105 Als Crassus auf einem Feldzuge gegen die Parther sich befand, kam er nach Judaea, raubte alles im Tempel befindliche Geld, welches Pompejus nicht angerührt hatte, im ganzen zweitausend Talente, und vermass sich sogar, alles Gold im Werte von ungefähr achttausend Talenten daraus zu entfernen. 106 Unter anderem eignete er sich auch eine Stange aus reinem Golde an, die dreihundert Minen[6] wog. Eine Mine ist bei uns zwei und ein halbes Pfund. Diese Stange gab ihm der den Schatz hütende Priester mit Namen Eleazar nicht aus Bosheit - denn er war ein edler und gerechter Mann -, sondern aus folgender Veranlassung. 107 Eleazar hatte auch für die Bewahrung der Tempelvorhänge zu sorgen, die von wunderbarer Schönheit und kostbar gearbeitet waren und die von jener Stange herabhingen. Da er nun sah, wie gierig Crassus nach dem Golde war, und für den ganzen Tempelschmuck fürchten musste, gab er ihm die goldene Stange, um alles andere dagegen einzulösen, 108 nachdem er sich eidlich hatte versichern lassen, dass Crassus nichts weiter aus dem Tempel entfernen, sondern sich mit dieser Gabe, die viele Tausende wert war, begnügen wolle. Die Stange war aber in einer zweiten hohlen Stange von Holz eingeschlossen, was ausser Eleazar sonst niemand wusste. 109 Crassus nahm also die [225] Stange und that, als wenn er nichts anderes im Tempel anrühren wollte, schleppte aber trotz seines Eides alles im Tempel befindliche Gold weg.

(2.) 110 Es darf übrigens nicht wunder nehmen, dass ein solcher Reichtum in unserem Tempel angehäuft war: hatten doch alle Juden des Erdkreises und alle Verehrer des wahren Gottes sowohl in Asien wie in Europa seit langen Zeiten dazu beigetragen. 111 Ich kann auch für die Menge des angegebenen Goldes Zeugnisse beibringen und nachweisen, dass von unserer Seite dabei keine Prahlerei und Übertreibung mit unterläuft. So sagt z. B. der Kappadocier Strabo: 112 „Mithradates schickte nach Kos und liess das Geld holen, welches Kleopatra daselbst niedergelegt hatte, imgleichen auch die achthundert Talente der Juden.“ 113 Nun haben wir aber kein anderes öffentliches Geld als dasjenige, welches Gott gehört, und es ist klar, dass die Juden in Asien dieses Geld aus Furcht vor Mithradates nach Kos gebracht hatten. Denn dass die in Judaea wohnenden Juden, die eine so wohlbefestigte Stadt und den Tempel hatten, Geld nach Kos geschickt haben sollten, ist nicht wahrscheinlich. Ebensowenig ist dies von den Juden in Alexandria anzunehmen, da sie den Mithradates nicht zu fürchten brauchten. 114 An einer anderen Stelle bezeugt derselbe Strabo, dass Sulla zu der Zeit, als er nach Griechenland übersetzte, um Mithradates zu bekriegen, den Lucullus geschickt habe, um den Aufstand unseres Volkes in Kyrene zu unterdrücken, von dem die ganze Welt voll war. 115 Er sagt nämlich: „In der Stadt der Kyrenäer gab es vier Klassen, Bürger, Ackerbauern, Mietwohner und Juden. Die letzteren sind schon fast in jeder Stadt des Erdkreises verbreitet, und man kann nicht leicht einen Ort in der Welt finden, der dieses Volk nicht beherbergte und nicht in seiner Gewalt wäre. 116 So kommt es, dass Aegypten und Kyrenaea, die unter ihrer Herrschaft stehen, sowie viele andere Bezirke die Sitten der Juden nachahmen, es mit dem sehr zahlreichen Volke halten und mit ihnen an Macht zunehmen, indem sie nach den bei den Juden geltenden Gebräuchen [226] leben. 118 In Aegypten ist ihnen verstattet worden zu wohnen, und ein grosser Teil von Alexandria ist diesem Volke besonders eingeräumt. Sie haben auch ihren eigenen Vorsteher, der ihre Gemeinde-Angelegenheiten leitet, Recht spricht und ihre Verträge bekräftigt, als wenn er der wirkliche Beherrscher eines Staates wäre. In Aegypten aber hat dieses Volk eine so grosse Macht, weil die Aegyptier jüdischen Ursprunges und nach ihrer Trennung doch noch Nachbarn der Juden geblieben sind. Nach Kyrenaea hat sich das Volk deswegen verpflanzt, weil dieses Gebiet an Aegypten ebenso grenzt wie Judaea, ja sogar früher ein Teil des aegyptischen Reiches war.“ So weit Strabo.

(3.) 119 Crassus ordnete nun alles nach seinem Ermessen und zog dann gegen das Land der Parther, kam aber daselbst mit seinem ganzen Heere um, wie schon anderwärts berichtet ist. Cassius dagegen floh nach Syrien, nahm Besitz von dem Lande und verteidigte es gegen die Parther, die nach dem über Crassus errungenen Siege Syrien arg beunruhigten. 120 Dann marschierte er nach Tyrus und kam auch nach Judaea, griff Taricheae an, nahm es beim ersten Ansturm, machte gegen dreissigtausend Gefangene und liess den Pitholaus, der nach Aristobulus den Aufstand geleitet hatte, auf Anraten des Antipater, der bei ihm in grossem Ansehen stand, hinrichten. 121 Antipater hatte übrigens auch bei den Idumäern gewaltigen Einfluss, da aus diesem Volke seine Gattin stammte, welche Kypron hiess und ihm vier Söhne gebar: Phasaël, Herodes (den nachmaligen König), Joseph und Pheroras, und ausserdem noch eine Tochter Salome. 122 Antipater stand auch zu den übrigen benachbarten Fürsten in freundschaftlichen Beziehungen, besonders zu dem Araberkönige, dem er während des Krieges mit Aristobulus seine Kinder zur Obhut anvertraute. Cassius brach nun alsbald auf und zog an den Euphrat, um dort den Einfallen der Feinde entgegenzutreten, wie anderswoher bekannt ist.

(4.) 123 Einige Zeit nachher beschloss Caesar, der nach [227] der Flucht des Pompejus und des Senates über das Ionische Meer zu Rom die Gewalt in Händen hatte, den Aristobulus in Freiheit zu setzen und ihn mit zwei Legionen nach Syrien zu schicken, um dort die Verhältnisse zu ordnen. 124 Doch ward die Hoffnung, die Caesars Macht in Aristobulus erweckt hatte, jäh zunichte gemacht, da die Parteigänger des Pompejus den letzteren noch vor seiner Abreise vergifteten, sodass Caesars Anhang ihn bestatten musste. Sein Leichnam lag lange Zeit in Honig[7] einbalsamiert, bis Antonius ihn nach Judaea schickte und in der Königsgruft beisetzen liess. 125 Durch einen Brief des Pompejus erhielt Scipio den Auftrag, auch des Aristobulus Sohn Alexander aus dem Wege zu räumen, und so zog dieser den Jüngling wegen seiner früheren Vergehen gegen die Römer vor Gericht und liess ihn mit dem Beile hinrichten. 126 Dieses Todesurteil ward in Antiochia vollzogen. Seine Brüder nahm Ptolemaeus Mennaei auf, der Beherrscher des am Libanon gelegenen Chalkis, der seinen Sohn Philippio nach Askalon zu Aristobulus’ Gattin schickte und sie auffordern liess, auch ihren Sohn Antigonus und ihre Töchter ihm zuzusenden. Zu einer der letzteren, Alexandra mit Namen, fasste Philippio Neigung und nahm sie zur Ehe. Indessen liess ihn sein Vater Ptolemaeus später umbringen, heiratete selbst die Alexandra und liess sich fortwährend die Sorge für deren Brüder angelegen sein.

[228]
Achtes Kapitel.
Die Juden leisten dem Caesar auf seinem Feldzuge nach Aegypten Hilfe. Antipaters Kriegsthaten und seine Freundschaft mit Caesar. Die Juden von den Römern und Athenern geehrt.

(1.) 127 Nach der Niederwerfung und dem Tode des Pompejus überzog Caesar Aegypten mit Krieg und wurde hierbei von Antipater, der Judaea nach des Hyrkanus Anordnung verwaltete, in mancher Beziehung unterstützt. 128 Als nämlich Caesar dem pergamenischen Könige Mithradates Hilfstruppen zuführen wollte und, weil er den Weg über Pelusium nicht erzwingen konnte, bei Askalon halt machen musste, stiess Antipater mit dreitausend jüdischen Fusssoldaten zu ihm und bewirkte, dass nicht nur die Araberfürsten, 129 sondern auch alle Syrer, die sich in der Diensteifrigkeit gegen Caesar von niemand wollten übertreffen lassen, ferner der Alleinherrscher Jamblichus und dessen Sohn Ptolemaeus, die auf dem Libanon wohnten, und fast alle Städte dem Caesar ihr Entgegenkommen bewiesen. 130 Nun brach Mithradates aus Syrien nach Pelusium auf, und da dessen Einwohner ihn nicht aufnehmen wollten, belagerte er die Stadt. Hierbei benahm sich Antipater höchst heldenhaft, legte zuerst Bresche in die Mauer und bahnte den übrigen einen Weg in die Stadt. So fiel Pelusium. 131 Als aber nun Antipater und Mithradates sich zu Caesar begeben wollten, hinderten die aegyptischen Juden, welche in dem nach Onias benannten Landstriche wohnten, sie daran. Antipater indessen beredete sie, ihre Landsleute nachzuahmen, indem er ihnen einen Brief des Hohepriesters Hyrkanus vorzeigte, worin dieser sie ermahnte, gegen Caesar sich freundlich zu benehmen und das Heer mit allem Notwendigen zu versehen. 132 Als sie nun sahen, dass Antipater und der Hohepriester eines Sinnes waren, gehorchten sie und veranlassten dadurch auch die Bewohner von [229] Memphis, den Mithradates einzuladen, der denn auch alsbald dorthin zog und deren Unterwerfung annahm.

(2.) 133 Mithradates war schon um das Delta herumgezogen, als er bei dem sogenannten Judenlager auf die Feinde stiess. Den rechten Flügel befehligte Mithradates, den linken Antipater. 134 Als es zur Schlacht kam, wich des Mithradates Flügel zurück und wäre in die grösste Not geraten, wenn Antipater, der die ihm gegenüberstehende feindliche Abteilung schon geschlagen hatte, nicht mit den Seinigen am Flussufer entlang geeilt wäre, ihn befreit und die siegreichen Aegyptier in die Flucht geschlagen hätte. 135 Bei der weiteren Verfolgung bemächtigte er sich dann auch des feindlichen Lagers und rief den Mithradates zurück, der schon weit geflohen war. Von dem Flügel des Mithradates waren gegen achthundert, von dem des Antipater aber nur vierzig gefallen. 136 Mithradates schrieb nun sogleich an Caesar und bezeichnete Antipater als den Urheber des Sieges und seiner Rettung, sodass Caesar diesen mit Lobeserhebungen bedachte und in den schwierigsten Fällen des ganzen Krieges sich seiner Hilfe bediente, bis eines Tages Antipater im Treffen verwundet wurde.

(3.) 137 Als Caesar einige Zeit darauf den Krieg beendigte und nach Syrien hinüberschiffte, bewies er seinen Dank dadurch, dass er den Hyrkanus in der Hohepriesterwürde bestätigte, dem Antipater aber das römische Bürgerrecht verlieh und ihn von allen Abgaben befreite. 138 Vielfach wird nun behauptet, auch Hyrkanus habe an diesem Feldzug teilgenommen und sei mit nach Aegypten gezogen. Das geht z. B. aus Strabo hervor, der nach Asinius berichtet: „Als Mithradates nebst dem jüdischen Hohepriester Hyrkanus nach Aegypten gezogen war u. s. f.“ 139 Ebenderselbe Strabo sagt an einer anderen Stelle unter Citierung des Schriftstellers Hypsikrates, Mithradates sei allein ausgerückt, der jüdische Statthalter Antipater aber, den er nach Askalon entboten habe, sei ihm mit dreitausend Mann zu Hilfe gekommen und habe die übrigen Fürsten beredet, ein gleiches zu thun. [230] Diesem Feldzug habe auch der Hohepriester Hyrkanus beigewohnt. So weit Strabo.

(4.) 140 Um dieselbe Zeit kam des Aristobulus Sohn Antigonus zu Caesar, beklagte das Schicksal seines Vaters, der um Caesars willen durch Gift habe umkommen müssen, und seines Bruders, der von Scipio mit dem Beile hingerichtet worden sei, und bat ihn, er möge sich doch seiner, da er aus dem Reiche seines Vaters verbannt sei, erbarmen. Hyrkanus und Antipater, klagte er, führten eine gewaltthätige Regierung und hätten ihm selbst Unrecht gethan. 141 Antipater aber, der gerade anwesend war, verteidigte sich gegen die Anklage und zeigte, dass Antigonus ein unruhiger, aufrührerischer Mensch sei, erinnerte auch daran, wie viele Strapazen er selbst mitgemacht und wie er Caesars militärischer Ratgeber gewesen sei, wofür er diesen zum Zeugen anrief. 142 Aristobulus, sagte er, sei mit Recht zum zweitenmal nach Rom gebracht worden, da er den Römern beständig feindlich gesinnt gewesen sei; des Antigonus Bruder aber habe von Scipio die gebührende Strafe dafür erhalten, dass er auf einem Raubzuge ergriffen worden sei, und es sei gegen ihn weder nach Willkür noch ungerecht verfahren worden.

(5.) 143 Als Antipater sich so verteidigt hatte, bestätigte Caesar den Hyrkanus als Hohepriester, gab dem Antipater jede gewünschte Machtbefugnis und ernannte ihn zum Landpfleger von ganz Judaea. 144 Auch erlaubte er dem Hyrkanus, die Mauern seiner Vaterstadt, die noch von Pompejus her zerstört dalagen, wieder aufzubauen, und schrieb nach Rom an die Konsuln, sie sollten die guten Beziehungen auf dem Kapitol beurkunden. Der diesbezügliche Senatsbeschluss lautete also: 145 „Gemäss dem Antrage des Praetors Lucius Valerius, Sohnes des Lucius, verhandelt am dreizehnten Dezember im Tempel der Concordia, in Gegenwart, des Lucius Coponius, Sohnes des Lucius, aus der Collinischen Tribus, und des Papirius aus der Quirinischen Tribus. 146 Weil die jüdischen Gesandten Alexander, Sohn des Jason, Numenius, Sohn [231] des Antiochus, und Alexander, Sohn des Dorotheus, unsere ehrenwerten Bundesgenossen, darum gebeten haben, dass ihr von früher her mit den Römern bestehendes Freundschaftsbündnis erneuert werde, 147 und als Zeichen der Verbrüderung einen goldenen Schild im Werte von fünfzigtausend Goldstücken überbracht, weiterhin auch Briefe an die freien Städte und die Könige sich ausgebeten haben, um das Gebiet und die Häfen derselben in Sicherheit und unbehelligt besuchen zu können, 148 hat der Senat beschlossen, mit ihnen Freundschaft und Verbrüderung zu pflegen, ihre Forderungen zu bewilligen und den Schild anzunehmen.“ Das geschah im neunten Jahre der Regierung und des Hohepriestertums des Hyrkanus, im Monate Panemos. 149 Gleiche Ehre wurde dem Hyrkanus auch vom Volke der Athener zu teil, weil er ihnen viele Dienste geleistet hatte. Sie schickten ihm einen Beschluss folgenden Inhalts: „Unter der Prytanie und dem Priestertum des Dionysios, Sohnes des Asklepiades, am fünften Tage des Schlussmonats Panemos, wurde den Heerführern der Athener folgender Beschluss übergeben, 150 der unter dem Archonten Agathokles in einer am elften Munychion wie auch am elften Tage der Prytanie im Theater abgehaltenen Volksversammlung gefasst wurde. Schriftführer war Eukles, Sohn des Menander aus Alimusia, Stimmzähler Dorothees aus Erchiea und dessen Amtsgenossen. 151 Nachdem Dionysios, Sohn des Dionysios, auseinandergesetzt hatte, wie der jüdische Hohepriester und Fürst Hyrkanos, Sohn des Alexandros, sowohl dem Staate als jedem einzelnen Bürger fortgesetzt sich wohlwollend und freundlich bewiesen, und wie er diejenigen Athener, welche als Gesandte oder um privater Geschäfte willen nach Judaea kamen, gastfreundlich aufgenommen, ihnen auch sicheres Geleit zur Rückreise besorgt hat, was schon früher von uns anerkannt worden ist – 152 haben wir auf den Antrag des Theodoros, Sohnes des Theodosios aus Sunion, der das Volk von dem Edelmute dieses Mannes und seiner steten Bereitwilligkeit, uns nach Möglichkeit zu helfen, [232] in Kenntnis setzte, beschlossen, 153 demselben die gesetzliche Auszeichnung der goldenen Krone zu verleihen, seine Bildsäule aus Erz im Tempel des Volkes und der Chariten aufzustellen und die Verleihung der Krone durch den Mund des Herolds an den Dionysien im Theater bei der Aufführung neuer Tragödien, imgleichen auch bei den Panathenäen, den Eleusinischen Festen und den Ringkämpfen verkünden zu lassen. 154 Die Heerführer haben dafür zu sorgen, dass demselben, so lange er in Freundschaft und Wohlwollen gegen uns verharrt, jede denkbare Ehre und Gunstbezeugung erwiesen werde, und dass unser Volk sich auf diese Weise gegen hochverdiente Männer, wie dies billig ist, dankbar erzeige. 155 Ausserdem sollen Gesandte aus der Mitte der Athener erwählt werden, die ihm diesen Beschluss zu überbringen und ihn aufzufordern haben, dass er nach solchen Ehrenbezeugungen auch fürderhin um unseren Staat sich verdient machen möge.“ So viel mag über die Ehrungen, welche dem Hyrkanus von den Römern und Athenern erwiesen wurden, genügen.

Neuntes Kapitel.
Wie Antipater dem Herodes die Verwaltung von Galilaea, dem Phasaël die von Jerusalem übertrug. Wie Herodes bei Hyrkanus verklagt wurde.

(1.) 156 Als Caesar die Angelegenheiten Syriens geordnet hatte, zog er auf dem Seewege ab. Antipater, der ihm aus Syrien das Geleit gegeben hatte, kehrte nun wieder nach Judaea zurück, liess sogleich die von Pompejus zerstörte Stadtmauer aufführen und beschwichtigte die hier und da im Lande ausgebrochenen Unruhen teils durch Drohungen, teils durch gütliche Überredung. 157 Wenn sie zu Hyrkanus hielten, setzte er seinen Landsleuten auseinander, würden sie glücklich leben und in Frieden ihre Güter geniessen können. Liessen sie sich [233] jedoch zu Empörungen verleiten, so würden sie an ihm selbst statt eines Landpflegers einen strengen Herrn, an Hyrkanus statt eines Königs einen Tyrannen, an den Römern und Caesar aber statt Führern bittere Feinde haben, die den von ihnen eingesetzten Fürsten wohl zu schützen wissen würden. Durch solche Vorstellungen gelang es ihm leicht, die Juden zu beruhigen.

(2.) 158 Da er nun sah, wie träge und nachlässig sich Hyrkanus benahm, ernannte er seinen ältesten Sohn Phasaël zum Befehlshaber von Jerusalem und Umgebung, während er dem Zweitältesten, Herodes, Galilaea anvertraute. Dieser war noch sehr jung, indem er erst fünfundzwanzig Jahre zählte, 159 zeigte aber keinerlei Schwächen seines Alters, sondern fand, weil er entschlossenen Charakters war, bald Gelegenheit, seine Fähigkeiten zu zeigen. Als er nämlich dem Räuberhauptmann Ezechias, der mit einer grossen Schar die Nachbargegenden von Syrien durchzog, zufällig begegnete, liess er ihn ergreifen und mit vielen seiner Raubgenossen hinrichten. 160 Wegen dieser That hielten ihn die Syrer in hohen Ehren; hatte er ihnen doch das Land gesäubert, das sie so sehr von den Räubern befreit zu sehen wünschten. In Stadt und Dorf feierte man ihn, weil er Frieden und Sicherheit geschaffen hatte. So kam es, dass er auch dem Sextus Caesar, einem Verwandten des grossen Caesar und Landpfleger von Syrien, bekannt wurde. 161 Seine That machte aber auch die Eifersucht seines Bruders Phasaël rege, und seine Berühmtheit spornte diesen so sehr an, dass er sich keinen geringeren Ruf zu schaffen beschloss und die Jerusalemer sich sehr geneigt machte, indem er zwar selbständig regierte, aber weder unehrenhafter noch gewaltsamer Mittel sich bediente. 162 Durch alles dies erreichte Antipater, dass er vom Volke wie ein König verehrt und derart ausgezeichnet wurde, wie es sonst nur einem allmächtigen Herrscher zu geschehen pflegt. Dennoch liess er sich durch ein so grosses Glück nicht, wie dies meistens der Fall ist, zur Verminderung seiner Ergebenheit und Treue gegen den Fürsten verleiten.

[234] (3.) 163 Als aber die vornehmen Juden wahrnahmen, wie mächtig Antipater und dessen Söhne durch die Gunst des Volkes wie durch Hyrkanus’ und Judaeas Geldmittel wurden, regten sie sich gewaltig gegen ihn auf. 164 Antipater nämlich hatte Freundschaft mit den römischen Machthabern geschlossen und veranlasste den Hyrkanus, denselben Geld zu schicken. Dieses Geld nahm er dann an sich und schickte es in seinem eigenen, nicht in Hyrkanus’ Namen ab. 165 Als Hyrkanus davon hörte, machte ihm die Sache eher Freude als Verdruss. Indessen wuchs die Furcht der vornehmen Juden, weil es ihnen nicht entging, wie gewaltthätig, verwegen und herrschsüchtig Herodes war, und so gingen sie endlich zu Hyrkanus und verklagten Antipater offen, indem sie sagten: 166 „Wie lange willst du denn noch ruhig zusehen? Merkst du nicht, dass Antipater und seine Söhne alle Gewalt in Händen haben und dir selbst nur noch den Namen eines Königs lassen? Du darfst hiergegen nicht blind sein, noch dich selbst ausser Gefahr wähnen, wenn du so leichtsinnig an dir und dem Reiche handelst. Denn nicht deine Verwalter sind Antipater und dessen Söhne, wie du dir vielleicht trügerischerweise einredest, sondern sie werden für die wirklichen Herrscher gehalten. 167 Herodes hat zudem den Ezechias und dessen Genossen in durchaus gesetzwidriger Weise hinrichten lassen. Denn das Gesetz verbietet ausdrücklich, einen wenn auch noch so verbrecherischen Menschen umbringen zu lassen, ehe er vom Synedrium zum Tode verurteilt ist. Und doch hat Herodes ohne deine Ermächtigung das gewagt.“

(4.) 168 Durch diese Anklagen liess sich Hyrkanus denn auch bereden, besonders da sein Zorn noch durch die Mütter der von Herodes Gemordeten entfacht wurde. Denn diese liessen nicht nach, Tag für Tag im Tempel den König und das Volk zu bitten, sie möchten den Herodes für seine Thaten vor dem Synedrium zur Verantwortung ziehen. 169 Infolgedessen lud Hyrkanus den Herodes vor, um sich gegen die Anschuldigungen zu verteidigen. [235] Herodes kam nun auch; jedoch hatte sein Vater ihm geraten, er solle nicht nach Art eines Privatmannes, sondern mit einer Leibwache und Bedeckung zu Hyrkanus sich begeben. Nachdem er daher in Galilaea die notwendigen Anordnungen getroffen, stellte er sich mit einer Begleitung, die insofern hinreichte, als er mit derselben dem Hyrkanus nicht gefährlich erscheinen konnte und doch auch nicht ganz ohne Schutz war, dem Gerichte. 170 Sextus jedoch, der Landpfleger von Syrien, forderte den Hyrkanus schriftlich auf, Herodes freizusprechen, und drohte ihm für den Fall, dass er sich nicht füge. Dem Hyrkanus bot dieses Schreiben einen erwünschten Vorwand, den Herodes, den er wie einen Sohn liebte, zu entlassen, ohne dass das Synedrium eine Strafe über ihn verhängte. 171 Als nun Herodes mit seiner Bedeckung vor dem Synedrium sich stellte, erzitterte alles, und keiner seiner Ankläger, die ihn vorher geschmäht hatten, wusste etwas vorzubringen, sondern es herrschte tiefes Schweigen. 172 Bei dieser Lage der Dinge erhob sich der gerechte und deswegen über alle Furcht erhabene Sameas und sprach also: „Weder habe ich selbst jemals einen Menschen gesehen, o König und ihr Richter, noch glaube ich, dass ihr mir einen nennen könnt, der so als Angeklagter vor euch aufzutreten gewagt hätte. Wer sonst vor den Gerichtshof des hohen Rates kam, erschien in demütiger und zaghafter Haltung, als wenn er unser Mitleid herausforderte, mit lang herabhängendem Haar und in schwarzem Kleide. 173 Unser Freund Herodes aber, der des Mordes beschuldigt und eines so schweren Verbrechens angeklagt ist, steht da in Purpur, mit geschniegeltem Haupthaar und von Bewaffneten umgeben, um uns, wenn wir ihn dem Gesetze gemäss verurteilen, niederzumachen und alles Recht zu verhöhnen. 174 Doch ich will Herodes keinen Vorwurf daraus machen, dass er mehr auf seinen Vorteil als auf die Gesetze achtet. Euch vielmehr und den König muss ich tadeln, dass ihr euch so etwas bieten lasst. Denkt aber daran, dass es einen allmächtigen Gott giebt, und [236] dass der, den ihr jetzt dem Hyrkanus zu Gefallen freisprechen wollt, einst euch und den König dafür züchtigen wird.“ 175 Diese Worte gingen auch wirklich in Erfüllung. Denn als Herodes später König geworden war, liess er alle Mitglieder des Gerichtshofes samt Hyrkanus umbringen, mit alleiniger Ausnahme des Sameas. 176 Diesen nämlich achtete er sehr, einmal seiner Gerechtigkeit wegen, dann aber auch, weil er, als die Stadt nachmals von Herodes und Sosius belagert wurde, das Volk aufforderte, den Herodes einzulassen, da man um der begangenen Sünden willen ihm doch nicht entgehen könne. Darüber werde ich mich später an geeigneter Stelle noch verbreiten.

(5.) 177 Als nun Hyrkanus merkte, dass die Mitglieder des Synedriums den Herodes zum Tode verurteilen wollten, verschob er die Gerichtsverhandlung auf den folgenden Tag und liess dem Angeklagten heimlich den Rat geben, er solle sich aus der Stadt fortmachen und so der Gefahr aus dem Wege gehen. 178 Herodes begab sich darauf nach Damaskus, als ob er vor dem König fliehe. Sobald er aber bei Sextus Caesar angekommen war und sich in Sicherheit wusste, machte er kein Hehl daraus, dass er sich bei nochmaliger Vorladung vor das Synedrium nicht stellen würde. 179 Hierüber entrüsteten sich die Mitglieder des hohen Rates und suchten dem Hyrkanus begreiflich zu machen, dass er sein eigenes Interesse verkenne. Hyrkanus sah das auch wohl ein, wusste aber vor Unschlüssigkeit und Zaghaftigkeit nicht, was er thun sollte. 180 Als nun Sextus den Herodes zum Landpfleger von Coelesyrien ernannte (er hatte sich dieses Amt mit Geld erkauft), ergriff den Hyrkanus die Furcht, Herodes möchte ihn mit Krieg überziehen. Das geschah auch bald in der That: Herodes kam mit einem Heere, erzürnt über seine Vorladung vor den Gerichtshof des hohen Rates. 181 Doch sein Vater Antipater und sein Bruder hielten ihn von einem Angriff auf Jerusalem ab, beschwichtigten seinen Groll und baten ihn, nichts Feindseliges zu unternehmen und den [237] König, durch dessen Güte er doch zu seiner Würde gelangt sei, mit dem blossen Schrecken davonkommen zu lassen. 182 Wenn er sich darüber entrüste, dass man ihn vor Gericht geladen habe, so müsse er doch auch bedenken, dass er entkommen sei, und für seine Rettung sich dankbar beweisen, statt sich durch Gewaltthätigkeit unerkenntlich zu zeigen. 183 Er solle auch wohl erwägen, dass Gott die Wechselfälle des Krieges lenke, sodass der Ausgang des Feldzuges unsicher sei und er auf den Sieg nicht rechnen könne, wenn er den ihm befreundeten König angreife, der ihm nur Wohlthaten erwiesen und nicht das Geringste gegen ihn verbrochen habe. 184 Hierdurch liess sich Herodes denn auch erweichen und hielt seine Zukunftspläne schon hinreichend dadurch gefördert, dass er dem Volke wenigstens seine Macht gezeigt habe. So standen damals die Dinge in Judaea.

Zehntes Kapitel.
Die Beziehungen der Juden zu den Römern und anderen Völkern.

(1.) 185 Inzwischen hatte Caesar sich nach Rom begeben und bereitete eine Unternehmung gegen Afrika vor, wo er Scipio und Cato angreifen wollte, als Hyrkanus zu ihm schickte und ihn um Bestätigung des bestehenden Freundschaftsbündnisses bitten liess. 186 Ich habe es nun für notwendig gehalten, hier einmal alle Ehrenbezeugungen, die unserem Volke von den Römern und deren Herrschern erwiesen worden sind, sowie die Bündnisse aufzuzählen, damit es allgemein bekannt werde, wie die Herrscher in Asien und Europa aus Achtung vor unserer Tapferkeit und Treue uns ausgezeichnet haben. 187 Viele zwar wollen aus Abneigung gegen uns das nicht glauben, was die Perser und Macedonier über uns geschrieben haben, weil die Werke dieser Geschichtschreiber nicht überall zu haben sind und in den öffentlichen [238] Archiven sich nicht vorfinden, sondern nur bei uns und einigen wenigen fremden Völkern auf bewahrt werden. 188 Doch wagen sie nichts gegen die Beschlüsse der Römer einzuwenden. Denn diese sind sowohl in den öffentlichen Archiven und auf dem Kapitol niedergelegt, als auch auf eherne Säulen eingegraben. So hat zum Beispiel Julius Caesar die zu Alexandria wohnenden Juden durch eine auf einer Säule von Erz angebrachte Inschrift öffentlich für alexandrinische Bürger erklärt. 189 Aus diesen Quellen will ich also den Beweis führen und die Beschlüsse des Senates sowie des Julius Caesar, die sich auf Hyrkanus und unser Volk beziehen, beifügen.

(2.) 190 „Gajus Julius Caesar, Imperator und Pontifex maximus, zum zweitenmal Diktator, an den Magistrat, den Senat und das Volk der Sidonier. Wenn es euch gut geht, bin ich zufrieden; ich und mein Heer sind gleichfalls wohl. 191 Ich schicke euch anbei die Abschrift eines in den Archiven niedergelegten Dekretes, welches Hyrkanus, den Sohn des Alexander, Hohepriester und Fürsten der Juden betrifft, damit dasselbe eurem Archive einverleibt werde. Ich will ausserdem, dass es in griechischer und lateinischer Sprache auf ehernen Tafeln eingegraben werde. 192 Nämlich: Julius Caesar, zum zweitenmal Imperator und Pontifex maximus, verordnet nach Anhörung seines Rates wie folgt. Weil der Jude Hyrkanus, Sohn des Alexander, sowohl jetzt als auch früher, im Frieden wie im Kriege, sich stets treu und ergeben gegen uns bewiesen hat, was ihm auch schon viele unserer Machthaber bezeugten, 193 weil er ferner jüngst im Alexandrinischen Kriege uns mit tausendfünfhundert Mann zu Hilfe gekommen ist und bei einer Sendung an Mithradates sich vor allen übrigen ausgezeichnet hat, 194 in Erwägung dessen ernenne ich Hyrkanus, den Sohn Alexanders, und dessen Söhne zu Ethnarchen der Juden, gestatte ihnen, das jüdische Hohepriestertum ihrem Gebrauche gemäss für immer beizubehalten, und befehle, dass er selbst und seine Söhne zu unsern [239] Bundesgenossen und besonderen Freunden gerechnet werden. 195 Alles, was nach ihren Gesetzen den Hohepriestern zusteht oder ihnen durch die Güte anderer Wohlthäter verliehen worden ist, soll ihm und seinen Söhnen verbleiben. Wenn über jüdische Einrichtungen unter den Juden ein Streit ausbricht, so soll er die Macht haben, darüber zu entscheiden. Dass in Judaea überwintert werde, oder dass man Geld von den Juden eintreibe, will ich hiermit verbieten.“

(3.) 196 „Des Konsuls Gajus Caesar Verordnungen, Zugeständnisse und Beschlüsse bestimmen wie folgt. Des Hyrkanus Söhne sollen die Fürsten der Juden sein und im Besitze des ihnen angewiesenen Landes bleiben. Der Hohepriester und Landesfürst der Juden soll sich der Bedrängten annehmen. 197 An Alexanders Sohn Hyrkanus, den Hohepriester der Juden, sollen Gesandte geschickt werden, um über ein Schutz- und Trutzbündnis mit ihm zu verhandeln. Der Wortlaut dieses Vertrages soll auf eherne Tafeln eingegraben und diese im Kapitol, in Tyrus, Sidon, Askalon und in den Tempeln in römischer und griechischer Sprache aufgehängt werden. 198 Weiterhin ist Sorge dafür zu tragen, dass dieser Erlass an die Quaestoren und Praetoren der einzelnen Städte sowie an unsere Freunde gelange, damit den Gesandten die übliche Bewirtung zu teil und diese Vorschriften überall bekannt gemacht werden.“

(4.) 199 „Gajus Caesar, Imperator, Diktator und Konsul, genehmigt hiermit zwecks Anerkennung der Tapferkeit und aus besonderem Wohlwollen, sowie zu Nutz und Frommen des Senates und Volkes der Römer, dass Hyrkanus, der Sohn Alexanders, und dessen Söhne Hohepriester und Priester für Jerusalem und das ganze Volk sein sollen mit denselben Rechten und Befugnissen, die auch ihre Vorgänger im Priestertum besessen haben.“

(5.) 200 „Gajus Caesar, zum fünftenmal Konsul, verordnet hiermit, dass den Juden erlaubt sein soll, die Stadt Jerusalem besetzt zu halten und zu befestigen, ferner [240] dass der jüdische Hohepriester und Fürst Hyrkanus, Alexanders Sohn, dieselbe nach seinem Gutdünken regieren darf, 201 sowie dass den Juden in jedem zweiten Jahre von den Getreide-Abgaben ein Kor erlassen werden und in Zukunft weder Steuerverpachtungen bei ihnen stattfinden, noch immer die nämlichen Steuern bezahlt werden sollen.“

(6.) 202 „Gajus Caesar, zum zweitenmal Imperator, verordnet wie folgt. I. Zum Vorteil der Stadt Jerusalem hat ganz Judaea mit Ausnahme von Joppe jährlich eine Abgabe zu entrichten, es sei denn, dass es das siebente sogenannte Sabbatjahr ist, in welchem weder Baumfrüchte geerntet noch Felder bebaut werden. 203 II. In Sidon muss alle zwei Jahre der vierte Teil der Feldfrüchte als Abgabe geliefert werden, und ausserdem sind dem Hyrkanus und dessen Söhnen die Zehnten ebenso zu entrichten, wie sie deren Vorfahren entrichtet worden sind. 204 III. Kein Beamter, Feldherr oder Legat darf im Gebiete der Juden Hilfstruppen ausheben, noch ist es den Soldaten erlaubt, von den Juden Geld, sei es zur Überwinterung, sei es unter irgend einem anderen Vorwand, einzutreiben; dieselben sollen vielmehr von allen Plackereien verschont bleiben. 205 IV. Alles, was sie in Zukunft besitzen, kaufen oder sonstwie erwerben werden, bleibt in ihrem ungestörten Besitz. 206 V. Die Stadt Joppe, welche die Juden schon früher, als sie mit den Römern Bundesgenossenschaft schlossen, besessen haben, soll ihnen wie früher gehören; 207 auch sollen Alexanders Sohn Hyrkanus und dessen Söhne als Eigentümer dieser Stadt von den Ackerbauern derselben als Zoll für das aus der Umgegend und dem Hafen jährlich nach Sidon ausgeführte Getreide sechsundzwanzigtausendfünfundsiebzig Modii erhalten, mit Ausnahme des Sabbatjahres, in welchem weder das Feld bebaut noch Baumfrüchte geerntet werden. 208 VI. Die Dörfer in der grossen Ebene, welche dem Hyrkanus und dessen Vorfahren gehörten, sollen Hyrkanus und die Juden laut Senatsbeschluss unter demselben Rechte wie auch früher besitzen. 208 Ferner [241] sollen die Rechtsbeziehungen, welche von jeher zwischen den Juden und ihren Hohepriestern bestanden, sowie die Zugeständnisse, die ihnen vom römischen Volke und Senate gemacht worden sind, in Giltigkeit bleiben. Dieselben Rechte sollen sie auch in Lydda geniessen. 209 VII. Alle Plätze, ländlichen Weiler und Dörfer, die früher den dem römischen Volke befreundeten Königen von Syrien und Phoenicien gehörten, und deren Nutzniessung sie durch Schenkung derselben erhalten haben, sollen nach Senatsbeschluss Eigentum des Fürsten Hyrkanus und der Juden sein. 210 VIII. Dem Hyrkanus, seinen Söhnen und den von ihm geschickten Gesandten steht das Recht zu, bei den Gladiatorenspielen und Tierkämpfen ihren Zuschauerplatz unter den Senatoren zu nehmen, und wenn sie sich vom Diktator oder vom Reiteroberst das Wort erbitten, so sollen sie in den Senat eingeführt werden und in zehn Tagen nach erfolgtem Senatsbeschluss Antwort erhalten.“

(7.) 211 „Gajus Caesar, zum viertenmal Imperator, zum fünftenmal Konsul, Diktator auf Lebenszeit, verordnet folgendes in betreff der Rechte des jüdischen Hohepriesters und Fürsten Hyrkanus, des Sohnes des Alexander: 212 In Erwägung, dass die früheren Imperatoren sowohl in den Provinzen, als vor Volk und Senat dem jüdischen Hohepriester Hyrkanus und den Juden das beste Zeugnis erteilt, und Volk wie Senat denselben ihren Dank erstattet haben, wollen auch wir bedacht und besorgt sein, dass dem Hyrkanus, seinen Söhnen und dem Volke der Juden von dem römischen Senat und Volk für ihre Ergebenheit und ihre Dienstleistungen der gebührende Dank zu teil werde.“

(8.) 213 „Gajus Julius, Praetor und Konsul der Römer, an den Magistrat, den Senat und das Volk von Paros. Die Juden in Delos und einige der jüdischen Mietwohner sind in Gegenwart eurer Gesandten bei mir vorstellig geworden und haben angezeigt, dass ihr durch Verordnungen sie hindert, ihre althergebrachten Gebräuche und ihren Gottesdienst zu vollziehen. 214 Es hat mein Missfallen [242] erregt, dass ihr solche Bestimmungen gegen unsere Freunde und Bundesgenossen erlasst und ihnen verbietet, nach ihren Gesetzen zu leben und Geld zu gemeinsamen Mahlen wie zum Gottesdienste beizutragen, besonders da ihnen dies noch nicht einmal in Rom untersagt ist. 215 Denn unser Praetor und Konsul Gajus Caesar hat, als er die Verordnung erliess, durch welche alle Versammlungen in der Stadt Rom verboten wurden, jene Zusammenkünfte, Geldsammlungen und Veranstaltungen von Gastmahlen ausdrücklich von dem Verbote ausgenommen. 216 Ebenso gestatte auch ich, obgleich ich alle sonstigen Versammlungen verbiete, den Juden allein, sich nach den Sitten und Gebräuchen ihrer Väter zu versammeln und dabei zu verbleiben. Es ist daher erforderlich, dass ihr alle gegen unsere Freunde und Bundesgenossen erlassenen Verordnungen wegen ihrer Verdienste um uns und ihrer Treue sogleich aufhebt.“

(9.) 217 Nach Gajus Caesars Tode beriefen die Konsuln Marcus Antonius und Publius Dolabella den Senat, führten die Gesandten des Hyrkanus ein, hielten über deren Begehren Vortrag und schlossen dann aufs neue ein Freundschaftsbündnis mit ihnen, worauf der Senat ihnen alle ihre Forderungen zu erfüllen beschloss. 218 Ich füge den Beschluss bei, um dem Leser dieses Geschichtsbuches den Beweis für meine Angaben zu erbringen. Er lautete also:

(10.) 219 „Senatsbeschluss, entnommen aus dem Archive und den Verzeichnissen der Quaestoren, unter den Quaestoren Quintus Rutilius und Gajus Cornelius, und zwar aus dem Anfange des zweiten Verzeichnisses. Verhandelt am elften April im Tempel der Concordia, 220 in Gegenwart des Lucius Calpurnius Piso aus der Menenischen Tribus, des Servius Papinius Potitus aus der Lemonischen Tribus, des Gajus Caninius Rebilius aus der Terentinischen Tribus, des Publius Tidetius und des Lucius Apulinus, Sohnes des Lucius aus der Sergischen Tribus, des Flavius, Sohnes des Lucius aus der Lemonischen [243] Tribus, des Publius Platius, Sohnes des Publius aus der Papirischen Tribus, des Marcus Acilius, Sohnes des Marcus aus der Maecischen Tribus, des Lucius Erucius, Sohnes des Lucius aus der Stellatinischen Tribus, des Marcus Quintius Plancillus aus der Pollischen Tribus, 221 und des Publius Serius, auf den Antrag der Konsuln Publius Dolabella und Marcus Antonius. In Übereinstimmung mit den genannten Konsuln haben wir beschlossen, die von Gajus Caesar gemäss einem Senatsbeschlusse zu gunsten der Juden erlassene, damals aber nicht in das öffentliche Archiv aufgenommene Verordnung nunmehr darin niederzulegen und den städtischen Quaestoren behufs Abschrift zuzustellen. 222 So geschehen am neunten Februar im Tempel der Concordia. Anwesend waren als Gesandte des Hohepriester Hyrkanus: Lysimachus, Sohn des Pausanias, Alexander, Sohn des Theodorus, Patroclus, Sohn des Chaerea, und Jonathas, Sohn des Onias.“

(11.) 223 Einen von diesen Gesandten schickte Hyrkanus auch an Dolabella, der damals Asien verwaltete, und liess ihn bitten, die Juden vom Kriegsdienste zu befreien, ihnen ihre väterlichen Gebräuche zu lassen und ihnen zu ermöglichen, dass sie danach leben könnten. 224 Als Dolabella diesen Brief des Hyrkanus erhalten hatte, schickte er sogleich ohne weitere Beratung an alle asiatischen Städte, und zwar zuerst an Ephesus, das damals in Asien die erste Stelle einnahm, einen Erlass in betreff der Juden folgenden Inhalts:

(12.) 225 „Unter dem Prytanen Artemon am ersten Lenaion. Dolabella der Imperator an den Senat, den Magistrat und das Volk von Ephesus. 226 Alexander, Sohn des Theodorus, Gesandter des Hyrkanus, des Sohnes Alexanders, Hohepriesters und Fürsten der Juden, hat mir mitgeteilt, seine Landsleute könnten am Kriegsdienste nicht teilnehmen, weil sie am Sabbat weder Waffen tragen noch marschieren dürften, auch ihre von Gesetz und Gewohnheit ihnen vorgeschriebenen Speisen sich nicht verschaffen könnten. 227 Infolgedessen befreie ich sie ebenso, [244] wie meine Vorgänger gethan haben, vom Kriegsdienste, gestatte ihnen, wenn sie sich zu Opfer und Gottesdienst nach ihrem Brauche versammeln, sich ihrer hergebrachten Einrichtungen zu bedienen sowie Geld zur Beschaffung der Opfer beizutragen, und befehle, dass dieser Erlass bei allen Städten cirkuliere.“

(13.) 228 Das war die Gunstbezeugung, welche Dolabella unserem Volke erwies, als Hyrkanus einen Gesandten zu ihm geschickt hatte. Weitere Schriftstücke sind: „Der Konsul Lucius Lentulus erklärt: Ich habe diejenigen Juden, welche römische Bürger sind und in der Stadt Ephesus nach jüdischem Kultus leben, in öffentlicher Sitzung ihrer Religion wegen vom Kriegsdienste befreit. Verhandelt am zwanzigsten September unter den Konsuln Lucius Lentulus und Gajus Marcellus, 229 in Gegenwart des Legaten Titus Appius Balgus, Sohnes des Titus aus der Horatischen Tribus, des Titus Tongius, Sohnes des Titus aus der Crustuminischen Tribus, des Quintus Raesius, Sohnes des Quintus, des Titus Pompejus, Sohnes des Titus, des Gajus Servilius, Sohnes des Gajus aus der Terentinischen Tribus, des Publius Clusius Gallus, Sohnes des Publius aus der Veturischen Tribus, und des Gajus Sentius, Sohnes des Gajus aus der Sabatinischen Tribus.“ – 230 „Der Legat und Propraetor Titus Appius Bulbus, Sohn des Titus, an den Magistrat, den Senat und das Volk der Ephesier. Der Konsul Lucius Lentulus hat die in Asien wohnenden Juden auf meine Verwendung hin vom Kriegsdienste befreit. Von dem Propraetor Fannius und dem Proquaestor Lucius Antonius habe ich auf desfallsiges Ersuchen dasselbe erlangt, und ihr habt deshalb dafür zu sorgen, dass niemand sie in dieser Hinsicht belästige.“

(14.) 231 Beschluss der Delier. „Verordnung, erlassen am zwanzigsten Thargelion unter dem Archonten Boeotos. Der Legat Marcus Piso hat, als er in unserer Stadt die Aushebung leitete, uns und viele andere Bürger zusammenberufen 232 und befohlen, die Juden, welche römische Bürger seien, nicht mit Kriegsdienst zu belästigen, weil [245] der Konsul Cornelius Lentulus dieselben ihrer Religion wegen davon befreit habe. Dieser Verordnung ist unweigerlich Folge zu leisten.“ Einen ähnlichen Beschluss fassten in betreff der Juden die Sardianer.

(15.) 233 „Gajus Fannius, Sohn des Gajus, Imperator und Konsul, an den Magistrat der Koër. Ich will euch davon in Kenntnis setzen, dass Gesandte der Juden mit der Bitte zu mir gekommen sind, ich möge ihnen die ihretwegen erlassenen Senatsbeschlüsse aushändigen. Diese Beschlüsse gehen euch anliegend zu. Gemäss denselben habt ihr euch dieser Gesandten anzunehmen und dafür zu sorgen, dass sie unbehelligt durch euer Gebiet in ihre Heimat zurückkehren können.“

(16.) 234 „Der Konsul Lucius Lentulus erklärt: Die das römische Bürgerrecht geniessenden Juden, welche ich in der Stadt Ephesus nach jüdischem Kultus lebend angetroffen habe, befreie ich ihrer Religion wegen vom Kriegsdienste. So geschehen am neunzehnten September.“

(17.) 235 „Lucius Antonius, Sohn des Marcus, Proquaestor und Propraetor, an den Magistrat, den Senat und das Volk der Sardianer. Weil die das römische Bürgerrecht geniessenden Juden bei mir vorstellig geworden sind und mir erklärt haben, sie hätten von jeher ihrem Gesetze gemäss eigene Zusammenkünfte und einen eigenen Gerichtshof, vor dem sie ihre Streitigkeiten schlichteten und ihre Verträge schlössen, so bestimme ich auf ihr Ersuchen um Genehmigung dieser Einrichtungen, dass sie hierbei zu belassen sind.“

(18.) 236 „Marcus Publius, Sohn des Spurius, Marcus, Sohn des Marcus, und Lucius, Sohn des Publius, erklären: Nachdem wir den Prokonsul Lentulus angegangen und ihm mitgeteilt haben, dass Dositheus, der Sohn des Kleopatridas aus Alexandria, ersucht hat, 237 die Juden mit römischem Bürgerrecht, die nach jüdischem Kultus leben, ihrer Religion wegen vom Kriegsdienste zu befreien, hat er diesem Verlangen am neunzehnten September stattgegeben.“

[246] (19.) 238 „Verhandelt unter dem Konsulate des Lucius Lentulus, Sohnes des Quintilius, und des Gajus Marcellus, in Gegenwart des Legaten Titus Appius Balbus, Sohnes des Titus aus der Horatischen Tribus, des Titus Tongius aus der Crustuminischen Tribus, des Quintus Raesius, Sohnes des Quintus, des Titus Pompejus, Sohnes des Titus, des Cornelius Longinus, des Kriegstribunen Gajus Servilius Bracchus, Sohnes des Gajus aus der Terentinischen Tribus, des Publius Clusius Gallus, 239[WS 1] Sohnes des Publius aus der Veturischen Tribus, des Kriegstribunen Gajus Teutius, Sohnes des Gajus aus der Aemilischen Tribus, des Sextus Atilius Serranus, Sohnes des Sextus aus der Aesquilinischen Tribus, des Gajus Pompejus, Sohnes des Gajus aus der Sabatinischen Tribus des Titus Appius Menander, Sohnes des Titus, des Publius Servilius Strabo, Sohnes des Publius, des Lucius Paccius Capito, Sohnes des Lucius aus der Collinischen Tribus, des Aulus Furius Tertius, Sohnes des Aulus, und des Appius Menas. 240 In Gegenwart vorbenannter Männer verkündet Lentulus folgenden Beschluss: Die Juden mit römischem Bürgerrecht, die nach jüdischem Kultus in Ephesus leben, sind ihrer Religion wegen vom Kriegsdienste befreit.“

(20.) 241 „Der Magistrat von Laodikea an den Konsul Gajus Rabilius, Sohn des Gajus. Sopater, der Abgesandte des Hohepriesters Hyrkanus, hat uns deinen Brief überbracht, aus welchem hervorgeht, dass von dem jüdischen Hohepriester Hyrkanus Gesandte angekommen sind und ein Schreiben in betreff ihres Volkes überreicht haben, 242 worin gebeten wurde, es möge den Juden gestattet sein, ihre Sabbate und ihre übrigen gottesdienstlichen Verrichtungen nach den väterlichen Gesetzen beizubehalten, sodann dass niemand ein Recht über sie eingeräumt werde, weil sie unsere Freunde und Bundesgenossen seien, und dass keiner sie in unserer Provinz behelligen dürfe, da du doch die Trallianer, die sich den ihretwegen erlassenen Verordnungen widersetzt hätten, zur Befolgung derselben angehalten habest, weshalb [247] sie auch bäten, dass du uns ebenfalls ihretwegen ein Schreiben zukommen lassen wollest. 243 Wir haben daher deinem Befehle gemäss den überbrachten Brief in Empfang genommen und denselben in unserem Archiv niedergelegt. Auch werden wir uns angelegen sein lassen, deine übrigen Aufträge zu deiner Zufriedenheit zu erledigen.“

(21.) 244 „Publius Servilius Galba, Sohn des Publius, Prokonsul, an den Magistrat, den Senat und das Volk der Milesier. 245 Da euer Mitbürger Prytanis, Sohn des Hermas, in der Stadt Tralles, wo ich eine Versammlung abhielt, mir mitgeteilt hat, ihr behandeltet die Juden nicht in unserem Sinne, sondern verhindertet sie, ihre Sabbate zu feiern, ihre herkömmlichen Opfer darzubringen und nach ihrer Gewohnheit zu leben, und dass er selbst diesen Beschluss auf gesetzmässigem Wege zustande gebracht habe, 246 so thue ich euch hiermit zu wissen, dass ich nach Anhörung beider Parteien entschieden habe: Die Juden dürfen in der Ausübung ihrer Gebräuche nicht behindert werden.“

(22.) 247 Beschluss der Pergamener. „Verordnung, erlassen unter dem Prytanen Kratippos am ersten Tage des Monats Daisios. Da die Römer nach dem Vorgange ihrer Ahnen für das allgemeine Wohl jeder Gefahr Trotz bieten und um die Wette sich bemühen, ihren Freunden und Bundesgenossen Wohlstand und Frieden zu sichern, 248 so hat der Senat auf Anstehen der ehrenwerten Gesandten der Juden und des Hohepriesters Hyrkanus, nämlich des Strato, Sohnes des Theodotus, des Apollonius, Sohnes des Alexander, des Aeneas, Sohnes des Antipater, des Aristobulus, Sohnes des Amyntas, und des Sosipater, Sohnes des Philippus, 249 und nach Anhörung ihrer Vorstellungen im einzelnen beschlossen, ihrem Verlangen gemäss dem Könige Antiochus, dem Sohne des Antiochus, vorzuschreiben, er dürfe den Juden als römischen Bundesgenossen keinerlei Unbill anthun und müsse, was er ihnen an Festungen, Häfen und Land entrissen habe, wieder herausgeben. 250 Imgleichen sei den [248] Juden die Ausfuhr aus ihren Häfen zu gestatten, nur dürfe niemand, sei er nun König oder Unterthan, aus den Häfen irgend etwas ohne Zollabgabe ausführen, mit alleiniger Ausnahme des alexandrinischen Königs Ptolemaeus, weil er ihr Freund und Bundesgenosse sei. 251 Endlich müsse auch die Besatzung aus Joppe zurückgezogen werden. Das Mitglied unseres Senates Lucius Pettius hat daher angeordnet, dass wir für gehörige Ausführung des Beschlusses des römischen Senates zu sorgen und den Gesandten eine sichere Heimreise zu verschaffen hätten. 252 Wir haben darauf den Theodorus in unseren Senat und unsere Volksversammlung eingeführt, von ihm das Schreiben mit dem Senatsbeschlusse in Empfang genommen und von ihm gehört, wie tugendhaft und hochherzig Hyrkanus sei, 253 da er in gleicher Weise für das Wohl des Staates wie jedes einzelnen Bürgers sorge. Alsdann haben wir das Schreiben in unserem Archiv niedergelegt und als Bundesgenossen der Römer beschlossen, auch unserseits den Juden in jeder Beziehung Vorschub zu leisten. 254 Theodorus, der Überbringer des Schreibens, sprach dann noch die Bitte aus, unsere Obrigkeit möge an Hyrkanus eine Abschrift des Beschlusses durch Gesandte schicken, die ihn von der Gesinnung unseres Volkes benachrichtigen, ihn zur Bewahrung und Steigerung seiner freundschaftlichen Zuneigung 255 und zur Erweisung neuer Gefälligkeiten für entsprechende Gegenleistungen veranlassen und ihn daran erinnern könnten, wie schon zu den Zeiten Abrams, des Stammvaters aller Hebräer, unsere Vorfahren nach Ausweis unserer Annalen mit diesen freundschaftliche Beziehungen unterhalten hätten.“

(23.) 256 Beschluss der Bewohner von Halikarnassos. „Auf Antrag des Marcus Alexander beschloss die Gemeinde unter dem Priestertum des Memnon, Sohnes des Orestidas und Adoptivsohnes des Euonymos, am …ten Tage des Monats Anthesterion wie folgt. 257 Weil wir die Frömmigkeit gegen Gott und die Religion allzeit eifrig pflegen, so haben wir nach dem Beispiele des um alle [249] Menschen hochverdienten römischen Volkes und im Hinblick darauf, dass dasselbe den Juden, die mit ihm verbündet sind, freie Ausübung ihres Gottesdienstes und unbeschränkte Feier ihrer Feste gewährleistet hat, 258 beschlossen, dass es allen Juden, sei es Mann oder Weib freistehen soll, die Sabbate zu halten, Opfer nach ihrem Gesetze darzubringen und Gebete am Meere, wie es bei ihnen üblich ist, zu veranstalten. Wer sie darin behindert, sei er obrigkeitliche oder Privatperson, soll mit Geldstrafe büssen und der Stadt dafür haften.“

(24.) 259 Beschluss der Bewohner von Sardes. „Senat und Volk haben auf Antrag der Vorsteher beschlossen wie folgt. Da unsere jüdischen Mitbürger, die vom Volk allezeit viele und grosse Wohlthaten erfuhren, Senat und Volk gebeten haben, es möge ihnen jetzt, da das Volk und der Senat der Römer ihnen ihre Freiheiten und die Möglichkeit, nach ihrem Gesetze zu leben, wiedergegeben haben, 260[WS 2] bei der Abhaltung ihrer religiösen und von ihrem Gesetze vorgeschriebenen Zusammenkünfte nichts in den Weg gelegt und ihnen ein Ort angewiesen werden, wo sie mit ihren Frauen und Kindern sich versammeln und ihre herkömmlichen Gebete und Opfer Gott darbringen können, 261 so hat der Senat und das Volk beschlossen, ihnen zu gestatten, dass sie an bestimmten Tagen zusammenkommen und allen ihnen von ihrem Gesetze gebotenen Verrichtungen obliegen dürfen, sodann auch, ihnen von den städtischen Beamten besondere Bau- und Wohnplätze nach ihrer Wahl anweisen zu lassen und den Agoranomen[8] der Stadt aufzutragen, ihnen alles zu ihrem Lebensunterhalt Notwendige verabfolgen zu lassen.“

(25.) 262 Beschluss der Bewohner von Ephesus. „Unter dem Prytanen Menophilos, am ersten Tage des Monats Artemisios, beschloss das Volk auf Antrag des Nikanor, Sohnes des Euphemos, und der Stadtvorsteher wie folgt. 263 In Erwägung, dass die in der Stadt lebenden [250] Juden auf ihre bei dem Prokonsul Marcus Julius Pompejus, dem Sohne des Brutus, angebrachte Bitte, ohne irgendwelche Behinderung die Sabbate beobachten und nach ihren väterlichen Einrichtungen leben zu dürfen, 264 dies vom Praetor bewilligt erhalten haben, beschloss das Volk und der Senat mit besonderer Rücksichtnahme auf die Römer, dass niemand an der Feier des Sabbates behindert noch deswegen mit einer Geldstrafe belegt, vielmehr den Juden alle Freiheit in der Befolgung ihrer eigenen Gesetze gewährt werden solle.“

(26.) 265 Es giebt noch viele derartige Senatsbeschlüsse und Verordnungen einzelner Machthaber, die zu gunsten des Hyrkanus und unseres Volkes erlassen worden sind, desgleichen Volksdekrete und obrigkeitliche Edikte in betreff unserer Rechte, auf deren Inhalt der aufmerksame Leser dieser Schrift leicht aus den vorstehenden Angaben schliessen kann. 266 Da wir nämlich klare und überzeugende Beweise für unsere freundschaftlichen Beziehungen zum römischen Volke beigebracht und auch der ehernen Säulen und Tafeln Erwähnung gethan haben, die sich noch jetzt auf dem Kapitol finden und dort auch wohl noch lange Zeit bleiben werden, so haben wir es für überflüssig und unerquicklich gehalten, alle einzelnen Beweismittel hier noch anzuführen, und deshalb davon Abstand genommen. 267 Wir halten auch niemand für so böswillig, dass er nun noch an unserer Freundschaft mit den Römern, die durch so viele Dekrete erwiesen ist, Zweifel hegen könnte, da aus den gegebenen Mitteilungen unsere Wahrheitsliebe klar hervorleuchtet. So steht also die Freundschaft, die uns mit den Römern verband, über allen Zweifel erhaben da.

[251]
Elftes Kapitel.
Wie Cassius nach Syrien kam und Judaea schwer bedrückte. Antipater von Malichus und dieser von Herodes getötet.

(1.) 268 Um diese Zeit entstanden in Syrien Unruhen aus folgender Veranlassung. Bassus Caecilius, einer von Pompejus’ Anhängern, brachte den Sextus Caesar meuchlerisch ums Leben, stellte sich an die Spitze des Heeres und bemächtigte sich der Herrschaft. Darüber kam es bei Apamea zu einem furchtbaren Kriege, indem Caesars Heerführer den Bassus mit Reiterei und Fussvolk angriffen. 269 Auch Antipater stellte ihnen dazu unter dem Befehl seiner Söhne eine Hilfstruppe, da er sich der ihm von Caesar erwiesenen Wohlthaten erinnerte und es deshalb für seine Pflicht erachtete, ihn zu rächen und seinen Mörder zu züchtigen. 270 Während der Krieg sich nun in die Länge zog, kam Murcus von Rom, um den Sextus zu ersetzen, und gleichzeitig ward Caesar von Brutus und Cassius in der Kurie ermordet,[9] nachdem er drei Jahre und sechs Monate die höchste Gewalt innegehabt hatte.

(2.) 271 Als nun bei dem durch Caesars Ermordung verursachten Kriege sich alle bedeutenderen Männer hierhin und dorthin zerstreuten, um Truppen zu werben, kam Cassius nach Syrien, um das bei Apamea stehende Heer zu übernehmen, 272 hob die Belagerung auf und stiftete Frieden zwischen Bassus und Murcus. Dann durchzog er die Städte, sammelte Waffen, warb Soldaten an, legte den Städten schwere Kriegsabgaben auf und drückte insbesondere Judaea durch Eintreiben einer Steuer von siebenhundert Talenten Silber. 273 Als Antipater deswegen alles in Furcht und Bestürzung sah, verteilte er die Beitreibung der Abgabe auf seine Söhne, auf den ihm wenig freundlich gesinnten Malichus und [252] auf einige andere Vertraute. 274 Da nun Herodes zuerst aus Galilaea seinen Anteil beibrachte, kam er bei Cassius in hohe Gunst. Herodes hielt es nämlich für klug, den Römern diesen Dienst zu erweisen und sich ihr Wohlwollen auf fremde Kosten zu erringen. 275 In den übrigen Städten wurden deren Vorsteher samt den Bewohnern gepfändet, und Cassius brachte so vier Städte, von denen die mächtigsten Gophna und Emmaus, die übrigen Lydda und Thamna waren, in Knechtschaft. 276 Ja, er ging in seinem Zorn so weit, dass er den Malichus, gegen den er aufgebracht war, getötet haben würde, wenn Hyrkanus ihm nicht aus seinen Mitteln durch Antipater hundert Talente geschickt und dadurch seinen Groll beschwichtigt hätte.

(3.) 277 Cassius aber war kaum aus Judaea wieder abgezogen, als Malichus dem Antipater nachstellte, weil er durch dessen Ermordung die Herrschaft des Hyrkanus befestigen zu können glaubte. Dieser Plan blieb jedoch Antipater nicht verborgen, und er begab sich, sobald er Kunde davon erhalten hatte, über den Jordan und warb ein Heer aus Arabern und Einheimischen. 278 Malichus leugnete nun in seiner Schlauheit, je an solche Nachstellungen gedacht zu haben, reinigte sich vor Antipater und dessen Söhnen durch einen Eid, und erklärte, ein derartiger Anschlag sei doch nicht möglich, da Phasaël Jerusalem besetzt halte und Herodes die Waffen unter Aufsicht habe. Als er aber sah, dass er damit nichts ausrichtete, versöhnte er sich mit Antipater und einigte sich mit ihm. 279 Murcus, der um diese Zeit Praetor in Syrien war, erkannte indes bald, dass Malichus auf eine Umwälzung in Judaea sinne, und hätte ihn töten lassen, wenn er nicht durch Antipaters Bitten veranlasst worden wäre, ihm das Leben zu schenken.

(4.) 280 Antipater sah aber nicht ein, dass er damit nur seinen eigenen Mörder rettete. Cassius und Murcus hatten nämlich kaum ihr Heer beisammen, als sie Herodes die gesamte Verwaltung übergaben, ihn zum Statthalter von Coelesyrien ernannten und ihm eine [253] Flotte sowie ein aus Reiterei und Fussvolk bestehendes Landheer anvertrauten. Auch versprachen sie, ihn gleich nach dem Kriege, der zwischen Antonius und dem jungen Caesar (Octavianus) ausgebrochen war, zum Könige von Judaea machen zu wollen. 281 Nun geriet Malichus erst recht in Furcht vor Antipater und suchte ihn aus dem Wege zu räumen. Als sie eines Tages beide bei Hyrkanus speisten, bestach Malichus den Mundschenk des Hyrkanus, liess den Antipater vergiften und bemächtigte sich mit Hilfe von Bewaffneten, die er bereit gehalten, der ganzen Stadt. 282 Herodes und Phasaël entrüsteten sich bei der Nachricht von dem gegen ihren Vater verübten Meuchelmord; doch leugnete Malichus auf Befragen hartnäckig die That. 283 So kam Antipater ums Leben, der sich stets durch Frömmigkeit, Gerechtigkeit und Vaterlandsliebe ausgezeichnet hatte. Von seinen Söhnen nun beschloss Herodes alsbald, seinen Vater zu rächen, und zog mit Heeresmacht gegen Malichus zu Felde. Phasaël jedoch, der ältere Bruder, wollte ihn lieber mit List fangen, um nicht den Vorwurf auf sich zu laden, er habe einen Bürgerkrieg heraufbeschworen. 284 Er nahm daher zum Schein des Malichus Rechtfertigung an, that, als wenn er an dessen Unschuld glaubte, und errichtete seinem Vater ein Grabmal. Unterdessen war Herodes nach Samaria gekommen, und da er die Stadt in sehr verwahrlostem Zustande antraf, verschönerte er sie und legte die Streitigkeiten ihrer Bewohner bei.

(5.) 285 Als aber bald darauf in Jerusalem das (Pfingst-)Fest bevorstand, näherte er sich mit seinen Soldaten der Stadt. Malichus in seiner Angst riet nun dem Hyrkanus, ihn nicht einzulassen. Hyrkanus willfahrte dem Malichus und gab als Vorwand an, er könne, da das Volk sich zum Feste reinige, nicht gut eine solche Menge von Fremdlingen in die Stadt aufnehmen. 286 Herodes aber kümmerte sich nicht um des Hyrkanus Boten und rückte bei Nacht in die Stadt ein. Obwohl nun Malichus hierüber in grosse Bestürzung geriet, fiel [254] er doch nicht aus der Rolle, sondern jammerte um Antipater und rief öffentlich aus, dieser sei sein bester Freund gewesen. Insgeheim dagegen war er auf seine Sicherheit bedacht. 287 Herodes beschloss nun, seine Heuchelei nicht zu entlarven, sondern, um ihm allen Argwohn zu benehmen, ihn mit Freundlichkeit zu empfangen.

(6.) 288 Inzwischen teilte Herodes dem Cassius brieflich mit, dass sein Vater ermordet worden sei. Dieser, der des Malichus Charakter genau kannte, schrieb ihm zurück, er solle seinen Vater rächen, und trug den zu Tyrus stehenden Tribunen heimlich auf, Herodes Hilfe zu leisten, wenn er Vergeltung üben wolle. 289 Als nun Cassius Laodikea eingenommen hatte, und man von allen Seiten mit Kränzen und Geld zu ihm hinströmte, hoffte Herodes, auch Malichus werde dorthin kommen und dann seiner Strafe nicht entgehen. 290 Malichus jedoch, der sich bei Tyrus in Phoenicien aufhielt, hatte Verdacht geschöpft und ersann einen kühnen Streich. Da nämlich sein Sohn zu Tyrus als Geisel festgehalten wurde, beschloss er, diesen aus der Stadt zu rauben, nach Judaea zu eilen und, während Cassius gegen Antonius marschiere, das Volk zum Abfall zu bewegen und selbst die Herrschaft an sich zu reissen. 291 Dieser Plan aber ward zunichte durch die Fügung Gottes und die Klugheit des Herodes, der des Malichus Vorhaben merkte und einen Diener in die Stadt sandte, angeblich um ein Mahl herzurichten, zu dem er alle seine Freunde geladen hatte, in Wirklichkeit aber, um einige Tribunen zu veranlassen, dass sie, mit Dolchen bewaffnet, dem Malichus entgegengehen möchten. 292 Diese begaben sich auch gleich auf den Weg, trafen den Malichus nahe bei der Stadt am Meeresufer und stiessen ihn nieder. Als Hyrkanus hiervon Kunde erhielt, entsetzte er sich so, dass er kein Wort hervorbringen konnte. Kaum aber war er wieder zu sich gekommen, als er bei Herodes anfragen liess, wer den Malichus getötet habe. 293 Da man ihm nun die Antwort brachte, die That sei auf Befehl des Cassius geschehen, billigte er dieselbe und sagte, [255] Malichus sei ein nichtswürdiger Mensch und ein Feind seines Vaterlandes gewesen. Also traf den Malichus für die Ermordung Antipaters die gerechte Strafe.

(7.) 294 Kaum aber hatte Cassius Syrien verlassen, als in Judaea wieder Unruhen ausbrachen. Ein gewisser Helix, der in Jerusalem mit einer Heeresabteilung zurückgeblieben war, griff Phasaël an und veranlasst dadurch eine Erhebung des Volkes. 295 Herodes begab sich darauf zu Fabius, dem Kommandanten von Damaskus, von wo aus er seinem Bruder zu Hilfe eilen wollte, ward aber durch eine Krankheit daran verhindert. Unterdessen hatte Phasaël den Helix schon überwunden und in einen Turm gedrängt, aus dem er ihn nach Abschluss eines Vergleiches wieder entliess. Dann aber machte er dem Hyrkanus Vorwürfe, weil dieser trotz vieler von Antipaters Familie ihm erwiesener Wohlthaten deren Feinde unterstütze. 296 Des Malichus Bruder nämlich hatte eine Reihe von Festungen, darunter auch das ausserordentlich starke Masada, zum Abfall gebracht und von denselben Besitz ergriffen. Als Herodes jedoch bald darauf genesen war, zog er gegen ihn zu Felde und vertrieb ihn aus allen festen Plätzen, die er an sich gerissen hatte. Alsdann aber liess er ihn einer Vereinbarung gemäss frei ausgehen.

Zwölftes Kapitel.
Herodes vertreibt Antigonus, den Sohn des Aristobulus, aus Judaea und erwirbt sich die Gunst des Antonius. Des Antonius Erlasse an die Tyrier.

(1.) 297 Mittlerweile zog Ptolemaeus Mennaei mit Aristobulus’ Sohn Antigonus, der ein Heer zusammengebracht und den Fabius durch Geld sich willfährig gemacht hatte, aus verwandtschaftlichen Rücksichten auf Judaea los. Dabei leistete ihnen Marion, den Cassius als Alleinherrscher in Tyrus zurückgelassen hatte, bereitwillig Hilfe. Cassius hatte nämlich das eroberte Syrien der [256] Obhut einzelner Machthaber anvertraut. 298 Marion fiel nun in das ihm zunächst liegende Galilaea ein, eroberte drei Festungen und versah dieselben mit Besatzungen. Herodes jedoch griff ihn an und nahm ihm alles wieder ab, entliess aber die tyrischen Besatzungsmannschaften mit grosser Freundlichkeit und gab einigen von ihnen wegen seiner Vorliebe für Tyrus sogar Geschenke mit. 299 Hierauf zog er dem Antigonus entgegen, schlug ihn und trieb ihn von den Grenzen Judaeas, die er schon erreicht hatte, wieder zurück. Als er nach Jerusalem zurückkehrte, überreichten Hyrkanus und das Volk ihm Kränze als Siegespreise. 300 Er war übrigens schon durch Verlobung zum Schwiegersohn des Hyrkanus bestimmt und erwies diesem um so mehr Aufmerksamkeit, als er auch der Gatte einer Tochter von Aristobulus’ Sohn Alexander, die mütterlicherseits eine Enkelin des Hyrkanus war und ihm später drei Söhne und zwei Töchter schenkte, werden sollte. Früher schon hatte er eine Gattin aus niederem Stande mit Namen Doris heimgeführt und von ihr seinen ältesten Sohn Antipater erhalten.

(2.) 301 Unterdessen war Cassius, wie auch anderswoher bekannt ist, von Antonius und Caesar bei Philippi besiegt worden, worauf Caesar nach Italien eilte, während Antonius sich nach Asien begab. Als der letztere nun nach Bithynien gekommen war, erschienen von allen Seiten Gesandte bei ihm, 302 unter anderen auch die Vornehmsten der Juden, die sich über Phasaël und Herodes beklagten und darauf hinwiesen, dass Hyrkanus nur noch eine Scheinregierung führe, während jene beiden in Wirklichkeit alle Macht in Händen hätten. 303 Antonius aber schätzte den Herodes sehr hoch, und da dieser zu ihm kam, um sich gegen seine Ankläger zu verteidigen, hatte er es bald so weit gebracht, dass seine Gegner nicht einmal mehr Zutritt zu Antonius erlangten, den er durch reiche Geldgeschenke noch mehr für sich gewonnen hatte. 304 Sobald darauf Antonius nach Ephesus gekommen war, schickten der Hohepriester Hyrkanus und unser Volk eine Gesandtschaft an ihn, die ihm einen [257] goldenen Kranz überbrachte und ihn bat, er möge an die Vorsteher der Provinzen schreiben, dass sie die von Cassius gegen alles Kriegsrecht gefangen genommenen Juden freilassen und ihnen das Land, welches ihnen zu Cassius’ Zeiten abgenommen worden war, zurückgeben sollten. 305 Diese Forderungen der Juden erkannte Antonius als gerecht an; er schrieb daher dem Hyrkanus und den Juden sogleich Antwort und sandte auch an die Tyrier eine entsprechende Verordnung. Brief und Verordnung hatten folgenden Wortlaut:

(3.) 306 „Der Imperator Marcus Antonius an den jüdischen Hohepriester und Fürsten Hyrkanus. Wenn es dir gut geht, soll’s mich freuen; ich und mein Heer befinden uns ebenfalls wohl. 307 Nachdem eure Gesandten Lysimachus, Sohn des Pausanias, Josephus, Sohn des Mennaeus, und Alexander, Sohn des Theodorus, zu mir nach Ephesus gekommen sind und in derselben Eigenschaft, wie früher zu Rom, deine Aufträge getreulich ausgerichtet sowie Beweise deiner guten Gesinnung erbracht haben, bin ich von eurer aufrichtigen Freundschaft 308 sowohl aus ihren Worten als auch nach den Thatsachen hinreichend überzeugt und halte es für meine Pflicht, eure Treue und Ergebenheit hiermit ausdrücklich anzuerkennen. 309 Weil nun eure und des römischen Volkes Feinde ganz Asien verwüstet und weder Städte und Tempel verschont, noch Eidschwüre gehalten haben, so haben wir, die wir nicht nur für unser eigenes Wohl, sondern auch für das der ganzen Welt kämpfen, sie dafür gebührend gezüchtigt. Begingen sie doch solche Schandthaten gegen ihre Mitmenschen und solche Frevel gegen die Götter, dass selbst die Sonne sich verhüllte, um den an Caesar begangenen Mord nicht sehen zu müssen. 310 So haben wir auch die himmelschreienden Pläne, zu deren Ausführung Macedonien, das für alle Schandthaten geeignete Land, sich darbot, zunichte gemacht und die Rotte sinnloser Verbrecher, welche sie bei Philippi in Macedonien zusammengezogen hatten, aufs Haupt geschlagen, obgleich sie alle geeigneten und durch das Gebirge wie durch [258] einen Wall bis ans Meer hin geschützten Plätze besetzt hatten, sodass nur durch einen einzigen Pass der Zugang offen stand. Doch die Götter selbst hatten sie um ihrer Frevel willen dem Verderben geweiht. 311 Brutus, der nach Philippi geflohen und dort von uns belagert worden war, wurde gleich Cassius vom Untergange ereilt. Nachdem dieselben so ihre verdiente Strafe erlitten haben, hoffen wir in Zukunft Frieden zu geniessen und Asien sich vom Kriege erholen zu sehen. 312 Den Frieden, den Gott uns geschenkt, wollen wir nun auch unseren Bundesgenossen verschaffen, sodass infolge unseres Sieges Asien gleichsam von einer schweren Krankheit zur Genesung gelangt. Da ich nun besonders deiner und deines Volkes eingedenk bin, so will ich mir angelegen sein lassen, für euer Wohlergehen zu sorgen. 313 Ich habe deshalb den einzelnen Städten geschrieben, dass sie alle Freien oder Sklaven, die von Cassius oder dessen Heerführern verkauft worden sind, sogleich in Freiheit zu setzen haben. Weiterhin bestätige ich euch alle Zugeständnisse, die ihr von meiner und Dolabellas Güte erlangt habt. Den Tyriern habe ich verboten, euch zu behelligen; auch müssen sie alles, was sie den Juden entrissen haben, denselben wieder zustellen. Den mir übersandten Kranz, aber nehme ich mit Dank an.“

(4.) 314 „Der Imperator Marcus Antonius an den Magistrat, den Senat und das Volk der Tyrier. Nachdem in Ephesus die Gesandten des Hohepriesters und Fürsten Hyrkanus bei mir Klage darüber geführt haben, dass ihr Landesteile von dessen Gebiet an euch gerissen hättet, 315 während unsere Gegner im Besitz der Gewalt waren, so befehle ich euch jetzt, weil wir für den rechtmässigen Herrscher Krieg geführt und um der Gerechtigkeit und Gottesfurcht willen diejenigen gezüchtigt haben, die weder der empfangenen Wohlthaten noch ihrer Eidschwüre gedachten, dass ihr mit unseren Bundesgenossen Frieden haltet und alles, was ihr von unseren Feinden bekommen habt, als unrechtmässiges Gut den früheren Eigentümern wieder zustellt. 316 Denn keiner von jenen Menschen hat [259] jemals eine Provinz oder ein Heer vom Senate erhalten; vielmehr haben sie alles nur mit Gewalt an sich gerissen, um sich den Genossen ihrer Schandthaten gegenüber freigebig beweisen zu können. 317 Nachdem sie nun ihre verdiente Strafe erlitten haben, halten wir es für billig, dass unseren Bundesgenossen ihr früheres Eigentum in ungestörtem Besitze verbleibt, und dass ihr alle Landesteile, welche am Tage vor dem ungerechten Angriff des Gajus Cassius gegen unsere Provinz dem jüdischen Fürsten Hyrkanus gehörten und die ihr jetzt in Besitz habt, demselben zurückgebt, euch auch aller ferneren Eingriffe in die Eigentumsrechte der Juden enthaltet. 318 Habt ihr etwas hiergegen zu eurer Rechtfertigung vorzubringen, so könnt ihr dies bei unserer nächsten Anwesenheit dortselbst thun, da wir beschlossen haben, die Rechte aller unserer Bundesgenossen in gleichem Masse zu schützen.“

(5.) 319 „Der Imperator Marcus Antonius an den Magistrat, den Senat und das Volk der Tyrier. Anbei erhaltet ihr eine Verordnung, von der ihr eine Abschrift in lateinischer und griechischer Sprache in eurem Archiv niederzulegen, das Original aber an einer besonders auffallenden Stelle anzuheften habt, sodass es von allen gelesen werden kann.“ 320 „Der Imperator und Triumvir Marcus Antonius erklärt: Weil Gajus Cassius bei dem letzten Aufstand eine mit Besatzung versehene fremde Provinz geplündert, unsere Bundesgenossen beraubt und das mit den Römern befreundete Volk der Juden bekriegt hat, 321 so stellen wir, da sein Übermut nunmehr von uns mit Waffengewalt bezwungen worden ist, kraft unserer Verordnungen und gerichtlichen Urteile alles von ihm Geraubte unseren Bundesgenossen wieder zu, geben auch alles, was zum Schaden der Juden an Menschen oder Sachen verkauft worden ist, wieder frei, sodass die Menschen ihre Freiheit wiedererlangen, die Sachen aber an die früheren Herren zurückfallen. 322 Wer dieser Verordnung nicht nachkommt, hat die gesetzliche Strafe verwirkt, und es bleibt in den einzelnen Fällen meinem [260] Ermessen überlassen, wie hoch der Widersetzliche zu bestrafen ist.“

(6.) 323 Eine Abschrift dieser Verordnung erhielten auch die Bewohner von Sidon, Antiochia und Aradus. Ich glaube derselben hier eine passende Stelle angewiesen zu haben, da sie als Beweis der Fürsorge dienen kann, welche die Römer unserem Volke zu teil werden liessen.

Dreizehntes Kapitel.
Wie Antonius Herodes und Phasaël zu Tetrarchen ernannte. Wie die Parther in Judaea einfielen und Hyrkanus sowie Phasaël gefangen nahmen. Herodes’ Flucht und Phasaëls Ende.

(1.) 324 Als nun Antiochus sich später nach Syrien begeben wollte, kam ihm in Cilicien Kleopatra entgegen, zu der er in Liebe entbrannte. Hier erschienen abermals hundert der vornehmsten Juden bei ihm, um Herodes und dessen Angehörige zu verklagen; sie hatten zu diesem Zwecke die gewandtesten Redner ausgesucht. 325 Ihnen widersprach aber namens der Jünglinge Messala in Gegenwart des Hyrkanus, der bereits des Herodes Schwiegervater war. Nachdem Antonius in Daphne beide Parteien angehört hatte, fragte er Hyrkanus, welche von beiden das Volk besser zu regieren verstehe. 326 Und als dieser entgegnete, Herodes und seine Verwandten, ernannte Antonius, der auch schon früher den letzteren aus Anlass der gastlichen Aufnahme, welche er und Gabinius bei ihrem Vater gefunden, sehr zugethan war, die beiden Brüder zu Tetrarchen[10], übertrug ihnen in verbriefter Form die Verwaltung von Judaea und liess fünfzehn von ihren Gegnern einkerkern, die auch hingerichtet worden wären, [261] wenn Herodes sich nicht für sie ins Mittel gelegt hätte.

(2.) 327 Gleichwohl beruhigten sich die Juden nach der Heimkehr der Gesandten nicht. Vielmehr zogen nun abermals tausend Juden zu Antonius nach Tyrus, wohin er, wie es hiess, kommen sollte. Antonius aber, der von Herodes und dessen Bruder mit grossen Geldsummen bestochen war, erteilte dem Vorsteher von Tyrus den Befehl, die jüdischen Abgeordneten, die nur auf Umwälzungen bedacht seien, hinrichten zu lassen und des Herodes Herrschaft zu unterstützen. 328 Als die Abgesandten nun auf einem freien Platze vor der Stadt sich versammelt hatten, ermahnte sie Herodes, der mit Hyrkanus ihnen vorausgeeilt war, sie sollten sich entfernen, da es ihnen übel ergehen würde, wenn sie es auf einen Streit ankommen lassen wollten. 329 Die Abgesandten aber machten keine Miene, diesem Rate zu folgen, weshalb die Römer sie sogleich mit gezückten Schwertern angriffen und einen Teil von ihnen niedermachten oder verwundeten, sodass die übrigen nach Hause flohen und sich hier ruhig verhielten. Beim Volke aber erhob sich darauf ein solches Murren gegen Herodes, dass Antonius aus Zorn darüber die Gefangenen töten liess.

(3.) 330 Im folgenden Jahre fielen Pakorus, der Sohn des Partherkönigs, und der parthische Satrap Barzapharnes in Syrien ein. Um diese Zeit nämlich starb Ptolemaeus Mennaei, und sein Sohn Lysanias schloss nach der Thronbesteigung sogleich Freundschaft mit Antigonus, dem Sohne des Aristobulus, wobei er sich der Hilfe jenes Satrapen bediente, der bei Antigonus grossen Einfluss besass. 331 Antigonus versprach nun den Parthern tausend Talente und fünfhundert Weiber, wenn sie ihn an Stelle des Hyrkanus auf den Thron setzen und den Herodes samt dessen Angehörigen umbringen wollten. 332 Dieses Versprechen hielt er jedoch nicht; gleichwohl drangen die Parther auf diese Veranlassung hin in Judaea ein, um dem Antigonus die Herrschaft zu erobern, und zwar Pakorus von der Küste, der Satrap Barzapharnes [262] aber vom Binnenlande her. 333 Von Tyrus wurde Pakorus abgewiesen, während Sidon und Ptolemaïs ihn aufnahmen. Darauf sandte er eine Reiterschar nach Judaea, um das Land unter Führung des mit dem Könige, gleichnamigen königlichen Mundschenken auszukundschaften. 334 Als nun die am Karmel wohnenden Juden sich an Antigonus anschlossen, der mit der Reiterschar gezogen war, und sich bereit zeigten, mit ihm auszurücken, hoffte er mit ihrer Hilfe einen Platz nehmen zu können, der Drymos genannt wurde. Weil sie aber hier auf Widerstand stiessen, wandten sie sich heimlich nach Jerusalem und fanden unterwegs noch Zuwachs, und da sie nun eine ansehnliche Truppe bildeten, zogen sie vor die Königsburg und belagerten dieselbe. 335 Herodes und Phasaël aber eilten sogleich zu Hilfe, und es entwickelte sich auf dem Markte eine förmliche Schlacht, in welcher des Herodes jugendliche Streiter die Feinde schlugen, sie in den Tempel drängten und die benachbarten Häuser mit Bewaffneten besetzten, um sie zu verteidigen. Gegen diese aber ging nun das Volk vor und verbrannte sie samt den Häusern, ohne dass sie Hilfe erhalten hätten. 336 Herodes jedoch nahm für diese Schmach bald Rache, indem er seine Gegner in förmlicher Schlacht angriff und eine Menge von ihnen tötete.

(4.) 337 Während der nun täglich zwischen den beiden Parteien vorfallenden Scharmützel erwarteten die Feinde die Menge der zum Fest Pentekoste in die Stadt strömenden Landbewohner. 338 Als der Festtag anbrach, versammelten sich um den Tempel viele tausend Mann, teils bewaffnet, teils unbewaffnet. Diese hatten Tempel und Stadt in ihrer Gewalt mit Ausnahme der Königsburg, welche Herodes mit geringen Streitkräften verteidigte. 339 Während nun Phasaël die Mauer bewachte, machte Herodes mit einer Abteilung seiner Krieger durch die Vorstadt einen Ausfall gegen die Feinde und stritt so tapfer, dass er sie zu tausenden in die Flucht schlug und, von Phasaël unterstützt, die einen in die Stadt, die anderen in den Tempel, noch andere in die äussere [263] Umwallung drängte. 340 Inzwischen war der parthische Heerführer Pakorus auf Antigonus’ Ersuchen mit einer Anzahl Soldaten in die Stadt gekommen, angeblich um den Aufstand zu dämpfen, in Wahrheit aber, um dem Antigonus auf den Thron zu helfen. 341 Phasaël ging ihm entgegen und bot ihm Gastfreundschaft an, worauf Pakorus ihm riet, selbst als Gesandter zu Barzapharnes zu gehen; doch hatte er dabei nichts Gutes im Sinne. Phasaël aber merkte die List nicht und war zu dem Gange bereit. Herodes dagegen, der die Treulosigkeit der Barbaren kannte, versagte seine Einwilligung dazu und forderte seinen Bruder auf, gegen Pakorus und dessen Begleiter mit Strenge einzuschreiten.

(5.) 342 Trotzdem gingen Hyrkanus und Phasaël als Gesandtschaft ab, und Pakorus, der bei Herodes zweihundert Reiter und zehn sogenannte Eleutheren (Freie) zurückgelassen hatte, gab ihnen das Geleit. Als sie nach Galilaea gekommen waren, zogen ihnen die Kommandanten der dortigen Städte mit Bewaffneten entgegen. 343 Barzapharnes selbst nahm sie zunächst freundlich auf und brachte ihnen Geschenke, bereitete aber in der Stille einen Anschlag gegen sie vor. Phasaël hatte mit seiner Reiterschar in der Nähe des Meeres Quartier genommen. Als sie nun hier hörten, Antigonus habe den Parthern tausend Talente und fünfhundert Weiber versprochen, um sie zu verderben, fingen sie an, Verdacht gegen die Barbaren zu hegen. 344 Vermehrt wurde ihre Sorge noch, als ihnen gemeldet wurde, man wolle sie in der Nacht überfallen und bewache sie deswegen schon insgeheim. Es wäre auch wirklich um sie geschehen gewesen, wenn man nicht hätte warten wollen, bis die in Jerusalem befindlichen Parther den Herodes gefangen genommen hätten, weil dieser sonst bei der Nachricht von der Ermordung seines Bruders und der Begleiter desselben sich durch Flucht gerettet haben würde. 345 So lag die Sache, und Phasaël sah sogar die, welche ihn bewachten, mit eigenen Augen. Einige rieten ihm daher, nicht mehr zu zögern, sondern eiligst zu Pferde davonzujagen; [264] besonders aber Ophellius, der von Saramallas, dem begütertsten Manne im damaligen Syrien, den Anschlag erfahren hatte, gab ihm diesen Rat und versprach ihm, Schiffe in Bereitschaft zu halten, da das Meer nicht weit entfernt war. 346 Phasaël aber wollte den Hyrkanus nicht im Stich lassen und auch seinem Bruder keine Gefahr bereiten, sondern ging geradeswegs zu Barzapharnes und stellte ihm vor, wie unrecht er handle, da er ihnen also nachstelle. Wenn der Satrap Geld bedürfe, könne er ihm mehr geben, als Antigonus zu bieten vermöge, und es sei doch eine frevelhafte That, schuldlose Gesandte zu morden, die im Vertrauen auf seine Treue zu ihm gekommen seien. 347 Darauf aber entgegnete ihm Barzapharnes, er wolle ihm eidlich versichern, das daran nichts Wahres sei; vielmehr quäle Phasaël sich mit einem falschen Verdachte. Nach dieser Beteuerung begab er sich zu Pakorus.

(6.) 348 Sobald er fort war, fesselten einige Parther den Hyrkanus und den Phasaël, welche ihrerseits die Parther wegen ihres hinterlistigen Benehmens mit Schmähungen überschütteten. Der Mundschenk nun, der zu Herodes geschickt worden war, hatte den Auftrag, den letzteren aus der Stadt zu locken und festzunehmen. 349 Da Phasaël aber Boten geschickt hatte, um ihm von der Treulosigkeit der Parther Kunde zu geben, und diese von den Feinden aufgefangen wurden, wandte sich Herodes an Pakorus und die parthischen Grossen als an die Gebieter der übrigen. 350 Obwohl diese nun von dem Vorfall unterrichtet waren, leugneten sie doch mit der grössten Bosheit und sagten, er brauche nur mit ihnen bis vor die Stadt den Boten entgegenzugehen. Denn diese seien gar nicht von ihren Feinden abgefangen worden, sondern würden bald da sein, um zu melden, was Phasaël erreicht habe. 351 Diesen Ausflüchten aber schenkte Herodes keinen Glauben, zumal er schon von anderer Seite die Gefangennahme seines Bruders erfahren hatte. Da ihn nun auch die Tochter des Hyrkanus, seine zukünftige Schwiegermutter, warnte, nahm er sich noch [265] mehr vor den Parthern in acht, und obwohl die anderen nicht viel auf die Reden der Frau gaben, so schenkte er ihr doch vollen Glauben, weil er sie für verständig hielt.

(7.) 352 Während nun die Parther, die sich scheuten, einen solchen Mann offen anzugreifen, beratschlagten, was zu thun sei, und die Ausführung ihres Planes auf den folgenden Tag verschoben, beschloss Herodes, der sich in einer üblen Lage befand und den Nachrichten über die Gefangennahme seines Bruders und die Nachstellungen der Parther mehr glaubte als den gegenteiligen Versicherungen, bei Anbruch der Nacht zu fliehen und nicht mehr zu zögern, als wenn die ihm von seinen Feinden drohende Gefahr noch zweifelhaft sein könnte. 353 Er sammelte daher alle Soldaten, die er noch hatte, liess seine Weiber, seine Mutter, seine Schwester, ferner die Tochter von Aristobulus’ Sohn Alexander, die seine Gattin werden sollte, deren Mutter, die Tochter des Hyrkanus, seinen jüngsten Bruder sowie die ganze Dienerschaft und alles übrige Gesinde auf Reittiere setzen und machte sich, unbemerkt von den Feinden, auf den Weg nach Idumaea. 354 Es gab aber wohl niemand, der, wenn er zugegen gewesen wäre, kein Mitleid gefühlt hätte, als die Frauen ihre kleinen Kinder an sich drückten und unter Weinen und Schluchzen ihr Vaterland und ihre gefangenen Verwandten verliessen, um einer ungewissen Zukunft entgegenzugehen.

(8.) 355 Herodes jedoch, der sich bald über sein Unglück hinwegsetzte, bewies sich nicht nur selbst der drohenden Gefahr gegenüber starkmütig, sondern ermahnte auch unterwegs jeden einzelnen, unverzagt zu sein und sich vom Gram nicht überwältigen zu lassen; denn das sei ihnen auf der Flucht, in der allein ihr Heil beruhe, doch nur hinderlich. 356 Auf dieses Zureden des Herodes hin versuchten auch alle, dem Unglück standzuhalten. Beinahe aber hätte er, als ein Maultier ausglitt und seine Mutter in Lebensgefahr geriet, sich selbst ums Leben gebracht, einesteils aus übergrosser Angst um [266] seine Mutter, dann aber auch, weil er besorgte, dass bei dem dadurch verursachten Aufenthalt die Feinde ihn einholen würden. 357 Er hatte schon sein Schwert gezückt und wollte sich mit demselben durchbohren, als die Umstehenden ihn daran hinderten und ihm vorstellten, er dürfe sie doch nicht den Händen der Feinde überantworten. Das sei kein Benehmen eines wahrhaft tapferen Mannes, sich selbst der Gefahr zu entziehen und seine Freunde in derselben zu lassen. 358 So wurde er teils durch diese Vorstellungen, teils durch die Menge derer, die sein Vorhaben verhinderten, genötigt, vom Selbstmorde abzustehen, und da seine Mutter unterdessen wieder zu sich gekommen und, so gut es bei ihrer bedenklichen Lage geschehen konnte, erquickt war, setzte er den eingeschlagenen Weg fort und eilte auf die Festung Masada zu. Freilich war er oft genötigt, gegen einzelne Abteilungen der Parther, die ihn verfolgten und angriffen, Front zu machen, wobei er indes stets siegreich blieb.

(9.) 359 Aber vor den Juden selbst war er auf seiner Flucht nicht einmal sicher, da dieselben ihn sechzig Stadien von der Stadt entfernt angriffen. 360 Trotz seiner bedrängten und verzweifelten Lage jedoch schlug er sie in die Flucht, gerade als wenn er wohlgerüstet und mit starker Truppenmacht ins Feld gezogen wäre. Später, als er König geworden war, baute er an derselben Stelle, wo er die Juden geschlagen hatte, einen prachtvollen Palast und gründete eine Stadt dabei, welche er Herodias nannte. 361 Als er nun bis zur idumaeischen Stadt Thresa gelangt war, kam ihm sein Bruder Joseph entgegen, um mit ihm zu überlegen, was zu thun sei. Denn Herodes hatte ausser den Söldnern noch eine grosse Schar im Gefolge, wogegen die Festung Masada, die ihnen Aufnahme gewähren sollte, viel zu klein war. Herodes aber wusste sich zu helfen. 362 Er entliess nämlich den grössten Teil seiner Leute, über neuntausend Mann, mit Proviant und der Weisung, sich in Idumaea zu zerstreuen und zu sehen, wie sie zurecht kämen. [267] Dann nahm er die rüstigsten und vertrautesten seiner Krieger mit sich in die Festung, liess hier, wo Getreide, Wasser und alle übrigen Lebensmittel reichlich vorhanden waren, die Weiber und deren Begleitung, im ganzen gegen achthundert Personen, zurück und brach selbst nach Petra in Arabien auf. 363 Unterdessen hatten die Parther bei Tagesanbruch in Jerusalem alles geplündert, auch die Königsburg, und nur des Hyrkanus Schatz, der sich auf dreihundert Talente belief, unberührt gelassen. 364 Von des Herodes Besitztum war ihnen indes manches entgangen, besonders da er aus Vorsicht schon früher vieles nach Idumaea hatte schaffen lassen. Doch genügte den Parthern Jerusalem allein zur Plünderung noch nicht, sondern sie zogen auch in der Umgegend umher, hausten hier schrecklich und zerstörten die mächtige Stadt Marissa.

(10.) 365 Als Antigonus auf diese Weise durch den Partherkönig zur Herrschaft von Judaea gelangt war, wurden ihm Hyrkanus und Phasaël gefangen ausgeliefert. Nun war er aber in grosser Besorgnis, weil die Frauen entflohen waren, die er zugleich mit dem Gelde den Feinden zu übergeben versprochen hatte. 366 Und da er weiterhin fürchtete, das Volk möchte den Hyrkanus, der von den Parthern bewacht wurde, wieder auf den Thron setzen wollen, liess er diesem die Ohren abschneiden, damit er als Verstümmelter die hohepriesterliche Würde nicht mehr bekleiden könne, zu der das Gesetz nur Fehlerfreie zulässt. 367 Phasaël seinerseits bewies einen bewunderungswürdigen Heldenmut, da er bei der Nachricht, dass er hingerichtet werden solle, vor dem Tode nicht die geringste Furcht zeigte, sondern es nur für schimpflich und beklagenswert hielt, dass er von seinen Feinden so ums Leben gebracht werde. Weil er nun der Fesseln wegen nicht selbst Hand an sich legen konnte, zerschmetterte er sich den Kopf an einem Felsblock und brachte sich auf diese in seiner verzweifelten Lage ehrenvollste Art ums Leben, da er den Feinden die Möglichkeit benahm, ihn nach ihrem Belieben [268] zu töten. 368 Man sagt, als er mit der schweren Wunde dagelegen, habe Antigonus unter dem Schein, ihn heilen lassen zu wollen, Ärzte geschickt, die ihn mit Gift vollends aus dem Leben geschafft hätten. 369 Ehe aber Phasaël seinen Geist aufgab, hörte er von einem Weibe, dass sein Bruder Herodes den Feinden entschlüpft sei, und ging nun um so mutiger dem Tode entgegen, weil er den Rächer zurückliess, der die Macht besass, seine Feinde zu züchtigen.

Vierzehntes Kapitel.
Wie Herodes von Aegypten und von da nach Rom floh, und wie er vom Senate und dem Caesar zum König ernannt wurde.

(1.) 370 Herodes liess sich durch die Grösse der ihn umgebenden Gefahren nicht einschüchtern, sondern war nur desto entschlossener, alles zu wagen. Zunächst begab er sich zu dem arabischen Könige Malchus, dem er früher viele Dienste geleistet hatte, und hoffte jetzt als Gegenleistung von ihm Geld entweder leihweise oder als Geschenk zu erhalten, zumal da er ihn früher damit reichlich unterstützt hatte. 371 Weil er nun von dem Schicksal seines Bruders noch keine Kenntnis hatte, wollte er denselben eiligst aus den Händen der Feinde befreien, selbst wenn er ein Lösegeld bis zu dreihundert Talenten für ihn zahlen müsse. Zu diesem Zweck nahm er den siebenjährigen Sohn Phasaëls mit, den er den Arabern als Pfand lassen wollte. 372 Unterwegs jedoch begegneten ihm Boten, durch welche Malchus ihn auffordern liess, heimzukehren, weil die Parther ihm verboten hätten, den Herodes aufzunehmen. Das gebrauchte er indes nur als Vorwand, teils weil er nicht gesonnen war, seine Schuld abzutragen, teils weil die vornehmen Araber ihn aufhetzten, da sie das von Antipater ihnen anvertraute Gut unterschlagen wollten. 373 Herodes antwortete darauf, er [269] sei nicht gekommen, um ihnen in irgend einer Hinsicht lästig zu fallen, sondern nur, um sich mit dem Könige über einige dringende Angelegenheiten zu besprechen.

(2.) 374 Trotzdem schien es ihm geraten, umzukehren, und er wandte sich nun mit schlauer Überlegung nach Aegypten, kehrte aber zunächst in einem Tempel ein, wo er viele seiner Begleiter zurückgelassen hatte. Am folgenden Tage kam er nach Rhinokorura und erfuhr hier den Tod seines Bruders. 375 Unterdessen war Malchus, den sein Benehmen reute, dem Herodes nachgeeilt, konnte aber nichts mehr ausrichten, weil dieser sich schon weit auf dem Wege nach Pelusium befand. Als nun Herodes in dieser Stadt anlangte und keines der dort liegenden Schiffe ihn nach Alexandria bringen wollte, ging er die Stadtvorsteher an, die ihn mit aller Ehrfurcht und Aufmerksamkeit in die Stadt geleiteten, wo Kleopatra ihn aufnahm. 376 Doch konnte die letztere ihn nicht bereden, länger zu bleiben, weil er nach Rom eilen wollte, der Winter aber schon vor der Thür stand und aus Italien grosse Unruhen gemeldet wurden.

(3.) 377 Er fuhr deshalb von Alexandria in der Richtung nach Pamphylien ab, geriet aber in einen heftigen Seesturm und kam nach Verlust seines Gepäckes mit Mühe und Not in Rhodus an, wo zwei seiner Freunde, Sappinas und Ptolemaeus, ihn aufnahmen. 378 Da er nun die Stadt infolge des Krieges gegen Cassius in einem traurigen Zustande antraf, beschloss er, obgleich selbst hilflos, sie zu unterstützen, und trug über seine Kräfte zu ihrer Erneuerung bei. Alsdann liess er einen Dreiruderer ausrüsten, fuhr mit seinen Freunden nach Italien und landete in Brundusium. 379 Von hier reiste er nach Rom und teilte dem Antonius mit, was sich in Judaea ereignet hatte, wie sein Bruder Phasaël von den Parthern gefangen und umgebracht worden sei und dass Hyrkanus noch von ihnen gefangen gehalten werde, weiterhin wie die Parther den Antigonus, der ihnen tausend Talente und fünfhundert Weiber aus den edelsten Geschlechtern [270] versprochen, als König eingesetzt hätten, wie er selbst aber die Frauen bei Nacht davongeführt habe und nach harten Drangsalen den Händen seiner Feinde entschlüpft sei. 380 Dann berichtete er, wie die Seinigen infolge der Belagerung in grosser Gefahr schwebten, und wie er durch Meeresstürme und viele andere Leiden zu Antonius geeilt sei, auf den er alle seine Hoffnung gesetzt habe und von dem allein er Hilfe erwarte.

(4.) 381 Antonius bemitleidete den Herodes in seiner traurigen Lage, und da er bei sich erwog, dass auch die Machthaber dem Schicksal unterworfen seien, liess er teils aus Rücksicht auf Antipater, dessen Gastfreundschaft er genossen hatte, 382 teils durch das Versprechen einer Geldsumme, die Herodes ihm für den Fall seiner Ernennung zum Könige, wie er das auch früher für seine Ernennung zum Tetrarchen gethan hatte, in Aussicht stellte, ganz besonders aber aus Hass gegen Antigonus, den er für aufrührerisch und den Römern feindlich gesinnt hielt, sich herbei, des Herodes ehrgeizige Pläne zu unterstützen. 383 Was nun den Caesar anging, so war dieser teils wegen der Waffenbrüderschaft, in der Antipater während des aegyptischen Krieges zu seinem Vater gestanden, und wegen dessen Gastfreundlichkeit und Gefälligkeit, teils auch aus Rücksicht auf Antonius, der dem Herodes sehr zugethan war, gern bereit, ihm zu der erstrebten Würde zu verhelfen und die Wünsche des Bittstellers zu fördern. 384 Nachdem daher der Senat sich versammelt hatte, wiesen Messala und nach ihm Atratinus, die den Herodes eingeführt hatten, auf die Dienstleistungen seines Vaters hin, erwähnten dann seine eigene Ergebenheit gegen die Römer und klagten den Antigonus an, den sie für einen Feind erklärten, nicht bloss seiner früheren Vergehen wegen, sondern auch, weil er sich von den Parthern in die Herrschaft habe einsetzen lassen, ohne sich um die Römer zu kümmern. 385 Als der Senat hierüber in Bewegung geriet, erhob sich sogleich Antonius und wies nach, dass es für den Parthischen Krieg nur von Vorteil sein könne, wenn [271] Herodes König werde. Dieser Antrag fand allgemeine Zustimmung und wurde zum Beschluss erhoben.

(5.) 386 So bewies Antonius gegen Herodes den denkbar grössten Diensteifer, da er es nicht nur durchsetzte, dass ihm die Königswürde zuerkannt wurde, sondern es ihm auch bereits in sieben Tagen ermöglichte, Italien im Besitze seines unverhofften Glückes verlassen zu können. 387[WS 3] Die Königswürde aber hatte Herodes zunächst nicht für sich erbitten wollen, weil er darauf bei den Römern, welche dieselbe nur an Personen von königlicher Abstammung zu vergeben pflegten, nicht rechnen zu dürfen glaubte, sondern er hatte sie seinem Schwager, der vom Vater her des Aristobulus, von der Mutter her des Hyrkanus Enkel war, zugedacht. 388 Diesen Jüngling liess Herodes später umbringen, wie ich an geeigneter Stelle noch mitteilen werde. Als nun die Senatssitzung zu Ende war, nahmen Antonius und der Caesar den Herodes in die Mitte und führten ihn unter Begleitung der Konsuln und der gesamten Obrigkeit zum Kapitol, um zu opfern und den Beschluss dort niederzulegen. 389 Am ersten Tage seiner neuen Würde genoss Herodes die Gastfreundschaft des Antonius. Er trat die Königsherrschaft an in der hundertvierundachtzigsten Olympiade, unter dem zweiten Konsulate des Gajus Domitius Calvinus und dem ersten des Gajus Asinius Pollio.

(6.) 390 Während dieser ganzen Zeit belagerte Antigonus die Besatzung von Masada, und obwohl dieselbe an sonstigen Lebensmitteln Überfluss hatte, litt sie doch an erheblichem Wassermangel. Aus diesem Grunde beschloss Joseph, der Bruder des Herodes, mit zweihundert seiner Leute zu den Arabern zu fliehen, zumal er vernommen hatte, dass Malchus sein Benehmen gegen Herodes bereue. 391 Gott aber hielt ihn von dieser Flucht ab, indem er über Nacht Regen fallen liess. Nachdem nun die Cisternen wieder mit Wasser gefüllt waren, dachten die Belagerten nicht mehr an Flucht, fassten vielmehr wieder Mut und waren um so freudiger bewegt, als der Überfluss an dem, was sie vermisst hatten, ihnen durch [272] Gottes offenbare Fürsorge zu teil geworden war. Hierauf machten sie häufige Ausfälle, griffen die Truppen des Antigonus bald offen, bald heimlich an und machten viele von ihnen nieder. 392 Unterdessen war der römische Heerführer Ventidius, der den Auftrag hatte, die Parther aus Syrien zu verdrängen, bei deren Verfolgung nach Judaea gekommen, angeblich um dem Joseph Hilfe zu bringen, in Wirklichkeit aber, um von Antigonus Geld zu erpressen. 393 Als er nun in der Nähe von Jerusalem sich lagerte, erhielt er von Antigonus eine grosse Geldsumme, worauf er mit dem grösseren Teile seiner Truppen abzog. Damit jedoch seine Handlungsweise ihm nicht schlecht ausgelegt werde, liess er den Silo mit einer Abteilung Soldaten zurück. Zu diesem unterhielt Antigonus gute Beziehungen, damit er ihm keinen Schaden zufüge, wenn, wie er hoffte, die Parther ihm wiederum zu Hilfe kommen würden.

Fünfzehntes Kapitel.
Wie Herodes aus Italien nach Judaea zurückkehrte und gegen Antigonus kämpfte. Was weiterhin um diese Zeit in Judaea vorfiel.

(1.) 394 Als Herodes von Italien abgefahren und nach Ptolemaïs gekommen war, sammelte er eine nicht unbedeutende Truppenmacht, die teils aus Söldnern, teils aus Juden zusammengesetzt war, und zog in Eilmärschen durch Galilaea dem Antigonus entgegen, wobei Silo und Ventidius, die von Dellius, dem Abgesandten des Antonius, den Befehl erhalten hatten, Herodes wieder in sein Reich einzuführen, sich ihm anschlossen. 395 Ventidius war gerade im Begriff, die in den einzelnen Städten durch die Parther hervorgerufenen Aufstände niederzuwerfen, während Silo, den Antigonus bestochen hatte, in Judaea verweilte. Je weiter Herodes vorrückte, desto mehr wuchs seine Macht, und mit wenigen Ausnahmen [273] stand bald ganz Galilaea auf seiner Seite. 396 Zunächst zog er nun nach Masada, weil er den dort Belagerten als seinen Verwandten Hilfe bringen wollte. Hierbei war ihm aber Joppe im Wege, das er, weil es sich ihm feindselig bewies, zuerst nehmen musste, um bei seinem Angriff gegen Jerusalem keine feindliche Festung im Rücken zu haben. 397 Da nun auch Silo diese Gelegenheit benutzte, um sich von Antigonus loszusagen, und die Juden ihn verfolgten, zog Herodes mit einer kleinen Mannschaft heran, schlug die Juden in die Flucht und rettete den hart bedrängten Silo. Dann nahm er Joppe ein und eilte, die Seinigen in Masada zu entsetzen. 398 Von den Juden schlossen sich jetzt die einen wegen ihrer früheren Zuneigung zu seinem Vater, die anderen um seines Ruhmes willen, noch andere aus Dankbarkeit für die von beiden empfangenen Wohlthaten, die meisten aber deswegen an ihn an, weil sie auf ihn als den künftigen König ihre Hoffnung setzten.

(2.) 399 Auf diese Weise hatte er bald eine stattliche Truppenmacht beisammen. Als er nun mit derselben seinen Vormarsch antrat, versah Antigonus alle ihm im Wege liegenden geeigneten Plätze mit Besatzungen und Hinterhalten, konnte aber seinen Feinden damit keinen sonderlichen Schaden thun. 400 Herodes befreite vielmehr in kurzem Ansturm die Seinigen aus Masada, nahm die Festung Thresa und wandte sich dann nach Jerusalem, gefolgt von Silos Truppen und vielen Jerusalemern, welche die Furcht vor seiner Macht zu ihm trieb. 401 Als er nun an der Westseite der Stadt sein Lager aufgeschlagen hatte, schossen die daselbst aufgestellten Wachen mit Pfeilen und Spiessen, 402 und einige Abteilungen rückten sogar aus und griffen seine Vorhut an. Herodes liess darauf rings um die Stadtmauer bekannt machen, er sei zum Heile des Volkes und der Stadt gekommen und wolle nicht einmal seinen erklärten Feinden etwas zuleide thun, sondern selbst seinen erbittertsten Gegnern Vergessenheit für alle wider ihn begangenen Verfehlungen zusichern. 403 Auf diese Verkündigung [274] hin liess Antigonus Silo und der römischen Abteilung zurufen, sie würden wenig gerecht handeln, wenn sie die Herrschaft an Herodes gelangen liessen, der ein Privatmann und als Idumäer nur ein halber Jude sei, während die Königswürde nach den Bräuchen des Landes nur Männern aus königlichem Geschlecht zufallen dürfe. 404 Wenn sie auch ihm selbst jetzt zürnten und ihn des Thrones entsetzen wollten, weil er diesen den Parthern verdanke, so gebe es doch noch viele Männer seines Geschlechtes, die ein Anrecht auf die Königswürde hätten, weil sie sich niemals etwas gegen die Römer hätten zu schulden kommen lassen und auch dem Priesterstande angehörten, und die deshalb nicht übergangen werden dürften. 405 Während dieser beiderseitigen Reden, die bald in Schmähungen ausarteten, befahl Antigonus den Seinen, die Feinde von der Mauer wegzutreiben. Diese aber schossen mit solchem Eifer und Erfolg, dass sie ihre Gegner mit leichter Mühe von den Türmen zurückjagten.

(3.) 406 Nun aber zeigte Silo ganz offen, dass er mit Geld bestochen war. Er reizte nämlich eine Anzahl seiner Soldaten auf, über Mangel an Lebensmitteln zu klagen und Geld zu ihrem Unterhalt sowie Winterquartiere zu verlangen, weil von Antigonus’ Kriegern alles rings umher verwüstet und geplündert sei. So brachte er das ganze Heer in Aufruhr und veranlasste sogar hier und da Desertion. 407 Herodes aber hielt Silos Anführer und Soldaten auf und stellte ihnen vor, dass sie ihn nicht im Stiche lassen dürften, weil er vom Caesar sowie von Antonius und dem Senate geschickt sei. Für ihren Unterhalt werde er schon sorgen und ihnen mit Leichtigkeit alle geforderten Lebensmittel liefern. 408 Und sogleich zog er in die Umgegend und benahm dem Silo jeden Grund, sich zu entfernen, da er eine solche Menge Lebensmittel mitbrachte, wie niemand sie erwartet hätte. Ausserdem trug er seinen Freunden zu Samaria auf, Getreide, Wein, Öl, Vieh und alle sonstigen Lebensmittel nach Jerusalem zu bringen, damit [275] seine Soldaten keinen Mangel mehr zu leiden brauchten. 409 Das kam jedoch zur Kenntnis des Antigonus, der nun alsbald Abteilungen von Bewaffneten in die Umgegend schickte, um die Getreidekarawanen anzugreifen und abzufangen. Diese vollzogen seine Befehle, boten bei Jericho noch eine weitere Menge von Bewaffneten auf und lagerten sich im Gebirge, um die Karawanen zu erwarten. 410 Unterdessen blieb aber Herodes auch nicht müssig, sondern zog mit zehn halb aus Römern, halb aus Juden bestehenden Kohorten, einer Anzahl Söldner und einiger Reiterei nach Jericho. Er traf die Stadt verlassen an, und nur in der Burg befanden sich fünfhundert Mann, welche sich mit Weib und Kind hier festgesetzt hatten. Diese liess Herodes frei; die Römer aber durchzogen die Stadt, um sie zu plündern, und fanden die Häuser mit Kostbarkeiten aller Art gefüllt. 411 Hierauf legte der König eine Besatzung in die Stadt, kehrte um und wies dem römischen Heere in Idumaea, Galilaea und Samaria Winterquartiere an. 412 Dennoch erreichte es Antigonus bei Silo durch Geld, dass er einen Teil des römischen Heeres in die Stadt Lydda aufnehmen konnte, wodurch er sich des Antonius Gunst zu erwerben suchte. So kam es, dass die Römer während der Waffenruhe in grösstem Überfluss lebten.

(4.) 413 Herodes aber, dem alle Unthätigkeit zuwider war, schickte seinen Bruder Joseph mit zweitausend Mann Fussvolk und vierhundert Reitern nach Idumaea. Er selbst zog nach Samaria, brachte dort seine Mutter und seine übrigen Verwandten, welche Masada verlassen hatten, in Sicherheit, und rückte dann nach Galilaea, um einige Plätze zu nehmen, in die Antigonus Besatzungen gelegt hatte. 414 Bei starkem Schneefall kam er nach Sepphoris, und da des Antigonus Leute heimlich abzogen, gelangte er in den Besitz eines grossen Vorrates von Proviant. 415 Dann sandte er gegen eine in den Höhlen der Umgegend sich aufhaltende Räuberbande eine Reiterschar und drei Kohorten Fusssoldaten, um dem Treiben der Banditen ein Ende zu machen. Das [276] geschah in der Nähe des Dorfes Arbela. 416 Am vierzigsten Tage folgte er selbst mit seinem ganzen Heere nach. Die Feinde griffen ihn darauf ungestüm an und brachten seinen linken Flügel zum Weichen. Sobald er aber selbst mit seinen Truppen, erschien, schlug er sie trotz ihres siegreichen Vordringens in die Flucht, sammelte die Seinen wieder 417 und setzte den Feinden auf verschiedenen Wegen bis zum Jordan nach. Auf diese Weise hatte er bald ganz Galilaea mit Ausnahme der in Höhlen wohnenden Gegner unterworfen. Alsdann teilte er den Seinigen Mann für Mann hundertfünfzig Silberdrachmen, den Führern jedoch noch mehr zu und entliess sie in die Winterquartiere. 418 Unterdessen aber hatte sich auch Silo mit den Anführern der im Winterquartier liegenden römischen Truppen bei ihm eingefunden, weil Antigonus ihnen für nicht mehr als einen Monat Unterhalt gewähren wollte. Derselbe hatte sogar in die ganze Umgegend den Befehl erlassen, alles, was sich auf dem Felde befand, zu sammeln und damit in die Berge zu fliehen, damit die Römer vor Hunger zu Grunde gingen. 419 Herodes aber gab seinem jüngsten Bruder Pheroras den Auftrag, dies zu verhindern und zugleich auch Alexandrium aufs neue zu befestigen. Pheroras trug demgemäss sogleich Sorge dafür, dass die Soldaten wieder Überfluss an Lebensmitteln hatten, und versah das verlassene Alexandrium mit neuen Festungswerken.

(5.) 420 Um diese Zeit hielt sich Antonius in Athen auf. Ventidius aber, der in Syrien weilte, nahm den Silo gegen die Parther zu Hilfe, trug ihm jedoch auf, zuerst den Herodes in seinem Kriege zu unterstützen und dann zu dem Partherfeldzuge sämtliche Bundesgenossen aufzubieten. 421 Herodes aber, der gegen die in Höhlen hausenden Räuberbanden ziehen wollte, liess den Silo zu Ventidius stossen und rückte allein gegen die Räuber aus. 422 Diese Höhlen lagen in abschüssigen Bergen und hatten in halber Höhe steile und enge Zugänge, die rings von zackigen Felsen umgeben waren. In diesen [277] Schlupfwinkeln hausten die Räuber mit Weib und Kind. 423 Der König liess nun grosse Kasten anfertigen, die mit Hilfe von Maschinen an eisernen Ketten von dem Gipfel hinuntergelassen wurden, da der Steilheit wegen von unten niemand hinaufzuklettern, noch von oben hinabzukriechen wagte. 424 Diese Kasten wurden mit Bewaffneten gefüllt, die mit langen Haken ausgerüstet waren, um damit die Widerspenstigen heranzuziehen und sie in die Tiefe zu stossen. Das Hinablassen der Kasten war mit grosser Gefahr verbunden, zumal da die Höhlenbewohner mit allen Abwehrmitteln versehen waren. 425 Als nun die Kasten in die Tiefe gelassen wurden, hatte keiner von den Räubern den Mut, sie anzugreifen, sondern sie verhielten sich sämtlich ruhig, bis endlich einer von den Bewaffneten, mit seinem Schwert umgürtet, mit beiden Händen die Kette ergriff, an welcher der Kasten herabhing, und voll Unwillen darüber, dass die Räuber nicht herauskommen wollten, sich zu einer der Höhlenöffnungen hinabliess. 426 Hier angelangt, trieb er zunächst die vielen Räuber, die sich dort befanden, mit Wurfspiessen zurück, zog dann die, welche sich widersetzten, mit dem gekrümmten Haken an sich heran und stürzte sie in die Tiefe. Hierauf drang er tiefer in die Höhle ein, tötete eine grosse Anzahl der daselbst versteckten Räuber und kehrte nun erst in den Kasten zurück, 427 während die übrigen Banditen, die das Wehklagen vernahmen, von Schrecken und Verzweiflung ergriffen wurden. Der Anbruch der Nacht that der weiteren Vernichtung Einhalt, und da der König durch einen Herold Verzeihung in Aussicht stellen liess, unterwarfen sich viele. 428 Am folgenden Morgen wurde der Angriff in derselben Weise wiederholt, und nun gingen die Soldaten schon kühner ans Werk, kämpften an den Höhleneingängen mit den Räubern 429 und warfen Feuerbrände hinein, um das Innere der Höhlen, wo viele brennbare Stoffe aufgehäuft lagen, anzuzünden. Ein greiser Räuber, der mit seinem Weib und seinen sieben Söhnen in einer Höhle eingeschlossen war, stellte sich, als seine Söhne ihn um die Erlaubnis [278] baten, hinausgehen und sich den Feinden ergeben au dürfen, an den Eingang der Höhle, und sobald einer seiner Söhne heraustrat, stiess er ihn nieder, bis er endlich alle samt seinem Weibe umgebracht hatte. Hierauf warf er ihre Leichen in den Abgrund und stürzte sich auch selbst hinab, da er den Tod der Sklaverei vorzog. 430 Vorher jedoch erging er sich noch in Schmähungen gegen Herodes wegen dessen niedriger Herkunft, obwohl der König, der alles mit angesehen hatte, ihm die Hand bot und ihm volle Sicherheit versprach. Auf diese Weise wurden schliesslich alle Höhlen genommen.[11]

(6.) 431 Darauf setzte der König zum Befehlshaber dieser Gegend den Feldherrn Ptolemaeus ein und brach mit sechshundert Reitern und dreitausend Fusssoldaten nach Samaria auf, um Antigonus eine Schlacht zu liefern. 432 Ptolemaeus erzielte jedoch mit seiner Verwaltung wenig Erfolg; vielmehr griffen ihn die Scharen, welche auch früher Galilaea beunruhigt hatten, an, töteten ihn, zogen sich dann in sumpfige, unwegsame Gegenden zurück und verwüsteten das ganze Land. 433 Herodes kehrte sogleich um und züchtigte sie, indem er sie teils hinrichten, teils in den Festungen, in welche sie sich geflüchtet hatten, nach deren Eroberung niedermachen liess. Die Festungen liess er alsdann schleifen und legte den Städten, um ihnen die Lust an ähnlichen Unternehmungen zu verderben, eine Busse von hundert Talenten auf.

(7.) 434 Da inzwischen Pakorus gefallen war und das Kriegsglück der Parther zur Neige ging, sandte Ventidius auf Antonius’ Befehl den Machaeras mit zwei Legionen und tausend Reitern dem Herodes zu Hilfe. 435 Machaeras aber liess sich, was Herodes nicht erwartet hatte, von Antigonus mit Geld bestechen und zog unter dem Vorwande ab, sich von der Lage des Antigonus [279] selbst überzeugen zu wollen. Antigonus indes, der über seine Absicht im Zweifel war, liess ihn nicht ein, sondern trieb ihn mit Schleudern zurück und gab ihm deutlich zu verstehen, wie er gesinnt sei. 436 Da nun Machaeras einsah, dass Herodes ihm gut geraten, und dass er durch die Nichtbefolgung seiner Ratschläge einen grossen Fehler begangen habe, zog er sich in die Stadt Emmaus zurück und liess im Zorn über das, was ihm widerfahren war, alle Juden, welche er unterwegs antraf, umbringen, mochten es Freunde oder Feinde sein. 437 In heller Entrüstung darüber zog nun der König nach Samaria. Er hatte beschlossen, sich an Antonius zu wenden und ihm vorzustellen, dass er solcher Bundesgenossen nicht bedürfe, die ihm selbst mehr Unheil als den Feinden anrichteten. Übrigens sei er zur Bekämpfung des Antigonus allein stark genug. 438 Machaeras jedoch kam zu ihm und bat ihn, zu bleiben. Wenn er aber durchaus gehen wolle, so möge er ihm seinen Bruder Joseph beigeben, damit sie den Antigonus zusammen angreifen könnten. Durch diese inständigen Bitten des Machaeras liess sich Herodes wieder beschwichtigen und gab ihm seinen Bruder Joseph mit einem Heere zur Seite, ermahnte diesen aber, sich nicht auf eine Schlacht einzulassen und mit Machaeras in gutem Einvernehmen zu bleiben.

(8.) 439 Herodes begab sich darauf mit einer Bedeckung von Reitern und Fusssoldaten auf den Weg zu Antonius, der die Festung Samosata am Euphrat belagerte. 440 Als er in Antiochia anlangte und dort eine grosse Menge Menschen traf, die sich zu Antonius begeben wollten, aber aus Furcht, unterwegs angegriffen und getötet zu werden, sich nicht zu reisen getrauten, bot er sich ihnen mit ermunternden Worten als Führer an. 441 Zwei Tagereisen von Samosata entfernt lagen aber die Eingeborenen im Hinterhalt, um dem Antonius die Zufuhr abzuschneiden, und an den Ausgängen der Wälder in die Ebene standen Reiterabteilungen, die sich so lange ruhig verhielten, bis die, welche zu Antonius wollten, sich in [280] der Ebene befanden. 442 Als nun die ersten Züge vorbei waren, brachen gegen Herodes, der den Nachtrab deckte, plötzlich etwa fünfhundert Reiter aus dem Hinterhalt hervor. Die vorderen Züge ergriffen sogleich die Flucht; der König aber drang mit der ihm eigenen Tapferkeit auf die Feinde ein und warf sie zurück. Dadurch machte er den Seinigen Mut, und da auch die Flüchtigen sich wieder einstellten, erlitten die Eingeborenen eine blutige Niederlage. 443 Der König setzte ihnen nach und ruhte nicht eher, als bis er ihnen den ganzen Raub, darunter eine grosse Zahl Lasttiere und Sklaven, wieder abgejagt hatte, worauf er seinen Weg fortsetzte. 444 Nun aber brach plötzlich eine noch grössere Schar aus den an die Ebene stossenden Waldschluchten gegen sie hervor. Der König jedoch griff auch diese mit seiner nunmehr verstärkten Mannschaft an, schlug sie in die Flucht und machte eine grosse Anzahl nieder, sodass er seinen Begleitern eine sichere Reise verschaffte und von ihnen Retter und Schirmer genannt wurde.

(9.) 445 Als sie nun in die Nähe von Samosata kamen, schickte ihnen Antonius ein Heer nebst seiner persönlichen Dienerschaft entgegen, um dem Herodes damit eine Ehre zu erweisen und ihm zugleich, weil er von den Angriffen der Eingeborenen gehört hatte, Hilfe zu leisten. 446 Bei Herodes’ Anblick freute sich Antonius sehr, und da er erfahren hatte, welche Heldenthaten er unterwegs vollbracht, nahm er ihn mit grosser Achtung vor seiner Tapferkeit auf, begrüsste ihn durch Umarmung und erwies ihm um so grössere Ehren, weil er ihn jüngst zum König ernannt hatte. 447 Antiochus aber übergab die Festung bald,[12] und da der Krieg hiermit zu Ende war, ernannte Antonius den Sosius zum Befehlshaber des Platzes, trug ihm auf, Herodes Hilfe zu leisten, und reiste selbst nach Aegypten. Sosius sandte alsdann gleich zwei Legionen als Hilfstruppen für [281] Herodes nach Judaea voraus, während er selbst mit dem grösseren Teile des Heeres nachfolgte.

(10.) 448 Unterdessen hatte Joseph in Judaea auf folgende Weise seinen Tod gefunden. Uneingedenk dessen, was sein Bruder, als dieser seine Reise zu Antonius antrat, ihm ans Herz gelegt hatte, bezog er an einem Gebirgsabhang ein Lager. Er wollte nämlich mit fünf Kohorten, die er von Machaeras erhalten hatte, nach Jericho eilen, um dort die Saaten zu rauben. 449 Da aber die römische Heeresabteilung, welche zum grössten Teil in Syrien ausgehoben war, aus noch ungeübten Rekruten bestand, wurde er bei einem feindlichen Angriff auf sehr ungünstigem Terrain umzingelt, fiel nach tapferem Widerstand und verlor sein ganzes Heer, welches sechs Kohorten stark war. 450 Antigonus bemächtigte sich der Gefallenen und liess dem Joseph das Haupt abschlagen, wofür dessen Bruder Pheroras ihm fünfzig Talente bot. Darauf fielen auch die Galiläer von ihren Befehlshabern ab und ertränkten des Herodes Anhänger im See,[13] und in Judaea brach gleichfalls eine allgemeine Empörung aus. Machaeras befestigte unterdessen das Städtchen Gittha.

(11.) 451 Herodes erhielt gar bald von diesen Vorgängen Nachricht. Dabei traf ihn die Kunde von dem Schicksal seines Bruders, die ihm in Daphne bei Antiochia zuging, nicht unvorbereitet, weil er dasselbe in Träumen vorhergesehen hatte. 452 Er beschleunigte daher seinen Marsch, zog, sobald er zum Libanon gekommen war, gegen achthundert Bewohner dieser Gegend an sich und begab sich mit diesen und der römischen Legion, die er bei sich hatte, nach Ptolemaïs, von wo er zur Nachtzeit mit seinem Heere wieder aufbrach und Galilaea durchzog. 453 Die Feinde stellten sich ihm hier entgegen, wurden aber geschlagen und in die Festung gedrängt, aus welcher sie tags vorher ausgerückt waren. Bei Tagesanbruch versuchte Herodes den Platz zu stürmen, konnte [282] aber, da sich ein schreckliches Unwetter erhob, nichts ausrichten und musste sein Heer in den umliegenden Dörfern einquartieren. Als aber noch eine zweite von Antonius geschickte Legion zu ihm stiess, ward die Besatzung der Festung von Furcht ergriffen und verliess dieselbe im Dunkel der Nacht. 454 Darauf eilte der König nach Jericho, um den Tod seines Bruders zu rächen. Sobald er hier sein Lager aufgeschlagen hatte, lud er seine Heerführer zum Mahle ein. Nach beendigter Tafel aber entliess er seine Gäste und zog sich in sein Schlafgemach zurück. 455 Aus dem, was jetzt folgte, kann man das Wohlwollen Gottes gegen den König erkennen. In dem Speisezimmer nämlich stürzte die Decke ein; doch wurde, weil dasselbe bereits leer war, niemand getötet. Hierin erblickte man allgemein einen Beweis dafür, dass Herodes ein Liebling Gottes sei, da er einer so grossen und unversehenen Gefahr entgangen war.

(12.) 456 Am folgenden Tage wurden die Römer von einer sechstausend Mann starken Truppe, die kampfbereit von den Bergen herabstieg, in Schrecken versetzt. Die Leichtbewaffneten aus dieser Schar rückten vor und griffen die Umgebung des Königs, die zuerst sich hinausgewagt hatte, mit Wurfspeeren und Steinen an, und Herodes selbst wurde in der Seite von einem Speer getroffen. 457 Darauf sandte Antigonus einen seiner Heerführer mit Namen Pappus an der Spitze einer kleinen Streitmacht nach Samaria, um bei seinen Feinden den Glauben zu erwecken, er führe den Krieg mit mehr Kräften, als er nötig habe. Dieser warf sich nun dem Machaeras entgegen. Herodes aber hatte bald fünf Städte genommen, liess gegen zweitausend Menschen, die sich darin befanden, niedermachen, äscherte die Städte ein und wandte sich dann gegen Pappus, 458 der sich bei dem Dorfe Isanae gelagert hatte. Und da sowohl aus Jericho wie aus ganz Judaea eine grosse Menge Krieger sich bei Herodes zusammenfand, schlug er, als er an die Feinde herangekommen war und von [283] ihnen stürmisch angegriffen wurde, dieselben völlig aufs Haupt und verfolgte sie, um seinen Bruder zu rächen, bis in das Dorf hinein unter stetem Gemetzel. 459 Weil aber alle Häuser mit Bewaffneten angefüllt und viele sogar auf die Dächer gestiegen waren, liess er die Häuser förmlich erobern und die Dächer abdecken, worauf sich dann die unteren Räume mit Soldaten gefüllt zeigten. 460 Diese liess er nun durch von oben hineingeworfene Felsblöcke haufenweise zermalmen, sodass sich im ganzen Verlaufe des Krieges kein so grässlicher Anblick dargeboten hatte, als die ungeheure Menge von Leichen, welche ausserhalb der Stadtmauer aufgehäuft wurden. 461 Dieses Blutbad brach den Mut der Feinde gänzlich, da sie ein ähnliches Schicksal auch für sich besorgen mussten, und bald erblickte man in der Umgebung des Dorfes grosse Massen fliehender Menschen. Hätte die Strenge des Winters ihn nicht daran gehindert, so wäre Herodes mit seinem siegestrunkenen Heere sogleich nach Jerusalem gezogen, und der Krieg wäre zu Ende gewesen. Antigonus bereitete in der That schon seine Flucht und den Abzug aus der Stadt vor.

(13.) 462 Für jetzt liess der König, weil es schon spät war, seine Soldaten das Abendessen nehmen und zog sich selbst ermüdet in seine Gemächer zurück, um zu baden. Dabei geriet er wieder in die grösste Lebensgefahr, aus der er abermals durch Gottes Fürsorge entkam. 463 Er war nämlich ganz unbewaffnet und nahm das Bad, nur von einem Pagen bedient, im Inneren des Hauses, wo sich einige feindliche Krieger auf der Flucht aus Angst versteckt hatten. Während er nun badete, kam plötzlich einer derselben mit gezücktem Schwert aus seinem Versteck hervor und stürzte zur Thür hinaus, dann noch einer und endlich ein dritter, alle bewaffnet. Sie waren indes so erschrocken, dass sie dem König nichts zuleide thaten, sondern froh waren, mit heiler Haut aus dem Hause zu entkommen. 464 Am folgenden Tage liess Herodes dem Pappus, der gefallen war, das Haupt [284] abschlagen und sandte es an Pheroras, um so seinen Bruder zu rächen, den Pappus mit eigener Hand getötet hatte.

(14.) 465 Als der Winter zu Ende war, brach er mit seinem Heere auf, zog gegen Jerusalem und errichtete nahe bei der Stadt sein Lager. Das war schon das dritte Jahr nach seiner Ernennung zum Könige. 466 Bald aber brach er das Lager ab, rückte näher an den Teil der Mauer heran, wo der Zugang zur Stadt am ehesten möglich war, und lagerte sich vor dem Tempel, um die Stadt in derselben Weise zu nehmen, wie dies früher Pompejus gethan hatte. Er liess drei Wälle aufwerfen und Türme bauen, wozu er bedeutende Kräfte aufbot; ferner liess er die in der Nähe stehenden Bäume fallen. 467 Diese Arbeiten vertraute er geeigneten Leuten an und reiste, während sein Heer dort lagerte, nach Samaria zur Hochzeit, um die Tochter von Aristobulus’ Sohn Alexander heimzuführen, mit der er, wie bereits oben gesagt, verlobt war.

Sechzehntes Kapitel.
Wie Jerusalem von Herodes und Sosius erobert wurde. Das Ende der Asamonäer-Herrschaft.

(1.) 468 Nach Beendigung der Hochzeit zog Sosius durch Phoenicien heran, sandte seine Kerntruppen im Inneren des Landes voraus und folgte selbst an der Spitze einer grossen Menge Reiterei und Fussvolk nach. Nun kehrte auch der König aus dem Lande der Samariter zurück und vermehrte die Stärke seines Heeres nicht unwesentlich, sodass seine Streitmacht sich auf fast dreissigtausend Mann belief. 469 Dieses ganze Heer scharte sich nun vor den Mauern Jerusalems zusammen und lagerte sich an der Nordseite der Stadt. Es bestand aus elf Legionen Fussvolk und sechstausend Reitern, ungerechnet die Hilfstruppen aus Syrien. Den Oberbefehl [285] führten Sosius, der von Antonius zu Hilfe geschickt war, und Herodes in seinem eigenen Namen, weil er den Antigonus, den Rom zum Feinde erklärt hatte, vom Throne stossen und laut Senatsbeschluss selbst an dessen Stelle regieren sollte.

(2.) 470 Die Juden aber, die sich aus dem ganzen Lande zusammengefunden hatten und innerhalb der Mauern eingeschlossen waren, leisteten dem Herodes tapferen und hartnäckigen Widerstand, prahlten mit dem Tempel und priesen ihr Volk glücklich, gleich als wenn Gott dasselbe sicher aus der Gefahr befreien würde. 471 Vor der Stadt nahmen sie alles weg, sodass weder für Menschen noch Vieh dort die geringste Nahrung mehr vorhanden war, und brachten durch ihre heimlichen Raubzüge das feindliche Heer in Not. 472 Als Herodes das merkte, legte er an geeigneten Stellen gegen diese Streifzüge Hinterhalte, sandte dann bewaffnete Abteilungen zur Herbeischaffung von Lebensmitteln aus und liess aus der Ferne Proviant holen, sodass die Belagerer in kurzer Zeit Überfluss an allem Notwendigen hatten. 473 Inzwischen arbeiteten viele Hände an den Belagerungswerken weiter, sodass die drei Wälle bald fertig waren. Zudem war es gerade Sommer, und das Wetter also den Arbeiten sehr förderlich. Nun wurden die Maschinen herangebracht, die Mauer berannt, und kein Belagerungsmittel unversucht gelassen. 474 Die Belagerten jedoch liessen sich nicht in Schrecken jagen, sondern erdachten auch ihrerseits mancherlei Mittel, um die Bemühungen ihrer Gegner zu vereiteln, steckten bei ihren Ausfällen die angefangenen oder schon fertigen Maschinen in Brand und zeigten sich im Handgemenge den Römern an Kühnheit gleich, während sie an Kriegserfahrung von denselben übertroffen wurden. 475 Den Maschinen, welche an Stelle der zerstörten errichtet wurden, setzten sie andere entgegen; auch rückten sie den in den Laufgräben arbeitenden Feinden unter der Erde zu Leibe und beunruhigten sie nicht wenig. Übrigens kämpften sie mehr aus Verzweiflung, [286] als nach einem vernünftigen Plan, und leisteten Widerstand bis zum äussersten, obwohl sie von einem so grossen Heere belagert wurden und unter Hunger und Mangel gewaltig litten. Denn das Jahr, in welches die Belagerung fiel, war zufällig ein Sabbatjahr. 476 Endlich gelang dem Feinde die Ersteigung der Mauer, und zwar waren die ersten zwanzig Freiwillige, denen die Centurionen des Sosius folgten. Die erste Mauer wurde nach vierzig, die zweite nach fünfzehn Tagen genommen. Dabei gerieten einige der um den Tempel sich hinziehenden Säulengänge in Brand, und Herodes schob die Schuld daran auf Antigonus, um diesen bei den Juden verhasst zu machen. 477 Als endlich die äusseren Teile des Tempels und die untere Stadt erobert waren, flohen die Juden in das Innere des Heiligtums und in die obere Stadt, und da sie fürchteten, von den Römern an der Darbringung der täglichen Opfer gehindert zu werden, liessen sie bitten, es möge ihnen die Herbeischaffung von Opfertieren gestattet werden. Herodes willfahrte diesem Verlangen in der Meinung, die Belagerten würden sich jetzt ergeben. 478 Als er sich aber in dieser Erwartung getäuscht sah und erkannte, wie hartnäckig sie den Thron des Antigonus verteidigten, liess er die Stadt erstürmen. 479 Es entstand nun ein entsetzliches Blutbad, da die Römer über die lange Dauer der Belagerung erbittert waren, des Herodes Anhänger aber keinen von den ihnen feindlichen Juden am Leben lassen wollten. 480 In dichten Haufen wurden die Besiegten in den Gassen, in den Häusern und im Tempel, in welchen sie sich geflüchtet hatten, niedergemacht. Weder zarte Kinder, noch gebrechliche Greise, noch schwache Frauen wurden geschont, und obwohl der König überallhin schickte und Einhalt gebieten liess, hörte doch niemand mit Morden auf, sondern allseitig wüteten die Sieger wie rasend gegen Menschen jedes Alters. 481 Endlich kam Antigonus, der weder eine Empfindung von seinem früheren noch von seinem jetzigen Geschick zu haben schien, aus der Burg hervor [287] und warf sich dem Sosius zu Füssen. Dieser aber hatte nicht das geringste Mitleid mit dem Unglück des Königs, sondern fuhr ihn hart an und schalt ihn Antigone, liess ihn aber nicht, als wäre er ein Weib, frei ausgehen, sondern befahl, ihn gefangen zu halten.

(3.) 482 Nach Unterwerfung seiner Feinde war es des Herodes erste Sorge, dem Ungestüm der Hilfstruppen zu wehren. Die fremden Soldaten drängten sich nämlich heran, um den Tempel und seine Heiligtümer zu sehen. 483 Der König aber hielt sie teils durch Bitten, teils durch Drohungen, teils sogar mit Waffengewalt zurück, da er seinen Sieg für schimpflicher als eine Niederlage erachtet haben würde, wenn die Fremden etwas angeschaut hätten, das selbst den Juden zu sehen untersagt war. 484 Ebenso verhinderte er auch die Plünderung Jerusalems, indem er den Sosius wieder und wieder fragte, ob die Römer die Stadt von Menschen und Kostbarkeiten völlig leeren und ihn als König einer Wüste zurücklassen wollten, während er die Herrschaft über den ganzen Erdkreis mit der Hinschlachtung so vieler Bürger nicht erkaufen möchte. 485 Als nun Sosius ihm entgegnete, den Soldaten komme doch für die bei der Belagerung ausgestandenen Strapazen eine Belohnung zu, bemerkte ihm Herodes, er werde aus eigenen Mitteln einem jeden Soldaten seine Belohnung anweisen. 486 Dadurch erreichte er, dass der übrige Teil der Stadt verschont blieb, und nun löste er sein Versprechen ein, indem er die einzelnen Soldaten reich beschenkte, den Heerführern aber noch kostbarere und dem Sosius wahrhaft königliche Gaben zukommen liess, sodass alle bereichert von ihm Abschied nahmen.

(4.) 487 Dieses Unglück traf die Stadt Jerusalem unter dem Konsulate des Marcus Agrippa und des Caninius Gallus, in der hundertfünfundachtzigsten Olympiade,[14] im dritten Monat, und zwar wieder an einem Fasttage, als ob das Unheil sich wiederholen sollte, welches die [288] Juden einst von Pompejus erlitten hatten. 488 Denn an demselben Tage war Jerusalem siebenundzwanzig Jahre früher eingenommen worden. Sosius weihte Gott eine goldene Krone und brach dann von Jerusalem auf, um den Antigonus gefesselt zu Antonius zu bringen. 489 Herodes aber fürchtete, Antigonus möchte von Antonius geschont und zur Verantwortung vor den Senat verwiesen werden, wobei es dann an den Tag kommen würde, dass Antigonus aus königlichem Geschlechte, Herodes dagegen aus niederem Stande sei, und es möchte, obwohl Antigonus sich gegen die Römer verfehlt hatte, die Herrschaft nach dem Rechte der Geburt an dessen Kinder fallen. 490 In dieser Angst bewog er den Antonius durch Übersendung einer grossen Geldsumme, den Antigonus zu töten, und war so von aller Furcht befreit. Damit nahm die Herrschaft des Geschlechtes der Asamonäer ein Ende, nachdem sie hundertsechsundzwanzig Jahre gedauert hatte. Es war ein ruhmvolles und edles Herrschergeschlecht, einmal wegen des Adels seiner Abkunft und der ihm eigenen hohepriesterlichen Würde, dann aber auch wegen der herrlichen Thaten, die seine Ahnen zum Besten des Volkes vollbracht hatten. 491 Den Thron verlor das Haus aber nur infolge der Uneinigkeit seiner Mitglieder, und so kam derselbe an Herodes, den Sohn des Antipater, einen Menschen von niedriger Herkunft und aus dem Stande gewöhnlicher Unterthanen. So lautet der Bericht, den unsere Vorfahren uns über das Ende der Asamonäer-Herrschaft hinterlassen haben.


  1. 70 v. Chr.
  2. Etwa 800 Mark.
  3. 1 Modius = 8,75 Liter.
  4. Drei Uhr nachmittags.
  5. 63 v. Chr.
  6. Etwa 130 Kilogramm.
  7. Dass Honig die Verwesung verhindert, bezeugt auch Plinius (Naturgeschichte XV, 18,2; 18,6).
  8. Beamte, denen das Marktwesen der Stadt unterstellt war.
  9. 15. März 44 v. Chr.
  10. Tetrarch, ursprünglich Bezeichnung für den Beherrscher des vierten Teiles eines Landes, bezeichnete damals nur noch Teilherrscher überhaupt.
  11. Der heldenmütige Widerstand, den die Höhlenbewohner leisteten, macht es sehr wahrscheinlich, dass sie keine Räuber, sondern Patrioten waren, die sich der idumaeisch-römischen Fremdherrschaft nicht fügen wollten (Paret).
  12. Vergl. hierzu Dio Cassius XLIX, 24.
  13. Genesareth.
  14. 37 v. Chr.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Paragrafenabtrennung unsicher.
  2. Umstellungen im Text.
  3. Umstellungen im Text.
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Jüdische Altertümer
Buch XV »
fertig
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