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als nach einem vernünftigen Plan, und leisteten Widerstand bis zum äussersten, obwohl sie von einem so grossen Heere belagert wurden und unter Hunger und Mangel gewaltig litten. Denn das Jahr, in welches die Belagerung fiel, war zufällig ein Sabbatjahr. 476 Endlich gelang dem Feinde die Ersteigung der Mauer, und zwar waren die ersten zwanzig Freiwillige, denen die Centurionen des Sosius folgten. Die erste Mauer wurde nach vierzig, die zweite nach fünfzehn Tagen genommen. Dabei gerieten einige der um den Tempel sich hinziehenden Säulengänge in Brand, und Herodes schob die Schuld daran auf Antigonus, um diesen bei den Juden verhasst zu machen. 477 Als endlich die äusseren Teile des Tempels und die untere Stadt erobert waren, flohen die Juden in das Innere des Heiligtums und in die obere Stadt, und da sie fürchteten, von den Römern an der Darbringung der täglichen Opfer gehindert zu werden, liessen sie bitten, es möge ihnen die Herbeischaffung von Opfertieren gestattet werden. Herodes willfahrte diesem Verlangen in der Meinung, die Belagerten würden sich jetzt ergeben. 478 Als er sich aber in dieser Erwartung getäuscht sah und erkannte, wie hartnäckig sie den Thron des Antigonus verteidigten, liess er die Stadt erstürmen. 479 Es entstand nun ein entsetzliches Blutbad, da die Römer über die lange Dauer der Belagerung erbittert waren, des Herodes Anhänger aber keinen von den ihnen feindlichen Juden am Leben lassen wollten. 480 In dichten Haufen wurden die Besiegten in den Gassen, in den Häusern und im Tempel, in welchen sie sich geflüchtet hatten, niedergemacht. Weder zarte Kinder, noch gebrechliche Greise, noch schwache Frauen wurden geschont, und obwohl der König überallhin schickte und Einhalt gebieten liess, hörte doch niemand mit Morden auf, sondern allseitig wüteten die Sieger wie rasend gegen Menschen jedes Alters. 481 Endlich kam Antigonus, der weder eine Empfindung von seinem früheren noch von seinem jetzigen Geschick zu haben schien, aus der Burg hervor

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Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Otto Hendel, Halle a.d.S. 1899, Seite 286. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:FlavJosAnt2GermanClementz.pdf/286&oldid=- (Version vom 12.12.2020)