Gemein-Nachrichten - Beylagen 1774,3: No. I

Gemein-Nachrichten - Beylagen 1774,3 Gemein-Nachrichten - Beylagen 1774,3 (1774) von Herrnhuter Brüdergemeine (Hrsg.)
No. I.) Beylage zur 4. Woche 1774
No. II.) Beylage zur 8. Woche 1774
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[1]
No I.)
Beylage zur 4tn Woche 1774
enthaltend folgende
Auszüge aus eingelaufenen Nachrichten

I.) Auszug aus dem Berichte der lettischen Diaspora, vom Jan. bis Ende Juny 1773

Das vorige Jahr hatten die Arbeiter in ihren Versamlungen sünderhaft beschloßen u. das neue selig angefangen. D. 1tn Jan. früh stellten sich dann unserm lieben HErrn die Chöre zur Absolution u. segnen dar. Bey allen wurde über ihre neue Jahres-Loosung geredet. Von den ledigen Brüdern u. Knaben heißt es: Die Sünderthränen über manches schmerzliche, das im vorigen Jahr in diesen Chören vorgekommen, floßen häufig bey dieser Rede u. endigten sich mit Lob u. Danck, des geduldigen, langmüthigen u. mitleidigen Hohen priesters, der selbst gut weiß, wie zu muthe sey dem Krancken. Von den ledigen Schwestern heißt es: Wir nahmen die Loosung aus dem Munde unsers lieben Heilandes an, u. es war uns dabey, als wenn uns die Gnadensonne zum neuen Jahr bestrahlte u. wir faßten Muth, uns mit allem Elend Ihm zu überlaßen [2] ganz u. gar. – Nachmittags waren zuerst die Versamlungen für die Unaufgenommenen, in welchen sie erinnert wurden, daß abermal ein Jahr verfloßen wäre, in welchem der Heiland Seinen Zweck noch nicht mit ihnen erreicht habe, sie möchten Ihm also von diesem Tage an, ihre Herzen nicht länger vorenthalten, sondern lieber heute völlig hingeben. Die Beschreibungen dieses Tages stimmen in ihren Berichten alle darinn überein, daß sie einen ganz besondern Gnaden-Besuch des lieben Heilands genoßen haben, der viel seliger gefühlt worden, als sie vermögend wären Worte davon zu machen. D. 3tn gieng die ledige Schwester Gibbaias Thrine selig heim. Sie war die mehreste Zeit ihres Sterbens-Lebens kranck u. verlor vor 3 Jahren ihr Gesicht, besuchte aber dem ohngeachtet die Gemein u. Chor-Gelegenheiten. Man konte in Wahrheit von ihr sagen, daß sie keine Freude in u. an der Welt hatte. Sie wurde von dem geschloßenen Häuflein unterhalten, u. von ihrem Chor mit der nöthigen Kleidung versorgt. Ihr Herz hieng veste am lieben Heiland u. Er stillte heute ihre Sehnsucht bey Ihm zu seyn.

Die Brüder Wäiblinger u. Hagen reisten nach Lenzenhof ab. Ersterer als Hofmeister des [3] jungen Barons u. lezterer als Haushofmeister. Beyde waren danckbar für das, was sie bey ihrem Aufenthalt in Orellen genoßen. D. 5tn wurde den Claßen unserer lettischen Eheleute in Pohdin eine übersezte Rede gelesen. Ein gleiches geschahe bey den Wollmarischen Eheleuten, die in Gaides versamlet waren durch Bruder Skester Peter, welcher schreibt: Wir schämten uns, legten die Hand auf den Mund und sagten zum Heiland: Ists möglich Sünder so zu lieben, die dir gemacht so viel Betrüben? D. 6/17[WS 1] früh waren in Kryppen, die Knaben zur Feyer ihres Chorfestes beysammen. Nachmittag waren Fremdenstunden. Von den Gesellschaften die heute gehalten wurden, heißt es im Bericht von Benza: heute hörten wir, was der liebe Heiland seit dem neuen Jahr bis hieher an den armen Herzen gethan hat. Ach wir sind nicht vermögend Ihm genugsam zu dancken, für alle Gnade, die Er uns seit der Zeit hat widerfahren laßen u. wir konten im Abendsegen mit Beystimmung unserer Herzen singen: Du uns so nahes Wesen, mehr als man sagen kan, du bist bey uns gewesen, ich bet in Demuth an! Im Bericht von Pohdin heißt es: Die Noth [4] u. die Schwierigkeiten, welche die Brüder unter den Heiden finden, mahlten wir uns heute recht lebendig vor u. wir empfahlen die armen Heiden so wol, als die Zeugen die der liebe Heiland unter sie gestellt hat, dem durchstochenen Herzen Jesu u. baten Ihn, Geist u. Feuer auf ihr Zeugniß zu legen, damit noch viel tausend Heiden zum Lohn seiner Schmerzens möchten gesamlet werden. D. 15tn reisten Geschwister Peter Hessens nach dem Dörptischen ab. Der Schlitten schmiß durch die Unerfahrenheit des Kutschers 3 mal um u. zwar einmal in einen Graben, der liebe Heiland bewahrte sie aber vor Schaden. D. 27tn wurde in der Versamlung der Unaufgenommenen u. Fremden aus der Epistel an die Galater im 5tn Capitel vom 16tn Vers bis zu Ende gelesen. Das waren heilsame Erinnerungen an unser Volck heist es im Bericht von Pohdin. Der Heilige Geist gab den Worten Kraft u. ein jeder sahe wer er ohne Gnade u. ohne den Heiland wäre. Die Wercke des Fleisches sind so offenbar, wie die Wercke des Geistes. Wer nun die Gnade im Blut Jesu geschenckt bekommen hat, der danckt dem lieben Heiland dafür u. wird recht gestärckt u. erquickt bey dergleichen Lectionen, wie die heutige war u. [5] wem das fehlt, dem sagt sein eigen Gewißen mehr als wir ihm sagen dürfen u. der Heilige Geist gibt nicht zu, daß sich jemand bey einer solchen Beschreibung des natürlichen u. begnadigten Menschen betrüge. Dem geschloßenen Häuflein wurden Reden gehalten. Bruder Kegala Peter sagte in der Versamlung in Lohdes unter andern: Die Liebe des Heilands ist gegen uns so weit gegangen, daß sie nicht weiter hätte gehen können, Sein ganzes Leben war ein Leiden, was kostete ihn nicht die Buße für unsere Sünden? Was stand Er am Oelberge aus u. wie war Ihm zu muthe am Creuz da Er schrie: Mein Gott, mein Gott warum hast du mich verlaßen? Das hat Er alles gethan, um uns die Seligkeit zu erwerben u. wie lange ist Er uns nachgegangen, bis Er uns Gnade widerfahren laßen konte u. uns hernach auf Seinen Tod miteinander verbunden hat; Er hat uns auch die tägliche Unterredungsstunde mit Ihm deswegen gegeben, damit wir täglich bekanter mit Ihm werden sollen u. täglich inne werden, wie wir mit Ihm stehen u. damit wir, wenn wir finden, es fehlt bey uns, gleich wieder Gnade u. Absolution erbitten von [6] Ihm. wie Er gegen Petrum u. die Maria Magdalena gesinnt war, da sie gesündiget hatten, so erfahren wir Ihn auch noch u. wir wollen nun auch in den Gesellschaften miteinander darüber reden, was Er an einem jeden in diesem ersten Monate, dieses Jahres Gutes gethan hat. Hierauf wurden die Gesellschaften gehalten, u. es fanden sich Gottlob viele die einen seligen Monat gehabt u. manche Besuche vom lieben Heiland genoßen haben, die andern aber beklagten die verlornen Stunden. D. 1tn Febr. früh um 7 Uhr gieng die Schwester Powalckin selig heim. D. 2tn früh waren die Wittwer u. Wittwen zur Feyer ihres Chorfestes an 4 Orten beysamen. In Pohdin waren 9 Wittwer u. 72 Wittwen. Es heißt von daher: Dieses Chor genoß einen gnädigen Besuch vom lieben Heiland. Von daher heißt es den Wollmarischen Wollmarischen Wittwen schreibt Bruder Skester Peter: Es wurden so viel Sünder- u. Liebesthränen vergoßen, von unsern mehrentheils alten u. armen Wittwen, daß man sahe u. fühlte, wie herzlich wohl ihnen war in der Nähe des Martermannes. D. 3tn früh waren die Versamlungen der Kinder. [7] In der in Lohdes waren sie etwas unruhig; als nun Bruder Kegala Peter in die Versamlung kam fragte er einige Kinder: wie geht es euch? Sie antworteten, es geht uns allen recht wohl. Bruder Peter sagte weiter, das muß ich näher untersuchen u. fragte die übrigen Kinder: Ist das wahr was diese gesagt haben? Sie antworteten: Nein; sie sind unruhig u. leichtsinnig gewesen. Bruder Peter sagte weiter: was sollen wir nun mit denen machen, die die Unwahrheit geredet haben? Dergleichen Kinder gehören nicht in die Kinder-Versamlungen. Die Schuldigen fiengen an zu weinen u. baten die übrigen um Vergebung. D. 17tn waren in Lohdes die Kinder von 3 geschloßenen Häuflein beysammen u. Bruder Kegala Peter hielt ihnen eine Rede in welcher er ihnen den Anfang der Fasten-Zeit bekannt machte u. sie erinnerte die Marter-Jesu ihre Weide seyn zu laßen. Er machte ihnen dabey des Heilands zärtliches u. mit Liebe erfültes Herz dergestalt vor, daß viele Augen dabey naß wurden. D. 24tn wur wurde den Eheleuten eine Chor Rede des lieben Bruder Johannes über den Vers gelesen: [8] Hängt doch der ganze Ehestand an Jesu Marter-Gängen. Nachmittag wurde in der Versamlung der Unaufgenommenen u. Fremden, die 2te Lection von der Leidens-Geschichte unsers Herrn verlesen, u. die Marter Jesu bewieß ihre Gottes-Kraft. D. 3tn Merz grüßte Bruder Benze Laur das versamlete Chor der Mädgen in Pohdin von dem am 22tn Febr. selig heim gegangenen Mädgen Bullas Anna. Sie war noch nicht in das geschloßene Häuflein aufgenommen in den lezten Tagen ihrer Kranckheit aber, äußerte es sich, was ihr Herz für einen seligen Genuß an den blutigen Wunden Jesu hatte, u. ihr Mund bezeigte mit vielen Liebesthränen was ihr Herz genoß, bis sie selig verschied. Nach denen Gesellschaften wurde ihnen die Chorrede gelesen: Ich will nach dem Jehovah sehen, stehst du da? ich dencke ja! welche auch in die Paßions-Zeit sich gut schickte u. ihnen den Marter Mann in Seiner ganzen Leidens Schöne vormahlte. In den Versamlungen der Unaufgenommenen u. Fremden, welchen aber auch zugleich die Glieder des geschloßenen Häufleins immer mit beywohnen wurde die 3te Lection der Leidens Geschichte [9] Jesu mit untermengten Choralen gelesen. Es heißt davon im Bericht von Pohdin: Ach wie beschämt stunden wir da, bey den Worten: der größte unter euch soll aller Diener seyn; u. bey der Vermeßenheit Petri mit seinem Herrn in den Tod zu gehen, sahen wir ein Bild, wie weit es mit uns armen Menschen gehet, wenn wir nicht wißen, wer wir sind u. unsern Kräften etwas zu trauen. D. 7tn machte Bruder Peter Hesse dem geschloßenen Häuflein die von der Unitäts-Aeltesten-Conferenz für die lettischen Geschwister gezogene Loosung bekannt: Wir sollen nicht gefallen an uns selber haben, denn auch Christus nicht Gefallen an Sich selber hatte. Jesu eynu hilf mir dazu! Er erinnerte zugleich, daß ein jedes diese Loosung, die wir als eine Ermahnung aus dem Munde des Heilands selbst anzusehen hätten, vor dem Heiland überdencken, sich dabey untersuchen u. wahrnehmen möchte, was Er ihm durch den Heiligen Geist dabey sagen wolte. Wir hätten wol zu nichts weniger Ursach, als Gefallen an uns selber zu haben, indeß seyn wir zu allem aufgelegt wenn unsere Herzen vom Heiland abgewendet wären. D. 8tn [10] als am 4tel jährigen Bußtage waren die lettischen Versamlungen an ihren gewöhnlichen Orten. Es wurde die 4te u. 5te Lection der Passions-Geschichte gelesen u. die geschloßenen Häuflein hatten die Liturgie zum Haupt voll Blut u. Wunden. Wir hatten einen ausgezeichneten Gnadentag heißt es im Berichte von Pohdin, dafür sey unserm gecreuzigten Gott u. Martermann ewig Lob u. Danck gebracht, von uns seinen armen Sündern, die nun so selig genießen, was Er uns so sauer erworben hat. D. 10tn früh waren die Versamlungen der Kinder u. nach der Rede wurden diejenigen von den Kindern abgesondert, welche zu den Knaben u. heranwachsenden Mädgen solten gethan werden. Nachmittag war die Lection der Paßions Geschichte mit einem besondern Gnaden-Gefühl begleitet. Sodann wurde den geschloßenen Häuflein eine Rede gelesen über die Worte: Der Märtyrer für uns. Denn was Er ausgestanden das hat verdienet meine Seel. Die Lection aus der Passions-Geschichte hatte schon selige Wirckung auf die Herzen gehabt u. diese Rede machte nun die application auf jedes [11] armes Herz ins besondere u. die dabey zu fühlende innige Nähe des Martermans machte ihnen durch gängig diesen Tag zu einem besondern Festtage der Marter-Gottes u. versüßte ihnen ihre schwere Sclaverey. Es heist davon in einem Berichte: Wenn es auch manchmal den ganzen Tag so geht, daß man vor Arbeit auf nichts, als was man vor sich hat, dencken kan, so bleibt uns doch unsere Unterredungs Stunde mit dem Marter-Mann übrig u. wenn wir auch diese manchmal nicht halten können, so ist der Trost unsere Zusammenkunft, in der unser lieber Heiland in unserer Mitte wandelt u. in Seiner Tods-Gestalt, jedem selbst vor das Herz tritt. Ach du selige Marter Gottes, wie viel tausend u. aber tausend hast du schon zum Leben gebracht u. wie viel kalte Herzen hast du mit Liebe entzündet, dir sey ewig dafür Danck gebracht. D. 11tn gieng die Wittwe Jeschka Anna selig heim. Sie war schon vor der großen Erweckungs-Zeit 1742 verheyrathet worden u. als die Versamlungen der Brüder sich anfingen, besuchte sie dieselben gleich, u. das Zeugniß von der Marter Jesu war ihr sehr angenehm. Sie wurde nach u. nach mit den Geschwistern bekannt, fand Gelegenheit [12] über ihr ganzes Herz auszureden, lernte sich als eine arme verdamte u. verlorne Sünderinn kennen u. ihre Noth trieb sie zum Heiland. Sie wurde bald in das geschlossene Häuflein aufgenommen, da sie einen Bund mit dem Heiland machte, ewiglich Seine zu seyn. Bey Einrichtung des Stunden Gebets bekam sie auch eine Stunde, welche ihr im Umgang mit dem Heiland viel austrug. Als 1743 die Versamlungen verboten wurden, ließ sie sich nicht abschrecken, sondern ihr Herz hieng vest am Heiland u. sie gieng ihren Gang als eine begnadigte arme Sünderinn fort. Nach einigen Jahren aber, da zugleich die Zeit herbey kam, daß sie ihre Kinder wolte versorgt wißen, verlor sich bey ihr allmählich das Gefühl. Da nun ihre Tochter, die nicht zu den Geschwistern gehört, verlobt war, u. sie ihre Braut-Kleider nach der Welt weise verfertigen half, traf es sich, daß ein Bruder zu ihr kam, als sie eben damit beschäftiget war. Derselbe sagte zu ihr: ich verstehe es nicht, wie eine Schwester sich so tief mit den Weltsachen einlaßen u. so nahen Antheil daran nehmen kan. Das waren nun wol wenig Worte, aber was ihr der Heilige [13] Geist bey der Gelegenheit gesagt, gieng desto tiefer. Sie hatte keine Ruhe im Herzen, trente sich von den Geschwistern u. blieb über ein halbes Jahr ganz weg. Allein der liebe Heiland der sie ein mal beym Herzen gefaßt hatte, gieng ihr treulich nach u. sie wußte nicht, wo sie vor Unruhe bleiben solte. Da traf es sich denn ein mal, daß sie eine von ihren ehemaligen Gesellschafts Schwestern nicht weit von ihrem Gesinde vorbey gehen sahe, derselben lief sie nach u. entdeckte ihr unter vielen bittern Thränen ihres Herzens-Zustand u. unter diesem Reden wurde ihr zum ersten mal wieder wohl u. sie sahe wieder den Mann mit 5 Wunden roth, den sie verloren hatte. Ihre sünderhafte Freude darüber war unaussprechlich. Nun fieng sie wieder an, die Versamlungen der Geschwister zu besuchen u. lebte ganz von neuem auf. Nachher starb ihr Mann u. diese Noth trieb sie auch näher zum Heiland, sie wurde dann absolvirt u. wieder zu dem geschloßenen Häuflein hinzugethan, sie wurde hierauf so vergnügt, einfältig u. kindlich im Umgang mit dem Heiland daß sie ihren Mittschwestern zur Erbauung war. Auch wurde [14] ihr die Pflege des Wittwen-Chors im Marzenschen u. Schmiltenschen an vertraut, welches Amt sie treulich im Innern u. Aeußern besorgte, so daß sie auch ihren lezten Bissen mit den Nothleidenden theilte. Vor 2 Jahr trat ihr ältester Sohn in die Ehe u. ihm wurde die Wirthschaft aufgetragen, dadurch bekam sie wol ruhigere Zeiten von außen; hatte aber desto mehr Schmerz zu empfinden, wenn sie sahe, wie alles so unordentlich im Gesinde zugieng. Die Gelegenheit zu ihrer Auflösung war die Auszehrung. Sie brachte noch ein Vierteljahr die Zeit im stillen Umgang mit dem Schmerzens Mann zu, bat allen ihren Gesinde Leuten ab, wo sie was versehen hätte u. erblaßte an bemeldtem Tage in Jesu Arm u. Schoos in einem Hohen Alter. D. 23 wurde das Fest vom 25tn Merz gefeyert. In Kryphen hatten die Knaben ihre Versamlungen zu welchen 22 aus den Kindern hinzu gethan wurden. Das Chor der Mädgen, welche ihre Versamlungen in Pohdin hatten, wurde mit 20 vermehrt. Nachmittag wurde in der Versamlung der Unaufgenommenen u. Fremden über den Vers geredet, Der Schöpfer aller Creatur, nimt an [15] sich unsere Natur. Bruder Pohdin Maoz sagte unter andern: Ach wie würden die Liebes-Danck- u. Freudenthränen einander ablösen wenn wir wahrhaftig die Sache fühlten, daß unser Gott u. Schöpfer ein armer Mensch geworden ist, wie wir u. uns als unser Mittmensch u. Bruder die Seligkeit erweinnt u. erbüßet hat, wer würde sich von uns sündigen Creaturen unterstanden haben zu Gott zu nahen, wenn Er Sich nicht zu uns herunter gelaßen u. Sich zu uns genahet hätte u. s. w. D. 24tn waren die Kinder an ihren gewöhnlichen Orten versammelt, das Fest der Menschwerdung unsres Herrn zu feyern. Nachmittag wurde in der Lection der Leidens-Geschichte Jesu fortgefahren, auch wurde der Anfang der Marter Woche bekant gemacht u. alle ermahnt in dem seligen Gefühl das der Heiland in dieser Fasten Zeit geschenckt, auch diese Woche mit Ihm in Seine Leidens Liturgien zu ziehen. D. 28tn hatten die Geschwister so wol in Pohdin als in Benza in der Wendischen Kirche ein seliges Abendmahl darauf hatten sie eine Liturgie u. Anbeten. Nachmittag wurde [16] in der Lection der Leidens-Geschichte fort gefahren u. eine Rede des seligen Jüngers[WS 2] verlesen. Dann war eine Liturgie. Unter dem Vers: Deine rothgefärbte Wunden p. fielen sie auf die Knie u. danckten dem lieben Heiland mit tausend Thränen, für Seine Seelen Schmerzen u. Marter bis in Tod u. beschloßen damit diesen Gnaden Tag, den alle Berichte nicht genug beschreiben konten. So begiengen sie auch den Charfreitag u. großen Sabbath in seliger Betrachtung deßen, was unser lieber HErr zu unserm ewigen Heil gethan u. gelitten hat. Zu Pohdin waren am Charfreitag d. 29tn die Arbeiter des Araischen Häufleins beysammen u. sie wurden, nachdem mit allen war gesprochen worden in Gegenwart der kleinen Conferenz absolvirt wobey alles in Thränen zerfloß. Das Oster Fest d. 31tn wurde von dem Häuflein seliglich begangen. Bruder Benza Jacob hielt eine Rede an die ledigen Brüder u. Knaben in Kryhpen u. sagte: Die selige Marterwoche ist nun zu Ende, aber wir sehen auch heute den Heiland nach Seiner Auferstehung mit dem Zeichen Seiner empfangenen Wunden an Händen u. Füßen u. in Seiner [17] heiligen Seite, das soll uns einen ewigen Eindruck geben, wie viel es ihn gekostet, daß Er uns erlöset hat u. einen ewigen Abscheu gegen unsre Sünden erregen, um deren Willen Er Sein heiliges Blut vergoßen hat u. das büßen muste, was wir verschuldet haben. Wie billig wäre es nun, sich Ihm gleich ganz hinzugeben u. was für ein gräulicher Gedancke ist es, sich Ihm vorenthalten, oder gar die Sünden, die Ihm das Leiden verursacht haben, noch lieb behalten? Hierauf wurde noch den Aufgenommenen eine Chorrede verlesen, Es heißt in ihrem Berichte: Diese gesalbte Rede bestätigte nicht nur, was wir in der vorigen gehört hatten; sondern brachte uns auch ins Andencken, was für Schmerzen einer oder der andere verursachet, der sich von der Sünde betrügen läßt, so daß sie sich selber darüber hätten anspeyen mögen, dahingegen die Weide in der Marter Jesu, Leib u. Seel erquickt u. der Friede Gottes Herzen u. Sinnen bewahret, daß sie bleiben in Christo Jesu. Darnach giengen sie hinaus auf das Feld, schloßen einen Creis u. sangen noch einige Verse.

[18] Es waren dieses mal mit den Knaben 320 beysammen. In der Liturgie mit dem Ambrosianischen Lobgesang, bey den Worten: Laß uns im Himmel haben Theil mit den Heilgen am ewgen Heil, erbaten sich die Häuflein die ewige Gemeinschaft mit den seit verwichenen Ostern heimgegangenen 11 Personen. D. 7tn Aprill hörte man in den Gesellschaften von allen Seiten danckbare Ausdrücke über den bisherigen seligen Genuß der Marter Jesu. Von der Versamlung in Lohdes erzehlte ein verehlichter Bruder, der eine Zeit lang ausgeschloßen gewesen, aber am Charfreitag wieder absolvirt u. angenommen worden ist, wie gesegnet ihm die Zucht vor sein Herz gewesen. Die Gelegenheit habe er vorher nur aus Gewohnheit besucht u. sey so trocken hinausgegangen wie er hineingegangen, nun fühle er neues Leben u. es sey ihm gegenwärtig, als könne er ohne die Gemeinschaft nicht mehr leben. Von der Kaukershofischen Versamlung schreibt Bruder Skester Peter: Das Wehen wies zu Emaus war, war auch unter uns heute zu fühlen u. [19] ob wir gleich den Martermann nicht in unserer Mitte sahen, so war Er uns doch unaussprechlich nahe u. blies uns mit Seinem Lebens-Othem an, das auch unsere arme Herzen entzündet u. unsere Augen mit Liebesthränen angefült hat. D. 14tn wurde den ledigen Brüdern in Kryhpen nochmals die Chorrede unsers lieben Bruder Josephs gelesen, über die Worte: So ist nun nichts verdamliches an denen die in Christo Jesu sind p. Es heißt davon in ihrem Bericht: Diese gesalbte Rede hatten wir wol schon gehört, allein desto schmackhafter u. nießbarer war sie uns, da wir sie das erste mal nicht ganz aus kosten konten. D. 28tn May begiengen die ledigen Schwestern die Nachfeyer ihres Chorfestes im Segen, 18 Mädgen wurden zu dem Chor hinzu gethan. Von den Gesellschaften an diesem Tage heißt es in dem Bericht von Benza: Wir müßen dem lieben Heiland zum Preise nachsagen, daß diesesmal wenige waren, welche die Zeit mit Klagen zubrachten; sondern die mehresten bezeugten, daß sie in ihrer Unterredungs Stunde manche selige Besuche vom lieben [20] genoßen hätten. Die Wollmarischen geschloßenen Häuflein hatten heute die Nachfeyer des Gedencktages ihrer Verbindung, welcher am 19tn Aprill war. Bruder Skester Peter schreibt davon: Ach du allerliebster, barmherziger u. von Herzen gnädiger Heiland, wie liebreich hast du uns heute angeblickt, uns durch Deinen Heiligen Geist gezeiget, wo wir gefehlet, daß wir statt der Worte, nur die Thränen unserer Augen konten reden laßen. Du vergibest Missethat Uebertretung u. Sünde u. kanst unsere Wunden in einem Augenblicke heilen. Dir trauen wir also zu, was wir dir nicht versprechen können, nemlich daß die erste Liebe wieder unter uns auf kommen möge. Dir sey Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit Amen! Im Berichte der Wollmarischen Versammlung in Brehmda heißt es: Das war wieder ein Menschensohnstag, wie die Tage der ersten Erweckung. Der liebe Heiland erneuerte heute den Bund, den Er damals mit uns machte, u. was ein jedes armes Herz dabey genoß, das geht über alle Worte. D. 5tn May frühe waren [21] die Kinder Versamlungen. In der zu Lohdes stelte Bruder Lecka Antsch den Kindern vor, wie glücklich sie wären, daß sie schon [in?] ihrer Jugend die schönen Verse zu genießen bekämen, welche ihre Eltern so viele Jahre ohne Gefühl u. ohne sie zu verstehen gesungen hätten. Nachmittag wurde aus Petri am 2tn Vers 11tn bis zu Ende gelesen. Diese Lection heist es im Berichte von Pohdin, wurde wol in der Versamlung der Unaufgenomenen gelesen; allein alle, Aufgenomene sowol als Arbeiter, fanden darinn was für sie gehörte u. manche mußten sich noch schämen für den Unaufgenommenen, die viel begieriger sind, als jene u. gar selten eine Gelegenheit versäumen. Denen geschloßenen Häuflein wurden Singstunden gehalten, davon es heißt in gedachtem Bericht: Unser Innerstes freute sich Gottes unsers Heilandes u. von außen hatten wir einen schönen Frühlings Tag. Wir hielten zum ersten mal unsere Gesellschaften im Busch welche mit vieler Munterkeit des Herzens begleitet waren. Viele freuten sich auf die Zeit, da sie nicht [22] mehr nöthig haben, Winckel zu suchen um mit dem lieben Heiland alleine zu gehen. u. zu reden u. die Wächter bey den Pferden die ganze Nacht; die Hüter des andern Viehes aber, den ganzen Tag im Umgang mit dem Heiland verbringen u. sich mit Ihm die Stunden verkürzen können. Denen geschloßenen Häuflein

In Benza kamen ein paar Eheleute zum ersten mal in die Fremdenstunde u. auf Befragen, was der Zweck ihres Besuchs wäre, antworteten sie aus dem innern Triebe des Herzens: Der so verachteten Lehre vom Creuz anzuhängen u. sie zu genießen d. 8tn Abends erinnerten sich die Arbeiter Versamlungen, so wie am 9tn die geschloßenen Häuflein der Himmelfarth unsers lieben Herrn. In Benza wohnten verschiedene Deutsche den Fest Gelegenheiten mit bey. Auch fand sich eine ledige Lettin zum ersten mal mit ein.

In den Gesellschaften am 12tn bezeugten viele, wie manchen gnädigen Besuch vom lieben Heiland sie in u. außer ihren Unterredungsstunden gehabt hätten. Die Arbeiter bezeugten insonderheit, [23] wie sehr ihnen die Arbeit an den Seelen durch die Lectionen aus der Bibel erleichtert würde, da sie diejenigen, die gegen den Sinn Christi gehandelt hätten, nur an das gelesene erinnern dürften. D. 18tn Abends erinnerte Bruder Benza Laur in der Arbeiter Versamlung in Pohdin: Das Amt des Heiligen Geistes uns die Wunden Jesu zu verklären, sey ihnen bekannt, wie oft aber nicht darauf gemerckt, ja wie oft Er gar betrübt werde, das werde einem jeden sein eigen Herz sagen, sie wolten sich des wegen alle von Ihm absolviren laßen. Dieses erbaten sie sich darauf in einem Gebet auf den Knien. Eben diese Fest-Materie wurde von dem geschlossenen Häuflein am Pfingsttag d. 19tn seliglich betrachtet. Es heißt von diesem Feste überhaupt im Berichte von Benza: Dieses Fest wurde mit vieler Gnade u. seligem Gefühl gefeyert u. zeichnete sich besonders dadurch aus, daß der Heilige Geist viele vor uns verborgene Sachen ans Tages Licht brachte u. zugleich wurde [24] manches Krancke u. Schwache wieder aufgerichtet. Unserm lieben Herrn der es uns mit Blut erworben, sey Lob, Preis u. Ehre u. dem Heiligen Geiste dafür innig Danck gesagt, daß Er Sich unaufhörlich mit uns mühet. D. 26tn sagte ein verehlichter Bruder in der Gesellschaft: Ich hatte vom 2tn auf den 3tn Feyertag eine so selige Nacht, daß ich nicht wußte, wie mir geschahe, gerne hätte ich die Minute Heim gehen u. meinen blutigen Heiland umfangen mögen.

Ein lediger Bruder äußerte sich nach dem Pfingst Fest so: Mein Wunsch ist nur, ach bleib mir immer so, so genüget mir.

Vom 2tn Juny schreiben die Arbeiter der ledigen Brüder: In der Chor Conferenz dachten wir über die mancherley Gebrechen im Chore, suchten die Schuld nicht so wol bey den Brüdern, als bey uns selbst u. weinten vor dem lieben Heiland, über unsere Ungeschicklichkeit. In der Versamlung in Lohdes sagte Bruder Kegala Peter: Wir leben wol jezt in der Arbeits-Zeit [25] da wir mit den äußern Verrichtungen sehr beschäftiget seyn; allein es bleibt uns doch dazu immer Zeit übrig, unsere Unterredungsstunden mit dem lieben Heiland zu halten, wo nicht anders, doch unter u. bey der Arbeit u. da haben wir die Erlaubniß, nicht nur unserthalben u. wegen der uns am nächsten liegenden Hausgenoßen u. Geschwister, mit dem Heiland zu reden; sondern wir können Ihm die ganze Welt empfehlen zum Lohne seiner Schmerzen. Denn das ist der Character eines begnadigten Herzens, daß es sich nicht damit begnügen kan, daß es allein für sich aus Gnaden selig ist, sondern wünscht, daß noch viel tausend mal tausend der Seligkeit möchten theilhaftig werden, die ihnen der liebe Heiland mit Seinem Blute erworben hat.

D. 6tn wurden Conferenzen wegen der Pflege der Kinder gehalten. D. 9tn sagte Bruder Benza Jehcob[WS 3] zu den Kindern in Benza: Lieben Kinder! Das Kinderherz habt ihr nicht von euch selbst, sondern ihr habt es erst in der Taufe erhalten, da eure Herzen mit dem [26] Blut u. Waßer, das aus dem Herzen Jesu, bey der Eröfnung Seiner Heiligen Seite gefloßen ist, sind besprengt u. von allen Sünden gewaschen worden. Dieses Blut erhält euch nun das Kinderherz u. wenn ihr es verloren habt, so müßt ihr es da wieder suchen wo ihr es zum ersten mal bekommen habt. D. 16tn sagte Bruder Benza Jehcob in der Versamlung in Benza: Die wahre Herzens Bekehrung geschiehet durch Jesu Leiden. Unter dem Blick auf unsern gecreuzigten Heiland, werden wir wie neu geboren u. die Früchte der neuen Geburt, zeigen sich dann auch, nemlich die Feindschaft gegen die Sünde u. gegen alles, was dem lieben Heiland zuwieder ist. D. 24tn als am Johannes Tage waren früh die Versamlungen der Kinder. Bruder Kegala Peter sagte zu denen, die in Lohdes versamlet waren, unter andern:

Das Heutige Fest ist ein Lehrfest für die Kinder, weil die Geschichte deßelben sehr lehrreich für sie ist. Der kleine Johannes lehret sie, daß auch [27] so kleine Kinder mit dem Heiland umgehen können. Der kleine Johannes sahe den Heiland nicht, fühlte aber Seine liebe Nähe so kräftig, daß er vor Freuden hüpfte. So können auch unsere Kinder wenn sie Ihn gleich nicht sehen Ihn dennoch nahe fühlen u. sich Seiner von ganzem Herzen freuen. Der liebe Heiland hat auch die Kinder so lieb gehabt, daß Er ihnen gleich Raum verschafte, wenn die großen Leute sie hindern wolten, zu Ihm zu kommen. So macht Er es auch noch diese Stunde, Er räumt ihnen die Hinderniße aus dem Wege. Dieses u. noch tausend Wohlthaten habt ihr von Ihm zu genießen. Aber über alles gehet dasjenige, was euer Versel sagt: Du hast mich in der Heiligen Taufe zum Kindelein geweyht. Das Blut u. das Waßer das aus Seiner Heiligen Seite am Creuze floß, hat euch begoßen, das erhält euch nun das Leben u. s. w. Darauf fiel er mit den Kindern auf die Knie, empfahl sie der Liebe des Heilands u. der [28] Pflege des Heiligen Geistes. Die Kinder hatten eine außerordentliche Gnaden u. Segens Stunde. D. 30tn sagte Bruder Kegala Peter in der Versamlung in Lohdes: Der Umgang mit dem lieben Heiland hat auf alle unsere Arbeit einen seligen Einfluß, unser Pflügen, unser Säen, unser Heu machen, unser Einerndten, kurz alles gehet gut u. leicht vonstatten, wenn es im Umgang u. in der Nähe des Heilands verrichtet wird. In den Gesellschaften wurde mit Vergnügen gehört, was der liebe Heiland in diesen schweren Arbeits-Monaten an den Herzen gethan hat. Die Gnade, heißt es im Bericht von Benza, ist nicht nur an den Herzen kräftig gewesen, die mit Ihm bekannt sind; sondern wir haben auch die Freude zu sehen, wie manche von den besuchenden Fremden kräftig angefaßt worden sind. Wir beschloßen also heißt es ferner in gedachtem Berichte diesen Monat u. dieses 1te halbe Jahr bey allen unsern unzehlichen Mängeln u. Gebrechen, die wir je länger je mehr inne werden, dennoch mit herzlichem Lob u. Danck gegen Den, der niemanden, der zu Ihm komt, leer von sich läßet. – – Ihm sey Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen.

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II.) Auszug aus dem Diario der Geschwister zu Nain in Labrador vom Anfang Nov. 1772 bis zum 29tn Sept 1773

Mit dem wahren Gefühl unsers ungeschickt seyns zu dem, was wir unserm lieben HErrn seyn solten; aber mit inniger Sehnsucht unsers Herzens, Ihm immer mehr zur Freude zu werden, u. mit gläubiger Hofnung sezen wir auch dieses Jahr unser Diarium fort. Zuvörderst grüßen wir dich liebe Gemeine mit danckbarem Herzen für dein treues Theilnehmen in Gebet u. Handreichung u. können mit kindlich gebeugtem Herzen mit Paulo sagen: Wir wißen, daß es uns gelinget zur Seligkeit durch euer Gebet u. durch Handreichung des Geistes Jesu Christi. Gewiß alle unsere lieben Brüder u. Schwestern, werden mit uns unsern HErrn loben u. Ihm dancken für Seine an uns im vergangenen Jahr erwiesene Gnade u. treue Bewahrung von Innen u. außen. In den ersten Tagen des Nov. 1772 waren wir sehr beschäftiget, damit das Schiff welches von England hier war, bald möglichst wieder zurück kehren könne. Der Capitain Mugford wünschte dieses selbst gar sehr, theils aus [30] Furcht vor den in dieser Jahres-Zeit einfallenden Stürmen, theils auch weil er besorgte, das Schiff möchte bey längerem Aufenthalt ein frieren. In Ansehung des lezteren aber glauben wir, so viel man den Erzehlungen der Eskimos u. unserer ein jährigen Bemerckung trauen kan, versichern zu können, daß es hier nicht eher als zu Anfang oder in der Mitte des Dec. ganz ein friert. Nach der Ankunft des Schiffes hatten sich nicht nur diejenigen Eskimos die es zuerst angetroffen, sondern auch andere auf die Nachricht davon, bald bey uns eingefunden. Es wurde ihnen aber gesagt, daß wir so lange das Schiff hier läge nicht Zeit hätten Besuch von ihnen in unserm Hause an zu nehmen, weil wir unsern Geschwistern in Osten unsere Gedancken schreiben müsten, wenn sie aber etwas zu verhandeln hätten, so würde Bruder Theobald zu ihnen kommen. Sie haben sich in der Absicht so wol auf geführt, daß man sich darüber gefreuet hat. D. 5tn Nov. früh da unser lieber Captain Mugford ans Land kam u. bey einem Zelt vorbey gieng, hörte er, daß ein Eskimo [31] eine lange Zeit in einem besondern Ton redete u. da er hinein sah, fand er, daß es der so genannte Capitain Kettornak wäre. Er kam darnach zu uns u. sagte uns: Er glaube daß der Kettornek zaubere. Wir hatten nicht gehört, daß derselbe je dergleichen getrieben hatte. Bruder Jens Haven gieng daher mit gedachtem Capitain zu gedachtem Zelt u. fand den Kettornak noch murmelnd, derselbe that nemlich über des Manuina kränckliche Schwester nach ihrer Art Wünsche, denn zaubern kan man dieses eigentlich nicht nennen, weil es, wie wir erfahren haben alle Manns u. Weibsleute ohne Unterschied thun u. sie außer dem, ihre besondere Angekoks u. Illiseetsoks haben. Lezteres sind Zauberinnen. Von einer solchen Illiseetsok will ich bey der Gelegenheit einen Umstand anführen, der vorigen Sommer ehe die Eskimos auf die Renthier Jagd giengen, vor kam, u. in unserm vorigen Bericht, nicht ist erwehnt worden. Diese Zauberinn war die Frau des Milliks des Bruders des Pattigo die etwa 30 Jahr alt seyn mag u. nicht von dem Tümsten ihres Volcks ist. Man [32] erzehlte von ihr, daß sie von ihrem Torgnak in das innere des Landes entzückt gewesen sey u. daselbst unzehliche Renthiere gesehen habe. Als die Eskimos darauf auf die Renthierjagd giengen, sollen sie auch gar viele angetroffen haben wie wol nur wenige davon bekommen. Capitain Mugford ließ dem Capitain Kettornak durch Bruder Jens Haven sagen: Jezt kan ich dich nicht mehr für einen Capitain erkennen weil ich u. andere Capitains nie Angekoksiren oder sonst etwas dergleichen thun, der arme Kettornek wurde hierüber so bestürzt, daß sich seine Farbe veränderte u. er ließ unserm Capitain wieder sagen, er wolle es nicht mehr thun, der selbe möchte ihn nur ferner für einen Capitain erkennen. Capitain Mugfurd ließ ihm antworten: Dieses Jahr kanst du kein Capitain seyn, wenn ich künftiges Jahr wieder komme u. nichts übels von dir höre, so will ich dich wieder als Capitain ansehen. Bey der Gelegenheit wurde in Gegenwart des Capitains, den hier befindlichen Eskimos von Bruder Jens Haven, die uns dieses Jahr zu gesendete [33] Proclamation des Herrn Gouverneurs Schuldams: daß die Eskimos nicht nach Süden fahren solten, erklärt u. bekannt gemacht. D. 6tn früh machten sich die Eskimos fertig von hier nach ihren Winter Pläzen abzufahren. Sie wurden nochmals erinnert u. gebeten, ja nicht zu vergeßen was sie in diesem Sommer von ihrem Schöpfer u. Erlöser gehört hatten; sondern fleißig daran zu gedencken, daß Er aus Liebe zu uns gefallenen sündigen Menschen in die Welt gekommen u. ein Mensch wie wir u. sie geworden sey, viele Schmerzen u. den Tod am Creuz erlitten, ja alle Sein Blut vergoßen habe, um uns Gnade u. Seligkeit zu erwerben, die wir jezt durch gläubiges Annehmen Seines Verdienstes genießen könten, die wir ihnen aus eigner Erfahrung bezeigten, welches auch die einzige Absicht sey, aus der wir in dieses Land gekommen. Verschiedene von ihnen fuhren auf die benachbarten Inseln u. wir freuen uns, daß wir doch einige in der Nähe behalten so daß man sie, wenn es die Kälte zuläßt besuchen u. auch an ihren Wohnpläzen ein Zeugniß vom Heiland ablegen [34] kan. Das heilige Abendmahl welches 8 Tage wegen Ankunft des Schiffes ausgesezt worden war, genoßen wir d. 7tn mit unsern lieben Brüdern John Hill u. Wolfus aufs seligste, zum neuen Segen u. Stärkung für unsere Herzen u. hoffentlich auch zum bleibenden Eindruck für unsern lieben Capitain Mugford, der dabey auf sein Verlangen zusahe. D. 8tn früh nach 9 Uhr segelte das Schiff mit unsern guten Wünschen von uns ab. Bruder Stephan Jensen nebst 4 ledigen Brüdern begleiteten daßelbe mit unserm Boote um ihn bis vor die Insel hinaus als Lootse zu dienen. Die Brüder Brasen u. Joseph Neißer giengen mit dem Schiff bis an die Norder Hucke unsers Landes, wo sie nach herzlichem Abschied ans Land giengen u. nebst Geschwister Schneiders, Havens mit ihrem Söhnlein u. Bruder Wolfus die zu Lande dahin gegangen waren, sich über die glückliche Abfahrt des Schiffes freuten. Die Brüder Drachard u. Theobald u. die Schwester Brasin waren zu Hause bey einem Eskimo nebst seiner Frau die Vormittag zum Besuch gekommen waren. Er kam im [35] Kajak u. hatte seine Frau hinten auf dem selben auf dem Bauch liegend hergebracht. Ihre Winter Wohnung haben sie etwa 4 Stunden südwärts von hier auf Satorsoak. Es war der junge Angekok Keminguse. Er u. eine von Mikaks Schwestern nebst ihrem Manne haben vor einiger Zeit zu verstehen gegeben, daß wenn wir es ihnen nur heißen wolten sie nicht un geneigt wären, den Winter bey uns zu wohnen. Es ist den Eskimos überhaubt bey Gelegenheit von den Brüdern, die mit ihnen reden können gesagt worden, daß es ihnen sehr lieb wäre, wenn einige von ihnen, wenn es auch ohne Zahl wäre /: ohne Zahl sagt man bey ihnen wenn es über 6 ist :/ bey uns wohnen wolten. Jedoch müßten sie gar nicht erwarten, viel weniger drauf rechnen, Lebens Mittel von uns zu erhalten, weil wir von Osten nur so viel bekommen, als für uns nöthig wäre, dagegen könten sie fast immer wenn die Kälte nicht zu gros sey, auch im Winter auf dem Eise Seehunde fangen, wenn sie fleißig seyn wolten. Oberwehnte Eskimos fuhren Nachmittags wieder ab. D. 10tn [36] kamen unsere Brüder mit dem Boot zurück. Sie konten uns nicht genug erzehlen, wie gut es der HErr mit Wind u. Wetter gefügt hatte. Da sie d. 8tn gleich Nachmittags in den geraden Auslauf zur See, mit dem Schiff gekommen waren, musten sie wegen Windstille u. widrigen Stroms den Ancker fallen laßen u. lagen daselbst bis den andern Morgen einige Stunden vor Sonnen Aufgang, da sie sehr guten Wind bekamen u. weil es Sternhelle war, gleich unter Segel gingen. Unsere Brüder begleiteten sie noch weiter in die Inseln hinaus, hattens aber ziemlich schwer mit dem Boote, gegen den Wind zu rücke zu kommen. Sie kamen doch glücklich auf einer Insel an, wo sie Zelt machten. Um 10 Uhr Vormittags sahen sie noch von der höchsten Spitze der Insel das Schiff in großer Entfernung u. verloren es bald aus den Augen. Sie musten den Tag u. die Nacht auf der Insel wegen widrigen Windes bleiben u. kamen erst heute glücklich bey uns an. Wir waren alle danckbar u. froh u. haben zu unserer Beugung u. Beschämung Gottes Wunder Hand in [37] dem glücklichen Gange des Schiffes in diesem, wie im vorigen Jahre gesehen. Wie wol es im Sept schien als wolte der Winter mit Macht herein brechen, so haben wir doch seit dem sehr schönes Wetter gehabt u. aller Schnee ist so weg geschmolzen daß es wie im Sommer aus sahe. Diesen Abend aber u. d. 11tn den ganzen Tag hatten wir starcken Ostwind mit Regen u. Schnee u. dazwischen Hagel, welches hier etwas seltenes ist. Die Nacht drauf war ein heftiger Sturm. D. 12tn da es wieder schön Wetter war fuhren einige Brüder mit dem Boot in die Norder Bucht hinter Nains Berg, um das Gras, welches am 9tn u. 10tn von den zu Hause gebliebenen Brüdern geschnitten worden, für unsere Schaafe u. einige Ziege abzuholen. Wir sind für die selben unsern Geschwistern sehr danckbar u. hoffen, daß sie unserer Haushaltung nüzlich seyn werden, wenn wir sie nur im Sommer vor den Hunden der Eskimo schüzen können, welche gleichsam zahme Wölfe sind u. kein Thier verschonen, das sie erreichen können. [38] Der Ziegenbock den wir im vorigen Jahr übrig behielten wurde einmal als er uns unwissend zu freßen aus gieng sogleich von den Hunden der Eskimos u. ein andermal von unsern eigenen Hunden, da er mit ihnen freßen wolte, so übel mitgenommen daß wir ihn schlachten musten. Wir haben an einigen entfernten Orten Pläze gefunden wo gut Gras wächset so daß wir sie künftig des Winters durch bringen werden. Sie freßen auch Spruce eine Art Tannen Reisig, woraus wir unser Bier brauen. Auch haben uns Bruder Hill u. der Capitain ein gut Theil der über gebliebenen Heringe, die sie zum Fischfang auf den Bancks brauchen, zurück gelaßen, welche wir auch zu Fütterung der Schaafe zu brauchen hoffen, wofür wir, so wie für alle über sandte Lebens-Mittel u. besonders auch für die Geschencke einiger Geschwister von Herzen danckbar sind. D. 13tn empfahlen wir uns mit der ganzen Brüder Kirche unserm theuren HErrn u. Aeltesten u. verbanden uns beym Kelche zu neuer Diener-Treue. Wir erquickten uns in [39] diesen Tagen besonders an den übersandten deutschen u. englischen Loosungen u. an den Gemein-Nachrichten, die uns eine wahre Weide fürs Herze sind u. uns zu Herzlichem Danck gegen unsern lieben HErrn u. unsere lieben Geschwister reizen. In der Beter Versamlung am 14tn bekante sich unser lieber HErr auf das innigste zu uns. Sonst wurde diese Woche bey hohem Waßer, mit dem Boot, Brennholz unter dem Sophienberg gegen uns über abgeholt. Bey zu nehmender Kälte in den folgenden Tagen, fieng der Strand an sich mit Eis zu belegen. Sonst aber fror es noch nicht zu. Da das Waßer noch offen war, u. die Witterung es zuließ, brachten wir die Fuchsfallen mit dem Boot nach der Süder u. Norder Bucht. Wir haben auch in dieser Zeit, da das Land fast mit Schnee bedeckt ist, bey 30 Ripper bekommen wofür wir sehr dankbar sind, denn es ist das einzige frische, das wir den Winter über erhalten. Das Häusgen welches wir im vorigen Sommer gebaut haben, dienet unter andern unserm Bruder Wolfus zu seinem Böttger Handwerck [40] worauf er sich bis her eingerichtet hat. D. 3tn Dec. war unser Haven u. die ganze Bucht bey einer Kälte von 10 Grad unter 0 oder 42 unter dem Eispunct ganz zu gefroren. Sie gieng aber Tags darauf da es gelinder wurde, wiederum auf. In der Beter-Versamlung d. 5tn baten wir Gott den Heiligen Geist, daß Er das seligmachende Wort, welches die Eskimos von uns gehört haben, auch in dieser Zeit, da wir sie u. sie uns nicht besuchen können, selber in ihren Herzen u. Gedancken erinnerlich machen wolle. Wir wünschen u. freuen uns im Geist nach Seinem gnädigen Willen, bald die erste um Gnade in Jesu Blut weinende Seele, von dieser armen u. noch im finstern tappenden Nation zu sehen. Da jezt das Land völlig mit Schnee bedeckt ist, so machten wir diese Woche den Anfang wie voriges Jahr 3 mal in der Woche zu den Fuchsfallen zu gehen, es fror auch bald das Wasser dergestalt zu, daß wir auf dem Eise hin kommen konten u. d. 21tn wurde der erste Fuchs von Silberfarbe nach Hause gebracht. Auch haben wir vom 18tn Nov. bis zum 23tn Dec. 127 Ripper [41] u. 2 weiße Haasen bekommen. D. 24tn freuten wir uns bey einem Liebesmahl der Geburt unsers HErrn u. Heilandes, brachten Ihm unsere Herzen zum Opfer dar u. fleheten ihn an, daß Er auch bald die Einwohner dieses Landes, zum Genuß, der durch Seine Menschwerdung u. Tod erworbene Segen bringen wolle. In den folgenden Tagen erbauten wir uns an verschiedenen Reden von der Fest-Materie, die wir uns lasen. D. 27tn sangen wir uns zum ersten mal den Lobgesang zum Sohne englisch. Wir werden auch künftig die Liturgien abwechselnd englisch u. Deutsch halten, wie schon mit der Litaney u. Bibel Lection geschehen ist. Zum Schluß des 1772 Jahres, hatten wir in der 10tn Stunde ein Liebesmahl lasen in der 12tn Stunde erst die Rede, die Bruder Johannes voriges Jahr bey dieser Gelegenheit gehalten hat, erinnerten uns darauf kürzlich einiger Wohlthaten, die uns unser lieber HErr im Innern u. Aeußern erzeiget hat, sangen da es 12 Uhr war, auf den Knien: Nun Dancket alle Gott p. u. lasen darauf das Gebet des Bruder Johannes, welches recht zupaßend war. [42] Wir danckten unserm lieben HErrn besonders für den monatlichen Genuß Seines Heiligen Sacraments u. daß wir unsern Gottes-Dienst in ungestörter Ruhe haben halten können, dabey verlangte uns aber gar sehr, bald wieder einige Eskimos zu sehen, da es uns bisher nicht möglich gewesen ist, zu ihnen zu kommen. Wir fanden zwar auch viel Ursache uns ins ganze u. jedes insonderheit zu schämen, aber auch dabey fühlten wir Sein viel Vergeben u. Sein gnädiges Bekentniß zu uns. Wir danckten Ihm für die Gnade, daß wir auch in diesem Jahre mit der hiesigen, Gottlob uns liebenden Nation, in gutem Verständniß gelebt haben u. müßen mit Beugung bekennen, daß das Zeugniß des Evangelii seine Kraft an den Herzen der Eskimos bewiesen, wovon wir künftig noch mehr Früchte zu sehen hoffen. Wir trauen es Ihm kindlich zu daß Er uns bald den Zweck unsers Hierseyns werde erreichen laßen. Er schencke uns nur die Gnade, in Liebe u. Einigkeit als ein Mann vor Ihm zu stehen u. Ihn kindlich anzublicken. Die treue [43] Theil nehmung unserer Geschwister im Innern u. Aeußern u. insonderheit die Fürsorge der Missions Deputation, der Societaet zur Förderung des Evangelii u. der lieben Rhederer die jährlich mit Dranwagung ihres Vermögens ein Schiff hieher schicken, reizet uns zum herzlichsten Danck. Wir hoffen auch, daß so wohl zum Handel, als zu unserm eignen Unterhalt, sich künftig immer beßere Gelegenheiten zeigen werden. Wir erinnerten uns auch mit Erkentlichkeit des treuen Schuzes den uns der HErr durch Seine Engel angedeyhen laßen, bey unserm Bau u. beym ausfahren mit dem Boot im Herbst, da es bey den starcken Winden, die zu der selben Zeit, von dem bergigten Lande herwehen, nicht ohne Gefahr abgehet, so erinnerten wir uns auch danckbarlich, der gnädigen Bewahrung, die wir in den harten Winter-Monaten bey unsern Ausgängen auf die Jagd u. sonst erfahren haben, daselbst 2 junge starcke Eskimos, die auf ihrem Schlitten aus der Norder-Fiorte fuhren, erfroren sind, u. unzehliche Beweise Seiner Gnade u. Treue wären noch anzuführen, [44] ja wie Vieles ist uns auch davon unbekant geblieben. Dafür Ihm unendliches Lob u. Preis gebühret, dafür Ihm unendliches Lob u. Preis gebühret. Das Nainsche Gemeinlein, welches durch das Söhnlein der Geschwister Havens u. durch Bruder Wolfus vermehrt worden, besteht beym Schluß dieses Jahres aus 3 Ehepaaren 1 Wittwer 8 ledigen Brüdern u. ein Knäbgen überhaupt aus 16 Seelen.

1773 d. 5tn Jan. wurden wir durch den Anblick eines Schlittens erfreut auf welchen 3 Manns u. 2 Weibsleute von den Südwärts in den Inseln wohnenden Eskimos zum Besuch kamen. Es war uns besonders lieb, noch einige vor dem Heidenfeste zu sehen. Die Brüder Drachart, Schneider u. Jens Haven erzehlten ihnen von der Festmaterie, daß wir uns nemlich in dieser Zeit, besonders der Geburt unsers u. ihres Schöpfers freuten u. Ihm danckten, daß Er für uns Mensch geworden, unsere Sünden-Last u. Strafe auf Sich genommen, dafür gebüßet, große Schmerzen ausgestanden, Sich ans Creuz schlagen laßen u. all Sein Blut vergoßen habe, wodurch [45] wodurch Er uns nun wenn wir von Herzen an Ihn glauben, von den Sünden u. allem Bösem reinige. Sie hörten aufmercksam zu u. nachdem es ihnen d. 6tn wiederholt worden, fuhren sie nach ihrer Wohnung etwa 6 Stunden von hier zurück. Einer sagte beym Weggehen zu Bruder Jens Haven: Ich habe recht gute Worte gehört. D. 11tn besuchten uns wieder 2 Eskimos. Der eine war der junge Angekok Keminguse der in der Lehre ist u. wie der alte Angekok heißet. Dieser leihet doch seine Ohren her, etwas gutes zu hören u. scheint Neigung u. Liebe zu uns zu haben.

D. 19tn besuchten uns Pattigo u. sein Bruder Millik nebst ihren Weibern u. noch einem Manne u. Kinde, welches das eine Weib nach Art der Grönländerinnen auf dem Rücken trug. Sie wohnen auf eben der Insel, Niutak genannt, wo die ersten Besucher in diesem Jahr her waren. Sie hatten Neigung etwas vom Heiland zu hören. Millik fieng des Abends von selbst an zu sagen: Wir sind die einzigen, von dieses Landes Einwohnern, die Europäer bey sich wohnen haben u. wir sind dafür danckbar [46] weil wir hier kaufen können was wir brauchen. Bruder Jens Haven gab ihm u. den andern Eskimos die dabey waren, zur Antwort: Wenn ihr nur erst recht erkennen lerntet, warum wir eigentlich hergekommen sind, dieses ist nur eine Nebensache. Wir dienen euch zwar gerne mit dergleichen Handels Waaren, weil ihr sie nöthig habt, darum haben wir sie gekauft u. mit genommen. Aber der eigentliche Zweck, warum wir in euer kaltes u. rauhes Land gezogen sind, ist, euch mit eurem Schöpfer u. u. Erlöser bekant zu machen. Ihr wißet ja, daß alle Menschen im Herzen böse Gedancken haben, als Stehlen, Huren, Todtschlagen p. ja daß sie sich von dem bösen Geiste regieren laßen, darum hat unser Schöpfer selbst, um uns u. euch zu reinigen, von alle dem Bösen, auf die Erde kommen müßen u. Er wurde Jesus Christus genannt. Er hat Sein Blut vergoßen u. ist am Creuze gestorben, 3 Tage lag Er in einem Grabe u. weil Er Gott unser Schöpfer u. das Leben selber war, wurde Er wieder lebendig u. fuhr darnach gen Himmel. [47] Nun hat Er uns von dem in uns liegenden Bösen u. von dem bösen Geist erlöset, darum nennen wir Ihn Annaursirsok. Wer nun von dem Bösen befreyet seyn, selig u. vergnügt auf Erden leben, u. zu Ihm in den Himmel kommen will, der muß an Ihn glauben u. mit Seinem Blute gewaschen werden, u. s. w. Sie waren alle sehr aufmercksam dabey. Das war für uns ein vergnügter Abend. Wir erinnerten uns zugleich, daß heute vor 40 Jahren die ersten Boten von Herrnhuth nach Grönland gegangen, u. daß heute vermuthlich einige daselbst getauft worden sind, welches wir auch bald hier zu erleben wünschten. Vor dem Schlafen gehen sangen wir die den Eskimos bekante Verse. Es sind diesen Winter unter ihnen 5 erwachsene Mansleute u. Weibsleute aus der Zeit gegangen, welches eine Regung unter ihnen macht u. verursacht daß sie aufmercksamer sind, etwas Gutes zu hören. Es ist uns doch lieb, daß bisher keiner von ihnen, auf unserm Lande aus der Zeit gegangen ist, weil sie gemeiniglich eine Abneigung gegen den Ort bekommen, [48] wo jemand stirbt. Des Milliks Frau eine Illiseetsok oder Wahrsagerinn, hat, weil kein Angekok in dem Hause war, wo die Leute verstorben sind, ihre Kunst recht getrieben. Sie kam heute zu Bruder Drachard u. sagte: Ich bin sehr betrübt. Frage, worüber? Antwort: ich möchte wissen, ob die Verstorbenen vergnügt sind? Bruder Drachard erwiederte: Sie verlangen nicht wieder zurück. Ich wolte gern wißen sagte sie, ob ihre Seelen an einem guten Ort wären? Das weiß ich nicht, sagte Bruder Drachard, aber das weiß ich, wer mit des Heilands Blut gewaschen wird, u. alsdann aus der Zeit gehet, deßen Seele komt gewiß an einen guten Ort p. Millik sagte auch, wo ich bin oder gehe, dencke ich an die Worte, die ich hier vom Heiland gehört habe. Wir waren über diese Unterredungen mit ihnen danckbar, u. freuten uns des Heiligen Geistes Gnaden-Arbeit an ihren Herzen wahr zu nehmen. D. 20tn Vormittag fuhren sie wieder weg, d. 22tn kam ein Mann zu Fuß auf dem Eis von dem nächsten südlichsten Wohnplaze, mit seiner Frau einer Schwester der Mikak uns zu besuchen. Er ist [49] von munterer u. etwas wilder Art, er hält nicht gerne lange aus, wenn mit ihm vom lieben Heiland geredet wird. Da Bruder Drachart mit ihm u. seiner Frau vom Heiland reden wolte, sagte er: Das weiß ich, da er weiter gefragt wurde, was weißt du? laß es mich hören, so erzehlte er die Geschichte von des Heilands Leiden ganz ordentlich her. Aber erzehlst du es auch deinen Landsleuten, sagte Bruder Drachart? Er erwiederte, ich erzehle es meiner alten Mutter, u. denen, die bey mir im Hause wohnen. Er gieng d. 23tn gegen Mittag, wieder nach Hause mit seiner Frau.

Die Kälte war die vergangene Woche anhaltend streng, so daß das Quecksilber Morgens u. Abends alle mal etlich 30 bis 40 Grade [unter] 0 das ist 74 Grad unter dem Eispunct gestanden, d. 25tn hatten wir Gemeintag. Auf die strenge Kälte folgte d. 27tn ein starcker Sturm aus Norden mit Schnee der bis d. 30tn anhielt. An diesem Tage Nachmittag kamen einige Eskimos zum Besuch u. brachten wie die vorigen die hier besucht haben, ein gut [50] Theil Seehund Speck zum Verkauf. 3 von ihnen giengen noch denselben Abend zurück, weil der Eigenthümer der Schlitten u. der meisten Hunde selbst herkommen will, um Seehund Speck zu verkaufen. Da nun die Kälte etwas nachgelaßen hatte; so giengen die Brüder Schneider u. Turner mit ihnen zum Besuch nach ihrem Wohnplaz. Ein Mann mit seiner Nebenfrau welche etwa 13 Jahr alt seyn mag u. die er diesen Winter genommen, blieb bey uns über Nacht u. da d. 31tn ein heftiger Sturm mit Schnee einfiel, so giengen sie erst d. 1tn Febr. Vormittag zu Fuß nach Hause. Man wiederholte ihnen das Wort von ihrem Schöpfer u. Heiland u. sie haben es nach ihrer Art stille u. ruhig angehört. Sie sind auch mit in unsere Gelegenheiten gegangen, welches gewöhnlich alle Eskimos thun, die hieher kommen u. sie lernen immer von Zeit zu Zeit sich ordentlicher aufführen. Da die Kälte diesen Morgen wieder gestiegen war, so wünschten wir sehr unsere 2 Brüder wieder bey uns zu haben u. Abends in der 7tn Stunde [51] kamen sie mit Millik u. seiner Frau wieder bey uns an.

Von ihrem Besuch meldet Bruder Schneider folgendes: „Wir kamen Abends da es schon finster war, bey der Innuit Wohnung an, wo 2 Häuser u. in jedem Haus etwa 20 Personen waren. Ein Mann wieß uns auf seinem Wohnplaze eine Schlafstelle an. Als wir uns niedergesezt hatten, kam alles Volck, so viel nur kommen konte, um uns herum. Ich sagte ihnen den Zweck unsers Besuchs, nemlich ihnen angenehme Worte von ihrem Schöpfer u. Heiland zu sagen, der die Menschen so lieb hat, sie sagten: wir wollen gerne hören. Ich verkündigte ihnen dann den Tod des Herrn, Seine Wunden u. Sein Blut, womit Er alle Menschen erkauft hat, daß sie Sein Eigenthum seyn solten. Es hörte alles aufmercksam zu. Wir giengen noch in das andere Haus, weil es aber schon spät in der Nacht war; so hatten sich die meisten schon zur Ruhe gelegt, doch hatte ich mit einem Mann u. seinen 2 Weibern liebliche Unterredungen vom Heiland. D. 31tn hielt ich die Versamlung über die Worte: Also hat Gott [52] die Welt geliebet, daß Er Seinen eingebornen Sohn gab auf daß alle die an Ihn gläuben, nicht verloren würden sondern das ewige Leben haben. Einige sagten während der Rede: Wir glauben, wir wollen Ihn lieb haben, wir wollen nicht verloren gehen u. in der Irre bleiben, sondern zum Herrn Jesu in den Himmel kommen. Hernach besuchten wir in dem andern Hause u. verkündigten ihnen Jesum den gecreuzigten, der für alle Menschen Sein Blut vergoßen hat, durch welches wir ein neues Leben ins Herz bekommen. Einige hörten aufmercksam zu. Weil sie nach ihren Familien eingetheilt waren, u. jeder seinen Stand bis an die Decke umzogen hat, so daß man, wenn man bey der einen Familie ist, die andern nicht sehen kan; so besuchten wir alle Familien, redten vom Heiland, u. sangen Verse mit ihnen. In einem Stande wo 3 Wittwen beysammen waren, deren Männer im Herbst gestorben, erzehlte uns die Eine: Daß ihr Mann Namens Anauke gesagt hätte, da er kranck gelegen: Er wolle zum Herrn [53] Jesu in den Himmel gehen, der die Menschen so lieb hätte, welches uns erfreulich zu hören war, u. so verbrachten wir diesen Tag bey ihnen vergnügt. Des Abends aber, da wir uns nieder gelegt hatten, musten wir auch erfahren, wie der Fürst der Finsterniß noch unter diesem Volck herrschte u. sein Werck unter ihnen hat. Weil diesen Tag ein gewaltiges Schneegestöber mit Sturmwind war, u. sie nicht auf den Seehundfang ausgehen konten, so kamen des Abends die Leute aus dem andern Hause in dasjenige, wo wir uns aufhielten, weil des Milliks Frau einen Torngak oder wahrsager Geist haben soll, durch welchen sie gut Wetter schaffen, die Seehunde aus der Tieffe hervorbringen u. die Gegend u. Pläze anzeigen könne, wo dieselben ihre Löcher durch das Eis haben, wo sie Luft schöpfen, ja sie soll auch die Renthiere laufen sehen u. anzeigen können, wo die meisten zu bekommen sind. Es wurden daher alle Lampen ausgelöscht u. das Haus stockfinster gemacht. Dann fieng sie an mit einem tiefen Seufzen, Aechzen u. Getöse, ihren Torngak herbey zu holen bis sie anfieng Worte auszustoßen [54] zuweilen mit einer heftigen lauten Stimme daß das Haus erschüttern möchte u. wenn sie ein wenig still war, so wurde ihr hie u. da aus dem Hause zugerufen u. sie gefragt, was der Torngak sagte, u. dann fieng sie wieder auf die obige Weise an bis es der Torngak etwa nach ihrem Sinn getroffen hatte. Dann fieng das ganze Volck an, in einem Tone zu singen, nach der heidnischen Grönländer Weise. Da der Gesang zu Ende war, fuhr der Torngak fort wie vorhin u. wurde immer dazwischen mit Gesang vom Volcke begleitet. Endlich geschah ein entsezlicher Knall, als wenn das Haus zusammenfallen solte, da sie vermuthlich mit einem Stock an ein ausgespantes Fell geschlagen. Nach diesem begab sie sich mit ihrem Torngak von der Pritsche herunter in das Haus, focht wie mit einer Peitsche herum, schlug hie u. da an, begab sich vor den Eingang des Hauses, stampfte mit den Füßen, machte einen grausamen Lerm u. brachte wunderliche Stimmen hervor, so daß hie u. da einer unter dem Volck lachte. Da rief ich unserm Hauswirth, dem Millik zu: er solte ihn heißen aufhören u. die Lampen [55] anzünden. Wenn sie keinen andern Torngak hätten als den, der tauge ganz u. gar nichts, das wäre ein böser Geist, der in der Finsterniß herrschte, denn alles lache ja nur über ihn. Er befahl auch gleich aufzuhören. Es rief aber einer aus dem Volck: so thun wir, das ist der Innuit Gewohnheit. Dann stimten sie alle zugleich noch einen kurzen Gesang an u. darauf war es zu Ende. Es hat bey einer guten Stunde lang gewährt, dann wurden die Lampen angezündet u. noch ehe das Haus ganz lichte war, so war schon alles Volck auseinander u. ein jedes lag auf seiner Schlaf-Pritsche so still als wenn nichts gewesen wäre. D. 1tn Febr. frühe, redte ich mit einem von der Nähe Jesu angethanem Herzen u. Augen voll Thränen, von dem Wahrhaftigen Lichte, das in die Welt gekommen ist, die Menschen zu erleuchten, welches der HErr Jesus selbst sey, der Sein Blut vergoßen habe, um dadurch die Menschen von dem bösen Geiste zu erlösen, damit sie zu seinem Lichte kommen das aus Seinen Wunden strahlt. Es hörte alles aufmercksam zu. Ich sagte ihnen zugleich, daß wir uns gestern Abend über ihre Aufführung [56] sehr betrübt hätten, weil wir gesehen u. gehört daß sie die Finsterniß noch mehr liebten als das Licht u. den bösen Geist der ein Herr der Finsterniß ist gehorchten u. seine Wercke thäten. Ich bat sie, daß sie sich doch von ganzem Herzen zu Jesu dem gecreuzigten bekehren u. den bösen Geist mit seinen Wercken fahren laßen möchten. Zum Schluß empfahl ich sie im Gebet dem mittleidenden u. erbarmenden Herzen Jesu. Weil nun heute gutes Wetter, obschon sehr kalt war u. ein Schlitten nach Nain gieng: so bedienten wir uns der Gelegenheit u. giengen nach Hause.“

So weit Bruder Schneider

Nun heißt es im Diario weiter: Die Eskimos mit denen unsere 2 Brüder gekommen waren, fuhren wegen eines anhaltenden heftigen Sturms nicht eher als den 4tn gegen Mittag zu Hause. Inzwischen ist ihnen das Wort von der Versöhnung durch die 3 Brüder Drachart, Jens Haven u. Schneider, mehr malen vorgetragen worden. Wir übrigen sangen Verse mit ihnen u. übten uns mit ihnen in ihrer Sprache, dabey bitten wir den Heiland unser Gedächtniß zu [57] stärcken damit wir das, was wir von ihnen u. aus den geschriebenen Büchern lernen, behalten. Die Eskimos verstehen zwar nicht alle, aber doch die meisten Worte im grönländischen Wörterbuch, daher wird es uns nicht so schwer werden, als es den ersten Brüdern in Grönland wurde. D. 6tn zu Mittag, kam ein Eskimos ganz allein bey uns an. Er hatte im Sinn, die Nacht bey uns zu bleiben, aber seine Hunde wolten ihm davon laufen, so daß er genöthigt war, wieder weg zu fahren. Er sagte: wenn ich das nicht thue, muß ich morgen selber den Schlitten nach Hause ziehen. Er hörte nicht gern vom Heiland. Bruder Drachard fragte ihn, warum er her gekommen wäre, da er ein paar Deutsche Meilen um umgefahren ist? Meine Frau, sagte er, hat ihre Nehnadel zerbrochen. Er brachte ein Stück Seehund Speck mit, wofür er 3 Nehnadeln bekam. Diesen Abend theilten wir den Bundes-Kelch unter uns zu neuer Aufmunterung zur Treue im Dienst des Herrn u. zur Liebe unter ein ander. Die Kälte war dieser Tagen sehr anhaltend starck, so daß das [58] Quecksilber d. 7tn Abends u. d. 8tn früh 74 Grad unter dem Eispunct stand. In der freyen Luft gefror der Brantewein fast wie Waßer u. rectificirter Wein-Geist wurde wie ein Oel. An lezterem Tage kam der unterm 6tn erwehnte Mann auf einige Stunden zum Besuch, mit ihm war eine von seinen 3 Frauen, sein Kind u. sein Bruder. Bruder Drachard redete mit ihnen vom Heiland, sie haben aber noch wenig Lust davon zu hören. D. 10tn gegen Abend wurde es etwas gelinder u. fieng an zu schneyen. Ein Mann nebst seiner Frau u. 2jährigem Kinde, 2 Wittwen u. 2 Knaben von Niutak kamen zum Besuch. Der eine Knabe u. die eine Wittwe wolten nach einigen Stunden wieder nach Hause fahren, kehrten aber bald wieder um, aus Furcht den Weg zu verfehlen in dem Schnee-Gestöber. Sie schliefen alle die Nacht auf unserm Säälgen. D. 11tn früh fuhren der Knabe u. die Wittwe wieder fort, um den Schlitten dem Eigenthümer zu bringen, der ihn selbst brauchen wolte. Die übrigen blieben noch hier. Die Wittwen u. der Knabe kamen auch Nachmittag unvermuthet [59] wieder zu uns, weil ihnen die Hunde meist auf dem halben Wege davon gelaufen waren, als sie die selben von dem Schlitten los gemacht hatten, um die Stricke womit sie die Schlitten ziehen, deren jeder etwa 2 bis 3 Klafter lang ist u. durch das hin u. her laufen der Hunde gar oft verfizt werden, wieder in Ordnung zu bringen. Sie brachten die Peitsche die reichlich 4 Klafter lang ist u. einen Stiel etwa von 10 Zoll hat, u. die Haupt-Stricke von dem Schlitten mit zurück. Der Mann der hier war wurde um die Hunde verlegen u. war bange einen Ausschmäler[WS 4] von dem Eigenthümer zu bekommen. Um dieses aber zu verhüten, nahm er die zurück gebrachten Stricke, wo an dem einen Ende ein beinerner Ring u. an dem andern ein Knopf ist u. hackte mit einem Beil in Gegenwart einiger Brüder den Ring in 2 Stücken u. sagte dann zu Bruder Jens Haven der auch zugegen war: Es ist kein Wunder daß die Hunde davon gegangen sind, siehe der Ring ist in Stücken, da siehest du es, jezt kanst du dem Millik sagen, wenn du ihn siehest, daß der Ring entzwey [60] war. D. 12tn Vormittag gieng der selbe Mann mit Frau u. Kind zu Fuß nach Hause, die Wittwen u. Knaben blieben noch hier. Nachmittag kam ein erwachsener Junge von Niutok bey uns an u. erzehlte: Daß die Hunde alle gestern zu Hause gekommen. Sie waren sehr verlegen, da sie sahen, daß keine Menschen mitgekommen, darum hätte er u. ein anderer Eskimos heute früh die Hunde genommen, um die Menschen u. den Schlitten zu suchen. Unterwegs trafen sie die heute früh abgegangenen an u. da sie auch den Schlitten gefunden, so fuhr sein Gefährte mit ihnen nach Hause. Er aber wolte uns besuchen, weil er so nahe war u. blieb nebst den übrigen Eskimos die Nacht bey uns. D. 13tn Vormittag giengen sie alle zu Fuß wieder von hier weg. Es ist alle Tage da sie hier waren ein paar mal über einen Spruch u. Vers geredet mit ihnen geredet worden, dabey sie nach ihrer Art recht aufmercksam waren. Wir freuen uns über der kleinsten Spur der Gnade, die man an ihnen gewahr wird u. bitten unsern lieben Herrn, Er wolle Seine Gnaden-Arbeit an ihren Herzen fortsezen. Die eine von den Wittwen [61] war die Wittwe des Anauke von welcher Bruder Schneider in dem Bericht von seinem Besuch Erwähnung gethan hat. Ihr Name ist Nariaina. Sie schien in ihrem Herzen bewegt zu seyn, wozu eben die lezten Worte ihres verstorbenen Mannes, auf seinem Todtenbette die Gelegenheit gewesen, denn als sie nach heidnischer Art weinte, schrie u. sein Weggehen beklagte u. ihn fragte: Willst du nun mich u. deine 2 Kinder verlaßen? so sagte er: sey nicht so betrübt, denn ich gehe zum Heiland. Diese lezten Worte des Anauke haben seiner Frauen das Herz so eingenommen, daß sie ernstlich bey sich angefangen hat zu dencken: Nun will ich auch meinen Torngak u. allen Heidnischen Gebräuchen absagen. Nun will ich auch anfangen an den Heiland zu glauben, wie mein Mann. Bruder Drachard schreibt: Ich habe ihren Mann bey der ersten Besuch Reise in Chateaubay kennen gelernt. Damals war er nicht angenehm anzusehen. Er hatte nur ein Auge u. sahe wie ein Räuber u. Mörder aus. Bey meiner 2tn Besuch Reise, fieng er an stille zu sizen u. zu zu hören u. da ich das 3te mal hier anlangte, kam Er zu mir auf [62] das Schiff u. wolte mehr vom Heiland hören, Darnach hat er sein Zelt auf unserm Lande aufgeschlagen, um täglich davon zu hören u. vergangenen Winter ist er etliche mal zum Besuch hier gewesen, ja er ist 2 Meilen weit her auf dem Eise gekomen, um vom Heiland zu hören. Auch hatte er vorigen Sommer in seinem Zelt etliche Wochen hier gestanden, kam auch von der Renthier-Jagd wieder hieher u. im Nov. fuhr er ganz gesund mit den übrigen Eskimos nach ihren Wohnungen. Im Dec. aber wurde er kranck, da weder die Eskimos zu uns, noch wir zu ihnen kommen konten. Da Bruder Schneider bey ihnen zum Besuch war, erzehlte ihm die Wittwe des Anauke von ihres Mannes Ende u. daßelbe sagte sie auch mir, bey ihrem jezigen 3 tägigen Aufenthalt allhier. Ich fragte sie dann: Wo denckst du, daß deines Mannes Seele hingefahren ist? Die Wittwe sagte: zum Heiland! Wolte er nicht daß Seine Seele bey dir u. deinen Kindern bleiben solte? Die Wittwe: Nein, er wolte seine Seele solte zum Heiland. – So hat dein Mann seine Seele u. sein Herz dem Heiland hingegeben? die Witwe: Ja, u. ich auch. – „Hast du auch dein Herz dem Heiland hingegeben?“ Die Wittwe sagte mit Thränen! Ja, O Jesu da [63] hast du mein Herz. – Willst du nicht mehr mit deinem alten Torngak zu thun haben? Die Wittwe: glaube mir doch, ich will nicht, ich will wie mein Mann mit dem Heiland zu thun haben. – Du u. dein Mann ihr habt täglich zu mir gesagt: ihr dächtet imer an den Heiland, ihr hättet ihn lieb, ihr glaubtet an Ihn, u. woltet Ihm euer Herz hingeben. Die Wittwe: Wir haben so geredet, aber mein Mann fieng erst in seiner Kranckheit ernstlich an, an den Heiland zu dencken, u. da er anfieng, so fieng ich auch an. – So ist es nun dein Ernst, daß du des Heilands seyn willst? – ich heuchle nicht mehr. – Gut, willst du denn nun dein Leben lang bey dem Heiland bleiben u. nie vergeßen, was du in deinem Herzen gefühlt hast, das erste mal, da Er dir rief? Die Wittwe: Das kann ich nie vergeßen. – Wenn du nun nach dieser Zeit fühlest in deinem Herzen, daß deine alte Sünde wieder komt u. daß die alten bösen Geister u. deine alten Heidnischen Gewohnheiten, sich wieder melden, willst du da darüber erschrecken, u. gleich wieder zum Heiland gehen? Sie sagte: Ja! Diese Wittwe ist die erste [64] von den Eskimos der ich abfühlen kan, daß in ihrem Herzen etwas vorgehet, ob sie aber diese ihre guten Gedancken nicht wieder verlieren werde, besonders wenn sie wieder einen Mann bekommt, das wird die Zeit lehren. Der vornehmste Angekok unter unsern Eskimos ist allein Hier in meinen Winckel zu mir gekommen u. hat mir erzehlt, daß er im Winter viele Krancke zu curiren gehabt habe. Ich fragte ihn dann: Hat der Mann Anauke dich in seiner Kranckheit zu sich geruffen? Der Angekok sagte: Nein! – Ich erzehlte ihm dann, daß ich gehört hätte: Anauke habe in seiner Kranckheit zu seiner Frau gesagt, sie solte nicht über ihn weinen, denn er gienge zum Heiland, u. fragte ihn: Hast du das auch gehört? Der Angekok: Ja, ich habe es gehört. – Da du das hörtest so hast du dich wohl darüber gefreut? – Der Angekok antwortete nicht, aber er rümpfte die Nase u. das bedeutet Nein. – Ich erzehlte ihm dann: da ich es zum ersten mal hörte, so habe ich mich erstaunlich darüber gefreut, denn so lange Innuit hier im Lande wohnen, ist es nie erhört, daß einer auf seinem Todtenbette zu [65] seinen Leuten gesagt hätte: Ihr sollt nicht über mich weinen denn ich gehe zum Heiland. Aber weißt du wer er ist, den wir Anaursirsok /:Heiland:/ nennen? Der Angekok: Nein. – Er ist der Schöpfer aller Dinge, wir nennen ihn auch Gott, Er hat Himmel u. Erde geschaffen u. auch den Geist den ihr Torngarsok nennet ja alle Geister. Er ist vom Himmel herunter gekommen u. ist ein Mensch geworden u. am Creuze gestorben um uns von unsern Sünden zu erlösen. Der Angekok: ich habe es gehört. Es kan nicht anders seyn, sagte Bruder Drachart, du mußt es gehört haben, aber sage mir doch, ob es dir nicht manchmal einfält, daß der Heiland solche große Schmerzen gelitten u. Sein Blut für dich vergoßen hat um dich von deinen Sünden zu erlösen? Denckst du nicht manchmal daran? Angekok „ich dencke gar nicht daran, außer wenn du mich darum fragst.“ So weit Bruder Drachart: Seit dem nennen die Eskimos wenn sie von Anauke reden ihn immer den, welchen der Heiland zu sich genommen hat.

Im Diario heißt es weiter: d. 18tn besuchten uns 3 Eskimos von Niutak u. fuhren Nachmittag wieder zurück. Mit ihnen giengen [66] die Brüder Rhodes u. Lister, um den andern Tag auf der Insel zu jagen. D. 16tn kamen sie unvermuthet mit einigen Eskimos wieder hieher u. brachten uns die sehr angenehme Nachricht, daß Manumina diese Nacht daselbst angekommen wäre u. den dortigen Eskimos bekannt gemacht hätte daß er zwischen den Inseln in der Gegend wo er wohnte, einen todten bartigen Wallfisch gefunden hätte. Sonst haben die 2 Brüder den Abend zuvor, mit den Eskimo in ihrer Sprache Verse gesungen. Frühe ehe der der Tag anbrach machten sich die Eskimos fertig, nach Nain abzufahren. Manumina that ein gleiches, fuhr aber zuvor nach Saitorsoak um auch seiner Frauen Brüder von dem gefundenen Schaze zu benachrichtigen. Nach einigen Stunden kam er u. zugleich noch ein anderer Schlitten von Aukpillartok bey uns an. Wir waren dem lieben Vater im Himmel von Herzen danckbar für diesen Fund u. hoften, daß er nicht nur unserer Armuth sondern auch den armen Eskimos die jezt bey der anhaltenden strengen Kälte, nichts erwerben können zu [67] ihrem Unterhalt wohl zu statten kommen möchte. Nachdem die Eskimos sich einige Meßer gekauft u. wir ihnen einige Beile geborgt hatten, so fuhren 2 Schlitten u. mit ihnen die 4 Brüder Jens Haven, Ludwig Morhard, Turner u. Lister zum Fisch u. unser Gebet begleitete sie, da bey einer solchen Arbeit leicht einige vom Hauen u. Schneiden unglücklich seyn können. Der dritte Schlitten blieb hier u. sie waren Willens, die Nacht bey uns zu schlafen. Da es aber Abends um 9 Uhr zu schneyen anfieng so beschloßen sie augenblicklich noch diese Nacht nach Aukpillartok u. früh zum Fisch zu fahren. In den folgenden Tagen war es sehr kalt, daher wir viel an unsere Brüder dachten u. sie dem Schutze des Herrn empfahlen. D. 22tn Nachmittag kam ein Eskimos mit seiner Frau von Saitorsoak bey uns an. Sie waren gestern von Tunungarsok abgefahren, wo unsere 4 Brüder sind u. brachten uns ein paar Zeilen von ihnen, darinn sie melden, daß sie, weil das Eis aufgebrochen, noch nicht zum Wallfisch kommen können, daß sie sich übrigens wohl befinden, aber viel von der Kälte u. [68] dem schlechten Wetter ausstehen um deswillen sie sich auch nicht auf den Rückweg wagen dürften. Sie baten ihnen etwas Proviand durch bemeldeten Eskimo zu schicken, derselbe machte Anfangs Schwierigkeiten, den Kasten mit Lebensmitteln mitzunehmen, unter dem Vorwand, er sey seinen Hunden zu schwer, u. wolte es lieber in einem ledernen Sack haben, vermuthlich um nach ihrer Gewohnheit beßer dazu zu kommen u. davon eßen zu können. Er ließ sich aber doch endlich da er ein Meßer zum Fracht-Lohn bekam, bereden. D. 25tn kamen unsere 4 Brüder mit einigen Eskimo auf 2 Schlitten wieder bey uns an. Wir waren froh u. danckbar dafür, weil die Kälte wieder zu nahm. Sie hatten im Gesicht u. an den Kleidern von Othem u. Brodem über 1 Zoll dick Eis an sich sizen, wovon sie auch Frostflecken im Gesicht bekommen u. Bruder Turner hatte seine Handgelencke erfroren daß auf der einen Hand eine Blase war in der Größe eines Guldenstückes u. Bruder Jens Haven hatte Seitenstechen. Wir waren bey alle dem, dem lieben Gott danckbar daß sie bey der durchdringenden [69] Kälte nicht mehr Schaden genommen. Die Eskimos machen sich aus der Kälte nichts. Nachmittag gieng der eine Schlitten wieder zurück, der andere welchen die Brüder von Manuina gemiethet hatten blieb bis den folgenden Tag hier. . . . Von der Reise der 4 Brüder gibt Bruder Jens Haven folgenden Bericht. Da wir gehört hatten daß ein todter Wallfisch nahe bey dem Confort Haven, etwa 7 Deutsche Meilen von uns nach Süden gefunden worden, u. da es bey den Innuit eingeführt ist daß ein jeder bey einer solchen Gelegenheit, sich so viel davon nehmen kan als er will, so war es uns zwar schwer, uns dazu zu entschließen, jezt in der härtesten Winters-Zeit, da wir uns kaum in unserm Hause des Nachts warm halten können, uns so weit vom Hause zu entfernen, jedoch in Betracht, daß unsere Geschwister die unsern Unterhalt verschaffen, arm sind, denen wir gern die Unkosten, so viel möglich erleichtern wollen, fanden sich die Brüder Morhard, Lister, Turner u. Jens Haven willig einen Versuch zu machen dahin zu gehen, in Hofnung daß uns der Heiland [70] auch hierinnen Seinen gnädigen Beystand schencken würde, zumal wir auch dabey Gelegenheit haben würden, seine große Liebe denen anzupreisen, die in Finsterniß sizen. Wir giengen also d. 16tn Febr. um 4 Uhr Nachmittag mit dem Segen unserer Geschwister frölich ab u. kamen abends um 10 Uhr bey dem ersten Eskimo Hause an. D. 17tn früh um 4 Uhr reisten wir weiter u. trafen um 11 Uhr in Manuminas Hause ein, welches das erste Haus war, das wir auf unserer recognoscirungs Reise 1770 gesehen haben. Das Wetter wurde so schlecht, daß wir nicht weiter gehen konten. Bruder Haven redete vieles mit den Eskimos vom Heiland u. die Brüder halfen ihm Verse singen. Bald darauf aber machten die Eskimos eine Art von Gebet zu ihrem Spiritu Familiari[WS 5] um ihr Verlangen zu bezeigen daß gut Wetter werden u. der Wallfisch nicht wegtreiben möchte. Ein Mann legte sich auf den Rücken u. einer von ihren Schießbogen wurde quer über sein Bein gelegt u. an dem lincken Bein vest gebunden. Zur Rechten saß eine Frau die den Bogen anfaßte u. das lincke Bein über das [71] rechte wiegte, dann trat jeder herzu der etwas vom wahrsagen verstand u. machte die Auslegung nach der verschiedenen Bewegung des Bogens. Zuweilen wurden sie bedencklich, ob Torngak oder Jesus die Bewegung des Bogens verursachte, wie wol jederman sahe, daß es eine alte Frau that. So unangenehm dieses zu hören war, so konte man sie doch entschuldigen, denn sie sind irre geworden u. wißen nicht an wenn sie sich halten sollen. Den Heiland kennen sie noch nicht u. können daher den Torngak nicht fahren laßen. Eine Weile darnach fragten sie Bruder Haven: Ob wir nicht darum beteten, daß gut Wetter werden u. der Wallfisch nicht wegtreiben möchte? Bruder Haven sagte: Wir beten nur, Herr sey uns gnädig u. öfne diesen armen Unwissenden die Augen, damit sie erkenen, wie nöthig es sey, daß sie mit Deinem Blute gewaschen werden. Uebrigens sind wir versichert, daß Er uns nichts als Gutes thun will, denn Er liebet uns u. s. w. Es war großer Hunger unter ihnen u. wir wurden sehr mit betteln geplagt u. da wir ganz in ihren Händen sind, gab es manche gründliche [72] Unterredung, ehe wir sie zufrieden stellen konten. Froh waren wir daß Abends ein Schlitten vom Wallfisch kam u. etwas zu eßen mitbrachte, welches jedoch von der Menge bald verzehret war. Wenn uns hier jemand von den Europäischen Geschwistern gesehen hätte, er hätte uns gewiß beklagt, ein Schweinstall in Europa ist beßer als dieses Haus. 4 Klafter lang musten wir auf allen vieren hinein kriechen, froh waren wir, wenn wir von den Hunden ungebißen davon kamen, denn bey solchem Wetter kriechen sie alle hinein u. man muß oft über sie weg, da man denn im finstern oft auf sie tritt. Man muß sich auch von ihnen das Gesicht belecken laßen u. die Hände mit ihrem Unrath beschmieren, das Haus ist so unrein u. voll Gestanck, daß gegen die grönländischen kein Vergleich ist u. doch war es uns bey dieser entsezlichen Witterung so wichtig als der schönste Pallast. D. 19tn wurde das Wetter etwas beßer u. es wurde beschloßen zum Wallfisch zu gehen. Die Eskimos baten uns zu Hause zu bleiben, weil wir es nicht aushalten würden. Wir entschloßen uns aber ihnen [73] zu folgen. Als wir aber eine Stunde weit vom Hause waren, sahen sie von einem Berge, daß das Eis an der Insel wo der Wallfisch lag, gebrochen war u. wir musten daher dem Wind u. Schnee-Gestöber entgegen umkehren. Es waren 11 Eskimos mit uns u. kein einiger von ihnen, kam ohne Frostflecken am Gesicht, Händen oder Füßen davon. Wir musten oft von Mund u. Nase, die an dem Pelz vest froren, das Eis abbrechen, um Luft zu bekommen u. die Augen mit den Fingern aufreißen, die uns zugefroren wären, waren aber übrigens vergnügt dabey u. dachten: Wenn England, Deutschland, Grönland u. Labrador wie 4 Stuben wären, da man aus einer in die andere gehen könnte, so würden unsere Geschwister die Kälte beßer beschreiben können, als wir, die wir schon ein wenig abgehärtet sind, wie wol nicht so, daß wir nichts fühlen solten. Wir stunden viel aus u. baten den Heiland uns Kräfte zu geben. Um 11 Uhr Vormittag kamen wir wieder zu unserm Hause. Die alte Attaguna die vorigen Herbst bey uns gewohnt hat, that uns viele [74] Dienste. Bald darauf kamen 3 Schlitten voll Eskimos von andern Pläzen. Die Kaltsinnigkeit, womit sie von ihren nächsten hiesigen Anverwandten behandelt wurden, reizte uns zum Danck gegen den Heiland, der uns bey diesem wilden Volck Liebe u. Achtung verschaft hat. Bruder Haven ermahnte viele, von deren Familie einige gestorben sind, und die sonst nicht haben hören wollen, sich zu besinnen, denn wenn sie den Heiland nicht kennen lernten, würden ihre Seelen nach ihrem Tode an einen finstern Ort kommen. Als hierauf viele etwas zu hören verlangten, so sangen wir einige Verse: Schau her hier steh ich armer p. Drauf sagte Bruder Jens Haven, wenn ihr mit uns sagen köntet: Hie steh ich armer p. u. wüßtet wie nöthig es euch ist, das euch der Heiland gnädig sey u. eure Herzen mit seinem Blute wasche, das Er für euch u. für mich am Creuze vergoßen hat: so wolte ich mich freuen u. anfangen, euch mein Geschwister zu nennen u. der Heiland verlangt nichts von euch, als ein Verlangen: O Hilf mir! so will Ers thun, denn Er ist allein gnädig, allein gut u. Er allein kan helfen im Himmel u. auf Erden u. s. w. [75] Des Abends fieng ein alter unnüzer Mann an zu schreyen: Der Geist bewegt mich, er will uns sagen warum das Wetter böse ist u. warum das Eis auf gebrochen ist. Etliche sagten: laß uns hören! Er schrie dann mit großer Stimme! O die Sehnen! O die Sehnen /:wir hatten denselben Tag einige Wallfisch Sehnen geflochten um sie an unsere Axt zu binden, damit uns dieselbe beym Wallfisch wenn sie Oelicht würde nicht aus der Hand führe. Er glaubte nun, es wären Renthier Sehnen, die man nach ihrem Aberglauben zu einem Wallfisch nicht bringen darf.:/ Da man ihn eines beßern belehrte, so fieng er von neuem zu heulen an: O Rottenholz u. verfaultes Holz! Der Hexenmeister hatte gesehen, daß Bruder Haven an dem Tag da wir zum Wallfisch gehen wolten, etwas Holz zum Schlitten brachte darunter einige verfaulte Stücke waren, die man ebenfalls zu einem Wallfisch nicht bringen soll, die Eskimos hatten es aber sorgfältig ausgelesen u. weggethan, Man überzeugte ihn seines Irrthums [76] jedoch verlangten sie, weil der Geist da wäre, eine weitere Erklärung von ihm. Er schrie dann zum dritten mal. O jemand von hier, soll nicht gehen, dann wurde Person vor Person durchgegangen u. endlich Haven genant. Bruder Haven stand auf, sah dem Hexenmeister steif ins Gesicht u. bat den Heiland dem bösen Mann das Maul zu stopfen. Derselbe wurde verwirrt, brumte, schäumte u. konte kein Wort mehr aussprechen. Zum Glück kamen bald 2 Leute vom Wallfisch herein u. brachten die Nachricht, daß das Eis gebrochen, der Wallfisch aber nicht weggetrieben sey. Bruder Haven befahl dem bösen Mann aufzuhören u. sich an seinen Ort zu sezen u. sagte ihm, du erzehlst nur Lügen; er war gehorsam. Man sieht gleichwol, wie gefährlich es ist in ihren Händen zu seyn, wenn sie böses thun wollen. Nachher stand ein anderer auf, der unser Freund seyn will, um dem ersten zu wiederlegen, welches keine Kunst war, da er bessere Nachricht bekommen hatte. Bruder Haven hieß ihn aber doch auch aufhören u. er [77] that es. Das Wetter war d. 20tn noch schlechter u. da sie Verlangen bezeigten vom Heiland zu hören, sangen wir etliche Verse u. dann sagte Bruder Jens Haven: Ich bin verlegen, weil ich sehen u. hören muß, daß der böse Geist euch noch bewohnt u. euch des Verstandes beraubt, er will euch eben die Ohren zu halten, daß ihr nicht hören solt, wie lieb euch der Heiland hat, damit ihr nach eurem Tode zum bösen Geist in die ewige Finsterniß kommt. Aber höret doch unsere Worte u. folget uns zum Heiland der euch liebet u. von Sünden waschen will, mit Seinem Blute, auf daß ihr ewig vergnügt mit Ihm leben u. euch freuen könt, dereinst aus dieser Welt zu Ihm abzuscheiden; denn hier wechselt immer Kummer mit Vergnügen ab u. man hat Hunger, Kälte u. dergleichen zu leiden, wer aber an Jesum gläubt, der wird dereinst bey Ihm ein ewiges Vergnügen haben u.s.w. D. 21tn war das Wetter noch schlecht; es war große Hungers Noth unter den Leuten u. wir waren nicht ohne Sorgen, daß sie uns unser Eßen mit Gewalt wegnehmen würden, weswegen wir uns entschloßen [78] nur ein mal des Tages zu eßen. Man kan sich kaum vorstellen was wir ausstunden. Wir hatten weder Tag noch Nacht Ruhe, wenn die Kälte in der Nacht etwas nachließ, so plagten uns die Läuse, wenn wir unser Eßen kochten, welches im Gang unter den Hunden geschehen mußte, so war der Rauch den das Feuer u. Schnee machte u. die Kälte dabey fast unausstehlich. Wenn wir aßen, so musten wir von den umstehenden Eskimos unangenehme Urtheile hören, ja wenn wir auf die Seite giengen, so waren wir mit einer Menge hungriger Hunde umgeben u. hatten Mühe sie mit dem Stock abzuhalten. Heute fuhren 3 Schlitten zurück, um für ihre verhungerte Familien etwas zuerwerben. Mit einem derselben schrieben wir nach Nain. Ein Schlitten fuhr nach dem Wallfisch u. brachte um 3 Uhr die angenehme Nachricht, daß das Eis u. der Fisch noch da lägen. Er brachte auch etwas Speck u. Fleisch mit, alles hüpfte vor Freuden, sie aßen sehr begierig u. dann wurde mit ihnen geredet u. gesungen. D. 22tn gieng alles zum Wallfisch, den wir nach 3 Stunden meist [79] eine Klafter tief meist im Eis u. Schnee begraben fanden. Von dem Speck der an manchen Orten 2 Fuß dick ist, war, wie sie sagten kaum der zehnte Theil abgeflenzt. Der Fisch war von mittlerer Größe über 64 Fuß lang, die Dicke konten wir nicht sehen. Der Rachen war offen, die Eskimos krochen hinein u. schnitten die Barten ab, die das Maas hatten, zu den übrigen von geringerem Werthe konten sie nicht kommen. Diese Arbeit verrichten die Eskimos mit besonderem Vergnügen. Unsere Noth hatte sich hier nicht vermindert sondern vermehrt. Wir kamen von einem schmierigen Loch zu einer kahlen Insel, wo nur Schnee u. Steine u. weder Waßer noch Holz, noch Haus war. Die Eskimos graben ein Loch in eine Schnee-Webe u. da kriechen sie hinein u. schlafen ohne Feuer u. Licht. Das erste was wir thun musten, war ein Schneehaus zu bauen u. weil wir es nicht verstanden, so nahmen wir 2 Eskimos die uns halfen die uns halfen. Sie suchten einen Haufen von dichtem u. vestem Schnee aus, zeichneten einen Ovalen Plaz in der Gestalt [80] eines Backofens von gehöriger Größe aus, schnitten dann mit ihren langen Messern viereckigte Stücken Schnee etwa 3 Fuß lang 2 breit u. 1 Dick heraus, wölbten es etwa 8 Fuß hoch u. ließen die Hinter Hälfte im Haus etwa 20 Zoll höher, welches ihre Banck u. nach dem sie Felle darauf gebreitet, ihr Bette ist, weil wir aber keine Felle mit hatten, so waren wir übel dran, statt des Fensters nehmen sie ein Stück Eis, welches sie in ein Loch sezen, daß sie in das Gewölbe machen u. das gibt Luft genug. Die Thüre versezen sie mit einem Stück Schnee. Die Frau bey deren Familie wir schliefen hatte ihre Lampen vergeßen, sie nahm aber ein Stück Wallfisch-Speck von einem Fuß ins gevierte, holte es aus u. legte Moos hinein, welches gut brante, aber einen fast unausstehlichen Rauch u. Gestanck gab. Bruder Haven hatte ein heftiges Stechen unter der lincken Brust bekommen. Die Eskimos bedauerten ihn sehr u. sagten: Das wäre die Kranckheit davon ihre Leute stürben. Das war ein schöner Text für Bruder Haven, um ihnen zu sagen, daß die, welche an den Heiland [81] glaubten vor dem Tode nicht bange wären. Manumina bot dem Bruder Haven an, in seinem Schneehause zu schlafen, wo eine Lampe u. Felle auf dem Schnee wären u. die Brüder riethen ihm, es an zu nehmen. Wir übrigen Brüder sahen einander mit Mittleiden an, ohne einander helfen zu können. Unsere Kleider waren voll von Schnee-Dampf, der unsere Leiber naß machte u. von der Kälte gefror es wieder. Wir hatten keine Gelegenheit etwas warmes zu machen u. zur Noth bekamen wir von Manuminas Weibe so viel Waßer welches sie über ihrer Lampe aus Schnee schmelzete, daß wir den größten Durst stillen konten u. dafür waren wir dem Heiland sehr danckbar, denn ihren eigenen Landsleuten haben sie es versagt, welche entweder den Schnee eßen, oder ihn in ledernen Handschuen auf dem bloßen Leibe schmelzen musten. Da sie von Manuminas Hause herfuhren, nahmen sie Waßer in einen Seehunds Darm u. banden es um den bloßen Leib, damit es nicht gefröre, u. wer von ihren guten Freunden etwas davon bekam, war gewiß froh. Bruder Haven hatte eine ernstliche Unterredung [82] mit Manumina wegen der Wallfischbeine die er hat, welche er nach Chateaubay bringen wolte, um ein neues Boot dafür zu kaufen. Des Gouverneurs Befehl wollte er nicht gehorchen. Endlich sagte Bruder Haven: Die in Norden u. Süden wohnen mögen wol ungehorsam seyn u. Gefahr laufen, wenn ihr aber, unsere Landsleute die ihr so viel vom Heiland gehört habt, ungehorsam seyd u. soltet dann umkommen, so wäre es mir nicht lieb, denn da kämmen wir nicht im Himmel zusammen. Dieses schien sein Gemüth zu durchboren u. Tags darauf sagte er zu Bruder Haven: Er solte Bruder Stephen Jensen bitten, ihm ein neues Hölzernes Boot zu bauen, welches er ihm mit Wallfischbeinen bezahlen wolte. Bruder Haven versprach es zu thun wie wol er die Schwierigkeit davon wuste, D. 23tn früh bekamen wir etwas Waßer gekocht u. konten Coffee trincken, welches uns nach der kalten Nacht wieder ein wenig aufleben machte. Dann fiengen wir an den Schnee u. Eis an einer Stelle vom Wallfisch abzuhacken u. hatten 4 Stunden zu thun, ehe wir an den Fisch kamen. Als wir darauf hörten, daß die Eskimos ihren halb verhungerten Familien [83] an ihren Wohnplazen Speck bringen wolten, so entschloßen wir uns mit dem Schlitten zurückzugehen. Wir hatten nur noch für 2 Tage Lebens Mittel u. brauchten zur Rückreise wenigstens 3 Tage. Wenn daher der Verlangte Proviand nicht käme, würden wir in traurige Umstände versezt worden seyn. Außer dem hieng die Insel wo wir waren, mit dem vesten Land nur durch eine Brücke von Eis zusammen, welche eine halbe Viertelstunde breit war, u. die der Wind leicht hätte abreißen können. Dieses alles wozu noch Bruder Havens Unpäßlichkeit kam, u. daß Bruder Turner die Handgelenke erfroren hatte bewog uns auf die Rückreise zu dencken. Wir giengen um 4 Uhr Nachmittag vom Wallfisch weg u. kamen gegen 8 Uhr in dem Hause des Manuminas an. Es that ihnen allen leyd daß wir sie verließen u. sie sagten: Eure Gegenwart ist angenehm. D. 24tn nachdem ihnen Bruder Haven die Barmherzigkeit des Heilandes angepriesen hatte, reisten wir weiter, hatten, da uns der Wind entgegen kam, viel von der Kälte zu leiden u. langten Nachmittag gegen 4 Uhr in Milliks Hause an, wo man uns [84] herzlich empfieng. Wir bekamen ein wenig Eßen gekocht, welches in den 3 lezten Tagen das einige war. Bruder Haven verkündigte den Tod des Herrn. Er kam bey einer Frau zu sizen die für eine große Wahrsagerinn gehalten wird, die aber unsere gute Freundin ist. Da sagte er unter andern: Alle Menschen müßen sterben u. nach diesem eine Wohnung haben. Es sind nur zwo Wohnungen nach diesem Leben, eine zur Lincken u. eine zur Rechten, die zur Lincken ist nichts als Finsterniß u. da wohnen alle die bösen Geister, die euch hier betrügen u. die, wie ihr wißt, nur in der Finsterniß wollen gesprochen werden. Zur Rechten aber wohnt der Schöpfer aller Dinge, den wir auch das ewige Licht nennen u. da ist Licht u. Freude ohne Ende. Wenn ihr aber den Geistern der Finsterniß folgt, so müßt ihr auch nach diesem Leben zu ihnen gehen. Sie riefen alle, wir wollen nicht zu den bösen Geistern, sondern zum Heiland laß uns von Ihm hören, da erzehlte ihnen Bruder Haven was der Heiland für sie gethan u. wie lieb Er sie habe. D. 25tn früh um 4 Uhr reisten wir von da ab, u. kamen Nachmittag um 2 Uhr [85] müde, hungrig u. kalt nach Hause. Unser leztes Brodt aßen wir zum Frühstück auf. Unsere Absicht Speck u. Wallfischbeine zu bekommen haben wir nicht erreicht aber wir haben bey dem schlechten Wetter die Eskimos hübsch beysammen gehabt u. danckten dem Heiland, daß er sie aufmercksam machte u. der Geist der mit uns war dämpfte ihren böse Geister u. hielt sie in Unterthänigkeit. Der Weg den wir gereiset sind, ist von unserm Hause Süd bey Ost. Von uns bis zu den 2 ersten Häusern in Niutak sind 5½ Stunde, von da bis Manuminaks Hause, welches nach derselben Gegend zu liegt, sind 6 u. eine halbe Stunde, daßelbe Land heißt Tunungersorsoak. Der Confort Haven ist nur eine halbe Stunde davon, von da geht es Süd Ost nach der Wallfisch Insel welches 3 starcke Stunden weit ist, u. von dieser, bis zu der Klippe wo wir auf unserer recognoscirungs Reise einliefen, die Südwestlich davor liegt, ist eine Stunde. Der Wallfisch hat etwa 7 gute deutsche Meilen von unserm Lande gelegen.

So weit Bruder Jens Haven: D. 27tn heißt es im Diario von Nain weiter, [86] hatten wir den seligsten Genuß des Heiligen Abendmahls welches wir 8 Tage zuvor wegen unserer Brüder Abwesenheit ausgesezt hatten. D. 28tn kamen 2 Eskimos mit ihren Weibern hieher u. brachten den Kasten mit Proviand den wir unsern Brüdern geschickt wieder zurück, weil sie die Brüder nicht mehr angetroffen. Der eine von den Eskimos war derselbe, der bey der Brüder Besuch gezaubert hatte. Weil er eine besondere Liebe u. Neigung zu uns bezeigte, so redete Bruder Haven mit ihm u. fragte ihn, ob er auch ein Angekok wäre? Antwort: Nein; du hast ja wollen hexen, da ich wolte wißen, ob das Eis u. der Wallfisch noch da wäre? Aber wo war dein Torngak? Sahest u. hörtest du ihn nicht? Ich sahe u. hörte ja nichts als deinen eigenen Geist u. du kanst glauben, der betrügt dich; darum rathe ich dir, laß den fahren u. lerne an Jesum Christum glauben der betrügt dich nicht, sondern hat dich u. alle Menschen sehr lieb, das kanst du daraus abnehmen, weil Er Sein Blut für dich vergoßen hat, womit Er dich von allem bösen reinigen will u. s. w. Der Eskimos sperrte sich anfänglich gar sehr, zulezt aber [87] wurde er still u. sagte: ich will den Torngak fahren laßen u. an den Heiland glauben u. so sagen sie oft, wenn sie nicht mehr hören wollen. Sie giengen darauf nach Hause. In den zween ersten Monaten dieses Jahrs, war die Kälte stärcker u. anhaltender als im vorigen Jahre. Bey der großen Kälte gefrieret des Nachts alles in den Stuben, auch zerspringen viele Fenster-Scheiben. Wenn sich die Kälte dann so mäßiget, daß das Quecksilber auf unter 0 oder 32 Grad unter dem Eispunct stehet, so ist uns, als ob ein Sommerlüftgen käme. D. 4tn Merz kam ein Schlitten mit einigen Eskimos worunter Attuguna des Manumina Schwester aus Mißverstand hergekommen war, weil wir sie hätten rufen laßen, wir hatten aber ihren Bruder Manumina gemeynt, mit dem wir wegen des Bootes, das er sich wolte bauen laßen, Abrede nehmen wolten. Wir bedeuteten sie, behielten sie aber wegen des schlechten Wetters einige Tage hier. Wir hätten sie weil sie eine Liebe zum Heiland u. zu uns bezeugt, gerne hier behalten, wenn es uns nicht an Eskimoischen Lebens Mitteln für sie fehlte. Ihre Gesellschaft fuhr d. 5tn nach Hause. D. 9tn kam Millik u. [88] nachher Manumina mit seinem Sohne Sarok u. brachten Wallbarten u. Speck zum Verkauf. Wir haben mit ihnen u. mit der Attuguna von ihrer Seelen Heil geredet. Leztere hört alle mal gern u. stille zu. Da wir aber näher untersuchten, ob sie nicht einige Verlegenheit über sich selbst hätte, fanden wir nichts dergleichen. Auf die Frage: ob sie nicht den Torngak fahren laßen u. den Heiland lieb haben wolte, sagte sie: den Torngak habe sie lieb u. den Heiland wolle sie auch lieb haben. Es wurde ihr gesagt: Du kanst nicht beyde lieben u. beyden zugleich dienen, einen must du fahren laßen. Sie erwiederte: das verstünde sie nicht. Man hatte mehr von ihr erwartet u. man sieht wie schwer es ihnen wird ihre alten eingewurzelten Gewohnheiten fahren zu laßen. Der Heiland schencke uns täglich Geduld, ihre Gnadenstunde abzuwarten. Mit Manumina redeten wir wegen des Bootes u. gaben ihm ein Stück Holz mit so viel Kerben, als er Wallbarten zur Bezahlung geben solte; Er nahm es mit, ohne sich darüber zu erklären u. fuhr d. 10tn mit den übrigen nach Hause. D. 12tn kamen wieder einige zum Besuch. [89] Vom 13tn bis 20tn wurde bey dem gelinden Wetter viel Bauholz auf dem Eise hergeschaft. D. 20tn kam ein Schlitten mit Eskimos bey uns an, die Tags darauf nach Hause fuhren. Bey der Verkündigung des Evangelii waren sie aufmercksam, auch Nerkingok der Mikak Vater der es sonst nie gewesen. Wir hörten daß er die Wittwe des Anauke, der vor seinem Verscheiden gesagt, er wolle zu Jesu gehen, zum Weibe u. ihre 2 Kinder in Versorgung genommen habe. Bruder Drachart fragte ihn darum u. er bejahete es. Darauf sagte Bruder Drachard: sie will aber gern vom Heiland hören, du must sie herbringen: Er sagte, ja, das will ich thun. D. 21tn kamen 2 Schlitten von Süden, Millik der darunter war, sagte nachdem er seinen Speck verkauft hatte: Nun habe ich so viel Handelswaaren, daß ich nach Norden fahren u. Wallbarten zur Bezahlung des neuen Bootes das mir Johannesersoack /:Stephen Jensen:/ gemacht hat kaufen kan, da aber meiner Frauen Bruder gestorben ist, so fürchte ich mich weil ihre Familie sehr weinen wird u. auf ein mal fingen sie auch an zu weinen. Bruder [90] Jens Haven sagte darauf: Für Anauke das ist der Verstorbene, ist mir nicht bange, weil er verlangt hat zu Jesu zu kommen. Darauf kehrte sich Milliks Frau zu Bruder Haven u. zu ihrem Mann u. sagte: Ahamerik /:Das ist wahr:/ Millik sagte denn sehr ernsthaft zu seiner Frau: Kennest du Jesum, er dachte vermuthlich weil sie ein Illiseetsok /:Wahrsagerin:/ wäre, die mit Geistern zu thun hat, sie hätte vielleicht Jesum auch kennen gelernt, sie meynte aber nur der Verstorbene habe so gesagt. Sie machte solche Bewegungen u. Falten mit den Augen u. der Nase gegen ihren Mann welche Nein bedeuten, sie kenne Jesum nicht. Darauf sagte er: Du must ihn kennen lernen. Sie wurde betrübt, da sie jezt erst hörte, daß ihr Mann nach Norden fahren will. D. 22tn kam noch ein Schlitten voll Eskimos. Einer brachte uns Worte von Manumina[WS 6], daß Bruder Stephen Jensen ihm einen Boot bauen solte, er habe Wallbarten genug es zu bezahlen. Sie hörten alle dem, was man ihnen vom Heiland sagte aufmercksam zu u. fuhren bald darauf nach Hause. Abends in der 11tn Stunde kam ein Mann mit einem Knaben aus der Fiorte zurück [91] wohin sie diesen Morgen gegangen waren u. brachten 15 kleine Seehunde mit die sie auf dem Eise bey dem offenen Wasser gef oder Sarchwak /:oder der Strom:/ genannt gefangen hatten. In der Nacht rißen sich des Mannes Hunde los u. frassen alle Stricke meist auf, so daß er den andern Morgen Europäische Stricke kaufen muste. Wir kauften einen ganzen Seehund zum eßen, um was frisches zu haben, da die Ripper um diese Zeit sehr selten sind. Einige Brüder giengen nach Holz zum Bau des Bootes, welches aber mühsam zu bekommen ist, weil sie zu den Krumhölzern des Bootes die Wurzeln aus dem gefrornen Grunde hacken müßen. D. 25tn danckten wir unserm lieben Herrn für Seine Menschwerdung. D. 26 u. 27tn besuchten uns wieder einige Eskimos. Es wurde mit ihnen vom Heiland geredet u. sie waren ziemlich aufmerksam. Da man einen fragte, wo er glaube, daß seine Seele nach dem Tode hinkäme? sagte er: sie solte auf die Renthierjagd gehen, u. so sagen sie bald den bald jenen Ort wo ihre Seele hinkommen soll, wie es ihnen gerade am gemüthlichsten [92] ist. Bruder Schneider redete mit ihnen vom Blute Jesu, womit alle Menschen erkauft sind. Millik ein ernsthafter u. bey den Eskimos angesehener Mann, fieng darauf an mit den andern zu reden u. sagte: Das ist es, was wir schon oft gehört haben, daß Jesus alle Menschen mit Seinem Blut erkauft habe. Sie redten eine Weile untereinander darüber, u. dann fragte Millik, ob die Adlaet /:so nennen sie die Land Indianer:/ auch mit Jesu Blut bezahlt wären? Antwort: Ja gewiß sind sie auch damit bezahlt u. wir haben sehr viele, die auch unsere Brüder u. Schwestern sind. Auch haben wir unzehliche von den Schwarzen Menschen, die ihre Herzen mit dem Blute Jesu von ihren Sünden haben reinigen laßen. Man fragte ihn ob er einen Schwarzen gesehen habe? Er antwortete: Ja, ich habe einen in Süden auf einem Schiffe gesehen. Darauf hub er 3 Finger auf u. sagte: So viele Nationen sind mit dem Blute bezahlt 1.) Adlaet, /:Land Indianer:/ 2.) Schwarze, 3.) Karalit, Grönländer. Es war dem Bruder Schneider besonders wohl bey dieser [93] Unterredung. Der HErr sey gelobet dafür daß die Brüder mit den Eskimos reden können, zuweilen ein gutes Gefühl dabey haben, so daß uns übrige die Erzählung davon aufmuntert u. zum gläubigen Ausharren stärckt. Nachmittag fuhren beyde Schlitten weg. D. 4tn Aprill erinerten wir uns besonders der vorjährigen Loosung dieses Tages: Sie werden kommen von ferne, die am Tempel des Herrn bauen werden u. Geist u. Seel u. Glieder williglich herleyhn Jesum zu erfreuen, welche im Jahr 1772 von der Unitäts-Aeltesten-Conferenz für uns aufgeschlagen worden. Wir ermunterten uns dabey, weder des Leibes noch der Seelen Kräfte in dem Dienst unsers HErrn zu schonen. Die Tage der Marter Woche waren uns gesegnete Fest Tage der Marter Gottes. D. 9tn abends kamen 2 Eskimos von Parnertok Insel, deren einer der Sohn ist, des im vorigen Diario mehr mal erwehnten Capitain Kettornek welcher diesen Winter gestorben ist. Er sagte oft: ich bin sehr betrübt. Man prieß ihnen den Heiland an, wenn sie den kenten würden sie sich nicht mehr vor dem Tode fürchten. Sie waren aufmercksam u. da [94] sie uns den ganzen Winter nicht gesehen haben, war es ihnen, wie sie sagten, sehr angenehm uns wieder ein mal zu sehen, um etwas Gutes zu hören. D. 11tn am Ostertag morgens beteten wir die Osterlitaney auf dem Säälgen, weil es draußen kalt war u. schneyete. Da wir hernach einige Schlitten auf dem Eise sahen giengen wir ihnen entgegen. Als sie uns erblickten, kam Tugluina auf uns zugelaufen u. bezeigte nebst der Mikak große Freude daß wir noch am Leben wären. Sie sagten, gestern Abend sind wir auf der nächsten Insel angekommen u. da wir euer Haus sahen, wurden wir sehr froh, aber noch weit mehr da wir heute den Rauch aus dem Schorstein aufsteigen sahen, woraus wir schlossen, daß ihr nicht Hungers gestorben wäret, denn da wir in Norden im Eis ein gescheitertes Schiff gesehen haben, so dachten wir, es wäre eures u. ihr hättet keinen Proviant bekommen. Da sie nun von allem das Gegentheil vernomen, wurden sie sehr erfreut. Wir vermutheten daß das gescheiterte Schiff ein Americanischer Wallfischfänger gewesen sey. [95] Mit Tugluina war auch seines Bruders Seguliaks Sohn u. seine Frau, mit noch 5 Männern 4 Weibern u. 3 Kindern von Kangerdlorsoak gekommen, welches 5 Tagereisen von hier ist, wo sie diesen Winter gewohnt haben. Sie hatten 4 Schlitten, zween jeder mit 28, einer mit 25, u. einer mit 14 Hunden bespannt. Wir liehen ihnen unser Zelt, darinn die eine Hälfte wohnte, die andere machte sich ein Schneehaus, dergleichen sie sich auf der Reise hieher alle Abend gemacht hatten u. womit sie in ein paar Stunden fertig sind. Die Nordländer sind recht hübsche Leute, u. scheinen überhaupt einfältiger u. nicht so verdorben zu seyn, als die hiesigen u. die Arbartoker, sie ließen sich bald bedeuten da wir ihnen sagten, daß wir uns heute nicht gern mit dem Handel einließen, weil wir uns an diesem Tage besonders der Auferstehung unsers u. ihres Schöpfers u. Heilandes erinnerten. Bey der Verkündigung von seinem verdienstlichen Leiden u. Sterben, waren sie aufmercksam. Ein alter Mann konte es gar nicht faßen, wie es doch zugienge, daß sie den Mann nicht kenten, da [96] Er doch Sein Blut für Ihn u. alle Menschen vergoßen habe u. für sie gestorben sey. Davon sagte er haben wir noch nie gehört. Auch wie sehnlich wünscht man ihnen ein Gefühl u. Verstand am Evangelio! D. 12tn wurde mit ihnen gehandelt u. der Kaufman bekam eine gute Anzahl Maasbarten, wofür wir recht danckbar waren. Sie sagten es würden noch mehrere mit Wallbarten von Norden kommen, wo sie diesen Winter an verschiedenen Orten 5 bartige Wallfische theils gefangen theils todt gefunden hatten. Nach ihrer Erzählung sind 6 bis 7 Wohnpläze, jeder von 2, 3 auch 5 bis 6 Wohnhäusern in Norden auf dieser Seite des Eingangs in die Hudsons Streight. Sie nennen dieselben wie folget 1.) Nunasorname eine Tagreise von hier, 2.) Kivertlok, zwo Tagreisen weit, 3.) Napertome 3 Tagreisen von hier, da soll das Holz wachsen aufhören 4.) Kangerdlorsoak 5 Tagreisen weit, wo sie 2 Wallfische gefangen haben 5.) Seglak 6 Tagreisen weit, wo sie einen Wallfisch gefangen haben so wie auch 6.) in Nachrak 9 bis 10 Tagreisen von hier. Eine Tagreise ist so viel man weiß [97] aus ihrer Erzehlung, etwa ein halber Grad oder 7 bis 8 deutsche Meilen. Sie sagten auf unser Befragen, daß sie nie Schiffe gesehen, auch nicht gehört hätten, daß ihre Landsleute in Norden je mit Europäern gehandelt hätten. Sie erzählten, daß viele von den noch nordlichern Eskimos Hungers gestorben seyn solten. Es wurde noch vieles von ihrem Erlöser mit ihnen gesprochen. Man kan diese Norderländer ansehen wie die Süderländer in Grönland u. wer weiß ob nicht die ersten gnadenhungrigen Seelen von daher kommen werden. Zulezt sagte der Aelteste von den Männern, der immer das Wort führt, zu Bruder Jens Haven: Jezt kennen wir euch u. eure Worte, daß ihr uns lieb habt, darum werden wir euch künftig mehr besuchen kommen. D. 13tn früh wurden sie noch gebeten unsere Freunde zu bleiben u. ihren Landsleuten in Norden zu sagen, daß wir ihre Freunde sind u. sie lieb hätten u. dann fuhren sie weg. Als man der Mikak erzehlte, daß die alte verwittwete Princeßin u. andere von der Königlichen Familie gestorben sind, sagte sie: Nun [98] [WS 7] verlange ich nicht mehr nach Europa oder nach Chateaubay zu kommen, welches uns sehr lieb zu vernehmen war. D. 16tn u. 17tn waren verschiedene Eskimos von Süden hier. Bruder Schneider redete mit ihnen über die Worte: Warlich, warlich ich sage euch: Wer mein Wort höret u. glaubet dem, der mich gesand hat, der hat das ewige Leben u. komt nicht in das Gericht. Joh. 24;25 Sie sagten darauf, wir wollen nicht an den bösen Ort wir wollen glauben u. an den guten Ort kommen. Es war mit ihnen ein junger Mensch von Arbartock hier, u. da Bruder Haven verschiedene Arbartocker persönlich u. namentlich kennet, so sagte er diesem, er solte den Arbartockern sagen, sie möchten uns im Sommer besuchen. D. 19tn Abends kamen 3 Schlitten von Kivertluck. Der Kaufman erhandelte d. 20tn ihre Maasbarten von ihnen. Zur Verkündigung des Evangelii hatten sie kein Gehör. 2 von den Männern die noch nicht hier gewesen, waren sehr rauh u. ungezogen. Es ist ein mercklicher Unterschied zwischen denen, die uns noch nicht kennen gelernnt u. andere Europaer [99] gesehen haben, bey welchen man sich viele Geduld vom Heiland ausbitten muß. Sie baten uns sehr zu ihnen zu ziehen, wo es viele Wallfische, Seehunde, Dorsche, Renthiere u. Ripper gäbe, wir sagten, wir wüßten es noch nicht. D. 21tn früh bey Tages Anbruch, fuhren 2 von den Schlitten wieder weg, der Dritte blieb noch einige Stunden hier u. der Mann kam nachher zu uns u. sagte: Er habe Worte an uns u. das war: daß 2en von denen, die mit ihm hier gewesen u. noch einige mit ihm u. andern seiner Landsleute u. auch mit uns nicht in Gemeinschaft leben wolten u. daß sie trachteten ihn zu tödten. Wir riethen ihnen zur Einigkeit u. sagten ihm, daß wir uns vor ihnen nicht fürchteten. Wir wißen nichts dabey zu thun, als unsern lieben Herrn an zu sehen, der zu unserer Zeit schon so viele Gegenden, wo zuvor die Macht der Finsterniß herrschte, mit dem Licht seines Evangelii erleuchtet hat; darum hoffen wir, daß Er es auch hier thun u. wir uns dereinst mit den Engeln im Himmel über Seinen aus dieser Nation gesamleten [100] Schmerzens Lohn werden freuen können. D. 22tn kam der Nerkingak, der Mikak Vater, nebst Frau u. Kindern mit ihrem Zelt als die erste Familie, die dieses Frühjahr eine Weile auf unserm Lande stehen wird, hieher, bey den Gesprächen vom Heiland, hörte des Anauke gewesene Wittwe Nerkingoaks Frau aufmercksam zu. Er hingegen hat keine Neigung das Gute zu hören. Wir hörten von diesen Leuten eine sonderbare Begebenheit, dergleichen unter ihnen nicht so gar selten vorzukommen scheint, daß nemlich Tugluina der Mikak Mann seines Schwagers Pualo Frau, eine leibliche Schwester der Mikak genommen habe u. mit ihr nach Norden gefahren sey; die Mikak aber habe er bey Pualo u. ihren Verwandten gelaßen. D. 24tn kamen noch ein paar Familien hier an, worunter der Pualo nebst der Mikak war. Beyde waren mit Tugluinas Verfahren nicht zufrieden. Es ist aber eine sonderbare Gewohnheit unter dieser Nation, daß wenn einer etwas von dem andern verlangt, dieser jenem nicht widerspricht wenn [101] er es auch ungern geschehen läßt, wir haben davon ein ähnliches Beyspiel von Pattiguk u. von dem Verstorbenen Kettornek gehört. Dieser sagte zu jenem, ich brauche Deinen Boot u. will dir 3 Hunde u. etwa noch was weniges dafür geben u. Pattiguk ließ es ihm ohne etwas dagegen zu sagen. Als wir ihn hernach fragten, warum er es gethan habe? sagte er: Weil er es von mir verlangt hat. Jezt haben wir 3 Zelte auf unserm Lande stehen u. da wird ihnen täglich das Wunder aller Wunder, daß Gott Mensch geworden u. um unserer Sünde willen gestorben ist, verkündiget.

D. 26ten kam Millik u. Niakok aus Norden, von wo sie viele Wallbarten mit brachten. Unterwegs auf dem Eise trafen sie ein von Wölfen getödtetes Renthier an u. 2 Wölfe waren dabey, die aber, als sie nahe kamen, davon liefen. Diese beyden Eskimos fuhren d. 27ten zu ihren Familien. D. 29ten kam noch eine Familie von Auckpallartock hier an, so daß jezt 4 Zelte auf unserm Lande stehen. D. 23tn fingen wir an rechtes Thauwetter zu bekommen.

D. 2ten May kam ein Eskimo nebst einem [102] Knaben mit einem großen Schlitten voll Speck von Parnertok hier an. Da er den Speck verkauft hatte, sagte er: Es ist doch sehr gut, daß Europäer hier sind, daß wir bekommen können was wir brauchen u. er danckte dafür. Es wurde ihm geantwortet: Wenn du u. deine Landsleute euren Schöpfer u. Erlöser, der uns zu euch gesandt hat, werdet kennen lernen, dann werdet ihr erst recht danckbar werden, daß Er die Menschen so lieb hat, daß Er für euch gestorben ist u. Sein Blut für euch vergoßen hat, um euch von der Sünde zu reinigen u. ewig selig zu machen. Sie gingen d. 3ten Nachmittag zu Hause. D. 4ten waren 3 Männer zum Besuch, denen auch das Wort der Versöhnung verkündiget wurde u. sie waren aufmercksam. D. 5ten fuhren die 3 Männer die auf unserm Lande stehen zum Strom hinein um Seehunde zu fangen, kamen aber ohne welche bekommen zu haben d. 7ten zurück. Das Wasser vom geschmolzenen Schnee auf dem Eis wo es noch keine Rizen hat, wo daßelbe hinein laufen kan, ging ihnen bis an die Knie. [103] D. 8ten erinnerte sich unser kleines Ehe-Chor des Lehrtages den die Ehechöre an diesem Tage im vorigen Jahr gehabt. Eine Familie fuhr mit ihrem Zelt u. alle dem Ihrigen von uns, um eine Zeitlang bey dem Strom zu stehen u. Seehunde zu fangen. Bey dem hellen Wetter u. Sonnenschein in diesen Tagen, fing das Waßer in unserm kleinen Flüßgen an wieder zu laufen u. wir haben den Schnee u. das Eis aus dem Mühlgraben weggeschaft, so daß die Sägemühle wieder in Gang kam. D. 10tn kamen 2 Schlitten bey uns an. D. 11ten kam Tugluina mit der Frau des Pualo von Norden wieder bey uns an. Die Brüder Haven u. Brasen gingen hernach zu ihm in das Zelt u. fanden ihn auf der Pritsche bey der Mikak sizend. Bruder Jens Haven sagte zu ihm: sieht man dich wieder einmal? Wir sind sehr über dich betrübt, daß du einem andern Manne seine Frau nimmst u. mit ihr nach Norden gehest u. hier die Mikak alleine sizen u. sich über dich betrüben läßest. Er lächelte u. sagte: ich will es nicht mehr thun. Dann wurden sie ermahnt u. gebeten, einander hübsch lieb zu haben u. bey einander zu [104] bleiben. Die Mikak, die zwar sehr wehmüthig aussahe, wurde ein wenig aufgemuntert u. sagte: Das ist wahr! Bruder Jens Haven nahm sie hernach nochmals beyde auf seine Stube, redete mit ihm über seine Ausführung u. bat ihn sich zu besinnen u. an den Heiland gläubig zu werden. Gegen Abend kam Nerkingoak vom Seehundfang nach Hause, er hatte 2 große Seehunde gefangen, die er wie die Grönländer Kassigiarsoit, u. weil jedes ein Junges im Leibe hatte, Iblaulik nannte. Auch kam ein Schlitten von Süden. Allen hier befindlichen Eskimos wurde wie gewöhnlich das Evangelium verkündiget.

D. 13ten früh fuhr Tugluina mit der Mikak nach Kangerdlorsoak u. der andere Schlitten nach Süden zurück. Wir erfuhren diesen morgen eine besondere Bewahrung unsers lieben HErrn durch Seinen Engel. Bruder Stephan Jensen war mit seinem lincken Arm, von dem Holzwerck welches die Säge in der Mühle auf u. nieder bewegt so eingequetscht worden, daß er ihn nicht wieder heraus bringen konte, u. da es ihn nun heftig zu schmerzen [105] anfieng, so schrie er um Hülfe. Bruder Jens Haven der eben hinaus gegangen war, sprang gleich hinzu u. hob das Sägewerck mit der Schulter in die Höhe, welches zum Wunder war, aber der HErr schenckte ihm den Augenblick die nöthige Kräfte um dem Bruder zu helfen deßen Arm sonst ganz zerquetscht u. auf Zeit Lebens schadhaft geworden wäre, so aber noch wieder zu heilen war. D. 17tn wurde ein Plaz mit Pallisaten eingezäumt, wo wir die Hunde am Tage einsperren können, damit unsere Schaafe sicher ihre Nahrung suchen können. D. 20tn wurde den bey uns stehenden Eskimos gesagt, daß wir uns an diesem Tage der Himmelfahrt Christi unsers lieben HErrn, der zuvor für alle Menschen am Creuz gestorben wäre u. Sein Blut vergoßen hätte, erinnerten. Wir haben diese Woche den Anfang gemacht den hier stehenden Eskimos täglich 2mal eine Versamlung zu halten, auf unserm Säälgen, wozu allemal vorher mit der Glocke geläutet wird u. sie finden sich ordentlich dazu ein. D. 22tn fuhren Nerkingoak u. Pualo mit ihren Familien von hier nach Parnertok so daß [106] jezt nur 2 Familien bey uns stehen. Gegen Abend kam Millik u. brachte dem Bruder Stephan Jensen Wallbarten zur Bezahlung seines Bootes. Jezt fieng der Schnee auf Nainsberg an zu schmelzen, u. es kam mehr Waßer in den Graben, den wir im vorigen Jahre machten als wir brauchen. Wir wachten einige Nächte bey der Mühle u. so ist nun unser meistes Holz zu Brettern geschnitten. Die Eskimos bezeugen jedes mal wenn sie Flinten bey uns sehen, große Begierde dergleichen zur Renthier Jagd zu bekommen, Millik äußerte dieses mal sehr nachdrücklich daß er eine haben müße, der Capitain in Cape Charles habe viele Flinten, davon er den Eskimos gebe u. verkauffe, wenn wir ihm nicht eine verkauffen wolten, so würde er sich dorthin wenden. Man antwortete ihm: wir haben nicht mehr Flinten als wir brauchen, daß der Capitain in Süden den Innuit Flinten gibt, dazu können wir nichts sagen, weil er nicht von unsern Leuten ist, u. was er hat, das ist sein, er kan damit machen was er will. D. 29tn zogen die lezten Eskimos [107] mit ihren Zelten von hier weg. Heute u. gestern wurden unsere Garten besäet. D. 30tn als am Pfingsttage empfahlen wir uns aufs neue der treuen Leitung des Heiligen Geistes, u. baten ihn auch, seine Gnaden-Arbeit an den Herzen der hiesigen armen Heiden immer kräftig fortzusezen. Abends kam Pattiguk Milliks Bruder nebst noch 2 Eskimos mit Speck bey uns an. Sie hatten unterwegs einen Seehund auf dem Eise gefangen, von deßen Fleisch sie uns die Hälfte verkauften. D. 31tn hatten wir Gemeintag. Dieser Monat ist wie das ganze Frühjahr viel kälter als im vorigen Jahre gewesen, das Eis liegt noch unbewegt u. das Thermometer war alle Morgen noch einige Grade unter dem Eispunckt. D. 1tn Jun. fuhr Pattiguk mit seinem Gefährten wieder von uns, u. nahm seines Bruders Milliks neues Weiberboot auf dem Schlitten mit. Einige Brüder schoßen heute eine Renthier-Kuh nebst dem Kalbe, wofür wir dem Himlischen Vater recht danckbar waren. Es wurde fleissig an dem neuen Boote gearbeitet, [108] welches sehr mühsam u. verdrüßlich ist weil die meisten Bretter von dem hiesigen ästigen Holze, wenn man sie kämmen will, zerbrechen. D. 10tn Abends um 11 Uhr kamen 3 Eskimos auf Schlitten mit Wallbarten hier an. Da das Wasser im steigen war u. das Eis am Strande schon wegschmilzt, hatten sie viele Mühe ans Land zu kommen. Wir hatten uns dieses Jahr keinen Besuch mehr über das Eis vermuthet. Sie sagten uns aber: daß in Norden noch harter Winter sey u. dort viel mehr Schnee u. Eis läge als hier. D. 11tn früh um 4 Uhr wurde die Schwester Brasin mit einem Töchterlein glücklich entbunden, welches Abends, weil eben zu unserer Freude Eskimos hier waren, in ihrer Sprache von Bruder Drachard mit Namen Agnes Theresia getauft wurde. D. 12tn früh fuhren obgedachte 3 Eskimos wieder von uns ab. Unser Gebet u. Wunsch war, daß der Heilige Geist ihnen selbst die Worte, die ihnen auch dieses mal von der Absicht der Taufe gesagt worden sind, ans Herz bringen möge. Abends in der 11tn Stunde war auf etliche Minuten [109] ein starcker Hagel u. dann fiel ein solcher Schnee, daß er über Fuß tief lag. D. 14tn giengen die Brüder Schneider, Rhodes u. Lister einige deutsche Meilen weit ins Land hinein u. blieben die Nacht unter freyem Himmel, um sich noch weiter nach Renthieren um zu sehen, fanden aber keine u. brachten nur 2 Ripper u. eine Ente nach Hause. D. 18tn brach das Eis größtentheils ohne Geräusch los, so daß wir d. 20tn nichts mehr davon sahen. D. 21tn kam das erste Boot nebst einigen Kajaken bey uns an. D. 22tn früh wurde mit den Eskimos vom Heiland geredet; sie hatten aber wenig Aufmercksamkeit, weil sie bey gutem Winde forteilten, um in der Norder Fiorte auf die Renthierjagd zu gehen. Die 4 Brüder Schneider, Rhodes, Lister u. Morhard, giengen zu gleichem Zweck dahin ab, u. sie kamen d. 2tn Jul. Gott sey Lob u. Danck! glücklich u. wohlbehalten zurück. Wir danckten unserm lieben Herrn, der ihre Mühe gesegnet u. ihnen 2 Renthiere u. einen schwarzen Bären geschenckt hatte. Weil die Attuguna mit war, so sangen die Brüder Morgens u. Abends grönländische Verse. Die Eskimos die zugleich mit den Brüdern in die Fiorte fuhren, hielten [110] sich die ersten Tage bey ihnen auf. Da sie nun Anfangs nichts bekamen, u. die Brüder ein Renthier geschoßen hatten, so verlangten sie nach ihrer Landes-Gewohnheit daß die Brüder ihnen davon zu eßen geben solten. Bruder Schneider bedeutete sie u. sagte: Wir wißen u. verstehen sehr wohl, daß dieses unter den Innuit Brauch ist, aber unter den Kablunät ist es anders, wer sich mühet u. etwas erwirbt, dem gehört es u. er kan damit machen was er will. So halten wir es auch hier zu Lande. Wenn ihr Fleisch übrig habt, daß ihrs nicht verzehren könt u. ihr wollt es uns verkauffen, so wolln wir euch dafür bezahlen, darum müßt ihr thun wie wir, u. rechten Fleiß anwenden um etwas zu erwerben. Sie liessen sich bedeuten. Da sie aber nichts zu eßen hatten u. Hunger zu leiden anfingen, so gaben ihnen die Brüder einen Schincken, wofür sie sehr danckbar waren, Noch denselben Abend fieng ein Mann einen Seehund u. Tags darauf jagten sie 3 Renthiere ins Waßer u. erlegten sie glücklich so daß sie hernach genug zu eßen hatten. Die Attuguna erzehlte den [111] Brüdern, daß die Eskimo glaubten, es wohne hier im Lande drinnen beständig eine alte Frau, die über die Landthiere u. besonders über die Renthiere regiere u. sie alle mal heraus schicke, wenn die Eskimo deren benöthigt sind. Wenn sie daher keine Thiere sähen, so rufen sie der alten Frau zu Käit, käit d. i. Komm her, komm! Wir sind hungrig. Bey dieser alten Frau sollen viele Seelen der Verstorbenen seyn u. mit ihr auf die Jagd gehen. Sie nennen sie Sapergucksoack u. ihren Mann Torngarsock, der auf dem Waßer wohnt u. alle Waßerthiere beherrsche. Der gebe den Innuit Wallfische, Seehunde u. dergleichen. Wenn sie nun Hungers Noth u. Mangel an Seehunden leiden, so rufen sie ebenfalls mit gewaltigem Lerm zum Torngarsock um Seehunde. Der Attuguna wars bey der Erzehlung selbst lächerlich u. sie schien es nicht glauben zu können. Darauf wurde ihr die Geschichte von der verdienstlichen Menschwerdung u. Tod des Heilands verkündigt. Das Land haben die Brüder eben so gefunden, wie es bey Nain ist. An verschiedenen Stellen war das Holz fast ganz umgefallen u. was noch stand [112] war weiß u. ausgestorben, wie es auch hier an manchen Orten ist. Die Ursach ist wol, weil unter der etwa einen Fuß tiefen Torferde, ganz sandigter Bodem ist, so daß die Bäume, wenn ihre Wurzeln so tief kommen, nicht weiter wachsen können. Drinnen im Lande haben sie auch große Bezircke angetroffen, wo das Holz weggebrannt ist, vermuthlich mit Fleiß von den Eskimos, damit sie die Renthiere beßer sehen können. D. 3tn kamen auch die Eskimos wieder hier an, die mit den Brüdern zugleich in die Fiorte gefahren waren. An demselben Tage kam das erste Europäische Boot mit Eskimos von dem ersten nordlichen Platz Nunasornome eine Tag-Reise von hier an. Sie brachten ziemlich viele Wallbarten mit. Ein Mann unter ihnen hatte eine kleine Anzahl Wallbarten, wofür er ein neues Boot von uns haben wolte. Er wurde bedeutet, daß er ein Weiber Boot dafür bekommen könte, er wolte aber ein Europäisches haben. Man schlug ihm dann vor, die mitgebrachte Wallbarten hier zu laßen u. künftiges Jahr noch so viele dazu zubringen als zur Bezahlung eines Europäischen Bootes [113] erforderlich sind, welches mehr als ein Weiber-Boot kostete. Da er aber sahe daß er sich betrogen hatte, ward er ganz stille, stand auf u. gieng wie rasend in sein Zelt, kam wieder, gieng auf u. ab, stieß boshafte Worte aus, nahm Späne von der Erde auf, die er den Brüdern gab, antwortete auf keine Frage u. war so eine Zeitlang wie außer sich. Die dabey stehenden Eskimos lachten u. sagten: Er ist ohne Gedancken oder Er ist nicht recht bey Sinnen. Nachher wurde ihm nochmals vorgestellt, daß man ihm künftigs Jahr gerne ein Boot bauen würde, wenn er diese Wallbarten hier ließe u. künftig die ermangelnden brächte, das gefiel ihm aber nicht u. er verkaufte sie dann für andere Waaren an den Kaufman. D. 4tn früh wurde den Eskimos eine Versamlung gehalten wobey sie ziemlich aufmercksam zuhörten u. was sie nicht verstanden, sich nochmals widerholen ließen. Einige, wiewol wenige, machten unter der Versamlung eine Störung u. haben ihr Gespöte mit dem was man ihnen sagt. Aber Gott sey Danck, durch ernstliches Anreden muß der böse Geist weichen u. ein solcher armer Mensch wird geschlagen u. stille. [114] Die Eskimo mit dem Weiber Boot fuhren heute zu ihren Familien. Die von Norden verließen uns erst am 6.. D. 9tn fiengen wir an das Lachsnez auszusezen, in dem die Forellen anfangen zu kommen. Diesen Vormittag kam ein Mann im Kajak einer von den 3 Arbartokern die uns in dem ersten Herbst gleich nach Abgang des Schiffes besuchten. Damals standen sie von ferne u. riefen: Wir sind Freunde u. da sie näher kamen getrauten sie sich nicht gleich auszusteigen. Dieses mal aber kam er ganz unerschrocken, gerade auf unsern Strand, stieg gleich aus seinem Kajak, war freundlich u. gesprächig u. erzehlte, daß 2 Boote kommen würden die er unterwegs verlaßen habe u. daß er künftigen Winter mit seiner Familie in Kivertlock in Norden wohnen würde. D. 10tn kamen gedachte 2 Boote. In dem einen waren die vor einigen Tagen abgefahrnen Nordländer, in den andern aber die Arbartocker. D. 11tn früh hielt ihnen Bruder Drachard eine Versamlung u. einige Weibsleute erfreuten uns durch ihre Aufmercksamkeit u. Begierde das Wort vom Heiland zu verstehen. Gegen Abend kamen [115] 3 Europäische Boote ganz voll Menschen. Auf dem einen war Manuminas Frau auf dem andern waren Arbartocker. Nun liegen 6 Europäische Boote in unserm Haven u. 9 Zelte stehen auf unserm Lande. D. 12tn fuhren früh 3 Boote nach Norden, eines Nordländer, die andern Arbartocker. Die zurückgebliebenen hören täglich das Evangelium 2 mal. Sie bezeugen ziemliche Aufmercksamkeit u. Begierde das Wort vom Heiland zu hören u. sagen, so etwas haben wir nie gehört u. wenn sie etwas von dem gesagten faßen: so sehen sie einander zu weilen an u. wundern sich. D. 14tn wurde das neue Boot für Manumina so weit fertig, daß es vom Stapel genommen wurde. Es gefällt ihm recht wohl nur fehlen ihm noch eine Anzahl Wallbarten zur Bezahlung, die er schwer auf zu bringen haben wird. D. 16tn kamen 9 Boote voll Eskimos bey uns an, 2 von hiesigen Einwohnern u. 7 Arbartocker. Noch ein Boot Arbartocker kam d. 17tn früh wie auch Millik mit seiner Familie. Nachher wurde in 3 Abtheilungen besonders den Arbartockern von Bruder Drachard auf unserm Säälgen Versamlungen gehalten [116] u. ob sie gleich die schlechtesten unter dieser Nationen sind, so haben sie sich doch ganz ordentlich dabey aufgeführt. Die Erzehlung von unsers Schöpfers Menschwerdung, Leiden u. Tod für alle Menschen, erregte bey ihnen besondere Aufmercksamkeit, weil sie nie etwas davon gehört haben, als was ihnen die Brüder auf der recognoscirungs Reise sagen konten, welches sie wieder vergeßen hatten. Abends wurde unter freyem Himmel Versamlung gehalten, wobey gegen 200 Menschen waren. Sie verhielten sich sehr still u. ordentlich waren aufmercksam u. bejaheten alles. Die Hunde der Eskimos waren uns sehr beschwerlich. Des Tages waren uns unsere Schaafe nicht sicher vor ihnen, des Nachts rißen sie große Löcher in unsere ausgestelten Neze, ja sie kamen auch zu den Pallisaten hinein, wo unsere Hunde einen derselben todt bißen. Wir glaubten die Besizer würden darüber unwillig seyn, da wir es ihnen aber sagten, erwiederten sie, der Hund ist von selbst hinein gegangen u. bezeigten weiter keine Unzufriedenheit darüber. Gegen Abend kam Segulliak mit noch einem [117] Mann in einer großen Schaluppe mit 2 Segeln von Kangerdlorsoak u. nun liegen 15 Boote hier, welche bis auf 2, lauter Europäische sind u. es ist uns zum Wunder, wo sie so viele her bekommen. 36 Zelte stehen auf unserm Lande. D. 18tn fuhren 8 Boote voll Arbartocker als unsere Freunde von hier nach Norden, wo sie den nächsten Winter wohnen wollen. Wir bedeuteten die jenigen die mit dem Kaufman handeln wolten, daß er sich Sontags vor Sonnen Untergang damit nicht abgeben könne. Bruder Drachard hielt die Frühversamlung u. die Abends Versamlung hielten die Brüder Haven u. Schneider wechselsweise mit den noch hier stehenden Eskimos, deren Anzahl über 100 ist u. die sich dabey still u. ordentlich verhalten. Zu der Früh Versamlung am 19tn fanden sich nur wenige ein. Wenn sie einige mal gehört haben: so dencken sie, sie verstehen u. wißen alles. D. 20tn kamen 2 Boote, die in den nächst vorhergehenden Tagen von uns gefahren, mit einigen Familien hier an. Auch kam Tugluina mit der Mikak von Norden. Da unser Packhaus fertig gezimmert ist [118] daß man es nun aufsezen kan, so wurde heute angefangen, gleich außen vor den Pallisaten auf dem Plaz wo es stehen soll, zu graben, denn es soll auf einer Seite über 3 Ellen tief in die Erde kommen um den Speck vor der hiesigen außerordentlichen trockenen Luft zu verwahren. Tugluina der mit den Arbartockern auf seiner Herreise gesprochen, erzehlt, daß es ihnen bey uns wohlgefallen u. sie gesagt hätten: sie würden uns künftig mehr besuchen kommen. Heute fuhren die lezten Arbartocker bis auf ein Boot von hier ab. Bruder Drachard besuchte Vormittag in allen Zelten deren nur noch 14 sind u. legte ein Zeugniß vom Heiland ab. D. 21 wurde die Versamlung der Eskimos früh, weil es starck regnete auf unserm Säälgen, Abends aber unter freyem Himmel gehalten. Unser Säälgen kan sie nicht alle faßen, daher wir auf einen größern Versamlungs Saal dencken müßen. Einige Eskimo die Abends aus den Inseln nach Hause kamen, erzehlten daß sie Kanonen Schüße gehört hätten. D. 24tn wurde mit der Mikak die seit dem Frühjahr die Waßersucht hat [119] u. mit der Kranckheit aus Norden gekommen ist u. mit ihrem Mann von den Brüdern Drachart, Jens Haven u. Brasen geredet. Es wurde ihnen gesagt, daß Lezterer sie in die Cur nehmen wolle, wenn sie so lange mit ihrem Zelt auf unserm Lande bleiben u. sich in ihrer ganzen Lebensart nach seiner Vorschrift richten wollte, wozu sie mit Freuden ja sagten. Es wurde ihnen aber zugleich vorgestellt, daß eine solche Cur ihre Schwierigkeiten hätte u. daß sie wol gar sterben könnte, wofür man nicht gut wäre. Die Brüder Drachart u. Haven redten ihnen dabey zu Herzen u. baten sie daßelbe ihrem Schöpfer u. Erlöser hinzugeben u. an Ihn zu glauben.

D. 25ten früh schreibt Bruder Brasen: Da ich mir die Loosung des Tages vom vorigen Jahre ansah, war mir besonders wohl, ich konnte dem Heiland für den hiesigen Plan dancken u. Hallelujah singen. Einen neuen beschämenden u. uns zum kindlich gebeugten Danck reizenden Beweiß von der Güte u. Barmherzigkeit unsers lieben HErrn, erfuhren wir gleich nach dem Frühstück, da ein Eskimos kam, der uns erst die Nachricht, daß ein kleines Schiff in den Inseln läge, das zu uns wollte u. dann einen sehr angenehmen Brief von unserm lieben [120] Bruder Layriz brachte, darinn uns derselbe mit der Loosung, die unser lieber HErr auf das Jahr 1773 in der Unitäts Aeltesten Conferenz für Nain gegeben hat, grüßte. Häufige Thränen floßen vor Beschämung u. Freude, daß unser lieber HErr uns so augenscheinlich sehen ließ, wie Er in Gnaden an uns dencke u. wie uns die Diener Seiner Unität auf dem Herzen tragen, so daß sie uns auch einen aus ihrem Mittel, u. zwar unsern lieben alten 66 jährigen Bruder Layriz zu einer Visitation hergesandt. Nachdem das Schreiben den Geschwistern verlesen worden, schlug Bruder Brasen für das Gemeinlein in Nain folgende 2 Loosungen auf: Boas sprach: Der HErr mit euch! Sie antworteten: Der HErr segne dich! Er laße Seinen Frieden ruhn in Israelis Land, Er gebe Glück zu unserm Thun u. Heil zu allem Stand. Ich der HErr will einen Bund des Friedens[WS 8] mit ihnen machen u. alle böse Thiere aus dem Lande ausrotten, daß sie sicher wohnen sollen in der Wüsten u. in den Wäldern schlafen. Als Kindlein die auf Erden mit Fleiß bewahret werden.

Nun war ein jedes voll Verlangen unsern lieben Bruder Layriz zu grüßen u. zu küßen. 6 Brüder fuhren sogleich mit dem kleinen Boot entgegen u. bey der Süder-Hucke [121] erblickten wir die Sloop[WS 9], zu deren Bewillkommung bereits 18 Kajake voll Eskimos voraus gefahren waren. Wie wir näher kamen, sahen wir zu unserer großen Freude daß auch die Schwester Layrizin mit käme, welches unsere Schwestern auch gar sehr erfreuen wird. Bald darauf kamen wir auf das Schiff, da wir unsere lieben Geschwister mit tausend Freuden bewillkomten. Stille Danckthränen floßen auf beiden Seiten u. wir fühlten, was sich bey solchen Gelegenheiten beßer empfinden als nachher beschreiben läßt. Da nach einigen Stunden die Sloop in Unity Harbour vor Ancker kam, genoßen unsere übrige Geschwister in Nain daßelbe unbeschreibliche Vergnügen, unsere lieben Geschwister Layriz u. den in Grönland gebornen uns sehr willkommenen Bruder Joh. Ludwig Beck herzlich zu grüßen. Unsere Schwestern hatten kaum die 2 Stunden erwarten können vor Verlangen auch eine Schwester in ihrer Mitte zu sehen. Unsere heutige erste Loosung hieß, aus den Loosungen des Jahrs 1773: O Herr hilf, o Herr laß wohl gelingen, u. wir sagten von Herzen dazu: Sprich ja zu unsern Thaten, hilf selbst [122] das beste rathen, den Anfang Mittel u. Ende, Ach Herr zum besten wende. Bruder Layriz grüßte zuvörderst das ganze Haus Gemeinlein mit dem Friedens Kuß u. eröfnete dann seine Visitation mit Verlesen des Schreibens der Unitäts-Aeltesten-Conferenz an hiesige Geschwister. Abends hielt er die Liturgie: Tritt her o Gemein p. D. 26 war der Anfang der Conferenzen, worinnen zuerst J. Ludwig Beck zum Protocolisten der Aeltesten- u. Haus Conferenz ernannt wurde. Sodann wurde die Absicht bekant gemacht, welche unsere lieben Brüder in Europa mit der Sloop gehabt, auf welcher unsere lieben Geschwister von S. Johns gekommen sind, nemlich eine recognoscirungs Reise nach Norden mit derselben zuthun u. mit dortigen Einwohnern bekantschaft zu machen. Die 2 Brüder Jens Haven u. James Rhode, wurden ernant diese Reise zuthun u. sie nahmen es willig an. Auch fand man für gut 2 Eskimos in ihren Kajacken mit zu nehmen, welche als Wegweiser Dienen u. zugleich bey ihrer Nation, das beste Zeugniß von unserer Freundschaft gegen sie ablegen könten. Es haben schon verschiedene große Lust [123] bezeigt mit zugehen. Abends redete Bruder Layriz mit der Versamlung der noch hier befindlichen Eskimos u. Bruder Drachard verdollmetschte es ihnen. Lezterer schreibt davon: Ich fieng damit an, den Eskimos zu erklären, was ein Friedens Gruß bedeute. Da sie nun wie die Grönländer keinen Gruß haben, so sagte ich ihnen folgendes: Bruder Layriz bringt euch gute Worte u. will euch sagen, daß die Gemeinen eure Freunde sind u. euch lieb haben. Denn da die Gemeinen aus Briefen voriges Jahr von euch vernommen haben, daß ihr uns fleißig besucht u. Verlangen bezeigt habt, von des Heilands Menschwerdung, Leiden u. Sterben für eure Sünden zu hören: so haben sie sich gefreut u. den Heiland gebeten, daß doch ein einziger Mann unter den Eskimos es geschehen ließe, daß der Heiland ihm an das Herz kommen u. ihn zu einem armen Sünder machen könne, denn alsdann würde der Heiland selber mit Seinem Blute ihn los machen, vom bösen Gewissen u. ihm Gnade u. Freyheit von allen Sünden geben, u. dann würde er auch mit einem von Jesu Marter durchdrungenen Herzen zu seinen Landsleuten reden können [124] u. das könnte bey allen seinen Landsleuten Eingang finden. Da habt ihr den Bruder Layriz, dieser wird nun eine kurze Rede in seiner Sprache an euch halten u. ich will euch alles in eurer Sprache widerholen. Bruder Layriz fing darauf an, einen kurzen Saz nach dem andern zu sagen u. hielt dazwischen inne bis ich es den Eskimos in ihrer Sprache widerholt hatte. Seine Rede währte eine kleine Viertelstunde u. war des Innhalts: Gott habe die Zeit der Unwissenheit übersehen, nun aber laße Er ihnen durch die Brüder sagen, wie hoch Er sie liebe u. daß Er sie als Menschen, die mit dem Blute Christi erlöset wären, selig machen wolle. Diese Zeit ihrer Heimsuchung möchten sie ja erkennen u. wol anwenden; denn es würde ein Tag kommen, da Innuit u. Kablunat Rechenschaft geben müsten, von dem was sie von ihrem Schöpfer u. Erlöser gehört haben. Sie waren dabey stille u. aufmercksam. Darauf antwortete ein Eskimos im Namen der übrigen folgendes: Heute früh da wir sahen daß das kleine Schiff hier herein käme, da haben wir u. unsere Weiber u. Kinder uns alle erstaunlich darüber gefreut. Ja wir dancken den Brüdern daß sie zu uns herkommen [125] und uns so viel gute Worte bringen, die wir zuvor nie gehört. Wir lieben alle Brüder u. wollen ihre guten Freunde bleiben, wir wollen euch fleißig besuchen, um die guten Worte von Jesu Leiden zu hören. Wir dencken an den Heiland haben Ihn lieb u. wollen Ihm unsre Herzen hingeben. Da wir so vielmal von euch gehört haben, daß der große HErr der über uns wohnt, vom Himmel herunter gekommen, ein Mensch geworden ist u. für unsere Sünden am Creuz Sein Blut vergoßen hat u. daß derselbige große HErr der über uns wohnt, der Himmel u. Erde u. alles geschaffen hat, haben will, daß wir unsern alten Heidnischen Gewohnheiten absagen sollen: so haben wir diesen Sommer nicht so grobe Sünden gethan, als andere Sommer. Wir sind Eins mit den vielen gläubigen Innuit, von denen wir so vielmal gehört haben, daß sie grade gegen uns über in Osten wohnen. Wir u. unsere Weiber u. Kinder reden in unsern Zelten von des Heilands Menschwerdung, Leiden u. Sterben für unsere Sünden. Wir können nicht leugnen daß wir Sünder sind; aber wir dencken der Heiland werde uns gnädig seyn. Darauf sagte Bruder Drachart: [126] Hört ihr lieben Freunde! Heute ruft euch der Heiland alle zusammen, daß ihr zu Ihm kommen sollt. Wir fühlen daß der Heiland hier unter uns ist, Er streckt Seine blutge Arme gegen uns aus u. Er sagt in unserm Herzen zu einem jeden unter uns: Sehet wie blutig u. verwundet ich bin nurmithalben, darum bitte ich euch, daß ihr Ihm euer Herz hingeben wollet u. wenn der Heiland Seine Zeit ersieht, daß er euch an das Herz kommen kan; so wird Er selber euch in euren Herzen zu recht armen Sündern machen, u. wenn Er das gethan hat, so wird Er euch Gnade u. Freyheit geben von allen euren Sünden, die ihr als Heiden gethan habt u. noch thut. Ich will nicht aufhören den Heiland zu bitten, daß Er selber euch alle in eurem Herzen bekehren wolle, dann werdet ihr recht bekehrt. Es waren auch einige Familien Arbartocker zugegen welche zu Bruder Drachard sagten: Wir wollen auch glauben lernen, wie die hiesigen Einwohner. Dieselben Familien fuhren d. 27tn sehr früh freundschaftlich von hier nach Arbartock um wie sie sagten den Winter da selbst zu wohnen, d. 28tn hielt unser lieber [127] Bruder Layriz gesegnete Chorviertelstunden. D. 29tn entstand eine Bewegung unter den hiesigen Eskimos, weil dieser Tagen ein paar Weiber ihren Männern entlaufen waren. Die eine war Pattiguks erste Frau, die aber Tags drauf zu seiner Freude wieder zurück kam. Sie gab vor, Ketteruks Sohn habe verlangt, daß sie mit gienge. Er war heute in dem Kajak abgefahren, kam aber abends wieder u. man konte nichts dergleichen von ihm mercken noch erfahren. Die andere war des jungen Keminguse Frau, die, wie sie vermutheten, zu ihrer Familie nach Norden gegangen ist. D. 30tn Abends wurden wir ein Europäisches Fahrzeug gewahr, daß durch Bironsoad herein kam. Die Brüder Haven u. Hill u. einige andere, nebst dem Capitain Willson fuhren mit dem Boot entgegen u. brachten es in den Haven. Wir hörten dann, daß es ein Kriegs-Schooner u. der Befehls-Haber deßelben ein Königlicher Lieutenant sey, welchen Comodore Schuldam hieher gesandt habe, sich nach uns um zu sehen u. nach unserm Befinden [128] unter den Eskimos zu erkundigen. D. 31tn früh begaben sich die Brüder Brasen u. Haven auf den Schooner um den Herrn Officier im Namen des hiesigen Brüder Etablisements zu bewillkommen u. unsere Danckbarkeit für die Sorgfalt des Gouvernements für uns zu bezeigen. Er bewieß sich sehr freundschaftlich unterhielt sich bey 2 Stunden mit den Brüdern in der Cabine u. zeigte ihnen die Charte die er von der Küste von Chateaubay bis hieher auf der Reise verfertigt. Bruder Jens Haven zeigte ihm die Seinige dagegen u. beyde trafen in vielen Stücken überein. Er that verschiedene Fragen wegen des Landes u. des Umgangs der Brüder mit den Einwohnern, war über die Antworten sehr erfreut u. danckte mit uns Gott vor die Bewahrung vor allem Unglück. Er nahm die Einladung zu uns ans Land zu kommen an, u. brachte diesen u. den folgenden Tag bis spät abends recht vergnügt bey uns in freundschaftlichen Unterredungen zu. Die Veranlaßung seines Besuchs bey uns, erzehlte er folgender maaßen: Da er nebst einigen andern [129] Officieren beym Herrn Gouverneur Schuldam versamlet gewesen sey, habe dieser sein Verlangen bezeigt zu wißen, wie es den armen Leuten /: nemlich den Brüdern in Labrador :/ gienge u. ob sie noch alle am Leben wären. Darauf habe er /: nemlich Lieutenant Curtis :/ sich erboten, wenn es der Gouverneur befehle, mit einem kleinen Schiff uns zu besuchen, welches der Gouverneur genehmiget. Er hatte einen Arbartocker Sirlek nebst seiner Frau am Board, welcher, da er mit der Gegend von Nunnengoak wohl bekant ist, sie grade hinein führte da es ihnen sonst unmöglich gewesen wäre, den Weg zu uns zu finden. Er hatte das Glück in 21 Tagen von S. Johns in Unity Harbour zu kommen. Am erwehntem Eskimos sahe man abermals deutlich, wie die Heiden durch die unbekehrte Christen verdorben werden. Da die Brüder das erste mal mit dem Boote zu dem Königlichen Schoner fuhren, folgten ihnen einige Eskimos in Kajaken dahin u. unter andern Segulliak. Nota (dieser wird von den hiesigen Einwohnern gleichsam als ihr Hauptman angesehen, wovon wir besonders ein [130] deutlich Beyspiel gesehen haben. Die Brüder hatten ein mal beym bauen des Boots einen Topf mit Pech draußen stehen u. da etwas davon vermißt wurde sagte Bruder Jens Haven gelegentlich zu Segulliak: Die Innuit sagen alle sie stehlen nicht, aber siehe, da ist etwas von dem Pech weggekommen. Segulliak fragte, ob er es wieder haben wolle? u. auf die Antwort ja, gieng er zu seinen Landsleuten u. gleich darauf brachte ein Mann das gestohlne Pech wieder.) So bald Sirleck den Segulliak sahe, bezeigte er seine Furcht vor ihm, gegen den Officier, welcher es dem Bruder Haven sagte. Dieser fragte gleich den Seguliak: hast du etwas wieder den Sirleck? Antwort: Nein, hast du ihn lieb? Ja, darauf fragte er ebenfalls den Sirleck, hast du etwas gegen den Seguliak u. alle Nunnengoacker? Dieser war anfangs bestürzt sagte aber doch endlich Nein, hast du Seguliak u. alle Nunengoacker lieb? Ja, Gut, so seyd ihr Freunde. Als darauf Bruder Haven dem Officier seine Unterredung mit den Eskimos erzählt so erwiederte Dieser: das ist die rechte [131] Methode solche Leute zur Einigkeit zu bringen. Sirleck kam den folgenden Morgen in englischer Dienerliverey mit seiner Frau in der gewöhnlichen Weibertracht der Eskimos, aber starck mit Glasperlen besezt, ans Land. Sie wurden von den hiesigen Eskimos nach ihrer Art freundlich behandelt u. in ihre Zelte gebracht. Der Eskimos sah in der Europäischen u. mit den im Nacken gebundenen Haaren wunderlich aus; er nahm aber bald wieder die gewöhnliche Kleidung der Eskimos an. Da Lieutenant Curtis vernahm, daß wir eine recognoscirungs-Reise nach Norden thun würden, bezeigte er gleich große Lust, die Sloop auf einige Tage dahin zu begleiten, Sirleck aber, da er es hörte, ward er über den Officier sehr unwillig u. sagte: Du hast zu mir in Süden gesagt, du wollest nicht weiter segeln als Nunnengoak u. ich will nicht weiter mit dir gehen, wenn du nicht nach Süden zurückkehrest, weil mich sehr verlangt meine Geschwister die in der Europäer Land gewesen sind, zu sehen /: Dieses sind die Eskimos welche Capitain Cartright im [132] vorigen Jahre nach England gebracht hat u. die man heuer wieder erwartet; die aber bis auf eine Frau in England an den Blattern gestorben. Der Officier ließ dem Sirleck durch Bruder Haven sagen: Er wolle nur auf ein paar Tage nach Norden gehen, dann wolle er nach Süden zurück segeln u. ihn mit seiner Frau in ihrer Heimath absezen. Der Eskimo aber bestand vest darauf, daß der Officier sein Wort halten u. nicht weiter als Nunnengoack segeln solte. Nach vielem vergeblichen Zureden, gab ihm Bruder Haven Bedenckzeit, bis auf den andern Morgen, da er sich dann entschloß, mit dem Kriegs Schooner nach Norden zu gehen. Als sich der Officier, nach unserer ganzen Einrichtung genau erkundigt hatte, so bezeigte er sein wohlgefallen darüber u. sagte: er hätte es sich nicht so vorgestelt. D. 1tn Aug. wohnte Lieutenant Curtis der Litaney bey welche Bruder Layriz englisch hielt. Er bezeugte, daß wir, wie er aus unsern Gesangbüchern sähe, einerley Grund der Seligkeit mit der englischen Kirche hätten. Auch wohnte er heute den Versamlungen [133] der Eskimos bey. Nachdem Bruder Drachart den Tod des Herrn verkündigt u. den Eskimos gesagt hatte, daß dieser Herr vom englischen Gouverneur hergeschickt worden sey u. ihnen Worte zu sagen habe, welches alles dem Lieutenant verdolmetschet wurde, so verlangte derselbe, daß man den Eskimos sagen solte: Sie möchten nicht nur ihren hiesigen Landsleuten sondern auch den Arbartockern u. so weit als möglich nach Norden bekant machen, daß sie alle in Norden an ihren Wohnpläzen bleiben u. nicht mehr nach Süden auch nicht nach Cape Charles kommen solten, alles morden u. rauben, auch der Eskimos unter einander, solte von dieser Zeit an aufhören. Die Mörder solten am Leben u. u. die Diebe am Leibe gestraft werden. Wenn ja Eskimos nach Süden oder Neufondland segeln wolten: so solten sie ein Zeugniß von den Brüdern mit bringen, sonst würde man alle die unter allerley unter allerley Vorwand dahin kämen, zu morden u. zu rauben, übel empfangen. Die Antwort der Eskimos war: Keine von unsern Leuten sind seit 3 [134] Jahren so weit nach Süden gekommen daß sie in Cape Charles viel weniger in Chateaubay gewesen wären. Wir haben die Worte dieses Herrn schon 3 Jahre gewußt u. darum haben wir sie auch bekant gemacht u. wollen sie noch mehr bekannt machen, nicht allein in Arbartock u. in Süden, sondern auch in Norden u. wenn Süd- oder Nordländer herkommen, wollen wir ihnen dieses alles erzehlen. Wir haben aufgehört zu morden u. zu rauben, von der Zeit an da wir vom Heiland gehört haben. Daß ein Mörder u. Räuber auf die Art gestraft werden soll, das haben sie verdient. Wenn wir wollen nach Süden fahren um Fören Holz zu holen, so wollen wir einen Brief von unsern Brüdern an die Herren in Chateaubay[WS 10] mit bringen. Der Officier war mit dieser Antwort wohl zufrieden u. ließ den Eskimos sagen, daß er sie alle lieb habe, wofür sie sich bedankten. Zulezt gab der Officier dem Bruder Drachard die Hand mit den Worten: Ich wünsche daß sie viele solche Eskimos bekommen. Bruder Drachart danckte ihm u. sagte: Gott erhöre ihren Wunsch! Der Officier sagte nachher auch: [135] Ich kan mich nicht genug verwundern u. sehe es als ein Wunder Gottes an, daß schon so viel mit den Leuten vorgegangen ist, sie können versichert seyn, daß ich eine wahre Nachricht von ihnen, sowol dem Comodore als bey Gelegenheit selbst in England geben werde. Wir erwiederten: Wir wünschten nur bey unsrer hohen Obrigkeit für das erkannt zu werden, wofür wir uns ausgeben, daß wir nemlich die Versöhnung die Jesus Christus für alle Welt gestiftet hat, auch diesen armen Heiden bekannt zu machen suchen. Ja, sagte er: meine Seele fühlt etwas dabey u. ich bin überzeugt, daß Gott Sein Werck unter ihnen angefangen hat. D. 2tn früh ging der Kriegs-Schoner in Begleitung unserer Sloop auf die Reise nach Norden. D. 4tn kam Millik in seinen Boote bey uns an u. brachte uns einen Brief von Bruder Haven, darinnen er ihr Wohlbefinden meldete. Millik brachte dem Bruder Brasen eine Wallbarte u. ließ sich dafür etwas Arzney für seinen Schwager Okarloak geben. D. 8tn hielt Bruder Layriz die Gemeinstunde. D. 9tn kam ein Boot von Kwertlok, womit wir Nachricht von der Sloop u. einen Brief des Bruders Haven vom 5tn Aug. erhielten, worinn er meldete [136] daß sie sich wohl befänden u. daß sie im 57tn Grad bey Nunasornome lägen u. daß der Kriegs-Schoner noch bey ihnen wäre. D. 11ten gingen die lezten Eskimos von uns, so daß nur noch ein paar alte Weiber hier sind. Wir haben bisher häufigen Besuch von ihnen gehabt. Das Evangelium wurde ihnen täglich verkündigt u. wiewol es noch keinen bleibenden Eindruck bey ihnen gemacht: so mercken wir doch die Gnadenarbeit an ihren Herzen die uns Trost u. Hofnung gibt. D. 12ten kam Millik mit seiner Gesellschaft wieder. D. 13ten hielt Bruder Layriz früh eine Rede u. wir empfahlen uns mit der ganzen Brüder Kirche in einem Gebet auf den Knien dem Heiland zu neuem Segen. Wir hielten heute das heilige Abendmahl das wir am 8ten ausgesezt hatten. D. 14ten früh kam der Kriegs-Schoner aus Norden wieder in unserm Haven an. Einige Brüder waren eben im Begrif mit Bruder Layriz nach Kingspoint zu den nördlichen Grenzsteinen unsers Landes zu fahren. Sie bewillkommten Mr Curtis u. Bruder Brasen blieb bey demselben u. ging mit ihm nach einigen Stunden an Land. Er brachte einen Brief von Bruder Haven aus Kivertlock, etwas über einen Grad nördlich von hier, [137] wo er ihn nebst seiner Gesellschaft gesund u. wohl verlaßen hatte. Bruder Haven meldet, daß Kivertlock ein für die Eskimos nahrhafter u. volckreicher Ort sey. Die Einwohner hätten die Brüder freundlich aufgenommen u. des Bruder Havens Vortrag von dem Zweck unsers Hierseyns aufmercksam angehört. Mr Curtis war d. 15ten den ganzen Tag u. d. 16ten noch einige Stunden bey uns, worauf er abgesegelte. Er konnte seine Zufriedenheit über seinen Besuch bey uns nicht genug beschreiben u. sagte unter andern: „Ich kan mich nicht genug über mich selbst wundern, was ich mir vor Begriffe von euch gemacht hatte. Ich dachte, ihr wäret ein finsteres u. sauer aussehendes Volck, das in ErdHütten wohnte u. sich um die ganze Welt nicht, viel weniger um einen solchen jungen Officier, wie ich bin, bekümmern würde. Ich muß aber gestehen, ich habe mich an euch sehr betrogen u. finde euch ganz anders als ich gedacht hatte“. Diesen Abend ging Geschwister Brasens Töchterlein 9 Wochen u. 3 Tage alt, zum Heiland. D. 18tn früh ging Millick von hier weg; ließ aber seinen krancken Schwiegersohn in Bruder Brasens Cur zurück, nachdem er jedoch zuvor seine Frau als eine Illisetsock deswegen befragt hatte. Bruder Layriz u. Brasen steckten [138] nordwärts von unserm Hause ein Stück von sandigtem Boden 80 Fuß lang u. eben so breit, zum Gottesacker ab. D. 19tn nachmittag ging Bruder Layriz mit Bruder Brasen auf den Sophienberg Nain gegen über, um sich in der Gegend umzusehen. D. 21ten kamen einige Brüder von Povnals Insel, wohin sie d. 16tn gegangen waren, zurück u. brachten eine hübsche Anzahl Lerchenbäume, auch krummes Wurzel-Holz zum Bau der Boote. Nachmittag wurde Geschwister Brasens Töchterlein beerdigt. Die hier befindlichen Eskimos waren auch zugegen u. ganz ordentlich da sie sonst bey dem Tod ihrer Landsleute sehr heulen u. schreyen. Am heutigen Gedencktage der ersten Mission unter die Heiden, las uns Bruder Layriz die Nachricht der Unitäts-Aeltesten-Conferenz von allen Missionen zu unserer wahren Freude u. herzlichen Theilnehmung. D. 22tn fuhr Mannumina, der am 19tn hier angekommen, wieder weg u. sagte: er wolle Achtung geben, wenn das Schiff käme u. es dann herein bringen. Tugluina kam mit seiner Frau Mikack die er in die nordliche Fiorte mitnehmen wollen, wieder von daher zurück wolte aber Tags darauf mit ihr in die Inseln fahren; doch auf die Vorstellung, daß sie alsdenn von ihrer Wassersucht nicht könne [139] geheilt werden, entschloß er sich den folgenden Morgen, sie zurück zu laßen. Bruder Layriz ließ ihnen sagen, daß er oft an sie dächte u. den Heiland für sie bäte, daß sie Ihn kennen lernen möchten; ließ sie auch fragen, ob sie ihre Herzen dem Heiland geben wolten? worauf sie ja sagten. D. 24tn früh freuten wir uns bey einem Liebesmahl des Jahrstags der Schwester Layrizin u. des Bruders Listers. D. 25tn kam Kiminguse aus Norden, wo er seine wie oben gemeldet, ihm entlaufene Frau vergeblich Frau vergeblich gesucht hat. Er brachte ein Schreiben von Bruder Haven, worinn er sein u. der Brüder Wohlbefinden meldete. Nachdem die ledigen Brüder ihr Chorjahr mit dem Pedilavio beschloßen hatten, so feyerten sie d. 29tn ihr Fest im Segen. Bruder Layriz hielt ihnen den Morgensegen u. eine Chorrede, das Fest-Liebesmahl mit dem ganzen Haus-Gemeinlein, wobey er den Herzlichen Zuruf an die ledigen Brüder Chöre, theils las theils sang u. abends ein seliges Chor-Abendmahl. D. 1tn Sept. kamen 4 Boote wovon 3 Arbartocker waren, zu uns. Es wurde ihnen Tags drauf auf dem Saal Versamlung gehalten u. sie waren aufmercksam. [140] Sie wünschten, daß wir auch nach Arbartock zu wohnen kämen u. sagten: sie wolten auch wie die hiesigen Einwohner glauben lernen. D. 4tn giengen sie weiter. Diese Woche wurde auf der Nordseite des Wohnhauses der Backofen auf gemauert; Bruder Layriz hielt uns gesalbte Reden u. Singstunden. D. 11tn gegen Mittag brachte uns derselbe Eskimo, der uns im vorigen Jahr die erste Nachricht vom Schiff gegeben, einen Brief vom Capitain Mugford, darinnen er seine glückliche u. geschwinde Reise von S. Johns meldet. Er ist nur 14 Tage von Land zu Land gewesen. D. 14 kam das Schiff glücklich in Unity Harbour vor Ancker. D. 16tn abends kam ein Eskimo mit einem uns sehr erfreulichen Briefe von Bruder Jens Haven, darinn er die glückliche Reise der Sloop u. die freundschaftliche Behandlung, die sie in Norden genoßen meldete, u. d. 17tn abends kam die Sloop Gottlob glücklich hier an. D. 20tn feyerte das Ehechor sein Fest nach. In diesen Tagen haben die Matrosen mit einigen Brüdern Holz zu einem Versamlungs u. Proviant-Haus, für die [141] Eskimos herbey geschaft. D. 25tn gieng die Sloop nach S. Johns ab, Bruder Layriz hielt noch verschiedene gesegnete Conferenzen u. Reden, übergab in der Gemeinstunde am 26tn nach einer Rede über die Heutige Loosung den Brüdern Johan Schneider, Jens Haven u. Joseph Neißer mit dem Friedens-Kuß ihre schriftlichen Ordinationen, Ersterem zum Prediger u. den andern zu Diaconis, machte d. 25ten seinen Verlaß mit uns, den er uns schriftlich hinterließ u. verabscheidete sich mit uns beym Bundes-Kelch unter einem innigen Gefühl der Nähe Jesu.

Theure Gemeine! bey aller Mangelhaftigkeit die wir an uns auch in diesem Jahre, besonders in der Liebe unter einander gewahr worden sind, finden wir doch unzehlige Ursache dem Heiland für Sein gnädiges Bekenntniß zu uns zu dancken u. vornemlich auch für Seine bisherige Gnadenarbeit an den hiesigen armen Heiden die uns aufs künftige Hofnung gibt. Wir empfehlen uns auch ferner nebst der hiesigen Nation Deinem treuen Andencken, das wir besonders heuer bey der Visitation unserer lieben Geschwister Layriz danckbar empfunden haben.

[142] Nun folgt noch ein Auszug aus Bruder Jens Havens Brieff von der Reise die er nebst Bruder James Rhode auf der Sloop George, geführt von Mr Willson von Nain aus, nach Norden gethan hat im Aug. u Sept. 1773.

D. 2tn Aug. liefen wir in Begleitung des Königlichen Kriegs Schooners geführt von Lieutenant Curtis von Unity Harbour aus. D. 7tn kamen wir bey Kivertluck vor Ancker. Einige Kivertlocker kamen uns in ihren Kajacken entgegen, einige aber machten ein großes Geschrey, bis sie mich sahen, dann wurden sie still u. freuten sich mich zu sehen. Ich ließ mich gleich ans Land sezen. Die meisten Männer aber waren auf der Renthier Jagd. Den wenigen zurück gebliebenen Männern u. den Weibern u. Kindern erzehlte ich unsern Zeweck u. sie waren ordentlich u. hörten gern zu. Ich gieng darauf mit 2 Knaben über Land, etwa 2 englische Meilen weit zu ihren Winter Häusern. Sie verlangten gar sehr, daß wir kommen u. bey ihnen wohnen solten, daher sie ihr Land gar sehr lobten. D. 8tn gieng ich wieder ans Land u. redete in den Zelten von dem großen Wunder daß Gott Mensch geworden ist, u. uns mit Seinem Blute [143] erkauft hat. D. 9tn nahm der Lieutenant Curtis Abschied von uns u. kehrte mit dem Kriegs Schooner zurück. Wir kamen Abends vor eine enge Durchfahrt konten aber auch nicht eher hinein, als d. 12tn, nachdem wir die Nacht zuvor in großer Gefahr gewesen, im Eise stecken zu bleiben, das bestandig auf uns zutrieb u. abgestoßen werden muste. D. 13tn hatten wir guten Wind, daß wir gegen 6 Uhr abends den Boden von der Bucht sahen. Dieses Land heißt Nappartock. Die Eskimos waren ganz außer sich vor Furcht, doch wagten es endlich 2 Kajacke uns zu betrachten, kehrten aber wol 10 mal um, ehe sie so nahe kamen, daß wir mit ihnen reden konten, ich rief ihnen dann zu, Kacheit! d.i. komm her, Einer sagte zum andern: Wer ist das? der andere antwortete: Es ist wol der Johanesingoak? Sie riefen also: Wie heist du u. da ich ihnen meinen Namen sagte, so riefen sie den übrigen hinter ihnen, komt, komt doch, es ist Johannesingoak unser Freund, alles eilte herbey mit großer Freudens Bezeigung. Es waren bey 12 Kajacke u. darunter [144] ein Angekok Namens Aweinack, der ein großer Mörder ist, weil ich mir diesen vorher hatte beschreiben laßen so kante ich ihn gleich u. sagte zu ihm: Du bist wohl Aweinack? Er erschrack u. fragte ob ich ihn kennte? Ich sagte Ja, ich weiß daß du ein großer Hexenmeister seyn willst u. daß du ein Menschenmörder bist u. noch mit bösen Gedancken umgehest. Ich sage dir aber höre auf, sonst wirst du schlecht zurechte kommen. Er wurde sehr bestürzt. Wir liefen ganz in die Bucht hinein, so nahe an ihre Häuser als wir konten u. ließen den Ancker fallen. Unterwegs hatte ich vergnügte Unterredungen mit ihnen. Viele kanten mich u. alle freuten sich uns zu sehen. Ich gieng gleich mit Bruder Rhodes u. einem Matrosen u. unserm Loots Kigluana, den wir von Nain mit genommen hatten, ans Land. Es ist nicht zu beschreiben wie viel Küße u. Umarmungen ich empfieng, jeder wolte das nächste Recht an mich haben. Wir besuchten in allen Zelten, deren 9 waren u. ich sagte: daß ich Worte an sie alle hätte. [145] Alle drängten sich an uns. Ein Mann aber von Kangertlorsoack, Innellack der vorigen Winter in Nain besucht u. das Evangelium aufmercksam angehört hat, der nun hier war, um sich ein Boot zu bauen, brachte sie in Ordnung daß sie mir alle zuhörten. Ich sagte dann alle Menschen wißen daß ein Schöpfer ist. Das wißt ihr auch. Nachdem Er nun die Welt geschaffen hat u. die Menschen darauf ungehorsam worden sind u. gesündiget haben, so ist Er selber ein Mensch u. von einer Jungfrau geboren worden, hat Fleisch u. Blut an sich gehabt wie ihr, ist 30 Jahr in der Welt herum gegangen u. hat den Menschen Seinen Willen kund gethan, daß sie sich nemlich bekehren u. von ihrem bösen Wege abstehen sollen u. zu Ihm zu kommen. Denn sagte Er: Ich will für euch sterben u. mein Blut für euch vergießen u. wen ihr zu mir kommen wollt: so will ich eure Herzen waschen in meinem Blute, welches ich für alle Menschen vergießen will. Er ist darauf an das Creuzes Holz gehängt worden, hat 5 Wunden [146] empfangen 2 in Händen 2 in Füßen u. eine große Wunde in Seiner Seite u. hat alle Sein Blut vergoßen um eurer Sünde Willen. Dieses theure Blut ist es alleine, was euch reinigen kan von euren Sünden u. Missethaten. Nun fehlt es an nichts als daß ihr ein Verlangen nach Ihm bekomt u. Ihn anrufet: Herr sey mir gnädig u. wasche mich mit Deinem Blute. Wenn ihr das thut so wird Er euch gnädig seyn denn Er hat euch sehr lieb. --- Nach diesem sagte ich zu ihnen: Ich höre auch daß Zanck u. übles Nachreden unter euch ist u. daß etliche den andern nach dem Leben stehen. Das komt alles daher daß ihr den Heiland nicht kennet. Ich kehrte mich zu dem Mörder u. sagte: Höre du meine Worte: Wer Menschen Blut vergießet, des Blut wird wieder vergoßen werden. Vergebet einander u. lebet untereinander als Landes Geschwister in Liebe u. Gemeinschaft, so wie wir Europäer mit euch in Liebe u. Gemeinschaft leben, macht keinen Unterschied zwischen euren Landsleuten, ob sie von Norden oder Süden sind. Er hatte nichts [147] zu seiner Entschuldigung zu sagen, als daß die Leute viel Böses von ihm redeten; gestund aber doch auch daß er böses gethan habe u. versprach sich zu beßern. Darauf sagte ich zu den Umstehenden: Ihr höret seine Worte, vergebet[WS 11] ihm u. habt ihn lieb. Wenn er aber wieder böses thut, so laßt mich es wißen. Er kam nachher etliche mal zu mir u. bat mich sein Freund zu seyn, welches ich ihm auch versprach. Als wir wieder auf das Schiff giengen, so danckten mir die Eskimos daß ich mit ihm geredet hätte. Ich sagte: Ich kan mich nicht genug verwundern über euch, daß ihr euch vor so einem alten, kleinen, trockenen Mann fürchtet, er hat ja keine Zähne mehr. Es antwortete aber einer von ihnen, du bist auch nicht groß, aber deine Gedanken sind starck u. Dein Geist ist unüberwindlich. D. 14tn wurde zuerst mit ihnen gehandelt u. sie richteten sich in allen Stücken nach unserer Vorschrift. Dann gieng ich wieder ans Land. Mein alter Freund Innellack entdeckte mir sein Vorhaben, daß [148] Er mit dem Boot, das er hier baute nächsten Sommer nach Süden gehen u. daselbst seine Wallfisch-Beine verkaufen wolte. Ich fragte ihn? Wer ihm das gerathen hätte? Er sagte Oksot. Ich ließ denselben rufen u. sagte zu ihm: Du bist in Chateaubay gewesen, warum lügst du u. sagst den Leuten daß sie in Süden mehr für ihre Waaren bekommen als bey Theobald in Nain? ich weiß Deine Gedanken, du wilst nach Süden, um daselbst Boote, Segel u Stricke zu stehlen, er sagte drauf: Wir wollen nicht neue Boote stehlen, sondern alte, die von den Europäern verlaßen sind. Ich antwortete: Höre Doch! wenn wir ans Land giengen in eure Häuser u. nähmen eure alten Lampen, Kessel u. übrigen Hausrath weg, wäre das recht? Nein, sagte er, das wäre gestohlen. Also versezte ich, ist das ja auch gestohlen, wenn ihr den Europäern ihre alte Hinterlaßene Sachen wegnehmet. Ich sage euch, wollt ihr mit euren Wallfischbeinen nach Süden gehen, so thut es, wo ihr aber stehlt, so werdet ihr getödtet u. die [149] Europäer werden euch gut bewachen. Sie sagten: Wir wollen nicht stehlen, auch nicht hingehen nach Süden. Ich antwortete: Ich habe noch keinen von euren Landsleuten gesehen der gesagt hätte: ich will stehlen, sondern sie sagen alle: Wir wollen nicht stehlen u. doch sind große Diebe unter euch. Wer aber künftig stiehlt der soll gestraft werden. Wir bekamen auch hier einen neuen Loots u. fuhren am 15ten ab. Alle Kajacke begleiteten uns. Der oben erwehnte Hexenmeister Aweinack brachte mir Worte, daß er zwar jezt nichts habe, mir zum Zeichen seiner Freundschaft ein Geschenck zu machen; er wolte mir aber nächsten Winter ein Geschenck von Renthierfett u. von dem Wallfisch den er zu bekommen hofte, schicken. Ich bedanckte mich u. sagte, daß ich kein Geschenck von ihm verlange, wenn ich aber hören würde, daß er aufhörte Böses zu thun: so würde mir das genug u. ich sein Freund seyn. D. 17ten bey Sonnen-Untergang kamen wir in Kangertlorsoack eine Meile von den Zeltpläzen u. d. 18ten früh um 9 Uhr bey den Wohnungen der Eskimos vor Ancker. Ich ging gleich ans Land u. redete mit ihnen von unserm Haupt-Zweck. Ich muste einen der Arbartocker [150] die hier waren, wegen seiner Unordnung von unserm Schiff wegweisen. Das verdroß die übrigen gar sehr, sie thaten ihr möglichstes zu verhindern, daß wir hier einen Lots bekämmen, da der unsrige den Weg nicht weiter wuste, auch stelten sie mir die Weitere Reise nach Norden auf alle Weise gefährlich vor u. sagten auch, es wären keine Wallfischbeine mehr daselbst. Ich erwiederte aber, ich sey nicht gekommen Wallfischbeine zu kaufen, mein Haupt-Zweck sey mit den Leuten bekannt zu werden u. ihnen etwas vom Heiland zu sagen. D. 19tn kamen 2 Arbartocker, die abgeschickt waren um Freundschaft zu machen, sie erzehlten weitläufig was zwischen ihnen u. den Europäern vorgekommen wäre. Unter andern sagte der eine: Die Europäer haben meinen Vater auf dem Schiff getödtet u. ich habe seit dem mit diesen meinen Händen etlichen Europäern das Leben genommen; nun aber wollen wir gern aufhören böses zuthun wenn du uns lieben willst, wie du die übrigen Menschen liebst u. nicht böse auf uns seyn. Wir wollen [151] auch auf hören Boote u. andere Sachen zu stehlen u. wollen mit allen Europäern Freunde werden. Wir können es aber nicht ausstehen, daß du böse auf uns bist. Ich antwortete: Wer da sagt, daß ich auf euch böse bin, der lügt, daß ich gestern deinen Bruder nicht aufs Schiff wolte kommen laßen, dabey bleib ich noch. Er gab mir drauf böse Worte u. dann hieß ich ihn stille schweigen u. fort gehen, da wurde er böse. Ich will euch lieben u. euer Freund seyn, ihr aber sollt nicht mein Meister seyn. Wenn ich ans Land komme u. ihr wollt mir erlauben, in eure Zelte zu gehen, so will ich hinein gehen, wo nicht so bleib ich draußen u. will nicht böse werden. Also auch, wenn ich euch nicht erlaube auf das Schiff zu kommen, so sollt ihr nicht hinauf kommen wenn ihr auch böse werdet. Wollt ihr meine Freunde seyn, so müßt ihr gehorsam seyn, sonst sehe ich euch für böse Leute an, die böses thun wollen wie vor diesem. Sie sagten dann: Wir sollten ihre böse Thaten vergeßen, sie wollten unsre auch vergeßen.

[152] Ich versezte: ich habe euch nichts böses gethan, aus Liebe zu euch, bin ich auf dieser Reise zu euch gekommen u. aus Liebe will ich auch bey euch wohnen. Aus Liebe zu euch bin ich auf diese Reise gegangen, u. habe meine Frau u. Sohn verlaßen; denn ich wußte daß der Capitain nicht mit euch reden konte, da war ich bange, daß ihr euch zancken soltet. Nun sage ich euch, ich liebe euch u. alle Innuit, die da aufhören böses zuthun. . Wir machten den Freundschaft u. ich versprach, daß ich ihrer bösen Thaten, nicht mehr gedencken wolte. Auch der, den ich gestern vom Schiff gewiesen, kam u. alles wurde wieder gut. Sie versprachen uns im Winter zu besuchen u. gute Worte zu hören. Ich that noch hinzu, das ist noch nicht genung, ich verlange auch von euch, daß ihr euch unter einander liebet u. keiner von euch einen andern tödte; denn wer einen unter euch tödtet, der soll mein Freund nicht seyn. Sie versprachen es endlich u nahmen Abschied. D. 20tn gieng ich wieder ans [153] Land u. redete mit ihnen von der ewigen Seligkeit, die ihnen der Heiland durch Sein Leiden u. Sterben erworben hat. Die Arbartocker die da waren, dienten mir zu Dollmetscher, weil es sonst schwer war, sich diesen Leuten recht deutlich zu machen. Manchmal geben ihre einfältigen Fragen Anlaß, sich beßer zu beßer zu erklären. manchmal aber ist es schwer genug, sie zu beantworten. Sie fragten Z. E. Warum hat denn der Heiland der alles machen kan, nicht vorher jemand zu uns geschickt, und diese große Sache unsern Vätern erzehlen laßen, die alle dahin sind; wo man nichts hören kan? Ich antwortete: Gott habe die Zeit der Unwissenheit übersehen u. nun da Er ihnen die Gnade thue u. sie das Evangelium hören laße, möchten sie ja die Zeit ihrer Heimsuchung wahrnehmen. Als ich unter andern den Vers sang: Wenn unser Herre käme vielleicht erschröcken wir p. so sagten sie: Wenn Er uns lieb hat wie du sagst u. so ein guter Mann ist, so [154] hätten wir nichts dagegen, daß Er herein käme. Allein das schlimste ist, daß wir keine Wallfischbeine mehr haben. Ich nahm denn Gelegenheit ihnen deutlich zu machen, was der Heiland eigentlich bey bey ihnen suche u. verlange u. es war mir sehr wohl bey ihnen.

D. 22tn früh fuhren wir ab. u. zu Mittag waren wir in der Mündung von Seglak. D. 24tn giengen wir mit dem Boot ans Land um uns nach Eskimos umzusehen. Wir sahen keine Zelte, aber auf dem Rückweg erblickten wir zu unserer großen Freude 4 Kajacke. Wir riefen ihnen zu; sie hatten aber solche Furcht, daß sie sich lange besonnen, ehe sie zu uns kamen. Als sie aber meinen Namen hörten kamen sie gleich u. sagten: Unsre Augen haben dich zwar nicht gesehen, aber unsere Ohren haben vieles von Dir gehört ach wie froh sind wir Dich zu sehen, denn wir wißen wohl, daß du unser Freund bist.

Da wir kein Gewehr mit hatten, bat ich sie, unserm Boot nicht nahe zu kommen, damit sie sich nicht etwa unserer [155] Schwachheit bedienen möchten. Sie waren wie Kinder u. blieben wo man sie hinwieß. Wir giengen dann ins Boot u. ruderten zur Sloop, wohin uns die Kajacke folgten. Ich schickte 2 von ihnen zu den übrigen Eskimos, um ihnen zu sagen, daß ich hier sey u. Worte an sie hätte. Sie wolten wißen was es wäre, das sagte ich ihnen gern u. sie hörten mit Verwunderung zu. D. 25tn Nachmittag erhob sich ein starcker Wind, wir lavirten gegen den Wind u. Strom um in die Bucht zu kommen, konten sie aber vor Nacht nicht erreichen u. mußten an den vorigen Platz zurück.

Wir sahen hernach in der Bucht 3 Wirbelwinde, hinter einander aufsteigen, die Das Waßer in die Höhe führten u. wir Danckten Gott, daß wir nicht hinein gekommen waren. D. 26tn ging ich ans Land u. redete mit den Eskimos, dabey mir sehr wohl war; denn sie waren nicht ohne Bewegung. Mit einem von ihnen wurde ich eins daß Er als Lots mit uns nach Nachwak gehen solle. Er blieb die Nacht bey uns. [156] D. 27tn nachdem ich noch viel mit den Eskimos über ihr ewiges Wohlseyn geredet u. sie ermahnt hatte, vor allen Dingen friedlich unter sich selbst zu leben u. oft daran zu dencken, daß ihr Schöpfer Mensch geworden sey u. sie vom Bösen erlöset habe; fuhren wir weiter D. 28tn segelten wir bey den Winterhäusern in Nachwack vörbey; es waren aber keine Leute da sondern nur viel Hunde. Wir segelten daher weiter in die Bucht hinauf wo sie auf Lachs Fang standen. Die Männer waren aber nicht da u. die Weiber wollten daher vor uns fliehen; kamen aber wieder zurück, als sie sahen, daß 2 Kajacke bey uns waren. Ich ließ mich gleich ans Land sezen.

Keiner unter ihnen hatte einen Europäer gesehen, aber meinen Namen wußten sie alle. Ich prieß ihnen die Liebe des Heilandes an u. sagte: daß der Hauptzweck von unserm Besuch sey, ihnen diese zu verkündigen. Das ist ihnen aber eine fremde u. wunderliche Sprache; sie wißen nicht, was sie dazu sagen sollen.

Daß sie schlechte Menschen sind, ist ihnen ein Gräuel zu hören; denn sie dencken, wenn sie mir das zugestünden, daß sie nichts taugten: so würde ich sie nicht lieb haben.

[157] D. 29ten unterhielt ich mich wieder mit ihnen auf eine angenehme Weise davon, was ich glaubte, wie wohl es mir sey daß ich einen Heiland habe, u. wie nöthig ich Ihn habe. Sie wollten mir aber nicht nur nicht zugestehen, daß sie einen Heiland nöthig hätten, sondern mir auch streitig machen, daß ich arm u. sündig wäre. Alle sagten: Du bist ein guter Europäer u. wir haben dich sehr lieb u. freuen uns, daß du zu uns gekommen bist.

Wir wollen dich in Nain besuchen u. deine Frau u. Sohn u. deine übrigen Geschwister auch sehen.

D. 30ten war ich nochmals am Land u. pries den Eskimos ihres u. unsers Heilandes unermeßliche Liebe an. Sie hörten mit Vergnügen zu u. verstanden vieles. Dann fragten sie mich ob ich ein Angekock wäre? weil ich von solchen großen Dingen redete, die sie von keinem ihrer Propheten gehört hätten. Dieses gab mir Gelegenheit weiter mit ihnen zu reden. Sie hörten mit Andacht zu u. versicherten mich, daß sie es alles ihren Männern erzehlen u. ihnen keine Ruhe laßen wollten, bis sie uns in Nain besuchten. Ich sagte ihnen [158] auch vor wie sie beten sollten: „O Du HErr im Himmel sey uns gnädig um Deiner Wunden willen! zu Dir allein will ich kommen“. Das Wort Erlöser konnte ich ihnen nicht verständlich machen.

Dieser Ort Nachwack liegt so viel wir schließen konnten im 59° 30'. Die Einwohner sind einfältig u. gutherzig, jedoch gar nicht tumm. Ich konnte gar keine diebische Neigung an ihnen mercken.

D. 1ten Sept. fuhren wir zurück u. langten d. 5tn in Seglack an, wo wir 12 Kajacke antrafen. Ich gieng ans Land u. verkündigte ihnen das Evangelium. Sie freuten sich mich zu sehen. Einer sagte: Er hätte schon in Norden nahe an Hudsons Streight von mir gehört. D. 6tn gieng ich mit einem Eskimo eine Deutsche Meile weit über Land zu 5 andern Zelten. Sie freuten sich, mich zu sehen. Ich sagte ihnen den Zweck des Aufenthalts der Brüder in diesem Lande u. prieß ihnen den einigen Weg zur Seligkeit an. Da ich anfieng zu singen erschracken sie erst u. sagten: Der Geist komt über ihn; Ich bedeutete sie u. fuhr dann fort zu singen, welches sie [159] mit Vergnügen hörten. Sie sagten: sie wollten mit mir zum Heiland oder zum Torngack ziehen, wohin ich wollte.

Ich danckte vor ihre Gesellschaft u. versicherte sie, daß ich nicht zum Torngack wolte der wie ich wüste eine finstere Wohnung hätte, ich aber liebte das Licht.

Sie waren denn auch zufrieden u. wolten mit mir zum Heiland gehen. Auf dem Rükweg begegnete mir ein Boot, ich unterhielt mich vergnüglich mit den Leuten darinn u. kam erst spät u. ganz naß auf unser Schiff. D. 7tn besuchten uns viele Mannsleute, waren sehr frölich über unsern Besuch, baten sich ihn auf künftig wieder aus, u. versprachen zu uns nach Nain zu kommen. D. 8tn kamen wieder einige u. sagten, sie könten nicht von uns bleiben, so lange wir hier wären. Es ist ein liebes Volck auf diesem Platz u. mir gieng es so nahe, sie zu verlaßen, als ihnen, uns nicht mehr zusehen. Anfangs wolten ein paar alte Männer Lerm machen. Ich sagte: wenn ihr euch nicht ordentlich aufführen wollt so sollt ihr nicht meine Freunde seyn. Seitdem, [160] so oft jemand so etwas thun wollte, wurde er von den übrigen zurechte gewiesen u. sie waren wie die Kinder.

D. 9tn besuchte uns unser Loots Arnackpiuck nochmals, um uns seine Liebe zu bezeugen und sagte, er u. seine Frau könten ihre Freude nicht genug ausdrücken daß sie mit uns bekant worden wären. D. 10tn machten wir uns auf die RückReise fertig u. d. 17tn Abends um ½ 10 Uhr kamen wir in Unity Harbour an, wohinein uns der liebe Captain Mugford buxiren half.

Die Freude wurde auf allen Seiten mit Danckbaren Herzen Thränen bezeugt. Die Eskimos riefen: ach das ist eine Freude, siehe doch!

Dem HErrn der uns so gnädig geleitet u. behütet u. mehr gethan hat, als wir dencken u. wünschen konten, sey Lob u. Preis u. Danck

Amen!

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Die Zahl im Zähler steht für den Tag nach julianischem Kalender, die Zahl im Nenner für den Tag im gregorianischen Kalender.
  2. seliger Jünger: Bezeichnung innerhalb der Brüdergemeine für ihren Gründer Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf nach dessen Tod
  3. abweichende Namensvariante (Seite 16): Benza Jacob
  4. (kleines) Ausschimpfen lt. Grimmschem Wörterbuch
  5. guter Hausgeist
  6. Vorlage: Manuina
  7. Vorlage: Wiederholung Nun
  8. Vorlage: Friedes
  9. kleines einmastiges Schiff
  10. Vorlage: Chatebay
  11. Vorlage: vegebet