Gemein-Nachrichten - Beylagen 1774,3: No. II

No. I.) Beylage zur 4. Woche 1774 Gemein-Nachrichten - Beylagen 1774,3 (1774) von Herrnhuter Brüdergemeine (Hrsg.)
No. II.) Beylage zur 8. Woche 1774
No. III.) Beylage zur 12. Woche 1774
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[161]
No 2.
Beylage zur 8ten Woche 1774.
enthalten folgende
Auszüge aus eingelaufenen Nachrichten.
I.) Aus der Diaspora.
1.) Bruder Staehlelys Bericht von Zürch, Winterthur, Schafhaußen p. vom AprilDec: 1773.

Am Palmsonntag d. 4tn April. war in der Versammlung zu Zürch ein seliges Gefühl zum Eingang in die Marter-Woche, welches die ganze Woche fortgedauert hat. Ich muß bekennen, daß ich mich solcher Tage wenig zu erinnern weiß; es war in allen Gelegenheiten ein solch sanftes Wehen zu spüren, daß sich wenige der Thränen enthalten konnten, u. auf alles dieses schenckte uns der Heiland am heiligen Ostern ein gnädiges Siegel. Unsre Herzen fühlten Seine Liebe gegen uns arme Sünder, u. die Zärtlichkeit, mit welcher Er Petrum u. Mariam behandelt hatte. Am 12tn machte ich für eine Zeit mit den Geschwistern in Zürch zärtlichen Abschied, u. kam am 14tn nach Eglig, wo sich die Seelen des Abends versammleten. Es wurde meist mit Unterredungen u. nicht ohne Segen verbracht.

Am 15tn ging ich nach Schafhaußen, sahe u. sprach allda die Geschwister u. fühlte daß der heilige Geist mit ihnen auf Grund gehet.

[162] D. 23tn war ich in Stein. Sie freueten sich, mich wieder zu sehen, u. wir unterredeten uns theils herzlich theils ernstlich. Ich reiste d. 24tn weiter auf Stockborn u. Gottlieben, u. besuchte unterwegens alles, was mit uns in Bekanntschaft ist.

D. 26tn begleitete mich ein Bruder nach St Gallen, wo wir Abends ankamen. Diejenigen, die mich zu sprechen verlangt, fanden sich bald in einem Hause vor der Stadt zusammen, u. wir hatten bis spät in die Nacht gesegnete Unterredungen von dem Grunde unsrer Seligkeit.

Ich sprach auch hier einige, die einmal in der Gemeine gewesen, als den Kupferschmidt Kessler u. Tischler Kirchhofer. Sie freueten sich sehr, wieder einmal einen Bruder zu sehen, u. bezeugten sich sünderhaft u. reuig über ihre Untreuen, so daß mir recht wohl bey ihm war. Von dort kam ich am 2 May wieder nach Zürich, froh u. dankbar, daß der Heiland mir bey aller Armuth u. Schwächlichkeit der Hütte so gnädig durchgeholfen hatte. Meine Frau hatte mit den ledigen Schwestern zum Schluß ihres Chor-Jahrs eine herzliche Unterredung, u. es war ihnen bey der Bitte um eine gnädige absolution recht wohl. An ihrem Fest d. 4tn May war in allen ihren Gelegenheiten ein seliger Gottes Friede zu spüren.

[163] Der Himmelfahrtstag u. das Pfingstfest ist den Geschwistern so wol hier, als an andern Orten zum Segen für ihre Herzen gewesen, wovon sie uns zum Preiß unsers lieben HErrn erfreuliche Berichte gaben. In diesen Tagen hatte ich mit den Geschwistern noch manche Herzliche Unterredungen besuchte sie, so viel ich konnte in ihren Häusern, nahm am 20tn in einer Versamlung Abschied, u. empfahl sie in einem kindlichen Gebet dem Heiland zu Gnaden. Ich reiste dan d. 21tn Juny mit meiner Frau u. Kindern nebst 18 Personen nach Neuwied, wo wir am 30tn wohlbehalten ankamen. Hier hielten wir uns bis zum 16 Aug. auf, nahmen unsern Rückweg über Stutgard, u. langten, dem Heiland sey Danck! d. 24 Aug. glücklich in Schafhaußen an. Unsre Bitte zum Heiland war, uns aufs neue mit seiner Gnade zu leiten u. uns mehr u. mehr zu lehren, in allen Umständen nur allein auf Ihn zu sehen. Wir nahmen an allem, was uns die Geschwister von ihrem zeitherigen Gang erzehlten, herzlichen Antheil, u. der Heiland schenkte uns Freudigkeit, unsern Gang getrost mit ihnen zu gehen, wiewol in Schwachheit u. Armuth. D. 8tn Sept. reiste ich nach Zürch ab, wo die Geschwister am 9te als am Bußtag zum heiligen Abendmahl gehen wolten. Nachdem ich etwas über die schöne Loosung geredet hatte, knieten wir [164] dem Versöhner unsrer Sünde vors Herz, u. Er ließ uns Seine Absolution gnädiglich fühlen. Am 13tn that ich einen Besuch über den Albis, u. nach dem ich retournirte in Winterthur u. Thurgau, wo ich die Seelen offenherzig u. weich gegen Jesu Leiden fand.

D. 10tn Oct: nahm ich von den Geschwistern in Schafhausen Abschied, dankte dem lieben Heiland für alle ihnen erwiesene Gnade u. Barmherzigkeit, u. bat Ihn, aufs neue mit Seiner Liebe, u. Erbarmen u. Geduld fortzufahren u. sie täglich tiefer in Seinen Tod u. Leiden zu gründen.

D. 14tn kam ich nach Zürch, u. der liebe Heiland ließ uns gleich in der ersten Gelegenheit Seinen Frieden kräftig fühlen. So war auch in der Versamlung am 1tn Nov: da wir uns der Obern-Gemeine[WS 1] erinnerten, ein besonders seliges Gefühl. D. 8ten ging ich auf einen Landbesuch, zu erst nach Steffen u. dann nach Wedischweil, Oberrieden p. u. kam über den Albis zurück nach Zürch, herzlich dankbar für das, was der Heiland an mir u. den dortigen Seelen gethan. Die meisten haben in der Erkenntniß ihrer selbst zu genommen, u. lernen auch die Gnade als Gnade schäzen.

Ich bin auf dem Wege mit 5 neuen Leuten bekannt worden, die gute Hofnung geben, ein Eigenthum des Heilands zu werden. Ich hatte zwar sehr schlecht Wetter u. Weg, aber der liebe Heiland [165] war meinem Herzen fühlbar nahe, welches mir alles schwere leicht machte. Der 13te Nov. war auch für uns ein wahrer Segenstag, da wir unsern HErrn u. Aeltesten um Absolution baten, Ihm alle unsre Geschwister u. Bekannte an sein treues Herz legten, u. uns mit Seinem ganzen Volck verbanden, Seine treue Herzen zu seyn.

Da mir etliche Freunde u. Brüder aus Pündten geschrieben, zu ihnen zu kommen, so trat ich am 16tn meine Reise dahin an, u. besuchte in Grusch Cur u. Flanz. Sie waren aller Orten sehr erfreuet, mich zu sehen, um über manches vorgekommene mit mir durch zureden, u. ich hoffe, daß es ihnen zum wahren Segen seyn wird. D. 30tn kam ich wieder nach Zürch zurück.

Zum Schluß dieses Kirchen-Jahres wissen wir nichts zu sagen, als: Mit was für Geduld u. Gnade u. Huld hast du uns durch so manches auch in diesem Jahr geführt, so daß sich beym Zurück erinnern unser dencken darüber verliert. 12 Seelen haben wir in die Gemeine nach Neuwied u. 6 Seelen in die obere Gemeine abgegeben; das macht also, daß wir um 18 Seelen weniger worden. Davor hat uns der Heiland mit 8 Personen aufs neue bekannt werden lassen. Er lasse uns immer tiefer auf Seine Marter u. Tod niedersincken, u. thue täglich mehrere hinzu, die da selig werden.

[166]
2.) Bruder Aiglers Bericht von der Diaspora in Elsas vom Jan. bis Novbr. 1773.

D. 3 Jan: wurde in Straßburg 1 Bruder in die Versamlung der Geschwister aufgenommen, welches ihm u. den übrigen Geschwistern zum tiefen Eindruck u. Segen gereichte. Vom 9 Jan. bis 6 Apr. war ich in Sulzbach, u. habe währender Zeit mit der Herrschaft manche gründliche Herzens-Unterredungen zu ihrem Segen gehabt. Sie haben keinen andern Zweck, als durch das Verdienst u. die Wunden Jesu selig zu werden, u. suchen nach ihrer Erkenntniß dem Herzen Jesu gemäß zu Handeln.

Am grünen Donnerstag war uns in Straßburg der Heiland bey Verlesung Seiner Leidens-Geschichte recht nahe u. fühlbar, so auch am Charfreytag u. Ostertag, da wir selig inne wurden, daß unser auferstandener HErr u. Heiland aus Gnaden auch unter uns wandelte. Ein Bruder sagte, er habe schon so viele Weyhnachten u. Ostern gefeyert, aber so selige Feste habe er noch nicht gehabt, als die 2 mit uns. D. 28tn war in Kirrweiler eine Prediger Conferenz, wozu ich auch invitirt wurde. Ich sang zum Anfang einige Verse, u. ein Bruder that ein Gebet. Man handelte von der Erscheinung des lieben Heilands nach Seiner Auferstehung, u. von den Folgen, die sie auf unsre Seelen haben sollen. Es war allen recht wohl dabey.

[167] Am 4tn May nahm der Heiland den alten Bruder Wolf in Straßburg selig zu sich heim. Er war sich bis an sein Ende gegenwärtig u. verlangte sehnlich nach seiner Auflösung. Er war einer von den ersten, die mit der Gemeine bekannt worden, hat auch einigemal mit Segen für sein Herz auf den Herrnhaag besucht. Die Brüder welche ihn in seiner Kranckheit besucht, waren vergnügt über ihn. Ein Bruder segnete ihn ein, wofür er sich herzlich bedanckte, u. bald darauf verschied er selig, im 82tn Jahr seines Alters. D. 19tn Juny reisete ich nach Weisenburg. D. 20ten kamen einige von hier u. Weiler zu mir, mit denen ich mich unterredete u. ihnen zu ihrem Segen eine Rede las. So habe mich auch am 24tn mit 16 Personen in 2 Abtheilungen unterredet, wie man als ein armer Sünder zu Jesu kommen u. bey Ihm Gnade u. Vergebung erlangen müsse, u. ihnen darauf eine Predigt verlesen. D. 29tn besuchten mich 2 neue Leute; der eine ist voriges Jahr von Copenhagen gekommen, wo er erweckt u. um sein Heil bekümmert worden. Ich wieß sie auf den Heiland, mit Ihm bekannt zu werden u. sich vom heiligen Geiste das Grundverderben ihres Herzens aufdecken zu lassen, so würden sie erst recht sehen, wie nöthig sie den Heiland hätten. D. 18tn Jul. hielt ich hier die lezte Versamlung u. ermahnte die Geschwister, dem Heiland treu zu bleiben [168] u. vor Seinem Angesichte zu wandeln, damit auch andre an ihnen sehen könnten, daß ihre Herzen in Ihm lebten, u. empfahl sie in einem Gebet zur Bewahrung u. mehrern Gründung auf Jesu Marter u. Tod. Ich kan wol sagen, daß mirs noch niemals hier so wohl gewesen, als dieses mal. Es ist mehr Liebe unter ihnen, u. sie lernen sich selbst immer besser kennen. Darauf hielt ich mich 14 Tage in Sulzbach auf, u. hatte Gelegenheit, manches Zeugniß von der Sünder-Liebe Jesu abzulegen. Auch habe ich mit den 6 Weibern, die im Pfarr-Hause daselbst zusammen kommen, gesprochen u. ihnen ans Herz gelegt, ihre Zeit gut anzuwenden u. sich dem Heiland ganz zu ergeben. Sie waren recht weich dabey u. dankbar davor. D. 7tn Aug. kam ich nach Pirmasens. Mein unvermutheter Besuch machte bey den bekannten Freunden groß Vergnügen, u. es kamen gleich 5 von ihnen, die vor Freuden kaum wußten, was sie sagen sollten. Ich wurde auch von einigen Soldaten besucht, u. ging Abends zu einem, den ich schon kannte, wo noch 6 andre waren nebst ein paar Weibern, da ich dann Gelegenheit hatte, etwas von Jesu Leiden u. Seiner Sünderliebe zu reden. Ihre Herzen wurden weich, u. mir war recht wohl unter ihnen. Es waren ein paar dabey, die sich Sünderhaft erklärten, u. ich konnte fühlen, daß es [169] ihnen um ihre Seligkeit zu thun war. Ich wurde alle Tage von einigen besucht, die von ihrem Herzen mit mir redten. Ich bat sie, es doch auf was Ganzes anzutragen, sich selbst u. besonders den lieben Heiland in Seiner Marter-Gestalt recht kennen zu lernen u. Ihm das ganze Herz zum Eigenthum zu geben. Es kamen alle Abend 12 bis 15 beym Schulmeister zusammen, die ich suchte dem Herzen nach kennen zu lernen, u. sie mit allem zum Heiland wieß. Es sind doch 50–60 erweckte Seelen hier, die ich alle gesehen u. gesprochen. Viele waren mit Vorurtheilen gegen die Gemeine eingenommen, u. die meisten wissen nichts von ihr; doch sind 6 Personen hier, die mit uns näher bekannt sind, mit denen ich auch alle Tage alleine sprach u. ihnen manches vom Wercke Gottes unter Christen u. Heiden erzehlte.

Von denen andern tragen viele es mehr auf ein frommes u. gesezliches Leben an, als den Heiland u. Seine Versöhnung kennen zu lernen. Am 13 Aug. besuchte ich ein paar Witwen, die in einem Hause wohnen. Die eine kennt ihr Herz, u. hat Verlangen nach Gnade, geht auch gerade durch bey aller Verachtung.

Einigen von den Soldaten u. Bürgern, welche wissen was sie wollen, u. sich als Sünder kennen lernen, habe ich gesagt, daß sie die andern manchmal besuchen u. alles, was um Seine Seligkeit [170] verlegen ist, zum Heiland weisen sollen.

Mein sehnliches Bitten bey meiner Abreise war: Beschwemm die Saat, HErr Jesu Christ, tauch sie tief in Dein Blut. D. 14tn kam ich nach Buchsweiler. Ich besuchte die Geschwister in den Häusern, u. bat sie, in einen wahren Umgang mit dem Heiland zu kommen zu suchen u. Ihm das ganze Herz zu geben. Es sind hübsche Leute hier, denen es drum zu thun ist, den Heiland recht zu genießen u. es ist Liebe unter ihnen. D. 29tn kam ich wieder nach Straßburg, wo mich 3 neue Leute besuchten, die um ihre Seligkeit verlegen sind. Es besuchten mich auch am 8tn Sept. 2 Brüder, mit denen ich ernstlich redete u. dem einen seinen unordentlichen Wandel vorhielt; er sagte ganz sünderhaft, er habe schon lange Bestrafungen darüber gehabt, alles, was ich ihm sagte, u. noch mehr dazu, wäre wahr, er wolle den Heiland um Gnade u. Vergebung anflehen. Einem kürzlich in die Gesellschaft genommenen Bruder wurde auf seine Bitte erlaubt, zum Verlesen der Gemein-Nachrichten kommen zu dürfen. Er sagte, sein ganzer Sinn wäre, sich dem Heiland zu ergeben u. Ihn kennen zu lernen, u. weil er im Umgang mit den Brüdern Segen für Sein Herz gehabt habe, so wolle Er auch gerne mehr Gelegenheiten mit genießen.

Zum Winter fingen wir wieder die erste Bibel-Lection, [171] in der Nähe Jesu an, u. danckten Ihm für den Schatz, den Er uns in Seinem Worte gegeben. Im ganzen Elsas werden an 15 Orten Gemein-Nachrichten gelesen. Es sind aber wol noch 17 Orte, wo erweckte Leute u. Freunde wohnen, die ich alle besucht; u. überhaupt habe ich auf meinen verschiedenen Besuchen dieses Jahrs 204 Personen gesprochen, darunter sind 17 Prediger, deren 7 eine Conferenz mit einander haben, die alle 4 Wochen gehalten werden soll.

3. Auszug aus dem Bericht von dem Gnadengange der Geschwister in dem Hause der Schwester v. Wöldike in Arnimb, vom Aug. bis Ende des Jahrs 1773.

Am 1 Aug. besuchte ich (schreibt Bruder John) einen Krancken, der nicht ohne Rührung ist u. schon öfters unsre Sonntags-Versammlungen besucht hat. Ich wieß ihn zum Heiland, welches er mit begierigem Herzen aufnahm. Bey einem abermaligen Besuch, da es sich schon zur Besserung anließ, versprach er, ein ganzes Eigenthum des Heilands zu werden. Da wir vor unserm Abendmahl den Abend vorher, dem Heiland um absolution anfleheten, war Er uns innig nahe u. ließ uns Sein Vergeben kräftig fühlen.

Und d. 5ten ehe wir in die Kirche gingen, sangen wir einige Verse mit einander; so dann segnete [172] Er uns durchs heilige Sacrament recht fühlbarlich. Nachmittags war das Anbeten.

Mein Besuch in Tangermünde d. 24tn war den Geschwistern zur Freude. Ich redete mit ihnen Bandenmäßig[WS 2], u. fand sie in einer hübschen Stellung ihres Herzens. D. 3tn Oct: gab der Heiland Gnade, daß ich in unsrer Haus-Versammlung mit Gefühl über die Loosung reden konte: Säet Gerechtigkeit, u. erndtet Liebe p. u. wir fühltens, daß die Wundenfluthen auch unsre Fluhr durchgehn. Es hatten uns verschiedene Brüder aus Stendal u. Ebersdorf besucht, die kräftig angefaßt wieder nach Hause gingen. D. 17tn erfreute uns unser lieber Bruder Grassmann von Berlin mit seinem Besuch, u. hielt uns eine gesegnete Versammlung. Er reiste d. 20tn wieder ab. Am 26tn nahm der Heiland unsern lieben Pastor Duncker selig zu sich.

Es that uns sehr wehe, denn wir hatten an ihn nicht nur einen wahren Freund, sondern auch einen treuen Lehrer, der den Heiland liebte u. Ihn auch mit dem Munde bekannte. Er hat die Gemein-Schriften mit grossem Segen für sein Herz gelesen, u. dadurch eine genaue u. richtige Kenntniß von der Brüder Sache gekrigt. Als er das Leztemal bey uns war, traf er eben unsern Bruder Grassmann an, u. freuete sich herzlich einen Diener Gottes, von dem er in der Brüder Historie gelesen, persönlich kennen zu [173] lernen, u. unterhielt sich mit ihm in verschiedenen Gesprächen, insonderheit über das Werck-Gottes unter den Heiden. Er hat nach her noch zu Hause bezeugt, daß Er einen rechten vergnügten Tag bey uns gehabt habe, u. einen alten ehrwürdigen Mann aus der Brüder Gemeine habe kennen lernen. Er hatte was hectisches, u. ist sehr sanft verschieden. Den Abend vor seinem Ende hat er seinen erwachsenen Kindern noch einen Spruch erklärt u. dann verlangt, ihn alleine zu lassen, u. so ist er ganz unvermerckt entschlafen, seines Alters 63 Jahr u. 10 Tage.

D. 12tn Nov: ging ich u. meine Frau auf einen Besuch über die Elbe. In Jericho versamleten sich die erweckten Seelen, 12 an der Zahl, mit denen wir Person vor Person redeten, worauf ich noch etwas zur heutigen Loosung sagte. Der Heiland bekannte sich in Gnaden dazu, u. ich empfahl sie Ihm in einem Gebet zu neuer Gnade. Wir reisten d. 13tn weiter nach Jenthin, woselbst sich die erweckten Seelen aus den benachbarten Orten einfanden, zu denen ich mit Gnade über die Loosung redete. Nachher behielten wir sie, so wie sie in jedem Orte beysammen wohnen, noch bey uns, redten mit jeder Person besonders, u. fragten auch, wie es um die Liebe untereinander aussähe. Es war uns recht wohl bey ihnen. Der Kuh-Hirte, der [174] am Tage nicht kommen können, kam Abends u. brachte noch 5 andere mit, deren welche schon am Tage da gewesen waren. Unter denen war des Schulzens Sohn, der nebst seinem Bruder gründlich von Heiland angefaßt ist. Die Eltern sind ihnen zwar entgegen; sie aber sind sehr ernstlich in ihrem Vorhaben, u. der Aelteste sagte: Was frage ich nach meines Vaters Guthe u. allem übrigem! ich will selig werden. Wir blieben mit diesem lieben Leutgen bis spät in die Nacht beysammen, u. hatten recht vergnügte Unterredungen mit ihnen. Wir baten sie beym Abschied, beym Heiland u. Seinen Wunden zu bleiben, u. sich immer gefühligere Herzen schencken zu lassen. D. 16ten kamen wir wieder nach Hause, danckbar, daß der Heiland mit uns gewesen, u. wünschten von Herzen, daß auch dieser unser erster Besuch nicht möchte ohn Segen seyn. Wir haben doch an die 60 Personen gesehen u. gesprochen.

Zum Anfang des neuen Kirchen-Jahrs d. 28tn Nov: bat ich, zum Schluß unsrer allgemeinen Haus-Versammlung darin auch einige Fremde waren, den Heiland in einem herzlichen Gebet, ferner fortzu fahren, sich an uns zu beweisen, u. nicht eher zu ruhen, bis dieses Haus u. alle, die darinn aus- u. eingehen, seine ganze Freude werden. Wir hatten nachher liebliche Spuren, daß diese Gelegenheit vielen zum Segen gewesen.

[175] D. 25tn Dec. hielt ein Candidat aus Stendal, Namens Schmidt, die Fest-Predigt in unsrer Kirche u. legte ein hübsches Zeugniß vom Heiland ab. Nachdem wir uns am 31tn das Merckwürdigste von diesem Jahr kürzlich wieder zu Gemüthe geführet hatten, danckten wir auf den Knien dem Heiland für alles, was Er an uns gethan, baten um Vergebung, womit wir Ihn betrübt, u. wo es seine Gnade u. Treue hätte weiter bey uns bringen können, u. empfohlen uns Ihm aufs neue zu Gnaden. Er war uns nahe mit Seinem Troste.

4.) Bruder Melchior Sill berichtet aus der Priegniz vom Juli bis Ende des Jahrs 1773.

Daß die Geschwister an ihren verschiedenen Orten einen stillen u. seligen Gang fortgehen, u. immer mehr auf den alleinigen Grund aller Seligkeit, auf Jesu Marter u. Tod niedersincken. Beym Schluß des Jahrs heist es: Wenn wir bedencken, wie viel Gutes u. Seliges uns der liebe Heiland genießen lassen alle Tage, u. besonders an Festtagen, so müssen wir im Staube vor Ihm hinsincken u. Ihn für Seine unendliche Liebe u. Geduld u. Barmherzigkeit froh u. Danckbar anbeten. Unsre Häuflein haben allenthalben Ruhe u. Schuz von unsrer lieben Obrigkeit u. auch von der Geistlichkeit genossen.

Die Gemein-Nachrichten sind mit danckbaren [176] Herzen angehört worden, u. sind der Zusammenhalt der Gemeinschaft aller Orte gewesen.

In Wittstock sind aufs neue 8 Seelen zu uns gekommen; dagegen aber sind 6 heimgegangen. Die Anzahl aller in der Altmarck u. Priegniz mit uns bekannten Seelen beläuft sich auf 523. Dazu kommen noch 32 im Meckelnburgischen, daß also 555 Seelen bey diesem Plan in der Pflege der Brüder sind.

5) Von Steppingen melden Geschwister Kastenhubers vom Juny bis Dec. 1773. unter andern:

Wir müssen dem Heiland zum Preiße nachsagen, daß Er sich in unsern wöchentlichen Versammlungen u. besonders an Son- u. Festtagen gnädig zu uns bekannt hat. Die Reden in den Wochen waren den Geschwistern zum Segen, u. manche darunter so wichtig, daß sie dieselben zum andermal zu hören verlangt haben. So waren ihnen auch die übrigen Gemein-Nachrichten u. Lebens-Läufe gesegnet u. eindrücklich u. besonders der Lebens-Lauff des seligen Bruders Adam Bruiningk. Christiansfeld wird von nahen u. fernen Orten fleißig besucht, u. das selige Gefühl dorten u. die Brüderliche Liebe u. Eintracht unter den Geschwistern macht, daß sie immer mit neuem Segen zurück kommen, u. dem Heiland für dieses liebe Oertgen von Herzen dancken. Eine Witwe ist in dem Jahr heimgegangen, u. ein Kind geboren [177] worden; auch sind einige neue Leute mit uns bekannt worden. Für alles angeführte, wie auch die ungestörte Ruhe in unserm Gange, u. die gnädige Fürsorge unsers lieben Himmmlischen Vaters zu unserm äußerm Bestehen, u. für des heiligen Geistes unablässiges treues Bemühen, uns Jesu Marter zu verklären, sind wir beym Schluß des Jahrs von Herzen danckbar.

6.) Geschwister Birge Piehls, die von Gothenburg nach Kiel gekommen, haben vom Juli bis Sept. u. er alleine vom Oct: – Dec. 1773 einen Besuch gethan, wovon überhaupt kan gemeldet werden, daß sie die Geschwister in einem vergnügten u. seligen Gang angetroffen haben. An allen Orten waren sie sehr erfreut, wieder einmal Geschwister aus der Gemeine zu sehen u. zu sprechen, als wornach sie sehr verlangt hatten, u. haben sich offenherzig u. gerade mit Geschwister Piehls unterredet. Wo sie hingekommen sind, haben sie theils mit Seelen einzeln gesprochen, theils hat er ihnen Versammlungen gehalten, wozu der liebe Heiland Seinen Segen gegeben, daß sein Wort nicht leer zurück gekommen, sondern sich als eine Kraft Gottes, selig zu machen, so daran glauben, bewiesen. So bezeugte z. E. eine Schwester nach der Versamlung Das habe ich schon ofte gehört, daß wir zu unsrer Seligkeit nichts beytragen können, sondern so wie wir sind zum [178] Heiland kommen u. dem unser Herz hingeben müssen; aber es ist, als wenn ich keine Ohren dazu gehabt hätte; erst heute ist es mir recht klar worden p. Geschwister Piehls dancken dem Heiland für Seine gnädige Leitung auf ihren verschiedenen Reisen, besonders aber für die Gnade, die Er sie an den Kindern u. Erwachsenen hat sehen u. wahrnehmen lassen. Es sind doch in allen 202 Seelen in diesem district, die von den Brüdern besucht u. bedient werden.

7.) Bruder Herolds Bericht von seinem Besuch in
Mohrdyk, Glückstadt, Harburg, wie auch von
dem Gang des Häufleins in Altona vom Jul.
bis Nov: 1773.

D. 3tn Juli reisten wir im Namen unsers lieben HErrn u. mit[WS 3] den Segens-Wünschen unsrer lieben Geschwister begleitet von Altona nach Mohrdyk ab. Daselbst war d. 4tn eine gesegnete Gesellschaft der Witwen, deren 6 sie alle Sonntage haben. Ich lese ihnen, wenn ich da bin, immer eine Chorrede vor, welches hernach zu gesegneten Unterredungen Anlaß gibt. Es sind hübsche alte Müttergen, die den Heiland u. sich kennen, u. sich unter einander lieb haben. Nachher hielt ich eine allgemeine Versamlung, wobey ein recht mächtiges Gnadenwittern zu spüren war, welches uns beugte u. tröstete u. zur Arbeit unter diesem lieben Häuflein neuen Muth machte.

[179] Am 5ten reisten wir, auf schriftliches Ersuchen nach Hannerau, wo wir die Herrschaft nebst 4 ihrer Töchter u. einen Sohn an den Masern kranck antrafen. Die eine Fräulein von 13 Jahren, die ein gefühliges Herz von Jesu Marter hat, u. immer ganz besonders liebhabend u. zuthulich ist gegen uns gewesen, fanden wir schon 9 Tage sprachlos liegend, aber noch bey völligem Verstande u. Gehör. Ich that einige Fragen an sie, den Umgang ihres Herzens mit dem Heiland u. ihr Verlangen, bey Ihm daheime zu seyn, betreffend, welche sie mir mit Mienen u. andern Zeichen lieblich beantwortete. Beym Abschied segnete ich sie in der Stille zu ihrem Heimgang ein, u. sie ist drauf am 11tn selig verschieden. Die älteste Fräulein, die bisher die Krancken so treulich gepflegt hatte, fing nun auch an sich zu beklagen. Sie erzehlte uns, sie hätte sichs vom Heiland ausgebeten, sie mit der Kranckheit so lange zu verschonen, bis ihre 2 jüngern Schwestern sich e wieder etwas erholt hätten. Und als dieses geschehen, sagte sie: nun will ich auch gern die Masern haben, da der liebe Heiland mir meine Bitte gewährt hat; u. sollte es ihm gefallen, mich bey dieser Gelegenheit zu sich zu nehmen, so gehe ich als eine recht arme Sünderin aufs Verdienst Seiner Marter u. Todes gerne zu Ihm. Es ist in der Welt nichts, das mich [180] hält, Er ist mein u. ich bin Seine Elende, ja recht Elende Sünderin, die Er aber in Gnaden angesehen hat. Hier hemmten die Thränen die Worte. Uns war bey dieser Unterredung recht wohl, u. man konte fühlen, daß es ihr von Herzen ging.

Nach einem beweglichen Abschied reisten wir d. 7tn nach Rendsburg u. so weiter nach Cappeln, wo wir uns 9 Tage aufhielten u. in der Nähe des Heilands recht vergnügt beysammen waren.

D. 18tn muste ich daselbst, im Beyseyn der beyden Prediger Brüder Viel u. Zur Mühlen, die gewöhnliche Versamlung halten, wobey auch die Frau v. Dewiz u. die Fr. v. Bukhagen nebst ihrer Tochter zu gegen waren. Ich redete mit einem armen aber warmen Herzen über die Loosung, wozu sich der Heiland kräftig bekannte, daß Augen u. Herzen übergingen; insonderheit hatte es auf die Fräulein eine solche Wirckung, daß ihre Augen den ganzen Abend nicht trocken wurden.

Nachdem wir noch an einigen Orten zum Segen besucht hatten, kamen wir d. 31ten wieder nach Mohrdyk, wo wir d. 1tn Aug. vielen Besuch von den Geschwistern hatten, u. sich herzlich u. Sünderhaft mit uns unterredeten. Die gewöhnlichen Gelegenheiten waren besonders begnadigt, davon wir recht Herzerfreuliche Aeußerungen, zum Preise des lieben Heilands hörten. D. 2tn gingen wir nach Glückstadt, wo uns die Geschwister herzlich [181] bewillkommten. Abends war die allgemeine Versamlung, die mit einem Gebet auf den Knien beschlossen wurde. Diese Versamlung ist alle Abend, wenn wir da sind. Des Vormittags besuchen uns die Geschwister in unserm Logis, u. des Nachmittags besuchen wir sie in ihren Häusern. Die Unterredungen waren sünderhaft, gerade u. im Segen, u. so war es auch in den Gesellschaften der Männer u. Weiber, worin insonderheit bey der Materie von einer Gottwohlgefälligen Kinder-Zucht manche Thränen vergossen wurden. Von hier aus besuchte ich in Beinfluth u. Wilster u. hier den alten Bruder Stoll. Er erzehlte mir, was der Heiland bisher an ihm gethan, daß er keinen andern Grund der Seligkeit hätte u. wüßte als Christum u. Sein Blut. Diese gefühligs Herzens Unterredung, dabey mir sehr wohl war, geschahe von dem alten 70 jährigen Greiße unter vielen milden Thränen, die auch die Meinigen rege machten. D. 5tn machten wir Abschied in Glückstadt. Die Liebe auf beyden Seiten ließ sich gar lieblich fühlen, u. das gnädige Bekenntniß des lieben Heilands zum Ganzen war uns was tröstendes u. aufmunterndes, wiewol in den Theilen noch manches zu erinnern wäre. D. 6ten kamen wir wieder nach Mohrdyk. D. 8tn wehete in der Gesellschaft der Witwen ein besonderer Gnaden-Geist. Die gewöhnlichen Versamlungen waren [182] zahlreich, indem die Geschwister von Bockel u. Wölfsmohr, 2 Meilen weit, sich auch eingefunden hatten, mit denen allen einzeln gesprochen wurde. So oft wir hier sind, ist alle Abend eine Versamlung darinn aus den Nachrichten gelesen u. etwas über die Tages-Texte geredet wird. Ich müste Gnade u. Wahrheit leugnen, wenn ich nicht bekennete, daß der liebe Heiland die Gelegenheit bisher besonders mit Seiner Gegenwart beehret u. begnadigt hat, ohngeachtet unsrer grossen Schlechtigkeit u. unzehlichen Mängel, Ihm besser als uns bekannt. Daß Er aber gerne segne, Lust habe an Barmherzigkeit, u. die Sünder unbeschreiblich liebe, davon haben wir unzehliche Beweise auch auf dieser Besuchs-Reise gehabt. D. 12tn kamen wir wieder in unserm lieben Altona an, danckbar froh u. gebeugt über alles, was der Heiland an uns u. den Geschwistern, die wir gesehen u. gesprochen, gethan hat.

D. 22tn gab es in der Versamlung der ledigen Brüder, die aus 12 besteht, offenherzige Unterredungen, die mit Sünder-Thränen begleitet waren. Ich bat sie, da das Fest der ledigen Brüder bevorstünde, mit dem lieben Heiland über alles recht sünderhaft auszureden, sich über alles, was sich für einen jesushaften ledigen Bruder nicht schickte, absolviren zu lassen, sich Ihm ganz mit Leib u. Seel u. Gliedern zu weyhen, u. sich an diesem Tage an die ledigen Brüder-Chöre in den Gemeinen im Geiste mit anzuschließen, [183] damit sie auch einen Segen davon hätten. Es waltete ein eigenes Gefühl dabey, u. der heilige Geist munterte die Herzen auf, diese Woche noch über alles auszureden. Die Abend-Gelegenheit am 27tn war besonders gesegnet. In derselben war auch ein schwedischer Officier, Namens Ulrice Nordenskiold, der heute von Zeyst hier angekommen. Er war so angethan, daß er wie ein Kind weinte, u. die andern sich an ihm erbauten.

D. 29tn grüßte ich die ledigen Brüder zu ihrem Fest, u. unterhielt mich mit ihnen mit einem segnenden u. theilnehmenden Herzen. Der Geist der Liebe u. Freude regte sich. Die Unterredungen waren gefühlig u. sünderhaft, u. über mancherley Zurückseyn in dem, was einem jesushaften ledigen Bruder ausmacht, wemüthig. Diese bandenmäßige Unterredung endigte sich zulezt in ein bewegliches Gebet auf den Knien, dabey kein Auge trocken blieb. Die nachherigen Aeußerungen über das Gefühl u. den Genuß an diesem Tage, u. was sich noch ein jedes besonders vom Heiland ausgebeten, waren Herzerfreulich zu hören, u. reizten zum Lob u. Danck gegen den lieben Heiland. D. 7tn Sept. hatten wir in Gesellschaft unsers Bruders Hüffels einen ausgezeichnet seligen Festtag. Wir können unserm lieben HErrn u. Haupte nachrühmen, daß Er uns auch hier nicht nur gemeinschaftlich sondern auch jedes besonders mit einem ganz eigenen Segen gesegnet hat.

[184] D. 18tn nahm der Heiland unsers lieben Hauswirths, Geschwister Liliendehls jüngstes Söhnlein vom 3 Jahren selig zu sich; wobey sich die Nähe des Kinder-Freundes selig fühlen ließ. Einige Tage zuvor, da er noch ganz munter war, fragte ich ihn, was er mache. Er antwortete ganz positiv: ich will zum Heiland gehen u. Ihn sehn; welches mir einen besondern Eindruck machte. D. 22tn reiste ich mit meiner Frau nach Harburg. Obgleich der Wind gegen Mittag sehr heftig wurde, wollten wir doch unsern Besuch nicht aufschieben, weil sie uns erwarteten. Als wir nun auf die große Elbe kamen, u. eben die Fluth eintrat, erhub sich auf einmal ein entsezlicher Sturm, welcher unser Fahrzeug so auf die Seite warf, daß das Wasser hineinströhmte. Da entstund ein füchterliches Angstgeschrey unter den vielerley Menschen von allerley Art. Wir waren aber kindlich getrost u. unserm lieben HErrn, auf dessen Wegen u. in dessen Dienst wir uns befanden, kindlich überlassen, ob wir gleich nichts als den Tod vor Augen sahen, u. riefen Ihn in der Noth um Hülfe an, weil alle menschliche Rettung aus war. Und da ich eben meiner lieben Frau den lezten Abschieds-Kuß geben wollte, kam ein Wirbel-Wind, u. richtete unser Fahrzeug wieder auf. Alles war mit Ausschöpfen des Wassers beschäftiget, weil wir uns in der äußersten [185] Noth zu sincken befanden. In Harburg wurden wir mit grossen Freuden empfangen. Unser Aufenthalt daselbst war mit Gnade u. Segen begleitet. Alle Abend war Versamlung u. weil dieselbe dasmal just aus 5 Paar Eheleuten bestand, so verlaß ich ihnen 2 Chorreden, worauf der Heiland einen besondern Segen legte.

Jede Gelegenheit war mit stillen Thränen begleitet, u. es gab Materie, ins Ganze bandenmäßig über der Geschwister Gang zu reden, insonderheit auch in Absicht auf die Kinderzucht. Des Vormittags besuchten die Geschwister uns, u. wir sie des Nachmittags. Bey Privat-Unterredungen ging es gefühlig u. offenherzig zu. Mit 2 ledigen Manns Leuten wurde ich hier bekannt. Der eine steht als Hautboiste u. der andre als Pfeiffer beym Artillerie Corps. An beyden ist eine wahre Gnaden-Arbeit des Heiligen Geistes zu mercken, die beym erstern tiefer geht, welcher auch sehr angelegentlich um Erlaubniß zu den Versamlungen bat. Er sagte unter andern, er hätte schon lange die selige Schmach tragen müssen, die ihm doch eine Ehre wäre, ein Herrnhüther zu heißen, u. hätte doch noch nichts von dem Segen ihrer Versamlungen genossen. Wir u. das Harburger Häuflein sind dem lieben Heiland herzlich danckbar, daß Ers durch die Verheirathung, des Bruder Barthels, eines [186] Unter-Officiers, dahin gebracht hat, daß wir so wol ein Plätzgen für uns haben, wenn wir besuchen, als auch dadurch dem Häuflein ein Oertgen verschaft worden, wo sie ungestört zusammen kommen können, als woran es noch bis jezt gefehlt hat. Wir weiheten es also mit Gebet u. Thränen ein, u. der Heiland bekannte sich dazu. Eine Schwester erzehlte uns, daß sie in voriger Woche in grosser Noth gewesen, indem sie von ihrer Nachbarin Geld geborgt u. es ihr auf einen bestimmten Tag wieder zu geben versprochen hätte. Da sie nun sehr bekümmert gewesen, wie sie das Geld wieder geben sollte, weil weder sie noch ihr Mann einen ₰ im Hause gehabt, wäre sie in Thränen gegen den Heiland ausgebrochen u. hätte Ihm ihre Noth geklagt. Als bald wäre jemand gekommen, der etwas kaufen wollen, u. da hätte sie praecis so viel bekommen, daß sie ihre Schuld wieder abtragen können. Am 25tn reisten wir von Harburg ab, beschämt u. danckbar für alles, was der liebe Heiland an uns u. unsern Geschwistern bey diesem Besuch gethan hat, u. kamen bey gutem Wetter u. Wind wieder nach Altona. Nachdem wir uns mit dem hiesigen Geschwistern ein wenig vergnügt hatten, so traten wir am 30tn Oct. eine abermalige Besuchsreise nach Mohrdyk u. der Gegend an. Der liebe Heiland war überall in [187] Gnaden mit uns, der Eindruck Seiner Marter erhielt unsre Herzen arm u. klein u. auch getrost, u. so war auch dieser Besuch, der bis zum 17tn Novbr. währte, uns u. unsern Geschwistern, wo wir gewesen, zum Segen.

Insonderheit war diesesmal in Bockel eine besondere Gnaden-Regung unter 5 Ehe Paaren u. einer Witwe zu spüren. In Glückstadt machte der liebe Heiland uns eine eigene Freude. Ich wurde mit dem Gesellen unsrer Geschwister Jungelasens, wo wir logiren, bekannt, der eben 2 Tage vorher bey ihm in die Arbeit gekommen war. Als ich ihn sahe, kriegte ich gleich einen besondern Eindruck von ihm, u. da ich mit ihm redete, brach er bald in Thränen aus. Als er nun merckte daß die Versamlungen im Hause waren, bat er am lezten Tage unsers Daseyns beweglich auch mit hinein gehen zu dürfen. In der Versamlung wurde er so angefaßt, daß er unter dem Gebet auf den Knien in lautes Weinen ausbrach. Er konnte sich hernach nicht genug darüber aus drücken, u. sagte unter andern: Gott wäre wahrhaftig in der Versamlung gewesen.

D 28tn Nov: gingen wir in Altona mit unserm Hauswirth u. einigen andern Geschwistern gemeinschaftlich in der Kirche zum Heiligen Abendmahl. Das war uns allen ein wahrer Segens Tag.

[188] Zu dem Häuflein welches wir bedienen, sind in diesem Jahr 5 neue hinzugethan worden. Hingegen hat der Heiland aus dem Mohrdyker Häuflein den alten 78 jährigen Witwer Marx Thede, unsers Bruders Marx Thede in Sarepta Vater, zu sich genommen. Ich habe ihn verschiedenemal in seiner langwierigen Kranckheit besucht, da er herzlich um den Heiland geweint hat.

8. Auszug aus Bruder Daniel Renners
Bericht von Cassuben vom May bis
Nov: 1773.

Der heilige Geist, der Jesum so gern allen armen Sündern in Seiner Marter-Gestalt abmahlt, war in den Pfingst-Feyertagen das Augenmerck, woran wir uns erinnerten, baten Ihn bey unsrer manigfaltigen grossen Schuld u. Fehlern um Vergebung, u. daß Er uns auch ins künftige nicht verlassen wolle. In den Monaten Jun. u. Jul. grassirten in der Gegend schwere Kranckheiten. Ich besuchte, auf Begehren, viele Krancken, u. sagte zu ihrem Trost manch Wörtlein von der Liebe des Heilands zu allen armen verlegenen Sündern. Etliche sind selig, im Glauben auf das theure Verdienst Jesu aus der Zeit gegangen, als: Ein Ehrmann in Giesebiz bejammerten anfänglich bey meinem Besuch die Zeit, die er in seinem Leben ohne Gott im verkehrten [189] Sinne zugebracht habe, u. fragte, ob sich der Heiland noch über ihn erbarmen u. ihn zu Gnaden annehmen würde; u. als ich ihm versicherte, daß er noch heute Gnade erlangen könne, wens er sich als verloren zu Jesu wendete, so seufzete er u. brach zu verschiedenenmalen in die Worte aus: HErr Jesu, erbarme Dich über mich, sey mir gnädig u. vergib mir alle meine Sünden! In dieser Situation u. anhaltendem Verlangen ist er am 4tn Juny verschieden. Eine Frau bekam, noch ehe sich ihr Mann recht erholt hatte, dieselbe Kranckheit. Sie war gleich in den Willen des Heilands ergeben. Anfänglich wünschte sie wol, wieder aufzukommen, ihrem alten Mann zu Liebe, um ihn noch zu pflegen; allein auch dieses fiel ihr endlich weg, u. sie sahe als eine arme, durchs Blut Jesu erkaufte Sünderin, dessen sie sich getrösten könte, ihrem erwünschten Ziel vergnügt entgegen. Ihr sehnliches Verlangen wurde am 12tn Juny erfüllt. Gleiches Glück wiederfuhr am 13tn einem armen Lazaro, der über Jahr u. Tag in grossen Schmerzen am rechten Fuß bejammernsvoll zugebracht hatte. Der liebe Heiland war sein einiger Trost bey allen Schmerzen, die er auszustehen hatte, u. hielt sich im Glauben (nach seinem eigenen Ausdruck) an den Mann der Schmerzen, der ihm auch seine Schmerzen erleichtere. Den lezten Morgen seines Hieniedenseyns sagte er zu [190] seiner Frau u. Kindern: Nun freuet euch mit mir! ja freuet euch, der Heiland ist schon da, Er wird mich bald zu sich nehmen! Darauf that er noch ein Herzliches Gebet, danckte dem Heiland für alle Liebe, die Er ihm auch in der Kranckheit erwiesen, u. ist so dann ganz sanfte entschlafen. Am 12tn Jul. besuchte ich in Löbe einen krancken Knaben, der sehr vergnügt in den Willen des Heilands ergeben war; sein Mund floß davon über, wovon sein Herz voll war, u. bezeugte unter dem seligen Gefühl der Nähe des Heilands sein grosses Verlangen, bey Ihm daheime zu seyn. Er betete unter andern: Allerliebster Heiland, ach mein Herzliebes Jesulein! ich bin ein gar armes Kind, ich bitte dich deswegen flehentlich erbarme Dich über mich, u. nimm mich zu Dir! p Und dieses geschahe auch etliche Tage darauf.

Sonst ist noch aus diesem Bericht der Besuch[WS 4] des Bruder Renners in Danzig anzumercken, wovon er unter andern schreibt: Während meines Aufenthalts allhier habe Gelegenheit gehabt, alle u. jede mir schon bekannte lieben Freunde, wie auch andere die es von mir verlangt, verschiedenemal zu sehen u. zu sprechen. Ich habe mir vom lieben Heiland bey mancherley Gesinnungen der Leute die Gnade ausgebeten, mich stets mit Seiner lieben Nähe zu begleiten.

[191] Ich habe mich auch in allen Vorkommenheiten kindlich an Ihn halten können, u. wo ich Gelegenheit gehabt, einzelnen oder mehrern Seelen ein Zeugnis von Jesu grosser Sünder-Liebe abzulegen, oder davon als eins Seiner Unmündigen zu stamlen, da habe solches nicht unterlaßen. Ich richtete mirs so ein, daß ich mehrentheils alle Tage einige Personen in u. ausser der Stadt besuchte; besonders habe ich mit einem dasigen evangelischen Prediger verschiedene recht gesegnete Herzens-Unterredungen gehabt. Ich bin bey diesem Besuch mit 5 Personen aufs neue bekannt worden, u. überhaupt gehören 7 Männer, 2 ledige Mannspersonen, 9 Weiber 3 Witwen, u. 6 ledige Weibspersonen da zu unsrer Bekanntschaft.

Schlüßlich ist noch anzuführen, daß Bruder Renner die erweckten Seelen in Cassuben, dazu 3 Prediger gehören, fleißig besucht hat: sie sind vor alles, was ihnen von der Gemeine zufließt, von Herzen danckbar. Sie u. Geschwister Renners empfehlen sich dem fernern Liebes-Andencken der Gemeine.

9.) Aus dem Bericht der Geschwister Wagners
vom Jahr 1773.

ist folgendes anzumercken:

1.) Daß er vor seine Person einen vergnügten Besuch in Herrnhuth, Niesky u. Barby gemacht, u. sich da für Herz, Seel u. Hütte viel zu gute gethan habe. 2.) Seinen Rückweg über Berlin [192] nach Schwedisch-Pommern genommen, wo er alle mit uns bekannten besucht hat, u. die meisten in einen vergnügten u. seligen Gange u. um mehrere u. gründlichere Erkenntnis u. Erfahrung der Gnade im Blute Jesu Christ verlangend angetroffen habe; wiewol ihm noch bey einigen der Wunsch übrig geblieben. Ach wenn sich doch die Seelen Jesu wollten ohne Ausnahme ergeben, wie so glücklich wären sie! 3.) Daß der liebe Heiland etliche am Ende aller Noth selig zu sich genommen habe, u. 4.) daß 6 Personen aufs neue zu ihnen gekommen. Es sind zusammen 245 Seelen, die mit uns bekannt sind u. die Gemein-Nachrichten zu ihrem Segen lesen, u. sich unter einander mit geistlichen u. lieblichen Gesprächen u. Gesängen erbauen. Sie empfehlen sich der Gemeine ins Gebet u. Andencken.

10.) Von dem Gnadengange des Häufleins in
St Petersburg vom Juli bis Sept. 1773.

Den Monat July zeichnete die Ankunft u. der Aufenthalt unsrer lieben nach Sarepta ziehenden Geschwister aus, die bis zum 12tn alle wohlbehalten hier eintrafen. Ein hiesiger Bruder gab bey Gelegenheit seines Geburtstages, ihnen zum Willkommen ein Liebesmahl, wobey diese lieben Pilger ihre Grüße ausrichteten. Wir Gemein-Geschwister hatten d. 10tn ein seliges Abendmahl. Es fügte sich schön, daß eben um die Zeit auch unsre hiesigen [193] Geschwister in ihren Kirchen zum heiligen AbendMahl gingen; worauf wir denn alle zusammen am 11tn unsern blutigen Heiland auf dem Angesicht anbeteten. Der Bruder Jacob Lange hat uns etliche Singstunden, Abendsegen u. die Gesellschaften der ledigen Brüder gehalten; Ueberhaupt ist es in dem Monat July sehr geschäftig, unter manchem Kummer, aber auch reichem Trost der Gnade u. augenscheinlicher Durchhülfe zugegangen. Sein süßes Lebens-Wort hat Er uns so wol in den Predigten als andern Versamlungen reichlich genießen laßen. Am 1 Jul. fing unser alter lieber Bruder Röse im Namen Jesu u. mit dem Segen der Geschwister die Schule ihrer Kinder an. Auf den Gesellschaften hat der alte Segen geruhet. Es kam vor: daß wir nach besondern Gnaden auch probirt u. versucht werden, u. wol etwas an uns komme, wenn uns am wohlsten sey; dabey wir in affect gerathen können, wenn wir uns über unser Seligseyn anders als schamroth freun. In einer andern, die voll von realen Herz-Materien war, welches einem Unaufgenommnen zum Segen war, kam vor: daß obgleich alle Unlauterkeiten uns abominable[WS 5] wären, wir doch fröhlich wissen, daß wir Sünder u. Schüler sind. Ein Unaufgenommener sagte dabey: er hätte sonst gedacht: es ist schwer, sich von Sünden zu bekehren, nun aber sehe er, es sey noch schwerer, sich von der Eigengerechtigkeit zu bekehren. Am 3 Aug. gaben die hiesigen Geschwister unsern abzureisenden lieben Pilgern ein Liebesmahl welches in der Nähe Jesu sehr liebreich u. gesprächig unterhalten wurde. Und am 7tn verband der selige Genuß des heiligen Abendmahls unsre Herzen zum Bleiben bey Seinem Creuze, zum treuen Dienst [194] Dienst in Seiner Sache u. zur wahren Bruder-Liebe.

☉ d. 8tn In der Litaney wurden diese Geschwister der Begleitung Gottes empfohlen; u. nachdem sie noch der Predigt über die Worte: Darum befleissigen wir uns, wir sind daheim oder wallen, daß wir Ihm wohlgefallen p. beygewohnt, u. die aus Narva am 6ten hier angekommnen Geschwister Burghards ihnen noch ein kleines Liebesmahl angestellt hatten, machten wir einen sehr zärtlichen Abschied mit einander auf dem Saale, unter Loben u. Dancken u. Flehen, u. so zogen sie Abends um 8 Uhr von uns ab, in Begleitung etlicher Geschwister bis zur Colonie, wo sie bey unsern Geschwistern die Nacht waren. Unsre hiesigen Brüder äußerten sich sehr vergnügt über das Gefühl der Bruder-Liebe bey diesem Abschied. Die Predigten am 15tn von dem Opfer der Thränen Jesu, u. am 22tn über Dan. 9: Wir liegen vor Dir – auf Deine Barmherzigkeit p. waren den Geschwistern zum Segen. Und die Materien zerschmelzten auch der Geschwister Herzen bey Wiederholung derselben in den Gesellschaften. In einer derselben kam vor: Wir richten so wenig mit unserm ängstlichen Grämen, als eignem Machen u. Treiben etwas aus. Kindliche Ergebenheit u. gläubige Hofnung genießt, die vergangene u. gegenwärtige Gnade, u. erlangt die künftige. Es ist die Mittel Strasse zwischen Leichtsinn u. Faulheit u zwischen Selbsthülfe u. Verzagtheit. Eine Hauptursache der Mangel des Seligseyns ist, der Mangel an Glaubens-Treue. Darum lasset uns aufsehen auf Jesum. Die Gedencktage dieses Monats [195] Aug. haben wir uns zum Segen erinnert, u. hatten am 13tn einen besondern Gnaden-Besuch vom lieben Heiland, am 29tn hatten die ledigen Brüder ein gefühliges u. erfreuliches Liebesmahl u. der Heiland stärckte beym Gebet unsre Hoffnung, hier noch mehr ledige Brüder zu erleben. Im Monat Sept. mercken wir an, daß die Montags-Versamlungen den Geschwistern zum besondern Segen gewesen. Bey einem Liebesmahl, das die Schwestern meiner Frau an ihrem Geburts Tag d. 13tn gaben, wurde angemerckt, daß die Schwestern hier mehr ab- als zunehmen, u. da sie die Schuld bey sich fanden, wurden sie ermuntert, Exempel u. Lichter in ihren Häusern zu werden; u. dieses legten wir unserm lieben HErrn kindlich an Sein Herz. Beym Verlesen der Gemein-Nachrichten machte uns des seligen Bruders Danke apostolischer, einfältiger u. gerader Herzens-Gang u. Zeugnis einen gesegneten, tiefen Eindruck. Die Reden aus den Wochen, genießen wir mit wahrem Segen. Unsre Gesellschaften sind uns auch real u. wichtig; so daß man öfter, mit Erkenntlichkeit u. Dancksagung, zur Brüder Gemeine zu gehören, das Bekenntnis gehört: Welche Gnade, u. welch ein Segen ist in solchen Gelegenheiten! In einer Gesellschaft da wir einander unser Elend klagten u. uns an Seinen Wunden trösteten, umgab uns eine selige Gnaden-Luft; aber dabey hieß es auch: Ohne ganzen Sinn zum Heiland in allerley Abwechselungen hingehen ist ein Marter-Leben u. unersezlicher Schade. Unsre Geschwister Ritters auf der Colonie der 28ger erfuhren zu Ausgang dieses Monats groß Herzeleid. Der Bruder Ritter war ☉ d. 26tn mit seinem kleinen Sohn hier bey uns gewesen u. die Nacht [196] drauf bey den 22 gern geblieben, u. das zu seinem Glück. Denn in der Nacht brachen russische Diebe plötzlich u. mit grosser Gewalt durchs Fenster in seine Wohnstube, stürmten gerade aufs Bette zu, wo seine Frau mit ihrem einzigen Töchterlein 5 Jahr alt, lag, banden der Mutter gleich das Gesicht zu mit Zusammendrückung der Gurgel, deckten die Betten drüber u. legten die Armen auf den Mund. Andre banden ihr Hände u. Füsse. 2mal hörte sie ihr Kind nach Mama rufen, u. hernach nicht mehr. Sie selbst blieb sich wenig bewußt, u. befahl sich ihrem lieben Heiland. Nachdem die Diebe Licht angemacht, beym Bette des Dienst-Mädgens, das sich tief schlafend stellte, Wache gesezt, u. alles ausgeräumt hatten, holten sie die Schwester Ritterin aus dem Bette, u. als sie noch Leben in ihr spürten, bunden sie sie noch vester, u. warfen sie ins Keller-Loch hinein. Sie kriegte hernach doch eine Hand los, u. kroch, da die Diebe kaum aus dem Hause waren, heraus zu ihrer Nachbarin hin. Als sie sich auf ihr Kind besann u. es suchte fand sie es in seinem Blute todt: Denn sie hatten es durch Zusammendrückung der Luftröhre erstickt. Es war ein verständiges, artiges u. den Heiland sehr liebhabendes Kind, u. sang gerne Verse, besonders: Christi Blut u. Gerechtigkeit p. welches sie noch den lezten Abend vorm Schlafen gehen mehrmalen recht angethan gebetet. Der Eltern Schmerz ist groß, das Kind war ihre Freude; doch ist der Trost Jesu noch größer, u. sie beyde sind uns zur Erbauung. Unter andern haben uns besucht der Herr Baron v. Moser, Herr v. Schrautenbach, ingleichen 2 Freunde unserer Brüder in Sarepta, nemlich der in Astracan gestandene u. nach Cronstadt ziehende Apotheker Fritsche, u. der Wachtmeister Diez, der unsre 4 Brüder in Kislar beherberget hat, welche beyde Sarepta nicht genug rühmen konten.

[197]
II. Auszug aus dem Diario der Gemeine zu
Lichtenfels in Grönland vom Jul. 1772 bis
Ende July 1773.

Zu Anfang July hatten wir vielen Besuch von Süderländern, die wir zu Jesu, ihrem u. der ganzen Welt Heiland, wiesen. Einige waren nicht ohne Überzeugung von dem, was sie von ihrem Schöpfer hörten, u. wir baten sie, es nicht zu vergeßen. D. 10tn fanden wir die Geschwister beym Sprechen zum Abendmahl sünderhaft u. verlangend nach diesem hohen Gute. Nachmittag wurde die Hütte der am 8tn entschlafenen Wittwe Dina beerdiget. Sie kam 1762 zu uns, ward d. 6tn Jan 65 getauft u. d. 29tn Dec. 1770 des heiligen AbendMahls theilhaftig, u. es ging eine merckliche Veränderung bey ihr vor. Schon vielmal bezeugte sie ein sehnliches Verlangen, zum Heiland zu gehen. Sie hat auch bis zu ihrem Verscheiden von Ihm u. Seinen Wunden geredet, u. denen die num sie waren, einen tiefen Eindruck hinterlaßen. Abends theilte unser Haus Gemeinlein den Verbindungs-Kelch unter sich, zum Abschied mit Bruder Joh. Ludwig Beck. Sein Vater ertheilte ihm nach einem imbrünstigen Gebet u. unter Liebes-Thränen der Geschwister, den Segen zu seiner Reise u. künftigem Gange. D. 11tn früh reiste er von hier nach Friedrichshaab, um von [198] da zu Schiffe nach Europa zu gehen.

Die Frühstunde d. 16tn hielt der Helfer, Bruder Benjamin mit Gefühl, u. bat die Geschwister Jesum Christum den Gecreuzigten ja nicht aus den Augen zu lassen, denn das beständige Hinblicken auf Ihn mache die Seligkeit eines armen Sünders aus. Bruder Böhnisch fuhr d. 20tn auf die Loge, um den Zimmermann abzuholen, den uns der Kaufmann Raun, zur Hülfe an der Verkleidung unsers Hauses von außen, angeboten hatte. Einige Friedrichshaabsche Grönländer kamen auf ihrem Rückwege von Norden hieher, u. waren Abends in der Versammlung. In der Frühstunde d. 21tn sagte Bruder Simon: Der Heiland spricht: Bittet, so werdet ihr empfangen. Ihr wißt, daß wir alle Heiden waren, u. gar nicht an Ihn gedacht haben, bis Er uns durch das Wort von Seinem Leiden, Tod u. Blutvergießen vom Schlafe der Sünden erweckt, u. uns durch Seinen Geist gezeugt hat, daß wir nach Leib u. Seele ganz verdorben sind. Da haben wir angefangen zu bitten, u. viele von uns wissen auch, daß Er uns erhöret u. mehr an uns gethan hat, als wir von Ihm gebeten. Darum sollen wir Tag täglich Seinen Tod u. Leiden bedencken u. auch recht danckbar Ihm dafür seyn.

[199] D. 23tn wurde die Leiche unsrer lieben Schwester der Wittwe Rebecca begraben. Sie war 1741 nebst ihrem Bruder von Cap. Farewell in Neuherrnhuth angekommen, wurde im Dec. 42 getauft, u. suchte durch Wort u. Wandel ihrem Geschlecht den Heiland anzupreisen. 1746 trat sie mit dem seligen Bruder Amos in die Ehe, die der Heiland mit 2 Söhnen u. einer Tochter segnete: leztere ist noch am Leben u. hier Helferin der ledigen Schwestern. Im Nov. 1748 gelangte sie zum heiligen Abendmahl. Bey Bruder Joh: Besuch 1752 kam sie in die National-Helfer-Conferenz. 1756 ward sie Wittwe, u. muste sich etliche Jahre mit ihren Kindern kümmerlich durch bringen, blieb aber im Vertrauen, zu dem Vater der Witwen u. Waysen: Anno 62 kam sie hieher, wo sie bis an ihr seliges Ende Chorhelferin der Wittwenn war. Sie weidete sich als eine arme Sünderin in Jesu Leiden, u. sagte in ihrer lezten Kranckheit: Jesu Leiden ist allein mein Trost; ach wenn Er mich doch bald zu Sich holte! Dieses Glück wiederfuhr ihr d. 22tn.

In der Früh-Stunde d. 25tn sagte Bruder Anton: Ihr wißt, daß wir uns jezt im Sommer ein jedes um das Leibliche bemühen, um im Winter was zu haben: wie viel mehr sollten wir Bedacht seyn, für unsre Seele Speise zu sammlen, [200] die unvergänglich ist; u. das können wir haben, wenn wir uns an den Marter-Mann halten, uns an seinen Wunden nähren u. täglich aufs neue Blutströpflein von Ihm ausbitten. Bruder Sörensen, der am 19tn nach Neuherrnhuth gegangen, retournirte mit der Schwester Schubert am 27tn Sie brachten uns die neuen Gesangbücher mit, die wir europäischen Geschwister in der Abende Versamlung gleich brauchten; worauf unsre grönländischen Geschwister sich auch herzlich freuen. Einigen Süderländer, die auf ihrer Rückreise hier ankamen, verkündigten wir den Heiland, sie waren aber mehr aufs Handeln als vom Heiland zu hören gerichtet. Einer sagte: er wüßte wohl, daß wir hieher gekomen wären, die Grönländer von ihrem Schöpfer zu unter weisen.

D. 1 Aug. in der Frühstunde prieß Bruder Ephraim die Liebe des Heilands gegen uns und alle Menschen an, mit Bitte, recht danckbar zu seyn, daß Er uns von der Finsterniß zu seinem lichte gebracht. D. 2tn wurde die Schwester Schubert durch Bruder Beck den ledigen Schwestern u. großen Mädgen als ihre Chorhelferin vorgestellt. D. 6tn bezeugte Bruder Ludwig, der von Neuherrnhuth gekommen war, in der Frühstunde aus eigener Erfahrung, was das Blut des Heilands an armen Sündern thue, die sich im Glauben an Ihn halten, u. sich Ihm ohne Ausnahme [201] zum Lohne Seiner Schmerzen hingeben.

Geschwister Ballenhorsts, die am 4tn von Neuherrnhuth hergekommen waren, retournirten nach einem vergnügten Aufenthalt d. 11tn zurück.

D. 12tn wurde die Leiche des am 9tn heimgegangenen Bruder Mosis beerdiget. Er war einer unserer alten Bekannten, u. hatte das Evangelium ofte gehört, welches auch endlich sein Herze so einnahm, daß er 1771 mit Frau u. Kindern aus Drang des Herzens zu uns kam, und man konnte es ihm gut abfühlen, daß es sein wahrer Sinn war, sich dem Heiland zu ergeben. Er wurde noch im Apr. ej. a. getauft. Er konte dem Heiland nicht genug dancken, daß Er ihn mit seinem Blute von seinen Sünden gewaschen; u. dieser Eindruck ist ihm, nach seiner Kinder Erzehlung, bis an sein seliges Ende geblieben. Vor einigen Wochen fuhr er mit den Seinigen südwärts auf seinen gewöhnlichen Erwerbe Plaz. Daselbst bekam er ein hartes Seitenstechen, welches die Gelegenheit zu seiner Auflösung war.

In der Frühstunde sagte Bruder Simon: Es ist euch bekannt, wenn wir in Gefahr sind zu Wasser oder Land, u. wir wissen, es ist jemand nicht weit von uns, so rufen wir ihm um Hülfe. Eben so ists, wenn wir fühlen, daß wir elende Menschen sind u. uns selber nicht helfen [202] können, glauben aber, der Heiland ist uns nahe u. kan uns in allen Umständen helfen: so dürfen wir Ihm nur unsre Noth klagen. Er hilft uns gewiß mit Freuden. Wir dürfen nur bedencken, daß Er für uns gestorben ist u. Sein Blut für uns vergossen hat. Sollte Er uns jezt nicht erhören, wenn wir Ihn anrufen. Bruder Joh. Ludwig Beck schrieb uns vom 21tn July, daß das Schiff noch heute Abend abgehen sollte, u. empfahl sich unsrem Andencken u. Gebet.

D. 13tn Aug. erinnerten wir uns so wol im teutschen als grönländischen[WS 6] Morgensegen der besondern Gnaden-Heimsuchung in der Kirche zu Berthelsdorf 1727, u. danckten dem lieben Heiland, der auch uns aus Gnaden zu seiner Brüder Gemeine gebracht hat. In der Frühstunde d. 17tn sagte Bruder Anton: Laßt uns heute wieder aufs neue zum Heiland gehen u. Ihm unsre Herzen geben, damit Er uns zu seinen Wunden leite, daraus wir Leben u. Freude für unsre Seelen erlangen, sie stehen allezeit offen, wie ein Brunnen, der überfließt. Denckt nur, wie wohl es uns thut, wenn wir recht durstig sind, u. wir zum Brunnen kommen, wer wollte sich da nicht laben! U. dazu ruft uns der Heiland alle Tage. [203] So lasset uns denn alle Seiner Stimme gehorsam seyn, wie die guten Kinder ihren Eltern.

D. 23tn kamen die Brüder Sörensen, Böhnisch u. Jacob Beck, die südwärts einige Meilen nach Holz aus gefahren waren, zurück. Bruder Böhnisch war zu einer Familie gefahren, die sonst hier gewesen, u. von welcher der Mann Nicola, sich hatte verlauten laßen, nach Süden zu fahren. Bruder Böhnisch redte herzlich mit ihm; worauf er sagte: Seine Frau u. Kinder sollten mit den Brüdern zur Gemeine fahren u. sein Boot u. Zelt mitnehmen, er aber könne nicht, u. habe sich entschloßen, da zu bleiben, bis es ihm anders würde. Jene kamen dann mit unsern Brüdern, den Mann aber empfahlen wir der Barmherzigkeit Jesu. D. 25tn wurde die Kinderstunde aufs neue hier angefangen, da nun wieder mehr Kinder hier sind.

Einige Geschwister fuhren zu einem kleinen todten Wallfisch, der zwar schon halb von Seethieren gefressen war, davon sie aber noch ein gut Theil bekamen. D. 29tn Aug. wurden im Morgensegen die ledigen Brüder dem Heiland zum Segnen empfohlen, u. mit den 2 ledigen Brüdern Böhnisch u. Jacob Beck hatten wir ein Liebesmahl. Den Grönländischen ledigen Brüdern wurde [204] Abends dieses Fest bekannt gemacht, u. ihnen dasselbe erklärt, um daran auch antheil zu nehmen u. es zu ihrem Segen anzuwenden. Zum Schluß des Tages erneuerten wir 4 Europäische Brüder beym Verbindungs-Kelch den Bund, dem Heiland Treu u. zu seinem Dienst ganz ergeben zu bleiben.

Es war auch das Begräbniß des seligen Bruder Augustus, der in einem Alter von etlichen u. 60. Jahren verschieden war. 1751 kam er mit seiner Familie von Inucksuk nach Neuherrnhuth, wo er noch in dem Jahr d. 28tn Nov. getauft wurde. Seine rauhe Naturart verlor sich balde, da er sein Herz dem Heiland hingab. Im Marz 1755 da er sein Herz gelangte er zum heiligen Abendmahl, u. seitdem wuchs er an inwendiger Gnade.

bey dem Anfang von lichtenfels anno 1758 kam er mit den Seinen hieher. Da er hier einmal einen unglücklichen Fall gethan, u. das Alter dazu kam, so muste er auf Händen u. Füssen in die Versamlungen kriechen. In seiner lezten Kranckheit wurde er fleißig besucht u. jedes mal vergnügt angetroffen. Er bezeugte, wie wohl ihm wäre, u. wie er verlangte, als ein armer Sünder zum Heiland heim zu gehen. In der Frühstunde d. 3tn Sept. bat Bruder Anton [205] die Geschwister, sich zu Land u. See an den Heiland fleißig zu halten, welcher seine durch grabne Hand täglich nach einer jeden Seele aus strecke, um sie zu seinem Schmerzens-Lohne zu haben. U. daß Er uns selig machen wolle, davon könne sich jedes das zum Zeichen nehmen, daß Er für uns gestorben, da wir noch nichts von Ihm gewust haben. Nun habe Er uns gesucht u. zur Gemeine gebracht, daher Er uns ganz haben u. bewohnen wolle.

D. 5tn erhielt Merab, des obgedachten Nicola Frau, die seit Jahr u. Tag vom heiligen Abendmahl ausgeschloßen gewesen, wiederum Erlaubniß, mit zu gehen; u. wir hatten noch diesen Abend die Freude, daß ihr Mann als ein verlornes Schaf wieder zur Herrde kam. Er konnte es nicht länger schaffen, sich den unablässlichen Erinnerungen des heiligen Geistes zu wiederstreben. Das Ehechor-Fest am 7tn Sept. feyerten wir mit einem vergnügten Liebesmahl.

D. 10tn brachte Bruder Sörensen aus der Graeter-Fiorde eine Familie, die schon voriges Jahr hier gewohnt hatte. Zugleich kam eine Familie aufs neue zum wohnen hieher, worüber sich alles herzlich freuete. D. 18tn erinnerte Bruder Beck die Kinder in ihrer Versamlung. an die Gnaden, die der Heiland ihnen erwiese, da Er [206] sie täglich von Seinen blutigen Wunden und von seinem bittern Leiden u. Sterben für sie hören ließe, u. davor verlange Er nichts als ihre verdorbene Herzen, um sie zu zurichten u. darinnen zu wohnen. In der Frühstunde d. 19tn sagte Bruder Simon: Ihr wißt, daß uns die Wilden gläubige Menschen nennen. Ach wenn sies doch von einem jeden unter uns mit Wahrheit sagen könten! Sie sagen es, weil sies gehört haben. Aber der Heiland sagt: an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen: denn wer an den Heiland gläubt u. Ihn lieb hat, der soll auch wandeln u. handeln, wie Er gethan hat. Und da fehlt es uns noch sehr. So laßt uns als Sünder zu Ihm gehen u. Ihn bitten, daß Er uns so mache, wie Er uns gerne haben will. D. 22tn fing er die Frühstunde mit den Worten an: Wir haben nichts in diese Welt gebracht, u. werden auch nichts mit nehmen. Dem dancke ich jezt in meinem Alter sehr nach; denn wenn ich jezt den Heiland nicht kennte, so lebte ich täglich in Furcht des Todes. Aber wie froh u. danckbar bin ich, daß ich Ihn in meinem Herzen habe u. fühle! Ihn habe ich zu meinem Trost u. Sein Blut zu meinem Kleide, wenn ich von hinnen scheide. Dieses sagte Er mit Thränen in den Augen, u. bat, daß sich ein jedes unter [207] suchen möchte, wie es mit dem Heiland stünde, wenn es heute abgerufen werden sollte.

D. 2tn Oct. wurde die Leiche der ledigen Schwester Anna Catharina begraben. Sie kam 1769 mit ihren Eltern hieher, u. es war ihr gleich um den Heiland zu thun. Drauf wurde sie im Apr. getauft, u. ging hernach einen stillen u. seligen Gang.

D. 4tn war das Begräbnis der Wittwe Paulina. Sie war 1767 nebst ihren 3 Kindern von Jnnuksuck hieher gekommen, u. wurde 1769 im Febr. getaufft. Sie muste sich sehr arm u. kümmerlich durchbringen. Sie war schon eine Zeitlang kräncklich, daher sie oft sagte: Ich werde wol bald als eine arme Sünderin zum Heiland gehen! u. dieses erfolgte d. 3tn. D. 7tn redte der alte Bruder Simon mit warmen Herzen von der Keuschwerdung an Leib u. Seele, u. daß uns sonst nichts bewahren könne, als die Betrechtung von Jesu Leiden u. Tod.

D. 11tn war das Begräbniß der seligen Schwester Kirsten, Ludwigs Frau. Sie kam 1768 mit ihrem Manne hieher, war um Gnade verlegen, wurde 1769 im Febr. getauft u. 1771 im August des heiligen AbendMahls theilhaftig. Sie erhielt im Mart 1772 nebst ihrem Manne den Kirchen-Segen zu ihrer außer der Gemeine angefangenen Ehe, u. war auch im Stunden-Gebet. Alle diese Gnaden nahm sie mit Scham u. Beugung vom Heiland an. [208] Sie versäumte nicht gerne eine Versamlung und ihr Herz lebte in der Marter-Gottes. Sie ging mit einem Kindlein unter ihrem Herzen selig Heim, nachdem sie in den grösten Schmerzen, zu jedermans Erbauung, sich sehr geduldig bewiesen, u. ihr ganzes Vertrauen auf den HErrn gesezt hatte, in ihrem 30tn Jahr.

D. 12tn erfuhr Bruder Friedrich auf dem Seehunds-Fang eine Besondere Bewahrung des Heilands. Er wurde von einem Seehund umgerißen. Bruder Anton, der nicht weit von ihm war, eilte gleich auf ihn zu, fand aber, daß er schon aus dem Kajack gekrochen war. Er nahm ihn gleich bey dem Kopf, zog ihn über das Wasser, und machte ihm eine Seehunds-Blase unter die Arme vest, damit er nicht sincken könnte, hielt ihn dann bey sich am Kajak, leerte das Wasser aus seinem Kajack aus, u. half ihm wieder hinein. Das alles that er auf der Wilden See bey einem harten Nordwinde, u. sie kamen Abends mit einander glücklich nach Hause, wofür wir dem Heiland danckbar waren. In der Frühstunde d. 14tn sagte Bruder Anton: Meine Geschwister, wenn doch ein jedes nach unserm heutigen Erinnerungs-Worte als ein Elendes gerade zum Heiland gehen wollte, denn Er hat alle Elende gerufen, so würde ihm geholfen werden, daß es sich hier [209] in der Zeit u. in der Ewigkeit würde freuen können. Denn der Heiland hat uns durch Seinen Tod u. leiden Leben u. Seligkeit erworben, wir dürfen es nur als arme Sünder im Glauben annehmen. Heute gingen 2 Geschwister selig heim. 1.) Der ledige Bruder Philippus in seinem 23tn Jahr, Er kam 1758 von Neuherrnhuth hieher, u. wurde d. 28tn Febr. 1762 getauft. Er ging einen Sünderhaft seligen Gang. 2.) Die Wittwe Mar. Magdalena, die mit ihrem Bruder Isaac 1771. hieher gekommen war. Ihr Verlangen nach der heiligen Taufe wurde kurz vor ihrem Ende zu ihrer großen Freude erfüllt.

D. 18tn am Gemeintag wurde ein Mann Stephanus, ein Lediger Joh. Ludwig, eine Frau Sarah, 2 Wittwen Rebecka u. Dina u. ein großes Mädgen Anna Catharina unter einem seligen Gefühl des Friedens-Gottes durch die Brüder Beck u. Sörensen in Jesu Tod getauft.

Bruder Anton sagte d. 24tn in der Frühstunde: Wenn doch ein jedes den Ruf zur Gemeine recht bedencken wollte, denn da findet mann unzehliche Ursachen dem Heiland zu dancken! So lange wir noch nichts von Ihm gehört haben, gingen wir alle in der Irre. Er hat uns aber durch Sein Wort wissen lassen, daß wir ohne Ihn nicht zurechte kommen können; u. darum [210] [WS 7]hat Er sich für uns in Noth u. Tod gegeben, daß wir doch ein Vertrauen zu Ihm faßen u. Ihn lieben möchten. Dazu sind wir auch alle, groß u. klein, berufen, das, was Er uns so sauer erworben, recht zu genießen.

D. 31tn hatten wir ein sehr seliges AbendMahl. Bey dem LiebesMahl wurde Joh. 17tn u. beym Fußwaschen Joh. 13, unter einem besonders seligen Gefühl u. mit Eindruck aufs Herz gelesen.

Am 7tn Nov. in der Frühstunde, die der Bruder Anton hielt, ließ sich der Heiland recht nahe fühlen, u. man sahe viele Wangen voll Thränen. Es wurden die neu eingerichteten Gesellschaften[WS 8] den Geschwistern bekannt gemacht. Es befinden sich 324 Seelen in 48 Gesellschaften. Das Mädgen Rosina ging in seinem 14tn Jahr selig heim. Sie kam 1759 mit ihren Eltern Johannes u. Elisabeth her, u. wurde von jedweden geliebt. Bey zunehmenden Jahren wurde sie oft verlegen, daß sie allein in ihrer Familie ungetauft sey. Denn ihre Eltern u. Geschwister waren die ersten, die hier getauft worden. Anno 1766 d. 19 Jan: wiederfuhr ihr diese Gnade, worin sie auch bis an ihr selig Ende fortging. Sie kam fleißig in die Schule, u. konnte gut lesen.

D. 9tn hatten die Kinder zum erstenmal [211] ihre Litaney aus dem neuen Gesangbuch, und nachher wurde die Schule mit ihnen angefangen wobey sie alle recht vergnügt u. aufgelebt waren.

D. 12tn in der Frühstunde prieß Bruder Simon den Geschwistern den Tod u. das Leiden des Heilands mit Gefühl an. Nachmittag hatten die Ungetauften ihre Versamlung, in welcher von den Grundsäzen der Christlichen Lehre gehandelt wird. Am 13tn Nov. weiheten wir uns aufs neue unserm HErrn u. Aeltesten, u. hatten ein LiebesMahl. Abends war die National-Helfer-Conferenz beisammen, welche mit 4 Geschwistern vermehrt wurde.

D. 19tn in der Frühstunde redte Bruder Ephraim davon, wie wohl einem sey, wenn man von Früh bis in die Nacht mit dem lieben Heiland umgehe; u. wünschte allen die selige Erfahrung davon. Die Versammlung der Ungetauften am 26tn war besonders begnadigt, so daß man viele Thränen von den Wangen rollen sahe. D. 27tn erhielten 67 getaufte Geschwister Erlaubnis, zur Liturgie: „O Haupt voll Blut p.“ zu kommen, welches einen besondern Eindruck machte. Es kamen nachher noch viele, klagten mit Thränen ihr Elend, und wünschten, daß ihnen auch die Gnade bald wiederführe. Sie wurden getröstet und [212] zum Heiland gewiesen. D. 2 Dec: wurde das am 1tn dieses geborne Töchterlein unsers lieben Freundes Raun, der sich nebst seiner Frau einige Tage hier aufgehalten hatte, auf ihr Ersuchen durch Bruder Beck getauft mit Namen Charlotta Helena. D. 4tn erfuhr Bruder Carolus eine besondere Bewahrung, da er von einem Seehund umgerissen worden, u. schon aus dem Kajak gekrochen war. Einige Brüder kamen ihm zu Hülfe, zogen ihn aus dem Wasser, da er schon ziemlich gesuncken war, u. brachten ihn auf ihren Kajacken nach Hause. Er hatte zwar schon zimlich viel Seewaßer eingeschluckt, erholte sich aber doch bald wieder, wofür wir dem Heiland Herzlich danckten.

D. 5tn sagte Benjamin in der Frühstunde, Ich will euch einmal meines Herzens Sinn gerade heraus sagen: Vielleicht ist es einigen von euch auch so: Ich fühle daß ich ein verdorbenes Herz habe u. nichts Gutes in mir. Weil aber der Heiland die Elenden u. Verdorbenen Menschen zu Sich gerufen hat, so ist das nicht nur alle Morgen beym Erwachen, sondern wenn ich des Tages im Kajack aus bin, meine Bitte zu Ihm, daß Er mir in seiner Todes Gestallt nahe sey, u. mir durch seinen heiligen Geist Seine Wunden verklären [213] lasse, u. das thut Er auch treulich so daß ich oft sehr beschämt da stehe u. Ihm herzlich dancke. Dencket doch nach, ob es euch auch so ist.

D. 7tn gingen die Brüder Sörensen u. Jacob Beck nach der Loge, um zu sehen, ob jemanden von den Grönländern daselbst mit dem Evangelio gedient wäre. Sie blieben über Nacht da. Bruder Sörensen hielt den Grönländern eine Rede, u. prieß ihnen den Heiland an; redete auch mit einem jeden besonders, u. stellte ihnen ihren schlechten Zustand vor, so lange sie ohne den Heiland lebten. Einige bekannten daß es Wahrheit sey. D. 8tn war ein Mann, Seckinak, aus Süden hier, mit dem wir ausführlich redeten; wir merckten, daß er einen Eindruck von der Wahrheit bekommen, den er wol nie verlieren wird. D. 9ten in der Frühstunde sagte Anton: Erinnere sich doch ein jedes, wie ihm gewesen ist, da es vom Heiland ergriffen u. zur Gemeine gebracht worden, u. bedencke, ob ihm noch alles so wichtig ist wie damals, oder ob es gleichgültig geworden ist. Besonders bitte ich die Kinder, daß sie ja ihre Zeit wohl anwenden, da sie von ihren Eltern u. Lehrern täglich vom Heiland hören. Unsere Eltern haben uns nur zum Bösen verleitet, welches [214] wir nun schmerzlich fühlen u. uns damit plagen müßen. Daher haben wir große u. kleine allezeit nöthig, den Heiland zu bitten, unsere Herzen mit seinem Blute zu besprengen.

D. 14tn wurden die Kinder erinnert, die Verse, die sie in der Schule lernen, zu Hause fleißig zu wiederholen, damit ihre Eltern die schönen Weihnachts-Verse[WS 9] auch lernen möchten. D. 15tn beschlossen wir die Grönländische u. teutsche Biebel Lection aus der Apostel briefen, u. nun lesen wir wieder die Harmonie der 4 Evangelisten. Das Wort Gottes ist unsers Herzens Weide. D. 17ten kam Nicola aus Drang seines Herzens und beklagte mit Thränen seinen jezigen schlechten Zustand. Mann rieth ihm, sich damit zum Arzt aller Krancken zu wenden.

In der Frühstunde d. 19tn sagte Ephraim: Es ist unaussprechlich wie sehr uns der Heiland lieb hat. Er hat an uns gedacht, ehe wir geboren waren, ist für uns Mensch worden, hat gelitten ist gestorben, u. hat sein Blut vergossen, u. nun hat Er uns durch Sein Wort u. durch Seinen heiligen Geist berufen, daß wir das alles genießen sollen. So laßt uns denn alle unser Vertrauen auf Ihn sezen u. so w. D. 24tn kamen verschiedene [215] von der Loge zur Feyer der Christnacht, welche erst von den Kindern u. dann von den Erwachsenen seliglich begangen wurde. Die folgenden Tage wurden sodann gleichfals mit Loben u. Dancken für die heilige Geburt unsers lieben HErrn zugebracht.

D. 30tn in der Frühstunde sagte Bruder Simon: Meine Lieben! Wir haben dieser Tagen manches tröstliche Wort von des Heilands Menschwerdung, Leiden u. Blut vergießen gehört; was denckt ihr, was hat wol den Heiland bewogen, in solche Noth, ja gar in den Tod zu gehen? nichts als seine große Liebe u. Erbarmen gegen uns arme Menschen, weil wir an Leib u. Seele ganz verdorben waren, u. uns selbst nicht helfen konnten. So laßt uns nun alle Tage als Krancke zu Ihm, zu unserm Arzte gehen, u. sein Blut u. Wunden als unsre Arzeney brauchen, denn Er allein kan uns gesund u. selig machen. D. 31tn Dec. In der Frühstunde wurden die Geschwister ermahnet, ein jedes für sich alleine mit dem Heiland über seinen Gang im verfloßenen Jahre aus zu reden, sich absolvieren u. aufs neue Segnen zu laßen. Abends machten zuerst die Kinder u. dann die Erwachsenen den seligen Beschluß des Jahrs mit dancken für alles Gute, das [216] wir bis daher von unserm lieben HErrn genossen haben, u. baten uns Seinen Segen auch auf das neue Jahr Kindlich aus.

In dem Jahr 1772 sind zu uns gekommen von den Wilden 15 Seelen u. von Neuherrnhuth eine ledige Schwester. Getauft sind worden 15 Kinder u. 17 Erwachsene; 3 sind zum heiligen AbendMahl gelangt, 5 Paare sind getraut, u. 9 17 Geschwister heimgegangen, u. auch 2 Ungetaufte.

Die Gemeine in Lichtenfels bestand beym Schluß des Jahres aus 106 verehlichten Geschwistern 47 ledigen Brüdern u. Knaben, 2 Wittwern, 31 Wittwen, 61 ledigen Schwestern u. Mädgen, 101 Kindern, suma 348. Davon sind 99 Communicanten, 169 Getaufte, u. 80 Ungetaufte.

Anno 1773 d. 1 Jan. begingen die ledigen Brüder ihr Chorfest mit Gnade. 2 Knaben wurden ins Chor aufgenommen. D. 2tn kam eine Frau Kanik u. kam bat mit Thränen, ihrer vor dem lieben Heiland zu gedencken, sie, ihr Mann u. Kinder möchten auch mit Jesu Blut von ihren Sünden gewaschen werden. Es wurde ihr gesagt, sie sollte sich mit Gebet u. Flehen zum Heiland wenden, so würde Er zur rechten Stunde ihr diese Gnade wiederfahren lassen, u. so ging sie getröstet nach Hause. D. 5tn bezeugten Verschiedene, daß sie in den Versamlungen der lezten Feyertagen den Heiland [217] besonders nahe gefühlt hätten. D. 7tn in der Frühstunde sagte Bruder Anton: Wir haben die Zeit her gar manches angenehme Wort von des Heilands Menschwerdung tiefen Erniedrigung, Leiden, Sterben u. Blutvergießen gehört, u. daß Er zum Licht u. Trost der Heiden in die Welt kommen ist. Nun für alles, was Er aus gestanden hat, verlangt Er nichts von uns als unsre verderbten Herzen, die Er sich selbst zur Wohnung zubereiten will. So laßt uns denn zu Ihm gehen u. Ihn bitten, unsre Herzen aufs neue zu segnen u. mit seinem Blute zu besprengen, so werden wir ein Vergnügtes u. Seliges Jahr haben.

D. 8tn in der Kinderstunde sagte Bruder Johannes: Ihr wißt, wenn ihr des Morgens aufsteht, so seyd ihr hungrig u. wollt etwas zu essen haben. So sollt ihr auch alle Tage, wenn ihr erwacht, gleich den Heiland bitten, daß Er eure Herzen mit Seinem Worte speise u. mit seinem Blute träncke, so werdet ihr in Seiner Liebe zunehmen, so wie ihr dem Leibe nach von Jahr zu Jahr zunehmet, wachset u. stärcker werdet. D. 9tn taufte Bruder Sörensen den Krancken 5 Jährigen Sohn Heinrich, des Bruder Stephanus in seinem Hause; es er verschied aber Tages drauf, als d. 10tn selig.

[218] Die Knaben feyerten ihr Chorfest heute im Segen. Ihre Anzahl wurde mit 4 vermehrt.

In der Frühstunde d. 12tn hielt Bruder Ephraim den Geschwistern folgende Fragen für vor: Warum bin ich hieher zu den Gläubigen gekommen? Bin ich von meinem Sündenschlaf erwacht u. aufgestanden? hat der Heiland mein Herz erleuchtet u. mit seinem Blute gewaschen? Gehe ich alle Tage als ein Sünder zu Ihm? Ist Sein Wort meine Speise? Dencke ich beständig an Sein Wort u. Leiden? Hab ich Ihn recht lieb? Ist es mein ganzer Sinn, für Ihn zu leben? u. s. w. und sezte hinzu: wenn sich ein jedes so fragen will, so wird ihm der heilige Geist schon darauf antworten.

In der Frühstunde d. 16tn bezeugte Bruder Jonathan aus eigner Erfahrung u. mit Thränen, wie treu u. gnädig der liebe Heiland gegen die armen Sünder sey. D. 19tn Jan. an dem Gedencktag des Anfangs der Mission nach Grönland danckten wir unserm lieben Herrn auf den Knien mit Scham u. Beugung für das, was Er seit der Zeit an uns u. diesem Volcke gethan hat, und baten Ihn mit Thränen, uns alle nach seinem Herzen zu gestallten. Die Grönländischen Geschwister wurden ermahnet, dem Heiland Kindlich zu dancken, daß Er sie zu dieser Gnaden [219] Zeit durch das Evangelium berufen habe, u. sich Ihm mit Leib u. Seel zum Lohne seiner Schmerzen hinzugeben. Erst hatten alle Schwestern, u. dann alle Brüder ein LiebesMahl mit Heringen. Auch hatte unser Haus-Gemeinlein ein LiebesMahl, u. wir fühlten den ganzen Tag die liebe Nähe unsers HErrn, u. das Andencken unsrer lieben Geschwister. Am 22tn Beym Sprechen zum heiligen AbendMahl fanden wir die Geschwister hungrig und durstig nach diesem hohen Gute, u. konten uns über sie freuen. 6 Geschwister genossen am 23tn das heilige Sacrament zum erstenmal, nehmlich 2 Männer Albert u. Gideon, eine Frau Justina, eine Witwe Theodora u. 2 ledige Schwestern Abigail u. Wihelmina. Die Schule, die wegen der kurzen Tage u. der Kranckheit unter den Kindern ausgesezt worden war, fingen wir d. 27tn wieder an. Viele Kinder hatten auch schon ein großes Verlangen darnach bezeugt.

D. 29tn ging die Schwester Theresia, Loths Frau, selig heim. Sie kam 1762 von der Loge hieher, wurde d. 2tn Jan. 63 getauft u. d. 9tn febr. 65 des heiligen Abendmahls theilhaftig.

Sie diente so wol hier als in Neuherrnhuth der Haushaltung mit aller Treue u. Fleiß. D. 24tn Nov. 71. ward sie an den nun mehrigen Witwer verheirathet. Sie hatte einen wahren Eindruck [220] Jesu Tod u. Leiden, u. erklärte sich allemal sünderhaft u. mit Gefühl. Vor 8 Tagen ward sie von dem grassirenden Husten u. Seitenstechen überfallen. Sie war dabey Vergnügt, u. bezeugte, daß sie als eine arme Sünderin zum Heiland gehen werde, bat auch noch, verschiedene Schwestern in Neuherrnhuth u. Europa zu grüßen u. ihnen[WS 10] zu melden, daß sie vergnügt sey. Sie hinterließ ein Töchterlein von 4 Monaten, welches Friedrichs Frau in die Verpflegung nahm.

Unser Freund Raun u. seine Frau, die sich eine Zeitlang bey uns aufgehalten hatten, gingen d. 1tn Febr. nach der Loge zurück, danckbar für die Gnade, welche der Heiland sie täglich in den Versamlungen hat geniessen lassen.

D. 2tn begingen die Witwen ihr Chorfest seliglich mit einem LiebesMahl u. Homilie von der Freude am HErrn, die eine Witwe haben kan, welche ihr Vertrauen bey Tag u. Nacht allein auf Ihn stellet. Zulezt wurde ihnen ein Schreiben der lieben Schwester Theodora, Gräfin Reuss, an sie verlesen, u. die Bänder, welche dieselbe ihnen geschickt hat, aus getheilt, wovor sie beschämt u. danckbar waren.

D. 3tn in der Frühstunde sagte Bruder Anton: Der Heiland hat gesagt: Ohne mich könnt ihr nichts thun. Das erfahre ich täglich in meinem [221] Herzen. Denn wenn Er mich nicht gesucht u. zur Gemeine gebracht hätte, so ginge ich noch in der Irre, u. wüßte nicht, was Er für mich gethan u. gelitten hat. Und so oft ich das recht bedencke, gehen mir die Augen über. Das bezeugte er auch jezt mit Thränen in den Augen. D. 4tn sagte Benjamin in der Versamlung: Lieben Geschwister, wer selig u. vergnügt seyn will, der gehe zum Heiland als ein armer Sünder, wie er sich eben fühlt: denn solche Leute hat Er zu sich gerufen, u. wir hören aus seinem Worte, daß Er ihnen geholfen hat, in was für schlechten Umständen sie auch gewesen sind. Weil Er um unser Elend gewust hat, so ist Er für uns ein armer Mensch geworden, hat gelitten, ist gestorben, u. hat sein Blut vergoßen, daß wir Ihn lieb haben; u. an Ihn gläuben sollen. In der Kinderstunde wurde von den Thränen der Kinder geredet, welche dem Heiland wohl gefallen, u. die Er zehlt u. abwischet. Und sie wurden gefragt, ob sie auch manchmal mit Thränen um ein gehorsames Herz gebeten, welches einige bejaheten, u. alle waren sehr aufmercksam. Bruder Anton kam von der Loge nach Hause, wo er den dortigen Einwohnern den Heiland u. Sein Verdienst angepriesen hatte. [222] Ein gleiches hatte Bruder Simon am 3ten gethan. Am Gemeintage d. 7tn wurden die 2 ledgen Brüder Caleb u. Zacharias, die als Kinder getauft worden sind, in die Gemeine aufgenommen, welches hier die erste Handlung von der Art war, u. wozu sich unser lieber HErr gnädig bekannte. D. 12tn sagte Simon zu den Kindern: Ihr wißt kaum, wie glücklich ihr gegen uns Alte seyd; denn wir haben nichts als Heidnische, üble Gewohnheiten gesehen, gehört u. gelernt, daher es uns auch manchmal schwer fällt, selbige zu vergessen: Ihr aber hört vor eurer Kindheit an, was der Heiland für euch gethan u. gelitten hat. Er ist für euch ein armer Mensch geworden, Er war seinen Eltern unterthan, u. hat den Willen seines himmlischen Vaters befolget bis zum Tode am Creuz, u. für alle Seine Mühe will Er nichts haben als euer verderbtes Herz, das will Er bewohnen u. vergnügt u. selig machen. Bedenckt dieses doch heute, so werdet ihr finden, daß ihr, so wie ich, noch alle Schuldner seyd. D. 14tn kam HErr Raun nebst den Seinen wieder zu uns. Seine Kinder hatten ihm keine Ruhe gelassen, sie möchten wieder gerne etwas vom Heiland hören.

Bruder Sörensen hörte in der Nacht in seiner [223] Stube jemand von Herzen beten. Da Er hinaus ging, um zu sehen, wer u. wo es sey, traf er hinter dem Hause den ledigen Bruder Heinrich an, welcher ihm auf Befragen, was er da mache, antwortete: Weil es sich in meinem Hause nicht thun läßt, daß ich dem Heiland mein Herz aus schütte u. Ihm meine Gedancken u. Anliegen sage, so bin ich hieher gegangen. Bruder Sörensen freute sich, u. ließ ihn ungestört in seinem Gebet. D. 20tn wurden zum ersten mal des heiligen AbendMahls theilhaftig eine Frau Benedicta, eine Witwe Phöbe, eine ledige Schwester Theresia u. ein Mädgen Maria Agnes; und d. 21tn wurde die Schwester Lucia, die einige Jahre vom Friedenskuß der Getauften ausgeschloßen gewesen war, absolvieret welches, wie man nachhero vernahm, bey vielen einen gesegneten Eindruck machte. D. 24tn stellte Bruder Johannes in der Versamlung vor, wie wir aus dem Leiden u. Tod des Heilands unser tiefes Verderben so heilsamlich erkennen könten. D. 14tn Mart. hielt Bruder Beck die Predigt über den Text „Meine Seele ist betrübt bis in den Tod“, von der großen Seelen-Angst, die der Heiland um unsertwillen aus gestanden hat. Unser Saal konnte die Menge der Zuhörer nicht fassen. Alles war auf [224] mercksam, u. unser lieber HErr bekannte sich sehr gnädig zu uns. D. 18tn kam Bruder Böhnisch von der Loge zurück, wo er seit d. 22tn Febr. an HErrn Rauns Stube gearbeitet hatte, u. derselbe war sehr danckbar davor. D. 25tn Marty früh sangen wir: Gelobet sey der Marter-Mann, der unsre Glieder träget p. Darauf kniete die Gemeine nieder, u. Bruder Beck bat den Heiland, daß Er uns durch seine heilige Menschwerdung, Leiden u. Tod segnen u. nach Seinem Sinne gestallten wolle.

Die ledigen Schwestern u. Mädgen begingen ihr Fest, welches mit einem seligen Gnaden gefühl begleitet war, so daß die Augen in Thränen stunden. 6 Mädgen kamen unter die ledigen Schwestern, u. 3 Kinder unter die großen Mädgen. Wir beschlossen diesen Segens-Tag mit Lob u. Danck vor unserm lieben HErrn.

D. 29tn früh ließ Assarpas Frau, die sehr kranck war, sehnlich um die Taufe u. Abwaschung ihrer Sünden bitten. Ihr Mann bezeugte gleichfals ein Verlangen darnach, u. versprach dem Heiland sein Herz zu geben.

Nachdem die Krancke, im Beiseyn so vieler Geschwister, als das Haus fassen konte, ihr Verlangen nochmals Bezeuget u. dem Bruder Beck auf einige Fragen recht sünderhaft [225] u. gläubig geantwortet hatte, so taufte er sie im Namen der heiligen Dreyeinigkeit mit Namen Catarina Elisabeth. Sie war sehr vergnügt u. danckbar für die ihr wiederfahrne Gnade, u. entschlief d. 31tn sanft u. selig. Sie hatte das Evangelium schon viele Jahre durch uns gehört, u. auch Anforderung an ihrem Herzen gehabt. Vor 3 Jahren, da die Brüder Sörensen u. Böhnisch in Inucksuck zum Besuch waren, u. die Wilden daselbst einen Tanz hatten, war sie u. ihr Mann auch dabey; da unsre Brüder sich aber von dem Lärm absonderten, that sie ein gleiches. Voriges Jahr kam sie mit den Ihrigen hieher, u. Bezeugte gleich ihr Verlangen, des Heilands zu werden. Den Tag nach ihrer Taufe sagte sie: Ja, ja! Als man sie darüber befragte, erwiederte sie: Der Heiland hat mich gerufen, ach wie schön sieht Er aus! Sie fuhr fort: ach mein lieber Heiland, kom u. hole mich als eine Sünderin zu Dir! Sie wollte bis an ihr Ende nichts anders hören als Verse von des Heilands Leiden u. Tod. Tags zuvor d. 30tn war die ledige Schwester Agnes selig heimgegangen. Sie kam 1759 aus Trieb ihres Herzens ganz alleine hieher, wurde d. 25tn May 1760 getauft u. im Mart. 1762. des heiligen AbendMahls theilhaftig. [226] Seitdem ging sie einen seligen Gang. Da sie in ihrer lezten Kranckheit gefragt wurde, ob sie gerne heimgehen wollte, sagte sie: O Ja, ich dencke jezt sehr viel an des Heilands Leiden, u. ich werde bald als eine arme Sünderin zu Ihm gehen.

D. 3tn April erhielten wir von unserm Freund Raun einen Brief, darinn er schreibt: „Da nun die Zeit heran nahet, in welcher unsers Heilands Leiden u. die Wichtigkeit seines Todes für alle arme Sünder insonderheit bey euch feyerlich betrachtet wird: so ist mein freundliches begehren, daß die geliebten Freunde mir u. meiner Frau erlauben wollen, daß wir unter euch desselben mögen theilhaftig gemacht werden, u. zugleich mit der Gemeine zu Lichtenfels als arme verlegene Sünder des Heilands allerheiligsten Leib und Blut genießen. Wir finden uns beide in Schuld u. Verlegen, wir wollen aber keine andre Hülfe haben noch suchen, als des Heilands Leidens-Todes-Kraft, welche Er aus lauter Gnade allen denen schenckt, die Ihn von Herzen darum anrufen“. Ihre Bitte ist ihnen auch gewährt worden. Am Gemeintag d. 4tn Apr. wurden durch die Brüder Beck u. Sörensen 2 ledige Brüder Awanias u. Bernhard, [227] [WS 11]ein Knabe Siegmund, eine Witwe Thecla u. 2 ledige Schwestern Albina u. Petronella in Jesu Tod getauft. D. 8tn hatten wir nach einem begnadigten Pedilavio[WS 12] das heilige AbendMahl. Am Charfreytag sangen wir, nach Verlesung der 7 evangelischen Worte des Heilands am Creuze, das Lied: Da Jesus an dem Creuze stund p. Danckten unserm lieben HErrn mit Thränen für sein Leiden u. Tod. Am großen Sabbath[WS 13] hatte unser Haus-Gemeinlein ein LiebesMahl.

Am Osterfest früh wurde die Gemeine auf dem Gottesacker mit den Worten gegrüßt: Der HErr ist auferstanden! u. die Oster Litaney gebetet. Nach der Predigt taufte Bruder Beck das Mädgen Renata, Abrahams Tochter. D. 12tn früh fuhr Bruder Böhnisch mit dem Weiberboot, das von Neuherrnhuth gekommen war, ihn abzuholen, mit unserm Segen dahin ab, um bey dem dortigen Bau zu helfen.

Herr Raun fuhr mit den Seinigen nach Hause, danckbar für das, was er hier genoßen. D. 13tn ging die Witwe Phöbe selig heim. Sie kam 1763 mit den Ihrigen von der Loge her, gelangte zur heiligen Taufe im April 1765. u. zum AbendMahl im Febr. 1773. Sie ging einen seligen Gang, u. in ihrer Kranckheit bezeigte sie gleich ein Verlangen, zum Heiland zu gehen, [228] welches nun seliglich erfüllt ist. In der Frühstunde d. 15tn sagte Bruder Simon: Wenn wir bedencken, was für arme Menschen wir sind, u. wie sehr uns der Heiland geliebet hat, so daß Er sich um unsertwillen in Noth u. Tod gegeben hat, so müßen wir uns in Wahrheit schämen, daß wir Ihn nicht mehr lieben, loben u. Ihm dancken. Ihr wißt ja, wenn wir eine vergnügliche Sache haben, es sey was es wolle, so mögen wir sie nicht gerne missen, weil wir sie lieb haben: Wie vielmehr sollten wir den, der ewig bleibet, u. der schon so viel an uns gethan hat, lieben u. stets im Andencken behalten! Heute entschlief der ledige Bruder Zacharias. Er war 1763 als ein Knabe mit den Seinigen von der Loge hergekommen u. 1765 d. 7tn Apr. getauft worden. Da Panktut, unser alter Bekanter, 6. Meilen von hier südwärts, unsern Bruder Anton bitten lassen, zu ihnen zu kommen, u. ihnen angenehme Worte vom Heiland zu sagen, fuhr er an d. 23tn aus Trieb seines Herzens dahin, welches uns lieb war. D. 24tn empfahl Bruder Jonathan in der Frühstunde den Geschwistern den Umgang mit dem Marter-Mann nachdrücklich u. beschloß mit den Worten: Wenn Er uns nicht täglich nach Seel u. Leib bewahret, so stehen wir immer in Gefahr, in allerley Verderben hinein zu gerathen. [229] Bruder Anton kam von Süden nach Hause, wo sie ihn freundlich aufgenommen. Er hat Täglich mit ihnen vom Heiland geredet, u. sie baten ihn, sie bald wieder zu besuchen.

D. 28tn wurde mit denen zu Taufenden geredet. Sie wußten vor Scham u. Beugung sich über ihr Glück nicht genug auszudrücken. Avavak, ein Lediger, der schon 4 Jahre hier u. einige Jahre unter den Candidaten ist, sagte mit Thränen: Ich habe vielmal den Heiland mit Thränen um die Taufe gebeten, u. nun da ich höre, daß Er mich mit seinem Blute von meinen Sünden waschen u. mir dieselben alle vergeben will, so bin ich ohne Worte; ich will mich Ihm aber so hingeben, wie ich bin u. mich fühle. Er ist der Erwerber von seiner großen Familie; u. ob gleich alle die Seinigen vor Ihm zur Taufe gelangt sind, so hat er doch in Geduld u. Verlangen darnach ausgehalten, bis des Heilands Stunde geschlagen hat, u. nun ist er desto froher und danckbarer.

Der Gemeintag am 2tn May war ein ausgezeichneter Segenstag. Vormittags, nach einer Rede, wurden der Geschwister Jonathans Töchter Beata von 20 u. Attara von 16 Jahren alt in die Gemeine aufgenommen. Nachmittags, nach [230] der Predigt, wurden 6 Personen getauft: Ein Mann Amos, 3 ledige Christian Renatus, Chr. Heinrich u. Zachaeus, eine Frau Friderica Louise u. eine Witwe Johanna Salome. D. 4tn hatte unser Haus-Gemeinlein mit der Schwester Schubert ein LiebesMahl. D. 11tn ging Bruder Jonas selig Heim. Er war 1760 mit seiner Familie von der Loge hieher gekommen, im Febr. 1761. getauft, u. d. 31tn Jan. 67 des heiligen AbendMahls theilhaftig worden. Er hatte einen muntern Geist, war freundlich u. umgänglich mit jedermann, u. man konte sich über seine Herzensstellung freuen. Er war ein zimlich guter Erwerber, so daß er manchen Armen mittheilen konte. In seiner Kranckheit war er in den Willen des Heilands ergeben, u. bezeigte ein kindliches Zutrauen zu Ihm. Er verschied in seinem 40tn Jahr, u. hinter läßt die Witwe mit 3 Söhnen. D. 17tn u. die folgenden Tage fuhren verschiedene Geschwister auf ihre Sommer-Pläze. Wir empfohlen ihnen, Abends in ihren Zelten die Versamlungen zu halten.

D. 27tn erhielten wir die betrübte Nachricht, daß der ledige Bruder Moriz, vermuthlich auf der See, weggeblieben sey, indem sein Kajak bey Christians Davids Land angetrieben u. gefunden worden, von ihm aber konten [231] sie keine Spur finden. Er kam 1768 von Kellingnit hieher, u. wurde den 12tn Febr. 1769 getauft, gerieth aber nachher auf Abwege, welches er jedoch wieder bereuete, u. der Heiland brachte ihn auf den rechten Weg zurück. Er wurde endlich offenherzig u. ging einen seligen stillen Gang. D. 17tn dieses ging er nebst einem Weiber-boot südwärts, Nepisets zu fangen. Da lezteres aber zurückkehrte, fuhr er d. 20tn auf den Seehunds-Fang, u. ist seitdem nicht mehr gesehen worden.

D. 6tn Juni erhielten wir Nachricht, daß einige Brüder seinen Leib gefunden haben. Er hatte sich eine Seehunds-blase um den Leib gebunden, damit er nicht sincken, sondern gefunden werden[WS 14] möchte. Die Blase war aber entzwey gegangen; jedoch war er an einem seichten Ort gesuncken, wo ihn die Brüder fanden und heraus ziehen konten. Weil er schon beschädigt war, so machten sie ihm daselbst ein Grab. Ihm folgte d. 28tn May der ledige Bruder Jesaias. Er war 1760 mit seinen Eltern hieher gekommen, u. im April 1764 getauft. Wir nahmen jederzeit einen Mangel des rechten Lebens aus Jesu Tod an ihm wahr. In seiner langwirigen Kranckheit sehnte er sich sehr nach seiner Auflösung.

[232] Zum Pfingstfest kamen verschiedene Boote und Kajacke hier an, so daß die Versamlungen sehr zahlreich waren. Wir danckten Gott, dem heiligen Geist, für Seine an uns angewandte Mühe, waren aber auch sehr beschämt über unser Zurükbleiben, u. empfahlen uns seiner fernern treuen Pflege. Wir hatten einen gesegneten Gemein-Tag, u. es wurden in Jesu Tod getauft: ein Mann Salome Salma, 2 Knaben, Eleasar und Josua u. 2 Mädgen Chr. Elisabeth u. Antonetta. D. 31tn May war unser alter Bekannter Pauktut hier, u. Bruder Sörensen redte mit ihm herzlich u. gerade über seinen verlornen Zustandt so wol, als von der Gnade u. Hülfe des Heilands. D. 2tn Juny besuchte uns Nicola u. bezeugte, daß er im Umgange mit dem Heiland sey u. seinen Trost[WS 15] im Herzen fühle.

Da sich die Anzahl unsrer Geschwister mehrt, so daß sie im Sommer nicht mehr beisammen seyn können, weil die Inseln, wo sie sonst Heringe schöpften, zu wenig Klippen haben, um dieselben zu trocknen: so theilten wir unsere Helfer-Brüder so ein, daß doch an jedem Orte einer oder zween sind, um die Gelegenheiten zu halten, u. besonders die Aufsicht über die Kinder zu haben. D. 5tn fuhren Geschwister Antons auf den Heringsfang an einen [233] Plaz, wo schon einige Geschwister stehen. Wir empfahlen[WS 16] sie u. alle unsre Geschwister der Aufsicht unsers lieben HErrn. Die Brüder Sörensen u. Jacob Beck fuhren in die Fiorde, besuchten alle Geschwister u. sprachen von ihrem äußern u. innern Befinden, u. haben sich über die meisten von herzen gefreut. D. 8tn kam Bruder Fliegel von Neuherrnhuth bey uns an, zu unsrer Unterstüzung, weil sie dort unsern Bruder Böhnisch noch nöthig brauchen. D. 12tn beym Sprechen der Geschwister, die von allen Orten in großer Anzahl hergekommen waren, fanden wir sünderhafte und Gnaden hungrige Herzen, u. nahmen die Arbeit des heiligen Geistes an denselben wahr. Die Helfer bezeugten, daß ihnen wohl sey, wenn sie die Versamlungen hielten, u. daß sie des Heilands Nähe fühlten. Abends hatten wir den seligsten Genuß des heiligen AbendMahls, dessen 3 verheiratete Brüder Policarpus, Barsilai u. Gabriel u. 2 ledige Brüder Heinrich u. Caleb zum ersten mal theilhaftig wurden. Einige Brüder kamen d. 20tn zu den Versamlungen u. Berichteten der Geschwister Wohlseyn an ihren Orten. D. 26tn kamen die ersten Südländer hier an. Nachdem sie vieles erzehlt hatten, so sagte Bruder Beck: Ich habe euch auch etwas nöthiges [234] zu sagen, nehmlich von eurem Schöpfer, der aus Liebe zu euch ein Mensch geworden ist, gelitten hat, gestorben ist, sein Blut vergossen hat, begraben worden, am 3tn Tage auferstanden u. gen Himmel gefahren ist, u. wieder kommen wird, zu richten die Lebendigen u. die Todten. Einige waren aufmercksam, andre aber sagten, sie hätten keinen Verstand davon. Viele von ihnen waren auch in der Abendstunde, da auch von der Materie geredt wurde. D. 28tn u. 29tn besuchten sie uns fleißig, da wir ihnen mit angethanen Herzen die Menschwerdung u. Tod ihres Schöpfers verkündigten. So säen wir immer in Hofnung, daß es zu seiner Zeit Frucht bringen möge.

D. 6tn July brachten uns 2 Kajake die längst gewünschte Nachricht, daß am 2tn dieses der Schiffer Hermann Kofoed mit unsern lieben Geschwistern Königseers u. Bruder Grillich zu Friedenshaab angelanget sey. Wir waren voll Lobs und Dancks gegen unsern lieben HErrn. Wir erhielten auch ein Loosungs-Büchel, u. die heutige Loosung hieß: Machet Bahn, räumet den Weg, hebet die Anstöße aus dem Wege meines Volcks. Gebeut uns, daß wir glücklich seyn. D. 8tn früh um 3 Uhr kamen unsre lieben Geschwister an bey uns. Wir empfingen sie mit [235] vielen Liebes u. Freuden-Thränen, u. wie uns auf beiden Seiten zu Muthe war, läst sich nicht beschreiben. Bey Durchlesung der Briefe unsrer lieben Brüder von der Unitaets Aeltesten Conferenz u. von der Missions-Deputation waren unsre Herzen weich, u. wir fühlten die Liebe unsrer Brüder gegen uns Arme, ob wir gleich unsern lieben HErrn noch gar oft betrüben. Wir weyheten uns dabey Ihm ganz aufs neue zu Seinem Dienst. D. 11tn hielt Bruder Königseer die Predigt. Weil unsre Geschwister durch das anhaltende Regenwetter im Heringsfange sehr lange aufgehalten worden waren, so hatten wir das AbendMahl bis auf heute ausgesezt. Beym Lesen der Memorabilien der Unitaets-Aeltesten Conferenz vom Jahr 1772 fanden wir gar viele Ursachen unserm lieben HErrn zu dancken für das, was Er an seinem Brüder Volcke gethan hat u. noch täglich thut. D. 21tn erhielten wir Nachricht, daß unser Bruder Böhnisch etliche Meilen Nordwärts von hier sey, wegen des anhaltenden Regenwetters aber habe Zelt machen müssen; u. d. 24tn kam er bey uns an. D. 25tn besuchten uns der HErr Missionar: Fabricius nebst dem Schiffer. Sie wohnten unsern Gemeintags-Versamlungen bey, und ersterer bezeugte sein Wohlgefallen [236] darüber, u. verwunderte sich über die Menge der Zuhörer. Bruder Königseer hielt die Predigt, und Bruder Beck war, so wie jedes mal, sein Dollmetscher.

Die Helfer-Brüder berichteten uns, daß sie den Süderländern die Liebe u. barmherzigkeit des Heilands angepriesen hätten, wobey einige derselben aufmercksam gewesen wären. D. 28tn reißte Bruder Fluegel von hier nach Neuherrnhuth zurück. D. 29tn hielt Bruder Anton eine gefühliche Frühstunde, u. bat die Geschwister, sich ja recht nahe zum Heiland zu halten, so würde Er auch ihre Herzen bewahren vor allem, was ihnen schädlich seyn könte.

Hiemit schließen wir abermals unsern Bericht, und empfehlen uns u. unser Gemeinlein der lieben Gemeine zu fernerm Andencken vor dem Heiland.



Anmerkungen (Wikisource)

  1. obere Gemein(d)e: Gemeinschaft der gestorbenen Christen, auch: vollendete Gemeinde
  2. vertraulich, offenherzig und ohne Scheu
  3. Vorlage: Wiederholung mit
  4. Vorlage: Besuh
  5. Abscheu erregend
  6. Vorlage: grönldischen
  7. Vorlage: Wiederholung darum
  8. auch Banden: kleine, nach Geschlechtern getrennte Gruppen
  9. Vorlage: Weichnachts-Verse
  10. Vorlage: ihmen
  11. Vorlage: Wiederholung Bernhard,
  12. Pedilavio: Fußwaschung
  13. großer Sabbath: Karsamstag
  14. Vorlage: Wiederholung werden
  15. Vorlage: Torst
  16. Vorlage: enpfahlen