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Autor: Ernst Sigismund
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Titel: Ferdinand von Rayski
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aus: Mitteilungen des Vereins für Geschichte Dresdens. Heft 20
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Erscheinungsdatum: 1907
Verlag: Wilhelm Baensch, Verlagshandlung
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Erscheinungsort: Dresden
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[a]
Mitteilungen


des


Vereins für Geschichte Dresdens.


Zwanzigstes Heft.




Dresden
Wilhelm Baensch, Verlagshandlung
1907.

[b] [c] [Bild]

Selbstbildnis (1834).

[I]
Ferdinand von Rayski.




Ein biographischer Versuch
von
Ernst Sigismund.




Mitteilungen des Vereins für Geschichte Dresdens, 20. Heft.




Dresden
Wilhelm Baensch, Verlagshandlung
1907.

[II] [III]

Vorwort.

Unter den tausenden von Gemälden, die bei Gelegenheit der Jahrhundert-Ausstellung die Säle der Nationalgalerie in Berlin füllten, hob sich u. a. eine kleine Gruppe heraus, als deren Urheber der Sachse Ferdinand von Rayski zeichnete. Man wurde dadurch auf einen Künstler aufmerksam, dem man bisher in weiteren Kreisen gar keine Beachtung geschenkt hatte. Es entstand die Frage: Wer ist dieser treffliche, eigenartige Meister? Man suchte sich aus den Künstlerlexicis eine Antwort zu holen. Aber diese versagten gänzlich. Nicht daß sie – wie Ferdinand Laban in der „Kunst“ behauptet – nicht über ihn berichteten. Denn seitdem Nagler 1842 (mit zwei Zeilen) auf den Künstler hingewiesen hatte, ist dessen Name mehrfach genannt worden; zuletzt und am ausführlichsten schrieb 1898 Friedrich von Bötticher in den „Malerwerken des 19. Jahrhunderts“ (II, 1 S. 368) [WS 1] über den Meister. Indes, diese Angaben erreichen kaum die Grenze des Dürftigsten ihrem Umfange und ihrem Werte nach. Auch Max Osborn widmet im 5. Bande von A. Springers „Handbuch der Kunstgeschichte“ (dritte Auflage Leipzig 1906 Seite 188) unserem Künstler nur wenige Zeilen; doch ist dies durch den Charakter des Handbuches bedingt und entschuldigt. Bei der geschilderten Dürftigkeit der vorhandenen Nachrichten erscheint der Versuch nicht unberechtigt, auf Grund zuverlässigen Materials ein Bild des Lebens und Wirkens dieses ausgezeichneten sächsischen Malers zu entwerfen.

Die vorliegende Schrift erhebt nicht den Anspruch, als erschöpfend betrachtet zu werden. Sie will nicht abschließen, sondern anregen. Verschiedenartige Schwierigkeiten machten sich bei ihrer Abfassung bemerkbar. Die erste ist der Mangel an jeglicher zuverlässigen Vorarbeit. Alles mußte der Verfasser durch eigene Studien gewinnen; manches bleibt Kombination. Doch ist versucht worden, auf Grund [IV] authentischer Mitteilungen ein geschlossenes Bild zu geben, und zwar vom historischen, nicht vom ästhetischen Standpunkte aus. Die zweite Schwierigkeit erwuchs bei der Schilderung der Arbeiten Rayskis. Sie sind weit und breit innerhalb (und z. T. auch außerhalb) Sachsens zerstreut. Dem Verfasser war es aus verschiedenen Gründen nicht möglich, alle selbst zu sehen. In diesen wenigen Fällen mußten Photographien, bisweilen auch die von den Besitzern der Bilder gegebenen Beschreibungen eintreten. Dabei ist der Verfasser möglichst vorsichtig zu Werke gegangen, er hat sich namentlich des Urteils über solche Gemälde enthalten. Eine dritte Schwierigkeit lag in der Datierung der Bilder. Hier besonders mußte vielfach kombiniert werden, bei einigen Bildern ist die Datierung überhaupt nicht gelungen. Diese sind im Anhang verzeichnet.

Unter Hinweis auf die geschilderten Schwierigkeiten bittet der Verfasser um freundliche Nachsicht. Er wird für jede sachliche Berichtigung von Irrtümern dankbar sein.

Noch bleibt ihm die angenehme Pflicht, für die mannigfache und zuvorkommende Förderung, die ihm bei seinen Studien zuteil geworden ist, auch an dieser Stelle zu danken. Es ist ihm nicht möglich, alle namhaft zu machen, die sich freundlich seiner Sache angenommen haben. In erster Linie gebührt sein Dank Frau Äbtissin von Jena in Halle, deren reiche Sammlung Rayskischer Werke er durcharbeitete und ordnete; ferner Herrn General der Kavallerie von Broizem, Exzellenz, in Dresden und den Herren Königlichen Kammerherren von Boxberg auf Großwelka und von Schroeter auf Bieberstein. Ebenso fühlt er sich den Leitern der von ihm benutzten Archive verpflichtet, insbesondere Herrn Archivrat Prof. Dr. Wäschke in Zerbst, der ihm in entgegenkommendster Weise Material zur Verfügung stellte.

Eine in Dresden geplante Ausstellung von Werken Rayskis wird die Ergebnisse dieser Arbeit zu lebendiger Anschauung bringen, vielleicht auch noch unbekanntes, schätzbares Material zu Tage fördern und so ein abschließendes Urteil über den Künstler ermöglichen.

Dresden, im Oktober 1906.

[V]
Inhaltsübersicht.


Seite
I.
Die Kinderjahre (1806 – 1816) 1
II.
Die Lehrjahre (1816 – 1825).
     Aufenthalt im Freimaurerinstitut (1816 – 1821) 6
     Im Kadettenkorps und auf der Kunstakademie (1821 – 1825) 10
III.
Die Wanderjahre (1825 – 1839).
      Ballenstedt (1825 – 1829) 16
      Hannover und Dresden (1830 – 1834) 19
      Paris (1834 – 1835) 25
      Rückreise durch Deutschland (1835 – 1839) 31
IV.
Die Meisterjahre (1840 – 1865).
      Auf der Höhe (1840 – 1845) 36
      Rayski als Jägermaler (1845 – 1854) 46
      Neue Wanderjahre (1854 – 1858) 54
      Rayski als Jagdmaler (1854 – 1860) 58
      Rayski als Tiermaler (1860 – 1865) 63
V.
Der Niedergang (1866 – 1890).
      Die letzten Arbeiten (1866 – 1873) 70
      Das Ende (1873 – 1890) 72
Schlußwort 76
Anhang 78
Verzeichnis der von Rayski porträtierten Personen 82
Verzeichnis der Besitzer Rayskischer Arbeiten 85



[VI]

Verzeichnis der Abbildungen.


1. Selbstbildnis (1834) Titelbild
2. Sächsische Kavalleristen auf Vorposten Zu Seite 8
3. Freiherr von Maltitz Z Se 22
4. Freiherr von Gablenz Z Se 38
5. Domherr von Schroeter (1843) Z Se 40
6. Kammerherr Oswald von Schönberg (1841) Z Se 52
7. Sammelruf im Quartier Z Se 65
8. Wildschweine Z Se 67
Textbild: Frau von Rayski Z Se 61




Die Reproduktion der Bilder erfolgt[WS 2] mit gütiger Erlaubnis der Besitzer (bei Nr. 5, 6, 7 und 8 auch der Verlagsanstalt Bruckmann in München).



[1]

I.
Die Kinderjahre
(1806 – 1816).




Ferdinand von Rayski gehört einem altadeligen böhmischen oder ungarischen Geschlechte an. Glieder dieses Geschlechtes sind schon zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Kursachsen nachweisbar, bezeichnenderweise sämtlich in militärischen Stellungen[1]. Der Zweig der Familie, aus dem der Künstler hervorging, scheint unter August dem Starken von Polen nach Sachsen verpflanzt worden zu sein; wenigstens besaß er noch 1744 mehrere Erbgüter in Polen und dem damals zu Polen gehörigen Distrikte Marienburg.

Durch den Kauf des Rittergutes Kleinstruppen bei Pirna machte 1737 der sächsische Major von der Garde du Corps, spätere General der Kavallerie Johann Carl von Rayski seine Familie in Sachsen ansässig. Einer seiner Enkelsöhne, gleichen Namens [2] mit ihm, war der Vater des Künstlers, dessen Lebensgang diese Blätter schildern wollen.

Johann Carl von Rayski der jüngere, 1763 zu Kleinstruppen geboren, nahm als Jüngling Dienste bei dem Regimente Karabiniers, das in Pegau sein Hauptquartier, in Lützen, Schkeuditz und Zwenkau Garnisonen hatte. 1787 war von Rayski Leutnant bei diesem Regimente. Als Premierleutnant verheiratete er sich 1790. Zwei Jahre später ward ihm sein erster Sohn, Carl Robert († 1812), geboren, bald darnach verlor er seine Gattin durch den Tod. Wiederholt mußte er den Standort wechseln. So finden wir ihn 1795 in Pegau, 1797 und 1799 in Tanna bei Schleiz im Vogtlande. Hier lernte der Witwer Eleonore Sophie Henriette Sichart von Sichartshofen (geb. 1776) kennen, die jüngste Tochter des Friedrich Jacob Sichart von Sichartshofen in dem benachbarten Mühltroff. Mit dieser schloß er 1801, damals Rittmeister beim Karabiniers-Regiment von Zezschwitz, eine neue Ehe. Bis 1810 blieb nun Lützen sein wesentlicher Aufenthaltsort. Dem Ehebunde entsprossen in diesem Jahrzehnt drei Söhne und drei Töchter. Zwei der Söhne, Heinrich Leo (geb. 1803) und Carl Eugen (geb. 1808), traten später, der Familientradition entsprechend, in den Militärdienst über. Der dritte, Ferdinand, widmete sich der Kunst.

Ferdinand ist (nach Ausweis des Kirchenbuches) am 23. Oktober 1806 zu Pegau i. S.[2] geboren als viertes Kind und zweiter Sohn aus der zweiten Ehe seines Vaters. Seine Geburt fällt in eine ereignisschwere Zeit. Am 14.Oktober war in der blutigen Doppelschlacht bei Jena und Auerstädt das Hauptheer der Deutschen besiegt, am 17. Oktober die Reservearmee unter dem Prinzen von Württemberg bei Halle geschlagen und zersprengt worden. Das Schicksal Deutschlands lag jetzt in Napoleons Hand. Auch das Regiment [3] Karabiniers focht bei Jena; Rittmeister von Rayski war zur Zeit der Geburt seines Sohnes im Felde. Die Mutter hatte sich beim Nahen der Kriegsgefahr von Lützen nach dem besser geschützten Pegau gewendet. Hier konnten ihr auch liebe Freunde in ihrer Not beistehen; denn mannigfache Beziehungen verbanden die Rayskis mit Pegauer Familien, insbesondere mit der des Leutnants von Zezschwitz, dessen Gattin jetzt Patenstelle bei dem Neugeborenen vertrat.

Am 30. Oktober ward dieser in der Pegauer Stadtkirche getauft. Er erhielt die Namen Louis Ferdinand, in Erinnerung an jenen heldenhaften Prinzen, der am 10. Oktober bei Saalfeld einen ruhmvollen Tod gefunden hatte. Unter den Taufpaten erscheint auch ein „gewesener Lieutenant von Einsiedel“. Es ist dabei wohl an Karl Detlev von Einsiedel zu denken, der, 1787 auf dem väterlichen Besitztume Gnandstein bei Borna geboren, 1800 in das Kadettenkorps eingetreten war, aber schon 1804 seinen Abschied genommen hatte, um die „Jägerey“ zu erlernen. Er soll hier erwähnt sein, weil es nicht unmöglich erscheint, daß Ferdinand von diesem Paten, mit dessen Familie er später innig befreundet war, die nie verlöschende Liebe zur Jagd gewonnen hat.

Seine Jugendzeit verlebte der Knabe zunächst in Lützen, wo auch noch zwei seiner Geschwister, sein (schon erwähnter) Bruder Carl Eugen und seine Lieblingsschwester Minna Pompilia (geb. 1809) nach ihm das Licht der Welt erblickten. Von künstlerischen Einflüssen hat er in seinen ersten Lebensjahren gewiß nicht allzu viel erfahren. Der Vater war mit Leib und Seele Soldat und hoffte, auch aus seinen Söhnen einst tüchtige Offiziere zu machen. Die einzige künstlerische Anregung mögen dem Kinde ein paar englische Kupferstiche geboten haben, die der Vater besaß, nach dessen Tode sie mit dem Nachlaß versteigert wurden.

Die Auflösung des Regiments Karabiniers 1810 führte die Familie vorübergehend nach Pirna – hier lernte Napoleon den Major von Rayski und dessen Schwager, den damaligen Major Gotthelf Friedrich von Berge, kennen –, dann nach Dresden. Sachsens Hauptstadt sollte des Vaters „letzter wesentlicher Aufenthaltsort“ werden. Denn es kamen die für Sachsen so unheilvollen Jahre 1812 und 1813, die auch in Ferdinands Schicksal bedeutsame Veränderungen hervorriefen.


[4] Dem Rittmeister von Rayski war 1807 vom sächsischen Könige Friedrich August der Charakter eines Majors der Kavallerie beigelegt worden. Anfang 1812 avancierte er zum Obersten und Königl. Generaladjutanten, und bald darauf ward ihm, durch Reskript des Königs vom 6. Juni, das infolge Abgangs des Obersten von Kleist erledigte Kommando des Dragoner-Regiments „Prinz Johann“ übertragen. Mit diesem Regimente schloß sich Johann Carl von Rayski dem sächsischen Kontingente an, das dem Heere Napoleons nach Rußland folgen mußte. Am gleichen Zuge beteiligten sich des Obersten jüngerer Bruder Johann Friedrich August und sein Sohn aus erster Ehe, Carl Robert. Keiner dieser Offiziere sollte die Heimat wiedersehen. Während der zwanzigjährige Jüngling im November 1812 an der Berezina ein frühes Ende fand, gerieten die Brüder in russische Gefangenschaft. Der Oberst wurde nach der Gouvernementsstadt Witebsk transportiert. Ende Januar 1813 erlöste ihn dort der Tod von den mannigfaltigen Leiden der Gefangenschaft. In ihm verlor die sächsische Armee einen bewährten Truppenführer, der in fast dreiunddreißigjähriger Dienstzeit und in fünf Feldzügen durch große Pflichttreue sich jederzeit die Anerkennung seiner Vorgesetzten und seines Fürsten erworben hatte.

Die Nachricht vom Tode des Obersten gelangte erst im März 1813 durch einen nach Dresden gerichteten Privatbrief zur Kenntnis der Witwe, die unterdessen mit ihren sechs unmündigen Kindern der von allerhand Feinden bedrängten Residenz in das stillere Pirna geflüchtet war. Sie geriet jetzt in die ärgste Bedrängnis. Da fand sie an dem älteren Bruder ihres verstorbenen Gatten, dem Hauptmann Johann Carl Adolph von Rayski auf Kleinstruppen, einen treuen Berater. Er übernahm auch die Vormundschaft für die hinterlassenen Söhne – eine Verpflichtung, die unter den vorliegenden Verhältnissen gewiß nicht angenehm und leicht war. Denn der Verstorbene hatte nicht nur sehr unsichere Kapitalien, sondern auch Schulden hinterlassen. Daher sah die Witwe bei ihrer Rückkehr nach Dresden sich mit ihren Kindern „in die drückendste Lage versetzt“, unter der natürlich auch die Kleinen leiden mußten. Der Vormund hatte vollauf zu tun, ihre Not zu lindern. Mit manchem unliebsamen Gläubiger mußte lange verhandelt werden, ehe er sich abfinden ließ. Ebenso gingen die Außenstände nur säumig ein. Den meisten Verdruß und die langwierigsten Auseinandersetzungen [5] verursachte jedoch der Verkauf des durch den Krieg gänzlich heruntergekommenen „Pferdnergutes“ Crostewitz (südlich von Leipzig), das das Erbteil der Mündel arg zu gefährden drohte.

Endlich wurde die pekuniäre Lage der Witwe durch das russische Gouvernement geregelt, in dessen Händen sich Dresden damals (November 1813 – Juni 1815) befand. Den Kindern ward, bis zum erfüllten zwanzigsten Lebensjahre des jüngsten, eine monatliche Unterstützung von zwanzig Talern angewiesen. Die gleiche Summe bestimmte 1816 ein königlicher Befehl zur einen Hälfte der Mutter als Pension, zur anderen Hälfte als Erziehungsbeitrag für die Kleinen.

Daß mit dieser geringen Unterstützung bei dem gänzlichen Mangel an anderen Einnahmen die Kosten der Erziehung für die sechs Unmündigen nicht bestritten werden konnten, ist leicht einzusehen. Es mußten sich daher hilfsbereite Freunde der Kinder annehmen. So ward die ganze Familie auseinandergerissen. Die drei Töchter kamen noch in zartem Alter zu Verwandten. Der älteste Sohn, Heinrich Leo, erhielt durch Fürsprache einiger Freunde des verstorbenen Vaters eine Freistelle in der Freimaurer-Erziehungsanstalt zu Dresden-Friedrichstadt, wo er bis 1818 versorgt blieb. Den erst sechsjährigen Carl Eugen behielt die Mutter bei sich.

Für den kleinen Ferdinand, der in früher Kindheit schon des Lebens Not hatte kennen lernen müssen, traten zwei edeldenkende Männer ein: sein Oheim, der Königl. Sächs. Geheime Kriegsrat Carl Friedrich von Broizem (1770 – 1846) in Dresden, und ein Freund seines Vaters, der Graf Friedrich von Beust († 1821). Dieser, selbst kinderlos, fand Gefallen an dem munteren Knaben und nahm ihn in sein Haus. Zwei Jahre lang wurde das Kind dort unter der liebevollen Aufsicht der Gräfin erzogen. Dann vermittelte Herr von Broizem, dessen Vater jahrelang erst Vorsteher, später vollziehender Dirigent des Freimaurerinstituts gewesen war, die Aufnahme des Knaben in diese Anstalt. Graf Beust sorgte auch hier für ihn, indem er die Kosten des Unterhalts bestritt.



[6]
II.
Die Lehrjahre
(1816 – 1825).




Aufenthalt im Freimaurerinstitut (1816 – 1821).

Am 2. August 1816 wurde Ferdinand von Rayski als Pensionär in das Freimaurerinstitut aufgenommen.

Diese Anstalt, die unter der ausgezeichneten Leitung K. H. Iphofens stand, vollzog gerade damals ihren Übergang von der Volksschule zur humanistischen Bildungsstätte. Es war Iphofens Verdienst, daß er zugunsten der Schüler, die sich höheren Berufsarten zuwenden wollten, das Lehrziel der Anstalt hob, den Zöglingen vor allem auch eine vollkommenere Kenntnis der klassischen Sprachen – das Griechische führte er erst ein – und des Französischen ermöglichte. Neben der sprachlichen Bildung fand aber in dem Institut ebenso die körperliche und ästhetische ihre Berücksichtigung. Der Schönheitssinn ward durch mehrstündige Unterweisung in der Kalligraphie und im Zeichnen gepflegt, wie die Schüler auch durch Anfertigung von Handarbeiten zu selbständigem Schaffen angeregt wurden. So war im Freimaurerinstitut für allseitige Ausbildung der Zöglinge gesorgt.

Der Unterricht im Zeichnen lag seit 1815 in den Händen eines tüchtigen Dresdner Landschaftsmalers, des Carl Gottfried Traugott Faber (1786 – 1863). Dieser Künstler hat auf Rayskis spätere Berufswahl bestimmenden Einfluß gewonnen. Darum soll hier seiner etwas ausführlicher gedacht werden.

Faber hatte die Dresdner Akademie besucht und besonders bei dem damals gefeierten Landschafter Professor Johann Christian Klengel studiert. Er galt für einen der begabtesten Schüler dieses [7] Altmeisters, hatte sich dann auch selbständig an den Niederländern Ruisdael, N. Berchem, Wynants u. a. weitergebildet. 1820 ward er „Pensionair“ seiner Bildungsstätte, seit 1822 erteilte er als Mitglied der Akademie an dieser Unterricht. Eine große Anzahl jüngerer Künstler verdankt ihm ihre Ausbildung. Auch als Privatlehrer war er, namentlich von adeligen Familien, sehr gesucht; der „Malermeister Faber“ lebt noch heute in vieler Gedächtnis. Seine Bilder, deren Stoffe meist seinem Heimatlande Sachsen und insbesondere der Umgebung Dresdens entnommen waren, erregten wiederholt Aufsehen. Zwar fehlte ihm das Phantastische eines Caspar David Friedrich wie auch das Großartige eines Claußen Dahl vollkommen, aber seine schön empfundene, „durchaus wahre und keineswegs trockene“ Nachbildung der Natur wirkte wohltuend und erfrischend.

Unter Fabers Leitung herrschte auch im Zeichenunterrichte des Freimaurerinstituts reges Leben. Beweis dafür sind die zahlreichen Arbeiten, die alljährlich im August seitens dieser Anstalt zu den Dresdner akademischen Kunstausstellungen geliefert wurden. Landschaften nach der Natur (z. B. aus der Sächsischen Schweiz) sowie Blumen- und Fruchtstücke überwiegen hier, doch finden wir auch architektonische Zeichnungen und Tierstücke, ebenso bisweilen Akte (Köpfe, Hände) und Gruppen. Diese Darstellungen wurden von den Schülern zum größten Teile farbig (in Sepia, Aquarell oder Gouache) geliefert, seltener finden sich Kreide- oder Bleistiftzeichnungen. Das alles ist bemerkenswert; denn so wurde von vornherein die Beobachtungsfähigkeit und der Farbensinn der Zöglinge geweckt und gepflegt, auch war bei der Mannigfaltigkeit der behandelten Gebiete dem Gestaltungsvermögen der Schüler ein weiter Spielraum gelassen.

Jedes Jahr konnte eine stattliche Anzahl solcher Arbeiten der Einsendung zur Kunstausstellung gewürdigt werden. Unter ihnen befanden sich seit 1819 auch die künstlerischen Versuche Ferdinand von Rayskis, der sich demnach schon frühzeitig unter seinen Mitschülern ausgezeichnet hat.

Anregend mag auf ihn das Vorbild seines älteren Bruders Leo gewirkt haben. Dieser war 1817 und 1818 mit getuschten und gemalten Entwürfen: mehreren Landschaften und einem Tierstück (Adler) hervorgetreten, scheint also ebenfalls zeichnerisch nicht unbegabt gewesen zu sein. Ferdinand entschied sich indessen von Anfang [8] an selbständig für ein anderes Stoffgebiet: das der Militär- und Genremalerei, das er bis in die dreißiger Jahre hinein fast ausschließlich pflegte.

Wenden wir uns jetzt den auf dem Freimaurerinstitut gefertigten Jugendwerken Ferdinands zu!

Aus dem Jahre 1818 stammt das erste bekannt gewordene Ölgemälde des angehenden Künstlers[3]. Auf einer mäßig großen Fläche hat er hier einen gut beobachteten Vorgang aus dem Kriegsleben wiedergegeben. Das Bildchen stellt in sehr glatter Malweise zwei sächsische Reitervorposten auf einem Hügel dar. Der vordere Reiter, auf hellbraunem Pferde, hat rechts am Abhange des Hügels Halt gemacht und schaut nach einem nahen Dorfe, das durch den über die Hochebene hinausragenden Kirchturm gekennzeichnet ist. Der andere Soldat, die Hauptfigur des Bildes, reitet auf seinen Kameraden zu. Er sitzt auf einem kräftigen Fuchse, hält das Gewehr in der Rechten und führt einen Rappen am Zügel. Nach akademischer Regel ist die Hauptfigur streng in den Mittelpunkt des Bildchens gesetzt, sodaß das Ganze sich pyramidenartig aufbaut. Obgleich in den Formen – namentlich des menschlichen Körpers – noch etwas befangen, ist doch der Entwurf für einen Zwölfjährigen außergewöhnlich. Die Farbenzusammenstellung sowie manche Einzelheiten (z. B. die Ausführung der Pferde und die plastische Herausarbeitung der Mittelgruppe aus dem grauen Hintergrunde) sind sogar gelungen zu nennen. Freilich läßt sich nicht mehr entscheiden, wie weit hierbei etwa die helfende Hand des Lehrers beteiligt gewesen ist.

Im August 1819 lieferte Rayski „Zwey Cavalleristen, getuscht“ zur Ausstellung (Nr. 170 des Kataloges). Es mögen hier, wie auch in dem Ölgemälde, Erinnerungen aus des Knaben frühester Jugendzeit nachgeklungen haben, aus der Zeit, da der Vater noch lebte und den Kindern mit Stolz seine Kavalleristen zeigen konnte. Die Tuschzeichnung, stofflich dem Ölgemälde verwandt, ist anscheinend nicht mehr erhalten.

Der gleichen Zeit, aus der diese Zeichnung stammt, möchte ich einen Entwurf Rayskis zuweisen, der merkwürdigerweise in lithographischer Nachbildung auf uns gekommen ist. Der Steindruck[4] [B]

Sächsische Kavalleristen auf Vorposten.

[-] [9] ist unterschrieben „Officier de la Cavallerie Saxonne“. Über ein freies Feld sprengt der Offizier auf einem Apfelschimmel nach rechts zu, die Zügel in der Linken, den gezogenen Säbel in der Rechten haltend. Die Landschaft ist nur angedeutet. Möglicherweise hat der jugendliche Künstler in dieser Zeichnung seinem Vater ein kindliches Denkmal setzen wollen. Das Blatt ist in der Mitte unten „Rayski. ◎“ signiert, der Lithograph hat sich nicht genannt. Daß die Darstellung eine Jugendarbeit ihres Urhebers ist, beweist die Gebundenheit, die der Ausführung im einzelnen noch anhaftet. Doch offenbart sich darin zugleich schon der Blick für das Große: der Entwurf bietet, auf alles Nebensächliche verzichtend, ein in sich geschlossenes Bild.

Einen Fortschritt in Rayskis künstlerischer Entwicklung brachte das Jahr 1820. Ihm gehört das erste Historienbild des werdenden Künstlers an. Es war ein Ölgemälde und stellte den „Kampf eines Ritters mit einem Araber“, also wohl eine Szene aus den Kreuzzügen, dar (Ausstellungskatalog 1820 Nr. 194). Wir haben in diesem Bilde die Äußerung einer nach Gestaltung ringenden Phantasie vor uns, einer Phantasie, die jedenfalls durch den Geschichtsunterricht angeregt worden war. Wenn sich ein Knabe von 14 Jahren einen Vorwurf aus einer der bedeutendsten Perioden der Weltgeschichte wählt und diesen in der für ihn schwierigsten Technik, der Ölmalerei, ausführt, so ist das gewiß ein Zeugnis ungewöhnlicher Veranlagung. Es ist daher zu bedauern, daß dieses charakteristische Jugendwerk verschollen ist.

Die genannten Arbeiten Rayskis aus den Jahren 1818 bis 1820 weisen in den Grundzügen schon auf des Künstlers künftige Eigenart hin. Militärische Gestalten hat er später noch immer mit Vorliebe dargestellt. Bei aller Kleinlichkeit im einzelnen liegt etwas Großes in diesen jugendlichen Versuchen; sie zeigen einen Menschen, der es ernst meint mit seiner Kunst und fortgesetzt an seiner Vervollkommnung arbeitet.

Ende März des Jahres 1821 verließ Ferdinand das Freimaurerinstitut. Sein fast fünfjähriger Aufenthalt daselbst war für ihn von der größten Bedeutung: er hatte die grundlegenden künstlerischen Anregungen geboten und den Keim zur Blüte entfaltet, der später schöne Frucht hervorbringen sollte. Schon in diesem Zeitraum hat sich Rayski – seinem eigenen Bekenntnisse [10] nach – für die Kunst bestimmt. Was er seiner ersten Lehrstätte verdankte, hat er selbst stets freudig anerkannt. Noch in späteren Jahren besuchte er „aus alter Anhänglichkeit“ oftmals die Anstalt. Und seinem ersten, anregenden Lehrer in der Kunst, Traugott Faber, bewahrte er immerfort ein dankbares Andenken; in seinem Nachlasse fanden sich, pietätvoll aufgehoben, mehrere treffliche Kreidezeichnungen dieses Meisters.[5]


Im Kadettenkorps und auf der Kunstakademie (1821 – 1825).

Obgleich Rayski – wie eben ausgeführt wurde – schon auf der Freimaurer-Erziehungsanstalt sich innerlich für die Künstlerlaufbahn entschieden hatte, trat doch nun die Notwendigkeit an ihn heran, einen bestimmten Beruf zu wählen. Die Familienüberlieferung wies ihn auf die Offizierskarriere hin, die ihm persönlich freilich wenig zusagte. Doch fügte er sich. Ausschlaggebend mag die Erwägung gewesen sein, daß ihm, als einem Offizierssohne, bei Wahl dieses Berufes die meisten Aussichten für sein Fortkommen eröffnet waren. Er selbst begründet die Entscheidung mit folgenden Worten: „Entblößt von Unterstützung und wegen meines geringen Vermögens wurde ich zum Militärstande bestimmt“.

Als Vorbereitungsanstalt für die künftigen Offiziere diente (wie noch heute) daß Königl. Kadettenkorps in Dresden - Neustadt. Dieses befand sich damals im Stadium mannigfacher Umwandlungen. Das von König Friedrich August 1820 erlassene „Verfassungs- und Verwaltungsregulativ für das Königl. Sächs. Adeliche Cadetten-Corps“ ward schon am 17. März 1822 durch ein andersartiges aufgehoben, das nicht nur die Aufnahmebedingungen verschärfte, sondern auch den Lehrgang wesentlich änderte, indem es die bisherigen [11] fünf „Divisionen“ (Klassen) auf vier reduzierte und den Lehrplan erweiterte und vertiefte. Die Durchführung dieser neuen Bestimmungen wurde Aufgabe des Generalleutnants C. von Gersdorf, eines dem verstorbenen Obersten von Rayski befreundeten Offiziers, der im September 1822 das Kommando der Militärakademie übernahm.

Auf dem Freimaurerinstitut gut vorbereitet, bestand Ferdinand die Prüfung und ward am 1. April 1821, also noch unter dem alten Regulativ, als Kadett in das Korps aufgenommen. Er trat in die fünfte Klasse ein, die indessen schon ein Jahr später in Wegfall kam. Der neugebildeten vierten Klasse gehörte er bis Juni 1823 an und avancierte dann in der dritten während der Jahre 1823 und 1824 vom 46. bis zum 33. Schüler – nach den Einrichtungen der Anstalt ein ehrenvoller Befähigungsnachweis. Daß er sich die Zufriedenheit und das Vertrauen seiner Vorgesetzten zu erwerben wußte, zeigt eine Äußerung des Kommandanten, auf die später hingewiesen werden soll.

An einer vorzugsweise den wissenschaftlichen und militärischen Studien gewidmeten Anstalt, wie das Kadettenkorps schon damals war, mußte die künstlerische Unterweisung naturgemäß zurücktreten. Zwar wurde das Zeichnen geübt – planmäßig waren für die vierte und dritte Division wöchentlich fünf Stunden diesem Fache zuerteilt – aber der Unterricht erstreckte sich vornehmlich auf Situationszeichnen und ähnliches und scheint nicht gerade hervorragende Resultate gezeitigt zu haben.

Als Lehrer der Zeichenkunst war 1814, bei der Vereinigung des alten Pageninstituts mit dem Kadettenkorps, der bisherige Pagenzeichenmeister Traugott Leberecht Fischer in die Militärakademie eingetreten. Fischer war ein Maler, dessen hauptsächliche Tätigkeit im Kopieren niederländischer Sittenbilder bestand, worin er allerdings Anerkennenswertes leistete. Selten lieferte der vielgeschäftige Mann – der bis 1806 Schüler der Dresdner Akademie, insbesondere des Professors J. E. Schenau gewesen war – eine eigene Arbeit (so 1801 und 1802 Porträts); seit er die Akademie verlassen hatte, scheint er überhaupt nicht mehr selbständig erfunden zu haben.

Welchen Einfluß Fischer auf den nach künstlerischer Vervollkommnung strebenden jungen Rayski ausgeübt hat, läßt sich nicht mehr mit Sicherheit erkennen. Mir will es scheinen, als habe der Jüngling hier wesentliche Förderung nicht erfahren. Sein nach [12] Taten lechzendes Talent, in starren Formen erstickend, suchte sich daher auf einem falschen Wege Luft zu machen. Es bedeutet wohl mehr als bloße Bubenstreiche, wenn der junge Kadett zum Gaudium seiner Kommilitonen an die Wände des Hauses mit schwarzer Farbe die wohlgetroffenen Konterfeis seiner Lehrer anmalte – es offenbart sich darin der Drang nach Betätigung der innewohnenden Kraft.

Enttäuscht stehen wir dagegen schon den im August 1821 zur Kunstausstellung eingelieferten Arbeiten des Jünglings gegenüber. „Eine Bauernfamilie, in Öl gemalt“ (Ausstellungskatalog 1821 Nr. 197) und ein nicht näher bezeichnetes „Viehstück“ nach dem Niederländer Paulus Potter (Nr. 201) erscheinen, an den bisherigen Leistungen Rayskis gemessen, als bloße Pinselübungen, als ein Übertritt in ein fremdes Gebiet, an dem höchstens das Genrehafte interessieren konnte. Nehmen wir an, auch die „Bauernfamilie“ sei eine Kopie nach einem niederländischen Meister (etwa nach D. Teniers, C. Dusart oder A. von Ostade) gewesen – was dem Sujet nach durchaus nicht unwahrscheinlich ist – so haben wir deutlich den Einfluß des neuen Lehrers. Es ist nicht zu leugnen, daß auch derartige Arbeiten für den angehenden Künstler ihr Gutes hatten: sie schärften ihm den Blick für die kleinen Vorkommnisse des täglichen Lebens, und dies kam ihm später bei seinen Genrebildern zu statten. Aber seinem eigentlichen, selbstgewählten Gebiete wurde er dadurch entfremdet.

Nur eines der 1821 ausgestellten Ölgemälde Rayskis, ein „Gefecht“ (Katalog Nr. 198), erinnert an die eigenartige Richtung seines Urhebers, der jetzt gleichsam tastend nach dem seiner natürlichen Anlage entsprechenden Stoffe suchte.

Die künstlerische Förderung, die Rayski auf der Offiziersschule nicht fand, hoffte er auf anderem Wege gewinnen zu können. Er meldete sich deshalb nebenbei zur Aufnahme in die Kunstakademie und – hatte Erfolg. Nicht ausgeschlossen ist, daß sein früherer Lehrer Faber dort für ihn gesprochen hatte. Am 16. November 1823 wurde der Kadett als „Zögling der Zeichen- und Mahlerkunst“ in die dritte, unterste Klasse der Akademie aufgenommen. Diese Klasse war damals in die sogenannte „Industrieschule“ und die „Kunstschule“ geteilt. Rayski trat in die Kunstschule ein. Sie mußte jeder angehende Kunstjünger besuchen, der das Figuren- oder Landschaftszeichnen erlernen wollte. H. G. Arnold, Mitglied der [13] Akademie, ein tüchtiger Porträtmaler, der Landschafter Professor Richter (der Vater Ludwigs) und die Zeichenmeister Rentzsch und Baumann erteilten den Unterricht. Die Schüler zeichneten meist mit Kreide auf weißes oder farbiges Papier, die Landschafter auch mit Sepia. Köpfe, Hände, sowie Akte und Gruppen wurden geliefert. Die Vorlagen boten Musterstücke von Casanova, Schenau, Grassi, Graff und besonders von Matthäi, darunter waren zahlreiche Kopien nach Rafaelschen Gemälden.

Dieser Zeit mag eine Zeichnung Rayskis auf grauem Papier angehören, die in sehr sauberer Ausführung zwei Hände in komplizierteren Stellungen zeigt.[6] Andere Zeugnisse seiner Studien in der Kunstschule sind nicht mehr bestimmt nachzuweisen. Auch auf den Ausstellungen der Jahre 1823 und 1824 war der junge Künstler nicht vertreten; erst 1825 erscheint er wieder, wie unten auszuführen sein wird. –

Mancherlei Schicksale, freudige und leidvolle, mußte Rayski während seines mehrjährigen Aufenthaltes im Kadettenhause erfahren.

Kurz nach seinem Eintritt in die Anstalt entriß ihm ein plötzlicher Tod den edlen Pflegevater, den Grafen von Beust. Wenige Monate später folgte die Gräfin ebenso unerwartet ihrem Gatten in die Ewigkeit nach. Das Ehepaar hatte kein Testament hinterlassen. Daher kam sein Vermögen, das bei Lebzeiten des Grafen dem Pflegesohne zugesichert worden war, in andere Hände. Rayski war ärmer als zuvor, da ihm jetzt auch die Unterstützung seitens des hochherzigen Paares verloren ging.

Im Jahre 1824 erhielt der Kadett hohe Verwandtschaft. Eine seiner Cousinen, Gräfin Auguste von Harrach, hatte in Teplitz das Interesse des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. erregt, der ihr die Würde einer Fürstin von Liegnitz verlieh und im November 1824 zu Charlottenburg mit ihr eine morganatische Ehe schloß. Dadurch wurde Ferdinand von Rayski der Vetter des Preußenkönigs. Er scheint indessen von dieser Verwandtschaft keinen Vorteil genossen zu haben.

Weit wertvoller waren da die Freundschaften, die er in jener Zeit mit gleichgesinnten Kommilitonen schloß. Sie hielten fürs Leben. Es sei hier nur auf das innige Verhältnis hingewiesen, in [14] das er seit 1825 zu seinem Vetter Ottomar Robert von Boxberg trat. Dieser, fünf Jahre jünger als Rayski, wurde am 1. Januar 1825 in das Kadettenkorps aufgenommen. Da auch er künstlerisch veranlagt war – noch sind Zeichnungen von seiner Hand, Szenen aus dem Militärleben darstellend, erhalten – hatte er mit seinem Vetter gleiche Interessen.

Diese Freundschaft verschönte Rayski die letzten Monate seines Aufenthaltes in der Militärakademie. Die letzten Monate – denn in ihm regte sich jetzt mehr und mehr der jugendliche Freiheitstrieb, der ihn hinausstreben ließ aus der Enge der Schule. Obgleich er die Vorbereitungsanstalt noch nicht bis zur Reife besucht hatte (die eigentliche militärische Ausbildung erhielten erst die beiden oberen Klassen), sah er sich nach einer eigenen Stellung um. Das ist gewiß als ein Beweis von Wagemut zu bezeichnen, der, allen Hindernissen trotzend, auf sein Ziel losgeht.

Es traf sich glücklich, daß in der Grenadiergarde des Herzogs Alexius Friedrich Christian von Anhalt-Bernburg ein Platz freigeworden war. Am 10. April 1825 richtete der unternehmungslustige Kadett ein Gesuch an den Fürsten mit der Bitte um Einstellung in die Garde.

Herzog Alexius, dessen Bild Wilhelm von Kügelgen in den „Jugenderinnerungen“ so treffend und sicher gezeichnet hat, war, obwohl selbst körperlich gebrechlich, ein großer Freund des Kriegswesens. Der Major von Sonnenberg in Bernburg (wohl des Herzogs Schwager) scheint in militärischen Fragen sein Berater gewesen zu sein. Ihn beauftragte der Fürst auch jetzt mit den Nachforschungen über die persönlichen Verhältnisse des Bittstellers. Der Major wandte sich an den Generalleutnant von Gersdorf als den nächsten Vorgesetzten des Kadetten und zog ebenso bei dem Brigadier der sächsischen Kavallerie, General von Gablenz, Erkundigungen ein. Noch während dieser Unterhandlungen erging (auf Anordnung des Herzogs vom 7. Mai) an Rayski die Anweisung, sich persönlich am Hofe zu Ballenstedt einzufinden; als Termin seines Kommens wurde ihm die Ferienzeit im Juni freigestellt. Gleichzeitig mußte aber Sonnenberg im Auftrage des Fürsten dem Kadetten mitteilen, daß „Wir keine kleine Offiziere bey Unserer Grenadier-Garde anstellen wollten und auf eine gute Haltung und auf offenen und scharfen Blick zu sehen pflegten“. Ende des [15] Monats kam Rayski, der unterdessen den Kommandanten um Entlassung aus dem Korps gebeten hatte, dem Wunsche des Herzogs nach. Er traf am 31. Mai abends in Ballenstedt, der Residenz des Fürsten, ein und blieb dort bis zum 6. Juni. Sein Auftreten muß den von Alexius gestellten Bedingungen entsprochen haben; denn seine Bewerbung wurde angenommen. Am 11. Juni trug von Gersdorf dem Könige Friedrich August als dem obersten Vorsteher des Kadettenkorps das Entlassungsgesuch Rayskis vor mit der Begründung: „Es ergeben sich ihm Mittel, im Auslande eine anderweitige Anstellung zu finden“. Durch Reskript d. d. Pillnitz, 13. Juni gab der König seine Einwilligung. Schon zwei Tage später ging das Entlassungszeugnis für Rayski an den Herzog ab, begleitet von einem Schreiben des Generalleutnants, das folgende charakteristische Stelle enthält: „Ich wage es, diesen jungen Mann Ew. Herzoglichen Durchlaucht besonderen Huld unterthänigst zu empfehlen. Er ist ein wackerer Mensch, der nichts verabsäumen wird, um sich dero höchsten Gnade werth zu machen.“ Wir sehen daraus, welch gutes Andenken Rayski trotz seiner falsch angebrachten Malversuche im Kadettenhause zurückließ.

Bald darnach nahm der also Gelobte Abschied von der Offiziersschule und von seinen dortigen Freunden, um in der Fremde sein Glück zu versuchen.

Auch von der Kunstakademie schied er, jedoch nicht ohne ein Zeugnis seines daselbst angewandten Fleißes zu hinterlassen. Es war ein Ölgemälde, das auf der am 3. August eröffneten Kunstausstellung des Jahres 1825 zur Beurteilung stand. Nach einer Zeichnung von „Vernet“ gefertigt, stellte es „Husaren und Kosaken im Gefechte“ dar (Ausstellungskatalog 1825 Nr. 154). Dieses Bild, dessen weiteres Schicksal wir leider nicht kennen, ist bedeutungsvoll für Rayskis künstlerische Entwickelung. Es beweist, daß der junge Maler jetzt auf das Vorbild der Franzosen hingewiesen war, namentlich auf den bedeutenden Soldaten- und Pferdemaler Horace Vernet, dessen Ruhm gerade damals sich auszubreiten begann.

Das Urteil, das man in der Akademie über den angehenden Offizier und Künstler gewonnen hatte, ist in der Matrikel dieser Hochschule in die lakonischen Worte zusammengefaßt: „War talentvoll, aber etwas eingebildet“.



[16]
III.
Die Wanderjahre
(1825 – 1839).




Ballenstedt (1825 – 1829).

Wohl in keiner Periode des Lebens unseres Künstlers sind Licht- und Schattenseiten so scharf nebeneinandergestellt, wie in der Zeit seines Ballenstedter Aufenthaltes.

Am 28. Juni 1825 traf Rayski in der neuen Heimat ein; wenige Tage später bezog er ein für ihn bestimmtes Zimmer „über dem Marstall“. Vom 1. Juli ist dann das Patent datiert, das seine Ernennung zum Sekondeleutnant bei der Herzoglichen Grenadiergarde ausspricht. Er erhielt danach außer freier Wohnung, Feuerung und Licht eine jährliche Besoldung von 260 Talern sowie 100 Taler jährlich als Zulage statt der freien Tafel bei Hofe. Sehr bald wurde er jedoch auch zu dieser hinzugezogen, indem ihm (am 21. August) eine Einladung zur herzoglichen Tafel zuging, die für alle Cour- und Sonntage galt.

Zu künstlerischer Tätigkeit scheint dem jungen Offizier seine neue Stellung nicht viel Zeit gelassen zu haben. Wenigstens ist kein Werk aus jenen Jahren bekannt geworden; auch in den herzoglichen Schlössern Anhalts suchen wir (laut gütiger Mitteilung des Herzoglichen Oberhofmarschallamtes in Dessau) solche Arbeiten vergeblich.

Dennoch sollte die Ballenstedter Leutnantszeit in künstlerischer Beziehung für Rayski nicht verloren sein, sondern wichtig und anregend werden. Das kleine Herzogtum erfreute sich unter der Regierung seines Fürsten eines ziemlichen Wohlstandes, bei dem auch die Musen ihre Pflege fanden. Allerdings war das Kunstleben [17] der freundlichen Residenzstadt nicht ein bodenständiges, sondern fast gänzlich von Dresden aus befruchtet.

Am Hofe hatte es vor allem in dem Hofmaler Karl Christian Kehrer seinen Vertreter. Dieser, zwei Jahre lang in Dresden unter Casanova ausgebildet, hatte sich auf den verschiedensten Gebieten der Malerei, in Genre, Landschaft, Porträt, Jagdstück und Historie, versucht und in den zwanziger Jahren durch mehrere Gemälde zu deutschen Dichtungen, die er in Berlin und Dresden zeigte, einiges Aufsehen erregt. Im akademischen Zopfe weiterarbeitend, verhielt er sich gegen jede neue Strömung in der Malerei von vornherein ablehnend. Von ihm konnte also Rayski keine bemerkenswerte Förderung erwarten.

Selbständigeren Geistes, als dieser Akademiker, schuf eine begabte, jetzt leider fast gänzlich vergessene Malerin, Caroline Bardua[7] (1781 – 1864). Tochter eines herzoglichen Kammerdieners in Ballenstedt, hatte sie früh ihrem Drange Folge geleistet, sich der Kunst zu widmen. Der gefeierte Fürsten- und Dichtermaler Gerhard von Kügelgen in Dresden wurde ihr Lehrer. Nachdem sie in den Jahren 1809 bis 1811 (und nochmals 1813) unter diesem Meister sich zu einer der tüchtigsten Porträtmalerinnen herangebildet hatte, lebte sie zunächst wiederum in Ballenstedt, dann in Halberstadt, Halle, Magdeburg und Leipzig. 1819 siedelte sie mit ihrer Familie nach Berlin über, kam aber auch von dort aus noch wiederholt nach ihrem Geburtsorte. Als Rayski in Ballenstedt weilte, rüstete sich Caroline gerade zu einer Reise nach Paris. Sie wollte im Zentrum der französischen Kunst neue Anregungen gewinnen und ihr Können vertiefen. 1829 trat sie ihre Reise an, nicht ohne noch vorher von Altmeister Goethe, der sie aufrichtig verehrte, in Weimar Abschied zu nehmen.

Es ist gewiß kein Fehlschluß, wenn wir Caroline Bardua, die in den verschiedensten Kreisen Ballenstedts, auch am Hofe, wegen ihres anregenden Temperamentes wohlgelitten war, und mit der Rayski damals sicherlich zusammengekommen ist, einen wesentlichen [18] Einfluß auf den künstlerisch so empfänglichen jungen Offizier zuschreiben. Wahrscheinlich hat sie in ihm das Interesse an der Bildnismalerei erweckt; sonst läßt es sich gar nicht erklären, daß er plötzlich als Porträtist hervortritt. Sie vor allem mag es auch gewesen sein, die seinen Blick auf Paris hinlenkte, jene Weltmetropole, die nach alter Tradition im Kunstgeschmack noch immer den Ton angab.

Kurz vor der Anwesenheit Rayskis in Ballenstedt und während derselben entsandte die kleine Residenz auch wiederholt begabte Kunstjünger zur Dresdner Akademie. So Carl Baumbach, der 1819 in die „Kunstschule“ der Akademie eintrat und 1820 bis 1824 unter den Professoren Hartmann und Matthäi seine Ausbildung vollendete – teilweise also zu einer Zeit, in der auch Rayski die Akademie besuchte. Baumbach ward später ein sehr geschätzter Bildnismaler und hat lange Zeit in München erfolgreich gearbeitet. Sein Landsmann August Becker vervollkommnete sich seit 1827 unter dem berühmten Claußen Dahl in der Landschaftsmalerei, gleichzeitig mit seinem später in Dresden tätigen Freunde Christian Friedrich Gille. Mit diesen Künstlern traf Rayski in der Folgezeit wieder zusammen; Becker scheint sogar von weitestgehender Einwirkung auf ihn geworden zu sein.

So von seiten des Hofes mit Entgegenkommen behandelt, auch künstlerisch mannigfaltig angeregt, hätte Rayski in dem freundlichen Bergstädtchen am Harz sich wohl eine schöne Zukunft schaffen können. Aber er vernichtete diese Hoffnung durch eigene Schuld. Die geschichtliche Wahrhaftigkeit fordert es, auch der Schattenseiten des Ballenstedter Aufenthaltes zu gedenken. Es geht durch diesen Lebensabschnitt unseres Künstlers ein Zug von Unbefriedigtheit, die der junge Mann gerade auf falsche Weise, durch ein flottes Leben, zu betäuben suchte. Doch ist dieses Verhalten psychologisch wohl erklärlich. Es erscheint als die natürliche Reaktion gegen die gedrückten Verhältnisse, unter denen der im Grunde lebensfroh Veranlagte trotz aller ihm erwiesenen Liebe hatte aufwachsen müssen. Jetzt, da er freier über sich selbst bestimmen konnte, beherrschte ihn der schrankenlose Optimismus der Jugend, der nicht immer in grüblerischer Selbstprüfung die Konsequenzen seines Handelns zieht.

Für Raystis Stellung mußte solches Gebaren allerdings von bedenklichen Folgen sein. Er geriet in Schulden, und da die [19] Gläubiger drängten, mußte er wiederholt die Gnade des Herzogs in Anspruch nehmen. Mehrfach erbat er von diesem Vorschuß auf seine Besoldung, und er erhielt ihn wirklich, bis endlich auch dem nachsichtigen Fürsten die Geduld riß und er entschied: „Da Uns das Benehmen des Secondelieutenants v. Rayski bekannt geworden ist, so finden Wir Uns dadurch nicht veranlaßt, seinem Gesuche zu willfahren“ (4. August 1828). Wir müssen es als ein Zeichen ungewöhnlichen Wohlwollens seitens des Herzogs betrachten, daß er trotzdem, auf ein erneutes Gesuch des Leutnants hin, Ende September den erbetenen Vorschuß gewährte.

Doch war Rayskis Stellung bei Hofe erschüttert. Die Folgezeit bewies es. Vergebens versuchte er, in das Herzogliche Jägerkorps aufgenommen zu werden und dadurch seine Lage zu verbessern. Nach dieser Zurückweisung war seines Bleibens in Ballenstedt nicht mehr. Am 12. Dezember 1829 kam er um seinen Abschied ein. Er erhielt diesen am 14. desselben Monats. Zugleich bezeigte aber der Fürst nochmals seine freundliche Gesinnung, indem er ihm nicht nur die ziemlich große, durch die Vorschußzahlungen aufgelaufene Schuld erließ, sondern ihm auch das zu Neujahr 1830 fällige Gehalt anwies.

So endete Rayskis „lustige Leutnantszeit“. Der Künstler war jetzt ganz frei.


Hannover und Dresden (1830 – 1834).

Mit aller seiner Habe – seinem Anteil an der väterlichen Erbschaft, den er sich hatte auszahlen lassen, und dem herzoglichen Gnadengehalt – ging der junge Maler von Ballenstedt aus auf die Wanderschaft. Jetzt ganz auf eigene Füße gestellt, ohne sichere Existenz und ohne weitere Unterstützung, sah er sich genötigt, seine Lebensbedürfnisse selbst zu erwerben. Das ward ihm gewiß nicht leicht; aber die Hoffnung auf eine befriedigende Zukunft half seiner jugendlichen Anpassungskraft über alle Bedenken hinweg.

Seinem Talente vertrauend, trat Rayski Ende 1829 seine erste Kunstreise an. Sie führte ihn zunächst „ins Hannöversche“. Vielleicht waren es Verbindungen familiärer Art, die ihn gerade dorthin wiesen; denn ein Bruder seiner Mutter, Philipp Sichart von Sichartshofen, stand schon mehrere Jahrzehnte als Offizier in hannöverschen Diensten. Leider fehlen für Rayskis Aufenthalt in dem neuen [20] Wirkenskreise und für seine ersten selbständigen Arbeiten daselbst alle genaueren Anhaltspunkte. Er äußert sich nur später gelegentlich, daß er „zwei Jahre“ in der Fremde gewesen sei und dort Beschäftigung „in seinem Fache“ gefunden habe. Das kann von seinem damaligen Standpunkte aus nur heißen: im Fache der Bildnismalerei. Wir sehen also, daß er schon zu Anfang der dreißiger Jahre sich für das Porträt entschied.

Welche Orte der Künstler auf seiner ersten Reise berührt und wie lange er an den einzelnen Orten verweilt hat, ist nicht mehr zu ermitteln. Nur vermuten können wir, daß bereits in jenen Jahren sich dem jungen, lebensfrischen Kavalier besonders adelige Häuser gastfreundlich öffneten. Dort finden sich vielleicht auch noch Zeugnisse seiner künstlerischen Tätigkeit; bekannt ist allerdings kein einziges dieser Jugendwerke mehr[8].

Fand Rayski in der Fremde auch genügende Beschäftigung, die ihm zusagte, so mochte er doch – gerade weil ihm diese Beschäftigung mehr und mehr zur Lebensaufgabe ward – im Grunde seines Herzens fühlen, daß ihm zur vollen Künstlerschaft noch manches fehlte. Er war in derartigen Fragen stets zu streng gegen sich selbst und zu gewissenhaft, als daß er ein Manko sich verschwiegen, es nicht auszumerzen versucht hätte. So sehen wir ihn denn 1831 nach Dresden zurückkehren, in der ausgesprochenen Absicht, seinen Studien auch äußerlich einen gewissen Abschluß zu geben.

Er besuchte (nach seiner eigenen Angabe) in Dresden nochmals seine alte Bildungsstätte, die Kunstakademie, anscheinend freilich nur kurze Zeit und ohne sich einem bestimmten Lehrer anzuschließen. Auch kann er nicht noch einmal offiziell rezipiert worden sein; denn in den Personalverzeichnissen der Akademie fehlt während der Jahre 1831 bis 1834 sein Name gänzlich. Er trat gleich in die oberste Klasse ein. Die Schüler dieser Klasse studierten besonders im Aktsaale nach der Natur und bildeten sich unter Anleitung ihrer Lehrer weiter an den Meisterwerken der Gemäldegalerie.

Im Aktsaale nahm Rayski das Studium des menschlichen Körpers in Anspruch – die Grundbedingung für den Porträtisten. [21] Es sind noch zwei große Blätter aus dieser Zeit vorhanden[WS 3]: Zeichnungen in schwarzer Kreide auf grauem Papier, stellenweise leicht weiß gehöht. Sie enthalten männliche Akte. Auf dem einen erblickt man das unbekleidete Modell in Rückenansicht. Der Jüngling schreitet, die Linke auf einen Stock stützend, nach hinten fort; die Rechte hält er an den gesenkten Kopf. Die andere Zeichnung stellt einen nackten Mann mit finsterem Gesichtsausdrucke in Vorderansicht dar. Er ist auf ein Knie niedergesunken und hebt beide Arme mit geballten Fäusten gen Himmel. Das Blatt ist bezeichnet „den 27ten März 1832. gefertigt“. Hier hat Rayski es verstanden, dem akademischen Akte dramatisches Leben einzuhauchen.

Die Dresdner Gemäldegalerie mit ihren unvergleichlichen Schätzen bot natürlich auch unserem Künstler eine Fülle von Anregungen. Erhalten ist allerdings nur noch ein Werk aus jenen Studienjahren: eine Ölkopie nach Rembrandts großem Selbstbildnis mit der Saskia[9]. Dieses Bild ausgelassenster Lebensfreude muß den jungen Mann vorzugsweise gereizt haben; die Kopie ist mit viel Sorgfalt ausgeführt.

Außer derartigen Schülerarbeiten lieferte Rayski zu Anfang der dreißiger Jahre auch eine Anzahl Originalwerke. Vor allem entstammen der genannten Zeit seine ersten bekannt gewordenen Porträts.

Das älteste derselben ist das seines Oheims Friedrich Gotthelf von Berge[10]. Es ist 1831 in Dresden gemalt. Berge (geb. 1768, vermählt mit Marianne Sichart von Sichartshofen, gest. 1853) war nach seiner Rückkehr aus dem russischen Feldzuge im Dezember 1812 zum Oberstleutnant der Leib-Kürassier-Garde und schon im Mai 1813 zum Obersten und Kommandanten des Gardereiter-Regiments befördert worden. Diese Stellung hatte er noch 1831 inne. Dreizehn Jahre hatte Berge unter Napoleons Fahnen gedient, und selbst als Greis fuhr er begeistert auf, wenn er den Namen Napoleon hörte. Jugendliches Feuer glühte noch in dem alten Manne. Das hat auch der Maler zum Ausdruck bringen wollen. Er stellte seinen Oheim in der Uniform eines Obersten der Leib-Kürassier-Garde [22] lebensgroß stehend dar, den Helm in der Linken haltend, die rechte Hand in die Seite stemmend. Scharf hebt sich der weiße Schnurrbart von dem wettergebräunten Gesicht ab. Fest steht der Alte auf dem Erdboden, fest ist sein Blick. So sehen wir ihn wie lebendig vor uns, den unerschrockenen Haudegen, dessen Lieblingswort ein herzhaftes „Himmeldonnerwetter!“ gewesen sein soll. Zwei seiner Getreuen, sein Adjutant und sein Lebensretter, durften auf dem Bilde nicht fehlen. Die Komposition ist (namentlich perspektivisch) nicht ganz einwandfrei. Die Farbengebung, durch das Objekt bedingt, bot Schwierigkeiten. Die Ausführung ist sicher, aber noch glatt und konventionell.

Das gilt auch von dem etwa gleichzeitig gemalten kleinen Bildnis des Mitregenten (späteren Königs) Friedrich August (II)[11]. Der Fürst ist zu Pferde in der Uniform seines österreichischen Regiments dargestellt, über einen Hügel nach links zu sprengend. Über den Hügelrand hinaus ragen die Köpfe einiger Soldaten. Das Bild ist eine unbedeutende Jugendarbeit, wohl auch kaum nach dem Leben gefertigt.

Während seines Aufenthaltes in Dresden, der bis 1834 währte, machte der Künstler einige interessante Bekanntschaften, wie sich aus den in seinem Nachlaß vorgefundenen Zeichnungen folgern läßt. Hier sei nur einer dieser Bekanntschaften gedacht. Es ist die mit dem Dichter Gottfried August Freiherrn von Maltitz (geb. 1794), dem Verfasser der Dramen „Hans Kohlhas“" und „Der alte Student“. Sie muß den Verhältnissen nach in die Jahre 1832 – 1834 gehören; denn Maltitz, der sich durch seinen politischen Sarkasmus in Berlin unmöglich gemacht hatte, kam 1832 von Paris nach Dresden, wo er auch 1837 starb. Eine außerordentlich charakteristische Bleistiftzeichnung Rayskis[12] zeigt den Dichter etwa im vierzigsten Lebensjahre. Es sind die Züge eines Frühgealterten, die neben Krankhaftem fast etwas Dämonisches an sich tragen.

Unser besonderes Interesse nimmt noch ein Selbstbildnis des Künstlers in Anspruch, das dieser (nach der Unterschrift) am 30. Oktober 1834 gefertigt hat, also wenige Tage nach Vollendung seines achtundzwanzigsten Lebensjahres. Das Original war mit schwarzer Kreide gezeichnet. Jetzt ist nur noch eine lithographische Nachbildung[13] bekannt. Man [B]

Freiherr von Maltitz.

[-] [23] erblickt hier den jungen, hübschen Mann in Kniestück, sitzend, von vorn. Etwas Schwermütiges liegt in seinen Zügen, das den, der Rayskis sonst heiteres Wesen kannte, vielleicht befremden mußte. Mit wahrhaft künstlerischer Treffsicherheit hingeworfen, ist diese Zeichnung eine vorzügliche Leistung. Sie überragt die gleichzeitigen Ölgemälde.

Die hier genannten Bildnisse aus den Jahren 1831 – 1834 beweisen, daß der Maler, der seit 1833 als „Portraitmaler“ in den Dresdner Adreßbüchern erscheint, schon damals in diesem Fache eine bemerkenswerte Fertigkeit erlangt hatte. Tragen die Bildnisse auch nicht das eigenartige Gepräge späterer Arbeiten an sich, so zeigen sie doch eine Schärfe der Beobachtung, wie sie für einen Fünf- bis Achtundzwanzigjährigen, der sich noch dazu größtenteils autodidaktisch gebildet hatte, ungewöhnlich ist. Sie lassen daher Großes für die Zukunft hoffen.

Neben dem Bildnis pflegte Rayski damals mit Vorliebe noch das Genre. Zeugnisse dafür sind zwei während der Dresdner Studienzeit entstandene Gemälde, die sogleich der öffentlichen Beurteilung übergeben wurden. Die Veranlassung dazu, daß diese Bilder alsbald weiteren Kreisen bekannt wurden, bot sich durch die Beziehungen zum Sächsischen Kunstverein, in die der Maler gleich 1832 trat. Der Kunstverein, im Dürerjahre 1828 besonders auf Anregung des verdienstvollen Kunstforschers und Sammlers J. G. von Quandt gegründet, hatte es sich zur Aufgabe gemacht, sächsische Künstler durch Ausstellung und Ankauf ihrer Werke zu unterstützen und zu fördern. Schon in den ersten Jahren seines Bestehens hatte der Verein eine große Anzahl von Kunstwerken, vorzugsweise Gemälden, erworben, die, in Kupferstich reproduziert, allen Mitgliedern bekannt gemacht wurden und bei der Verlosung auch in die Hände solcher gelangten.

1832 bot Rayski dem Kunstverein ein Ölgemälde zum Kaufe an. Es war das genrehafte Jagdbild „Wohin ist der Hase gelaufen?“ (etwa 15 cm hoch und 20 cm breit). Originell ist dieses Bildchen schon dem Gedanken nach, indem es nicht die Freuden, sondern die Leiden der Jagd in humoristischer Behandlung schildert. Zwei Jäger stehen auf weiter, vom Sturm überwehter Schneefläche. Der rechte, frierend, mit dünnem Röckchen, vergräbt die Hände tief in seine Taschen. Der linke, wohlbeleibt und dicht vermummt, [24] raucht in Behaglichkeit sein Pfeifchen. Das jammervolle Gegenstück zu ihm ist der vor Frost klappernde, dürre Hund, den er an kurzer Leine hält. Nach dem Hintergrunde links zu sind Treiber und Jäger sichtbar. Ferner Wald und rechts ein niederer Hügel schließen die Landschaft ab. Die Anlage des Bildes ist trefflich: die weite Fläche wirkt perspektivisch überzeugend, die Hauptfiguren heben sich plastisch vom Hintergrunde ab und sind sehr gut charakterisiert. Der Ausführung des Gemäldes waren fleißige Studien vorausgegangen. Ein ganzer Bogen voll der verschiedensten Bleistiftentwürfe in kleinen Figuren ist erhalten,[14] auch die Mittelgruppe ist mehrfach skizziert[15] – köstliche Typen treten uns da entgegen – und doch ist die Ausführung ganz anders geworden, als diese Studien es zeigten.

In der Vorstandssitzung des Kunstvereins am 26. September 1832 ward das kleine Jagdstück von einigen Komiteemitgliedern zum Ankaufe vorgeschlagen, und mit sechs gegen drei Stimmen wurde der Antrag angenommen. Der Maler erhielt für sein Werk drei Friedrichsdor (ca. 50 Mark). In der am 17. Dezember veranstalteten Verlosung fiel es (unter Nr. 867) an den Kaufmann Canoy in Zittau. Das weitere Schicksal des Gemäldes ist nicht zu ermitteln. Wir kennen es daher nur aus dem Stiche, den 1832 Rayskis ehemaliger Lehrer, Traugott Faber, nach dem Originale fertigte, und der in der „Bilderchronik“ des Kunstvereins zu finden ist.

Ebenso unbekannt, wie der gegenwärtige Aufbewahrungsort dieses Genrebildes, ist der zweier anderer Gemälde, die der Künstler im Jahre 1834 dem Vorstande des Kunstvereins zur Erwerbung anbot.

Das eine, „Grenadiere im Schnee“ benannt, fand gar keinen Anklang. Am 2. Oktober 1834 wurde es einstimmig zurückgewiesen.

Glücklicher war der Maler mit seinem anderen Werke, wiederum einem Genrebilde. Schon der Name deutete bei diesem auf die Darstellung hin: „Keine Lust zu arbeiten“ hatte der Künstler es benamset. Im August 1834 war das Gemälde bereits auf der Dresdner Kunstausstellung zu sehen gewesen (Katalog Nr. 554). Ende Dezember kam es im Kunstverein zur Verlosung (unter Nr. 699); ein Herr Ottomar Bach in Buchholz war der Gewinner. Auch [25] von diesem Bilde erhalten wir nur durch den danach gefertigten Stich in der „Bilderchronik“ genauere Kenntnis. Einer unserer feinsinnigsten Historienmaler, der Meißner Ludwig Haach, hat diesen Stich geliefert und dabei in einer dem Originale kongenialen Weise den Humor zum Ausdruck gebracht, der das Ganze belebt. Zwei Strolche haben auf ihrer Wanderung unter einem dickstämmigen Baume auf einer Anhöhe Rast gemacht. Der eine hat sich niedergesetzt, während der andere, ihm zur Seite stehend, sich an den Stamm lehnt. Beide schauen über die Wipfel der Tannen hinweg in die weite Landschaft hinaus, die man sich nach rechts zu, außerhalb des Bildes, denken muß. Es ist gewiß kein großartiger Vorwurf, den der Künstler sich hier zur Darstellung gewählt hat. Aber daß er es wagte, einen Ausschnitt aus dem Alltagstreiben, eine Szene aus dem Leben der Ausgestoßenen, der Helden von der Landstraße zu geben, in einer Zeit, in der man immer noch an idealen Landschaften und gespreizten Historien Gefallen fand – das ist sicher bemerkenswert. Es bleibt zu bedauern, daß das Original verschollen ist, da hier bei der Einfachheit des Entwurfes zweifellos die Ausführung und Farbenzusammenstimmung die Hauptsache ist.

Der Erfolg, den Rayski mit seinen ersten der Öffentlichkeit übergebenen Arbeiten hatte, mußte aufmunternd auf den Künstler wirken. Jetzt regte sich in ihm auch wieder die alte Sehnsucht, die schon in den zwanziger Jahren auf der Akademie in ihm erweckt, später gewiß von Caroline Bardua und von Maltitz neu angeregt worden war: die Sehnsucht, Paris zu besuchen und die Meister zu studieren, deren Ruhm damals die Welt durchdrang. Eine Unterstützung, die ihm sein Oheim von Broizem gewährte, ermöglichte ihm jetzt die Ausführung des langgehegten Planes, und fort ging es nach der kunstsinnigsten Stadt der Welt, nach Paris.


Paris (1834 – 1835[16]).

Als Rayskis zweites Genrebild im Kunstverein zur Verlosung gelangte, hatte der Künstler Dresden bereits wieder verlassen. Sein Weg führte ihn direkt nach der Hauptstadt Frankreichs.

Das künstlerische Leben, das er dort vorfand, war vielgeſtaltig. Es lassen sich in der damaligen französischen Malerei deutlich drei [26] Richtungen unterscheiden, die auch auf dem Salon im März 1835 durch charakteristische Werke vertreten waren. Die Namen ihrer Hauptvertreter, Ingres, Delaroche und Delacroix, kennzeichnen sie zur Genüge. Man hat die erste die „symbolische“ oder „dogmatische“, die zweite die „historische“ oder „naturalisierende“, die dritte die „lyrisch-individuelle“ genannt – Namen, die den Grundgedanken nur zum Teil wiederzugeben vermögen. Wollen wir annehmen, daß Rayski sich einer dieser Richtungen angeschlossen habe, so könnte das nur die historisch-naturalisierende Delaroches sein, die sich nach den Worten eines zeitgenössischen Berichterstatters „näher an die Natur hielt, sie mit großem Gefühl für Stimmung und Harmonie auffaßte und diese oft mit einem schönen Ausdruck von dramatischer Poesie zu vereinigen wußte“. Gewiß hat Rayski auf dem Salon von 1835 das einzige ausgestellte Werk Delaroches, den „Tod des Herzogs von Guise im Schloß zu Blois“ gesehen, vor dem sich die Menge der Beschauer damals andauernd drängte; gewiß hat auch der großartig gedachte und ebenso ausgeführte Entwurf seines Eindruckes auf den Künstler nicht verfehlt, wie dessen unten zu nennende Werke aus jener Zeit beweisen – aber von einem Schülerverhältnis zu reden, in das der Deutsche zu dem großen Franzosen getreten sei, erscheint mir gewagt. Rayski hat sich offenbar keiner der geltenden „Richtungen“ unbedingt angeschlossen.

Als den Meister, der in Paris den tiefsten Eindruck auf den jungen Deutschen gemacht hat, möchte ich neben Delaroche dessen Schwiegervater, Horace Vernet, bezeichnen, nach dem ja Rayski schon als Kunstschüler mit 19 Jahren kopiert hatte. H. Vernet, eben (1834) von Rom, wo er mehrere Jahre die französische Akademie geleitet hatte, nach Paris zurückgekehrt, trat damals gerade in die dritte Periode seiner künstlerischen Tätigkeit ein. Ursprünglich der Schule Davids folgend, hatte er sich schon früh selbständig für die Militärmalerei entschieden, in der er zunächst dem Genrehaften den Vorzug gab, bald aber die historische Seite hervorhob. Seine Ernennung zum Membre de l'Institut 1826 hatte ihn dann der romantischen Schule genähert, der er während der ganzen Dauer seines römischen Aufenthaltes (1827 – 1834) treu blieb. Erst die Rückkehr in die Heimat führte ihn auch wieder seinem wahren Gebiete, der Genre- und Militärmalerei, zu; er verlieh ihr jetzt dadurch, daß er seine Stoffe zum Teil dem Süden (Algier) entnahm, [27] einen neuen, fesselnden Ausdruck. Großartige Aufträge für das Museum zu Versailles, die König Louis Philipp ihm erteilte, beschäftigten den Künstler in den Jahren 1834 und 1835 bis zu seinem Weggange nach Petersburg. Gerade in dieser glanzvollen Zeit lernte Rayski die Schöpfungen des gefeierten Meisters kennen. Werke aus dessen erster Schaffenszeit (z. B. die Verteidigung der Barriere von Clichy, die Niedermetzelung der Mamelucken u. a.) sowie solche aus seiner romantischen Periode (Julius II. und Rafael, Philipp August vor Bouvines) konnte er im Louvre und in Versailles zur Genüge studieren. Die ersteren sagten ihm zweifellos mehr zu als die letzteren. Dazu trug besonders die Ähnlichkeit der in Vernets Gemälden behandelten Stoffgebiete mit den von ihm selbst gepflegten ihr Teil bei.

So sehen wir Rayski in Paris von zwei Meistern beeinflußt: von Delaroches historischer Kunst und von dem vielseitigen Horace Vernet. Das tritt auch in seinen Arbeiten aus jener und der folgenden Zeit zutage.

Den gewaltigen Eindruck, den Delaroches in höchster dramatischer Belebung dargestellte Marterszenen auf den Künstler gemacht hatten, offenbart eine Reihe von Ölstudien.[17] Obgleich nur teilweise ausgeführt, wirken diese noch heute mit elementarer Kraft auf uns. Handschriftliche Aufzeichnungen[18] ermöglichen die Bestimmung [28] der behandelten Stoffe. Die Entwürfe vergegenwärtigen erschütternde Vorgänge aus der englischen, niederländischen und schwedischen Geschichte. Ob je eine dieser Skizzen zur Ausführung gekommen ist, erscheint mir zweifelhaft. Eines aber steht fest: sie dokumentieren Rayskis große Begabung für die Historienmalerei und lassen uns bedauern, daß der Künstler diesen Zweig der Malerei später ganz vernachlässigt hat.

Gehen wir nun auf die Entwürfe selbst ein!

Wie Delaroche in seinen großen Geschichtsbildern vorzugsweise Ereignisse aus der englischen Geschichte verarbeitet hatte, so suchte auch Rayski sich aus dieser einen Stoff. Ein solcher – und zwar einer, der an dramatischem Inhalte nichts zu wünschen ließ – bot sich ihm in der Ermordung des Erzbischofs Thomas Becket von Canterbury. Dieser Kirchenfürst wurde bekanntlich am 29. Dezember 1170 am Fuße des Altars von vier Edelleuten erstochen. Der geschichtliche Vorgang reizte den Maler außerordentlich. Nicht weniger als sechs Entwürfe behandeln dieses Thema. Bei großer Verschiedenheit im einzelnen bringen sie doch den gleichen Augenblick – den der höchsten Spannung – zur Darstellung: der Priester ist an den Altar geflüchtet und umklammert das dort stehende Kruzifix oder hält ein solches abwehrend in der Hand, den vordringenden Feinden entgegen; ein Edelmann bohrt ihm das Schwert in die Brust.

[29] Eine etwas größere Studie zeigt die Hinrichtung der Grafen von Egmont und von Hoorn (1568). Der Bischof von Ypern erteilt eben dem Grafen Hoorn, der vor ihm kniet, den letzten Segen, während Egmonts Leiche bereits am Boden liegt. Ein Grande hält links unterhalb des Schaffots zu Pferde. Neben Hoorn steht der Regimentschef; bewaffnete Krieger füllen den Vordergrund und die rechte Seite des Bildes. Die Gruppierung größerer Massen ist hier mit Geschick durchgeführt. Die Szene selbst wirkt ergreifend.

Der schwedischen Geschichte entnahm Rayski zwei Episoden, in denen Fürstlichkeiten des 17. Jahrhunderts eine Rolle spielten.

Ein unvollendetes Ölgemälde (hoch 49 cm, breit 59,5 cm) führt uns die Königin Christine vor Augen, wie sie (1657) ihren bisherigen Vertrauten, den Oberstallmeister Marquis Monaldeschi, zu Fontainebleau des Hochverrats beschuldigt. Die Königin steht links. In ihrer rechten Hand zerknittert sie ein Schriftstück, die linke hat sie abwehrend erhoben. Zu ihren Füßen kniet Monaldeschi, der verzweiflungsvoll bittend die Arme gegen sie ausstreckt. Ein alter Mann hinter ihm, wohl der Pater Lebel, faltet die Hände zum Gebet. Nach dem Hintergrunde zu erblickt man rechts noch eine Gruppe von Männern, wahrscheinlich die Schergen, die den Stallmeister abführen sollen. Das Gemälde hat sich leider sehr schlecht erhalten. Der Firnis hat die Farben gebräunt, die Tiefen sind ganz schwarz geworden.

Zwei ziemlich gleichartige Skizzen zeigen einen finster dreinblickenden, vornehmen Mann (nach den Aufzeichnungen könnte es König Karl IX. von Schweden sein), der – das eine Mal mit einem Schwert, das andere Mal mit einem Gewehr bewaffnet – auf der Lauer steht. Das Scheue und doch Brutale eines hinterlistigen Mörders ist schon in den kleinen Skizzen trefflich wiedergegeben.

Als Ergänzung oder als Vorstudien zu den hier geschilderten Entwürfen dienen Bleistiftzeichnungen, die Trachten, Köpfe und allerhand Details darstellen. Sie sind auf zwei großen vollgezeichneten Bogen enthalten.[19] Auf dem einen derselben lesen wir „Trachtenbuch 1577 Hans Meichel Nürnberg“; auf dem anderen steht die unverständliche Bemerkung „Bourdon, Franzosm. Christian, [30] Niederländischer Meister. – starb zu Rom 1688“. Diese Notiz ist offenbar irrtümlich. Gemeint ist wahrscheinlich Sébastien Bourdon († 1671 in Paris), ein französischer Maler und Kupferstecher, der eine Zeitlang Hofmaler der schwedischen Königin Christine war. In Italien gebildet, zeichnete er sich als Genre- und Porträtmaler aus. Werke von ihm konnte Rayski in Paris teils im Original, teils in den sehr zahlreichen Kupferstichreproduktionen studieren. Die oben abgedruckten Bemerkungen geben demnach anscheinend die Quellen an, denen die Kostümstudien entnommen sind.

In Nachbildung der figurenreichen Schlachtenbilder H. Vernets ist eine große, nur flüchtig hingeworfene, aber wirkungsvolle Ölskizze[20] entstanden, die das Zusammentreffen zweier Heerhaufen schildert. Von rechts stürmen die Angreifer vor, geführt von einem Offizier auf weißem Rosse, der eben verwundet zu Boden sinkt. Ein Krieger sprengt auf ihn zu, um ihn zu halten. Ausgeführt ist lediglich diese Mittelgruppe. Die übrigen Figuren sind größtenteils nur durch Striche angedeutet. Der Hintergrund – d. h. über die Hälfte des großen Bildes ist von dichtem Pulverqualm angefüllt.

Ähnliche Vorgänge, wie dieses Ölbild, behandeln drei zusammengehörige Kreidezeichnungen auf weißem Papier.[21] Hier sind die kleinen Figuren durch schwarze Kreidestriche markiert, der Pulverdampf ist breit mit dem Wischer hingesetzt. Nur auf der zweiten, ausgeführtesten sind die Konturen noch zum Teil umzeichnet.

Ein Werk von starker Eigenart ist ein Selbstporträt, das den Künstler etwa im 30. Lebensjahre zeigt, also um 1835 entstanden sein muß.[22] Brustbild von vorn vor dunklem Hintergrunde, stellt es Rayski mit wirrem Haar, langem Schnauzbart, in polnischer (?) Jacke dar, etwas wild Herausforderndes im Blicke, recht wie einen Menschen, der sich um die ganze Welt nicht schert. Es erinnert uns an die (nicht ungesuchte) Originalität, in der damals jugendliche Künstler, z. B. auch die Glieder des „Jungen Deutschlands“", ein Karl Beck u. a., sich gefielen. Das Bild ist mit breiten [31] Strichen „hingehauen“ – man sieht ihm die Eile an –, durchaus skizzenhaft, nur das Gesicht zeigt sorgfältigere Behandlung. Aber gerade in dieser Skizzenhaftigkeit ist es genial – eine vorzügliche Leistung.


Rückreise durch Deutschland (1835 – 1839).

Trotz der mannigfachen und bedeutsamen Anregungen, die die einzigartige Seinestadt dem deutschen Maler bot, war doch für diesen des Bleibens dort nicht lange. Bald schon sehen wir ihn wieder auf vaterländischem Boden.

Die Gründe seiner schnellen Trennung von Paris sind ebensowenig bekannt wie der Zeitpunkt der Abreise. Man erzählt, daß der Künstler sein Geld – verspielt habe. Vielleicht würden Briefe Genaueres darüber angeben, wenn solche erhalten sind.

Die Rückkehr Rayskis von Frankreich nach Dresden nahm mehrere Jahre in Anspruch. Dies erklärt sich daraus, daß der Reisende vielfach unterwegs verweilte, überall mit offenem Blicke studierend, aber auch überall reichlich beschäftigt, vorzugsweise von hochgestellten Familien in den deutschen Städten, die er besuchte.

Der erste längere Aufenthalt wurde in Trier genommen. Über ihn fehlt leider jede nähere Mitteilung. Dann ging es nach Frankfurt a. M. Hier finden wir Rayski etwa im Jahre 1836 oder Anfang 1837. Das Städelsche Kunstinstitut mit seinen Schätzen an Handzeichnungen und Ölbildern mochte ihn nach der alten Krönungs- und Bundesstadt locken, ebenso aber der bekannte Kunstsinn ihrer wohlhabenden Bürger, der ihn reichlichen Verdienst erhoffen ließ. In dieser Stadt fand er damals auch Gelegenheit, mit Landsleuten zusammenzukommen. Er trat in Beziehungen zu dem Freiherrn Georg August Ernst von Manteuffel (1765 – 1842), der seit 1830 als sächsischer Gesandter beim Bundestage in Frankfurt fungierte. Für ihn malte Rayski mehrere (nicht näher bekannte) Bilder. Ihm hatte er auch finanzielle Unterstützung zu danken, als er seine Reise fortsetzte. Diese führte ihn zunächst nach Würzburg, wo er noch Ende des Jahres 1837 verweilte.

Die in Würzburg verbrachte Zeit wurde für Rayski einer der arbeitsreichsten Abschnitte seines Lebens. Sein Talent fand dort freundliche Anerkennung, und sein Fleiß brachte ihm so viel ein, daß er nicht nur alte Verpflichtungen einlösen, sondern „mit seiner [32] Lage zufrieden“ sein konnte. Ein vom Künstler selbst niedergeschriebenes Verzeichnis der in Würzburg gefertigten Gemälde enthält zwanzig Nummern – für die immerhin doch kurze Zeit des Aufenthaltes eine stattliche Zahl. Es sind durchweg Porträts. Da die Angaben ziemlich genau und die Bildnisse selbst gewiß noch in den Familien der Dargestellten erhalten sind, soll das Verzeichnis hier abgedruckt werden. Es zählt folgende Stücke auf:

1. Obrist Zobel (klein)
2. Herr von Thüngen (Philipp) Brustbild
3. Adolphine von Thüngen (seine Frau) (wohl auch Brustbild)
4. Carl Thüngen (Brustbild)
5. Fritz Zobel (Kniestück)
6. Herr von Reinach (Brustbild)
7. Frau von Reinach (Brustbild)
8. Gräfin Seinsheim (Brustbild)
9. Frau von Rednig (Brustbild)
10. Graf (Franz Friedrich Karl von)[23] Giech (geb. 1795) (Kniestück)
11. Gräfin (Fanny von) Giech (geb. Gräfin Bismarck, geb. 1813)[23] (Kniestück)
12. Gräfin Salm (Brustbild)
13. Fürst Taxis (Kniestück)
14. Bechtolsheim (wohl der bayerische Ministerialrat Alexander v. B. (Brustbild)
15. Caroline Bechtolsheim (Brustbild)
16. dito (klein)
     17. Herr von Würzburg (Kniestücke)
     18. Frau von Würzburg
     19. Graf Rothenhan (Kniestücke)
     20. Gräfin Rothenhan

Dieses Verzeichnis ist in mehrfacher Beziehung lehrreich. Es zeigt zunächst, daß Rayski in den ersten Familien Bayerns vorteilhaft eingeführt war, sodaß es gleichsam damals in Würzburg zum guten Ton gehörte, von dem Dresdner Kavalier sich malen zu lassen. Daraus erklärt sich auch die große Zahl von Porträts zusammengehöriger Familienglieder. Wir erkennen aber weiter aus der Übersicht, daß sich unter den Dargestellten viele Damen befinden. Das ist [33] insofern auffällig, als der Künstler später fast gar keine weiblichen Bildnisse mehr geliefert hat, da sie ihm weniger glückten.

Die Bildnisse des Grafen und der Gräfin Rothenhan scheinen erst kurz bevor der Maler Würzburg verließ, entstanden zu sein. Das geht aus einem (leider nicht datierten) Briefe des Grafen hervor, in dem dieser auf die bevorstehende Abreise des Künstlers hindeutet.

Unter den hinterlassenen Entwürfen Rayskis befindet sich auch eine sehr flüchtige Bleistiftskizze[24], die durch ihre Unterschrift „Herr von Zobel“ als Studie zu dem im Verzeichnis zuerst genannten Bilde gekennzeichnet ist. Sie zeigt den Obristen stehend, nach links, im Mantel, das Ganze (Kniestück) in etwas theatralischer Pose. Neben dieser Skizze befinden sich noch zwei andere, „Frau von Zobel“, Kniestück, von vorn, und „Fräulein von Spieth“, Kniestück, nach links, – letztere beide allerdings nur in einigen Umrißstrichen angedeutet. Ob diese Entwürfe erst nach Niederschrift des Verzeichnisses oder überhaupt nicht zur Ausführung kamen, läßt sich natürlich nicht mehr entscheiden.

Anfang Dezember 1837 hatte Rayski die Absicht, das gastliche Würzburg zu verlassen und sich nach München zu wenden. Da erreichte ihn ein Brief des Freiherrn von Manteuffel, datiert Frankfurt a. M. den 7. Dezember 1837, der ihm auch für seinen Aufenthalt in Bayerns Hauptstadt günstige Perspektiven eröffnete. Einige charakteristische Stellen aus diesem Briefe seien herausgehoben. Manteuffel schreibt: „Hier (also in Frankfurt) ist jetzt ein Maler aus Sachsen, namens Becker, der in München bekannt ist. Er hat dort den Grafen und die Gräfin von Amansberg gemalt, ehe sie nach Griechenland gingen. Hier hat er zwei große Bilder im Museum ausgestellt, die Aufsehen erregen, zwar Portraits, aber zugleich Genrebilder. Auf dem einen dringt ein junger Mann mit der Doppelflinte in ein mit Schnee bedecktes Dickicht und hebt einen eben geschossenen Fuchs auf. Das andere stellt einen Jagdliebhaber dar, der von der Hühnerjagd ausruht. Sein Hund, die angehängten Feldhühner, alles gelungen. H. Becker malt jetzt meine Frau. Er hat Ihre Bilder gesehen und gelobt. – Leben Sie recht wohl und benutzen Sie Ihre Zeit, um Ihr schönes Talent immer mehr zu vervollkommnen.“

[34] Der „Maler aus Sachsen, namens Becker“, von dem Manteuffel hier berichtet, kann nur der obenerwähnte August Becker sein, da kein anderer Maler Becker während der dreißiger Jahre nachweislich sich in Sachsen aufgehalten hat. Dieser benutzte also schon damals die Landschaft, deren Studium er sich anfangs besonders gewidmet hatte, nur noch als Staffage und pflegte jetzt das Porträt, das er auf eigenartige Weise ausgestaltete. Die in dem Briefe Manteuffels enthaltene, die ausgestellten Bilder Beckers kennzeichnende Bemerkung scheint ihre Wirkung auf Rayski nicht verfehlt zu haben. Denn schon wenige Jahre später (seit 1845) sehen wir ihn ähnliche Darstellungen liefern.

Von Würzburg wandte sich Rayski nach München. Hier finden wir ihn also 1838. Die schöne Isarstadt nahm eben unter ihrem kunstbegeisterten Könige Ludwig I. einen unvergleichlichen Aufschwung. Der Monarch beschäftigte die trefflichsten Künstler seiner Zeit: Architekten wie Klenze und Gärtner, Maler wie Cornelius und Schnorr, Bildhauer wie Schwanthaler und viele andere mußten seine Intentionen zur Ausführung bringen. Als Rayski nach München kam, war die Alte Pinakothek nach zehnjähriger Bauzeit fertiggestellt und hatte die stattlichen Sammlungen berühmter Meisterwerke aufgenommen. Ihrer mannigfaltigen Anregung konnte der Maler sich nicht entziehen. Er fand in München auch alte Bekannte. Der Ballenstedter Carl Baumbach z. B. arbeitete schon mehrere Jahre hier.

Großen Einfluß auf Rayski hat damals offenbar Joseph Stieler, seit 1820 Hofmaler in München, gewonnen. Ebenfalls in Paris (unter Gérard) gebildet, leistete er im Fache des Porträts Ausgezeichnetes. Namentlich seine Frauenbildnisse – darunter die 36 der „Schönheitengalerie“ im Festsaalbau der Königl. Residenz – waren weitberühmt; man war entzückt über die Grazie, die frappante, wenn auch etwas idealisierte Ähnlichkeit und die „feine, zarte Färbung“. Daß Stieler gerade im Jahrzehnt vorher (1823 – 1838) mehrfach für den Dresdner Hof tätig gewesen war, mußte die Beziehungen Rayskis zu ihm vertiefen. Will man sich davon überzeugen, daß der Sachse von dem Bayern gelernt hat, so vergleiche man nur das um 1833 von Stieler gemalte Bildnis des sächsischen Prinzen Friedrich August II. mit späteren Aristokratenbildern Rayskis: man findet da in der Eleganz der Erscheinungen wie in der Haltung der Körper überraschende Erinnerungen.

[35] Bereichert mit Kenntnissen und Eindrücken, trat Rayski die Weiterreise an. Sie führte ihn zunächst nach Coburg. Aber von hier aus kehrte er noch nicht nach Dresden zurück. Er wollte auch die zweite damals berühmte Pflegestätte der Kunst sehen: Düsseldorf. Daß ihm die daselbst geübte lyrisch-romantische Richtung sonderlich behagt hat, möchte ich bezweifeln. Rayski besaß einen viel zu stark auf das Wirkliche gerichteten Sinn, als daß er an den zarten, sagenhaften, ritterlichen Stoffen, die man in dem stillen Orte am Rhein bevorzugte, Gefallen finden konnte. Sein Aufenthalt mag daher auch kein allzu langer gewesen sein. Nähere Angaben fehlen leider.

Fünf Jahre war der Künstler nun schon der Heimat fern. Es war eine schöne Zeit gewesen, voll von Anregungen und mancherlei Einflüssen, die noch der inneren Verarbeitung harrten. Nun ging es wieder in die Heimat, Jahren ernster Betätigung entgegen.



[36]
IV.
Die Meisterjahre
(1840 – 1865).




Auf der Höhe (1840 – 1845).

Im Dezember 1839 kehrte Rayski nach Dresden zurück. Es beginnt jetzt die Zeit, in der er seine schönsten und reifsten Werke schuf. Das sind die Jahre von 1840 bis 1845.

Seine Wohnung in Dresden scheint der Künstler zunächst bei seiner Mutter (in der „Sonne“ hinter der Frauenkirche) gehabt zu haben; in den Adreßbüchern ist er bis 1843 nicht genannt, obgleich er nachweislich gerade in diesen Jahren viel in Dresden und dessen Umgebung arbeitete. Freilich blieb seine Tätigkeit vorderhand auf den Familien- und Freundeskreis beschränkt.

Das erste bedeutsame Werk, das er zu Beginn des genannten Zeitraumes lieferte, war das Brustbild des Freiherrn Erich von Schönberg auf Herzogswalde.[25] Es ist im Jahre 1840 gemalt. Der Freiherr, eine ideal veranlagte Natur, hatte seiner Sehnsucht, Länder und Völker kennen zu lernen, durch große Weltreisen genügt. Diese hatten nicht nur seinen Blick geschärft, sondern auch seine Energie gestählt. Beide Eigenschaften hat der Künstler in diesem Bilde lebenswahr zum Ausdrucke gebracht. Etwas Geniales spricht sich schon in der Kleidung des Porträtierten aus: der lange, fliegende Schlips und das malerisch um den Oberkörper gelegte Plaid passen ganz zu dem Manne, der sie trägt. Die Gestalt ist dem Beschauer zugekehrt, der schöne Kopf mit dem wallenden schwarzen Haar leicht nach links gewendet. Das Gesicht ist ein Meisterstück [37] psychologischer Beobachtung und Schilderung. Apart ist auch die Malweise: wie das Antlitz und das weiße Hemd, auf denen die Hauptlichter ruhen, sich von dem rotbraunen Untergrunde abheben, das erhöht die Gesamtwirkung wesentlich. In diesem Gemälde deutet sich damit zugleich die neue Richtung an, die unser Künstler in den nächsten Jahren einschlug, und durch die er uns heute als ein Bahnbrecher in der deutschen Malerei erscheint – jene Richtung, die mit der höchsten Kunst der Charakteristik einen eigenartigen Reiz der Farbengebung und -zusammenstellung verband.

Das früheste epochemachende Zeugnis dieser Bestrebung lieferte der Künstler in dem Bildnis seiner Schwester Minna Pompilia (geboren 9. Dezember 1809)[26]. Es ist das erste der drei Meisterwerke, die dem obengenannten Zeitraume entstammen, und durch die besonders Rayski sich den Anspruch auf künstlerische Anerkennung erworben hat.

Das Bild (in Hochoval) stellt die Dame lebensgroß, etwas über Kniestück, nach links gewendet, ungefähr im 30. Lebensjahre dar. Dies, wie auch die Tracht, weist auf das Jahr 1840 als Entstehungsjahr hin. Die jugendliche Gestalt sitzt auf einem weißlackierten, hellblau bezogenen Rokokolehnstuhl, bequem zurückgelehnt und den Beschauer mit liebenswürdigem Lächeln anblickend. Sie trägt ein weißes Mullkleid. Auf ihrem Schoße hält sie einen breitkrempigen weißen Strohhut mit blauen Bändern. Der Kopf ist etwas vorgeneigt, der linke Ellbogen ruht leicht auf der Armlehne des Sessels. Das Haar ist glatt gescheitelt, mit den damals beliebten hängenden Löckchen zu beiden Seiten der Stirn nach den Ohren zu. Hinter dem Stuhle und der Figur sieht man die Blätter einer Fächerpalme. Der Hintergrund ist grau. – Das Bildnis gilt mit Recht für eines der schönsten Gemälde, die Rayski überhaupt geschaffen hat. Die Ähnlichkeit soll außerordentlich sein. Die Gestalt ist anmutig, die Gesichtszüge, obgleich nicht wirklich schön, haben doch etwas Anziehendes: sie offenbaren eine nachdenkliche, hingebende Natur.

Wie schon aus der Schilderung hervorgeht, ist die Farbengebung vor allem auf zwei Töne gestimmt: auf weiß und blau. Sie charakterisieren trefflich das Duftige, Leichte und unterstützen dadurch [38] die Darstellung, wie sie auch mit dem grauen Hintergrunde wundervoll harmonieren. Es steckt ein außerlesener Geschmack in diesem Bilde, in dem wir den alten Rayski kaum wiedererkennen, sodaß wir uns fragen: Woher dies alles?

Etwa der gleichen Zeit, in der das Bildnis „Mimis“ entstand, gehört das große Porträt des Freiherrn Heinrich Adolph von Gablenz an[27]; es ist auch, wie jenes, in Dresden entstanden. Herr von Gablenz, Königl. sächs. Generalleutnant und seit 1830 Gouverneur von Dresden, starb 1843 im 79. Lebensjahre. Da das Gemälde sich bereits im Mai 1842 auf der zugunsten der Tiedgestiftung veranstalteten Ausstellung (unter Nr. 191) befand, muß es zwischen 1840 und Anfang 1842 gemalt sein – es schon früher anzusetzen, erscheint mir wegen der Reife der Ausführung unmöglich. Wahrscheinlich war es eines der beiden (nicht näher bezeichneten) „männlichen Portraits, Kniestücke“, die Rayski zur akademischen Kunstausstellung von 1841 nachträglich einlieferte (s. Katalog Nachtr. S. 6, Nr. LXIII f.). Das Kniestück zeigt den schon bejahrten Gouverneur in Uniform vor dunklem Hintergrunde, stehend, von vorn. Gesicht und Hände, auf deren Ausführung der Künstler die größte Sorgfalt verwendet hat, treten scharf belichtet heraus. Der Farbenauftrag ist pastos; besonders bei der breiten silbernen Schärpe und den Epauletten macht sich dies bemerkbar. Das Bild trägt keine Signatur – die Saumseligkeit des Künstlers, der wiederholt um deren Anbringung gebeten worden war, ist daran schuld –; doch wird es durch unanfechtbare Überlieferung Rayski zugeschrieben.

Das Porträt des Freiherrn von Gablenz ist bemerkenswert als das erste einer langen Reihe von Offiziersbildnissen, die alle in ähnlicher Darstellung und ähnlichem Farbenauftrage gehalten sind, nur daß das Impasto auf ihnen sich mehr und mehr zur Leidenschaft steigert, sodaß die Farben – insbesondere das Gold und Silber – fast flammend werden. Diese Bildnisse sind sämtlich virtuos gemalt, aber vielfach nicht gerade sehr persönlich. Man merkt es ihnen deutlich an, ob sie mit innerer Teilnahme oder nur auf Bestellung gefertigt sind.

Zu den Bildnissen, die uns innerlich wenig berühren, zählen wir das des Königl. sächs. Generalleutnants der Kavallerie August [B]

Freiherr von Gablenz.

[-] [39] Wilhelm Friedrich von Leyßer, eines Verwandten des Künstlers (geboren 1772, gestorben zu Dresden 21. Dezember 1842). Es entstand zweifellos zu Anfang der vierziger Jahre. Das Original war mir nicht zugänglich, aber eine Lithographie von Fr. Hanfstängl in Dresden[28] macht mit der Darstellung bekannt. Sie zeigt den Offizier in Halbfigur von vorn. Der Kopf ist etwas nach rechts geneigt. Das dicke Gesicht mit Schnurrbart hat wenig Anziehendes. Unter dem offenen Rocke sieht man mehrere Ordensbänder; Leyßer war Kommandeur des sächsischen Militär-St. Heinrichs- und des schwedischen Schwertordens sowie Offizier der französischen Ehrenlegion.

Trotzdem sich in Dresden für Rayski jetzt günstigere Verhältnisse anbahnten, hielt es ihn doch auf die Dauer nicht in der Heimat. Die Orte, an denen er seine ersten künstlerischen Triumphe gefeiert hatte, lockten ihn von neuem. So finden wir ihn schon im September 1842 wieder, wenn auch nur für kurze Zeit, in Frankfurt a. M. Seinen Gönner, den Reichsfreiherrn von Manteuffel, fand er dort nicht mehr vor; dieser war bereits 1840 nach Dresden zurückgekehrt und im Januar 1842 gestorben. Künstlerische Aufträge scheinen den Maler nach Frankfurt gerufen zu haben. Näheres ist allerdings nicht bekannt.

Eine Abhandlung aus dem Gebiete der Myologie (Muskellehre) ist am 15. September 1842 in der schönen Mainstadt abgeschlossen. Sie gibt Zeugnis von der unermüdlichen Sorgfalt, mit der Rayski, nun schon zum Meister herangereift, sich noch dem Studium des menschlichen Körpers widmete. Auf 22 engbeschriebenen Seiten werden Lage, Wesen und Bedeutung der Muskeln unter Hinzufügung der einzelnen Namen geschildert.

Zu diesem Schriftstück gehören wahrscheinlich die auf zehn großen Blättern enthaltenen Abbildungen der Muskeln (gezeichnet und ausgemalt) und vier Blätter mit drei verschiedenen Ansichten der Gesamtmuskulatur. Diese Darstellungen, zusammengenommen mit vierzig Blatt Bleistiftzeichnungen zur Knochenlehre, deren Entstehungszeit sich nicht mehr bestimmen läßt (vielleicht sind sie schon früher in Dresden gefertigt), bieten ein erschöpfendes Bild des menschlichen Knochen- und Muskelbaues. Der Zeichner benutzte als Grundlage zu seinen Studien die „Anatomischen Abbildungen des menschlichen [40] Körpers“ von Professor Koeck, die 1822 in München erschienen waren. Die Nachzeichnungen enthalten sorgfältige Ausmessungen, Benennungen der einzelnen Muskeln und Knochen usw. und sind peinlich genau und sauber ausgeführt. Sie befinden sich, ebenso wie das Manuskript und der Koecksche Atlas, in des Künstlers Nachlaß[29].

Ende 1842 finden wir Rayski wieder in Dresden. Hier wurde ihm ein höchst ehrenvoller Auftrag zu teil.

Am 8. Oktober 1842 hatte eine englische Gesandtschaft unter Führung des bevollmächtigten Ministers Grafen Wilton dem sächsischen Könige Friedrich August II. die Insignien des Hosenbandordens überbracht. Nach den bei Verleihung dieses Ordens gültigen Satzungen muß jeder neu aufgenommene Ritter sein Porträt im Ornate des Ordens einliefern. Die Ausführung dieses Bildnisses ward vom Könige Rayski übertragen. Sicher wird das Gemälde in England (Windsor?) noch zu finden sein. Es ist nach zuverlässiger Aussage das einzige Porträt, das der Maler in offiziellem Auftrage geschaffen hat.

In demselben Jahre erfuhr Rayski auch noch eine Ehrung anderer Art: sein Name wurde zum ersten Male in einem kunstgeschichtlichen Werke genannt. Der Münchner Forscher Dr.G.K.Nagler nahm ihn in sein großangelegtes „Allgemeines Künstlerlexikon“ (12. Bd. S. 343) auf. Allerdings bringt der Gelehrte nur eine kurze Notiz über Rayski und hebt nur dessen Genrebilder, noch nicht die Porträts hervor, aber es ist der erste Fall, daß überhaupt in der Öffentlichkeit auf den Dresdner Meister hingewiesen wird, und deshalb erscheint auch diese kurze Angabe erwähnenswert.

1843 folgte der Künstler einer Einladung des Schwagers seiner Cousine, des Wurzener Domherrn Christian Ludwig Haubold von Schroeter († 1886), und verlebte mehrere Wochen auf dessen Besitztum, dem malerisch gelegenen Schlosse Bieberstein bei Nossen i. S. Hier entstand in dem genannten Jahre jenes ausgezeichnete Bild, das allein schon dem Namen seines Urhebers dauernde Ehre sichern würde: das große Porträt des Domherrn von Schroeter[30]. Auf der [B]

Domherr von Schroeter (1843).

[-] [41] Berliner Jahrhundert-Ausstellung erregte dieses Gemälde erst vor kurzem ungeheueres Aufsehen. An vorzüglich gewählter Stelle aufgehangen, beherrschte es den imposantesten Saal der Nationalgalerie, den sogenannten „Ersten Corneliussaal“. Mehrfach ist es reproduziert worden, in den Katalogen der Ausstellung ebenso wie in Kunstzeitschriften, und einstimmig war man des Rühmens voll über die hervorragenden künstlerischen Qualitäten, die sich in diesem Bilde aussprechen. Ein Werk, das in unserer schnellebigen Zeit nach mehr denn 60 Jahren eine so uneingeschränkte Anerkennung findet, muß außerordentlich sein. Und in der Tat kann sich der aufmerksame Beschauer dem Eindrucke nicht entziehen, den der Künstler hier mit einfachen Mitteln hervorgebracht hat.

Schon die Figur ist bewunderungswürdig ausgeführt. Ein Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle, im knapp anliegenden Gewande, wie jene Zeit es liebte, mit leichter Pose sich auf die hohe Lehne eines Stuhles stützend – so steht der Domherr vor uns. Aber diese Eleganz hat nichts Gesuchtes, sondern erscheint hier ganz natürlich. Mit besonderer Feinheit sind das Gesicht und die zarten Hände gemalt; leicht und gefällig ist die ganze Haltung. Durch die Zurückdrängung alles Beiwerkes tritt die Gestalt ausdrucksvoll, beherrschend hervor, und das Interesse des Beschauers bleibt auf den Hauptteil des Bildes, das Antlitz des Dargestellten, konzentriert.

Was aber dieses Gemälde in erster Linie bemerkenswert, ja epochemachend erscheinen läßt, ist die Farbengebung. Wie auf dem Bildnis des Fräuleins von Rayski, so herrschen auch hier zwei Farbentöne vor. Wie dort durch helle Töne das Jugendliche, Anmutige herausgehoben wurde, so hier durch die dunklen das Würdevolle, Gewichtige. Das sammetartige Schwarz, in dem das Bild größtenteils gehalten ist, wird wunderbar belebt durch die zarte Fleischfarbe des Gesichtes und der Hände und durch ein paar violette Lichter auf dem Sammetüberzug des Lehnstuhles. Wir haben hier eine Farbenharmonie vor uns, die in der damaligen deutschen Kunst einzig dasteht.

In Rayskis Nachlaß befinden sich vier Skizzen[31] zu dem eben geschilderten Bildnis, die insofern interessant sind, als sie den Werdegang dieses ausgezeichneten Werkes erkennen lassen. Es sei daher [42] hier mit einigen Worten auf die Entwürfe hingewiesen. Drei derselben sind mit Bleistift ausgeführt. Sie lassen sich ihrer Entstehung nach ziemlich genau anordnen. Die erste bietet nur flüchtige Umrisse: man sieht die stehende Gestalt, die den rechten Arm auf die hohe Stuhllehne legt, während der linke am Körper herabhängt. Der zweite Entwurf ist schon ausgeführter; die Anlage, insbesondere auch das Gesicht, ist jetzt deutlich erkennbar. Vor dem Stuhle steht ganz links ein Tisch, der Hintergrund ist noch frei. Die dritte Skizze ähnelt der vorigen, nur der Tisch ist wieder entfernt. Im Hintergrunde sind die Tapete, eine Klingelschnur sowie ein Pilaster angedeutet; eine Säule – zu der auf der Rückseite besondere Studien gemacht sind – schließt rechts ab. Fast vollkommen dem ausgeführten Bilde entsprechend ist endlich eine kleine Ölskizze in zarten Farben. So können wir den schaffenden Künstler recht bequem in seiner Werkstatt belauschen.

Aus dem Jahre 1844 ist mir nur ein Bildnis von der Hand unseres Meisters bekannt geworden. Es ist das des Karl Friedrich August Dathe Freiherrn von Burgk (1791 – 1872)[32]. Der Freiherr ist in Kniestück, von vorn, in kleidsamer Bergmannsuniform dargestellt. Er trägt enganliegenden, frackähnlichen Rock und enge Beinkleider; links hängt ihm an einem Gurte der Säbel. Die linke Hand ist in die Seite gestemmt, die rechte stützt er auf einen Felsen, auf dem auch sein mit einem Federbusche geschmückter Hut liegt. Die Hand ruht auf einem Blatte mit der Aufschrift „Statuta Bur...“ Den Hintergrund bildet eine Felswand. Ganz oben links ist das Wappen. Die ganze Darstellung hat etwas Bombastisches an sich, doch ist die schlanke Gestalt mit dem gelockten Haupthaar und dem eleganten Exterieur trefflich in die Umgebung hineingepaßt. Eine Lithographie nach diesem Bilde wurde von H. F. Grünewald gefertigt. Sie befand sich schon 1845 auf der Dresdner Kunstausstellung[33].

Zu Anfang des Jahres 1845 hatte Rayski Gelegenheit, die Prinzipien, die er in dem großen Bildnis des Domherrn verfolgt hatte, von neuem zu erproben. Der Leipziger Konsul Heinrich Adolph Schletter beauftragte ihn mit der Herstellung seines Porträts. [43] Dieser Auftrag mußte dem Maler um so willkommener sein, als er in dem Auftraggeber einen für die Kunst begeisterten, feinsinnigen Mann vor sich hatte. Schletter war ein kenntnisreicher Sammler. Auf großen Reisen, namentlich aber in Paris, hatte er Kunstschätze der verschiedensten Art kennen gelernt und erworben. Er sammelte Erzeugnisse des Kunstgewerbes, vor allem aber Gemälde. Seine Galerie, die 1853 durch Vermächtnis teilweise in das Leipziger Museum gelangte, enthielt meist Arbeiten von Franzosen des (18. und) 19. Jahrhunderts, darunter auch mehrere Bilder von Horace Vernet, wie den „Sklavenmarkt“, einen „Araber mit seinem Pferde“ und eine „Büßende Magdalena“. Deutsche Maler waren in der Sammlung nur spärlich vertreten, und die vertreten waren, gehörten fast durchgängig der Düsseldorfer Schule an. Um so ehrenvoller war es für Rayski, daß gerade er mit der Ausführung des Porträts betraut wurde. Es ist nicht ausgeschlossen, daß Schletter, der die Hauptstücke seiner Galerie 1842 zur Tiedge-Ausstellung nach Dresden gesandt hatte, bei Gelegenheit dieser Ausstellung durch das Bildnis des Freiherrn von Gablenz auf Rayskis Talent aufmerksam geworden ist, wenn dies nicht vielleicht schon früher – etwa in Paris – geschehen war.

Der Auftrag des Leipziger Mäcens bot dem Meister Veranlassung, das dritte Hauptwerk seines Lebens zu schaffen. Denn als solches müssen wir das Bildnis H. A. Schletters[34] unbedingt bezeichnen.

Auf ihm erblicken wir den eleganten Herrn in ganzer Figur, lebensgroß, nach links, vor einer Zimmerwand stehend. Rock, helle Weste, hohe Halsbinde und eng anliegende Beinkleider bilden das kostümliche Beiwerk. Die Hände hält der Dargestellte vor dem Leibe übereinandergeschlagen, den linken Fuß hat er etwas vorgesetzt, das Antlitz wendet er dem Beschauer zu. Die Gestalt ist von links vorn beleuchtet, sodaß besonders das Gesicht, die Hände und die Weste sich klar von dem dunklen Hintergrunde abheben. Das knochige, von schmalen Backenbärtchen umrahmte Antlitz ist sehr lebendig gemalt. Im Hintergrund an der Zimmerwand hängt ein Ölgemälde. Rechts schließt ein Vorhang, links eine Säule (im Schatten) ab, an deren Fuß der Künstler seine Signatur angebracht hat.

Auch dieses Bild ist von einem ausgesuchten Geschmack in der Farbengebung. Wiederum wiegen die dunklen Nuancen vor. Der [44] Ton ist weich, seidig; die Verteilung der hellen und dunklen Partien zeugt von beachtenswerter Eigenart. Für letztere ist die Art der Darstellung ebenfalls ein Beweis. Die Gestalt ist geschlossen, mit starker persönlicher Note hingestellt; alles Nebenwerk ist in den Schatten gerückt.

Der Künstler hat sich bei dieser Darstellung an seinen zweiten Entwurf gehalten, der in einer Bleistiftskizze noch vorliegt. Sie zeigt, ebenso wie das Gemälde, den Kaufherrn frei stehend, in ganzer Figur, die Hände über dem Leibe verschränkend (oben ist eine Studie der verschränkten Hände, rechts eine solche des Kopfes allein). Auf dem ersten, andersartigen Entwurfe stemmt der Porträtierte die rechte Hand in die Seite, die linke aber legt er auf die Lehne eines Stuhles auf, der rechts vor einem Tische steht. Bei dieser Zeichnung ist auch in der linken Ecke noch ein Stück einer Staffelei mit einem Gemälde sichtbar, das der Dargestellte zu beschauen scheint. In beiden Entwürfen[35] hat also der Zeichner auf Schletters Vorliebe für Gemälde hingedeutet.

Das große Ölbild kam 1884 als Geschenk in das Leipziger Museum. Es ist verwunderlich, daß dieses Werk, welches die höchsten künstlerischen Qualitäten zeigt und nun fast ein Vierteljahrhundert in einer öffentlichen Sammlung (also allen zugänglich, wenn auch wenig günstig) hängt, nicht schon längst die Aufmerksamkeit der Kunstfreunde auf seinen Urheber gelenkt hat. Man mußte erst jetzt in Berlin, auf einem Umwege, erkennen, einen wie eigenartigen Künstler unser Sachsenland in Rayski besessen hat. Das ist ein bedauerliches Zeichen der Interesselosigkeit, mit der man bisher der sächsischen Kunst im allgemeinen gegenübergestanden hat und zum Teil leider noch steht. Möge die Zukunft das ändern!

In den Bildnissen seiner Schwester, des Domherrn von Schroeter und Schletters hat Rayski den Höhepunkt seines Schaffens, wenigstens auf dem Gebiete des Porträts, erreicht. Hier hat er in künstlerischer Freiheit Vorbilder verarbeitet, die er damals nur außerhalb Deutschlands finden konnte. Welche waren es?

Man hat auf Thomas Lawrence hingewiesen, und in der Tat scheint manches für ihn als Vorbild des deutschen Meisters zu sprechen. Zum Beispiel erinnert die Darstellung bei „Mimis“ [45] Bildnis allerdings lebhaft an die anmutigen Frauengestalten des Engländers, die Rayski etwa durch die damals beliebten Kupferstiche von Bartolozzi u. a. kennen gelernt haben könnte.

Aber der Vergleich des deutschen Malers mit dem englischen scheint mir doch nur hinsichtlich der Feinheit der Zeichnung angebracht zu sein; in der Farbengebung hat der Deutsche den Engländer übertroffen, dessen Kolorit allzu dünn und glatt ist. Noch weniger können die Nachfolger Lawrences im Fache des Porträts, ein Shee, ein Ward u. a. hier in Betracht kommen.

Sollte ein Engländer Rayskis Vorbild gewesen sein, so könnte ich eigentlich nur auf Francis Grant verweisen, jenen vorzüglichen Meister, der sich gerade damals zum beliebtesten Porträtisten der eleganten Welt Englands emporgeschwungen hatte. Mit ihm hat Rayski ebenso in der Darstellung seiner Figuren. – es wird später noch einmal darauf hinzudeuten sein – wie in dem vornehmen Geschmack der Ausführung tatsächlich viel Ähnlichkeit. Auf welche Weise freilich der Deutsche die genauere Kenntnis der Grantschen Gemälde gewonnen haben sollte, bleibt unerfindlich, da solche Gemälde auf dem Kontinente fast gar nicht anzutreffen sind.

Daher möchte ich lieber an ein französisches Vorbild denken als an ein englisches. Und ich glaube, es kommt da am ersten Paul Delaroche in Frage. Seine Porträts zeigen jene Feinheit der Pinselführung¹), die den Historienbildern desselben Künstlers bei ihren düsteren Vorwürfen gewöhnlich fehlt. Bildnisse von dem Modemaler Delaroche zu studieren, dazu hatte Rayski während seiner großen Reise genügende Gelegenheit. Aus ihnen konnte er auch die Wahrheit der psychologischen Charakteristik[36] erlernen, die gerade seine drei Hauptwerke so vorteilhaft auszeichnet.

Mit dem Einflusse, den Delaroche auf den jungen Künstler ausübte, verband sich der des Münchners Joseph Stieler, auf den schon oben aufmerksam gemacht wurde. Noch möchte ich kurz darauf hinweisen, daß seit Herbst 1838 der Fürsten- und Künstlermaler Adolf Ehrhardt in Dresden wirkte und daß Rayski spätestens jetzt die Bekanntschaft des Leutnants Ernst von Craushaar [46] machte, der unter dem Pseudonym „Ernestus“ seit 1840 flottgezeichnete Bildnisse hervorragender sächsischer (meist Dresdner) Persönlichkeiten lieferte, die in lithographischer Nachbildung verbreitet wurden. Rayski besaß mehrere solcher Lithographien nach Ehrhardt und Ernestus, von letzterem sogar eine Handzeichnung, was auf persönliche Beziehungen der beiden Porträtisten hinzudeuten scheint.

Diese verschiedenartigen, sich durchkreuzenden Einwirkungen gaben unserem Künstler einerseits die Anregung, andererseits die Vorbilder für seine Schöpfungen seit 1840. Und so kamen jene vorzüglichen Leistungen zustande, durch die Rayski sich seine eigenartige Stellung unter den sächsischen Malern errungen hat.

Den drei oben geschilderten Hauptwerken gegenüber mußten allerdings die anderen Arbeiten dieser wie der kommenden Jahre etwas zurücktreten, wenn auch unter den gleichzeitigen und nachfolgenden Werken sich vieles Gute, ja einiges Vortreffliche findet.

Zu den vortrefflichen Leistungen sind zwei Altersbildnisse des Königl. sächs. Geheimen Kriegsrates Carl Friedrich von Broizem zu zählen, die Rayski zu Beginn des fünften Jahrzehnts, spätestens aber Anfang 1846 geliefert haben muß[37]. Herr von Broizem starb am 12. April 1846 im 76. Lebensjahre zu Dresden. In diesen beiden Bildern entrichtete der Künstler seinem Oheim gleichsam den Zoll der Dankbarkeit und Verehrung. Auf dem größeren erblicken wir den alten Herrn im Pelz, mit dem Zylinder in der Hand, sitzend. Das Bild ist sehr dunkel gehalten, sodaß der äußerst fein ausgearbeitete Kopf das Ganze beherrscht.

Außer auf diesem Kniestück hat Rayski seinen Oheim und väterlichen Freund auch gleichzeitig auf einem Brustbilde dargestellt, das leider unvollendet geblieben ist. Der Kriegsrat ist hier ebenfalls im Pelz gemalt, er blickt nach links. Der Kopf ist mit liebevoller Sorgfalt ausgeführt. Die Skizze ist in den Farben heller, man möchte fast sagen freundlicher als das größere Bild.


Rayski als Jägermaler (1845 – 1854).

Seit den vierziger Jahren widmete sich Rayski mehr und mehr den Freuden der Jagd. Seitdem finden wir ihn bald hier, bald [47] dort besuchsweise auf sächsischen Rittergütern, insbesondere in der wildreichen Oberlausitz. Das edle Weidwerk brachte den Künstler nicht nur in innigere Beziehungen zur Natur, deren Geheimnisse er nun zu jeder Stunde des Tages und der Nacht belauschte; es vermittelte ihm auch manche wertvolle Bekanntschaft mit adeligen Familien, die allmählich zur aufrichtigen Freundschaft ward; denn Rayski war als vorzüglicher Gesellschafter ein überall und immer gern gesehener Gast.

Die Vorliebe für die Jagd gibt auch der nachfolgenden Periode vorherrschend ihr künstlerisches Gepräge. Der Maler beginnt jetzt auf seinen Bildern Landschaft und Porträt zu verbinden, indem er die Persönlichkeiten, vielfach im Jagdkostüm, in einen Naturausschnitt hineinsetzt. Damit sehen wir ihn auf demselben Pfade wandeln, den in England Francis Grant, in Deutschland während des vierten Jahrzehnts Becker eingeschlagen hatte, beides Künstler, die oben schon erwähnt worden sind. Namentlich Grant verstand es meisterhaft, die dargestellten Personen mit Attributen der Jagd (Pferden, Hunden, erlegtem Wilde u. a.) zu umgeben, so daß die Bildnisse zu Jagdszenen wurden, und er hat gerade in diesen Darstellungen sein Vorzüglichstes geleistet. Hat also Rayski sich einem 'englischen Vorbilde angeschlossen, so müßten wir wiederum zuerst an Francis Grant denken.

Eine der Jagdbekanntschaften, die Rayski damals machte, war die mit dem Rittergutsbesitzer Ludwig Hermann Gottlob von Wiedebach auf Wohla in der Oberlausiz. Wiedebach war früher Offizier gewesen, hatte aber dann die Bewirtschaftung seines Gutes übernommen und als leidenschaftlicher Jäger sich an Rayski angeschlossen. Obgleich 13 Jahre älter als dieser, war er ihm in herzlicher Freundschaft zugetan.

Einer Einladung dieses Mannes folgend, brachte der Künstler mehrere Monate des Jahres 1845 in Wohla zu. Die landschaftlichen Schönheiten jener Gegend reizten ihn sehr. Fein ausgeführte Bleistiftskizzen namentlich mit Partien aus dem Pulsnitzer Walde beweisen dies[38]. Aber auch die Persönlichkeit seines freundlichen Wirtes zog ihn an, und so entstand jenes schöne Porträt des Herrn von Wiedebach[39], das die Reihe der Rayskischen Jägerbilder in vielverheißender Weise eröffnete.

[48] Seine Ausführung ist am 18. Mai 1845 in Wohla begonnen und am 10. Dezember dess. J. in Dresden beendet worden. Herr von Wiedebach ist etwas über lebensgroß in ganzer Figur dargestellt. Ein kleidsamer Jagdanzug umschließt die stattliche Gestalt; Gewehr, Jagdtasche und Pulverflasche vervollständigen die Ausrüstung. Der Jäger schreitet aus dem Waldesdunkel heraus auf einen eben geschossenen Rehbock zu, der am Boden liegt. Das Bild ist außerordentlich lebenswahr, die Verbindung von Porträt, Landschaft und Tierstück ist mit großem Geschick durchgeführt. Ölstudien zu dem Gemälde, in kleinem Format, sowie Bleistiftskizzen mit Darstellungen des erlegten Tieres sind ebenfalls erhalten[40]

Auch eine Jagdbekanntschaft – freilich eine ganz anderer Art als die eben genannte – war die mit dem Jägerjungen Moritz Kratsch. Der Künstler, immer zum Humor geneigt, mag an dem dummpfiffigen Bauernjungen, dem die Führung der Hunde und zum Teil auch der Transport des erbeuteten Wildes oblag, sein besonderes Wohlgefallen gefunden haben. Verschiedene Entwürfe aus seinem Nachlasse[40] beweisen das. Eine Bleistiftstudie zeigt den Buben – ein Bild strotzender Gesundheit – auf freiem Felde stehend. Über der rechten Schulter trägt er einen Stock, von dem hinten ein Hase herabhängt, mit der linken Hand hält er einen dürstenden Hund an der Leine. Diese Skizze hat der Zeichner dann – etwas verändert und von der Gegenseite – in Öl ausgeführt. Auch auf Rayskis größeren Gemälden aus den folgenden Jahren spielt Moritz Kratsch eine Rolle, und öfters noch werden wir ihn zu nennen haben.

Wahrscheinlich 1848 verließ der Künstler, der seit 1844 als „Portraitmaler“ eine eigene Wohnung am „Altenmarkt“ inne hatte, Dresden für längere Zeit und begab sich zunächst, einer Aufforderung des Domherrn von Schroeter nachkommend, auf dessen Schloß Bieberstein. Zwei volle Jahre verlebte er dort, Jahre, die reich sind an künstlerischen Hervorbringungen, wenn auch sehr verschiedenen Wertes.

In Bieberstein fand Rayski anregende und liebe Unterhaltung. Seine Cousine, eine Tochter des Generals von Berge, die mit dem Kammerherrn Friedrich von Schroeter, dem Bruder des Schloßbesitzers, vermählt war, hielt sich dort mit ihren sechs Kindern zu Besuch auf. Namentlich der Verkehr mit den beiden jüngsten Knaben bereitete [49] dem stets froh gelaunten Künstler viel Freude. Nicht nur, daß er sie zu eigenen künstlerischen Versuchen anzuregen wußte, er nahm auch teil an ihren Spielen. So baute er ihnen ein Theater, an dessen Vorderseiten Goethe und Lortzing als Vertreter der ernsten und der heiteren Muse angemalt wurden, mit richtigen Kulissen und Hintergründen.

Derartige Spielereien hielten ihn jedoch von der ernsten Arbeit nicht ab. Beweis dafür ist ein Familienbild[41], auf dem er sämtliche Kinder seiner Base auf der Vortreppe des Schlosses darstellte. Verglichen mit den vorigen Werken Rayskis, bedeutet dieses Bild allerdings keinen Fortschritt. Koloristisch leidet es an einer gewissen Buntheit, die zerstreuend wirkt, und die Figuren erscheinen allzusehr „hingestellt“. Eine erfreuliche Ausnahme bilden nur die beiden kleinen Knaben, die auf den untersten Stufen der Treppe spielen; in diesen kindlichen Gestalten steckt wirkliches Temperament. Den Verhältnissen nach ist das Gruppenbild 1849 oder 1850 entstanden.

In derselben Zeit übernahm der Künstler freiwillig eine größere Aufgabe, die ihn monatelang vollauf beschäftigte.

Auf dem Grund und Boden des ehemaligen Schlosses Bieberstein war zu Anfang des 18. Jahrhunderts ein kleines Wohngebäude errichtet worden, dem man ganz im Geschmacke jener Zeit den Namen „Eremitorium“ gegeben hatte. Der Domherr hatte dieses nur drei Räume umfassende Haus in den Jahren 1846 – 1848 vorrichten lassen, und es entstand nun die Frage, wie die Wände des größten, mittlen Zimmers am besten auszuschmücken wären. Da erbot sich Rayski, die freien Flächen durch Gemälde auszufüllen. Es war ein für ihn ungewöhnliches Unternehmen, lediglich für den Raumschmuck zu arbeiten. Dennoch löste er sein Versprechen vortrefflich. Er lieferte fünf Darstellungen aus dem Natur- und Jägerleben. Sie sind auf Leinwand gemalt und in die drei freien Wände des Gemaches eingefügt.

Das erste Bild ist ein humorvolles Jagdstück: ein Kesseltreiben. Auf weiter Schneefläche, die im Hintergrunde durch Wald abgeschlossen wird, sind die Jäger und Treiber verteilt. Vorn, dem Beschauer zugewendet, steht ein Nimrod, der eben zum zweiten Male [50] einen Hasen fehlt. Der Jägerjunge hinter ihm vermag den aufspringenden Hund kaum zu halten. Weiterhin trägt ein dicker Mann mit einem hohen, altmodischen Hute einen erbeuteten Hasen davon. In den einzelnen Gestalten hat der Maler mit behaglicher Laune ihm bekannte Persönlichkeiten nachgebildet: so erkennen wir in dem Jäger (an dessen Stellung) unschwer den Oberst von Berge, als Hundejunge fungiert Moritz Kratsch, und der dicke Mann ist – der Nachtwächter von Bieberstein.

Diesem Genrebilde schließen sich zwei landschaftliche Darstellungen an. Eine derselben zeigt, das Bieberstein benachbarte Schloß Reinsberg in Abendbeleuchtung, vorn zwei Rehe. Auf der anderen ist Schloß Bieberstein selbst zu sehen, wie es beim ersten Morgenstrahle friedlich daliegt. Auf einer Waldstraße im Vordergrunde fährt ein Zweispänner nach dem Schlosse zu; Domherr und Kammerherr von Schroeter sind dabei als Insassen des Wagens naturgetreu wiedergegeben. Die beiden Landschaften sind – neben einer später zu erwähnenden großen Studie – die einzigen bekannt gewordenen Ölbilder Rayskis, die Naturausschnitte für sich, nicht nur als füllenden Hintergrund darstellen. Darum ermöglichen auch sie allein ein Urteil über des Künstlers Begabung für die Landschaftsmalerei. Es ist oben hervorgehoben worden, daß der Maler seine ersten künstlerischen Anregungen einem tüchtigen Landschafter verdankte. Und doch kann unser Urteil über seine Leistungen auf diesem Gebiete nicht durchaus zustimmend sein. Rein technisch betrachtet, sind sie freilich sehr gut; sie sind in kräftigen Tönen gehalten und versetzen den Beschauer namentlich durch die schöne Verteilung der Schatten- und Lichtmassen in die beabsichtigte Stimmung. Aber die malerische Perspektive ist mißlungen, und die bezweckte dekorative Wirkung bleibt aus.

Die letzten beiden Gemälde in dem Gemache sollen gleichsam die Gedanken des Beschauers hinüberleiten in das dritte, kleinere Zimmer, das eine wertvolle Sammlung orientalischer Kuriositäten enthält. Diese wurde von dem (schon oben erwähnten) Freiherrn Erich von Schönberg auf Herzogswalde zusammengebracht, der nach dem Wunsche des Domherrn von Schroeter auf seinen Reisen mannigfaltige interessante Gegenstände für diesen erwarb. Daß er bei seinen weitausgedehnten Streifzügen auch mancherlei Abenteuer zu bestehen hatte, dafür bietet das vierte Gemälde ein Beispiel. Wir erblicken [51] hier den Reisenden und seine Begleiter in einer sehr gefährlichen Lage. Seine Hunde haben eine Horde junger Löwen in einer Höhle aufgespürt, die alten Tiere sind aber hinzugekommen. Während nun die Löwin in gewaltigem Satze auf die flüchtenden Hunde losspringt, wendet sich der Löwe mit majestätischem Zorne gegen die Reiter. Diesen höchst spannenden Vorgang hat Rayski wirkungsvoll, dramatisch belebt dargestellt. Auf dem letzten Bilde erscheint der Freiherr allein auf feurigem arabischen Hengste in einer tropischen Waldung. Eigenartig ist hier die scharfe Belichtung von links, die dem Bilde einen besonderen Reiz gibt.

Während der Ausführung dieser Gemälde vollzog sich in dem Künstler selbst eine merkwürdige Wandlung. Sie offenbart sich in der verschiedenartigen Farbengebung der fünf Bilder. Die drei erstgenannten zeigen kräftige Nuancen. Die beiden orientalischen Darstellungen dagegen, insbesondere die letzte, sind in einem vorwiegend braunen Tone gehalten. Das ist natürlich nicht unbeabsichtigt. Rayski hat hier zum ersten Male versucht, die Wirkung des Sonnenlichtes, und namentlich des intensiven tropischen, auf die Farben der Gegenstände zum Ausdruck zu bringen. So wurde er ein Vorläufer des Impressionismus, ein Herold jener malerischen Effekte, die damals in Deutschland noch völlig unbekannt waren und erst allmählich von Frankreich her bei uns eingeführt wurden.

Die gleichen Bestrebungen zeigt ein ganz vorzügliches Staffeleibild, das bisher völlig unbeachtet geblieben ist[42]. Ich möchte es ebenfalls der Zeit um 1850 zuweisen. Es stellt zwei Reiter dar, die während eines heraufziehenden Gewitters in rasendem Galopp über eine weite, von niederen Hügeln begrenzte Sand- oder Heidefläche dahinsprengen. Die Gewitterstimmung am wolkenschweren Himmel ebenso wie das Vordrängen der geängsteten Tiere ist mit wunderbarer Feinheit wiedergegeben. Vor allem aber ist der grelle Lichtschein, den ein links außerhalb des dargestellten Raumes niederzuckender Blitz hervorzurufen scheint, von bedeutender Wirkung.

Ich füge gleich hier ein nicht fertig ausgeführtes, aber treffliches Jägerbild[43] an, dessen Entstehungszeit sich nicht genau bestimmen [52] läßt – wahrscheinlich gehört es erst in die sechziger Jahre. Der Darstellung nach (über Lebensgröße, ganze Figur von vorn) erinnert es lebhaft an das oben geschilderte Bildnis des Herrn von Wiedebach. Ein unbekannter Herr in pelzgefütterter Joppe, mit hohen Jagdstiefeln und Pelzmütze, tritt aus einem dunklen Walde. Im linken Arm ruht sein Gewehr, der rechte Arm hängt lose am Körper herab. Zu Füßen des Jägers liegt ein geschossener Hirsch. Der stattliche Mann wendet das Gesicht etwas nach links und blickt mit lebhaften Augen den Beschauer an. Das Bild ist in stärkstem Impasto gemalt, z. B. die Knöpfe an der Joppe sind geradezu plastisch aufgetragen. Der Farbenton ist das gleiche Braun wie auf den vorigen Bildern. Obwohl nur Skizze, ist dieses Jägerporträt doch eine vorzügliche Leistung, die mehr beachtet zu werden verdiente.

Im Hause des Domherrn kam der Künstler jetzt auch wieder in nähere Beziehungen zu der weitverbreiteten Familie von Schönberg, deren Glieder in der Umgebung Biebersteins (auf Oberreinsberg, Herzogswalde und Rothschönberg) ansässig waren. Dieser Verkehr wurde die Veranlassung zur Entstehung eines ausgezeichneten Porträts. Der junge Freiherr Oswald von Schönberg lud nämlich im Jahre 1850 Rayski nach Schloß Oberreinsberg ein, damit dieser, wie früher das Bildnis des Freiherrn, so jetzt das seiner jugendlichen Gemahlin fertige. Die Aufgabe, Porträts bewußt als Gegenstücke zu arbeiten, trat hier zum ersten Male wieder an den Künstler heran. Doch hat er sie in glücklichster Weise gelöst. Die Bilder[44] sind Kniestücke von gleicher Größe; die Gatten sind einander zugewendet.

In dem Bildnis der Freifrau Ida von Schönberg hat der Maler wiederum ein wahres Kabinettstück seiner Kunst geliefert. Die junge, anmutige Frau steht nach links vor einem marmornen Spiegeltischchen, auf das sie ihre rechte Hand leicht auflegt. Mit Virtuosität ist das ausgeschnittene schwarzseidene Kleid, namentlich der faltenreiche weite Rock gemalt. Wie Gesicht, Busen und die feinen Hände sich aus dem dunklen Untergrunde herausheben, wie die gedämpften Lichter auf dem Marmortische spiegeln, die zierliche Haltung z. B. der linken Hand mit dem Blütenzweige – das alles ist wiederum ein Zeugnis ausgesuchten Geschmackes. Das Bild muß [B]

Kammerherr Oswald von Schönberg (1850).

[-] [53] zweifellos unter die erstklassigen Schöpfungen unseres Künstlers gezählt werden.

Nicht geringeren Geschmack verrät das Gegenstück. Herr von Schönberg ist von der Jagd zurückkehrend gedacht. Die schlanke, elegante Gestalt steht hochaufgerichtet, den Kopf ein wenig nach rechts wendend. Im linken Arm hält der Freiherr das Gewehr, in der rechten Hand die Jagdmütze. An der Jagdtasche hängen mehrere erbeutete Rebhühner. Die Haltung der Figur ist ungezwungen, leicht. Mit wunderbarer Feinheit sind der schöne Kopf und die fast weiblich zarten Hände herausgearbeitet. Wie das Licht in einzelnen Strahlen auf den Beschlägen des Gewehres, an den Rändern der Pulverflasche und auf dem nur wenig sichtbaren weißen Vorhemd auftrifft, das ist mit unvergleichlicher Schneidigkeit wiedergegeben. Und nun die Rebhühner! Wie fein beobachtet ist die Haltung der toten Tiere, die bunte Färbung des Gefieders! Alles in allem ein glänzendes Gegenstück zum vorigen Bilde.

Diese beiden Porträts bilden für sich einen Höhepunkt in Rayskis Schaffen und schließen sich in ihrer scharfen Beobachtung, ihrer psychologischen Feinheit und geschmackvollen Farbengebung würdig an die drei obengeschilderten Hauptwerke an.

Aus den folgenden Jahren bis 1854 lagen mir leider gar keine Nachrichten über des Künstlers Leben und Wirken vor. Nur ein Skizzenbuch ist erhalten[45], das 1853 begonnen und 1857 abgeschlossen ist. Es enthält allerlei: Tierstudien, Zirkusszenen, Porträtentwürfe, vor allem aber Landschaftliches. Hier ist besonders der Baumschlag geübt – ein Beweis, daß der Meister sich auch auf dem Gebiete der Landschaftsmalerei noch immer zu vervollkommnen suchte.

Gegen Ende des Zeitabschnittes entstand ein Jägerbild, das seinerzeit berechtigtes Aufsehen erregte. Es war das Bildnis des Rittergutsbesitzers Friedrich von Boxberg auf Zschorna bei Radeburg[46]. Boxberg war ein Vetter des Malers, bei dem letzterer sich also damals aufgehalten zu haben scheint. Die Szenerie ist ein großer Teich, wie jene Gegend deren mehrere aufzuweisen hat. In einem Kahne, durch das hohe Schilf fast verdeckt, steht der Gutsherr in [54] Jagdausrüstung auf dem Anstand. Landschaft und Porträt sind hier wiederum aufs glücklichste verbunden. Eine helle, freundliche Farbengebung erhöht die Wirkung. Dieses Ölgemälde war eines der beiden „Männlichen Portraits“, die Rayski nachträglich zur Kunstausstellung von 1854 einlieferte. Es machte, wie Professor A. Diethe in Dresden bezeugt, „seiner lebendigen Auffassung und Charakteristik wegen einen tiefen Eindruck“, namentlich auf die Studierenden der Kunstakademie. Mancher von ihnen mag aus diesem Bilde Bleibendes für sein späteres Leben gelernt haben.

Noch sei hier eines ähnlichen Jägerbildnisses gedacht, das mir Professor Ludwig Friedrich in Dresden beschrieb, das ich aber nicht ausfindig machen konnte. Es stellte einen vornehmen Herrn dar, „welcher in ganzer Figur, im Sammetrock grün oder braun (?), mit der Büchse in der Hand, die Jagdtasche mit zwei Enten umgehängt, einen Hühnerhund ihm folgend, in einen Kahn hinter hohem blühenden Schilf einstieg, um wahrscheinlich nach seinem Schlosse überzusetzen“ (L. Friedrich). Ich wage nicht zu entscheiden, ob dieses ein selbständiges Gemälde war oder mit dem ebengenannten identisch ist. Der Berichterstatter lobt noch insbesondere die „lebensfrische Gestalt des alten Herrn Jägers“.

Herr Professor Friedrich lernte den Künstler damals auch persönlich kennen und gibt folgende humorvolle Schilderung von dessen Aussehen: „Ich sehe ihn noch geistig vor meinen Augen, mit seinem struppigen Schnurrbart und dem Zigarrenspitz, dem ein wenig schiefen Zylinder (ohne den nie!). Eine Haardolle quoll unter dem Hute vor dem Ohre hervor. Mit Vatermördern und schön gebundener Schleife, im doppelknöpfigen, geschlossenen Überrock, dunklen Hosen, einen Handschuh zusammengeballt, den anderen angezogen, auf einen festen spanischen Rohrstock sich stützend – so begegnete er mir manchmal in der Schössergasse, wenn er von Neumanns Wirtschaft kam oder dahin ging. Eine gedrungene, bewußte Figur, ähnlich wie der berühmte, durch die Spicherer Höhen bekannte alte General v. Steinmetz.“


Neue Wanderjahre (1854 – 1858).

Obgleich Rayski sich in Dresden 1854 eine neue Wohnung (auf Stallstraße) gemietet hatte, finden wir ihn im nächsten [55] Jahrfünft selten daheim. Längere Besuche bei Freunden, auch künstlerische Aufträge führten ihn bald hierhin, bald dorthin.

So weilte er 1854 vorübergehend in Freiberg, um dort ein Offiziersporträt zu malen. Es war das des Wolf Saladin von Schönberg, Rittmeisters beim ersten Reiterregiment (geboren 1819), der schon 1856 in den besten Mannesjahren starb. Das Bild[47] ist Kniestück. Es zeigt den Rittmeister in Uniform. Im Hintergrunde ist der Freiberger Dom angedeutet.

In das Jahr 1855 scheint der Beginn einer Freundschaft zu fallen, die für Rayskis späteres Leben von außerordentlicher Bedeutung werden sollte: der Freundschaft mit dem Reichsgrafen Curt Heinrich Ernst von Einsiedel, Königl. Sächs. Kammerherrn und Obermundschenk, auf Reibersdorf und Milkel in der Oberlausitz[48]. Der Graf, 1811 zu Paris geboren, hatte sich 1836 mit einer Holsteinerin, der Baronesse Natalie von Blome, vermählt, und dieser Ehe war im Juli 1844 ein Sohn, Hans Haubold, entsprossen, der leider von Anfang an den Keim der Krankheit in sich trug. In diesem gastlichen Kreise verkehrte der Künstler von jetzt an häufig. Alljährlich brachte er mehrere Monate auf den Gütern des Grafen zu[49], und [56] in Reibersdorf und Milkel entstanden einige seiner schönsten Werke, die noch heute an den Entstehungsorten sich befinden.

In Rayskis Nachlaß sind vier Skizzen erhalten[50], die den Grafen Curt von Einsiedel darstellen: drei in Bleistift, eine in Öl. Der erste Bleistiftentwurf zeigt den Grafen in Uniform, Kniestück, stehend. Er hält den Hut in der rechten Hand, die er auf einen Tisch stützt. Der linke Arm hängt am Körper herab. Der zweite Entwurf – nur einzelne Umrisse – enthält insofern eine wesentliche Änderung, als das Kniestück zur ganzen Figur erweitert ist. Auf dem dritten ist der Kopf allein gezeichnet, groß, nach rechts gewendet. Die Ölstudie schließt sich an den ersten Entwurf an. Eine größere Ausführung dieser Skizzen ist wahrscheinlich vorhanden, aber mir nicht bekannt. Auch die Entstehungszeit der Entwürfe vermag ich nicht zu bestimmen.

Im Jahre 1855 malte Rayski den Grafen Alex von Einsiedel, einen Verwandten seines Freundes. Das Porträt[51] ist Halbfigur vor hellem Hintergrunde. Fein (wie wir es von den früheren Arbeiten des Meisters her gewöhnt sind) in den Farbenkontrasten und charakteristisch im Ausdruck ist dieses Bild sicher, aber es berührt den Beschauer nicht sonderlich.

Ganz anders ist der Eindruck, den das reizende Knabenbildnis des Haubold von Einsiedel[51], das im selben Jahre 1855 entstand, auf uns macht. Frisches Leben pulsiert in diesem Knaben, wie er da fast herausfordernd vor uns sitzt, das Haar zerzaust, mit schalkhaftem Lächeln um den Mund. Und bei aller kindlichen Fröhlichkeit [57] liegt doch etwas Schwermütiges in den Augen des Elfjährigen, etwas wie die Ahnung eines frühen Leides. An Feinheit der Seelenschilderung läßt dieses Gemälde viele andere des Meisters hinter sich zurück. Wir verstehen es daher, daß man gerade dieses Bild zur Erwerbung für die Nationalgalerie in Berlin ausgewählt (ein Hauptwerk war nicht zu erhalten) und einen bedeutenden Preis dafür bezahlt hat.

Der gleichen Zeit ist ein anderes Bildnis desselben Knaben zuzuweisen, das bisher noch unbekannt ist[52]. Hier hat Rayski seinen Liebling in Profil gemalt. Der feingebildete Mund, das schwermütige Auge, das lichtbraune Haar, das über das Ohr gestrichen ist und wellig in den Nacken fällt – alles das ist hier vorzüglich ausgearbeitet, sodaß dieses Brustbild der oben beschriebenen Halbfigur kaum nachsteht.

Den Winter 1855 zu 1856 verlebte Rayski, einer Einladung seines Vetters Ottomar Robert von Boxberg folgend, in dessen Hause zu Leipzig. Herr von Boxberg, damals 44 Jahre alt, war Major und Bataillonskommandeur. Er wünschte jetzt von dem Künstler gemalt zu sein. So entstand jenes lebensgroße Kniestück des Majors von Boxberg[53], eines der besten Offiziersbildnisse, die Rayski geliefert hat. Wir erblicken hier den Major stehend, in der damaligen Uniform der Jäger. Mit der linken Hand stützt er sich auf den Säbel, in der rechten hält er den Tschako. Das Bild ist nicht in seiner ursprünglichen Ausführung erhalten. Anfang der sechziger Jahre nahm der Maler selbst bedeutende Änderungen an dem Gemälde vor. Der Hintergrund – ursprünglich eine Wand in gelber Leimfarbe – wurde in einen entfernten, grünenden Wald umgewandelt; die Stellung des Säbels wurde verbessert, und auf der Brust des Porträtierten prangten von jetzt an zwei Orden, die er 1855 noch nicht besessen hatte. Dieses Bildnis gibt uns ein Zeugnis dafür, daß der Künstler nie sich fertig wähnte, sondern immerfort, wo er konnte, noch besserte und vervollkommnete. Rayski blieb bei aller Meisterschaft ein bescheidener Künstler.

[58] Aber er war auch ein fleißiger Künstler. Den Beweis dafür liefern uns wiederum gerade diese Wintermonate 1855/56. Sein Skizzenbuch aus dieser Zeit ist erhalten[54]. Des Abends am Teetische zeichnete er während der Unterhaltung hinein, was er beobachtete, oder was ihm einfiel: Porträts von Verwandten der Familie, aber auch Jagd- und Tierstücke. Unter letzteren tritt uns ein Entwurf entgegen, den wir auch an anderer Stelle verzeichnet finden: eine Hündin, von einer Katze gestellt (s. S. 28 Anm.).

1856 verlegte der Künstler seine Wohnung in Dresden. Er zog wieder – wie schon früher – in ein Haus am Altmarkt, wahrscheinlich weil ihn der freie Blick auf den belebten Markt reizte. Hier konnte er viele interessante Studien machen.

Indessen, nicht lange hielt es ihn daheim. Schon Anfang des Jahres 1857 sehen wir ihn wieder auf Reisen. Er war damals in Prag und in Marienbad, wo sein älterer Bruder Heinrich Leo seit 1854 die militärische Kurinspektion verwaltete. Zwei Zeichnungen, die das 1853 begonnene Skizzenbuch[55] abschließen, sind datiert „Prag, am 13. März 1857“. Ob sie freilich von Rayski selbst herrühren, erscheint mir zweifelhaft[56].

Eine Erinnerung an diesen Besuch des Künstlers in Böhmen ist das Porträt seines Bruders Leo[57]. Es stellt den Major, Halbfigur, in seiner österreichischen Uniform dar. Der Offizier hat etwas Martialisches an sich, wie er streng, militärisch nach links blickt. Das Bild ist charakteristisch, aber sonst in keiner Beziehung besonders hervorragend.

Über Rayskis Unternehmungen im Jahre 1858 ist mir Näheres nicht bekannt geworden.


Rayski als Jagdmaler (1854 – 1860).

Bei der Schilderung der von Rayski gelieferten Jägerbildnisse ist schon darauf hingewiesen worden, daß der Künstler auf einigen dieser Gemälde eine Verbindung von Porträt, Landschaft und Tierstück [59] herzustellen suchte. Die Bildnisse des Herrn von Wiedebach und des Herrn von Boxberg-Zschorna sind Zeugnisse dieser Bestrebung.

Was der Maler dort beim Einzelporträt mit Erfolg ausgeführt hatte, übertrug er jetzt auf größere Gruppen. Er stellte mehrere solcher Einzelporträts in einer gemeinsamen Landschaft zusammen, und so entstanden ganze Jagdszenen. Daß diesen ein bestimmter Vorgang zugrunde lag, ist natürlich. Doch dieser Vorgang gibt dem Ganzen nur die äußere Folie; in Wahrheit sind auch die Jagdbilder – Jägerbilder[58].

Damit war aber zugleich eine Gefahr verbunden. Da es dem Künstler darauf ankommen mußte, auch in der Gruppe die Einzelperson – deren Äußeres er durch Skizzen festgehalten hatte – zur Geltung zu bringen, so konnte es leicht geschehen, daß das Interesse des Beschauers zersplittert wurde oder daß manche Gestalt allzu „hingestellt“ erschien. Rayski ist, wie wir sehen werden, dieser Gefahr nicht ganz entgangen.

Drei solcher Jagdbilder von seiner Hand sind vorhanden.

Das bedeutendste darunter ist das „Jagdfrühstück im Wermsdorfer (oder Hubertusburger) Walde“, im Jahre 1859 (1854?) vollendet[59]. Durch eine von Hanfstängl in Dresden gefertigte Photographie ist dieses Bild auch weiteren Kreisen bekannt geworden. – In der Hofjagd ist eben eine Pause eingetreten. Diener bereiten das Frühstück vor. Rechts im Vordergrunde, nach der Mitte zu, steht König Friedrich August II. mit einigen Begleitern, darunter den Prinzen, vor einer Reihe erlegter Rehe. Nach links und dem Hintergrunde zu schließt sich die Jagdgesellschaft an. Die Herren stehen in Gruppen beieinander. Die Schwierigkeit der Aufgabe, die der Künstler sich hier gestellt hat, kann man ermessen, wenn man bedenkt, daß mehr als 50 Personen, sämtlich porträtähnlich, dargestellt und daß die Figuren doch nur klein sind. Besonderes Interesse gewinnt das Gemälde dadurch, daß der Maler sich selbst [60] mit darauf porträtiert hat. Ganz links, zwischen den aufgestellten Flinten steht er, das Gesicht dem Beschauer zuwendend. Den Hut hat er tief ins Gesicht gezogen.

Die Landschaft auf diesem Bilde ist der herbstliche Wermsdorfer Wald. Die Bäume stehen kahl. Die weißen Stämme der Birken treten deutlich hervor. Zu dieser Landschaft entwarf der Künstler eine große, ziemlich ausgeführte Skizze[60]. Auf einer Waldwiese stehen entlaubte Bäume, meist Birken. Durch die Stämme hindurch erblickt man im Hintergrunde rechts den Kolmberg bei Oschatz. Sogar das Gebäude oben ist zu erkennen. In der Farbengebung ist die Skizze sehr hell gehalten. Sie beweist, welche Sorgfalt der Maler auch auf das landschaftliche Beiwerk verwendet hat.

Trotz der Fülle der dargestellten Personen hat doch das Jagdbild etwas Geschlossenes. Die Gestalten des Königs und der beiden Prinzen ziehen unsere Aufmerksamkeit vornehmlich auf sich, sodaß eine Konzentration des Interesses eintritt. Es ist nicht bekannt, ob Rayski das Gemälde in offiziellem Auftrage (etwa für König Johann) gefertigt hat oder ob es erst später in königlichen Besitz übergegangen ist; ebensowenig wissen wir, ob der Künstler wirklich bei der Hofjagd beteiligt gewesen ist. Wahrscheinlich ist es.

Weniger erfreulich, als dieses „Jagdfrühstück“, ist ein zweites Jagdbild des Meisters, das an eine vom Herrn von Reitzenstein auf Hohburger Revier veranstaltete Hasenjagd erinnert. Wir könnten es „Jagdpause“ nennen. Wo das Gemälde sich jetzt befindet, ist mir unbekannt. Eine große Lithographie von Carl Bohlan[61] ist nach dem Original gefertigt. Auf freiem Felde, das im Hintergrunde von dem Hohburger Walde abgeschlossen wird, stehen 20 Herren teils einzeln, teils in Gruppen nebeneinander. In der Mitte des Vordergrundes erblicken wir den Jägerjungen (Moritz Kratsch), an dem ein großer Jagdhund in die Höhe strebt. Vorn links liegen einige erbeutete Hasen. Auf diesem Bilde können wir den eingangs gerügten Fehler deutlich bemerken. Die einzelnen Personen stehen da – wir wissen nicht recht: warum. Es fehlt an jeglicher Konzentration, an einem gemeinsamen Gedanken oder Interessenpunkte, [61] der die ganze Jagdgesellschaft zusammenhielte. Die Mittelgruppe kann schon deshalb nicht als solcher angesehen werden, weil einige Herren dieser Gruppe den Rücken zukehren.

Frau von Rayski.


Die Konzentration fehlt auch dem dritten Bilde, der „Jagdgesellschaft“[62]. Doch versöhnt uns hier die Feinheit der Ausführung im einzelnen und die wohlgelungene Landschaft. Auf einer Waldstraße, die durch junge Anpflanzung führt, stehen zehn Herren in drei Gruppen verteilt, sich unterhaltend oder rauchend. Der Künstler hat die einzelnen Personen außerordentlich überzeugend charakterisiert [62] und teilweise versucht, etwas Handlung hineinzubringen. Einige der Gestalten sind mit feinem Humor wiedergegeben. Das Bild gehört der gleichen Zeit an, in der das Wermsdorfer entstanden ist, nämlich dem Jahre 1854 (nach Angabe des Besitzers).

Eines dieser Gemälde lieferte der Maler im August oder September 1860 nachträglich zur Dresdner Kunstausstellung ein. Der Katalog (unter Nr. 750) bezeichnet es nicht genauer, sondern benennt es kurz „Jagd“.

Unser Urteil über die Jagdbilder Rayskis können wir kurz dahin zusammenfassen, daß der Jägermaler hier weit über dem Jagdmaler steht. Denn dem Künstler kam es immer mehr darauf an, die Einzelpersönlichkeit in ihrer Eigenart zu erfassen, und darunter mußte die Gruppe leiden.

Es sei gestattet, gleich an dieser Stelle zwei Rayski betreffende Vorgänge aus den Jahren 1859 und 1860 anzuschließen.

Mitte November 1859 starb Frau von Rayski in dem hohen Alter von 83 Jahren. Sie hatte es noch erleben dürfen, daß sie ihren Sohn, den sie für den Offiziersberuf hatte verloren geben müssen, als gefeierten Künstler sah.

Ein Zeugnis seiner Künstlerschaft galt ihr allein: er hatte – wohl in den vierziger Jahren – ihr Bild[63] gemalt. Es ist Halbfigur in Hochoval. Die alte Dame im blauen seidenen Kleide ist nach rechts gewendet. Um die Schultern hat sie eine Mantille gelegt, das noch volle Haar bedeckt ein Häubchen. Freundlich blickt die Greisin den Beschauer an. Sehr gut ist die Gestalt aus dem dunkelen Hintergrunde herausgearbeitet. Die Farbenzusammenstellung ist wirksam und geschmackvoll.

Auch dieses Bildnis bestätigt das Urteil, das der (schon oben erwähnte) Münchener Kunstgelehrte Dr. G. K. Nagler im Jahre 1860 über Rayski abgab. Er schreibt in den „Monogrammisten“ (2. Bd., S. 882, Nr. 2471), Rayski gehöre „zu den talentvollsten sächsischen Künstlern seines Faches“, nämlich der Porträt-, Tier- und Schlachtenmalerei, und fügt hinzu: „Seine Bilder sind breit und kühn gemalt und hauptsächlich in gewisser Entfernung von großer Wirkung“. Dieses treffende Urteil ist noch 1882 von A. Seubert (im „Allgemeinen Künstler-Lexikon“ III, 122) nachgeschrieben worden.

[63]
Rayski als Tiermaler (1860 – 1865)[64].

Der wiederholte Aufenthalt Rayskis auf den großen Rittergütern mit ihren reichen Viehbeständen, ebenso seine Streifzüge draußen im grünen Walde führten den Künstler dazu, auch die Tiere in ihrem Leben und ihrer Sonderheit zu belauschen. Seine scharf ausgeprägte Beobachtungsgabe unterstützte ihn dabei aufs trefflichste. Das Pferd im Stalle oder auf der Wiese und die Gans am Dorfteich ward ihm jetzt ebenso interessant wie der Vogel auf dem Zweige und das Reh im Walde. So kann es uns nicht wundernehmen, daß Rayski auch als Tiermaler Tüchtiges leistete.

Schon auf einigen der früher geschilderten Gemälde konnten wir dies beobachten. Pferde hatte er bereits auf Bildern aus der Jugendzeit dargestellt, jagdbare Tiere auch auf Jägerbildern des fünften und sechsten Jahrzehnts. Ich erinnere nur an den getöteten Rehbock auf dem Bildnis des Herrn von Wiedebach, an die Rebhühner auf dem des Herrn O. von Schönberg und an die Rehe auf der Ansicht des Schlosses Reinsberg.

Indessen, auf allen diesen Bildern waren die Tiere nur Beigabe, zum Teil Staffage. Von besonderen Darstellungen einzelner Tiere sind aus Rayskis früherer Schaffenszeit nur zwei bekannt geworden[65]. Die erste gehört dem Jahre 1835 an. Auf ihr erblickt man einen Hasen im Schnee, in hoppelnder Stellung nach links gewendet (hoch 0,80 m, breit 0,95 m). Die andere – aus dem Jahre 1845, also vielleicht in Wohla entstanden – zeigt den Kopf eines Hirsches mit breitem Sechsergeweih, von vorn gesehen (hoch 1,00 m, breit 0,70 m).

In den sechziger Jahren treten uns nun zahlreiche Gemälde entgegen, auf denen die Darstellung der „vernunftlosen Kreatur“, ihres Lebens und Treibens, die Hauptsache ist. Und mit wie großer Liebe hat der Künstler hier geschildert!

Leider ist gerade von diesen Tierstücken keines datiert. Wir vermögen sie nur ungefähr nach der Art ihrer Ausführung anzuordnen.

Den Anlaß zur Entstehung einer Reihe von Pferdebildern gab Rayski offenbar der Aufenthalt in Reibersdorf und Milkel. [64] Graf Einsiedel war ein großer Liebhaber schöner Pferde. Er scheute keine Kosten, um seinen Bestand vorbildlich zu erhalten. Da er die englischen Pferde am höchsten schätzte, unternahm er Anfang der sechziger Jahre eine Reise nach England, um dort neues Material selbst auszuwählen. Rayski mußte ihn auf dieser Tour begleiten. Mehrere Wochen waren die Freunde unterwegs. Dem Künstler war es auf diese Weise vergönnt, London zu sehen und die englische Kunst kennen zu lernen. Dies geschah also erst um 1862.

Der Erfolg der Reise war ein doppelter. Zunächst äußerte er sich in der Technik des Künstlers. Er hat eine Zeitlang etwas Glattes, Steifes in der Farbengebung; ein bläulicher Ton macht sich bisweilen störend auf seinen Bildern bemerkbar. Doch hat er diese Wandlung bald überwunden.

Wichtiger ist, daß der Maler jetzt auf das Studium des Pferdes hingewiesen wurde. Drei Darstellungen, die sich im Nachlaß Rayskis vorfanden[66], bezeugen das. Sie sind in jener glatten Technik mit Ölfarben auf Leinwand gemalt.

Eines dieser Bilder (etwa 0,48 m hoch und 0,61 m breit) zeigt eine englische Stute auf einer Wiese ruhig stehend. Auf einem zweiten (etwa 0,595 m hoch und 0,74 m breit) sehen wir ein solches Pferd in einem Hofe, der im Hintergrunde von einem mit Wein umrankten Hause, links von einem überdeckten Gange umschlossen wird. Das Tier ist einem Manne zugewendet, der, mit der Mütze auf dem Kopfe, die kurze Pfeife in der Rechten haltend und mit dem linken Arm sich auf die Fensterbrüstung stützend, in den Hof hinausschaut. Die Darstellung ist lebendig, die Beleuchtung gut. Das dritte Gemälde (etwa 0,70 m hoch und 0,56 m breit) ist ein Reiterbild. Wiederum ist der Ort der Darstellung ein Hof. Rechts erblicken wir das Hoftor, im Hintergrunde eine Hauswand mit Türe. Der Reiter, mit runder Mütze, der auf dem eleganten Pferde sitzt, wendet sein Gesicht dem Beschauer zu. Die Gruppe ist im hellen Tageslichte aufgenommen. Zu dem zweiten Gemälde sind noch drei Bleistiftskizzen[67] erhalten, die von der endlichen Ausführung verschiedenfach abweichen.

Ich möchte nicht behaupten, daß diese Pferdedarstellungen – mögen sie noch so fein beobachtet sein – uns sonderlich erwärmen [-] [B]

Sammelruf im Quartier.

[65] könnten. Wie ganz anders wirkt da ein großes Bild, auf dem Tierstück, Landschaft und Porträt wiederum meisterhaft verschmolzen sind: ich meine den „Trompeter“. Man könnte dieses Gemälde[68] vielleicht treffender „Sammelruf im Quartier“ benennen. Im kühlen Glanz der Morgensonne liegt der Dorfplatz, im Hintergrunde von der höhergelegenen Kirche überragt. Schon beginnt das Tagewerk: die Tore der Bauernhöfe sind weit geöffnet, ein Bauer fährt mit seinem Ochsengespann aufs Feld. Die Gänse eilen zum Teiche, um ihre Morgentoilette zu machen; vom First des Hauses aus beginnen die Täubchen ihren Flug. Das Hauptinteresse konzentriert sich jedoch auf den Trompeter im Vordergrunde des Bildes. Stramm sitzt er auf seinem Schimmel, die Zügel in der Linken, die Trompete am Munde haltend. Auf seinen Ruf rüsten sich in den Höfen die einquartierten Soldaten zum Abmarsch. Eine Frau schaut nach dem schmucken Reiter zum Fenster hinaus, sogar der Hund ist herbeigekommen, um den ungewohnten Tönen zu lauschen.

Dieses Bild ist zweifellos das lieblichste, das Rayski je gemalt hat. Aber zugleich zeigt es hohe künstlerische Qualitäten. Die Komposition ist ebenso vorzüglich wie die Ausführung in den Einzelheiten. Mit der größten Liebe und Sorgfalt sind der Reiter und das Pferd ausgearbeitet. Mir will es scheinen, als sei die Hauptperson des großen Gemäldes – der Schimmel. Das weiße Fell des Tieres, vom ersten Morgenschein bestrahlt, gab einen wirkungsvollen koloristischen Kontrast gegen die bunte Landschaft ab. Wie das Pferd ruhig wartend dasteht, wie es die Ohren spitzt, das ist trefflich lebenswahr wiedergegeben.

Mancherlei konnte so Rayski auf dem Gutshofe und im Dorfe beobachten. Jedoch noch reicher waren die Eindrücke, die er bei seinen Streifzügen in Wald und Feld empfing. Einmal überraschte er im hohen Grase wilde Kaninchen. In einem reizenden Ölbild hat er die Spannung geschildert, in die diese Tierchen durch das Nahen des Menschen versetzt werden[69]. Das vordere hält erschrocken im Lauf inne, spitzt die Ohren und wendet das Köpfchen mit den dunklen Augen dem Ankömmling zu. Das [66] zweite dagegen bleibt phlegmatisch an seiner Stelle. Ausgeführt sind hier nur das vordere Kaninchen und der Kopf des anderen (in der schwierigen Vorderansicht); Gestrüpp und Gras sind mit breiten, derben Strichen entworfen. Wirkungsvoll sind Licht- und Schattenmassen verteilt, virtuos die Lichter auf dem seidigen Fell der Tiere gemalt.

Ein andermal stellt der Künstler ein Volk von Rebhühnern dar, das unter einem schützenden Brombeerstrauch Deckung vor drohendem Wetter gesucht hat. Die Tiere sind in ihren einzelnen Stellungen wie in ihrer Gruppierung überraschend lebensvoll gekennzeichnet. Stört das Harte, fast Gummiartige der Blätter, so versöhnt doch wiederum der Ausblick in die liebliche Landschaft, deren Grün im Hintergrunde mit dem Grau des Himmels verschwimmt. Leider ist das Gemälde[70], das um das Jahr 1863 begonnen wurde, unvollendet geblieben. Ein Bleistiftentwurf dazu, allerdings nur flüchtig und etwas verwischt, ist noch vorhanden[71].

Auf einem seiner vorzüglichsten Bilder aus jener Zeit führt der Maler einen Birkhahn vor Augen, den er gewiß in frühester Morgenstunde selbst belauscht hatte. Über die Heide dämmert der erste Morgenschein empor. Der Wald zur Linken liegt noch in tiefem Dunkel. Vorn sitzt im Heidekraut ein Birkhahn[72]. Er lockt eine Henne, die er fern im Morgenschein erblickt. Herrlich ist es, wie hier das Aufdämmern des Morgens geschildert wird. Wenn das Wort „stimmungsvoll“ nicht verpönt wäre, so wäre es hier sicher am Platze.

Unter den Tieren des Waldes war das anmutige Reh des Künstlers Liebling. Zahlreiche Darstellungen legen Zeugnis davon ab. Sie alle zu schildern, ist kaum möglich. Nur einige sollen herausgehoben werden.

Besonders lieblich ist eine Ölskizze[73]. Sie zeigt ein weißes Rehkälbchen, das von rechts her aus dem dichten Walde heraustritt. [-] [B]

Wildschweine.

[67] Es stutzt, wohl durch den Gesang eines Vogels aufgehalten, der links auf einem Zweige sitzt. Das Köpfchen des Rehes ist dem Beschauer zugewendet. Im Hintergrund ist der Wald, vorn sind Gräser und Kräuter. Man bemerkt auf der Skizze noch die Untermalung von früher: das Rehkalb war erst größer und weniger gelungen. Der Künstler hat auch hier gebessert und vervollkommnet.

Das Rehköpfchen allein hat Rayski verschiedenfach gemalt. Einmal sehen wir es zwischen Ästen und Blättern hervorblickend[74]. Ein andermal ist der Kopf eines Rehbockes im Frühjahr dargestellt, nach links gewendet, das große, kluge Auge auf den Beschauer richtend. Eigenartig ist hier die Aufnahme: das Tier ist noch im Bastgehörn gemalt, mit den grauen Winterhaaren im braunen Pelz. In der Farbengebung ist dieses Bild[75] vorzüglich. Der Meister soll es erst innerhalb der letzten zwölf Jahre seines Lebens gefertigt haben (also um 1880). Ich wage nicht, dies zu entscheiden[76].

Das Hauptwerk unter den Tierbildern Rayskis sind die um das Jahr 1863 gemalten „Wildschweine[77]. Ein Keiler verfolgt eine Bache wütend über eine Hügelfläche durch vertrocknetes Schilf und Gestrüpp. Dieses Bild ist, nachdem es auf der Jahrhundert-Ausstellung gebührende Beachtung gefunden hat, verschiedenfach reproduziert worden. Doch vermögen alle Nachbildungen nicht die Hauptsache wiederzugeben: den eigenartigen Farbenton, der gerade dieses Werk so interessant und wichtig macht. Die Bestrebungen, die Rayski bereits um 1850 und später auf Jägerbildern zum Ausdruck gebracht hatte, wandte er hier auf das Tierstück an: die Wirkung des Sonnenlichtes auf die Farben der Dinge zu schildern. Damit lieferte er ein neues, bedeutsames Beispiel für den in Deutschland damals noch unbekannten Impressionismus. Das Gemälde ist in drei Farben: Hellbraun, Violett und etwas Grün angelegt und breit, mächtig hingestrichen. Man sieht es noch deutlich, wie die Farbe über die Leinwand gleichsam gequollen ist. Trotzdem das Bild unvollendet geblieben ist – oder vielleicht gerade deshalb, [68] wirkt es auf den ersten Blick, groß, packend. Namentlich der Kopf des Keilers, der drohend dem Beschauer zugewendet ist, hat in seiner scharfen Belichtung etwas Faszinierendes.

Eigentümlich ist die Geschichte des Bildes. Rayski sollte eine Dame in weißem Kleide malen. Lange arbeitete er daran, es wollte ihm nicht gelingen. Da riß ihm die Geduld. Er drehte die Leinwand um und entwarf mit dicken Strichen das Tierstück, das in kurzer Zeit bis zum jetzigen Zustande gediehen war. Sieht man über die bemalte Fläche hin, so bemerkt man noch heute die Untermalung[78].

Wie Rayski alle seine Gemälde sorgfältig vorzubereiten pflegte, so tat er es auch bei den Tierdarstellungen. Eine Fülle von Bleistift- und Ölstudien bestätigt das, auch die erhaltenen Skizzenbücher sind voll von derartigen Entwürfen. Es ist nicht möglich, hier auf Einzelheiten einzugehen. Wir können nur kurz andeuten. Besonders zahlreich sind die Skizzen zum Pferde (dessen Anatomie ebenfalls den Künstler eingehend beschäftigt hat), zum Reh(Köpfe, Hinterbeine, ebenso zahlreiche ganze Gestalten; eine[79] ist datiert, sie stammt aus dem Jahre 1872), zum Hunde, namentlich zum Jagdhunde; aber auch Fuchs, Eber (3 Bl., vor allem Kopfstudien), Hase, Hirsch (der „Herssenkopp“ ) ist schon am 9. August 1847 gezeichnet), Vögel (Rebhühner), ja sogar der Löwe und der Affe sind vertreten.

Diese Skizzen – mögen sie noch so anspruchslos und flüchtig sein – beweisen, daß der Künstler jahrzehntelang mit liebevoller Hingabe das Treiben der Tiere belauscht hat. Er konnte mit Recht behaupten, daß ihm kein Gebiet der Natur fremd geblieben sei.

Die Anregung zu seinen Tierstudien erhielt er von zwei Künstlern, deren Bekanntschaft er vielleicht schon früher gemacht hatte. Es waren der Tiermaler Johann Friedrich Wilhelm Wegener (geb. 1812, seit 1860 sächsischer Hofmaler, gest. 1879) und dessen Schüler Johannes Siegwald Dahl (1827 – 1902). Von Wegener besaß Rayski einen ersten Versuch mit der Radiernadel, zwei Hunde darstellend, [69] aus dem Jahre 1830. Besonderen Einfluß auf unsern Meister hat aber offenbar Dahl gewonnen. Dieser Maler, der sich seit 1851 unter dem berühmten Edwin Landseer in London vervollkommnet hatte, verkehrte ebenso wie Rayski regelmäßig auf den Gütern des Grafen von Einsiedel. Es ist möglich, daß die oben beschriebenen Rayskischen Pferdebilder etwas von Dahls damaliger Manier wiederspiegeln. Später haben sich beide Künstler selbständig weiterentwickelt. Rayski kam es dabei weniger auf die künstlerische Bedeutung der dargestellten Szene an, als auf die Eigenart der Situation. So erscheinen ihm die Tiere, losgelöst von jeglicher Beziehung zum Menschen, als Einzelpersönlichkeiten, deren Seele seine naive Beobachtungsgabe zu ergründen sucht.

[70]
V.
Der Niedergang
(1866 – 1890).




Die letzten Arbeiten (1866 – 1873).

Es ist, als ob Rayskis künstlerische Kraft seit der Mitte des siebenten Jahrzehnts sich erschöpft habe. Die Arbeiten der Folgezeit reichen in keiner Weise mehr an die Leistungen aus den Jahren 1840 bis 1865 heran.

Das zeigt sich schon in der Technik. Zwar, die Farbenfreude des Malers ist ungebrochen. Aber, was in den „Wildschweinen“ genial, mit starker persönlicher Note zum Ausdruck kommt, wird bald darauf zur Manier und zum schwächlichen Abglanz.

Auch die Schaffenslust des Künstlers ließ nach. Mehr und mehr verfiel er einer grüblerischen Selbstkritik, die zersetzend und lähmend auf ihn wirkte. Er fühlte sich unverstanden und unbefriedigt. Jetzt malte er so lange an seinen Bildern, daß man ein bestimmtes Entstehungsjahr bei diesen selten angeben kann. Ja, manche Spätwerke sind überhaupt nicht fertig geworden.

Die einzigen Gemälde, die wir bestimmt der Zeit von 1866 bis 1873 zuweisen können, sind fünf Porträts. Sie liefern den Beweis, daß Rayski sich jetzt wieder dem Fache zuwandte, in dem er 20 Jahre vorher so Vorzügliches geleistet hatte. Freilich – einen Vergleich mit den früheren halten die folgenden Arbeiten nicht aus.

Die erste unter ihnen ist das Bildnis des Königl. Sächs. Generalleutnants von Nostitz-Drzewiecki[80]. Dieser Offizier war 1866 der letzte sächsische Kommandant der Festung Königstein, wo er auch am [71] 8. Oktober desselben Jahres starb. Das Bild ist in dem genannten Jahre gemalt. Halbes Kniestück von vorn, stellt es den Kommandanten überlebensgroß in Generalleutnantsuniform dar. Sein linker Arm ist an einen von der Sonne beschienenen Felsen gelehnt, die behandschuhte linke Hand umfaßt ein Fernrohr. Der rechte Arm liegt am Körper an, die Hand hält den mit Goldlitzen und Federbusch geschmückten Hut. Etwas Imponierendes spricht aus diesem Manne mit dem grauen Haar und der jugendlich-frischen Gesichtsfarbe, dem weißen, herabhängenden Schnurrbart und den dunklen Augenbrauen, wie er den Blick streng in die Ferne richtet. Koloristisch fehlt es dem Bilde an Übergängen: helle Lichter und tiefe Schatten sind stellenweise (z. B. am rechten Rockärmel) unmittelbar nebeneinandergesetzt. Das Impasto ist so stark, daß das Silber auf der Schärpe und den Epauletten wie geknetet erscheint. Nur die Sonne auf dem Felsen rechts kommt gut heraus. Erinnert dieses Gemälde auch in einzelnem an die frühere Kraft seines Urhebers, so ist es im ganzen doch eine unbedeutende Leistung.

Das Gleiche gilt von dem um 1868 gemalten Brustbild des Kammerherrn Kurt von Schroeter[81]. Wir erblicken hier den Freund des Künstlers leicht nach rechts gewendet in der mit goldenen Litzen besetzten Kammerherrenuniform. Das Antlitz ist geschlossen gemalt, aber es fehlt ihm das Charakteristische, Individuelle. Die goldenen Litzen boten dem Maler wiederum Gelegenheit zu dem beliebten pastosen Farbenauftrag.

Das Jahr 1868 brachte Rayski einen schmerzlichen Verlust. Sein Liebling, Graf Haubold von Einsiedel, erlag auf Schloß Milkel im blühendsten Alter einem Lungenleiden. Den Künstler berührte der Tod des Jünglings tief. Sogleich beschloß er, dem Geliebten ein Erinnerungszeichen zu weihen. Der Gedanke der Auferstehung veranlaßte ihn, den Verstorbenen als Engel am Grabe des auferstandenen Heilands darzustellen und dieses Gemälde als Altarbild für die Reibersdorfer Kirche zu stiften. Er begann auch das Bild. Der Engel, der, mit dem Palmzweig in der Hand, auf dem Stein rande des offenen Grabes saß, trug die Züge des Frühvollendeten. Aber die Ausführung verzögerte sich, weil der Maler auf den Rittergütern [72] kein geeignetes Modell fand. Was mit dem Gemälde schließlich geworden ist, weiß ich nicht. Studien dazu (Faltenwurf, Hände – darunter die mit dem Palmzweige –) und ganze Entwürfe in Öl und Blei sind erhalten[82], gewähren aber kein zu einem Urteil genügendes Bild.

Ungefähr der gleichen Zeit (um 1870) gehört ein Bildnis des sächsischen Königs Johann (geboren 12. Dezember 1801, gestorben 29. Oktober 1873) an. Der Monarch ist im Alter von etwa 65 bis 70 Jahren dargestellt, Kniestück, stehend, in Generalsuniform, von vorn. Er hält den Kopf mit dem weißen Haar ein wenig nach rechts geneigt. Die rechte Hand stützt er auf einen Tisch, der mit Folianten bedeckt ist – eine Erinnerung an des Königs dichterische und gesetzgeberische Betätigung – , den linken Arm legt er auf den Rücken. Auch hier ist das Silber der Epauletten und des Säbelgurtes an den belichteten Stellen sehr stark aufgetragen. Wahrscheinlich hat der Künstler dieses Bildnis nicht im Auftrage des Porträtierten, sondern nur für sich gearbeitet; es fand sich unvollendet in seinem Nachlaß[83].

Die Reihe dieser Altersarbeiten beschließt ein Werk aus dem Jahre 1873: das Bildnis des Königl. sächs. Generals der Kavallerie, Reichsgrafen Franz zur Lippe (-Biesterfeld-Weißenfeld) (1820 – 1880)[84], das wir als das letzte von Rayski gemalte Porträt zu betrachten haben. Es ist Kniestück von vorn. Der General präsentiert sich in Uniform mit zahlreichen Orden. Er hält in seiner linken Hand den Helm, die rechte hat er auf den Säbelgriff aufgelegt. Es ist eine konventionelle, etwas bunte Arbeit, deren Wirkung jetzt durch den sehr stark aufgetragenen Firnis kaum erhöht wird. Daß der Künstler selbst diesem Werke eine gewisse Bedeutung beimaß, scheint mir aus der (in jener Zeit seltenen) vollen Signatur hervorzugehen, die auch noch einmal den Hundekopf zeigt.


Das Ende (1873 – 1890).

Über die letzten Lebensjahre des Künstlers ist wenig zu berichten. Er verbrachte diese Jahre meist wie ein Einsiedler.

[73] Besonders seit 1873. Damals bezog er die Wohnung, die er 17 Jahre lang, bis an sein Ende, inne hatte. Sie war in einem großen Hause an der Bürgerwiese in Dresden, vier Treppen hoch.

Bedeutsame Wandlungen gingen in dem Alternden vor sich. Er verstand seine Zeit nicht mehr und sah sich selbst unverstanden. Nur eine kleine Zahl von Freunden blieb ihm treu. Unter ihnen finden wir den berühmten Historienmaler Heinrich Hofmann, der seit 1862 in Dresden lebt. Noch heute schätzt dieser Künstler Rayski „seines liebenswürdigen und vornehmen Charakters wegen“ sehr hoch.

Im innigsten Verkehre stand der Maler mit seinen beiden in Dresden wohnenden Schwestern Marie Alison (einer verwitweten Doktor Clauß) und Minna Pompilia. Im Jahre 1875 erweiterte sich dieser Kreis. Der ältere Bruder, Heinrich Leo, hatte als österreichischer Major seinen Abschied genommen und zog jetzt zu seinen Geschwistern nach Dresden. Leider sollte das Familienglück nicht lange währen. Denn 1878 starb der Major im Alter von 75 Jahren, und schon einige Monate später folgte ihm Minna Pompilia im Tode nach, wenige Tage nach Vollendung ihres siebzigsten Lebensjahres. So ward es immer stiller und einsamer um den Greis.

Obgleich Rayski im Adreßbuch auch jetzt noch als „Portraitmaler“ verzeichnet war, scheint er doch nichts Nennenswertes mehr gearbeitet zu haben. Wenigstens läßt sich eine genaue Zeitbestimmung für solche Gemälde nicht geben. Dem Jahre 1874 wird – wie oben erwähnt ist – das schöne, reife Bild „Sammelruf im Quartier“ zugeschrieben; es ist aber wahrscheinlich früher entstanden. In die achtziger Jahre sollen noch zwei Tierbilder gehören: der sehr zart aufgefaßte Kopf eines Rehbockes im Bastgehörn und Winterkleid (s. S. 67) und ein „Fuchs, der seinen Bau verläßt“[85]. Dieses Bild fand sich unvollendet im Nachlasse des Künstlers vor; Siegwald Dahl hat es fertig ausgeführt. Im Dickicht des Waldes schreitet der Fuchs lauernd nach links. Feinsinnig ist die Morgenstimmung im schweigenden Walde wiedergegeben, alle Einzelheiten sind mit Sorgfalt behandelt. Doch läßt das Gemälde in seinem jetzigen Zustande ein Urteil kaum zu, da nicht bekannt ist, in welchem Maße Dahl daran tätig gewesen ist. 1875 war Rayski zum [74] letzten Male auf der akademischen Kunstausstellung vertreten, und zwar mit einem älteren Bilde aus Privatbesitz, dem „Hasen im Schnee“ (s. S. 63). Aus den folgenden Jahren ist nur noch ein Werk sicher bekannt, das seiner Originalität wegen hier genauer beschrieben zu werden verdient. Es entstand zwischen 1875 und 1882, in Erinnerung an geschichtliche Vorgänge.

Um das Jahr 1880 weilte der Maler längere Zeit auf dem Rittergut Großwelka bei Bautzen, das sein Vetter O. R. von Boxberg († 1882) 1875 erworben hatte. Gesprächsweise erfuhr er hier, daß Napoleon I. 1813, am Abend nach der Schlacht bei Bautzen (20. Mai), sich mehrere Stunden auf diesem Rittergute aufgehalten hatte und in einer Lindenallee des Gartens auf- und abgegangen war. Gewaltige Gedanken mochten den großen Korsen dabei bewegt haben. Den hochbejahrten Künstler reizte diese Erzählung so sehr, daß er sich auf Anregung seines Vetters sofort entschloß, den Vorgang darzustellen. Die Gartenmauer, auf die jene Lindenallee zuführt, mußte den Grund für das Bild abgeben, das nun mit gewöhnlicher Leimfarbe auf den Mauerputz aufgemalt ward. Auf ihm ist die Allee fortgesetzt, in der Napoleon, dem Beschauer den Rücken zukehrend, die Hände verschränkt, dahinschreitet[86]. In wenigen Tagen war das Kunstwerk fertig. Perspektivisch ausgezeichnet, wirkt es auf einige Entfernung so täuschend, daß man einen wirklichen Spaziergänger zu sehen glaubt. Leider hat es unter den Einflüssen der Witterung sehr gelitten.

Dieses Großwelkaer Wandgemälde[87] ist das letzte Zeugnis der künstlerischen Tätigkeit Rayskis. Seinen künstlerischen Interessen blieb er treu. Noch in seinen späten Lebensjahren nahm er Anteil an derartigen Fragen, gehörte auch bleibend dem Sächsischen Kunstverein als Mitglied an.

Zwei schwere Schläge trafen den Achtzigjährigen 1887 und 1888. Am 21. September 1887 fand sein Freund, der Reichsgraf C. H. E. von Einsiedel, durch einen Sturz vom Wagen in der Nähe [75] von Reibersdorf einen jähen Tod. Und im Jahre darauf schloß Alison, die letzte Blutsverwandte, die dem greisen Künstler geblieben war, ihre Augen zum ewigen Schlummer. Das brach Rayskis letzte Kraft.

Seitdem zog er sich von jedem menschlichen Verkehre zurück. Sogar das kleine Fenster seiner Wohnung, das nach dem Treppenhause hinaus ging, verdeckte er durch ein Bild mit der Darstellung eines scheußlichen Kerls, um jeden Ankömmling abzuschrecken. So waren die letzten Jahre richtige Einsiedlerjahre. Da er nach niemandem fragte, konnte er sich auch nicht wundern, daß niemand sich um ihn kümmerte. Verbittert, von den meisten verlassen und vergessen, starb er am 23. Oktober 1890. Es war sein 84. Geburtstag – recht eigentlich ein Geburtstag zum ewigen Leben.

Eine dem Künstler nahestehende Dame fand ihn bei einem Besuche sterbend vor und benachrichtigte seine Angehörigen. Nichten, die von auswärts herbeigeeilt waren, gaben seinen Tod durch die Zeitungen bekannt. Und jetzt erst erinnerte man sich auch in weiteren Kreisen des alten Sonderlings, dem man doch früher so manche anregende Stunde verdankt hatte. Eine illustre Trauergesellschaft, meist aus Angehörigen des hohen Adels bestehend, versammelte sich wenige Tage später da oben vier Treppen hoch zu einer einfachen Trauerfeier, um dann dem Verstorbenen das letzte Geleit zu geben. Darauf ging es hinaus nach dem Trinitatisfriedhofe. Hier fand der Künstler in demselben Grabe, in das vor ihm seine Mutter, seine beiden Brüder und seine Lieblingsschwester „Mimi“ gebettet worden waren, seine letzte Ruhestätte.

In der Kunstwelt war sein Name schon damals vergessen. Kein Nachruf wies auf seine große Bedeutung hin, keine Kunstzeitschrift erwähnte auch nur seinen Tod[88]. Und wiederum 16 Jahre mußten seitdem vergehen, ehe man erkannte, daß Rayski ein großer Künstler, ein Mensch von außerordentlicher Begabung gewesen ist. Sorge man dafür, daß sein Name nun nicht von neuem unverdienter Vergessenheit anheimfalle! [76]

Schlußwort.


Ein eigenartiges Leben ist es, dessen Verlauf die vorstehenden Zeilen zu schildern versuchten. Eigenartig, wie die Persönlichkeit, sind auch ihre Schöpfungen.

Von einem Landschafter für die Kunst gewonnen, dann von einem Kopisten unterrichtet, der Akademie bald entwachsend – so tritt Ferdinand von Rayski in die Kunstwelt. Die verschiedenartigsten Einflüsse dringen auf ihn ein: französische, deutsche – vielleicht auch englische Vorbilder. Er ordnet und sichtet, und was ihm am richtigsten erscheint, das macht er sich zu eigen. So ist er im Grunde doch Autodidakt. Und als solcher schafft er Meisterwerke, ohne daß die große Welt davon Notiz nimmt. Wie geht das zu?

Die weitaus größte Zahl der Werke Rayskis sind Bildnisse. Sieht man das Verzeichnis der Porträtierten durch, so findet man fast lauter adelige Namen. Und darin liegt die Erklärung dafür, daß der Künstler nicht populär werden konnte: er ist der Maler der Aristokraten, die seine Arbeiten in ihren Schlössern verbergen. Damit sind diese Schöpfungen aber der Öffentlichkeit[WS 4] verloren. Das einzige Bild des Meisters, das bisher allgemein zugänglich war – das Bildnis Schletters im Leipziger Museum –, ist gänzlich unbekannt geblieben.

Einen zweiten Grund für die Vergessenheit des Gentlemanmalers hat Professor Alfred Diethe richtig angegeben, wenn er über Rayski urteilt: „Er übte still, ohne Lärmtrompete seine Kunst und kümmerte sich um Richtungen usw. nicht“. Das ist die Erklärung dafür, warum er selbst den Künstlerkreisen fast ganz fremd und von ihnen unverstanden blieb. Freilich bedurfte er auch ihrer Anerkennung nicht. Denn seine Schöpfungen sind nicht aus ehrgeizigem Streben entstanden; sie sind Ausflüsse unmittelbarer künstlerischer Anschauung, deren er sich entledigte, ohne dabei an die Allgemeinheit zu denken.

[77] Und doch hätte er gerade dieser so viel zu geben vermocht. Seine meisterhaft aufgefaßten Porträts erinnern an Frans Hals oder an Velazquez in ihrer Gesundheit und Kraft, wenigstens sind sie fast so lebendig. Und nun die Technik![89] Wozu ein Whistler erst in den sechziger Jahren gelangte: Symphonien in Farben zu gestalten – das hat Rayski schon ein Vierteljahrhundert früher mit unerhörtem Geschmacke geleistet. Was erst gegen das Ende des 19. Säkulums als neueste Errungenschaft von Frankreich her verkündet wurde: der Impressionismus – das hat der deutsche Meister bereits im siebenten Jahrzehnt geübt. So ist er für Deutschland ein Bahnbrecher in der Malerei geworden.

Die Gegenwart läßt ihm daher auch volle Gerechtigkeit widerfahren. Ausgezeichnete Kunstkenner, wie Hugo von Tschudi, Ferdinand Laban, Franz Dülberg u. a., haben rückhaltlos die Bedeutung des Mannes anerkannt, der seiner Zeit weit vorauseilte.

Möchten auch diese Zeilen an ihrem Teile dazu beitragen, daß sich die Kunstforschung mehr und mehr mit der Eigenart des genialen Sachsen beschäftige!



[78]


Anhang.


Ich füge hier noch eine Anzahl von Werken Rayskis bei, die mir entweder nicht zugänglich waren, oder die ich nicht genauer zu datieren vermag.

A. Porträts.
1. Ölgemälde.

Moritz Ferdinand Gustav von Rockhausen,

Königl. Sächs. Generalleutnant und Kommandant der Festung Königstein (gestorben 22. Januar 1859). Das Bild hängt im Kommandanturgebäude auf der Festung Königstein.

Louis von Schönberg, Forstmeister.

Halbfigur ohne Hände, von vorn. Nur der Kopf ist ausgeführt. Besitzer Herr Freiherr von Schönberg auf Csónak in Ungarn. Das Bild befand sich mit den oben verzeichneten desselben Besizers auf der Jahrhundert-Ausstellung. Dort ist es von der Verlagsanstalt Fr. Bruckmann in München photographiert worden.

Frau von Winkler, geborene von Egidy.

Besitzerin Frau verw. Staatsminister von Thümmel, Exzellenz, in Dresden. Das Bild befand sich 1904 auf der im Königl. Schlosse zu Dresden veranstalteten Porträtausstellung.

Reichsgraf Carl Harrach (Bruder der Fürstin Liegnitz).

Klein oval, auf Holz. Um 1830. Besitzer Herr Graf Harrach auf Klein-Krichen in Schlesien.

Außerdem einige kleinere Porträts aus des Künstlers Jugendzeit, sowie ein großes, aber unvollendet gebliebenes Bildnis eines unbekannten jungen Mannes, im Besitze des Herrn Kammerherrn von Heynitz auf Weicha bei Weißenberg i. Sa.

[79]
2. Handzeichnungen.

Sämtlich im Besitze der Frau Äbtissin von Jena in Halle a. S. „Osthaus“.

2 Skizzen: a) von vorn; b) von links. Umrisse.

Johann Rudolph Herrmann von Witzleben auf Kitzscher, geboren 1816.

Ganze Figur, stehend an einem Tische, in Uniform mit Mantel. Links Stuhl, oben Wappen. Flüchtig.

„Lindenstein“ (?). Ganze Figur. Auf dem Anstande mit zwei Hunden. Flüchtig.

Graf Zech-Burckersroda. Kleines Bild.

Ganze Figur, stehend, nach vorn, an einem Tische. Links Stuhl. Flüchtig.

Frau Gräfin Kwenklo (?). Sitzend, nach links. Nur einige Umrisse.

„Roth Schönberg“. Ganze Figur. Sitzend, nach vorn. Beleibter Herr.

Die linke Hand eingestemmt. Gesicht nicht ausgeführt. Flüchtig.

Generalleutuant von Fabrice. 4 Skizzen, jedesmal ganze Figur,

stehend, in Uniform: a) auf Pauspapier: Helm in der Linken, nach links. Nur Umrisse; b) ausgeführter: Helm in der Rechten, die Linke auf dem Rücken; c) Helm in der Linken, die auf den Säbel gestützt ist; d) nur Umrisse.

„Joachim“: Knabe, der sich nach links auf eine Brüstung lehnt. Flüchtige Umrisse.

Herr von Kyau auf Heinewalde. Ganze Figur, dann auf Kniestück abgekürzt.

Stehend, Kopf nach rechts. Die rechte Hand, die auf einen Tisch gestützt ist, hält den Zylinder, der linke Arm liegt am Körper an.

„Friesen.“ Kniestück in Uniform mit Schärpe.

Den Helm hält er im linken Arme, die rechte Hand faßt den Handschuh.

Verschiedene Darstellungen Napoleons auf einem Blatte, sämtlich im Hut:

a) von links, die Hand verbirgt er auf der Brust im Rock; b) von vorn, die Hände auf dem Rücken; c) von hinten, dahinschreitend; seine Soldaten kommen von einer Anhöhe herab; d) ebenso, allein, ruhig dahinschreitend.

Außerdem eine Fülle von mehr oder weniger ausgeführten Entwürfen zu Porträts unbekannter Persönlichkeiten, in Öl und Blei (Offiziere, Frauen, Kinder).

[80] Dazu zwei Skizzen (Kammerherr von Schroeter und ein Herr von Seckendorff oder Schönberg) im Besitze des Herrn Kammerherrn von Schroeter auf Bieberstein.


3. Lithographien nach Rayski.

Xaverius Maria Cäsar von Schönberg (1768 – 1853).

Halbfigur nach rechts, in engem, geschlossenem Rocke. Lithographie von Straub. Gedruckt bei Fr. Hanfstängl in Dresden.

Friedrich von Schönberg auf Niederreinsberg.

Halbfigur, etwas nach rechts, im Frack. Lithographie von A. Schieferdecker in Leipzig. Gedruckt vom Königl. lithographischen Institut zu Berlin.

Zwei unbestimmte Lithographien von H. F. Grünewald befanden sich

1845 auf der Dresdener akademischen Kunstausstellung (s. oben unter „Burgk“!).


B. Landschaften.

Waldwiese. Hohe, sonnenbeschienene Bäume im Mittelgrunde;

Gebüsch links; rechts und im Vordergrunde grüne Wiese. Ölgemälde auf Leinwand, in dunklem, bräunlichem Tone. Etwa 0,887 m hoch und 0,665 m breit.

Landschaft. Blick auf ein im Tale liegendes Dorf mit Kirche.

Großes Aquarell, sehr hell gehalten. (Von R.?).

Beide im Besitze der Frau von Jena, bei der auch noch viele Einzelstudien sich befinden.


C. Jagdstücke.

Hasenjagd. Aquarell, klein. Besitzerin Frau Baronin von Malortie in Dresden.

Skizzen bei Frau von Jena in Halle.


D. Tierstücke.

Ölskizzen, im Besitze der Frau von Jena in Halle:

Rehbock, stehend, im Walde. Klein.

Dompfaff auf einem Zweige.

Ente, die auf einem Teiche schwimmt (der Teich im Großen Garten zu Dresden, hinten das Palais?).

Eber, sitzend. Außerdem viele Entwürfe in Blei (s. oben S. 68).

[81] Dohnenstrich. (Hoch 0,90 m, breit 0,67 m.)

Baumstamm; an einem rechts abgehenden Aste sind rote Vogelbeeren als Lockspeise in einem Weidenbügel festgehalten, und in der Pferdehaarschlinge am Halse hängt ein Krammetsvogel herunter. Ölgemälde, im Besitze Sr. Exzellenz des Herrn Grafen von Einsiedel auf Reibersdorf.


E. Historienbilder.

Unbekannter Gegenstand.

(Ein Mann, der eine Ansprache an versammeltes Volk hält?) Ölstudie, dazu viele Bleistiftskizzen.

Ein gleicher. Ölstudie, sehr flüchtig. Sämtlich im Besitze der Frau von Jena in Halle.


F. Genre.

Ein Bauer, der sich die Pfeife anzündet.

Sehr hübsch, charakteristisch. Ölskizze. Besitzerin Frau von Jena in Halle.

Herr und Dame mit Hund im Gewittersturm.

Humoristische Rötelzeichnung. Besitzer Herr Kammerherr von Boxberg auf Großwelka bei Bautzen.

Ein alter Herr im Jagdkostüm auf dem Anstand.

Ganze Figur nach links. Aquarell. Besitzerin Fräulein E. von Boxberg in Dresden.
     *     *     *     


Vielleicht gelingt es, auf Grund der vorstehenden kurzen Angaben namentlich noch einige der Porträts genauer zu bestimmen.



[82]

Verzeichnis
der von Rayski porträtierten Personen.




von Bechtolsheim, Alexander (?), S. 32.

von Bechtolsheim, Caroline, S. 32 (zweimal).

von Berge, Friedrich Gotthelf, S. 21, 50.

von Boxberg, Friedrich, S. 53.

von Boxberg, Ottomar Robert, S. 57.

von Broizem, Karl Friedrich, S. 46.

von Burgk, Freiherr Karl Friedrich August Dathe, S. 42.

von Einsiedel, Graf Alex, S. 56.

von Einsiedel, Graf Kurt Heinrich Ernst, S. 56.

von Einsiedel, Hans Haubold, S. 56f. (zweimal), 71.

von Fabrice, S. 79.

Friedrich August II., König von Sachsen, S. 22, 40, 59.

„Friesen“, S. 79.

von Gablenz, Freiherr Heinrich Adolph, S. 38.

von Giech, Gräfin Fanny, S. 32.

von Giech, Graf Franz Friedrich Karl, S. 32.

Harrach, Graf Carl, S. 78.

„Joachim“, S. 79.

Johann, König von Sachsen, S. 72.

Karl IX., König von Schweden (?), S. 28 Anm., 29.

Kratsch, Moritz, S. 48, 50, 60.

Kwenklo (?), Gräfin, S. 79.

von Kyau, Herr, S. 79.

von Leyßer, August Wilhelm Friedrich, S. 39.

„Lindenstein“ (?), S. 79.

zur Lippe, Graf Franz, S. 72.

[83] von Maltitz, Gottfried August, S. 22.

Napoleon l., S. 74, 79.

von Nostitz-Drzewiecki, S. 70.

Osthaus, S. 79.

von Rayski, Eleonore Sophie Henriette. S. 62.

von Rayski, Minna Pompilia, S. 37.

von Rayski, Ferdinand, S. 20 Anm., 22, 28 Anm., 30.

von Rayski, Heinrich Leo, S. 58.

von Rayski, Johann Karl d. j. (?), S. 9.

von Rednig, Frau, S. 32.

von Reinach, Frau, S. 32.

von Reinach, Herr, S. 32.

Rembrandt, S. 21.

von Rockhausen, Moritz Ferdinand Gustav, S. 78.

von Rothenhan, Graf, S. 32f.

von Rothenhan, Gräfin, S. 32f.

Roth Schönberg“, S. 79.

Salm, Gräfin, S. 32.

Schletter, Heinrich Adolph, S. 43.

von Schönberg, Freiherr Erich, S. 36, 51.

von Schönberg, Friedrich, S. 80.

von Schönberg, Freifrau Ida, S. 52.

von Schönberg, Louis, S. 78.

von Schönberg, Freiherr Oswald, S. 36 Anm., 53

von Schönberg, Wolf Saladin, S. 55.

von Schönberg, Xaverius Maria Cäsar, S 80.

von Schroeter, Christian Ludwig Haubold, S. 40, 80.

von Schroeter, Kinder, S. 49.

von Schroeter, Kurt, S. 71.

Seinsheim, Gräfin, S. 32.

Sichart von Sichartshofen, Philipp, S. 20 Anm.

von Spieth, Fräulein, S. 33.

Taxis, Fürst, S. 32.

von Thüngen, Adolphine, S. 32.

von Thüngen, Carl, S. 32.

von Thüngen, Philipp, S. 32.

von Wiedebach, Ludwig Hermann Gottlob, S. 47.

von Winkler, Frau, S. 78.

[84] von Witzleben, Johann Rudolph Hermann, S. 79.

von Würtzburg, Frau, S. 32.

von Würtzburg, Herr, S. 32.

Zech-Burckersroda, Graf, S. 79.

von Zobel, S. 32, 33.

von Zobel, Frau, S. 33.

von Zobel, Fritz, S. 32.



[85]
Verzeichnis
der Besitzer Rayskischer Arbeiten.




Bautzen: Baronesse S. von Uechtritz S. 38.

Bieberstein: Kammerherr von Schroeter S. 21, 40, 49, 60, 67, 71, 80.

Buchholz: Ottomar Bach S. 24.

Dresden-A.: Baron Blome S. 73.

Dresden-A.: Fräulein Esther von Boxberg S. 37, 81.

Dresden-A.: General von Broizem, Exzellenz S. 46.

Dresden-A.: Frau verw. General Gräfin zur Lippe, Exzellenz S. 72.

Dresden-A.: Frau Baronin von Malortie S. 22, 80.

Dresden-A.: Fräulein A. M. von Schönberg S. 55.

Dresden-A.: Seminaroberlehrer cand. rev. min. E. Sigismund S. 8, 22, 24, 47, 58, 68.

Dresden-A.: Stadtbibliothek S. 8, 39.

Dresden-A.: Stadtmuseum S. 42.

Dresden-A.: Frau verw. Staatsminister von Thümmel, Exzellenz, S. 78.

Dresden-N.: Frau Oberleutnant von Seebach S. 67.

Großwelka b. Bautzen: Kammerherr von Boxberg S. 30, 57, 58, 66, 81.

Halle a. S.: Frau Äbtissin A. von Jena S. 13, 21, 22, 24, 27, 29, 30 (zweimal), 33, 40, 41, 44, 47, 48, 51 (zweimal), 53, 56, 57, 58, 60, 62, 64 (zweimal), 66 (zweimal), 67, 72 (zweimal), 79, 80 (dreimal), 81 (zweimal).

Halle a. S.: Fräulein Th. von Jena S. 58.

Klein-Krichen i. Schlesien: Graf Harrach S. 78.

Königstein: Kommandantur S. 70, 78.

Leipzig: Städtisches Museum S. 43. [86] Milkel b. Bautzen: Graf A. Einsiedel S. 56, 61, 65 (zweimal), 67.

Mühlrädlitz i. Schlesien: Hauptmann a. D. C. von Jena S. 66.

Reibersdorf (Oberlausitz): Königl. Obermundschenk und Kammerherr Graf Einsiedel, Exzellenz, auf Creba S. 63, 81.

Reinsberg: Freiherr Donald von Schönberg auf Csónak in Ungarn S. 36, 52, 78.

Schönfeld b. Großenhain: Kammerherr Freiherr von Burgk S. 42.

Tharandt: Fräulein von Boxberg S. 20.

Weicha b. Weißenberg: Kammerherr von Heynitz S. 78.

Wermsdorf: Se. Maj. der König von Sachsen S. 59.

Wohla b. Kamenz: Familie von Wiedebach S. 47.

Zittau: Kaufmann Canoy S. 24.

Zschorna b. Radeburg: Frau von Boxberg † S. 53.



[87] [88] Druck von Wilhelm Baensch in Dresden.




  1. Alexius von Reißky (Reusky), Leutnant beim Wrangelschen Dragoner-Regiment, fand 1708 in einem von ihm selbst provozierten Duell mit dem kurf. sächs. Gardeleutnant von Freywald zu Weyda i. V. seinen Tod. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts spielte Johann Casimir von Raisky in kursächsischen Diensten eine etwas zweideutige Rolle. Vom Obersten bei der Kavallerie avancierte er 1719 zum Wirkl. Geh. Kriegsrat, ging aber infolge von Unterschleifen bei Fouragelieferungen dieser Stellung verlustig. Er starb nach einem wandelreichen Leben 1749 auf dem Rittergut Kleinstruppen, in dessen Kirche er auch beerdigt ward. – Das Wappen der Rayski (ein silberner Mühlstein in blauem Felde) zeigt auf dem gekrönten Helme 7 (oder 9) aufsteigende Hundeköpfe. Daraus erklärt es sich, daß der Künstler in den vierziger und fünfziger Jahren auf der Signatur seiner Bilder seinem Namen einen Hundekopf hinzuzufügen pflegte. Nachweislich geschah dies auf Bildern aus den Jahren 1840 bis 1855, vereinzelt auch noch 1873.
  2. Dieses allein richtige Datum verdanke ich der gütigen Mitteilung des Herrn Pfarrers Dillner in Pegau. Alle anderen Angaben sind demnach zu berichtigen. Merkwürdig berührt es, daß der Künstler selbst gelegentlich schreibt: „Ich bin geboren den 22. Oktober 1807 zu Lützen.“ Im Kirchenbuche zu Lützen kommt sein Name überhaupt nicht vor; in dem zu Pegau dagegen steht deutlich das obige Datum. Die falsche Annahme des Malers ist durch ihn natürlich in die ihn betreffenden Aktenstücke übergegangen und liegt auch der Inschrift seines Grabsteines zugrunde.
  3. Auf Leinwand, etwa 14 cm hoch und 18 cm breit. Jetzt im Besitze des Verfassers. S. Abbildung.
  4. Etwa 15 cm hoch und 20 cm breit. Im Besitze der Dresdner Stadtbibliothek (T. I 345).
  5. Jetzt im Besitze der Frau Äbtissin von Jena in Halle a. S. und des Verfassers. – Ein Bildnis Traug. Fabers, am 30. November 1828 von Carl Vogel von Vogelstein mit Kreide gezeichnet, befindet sich in der bekannten Vogelschen Porträtsammlung im Königl. Kupferstichkabinett zu Dresden (Bd. 5 Nr. 158). Werke Fabers sind in Dresden noch mehrfach erhalten: Ölgemälde in der Königl. Gemäldegalerie, im Stadtmuseum und im Körnermuseum, Aquarellen und Sepia-, Blei- und Federzeichnungen im Königl. Kupferstichkabinett, in der Kupferstichsammlung weiland Sr. Majestät des Königs Friedrich August II., im Stadtmuseum und in der Stadtbibliothek.
  6. Im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  7. Vgl. über diese Künstlerin: Wilhelmine Bardua, Jugendleben der Malerin Caroline Bardua. Nach einem Manuskript herausgegeben von W. Schwarz (Breslau 1874) und von Biedermann, Goethe und Dresden (1875) S.24 f., 122, 125f. (daselbst auch noch Literatur). Ihr mit Kreide gezeichnetes Selbstbildnis ist im Dresdner Stadtmuseum.
  8. Erst nachträglich erfahre ich, daß ein Porträt des Philipp Sichart von Sichartshofen sowie ein jugendliches Selbstbildnis – beides offenbar Werke dieser Frühzeit – im Besitze der Damen von Boxberg in Tharandt erhalten sind. Mir waren die Bilder bisher nicht zugänglich.
  9. Im Besitze der Frau von Jena in Halle. – Das Gemälde ist etwa 1,57 m hoch und 1,30 m breit.
  10. Hoch 2,36, breit 1,25 m. Besitzer: Herr Kammerherr von Schroeter, Schloß Bieberstein bei Nossen i. S.
  11. Im Besitze der Frau Baronin von Malortie in Dresden.
  12. Jetzt im Besitze des Verfassers. S. Abbildung.
  13. Ein Exemplar im Besitze der Frau von Jena in Halle. S. das Titelbild.
  14. Im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  15. Im Besitze des Verfassers.
  16. Das Jahr 1835 ist nur hypothetisch.
  17. Sämtlich im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  18. Gemeint ist ein eigenhändiges Verzeichnis von (ausgeführten oder auszuführenden) Entwürfen, das allerdings erst später niedergeschrieben worden ist. Es bietet des Interessanten so viel, daß ein Abdruck sich lohnt. Es lautet: „Eine Obstbäumparthie, auf der Leiter ein Bauer Mädchen im Gespräch mit einem Jäger; der Hühnerhund beschnuppert sich mit dem Bauernspitz. – Eine große Waldparthie, im Hintergrunde die Festung Königstein, im Vordergrund ein Klafterschlag; es steht noch eine schöne hohe Kiefer die gefällt wird – oder Militär-Artillerie, die den Hohlweg hinauf oder herunter krüpelt (?). – Ein Reh was sich in die Höhe hebt, um die roten Beere aus der... zu äßen. – Ein Sprenkel (dazu sind Entwürfe vorhanden). – Ein Mädchen was unterm Baum eingeschlafen ist. – Ein brügeln in der Schenke. – Eine Räuber Scene – mit Benutzung des Aufganges am Pfaffenstein. – Eine zweite in der Diebshöhle [bei Königstein]. – Die Ermordung des Julius Cäsar / groß. – Die Hinrichtung der Söhne des Brutus / groß. – Die Königin Christine u. ihr Stallmeister/groß (s. ob.). – Die Hinrichtung auf dem Schaffot des Egmont u. Horn / klein (s. ob.!). – Ein Vorposten eines sächsischen Gardereiters / klein. – Ein Fuchs im Eisen gestellt von einem Dachshund / lebensgroß (dazu Bleistiftskizzen erhalten). – Eine Hühnerhündin mit einer Katze / lebensgroß (ebenso). – Ein Fenster aus dem ein hübsches Mädchen (winkend) kukt –/ lebensgroß. – Ein Bauernjunge sitzend mit einem Hasen neben sich und ein großer Dachshund / Pappe. (Sonnenlicht) –/ lebensgroß (s. später „Moritz Kratsch“). – Mein eigenes Portrait – malend im Jagdanzug – Hund. – Karl der Neunte. lebensgroß (s. ob.!) – Leonore, klein. – Die Ermordung d. Thomas Becket / groß (s. ob.!) – Die Festung Königstein von dem Teiche aus genommen – Kanonenschüsse – auf dem Wall Militär – im Vordergrunde auf der Allee die Wagen des Königs – der König mit Gefolge kommt herunter zu, nach den Wagen – Alles in Sonnenlicht nachmittag beleuchtung. – Die Festung mit Aussicht nach Böhmen von der Batterie an der Königsnase 24 lb. Echoschüsse. Der König nebst Gefolge. – Mondlandschaft – b. Vollmond oberhalb des Städtchen Königstein, vom Wege nach der Festung aus. 26. Sptbr. Abends nach 7 Uhr.“ Bemerkenswert ist hier die Mannigfaltigkeit der behandelten Gebiete (Genre, Landschaft, Tierstück, Historie usw.), bei den Landschaften die Bevorzugung der Sächsischen Schweiz und die Beobachtung der Lichteffekte, insbesondere des vollen Sonnenlichtes.
  19. Im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  20. Das Ölbild ist 1,01 m hoch und 1,328 m breit. Im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  21. Im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  22. Im Besitze des Herrn Kammerherrn von Boxberg in Großwelka bei Bautzen.
  23. a b Diese Zusätze sind Bemerkungen auf besonderen Zetteln entnommen.
  24. Im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  25. Im Besitze des Herrn Barons Donald Schönberg auf Csónak i. U. Das Bild befindet sich in dessen Besitztum Reinsberg i. S. Das 1841 gemalte Porträt des Freiherrn Oswald von Schönberg ist S. 53 besprochen.
  26. Im Besitze des Fräulein Esther von Boxberg in Dresden.
  27. Jetzt im Besitze der Baronesse von Uechtritz in Bautzen. S. Abbildung.
  28. Ein Exemplar im Besitze der Dresdner Stadtbibliothek (Porträts I, 21).
  29. Jetzt im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  30. Hoch 2,40 m, breit 1,68 m. Im Besitze des Herrn Kammerherrn von Schroeter auf Bieberstein. S. Abbildung.
  31. Im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  32. Im Besitze des Herrn Stammerherrn Freiherrn von Burgk auf Schönfeld bei Großenhain.
  33. Ein Exemplar dieser Lithographie ist im Dresdner Stadtmuseum.
  34. Im Museum zu Leipzig (Nr. 538); hoch 1,98 m, breit 1,32 m.
  35. Im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  36. Will man sich von der Wahrheit dieser Behauptungen überzeugen, so braucht man nur z. B. das 1830 von Delaroche gemalte Bildnis der Henriette Sonntag in der Dresdner Gemäldegalerie genauer zu betrachten.
  37. Beide im Besitze des Herrn Generals der Kavallerie von Broizem, Exzellenz, in Dresden. Das größere befand sich Anfang 1904 auf der Porträt-Ausstellung im Königl. Schlosse zu Dresden.
  38. Im Besitze der Frau von Jena in Halle und des Verfassers.
  39. Im Besitze der Familie von Wiedebach auf Wohla.
  40. a b Im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  41. Jetzt (ebenso wie die folgenden Bilder) im Besitze des Herrn Kammerherrn von Schroeter auf Bieberstein.
  42. Im Besitze der Frau von Jena in Halle. Das Reiterbild ist etwa 0,905 m hoch und 1,32 m breit.
  43. Im Besitze der Frau von Jena in Halle. 2,18 m hoch und 1,385 m breit.
  44. Hoch 1,35 m, breit 1,01 m. Im Besitze des Herrn Barons Donald Schönberg auf Csónak i. U. S. Abbildung.
  45. Im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  46. War im Besitze der kürzlich verstorbenen Frau von Boxberg in Zschorna und Dresden.
  47. Im Besitze der Stiftsdame Fräulein A. M. von Schönberg in Dresden.
  48. Im Kadettenhause kann diese Freundschaft nicht schon geschlossen worden. sein, da Graf von Einsiedel erst nach Rayskis Weggange (am 1. Juli 1827) in das Korps eintrat und seit Juli 1830 in Leipzig studierte. Mir erscheint es nicht ausgeschlossen, daß Ernst von Craushaar, der 1853 die Grafen Curt und Alex von Einsiedel malte, die Beziehungen Rayskis zu dieser Familie vermittelt hat.
  49. Über den freundschaftlichen Verkehr in Reibersdorf gibt ein Gratulationsbrief Rayskis zum Geburtstage der Gräfin Einsiedel in origineller Weise Auskunft. Der Brief spiegelt so ganz die Eigenart seines Schreibers wieder, daß er (mit gütiger Erlaubnis des Besitzers, des Herrn Königl. Kammerherrn Grafen von Einsiedel-Milkel) hier abgedruckt werden soll. Als Überschrift ist eine „13.“ gesetzt, umgeben von einer Blumenranke, auf der zwei Vögel wie im Gespräche sitzen. Dann folgt: „ist denn heute zum 13. etwas Besonderes los? ja wohl, freylich, es ist ja der Geburtstag der Frau Gräfin Einsiedel „Alex – u. der wird dieses Jahr in Reibersdorf gefeyert. – Nun Rayski da sind Sie nicht dabey? Sie sind ja alle Jahre um diese Zeit in Reibersdorf, und diesmal nicht?. . nu eben, – schlimm – ich bin unwohl von Oben bis Unten. i was – Sie sehen ja gar nicht krank aus – was fehlt Ihnen denn? Kopfweh im Magen schlecht Kitzel im Hals – Husten u. s. w. nichts in gehöriger Ordnung – der September in Reibersdorf ist meine glücklichste schönste Zeit im Jahr – und diesmal sitze ich hier – kucke zum Fenster hinaus u. hoffe auf Besserung um doch vielleicht noch einige Tage in Reibersdorf seyn zu können u. vielleicht auch noch den Abstecher nach Berlin zu machen. Mit Geduld abwarten!... Nun also meine hochgeehrte gnädige Frau Gräfin, meinen Glückwunsch von ganzem Herzen. Noch viele viele Jahre eine feste dauernde Gesundheit und in Allem Übrigen vollständige Zufriedenheit – recht viel Freuden in der hohen Familie u. s. w. .... (Blumenranke). Mögen Sie in Reibersdorf mit den Lieben Theuern, den heutigen schönen Tag recht gesund und fröhlich feyern – da ich nicht dabey kann seyn, trink ich hier mein Gläschen Wein Auf Ihr Wohlseyn, meine gnädigste Frau Gräfin. Meine schönsten Grüße an Alle ganz Reibersdorf. Ferdinand v. R. Dr. d. 13 Septbr. Vormittag 10 Uhr.“ Neben seinem Namen hat der Künstler sich selbst konterfeit, über eine Brüstung gelehnt und eine Rede haltend.
  50. Im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  51. a b Im Besitze des Herrn Grafen A. Einsiedel auf Milkel-Oberlausitz (hoch 0,73 m, breit 0,62 m).
  52. Im Besitze der Frau von Jena in Halle. (Etwa 0,61 m hoch und 0,485 m breit.)
  53. Im Besitze des Herrn Kammerherrn von Boxberg auf Großwelka bei Bautzen.
  54. Im Besitze des Herrn Kammerherrn von Boxberg in Großwelka.
  55. Im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  56. Eine dieser Zeichnungen befindet sich jetzt im Besitze des Verfassers.
  57. Im Besitze der Stiftsdame Fräulein Therese von Jena in Halle.
  58. Als ein Versuch auf diesem Gebiete könnte schon das 1832 entstandene Bild „Wohin ist der Hase gelaufen?“ betrachtet werden, nur daß dort der Künstler noch mehr das Genrehafte betonte.
  59. Im Besitze Sr. Majestät des Königs von Sachsen. Das Bild (hoch 1,15 m, breit 1,65 m) hängt im Jagdschlosse Wermsdorf.
  60. Im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  61. Im Besitze des Herrn von Schroeter jun. auf Schloß Bieberstein.
  62. Hoch 0,55 m, breit 0,64 m. Im Besitze des Herrn Grafen A. Einsiedel in Milkel.
  63. Im Besitze der Frau von Jena in Halle. S. vorige Seite.
  64. Diese Jahreszahlen beziehen sich nur auf die Hauptwerke.
  65. Im Besitze Sr. Exzellenz des Herrn Königl. Kammerherrn und Obermundschenks Grafen von Einsiedel, Standesherrn auf Reibersdorf, in Creba. Die Bilder hängen in Reibersdorf.
  66. Jetzt im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  67. Im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  68. Im Besitze des Herrn Grafen A. Einsiedel in Milkel, der als Entstehungszeit „um 1874“ angab. Ich möchte das Bild früher ansetzen. S. Abbildung.
  69. Hoch 0,71 m, breit 0,61 m. Im Besitze des Herrn Grafen A. Einsiedel in Milkel
  70. Hoch 1,03 m, breit 1,25 m. Im Besitze des Herrn Hauptmanns a. D. C. von Jena auf Mühlrädlitz in Schlesien.
  71. Im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  72. In Berlin hatte man einen „Balzenden Auerhahn“ daraus gemacht. Das Gemälde (hoch 1,12 m, breit 0,93 m) ist im Besitze des Herrn Kammerherrn von Boxberg auf Großwelka.
  73. Im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  74. Im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  75. Im Besitze der Frau Oberleutnant von Seebach in Dresden.
  76. Eine ähnliche Darstellung eines Rehbockkopfes besitzt Herr Königl. Kammerherr Graf von Einsiedel auf Milkel bei Bautzen.
  77. Im Besitze des Herrn Kammerherrn von Schroeter auf Schloß Bieberstein. S. Abbildung.
  78. Das Bild ist in Bieberstein entstanden. Während der sechziger Jahre hielt sich Rayski gelegentlich auch in Herzogswalde auf. Das dortige Gut gehörte dem schon oben erwähnten Weltreisenden Erich von Schönberg; in einem Häuschen des Dorfes hatte der Bildhauer Wolf von Hoher Quartier genommen, und im Gasthofe hauste Rayski. Dieses Kleeblatt führte ein gar originelles Leben. Wandgemälde im Hausflur des Gutes erinnern noch an jene Zeit.
  79. Im Besitze des Verfassers.
  80. Hoch 1,34 m, breit 1,03 m. Hängt – unzugänglich – in der Kommandantur der Festung Königstein. Ich sah es im Atelier eines Kopisten.
  81. Hoch 0,66 m, breit 0,55 m. Im Besitze des Herrn Kammerherrn von Schroeter auf Schloß Bieberstein.
  82. Im Besitze der Frau von Jena in Halle.
  83. Im Besitze der Frau von Jena in Halle. Hoch etwa 1,295 m, breit 0,985 m.
  84. Im Besitze der Frau verw. General M. Gräfin zur Lippe, Exzellenz, in Dresden.
  85. Jetzt im Besitze des Herrn Barons H. Blome in Dresden.
  86. Im Nachlaß des Künstlers befinden sich Skizzen mit kleinen Napoleonsfiguren (s. S. 79).
  87. Es ist übrigens nicht das einzige. An ein (später niedergebranntes) Wirtshaus zwischen Großwelka und Milkel soll er einen Jäger gemalt haben, dessen plastisch ausgearbeiteter Arm einen Bierkrug hielt. Die Herzogswalder Wandgemälde sind bereits erwähnt.
  88. In den standesamtlichen Registern ist er als „Privatmann“ aufgeführt.
  89. Es sei gestattet, an dieser Stelle eine Mitteilung wiederzugeben, die mir Herr Geheimer Hofrat Professor Paul Kießling in Dresden über eine Eigentümlichkeit Rayskis machte. Dieser Herr schreibt: „Einer Bemerkung von ihm erinnere ich mich, als wir über die Art des Malens und die verschiedenen Leinwandgründe sprachen. Er erzählte, daß er mit Vorliebe gewöhnliches schwarzes Wachstuch benützt habe. Sicherlich ein ganz eigenartiges Verfahren der gerade Gegensatz von der üblichen weißen Grundierung. Aber die schöne Glätte und die Möglichkeit, aus dem Dunkeln ins Helle zu malen, reizte ihn wie er sagte.“ Damit hängt die Gewohnheit Rayskis zusammen, die Porträts auf dunklen (meist rotbraunen oder grauen) Grund zu setzen.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Boetticher:Rayski, Ferdinand von
  2. Vorlage: erfoglt
  3. Vorlage: 1); Anmerkung aber nicht vorhanden
  4. Vorlage: Offentlichkeit