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dort besuchsweise auf sächsischen Rittergütern, insbesondere in der wildreichen Oberlausitz. Das edle Weidwerk brachte den Künstler nicht nur in innigere Beziehungen zur Natur, deren Geheimnisse er nun zu jeder Stunde des Tages und der Nacht belauschte; es vermittelte ihm auch manche wertvolle Bekanntschaft mit adeligen Familien, die allmählich zur aufrichtigen Freundschaft ward; denn Rayski war als vorzüglicher Gesellschafter ein überall und immer gern gesehener Gast.

Die Vorliebe für die Jagd gibt auch der nachfolgenden Periode vorherrschend ihr künstlerisches Gepräge. Der Maler beginnt jetzt auf seinen Bildern Landschaft und Porträt zu verbinden, indem er die Persönlichkeiten, vielfach im Jagdkostüm, in einen Naturausschnitt hineinsetzt. Damit sehen wir ihn auf demselben Pfade wandeln, den in England Francis Grant, in Deutschland während des vierten Jahrzehnts Becker eingeschlagen hatte, beides Künstler, die oben schon erwähnt worden sind. Namentlich Grant verstand es meisterhaft, die dargestellten Personen mit Attributen der Jagd (Pferden, Hunden, erlegtem Wilde u. a.) zu umgeben, so daß die Bildnisse zu Jagdszenen wurden, und er hat gerade in diesen Darstellungen sein Vorzüglichstes geleistet. Hat also Rayski sich einem 'englischen Vorbilde angeschlossen, so müßten wir wiederum zuerst an Francis Grant denken.

Eine der Jagdbekanntschaften, die Rayski damals machte, war die mit dem Rittergutsbesitzer Ludwig Hermann Gottlob von Wiedebach auf Wohla in der Oberlausiz. Wiedebach war früher Offizier gewesen, hatte aber dann die Bewirtschaftung seines Gutes übernommen und als leidenschaftlicher Jäger sich an Rayski angeschlossen. Obgleich 13 Jahre älter als dieser, war er ihm in herzlicher Freundschaft zugetan.

Einer Einladung dieses Mannes folgend, brachte der Künstler mehrere Monate des Jahres 1845 in Wohla zu. Die landschaftlichen Schönheiten jener Gegend reizten ihn sehr. Fein ausgeführte Bleistiftskizzen namentlich mit Partien aus dem Pulsnitzer Walde beweisen dies[1]. Aber auch die Persönlichkeit seines freundlichen Wirtes zog ihn an, und so entstand jenes schöne Porträt des Herrn von Wiedebach[2], das die Reihe der Rayskischen Jägerbilder in vielverheißender Weise eröffnete.


  1. Im Besitze der Frau von Jena in Halle und des Verfassers.
  2. Im Besitze der Familie von Wiedebach auf Wohla.
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Ernst Sigismund: Ferdinand von Rayski. i. A. des Dresdner Geschichtsvereins, Dresden 1907, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft20VereinGeschichteDresden1907.djvu/65&oldid=- (Version vom 17.2.2024)