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und teilweise versucht, etwas Handlung hineinzubringen. Einige der Gestalten sind mit feinem Humor wiedergegeben. Das Bild gehört der gleichen Zeit an, in der das Wermsdorfer entstanden ist, nämlich dem Jahre 1854 (nach Angabe des Besitzers).

Eines dieser Gemälde lieferte der Maler im August oder September 1860 nachträglich zur Dresdner Kunstausstellung ein. Der Katalog (unter Nr. 750) bezeichnet es nicht genauer, sondern benennt es kurz „Jagd“.

Unser Urteil über die Jagdbilder Rayskis können wir kurz dahin zusammenfassen, daß der Jägermaler hier weit über dem Jagdmaler steht. Denn dem Künstler kam es immer mehr darauf an, die Einzelpersönlichkeit in ihrer Eigenart zu erfassen, und darunter mußte die Gruppe leiden.

Es sei gestattet, gleich an dieser Stelle zwei Rayski betreffende Vorgänge aus den Jahren 1859 und 1860 anzuschließen.

Mitte November 1859 starb Frau von Rayski in dem hohen Alter von 83 Jahren. Sie hatte es noch erleben dürfen, daß sie ihren Sohn, den sie für den Offiziersberuf hatte verloren geben müssen, als gefeierten Künstler sah.

Ein Zeugnis seiner Künstlerschaft galt ihr allein: er hatte – wohl in den vierziger Jahren – ihr Bild[1] gemalt. Es ist Halbfigur in Hochoval. Die alte Dame im blauen seidenen Kleide ist nach rechts gewendet. Um die Schultern hat sie eine Mantille gelegt, das noch volle Haar bedeckt ein Häubchen. Freundlich blickt die Greisin den Beschauer an. Sehr gut ist die Gestalt aus dem dunkelen Hintergrunde herausgearbeitet. Die Farbenzusammenstellung ist wirksam und geschmackvoll.

Auch dieses Bildnis bestätigt das Urteil, das der (schon oben erwähnte) Münchener Kunstgelehrte Dr. G. K. Nagler im Jahre 1860 über Rayski abgab. Er schreibt in den „Monogrammisten“ (2. Bd., S. 882, Nr. 2471), Rayski gehöre „zu den talentvollsten sächsischen Künstlern seines Faches“, nämlich der Porträt-, Tier- und Schlachtenmalerei, und fügt hinzu: „Seine Bilder sind breit und kühn gemalt und hauptsächlich in gewisser Entfernung von großer Wirkung“. Dieses treffende Urteil ist noch 1882 von A. Seubert (im „Allgemeinen Künstler-Lexikon“ III, 122) nachgeschrieben worden.


  1. Im Besitze der Frau von Jena in Halle. S. vorige Seite.
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Ernst Sigismund: Ferdinand von Rayski. i. A. des Dresdner Geschichtsvereins, Dresden 1907, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft20VereinGeschichteDresden1907.djvu/82&oldid=- (Version vom 20.2.2024)