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wirkt es auf den ersten Blick, groß, packend. Namentlich der Kopf des Keilers, der drohend dem Beschauer zugewendet ist, hat in seiner scharfen Belichtung etwas Faszinierendes.

Eigentümlich ist die Geschichte des Bildes. Rayski sollte eine Dame in weißem Kleide malen. Lange arbeitete er daran, es wollte ihm nicht gelingen. Da riß ihm die Geduld. Er drehte die Leinwand um und entwarf mit dicken Strichen das Tierstück, das in kurzer Zeit bis zum jetzigen Zustande gediehen war. Sieht man über die bemalte Fläche hin, so bemerkt man noch heute die Untermalung[1].

Wie Rayski alle seine Gemälde sorgfältig vorzubereiten pflegte, so tat er es auch bei den Tierdarstellungen. Eine Fülle von Bleistift- und Ölstudien bestätigt das, auch die erhaltenen Skizzenbücher sind voll von derartigen Entwürfen. Es ist nicht möglich, hier auf Einzelheiten einzugehen. Wir können nur kurz andeuten. Besonders zahlreich sind die Skizzen zum Pferde (dessen Anatomie ebenfalls den Künstler eingehend beschäftigt hat), zum Reh(Köpfe, Hinterbeine, ebenso zahlreiche ganze Gestalten; eine[2] ist datiert, sie stammt aus dem Jahre 1872), zum Hunde, namentlich zum Jagdhunde; aber auch Fuchs, Eber (3 Bl., vor allem Kopfstudien), Hase, Hirsch (der „Herssenkopp“ ) ist schon am 9. August 1847 gezeichnet), Vögel (Rebhühner), ja sogar der Löwe und der Affe sind vertreten.

Diese Skizzen – mögen sie noch so anspruchslos und flüchtig sein – beweisen, daß der Künstler jahrzehntelang mit liebevoller Hingabe das Treiben der Tiere belauscht hat. Er konnte mit Recht behaupten, daß ihm kein Gebiet der Natur fremd geblieben sei.

Die Anregung zu seinen Tierstudien erhielt er von zwei Künstlern, deren Bekanntschaft er vielleicht schon früher gemacht hatte. Es waren der Tiermaler Johann Friedrich Wilhelm Wegener (geb. 1812, seit 1860 sächsischer Hofmaler, gest. 1879) und dessen Schüler Johannes Siegwald Dahl (1827 – 1902). Von Wegener besaß Rayski einen ersten Versuch mit der Radiernadel, zwei Hunde darstellend,


  1. Das Bild ist in Bieberstein entstanden. Während der sechziger Jahre hielt sich Rayski gelegentlich auch in Herzogswalde auf. Das dortige Gut gehörte dem schon oben erwähnten Weltreisenden Erich von Schönberg; in einem Häuschen des Dorfes hatte der Bildhauer Wolf von Hoher Quartier genommen, und im Gasthofe hauste Rayski. Dieses Kleeblatt führte ein gar originelles Leben. Wandgemälde im Hausflur des Gutes erinnern noch an jene Zeit.
  2. Im Besitze des Verfassers.
Empfohlene Zitierweise:
Ernst Sigismund: Ferdinand von Rayski. i. A. des Dresdner Geschichtsvereins, Dresden 1907, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft20VereinGeschichteDresden1907.djvu/92&oldid=- (Version vom 21.2.2024)