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Dem Rittmeister von Rayski war 1807 vom sächsischen Könige Friedrich August der Charakter eines Majors der Kavallerie beigelegt worden. Anfang 1812 avancierte er zum Obersten und Königl. Generaladjutanten, und bald darauf ward ihm, durch Reskript des Königs vom 6. Juni, das infolge Abgangs des Obersten von Kleist erledigte Kommando des Dragoner-Regiments „Prinz Johann“ übertragen. Mit diesem Regimente schloß sich Johann Carl von Rayski dem sächsischen Kontingente an, das dem Heere Napoleons nach Rußland folgen mußte. Am gleichen Zuge beteiligten sich des Obersten jüngerer Bruder Johann Friedrich August und sein Sohn aus erster Ehe, Carl Robert. Keiner dieser Offiziere sollte die Heimat wiedersehen. Während der zwanzigjährige Jüngling im November 1812 an der Berezina ein frühes Ende fand, gerieten die Brüder in russische Gefangenschaft. Der Oberst wurde nach der Gouvernementsstadt Witebsk transportiert. Ende Januar 1813 erlöste ihn dort der Tod von den mannigfaltigen Leiden der Gefangenschaft. In ihm verlor die sächsische Armee einen bewährten Truppenführer, der in fast dreiunddreißigjähriger Dienstzeit und in fünf Feldzügen durch große Pflichttreue sich jederzeit die Anerkennung seiner Vorgesetzten und seines Fürsten erworben hatte.

Die Nachricht vom Tode des Obersten gelangte erst im März 1813 durch einen nach Dresden gerichteten Privatbrief zur Kenntnis der Witwe, die unterdessen mit ihren sechs unmündigen Kindern der von allerhand Feinden bedrängten Residenz in das stillere Pirna geflüchtet war. Sie geriet jetzt in die ärgste Bedrängnis. Da fand sie an dem älteren Bruder ihres verstorbenen Gatten, dem Hauptmann Johann Carl Adolph von Rayski auf Kleinstruppen, einen treuen Berater. Er übernahm auch die Vormundschaft für die hinterlassenen Söhne – eine Verpflichtung, die unter den vorliegenden Verhältnissen gewiß nicht angenehm und leicht war. Denn der Verstorbene hatte nicht nur sehr unsichere Kapitalien, sondern auch Schulden hinterlassen. Daher sah die Witwe bei ihrer Rückkehr nach Dresden sich mit ihren Kindern „in die drückendste Lage versetzt“, unter der natürlich auch die Kleinen leiden mußten. Der Vormund hatte vollauf zu tun, ihre Not zu lindern. Mit manchem unliebsamen Gläubiger mußte lange verhandelt werden, ehe er sich abfinden ließ. Ebenso gingen die Außenstände nur säumig ein. Den meisten Verdruß und die langwierigsten Auseinandersetzungen

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Ernst Sigismund: Ferdinand von Rayski. i. A. des Dresdner Geschichtsvereins, Dresden 1907, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft20VereinGeschichteDresden1907.djvu/14&oldid=- (Version vom 14.2.2024)