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von diesem Bilde erhalten wir nur durch den danach gefertigten Stich in der „Bilderchronik“ genauere Kenntnis. Einer unserer feinsinnigsten Historienmaler, der Meißner Ludwig Haach, hat diesen Stich geliefert und dabei in einer dem Originale kongenialen Weise den Humor zum Ausdruck gebracht, der das Ganze belebt. Zwei Strolche haben auf ihrer Wanderung unter einem dickstämmigen Baume auf einer Anhöhe Rast gemacht. Der eine hat sich niedergesetzt, während der andere, ihm zur Seite stehend, sich an den Stamm lehnt. Beide schauen über die Wipfel der Tannen hinweg in die weite Landschaft hinaus, die man sich nach rechts zu, außerhalb des Bildes, denken muß. Es ist gewiß kein großartiger Vorwurf, den der Künstler sich hier zur Darstellung gewählt hat. Aber daß er es wagte, einen Ausschnitt aus dem Alltagstreiben, eine Szene aus dem Leben der Ausgestoßenen, der Helden von der Landstraße zu geben, in einer Zeit, in der man immer noch an idealen Landschaften und gespreizten Historien Gefallen fand – das ist sicher bemerkenswert. Es bleibt zu bedauern, daß das Original verschollen ist, da hier bei der Einfachheit des Entwurfes zweifellos die Ausführung und Farbenzusammenstimmung die Hauptsache ist.

Der Erfolg, den Rayski mit seinen ersten der Öffentlichkeit übergebenen Arbeiten hatte, mußte aufmunternd auf den Künstler wirken. Jetzt regte sich in ihm auch wieder die alte Sehnsucht, die schon in den zwanziger Jahren auf der Akademie in ihm erweckt, später gewiß von Caroline Bardua und von Maltitz neu angeregt worden war: die Sehnsucht, Paris zu besuchen und die Meister zu studieren, deren Ruhm damals die Welt durchdrang. Eine Unterstützung, die ihm sein Oheim von Broizem gewährte, ermöglichte ihm jetzt die Ausführung des langgehegten Planes, und fort ging es nach der kunstsinnigsten Stadt der Welt, nach Paris.


Paris (1834 – 1835[1]).

Als Rayskis zweites Genrebild im Kunstverein zur Verlosung gelangte, hatte der Künstler Dresden bereits wieder verlassen. Sein Weg führte ihn direkt nach der Hauptstadt Frankreichs.

Das künstlerische Leben, das er dort vorfand, war vielgeſtaltig. Es lassen sich in der damaligen französischen Malerei deutlich drei


  1. Das Jahr 1835 ist nur hypothetisch.
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Ernst Sigismund: Ferdinand von Rayski. i. A. des Dresdner Geschichtsvereins, Dresden 1907, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft20VereinGeschichteDresden1907.djvu/39&oldid=- (Version vom 16.2.2024)