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Taten lechzendes Talent, in starren Formen erstickend, suchte sich daher auf einem falschen Wege Luft zu machen. Es bedeutet wohl mehr als bloße Bubenstreiche, wenn der junge Kadett zum Gaudium seiner Kommilitonen an die Wände des Hauses mit schwarzer Farbe die wohlgetroffenen Konterfeis seiner Lehrer anmalte – es offenbart sich darin der Drang nach Betätigung der innewohnenden Kraft.

Enttäuscht stehen wir dagegen schon den im August 1821 zur Kunstausstellung eingelieferten Arbeiten des Jünglings gegenüber. „Eine Bauernfamilie, in Öl gemalt“ (Ausstellungskatalog 1821 Nr. 197) und ein nicht näher bezeichnetes „Viehstück“ nach dem Niederländer Paulus Potter (Nr. 201) erscheinen, an den bisherigen Leistungen Rayskis gemessen, als bloße Pinselübungen, als ein Übertritt in ein fremdes Gebiet, an dem höchstens das Genrehafte interessieren konnte. Nehmen wir an, auch die „Bauernfamilie“ sei eine Kopie nach einem niederländischen Meister (etwa nach D. Teniers, C. Dusart oder A. von Ostade) gewesen – was dem Sujet nach durchaus nicht unwahrscheinlich ist – so haben wir deutlich den Einfluß des neuen Lehrers. Es ist nicht zu leugnen, daß auch derartige Arbeiten für den angehenden Künstler ihr Gutes hatten: sie schärften ihm den Blick für die kleinen Vorkommnisse des täglichen Lebens, und dies kam ihm später bei seinen Genrebildern zu statten. Aber seinem eigentlichen, selbstgewählten Gebiete wurde er dadurch entfremdet.

Nur eines der 1821 ausgestellten Ölgemälde Rayskis, ein „Gefecht“ (Katalog Nr. 198), erinnert an die eigenartige Richtung seines Urhebers, der jetzt gleichsam tastend nach dem seiner natürlichen Anlage entsprechenden Stoffe suchte.

Die künstlerische Förderung, die Rayski auf der Offiziersschule nicht fand, hoffte er auf anderem Wege gewinnen zu können. Er meldete sich deshalb nebenbei zur Aufnahme in die Kunstakademie und – hatte Erfolg. Nicht ausgeschlossen ist, daß sein früherer Lehrer Faber dort für ihn gesprochen hatte. Am 16. November 1823 wurde der Kadett als „Zögling der Zeichen- und Mahlerkunst“ in die dritte, unterste Klasse der Akademie aufgenommen. Diese Klasse war damals in die sogenannte „Industrieschule“ und die „Kunstschule“ geteilt. Rayski trat in die Kunstschule ein. Sie mußte jeder angehende Kunstjünger besuchen, der das Figuren- oder Landschaftszeichnen erlernen wollte. H. G. Arnold, Mitglied der

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Ernst Sigismund: Ferdinand von Rayski. i. A. des Dresdner Geschichtsvereins, Dresden 1907, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft20VereinGeschichteDresden1907.djvu/24&oldid=- (Version vom 15.2.2024)