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Ton ist weich, seidig; die Verteilung der hellen und dunklen Partien zeugt von beachtenswerter Eigenart. Für letztere ist die Art der Darstellung ebenfalls ein Beweis. Die Gestalt ist geschlossen, mit starker persönlicher Note hingestellt; alles Nebenwerk ist in den Schatten gerückt.

Der Künstler hat sich bei dieser Darstellung an seinen zweiten Entwurf gehalten, der in einer Bleistiftskizze noch vorliegt. Sie zeigt, ebenso wie das Gemälde, den Kaufherrn frei stehend, in ganzer Figur, die Hände über dem Leibe verschränkend (oben ist eine Studie der verschränkten Hände, rechts eine solche des Kopfes allein). Auf dem ersten, andersartigen Entwurfe stemmt der Porträtierte die rechte Hand in die Seite, die linke aber legt er auf die Lehne eines Stuhles auf, der rechts vor einem Tische steht. Bei dieser Zeichnung ist auch in der linken Ecke noch ein Stück einer Staffelei mit einem Gemälde sichtbar, das der Dargestellte zu beschauen scheint. In beiden Entwürfen[1] hat also der Zeichner auf Schletters Vorliebe für Gemälde hingedeutet.

Das große Ölbild kam 1884 als Geschenk in das Leipziger Museum. Es ist verwunderlich, daß dieses Werk, welches die höchsten künstlerischen Qualitäten zeigt und nun fast ein Vierteljahrhundert in einer öffentlichen Sammlung (also allen zugänglich, wenn auch wenig günstig) hängt, nicht schon längst die Aufmerksamkeit der Kunstfreunde auf seinen Urheber gelenkt hat. Man mußte erst jetzt in Berlin, auf einem Umwege, erkennen, einen wie eigenartigen Künstler unser Sachsenland in Rayski besessen hat. Das ist ein bedauerliches Zeichen der Interesselosigkeit, mit der man bisher der sächsischen Kunst im allgemeinen gegenübergestanden hat und zum Teil leider noch steht. Möge die Zukunft das ändern!

In den Bildnissen seiner Schwester, des Domherrn von Schroeter und Schletters hat Rayski den Höhepunkt seines Schaffens, wenigstens auf dem Gebiete des Porträts, erreicht. Hier hat er in künstlerischer Freiheit Vorbilder verarbeitet, die er damals nur außerhalb Deutschlands finden konnte. Welche waren es?

Man hat auf Thomas Lawrence hingewiesen, und in der Tat scheint manches für ihn als Vorbild des deutschen Meisters zu sprechen. Zum Beispiel erinnert die Darstellung bei „Mimis“


  1. Im Besitze der Frau von Jena in Halle.
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Ernst Sigismund: Ferdinand von Rayski. i. A. des Dresdner Geschichtsvereins, Dresden 1907, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heft20VereinGeschichteDresden1907.djvu/62&oldid=- (Version vom 17.2.2024)