Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Pflanzenart, steigt mit Luftwurzeln an Bäumen und Mauern empor
Band V,2 (1905) S. 28262847
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Epheu. Der E., Hedera L., breitet sich in der Jugend auf der Erde aus oder steigt vermittels seiner Haftorgane (Luftwurzeln) an Bäumen, Mauern u. s. w. empor. Im ersteren Falle trägt er weder Blüten noch Früchte, in letzterem auch erst bei höherem Alter. Erreicht er ein noch höheres Alter, von mehreren Jahrzehnten, reißt er sich von seiner Stütze Ios und wird baumartig. Auch Pflanzen, welche aus Stecklingen von Zweigen blühender Exemplare gezogen sind, bilden nur aufrechte, einer Stütze nicht bedürfende Sträucher. In der Jugend des Strauches sind die Blätter eckig gelappt, an den blühenden Zweigen aber von verschiedener Gestalt. Bei der in Europa heimischen Form. Hedera helix L., mit einfacher Dolde sind sie eiförmig zugespitzt, bei der auf den Canaren, in Nordafrica, Portugal und [2827] Irland heimischen Hedera canariensis Willd. mit verzweigter Dolde herzförmig und bei der von Japan bis Kolchis verbreiteten Hedera colchica Koch mit einfacher Dolde lanzettlich oder elliptisch und groß, ja bei der letzteren sind sogar die Blätter der sterilen kaum gelappt. Von der Hedera helix L. finden sich Spielarten, besonders mit weiß- und gelbbunten und weißgerandeten Blättern im Süden Europas, besonders auf der Balkanhalbinsel auch eine Varietät mit gelben Früchten statt der gewöhnlichen schwarzen. Daß auch eine Spielart mit weissen Früchten vorgekommen sei, nimmt P. Bubani (Flora Virgiliana, 1868, 59) an, indem er sich auf die Beobachtung des Franzosen Pierre Belon (Observ. in Clus. exotic. I c. 44. II c. 104), welcher 1546–1549 den Orient bereist hat, beruft. Ein anderer, bald nach Belon lebender Franzose, Pierre Pena, will diese Spielart in Pisa gesehen haben (K. Sprengel Erläuterungen zu Theophrast, 1822, 123 nach Lobel Advers. 269). Eine solche soll auch nach J. Bosse (Vollst. Handb. d. Blumengärtnerei, 1840–1842, II 220) in Hamburg käuflich gewesen sein und mag daher auch wirklich ab und zu sich gebildet haben.

Die alten Benennungen κισσός und hedera, jene aus einer Grundform χ‿θ‿σός, diese aus ghedesā hervorgegangen, sind mit altindisch (pari-) gadhita-s = umklammert auf = fassen, zurückzuführen (W. Prellwitz Etym. Wörterb. d. gr. Spr. 1892; ähnlich D. Laurent et G. Hartmann Vocabul. étymol. de la langue gr. et de la langue lat. 1900, 282). Da das ι in κισσός bei dieser Etymologie Schwierigkeiten mache, will L. Horton-Smith (Americ. Journal of philol. XII 1895, 38–44) eine ursprüngliche Form κεσσός annehmen, welche später mit dem Namen der Landschaft Κισοία = Σουσιανή verknüpft sei. Spät (bei Harpocr. s. Κισσοφόρος) findet sich ἡ κίσοα. Heute heisst der E. ngr. ὁ κισσός, ital. edera und ellera. Nach Hesychios hatte der E. noch andere Namen: ἰψός bei den Thuriern, κάγχαμος den Krotoniaten, κεισός (?), κεκεῖνα, bei den Chalkidiensern σμηρία, bei den Indern εὐάν. Wieder andere Synonyma geben Ps.-Dioskurides (II 210) und Ps.-Apuleius (de medicam. herb. 98. 119), darunter jener gall. subites, dieser gall. bolussellos. Die Ägyptier sollen den E. χενόσιρις nennen, und sie erklären den Namen dadurch, dass der E. dem Osiris heilig sei (Plut. de Is. et Os. 37). Theophrast (h. pl. III 18) sagt: der E. ist vielgestaltig; besonders scheint es drei Arten zu geben, den weissen mit weissen Früchten oder Blättern, den schwarzen und die ἕλιξ; von den weißfrüchtigen hat der eine dichte und zusammengedrängte Früchte wie eine Kugel und wird von einigen κορυμβίας genannt, von den Athenern aber acharnensischer; der kleinere aber hat wie der schwarze ausgebreitete Früchte; der schwarze zeigt weniger merkliche Verschiedenheiten (§ 6). Die ἕλιξ unterscheidet sich von den beiden anderen Arten sowohl durch ihre kleinen, eckigen und symmetrischen Blätter, sofern die des κιττός rundlicher und ungeteilt sind, als durch die langen Triebe und ihre Unfruchtbarkeit; dieser Unterschied dürfte aber auf dem Alter, nicht der Art beruhen, da nach der Behauptung einiger jede ἕλιξ sich in κιττός verwandelt (§ 7; vgl. Theophr. h. pl. I 3, 2. 10, 1; [2828] c. pl. II 18, 2; dies bestreitet Plin. XVI 148). Hauptsächlich sind drei Arten der ἕλιξ zu unterscheiden: 1. die krautartige mit grünen Blättern, welche am häufigsten vorkommt, 2. die mit weissen (weissgerandeten?), 3. die mit bunten Blättern, welche einige die thrakische nennen (§ 8). Derjenige κιττός, welcher an Bäumen wächst, wird am stärksten und bisweilen zum Baume (§ 9). Er sendet aus den Stengeln Wurzeln aus, mit welchen er sich an Bäume und Mauern anklammert; indem er jenen den Saft entzieht, trocknet er sie aus (§ 10; vgl. Theophr. c. pl. I 4, 3. II 18, 2) und tötet sie (§ 9); er kann daher, wenn er unten abgehauen wird, weiter leben (§ 10). Sowohl die schwarzen als die weissen Früchte können bald süßlich, bald sehr bitter sein, weshalb die Vögel die einen essen, die andern nicht (§ 10; vgl. Ar. av. 238 und Col. VIII 10, 4).

Das Wort ἕλιξ hat ursprünglich die Bedeutung ,gewunden‘ und ,Windung‘, wie es denn auf = winden, umhüllen, zurückgeführt wird (Prellwitz a. a. O.). Daher kann der κισσός überhaupt ἕλιξ, gewunden (Nonn. XII 98), seine Windungen ebenso genannt (Ar. Thesm. 999) und von der ἕλιξ gesagt werden, daß sie an Bäumen wachse (Theophr. h. pl. VII 8, 1), und sogar von einer ἕλιξ mit safranfarbiger Frucht (Theocr. 1, 31) gesprochen werden. Das Wort κορυμβίας ist von κόρυμβος gebildet. Dieses bedeutete ursprünglich ,das Oberste‘, ,die Kuppe‘ u. dgl., bei den Pflanzen mitunter verschiedene, der E.-Dolde ähnliche Blüten- oder Fruchtstände, beim E. aber gewöhnlich die Fruchtdolde (Verg. Ecl. 3, 39. Ps.-Verg. cul. 144. Ovid. met. III 665. Philonides med. bei Athen. XV 675 d. Caes. Bass. bei Baehrens Fragm. poet. lat. p. 364, 5. Diosc. II 210. Plin. XVI 146. XXI 52. XXIV 76. 78. 79. Plut. symp. III 2. 1. Athen. XV 675 d. Philostrat. im. I 13, 2. Nemesian. 3, 18. Long. III 5. IV 2. Alex. Trall. I 491 Puschm. Geop. XI 30, 2. 4. Corp. gloss. lat. III 556, 46. 581, 19. 588, 47. 609, 28. 621. 18), seltener den ganzen Zweig (Tib. I 7, 45. Prop. III 30 ⟨28⟩, 39. IV 17 ⟨16⟩, 29. Iuven. 6, 52. Strat. Anth. Pal. XII 8. Plin. XXI 55 ?, vgl. Corp. gloss. lat. III 558, 28. 622, 33), aber wohl nie die Blütendolde. Dies angenommen, finden wir, abgesehen von dem schwarzen, nicht nur weissen (Ps.-Hipp. II 161. 729. 862 K. Theophr. a. a. O. und IX 18, 5. Moschion bei Athen. V 207 d. Verg. ecl. 7, 38. Diosc. eup. I 60. II 48. Plin. XVI 145ff. XXIV 76. 77. Marc. Emp. I 28. Geop. XI 30, 3), safranfarbigen (Theocr. epigr. 3. 4. Nikainetos Anth. Pal. XIII 29) und goldfrüchtigen (Plin. XVI 147. XXIV 77. Diosc. eup. I 72. Ps.-Apul. 119) E. und gelbe Beeren (luteae, Marc. Emp. 16, 86) oder safranfarbige Frucht (Theocr. 1, 31) erwähnt, sondern auch goldig blaßgrüne (Ps.-Verg. cul. 144), gelbe (ebd. 405. Calpurn. ecl. 7, 9) und safrangelbe (Nik. bei Athen. XV 683 c; lutei bei Caes. Bass. a. a. O.) Fruchtstände. Ja sogar der Saft der Beeren wird einmal safranfarbig genannt (Plin. XXIV 78), und dieser Saft mag wohl den safranfarbigen Früchten eigen gewesen sein, während gewöhnlich corymbi zum Schwarzfärben der Kopfhaare dienen sollten (vgl. unten Diosc. II 210), wohl weil das Fruchtfleisch derselben einen blauroten Farbstoff enthält (G. Dragendorff [2829] D. Heilpflanzen, 1898, 503) und an der Luft nachschwärzen mag. Man könnte nun annehmen, daß stets mit der weissen Farbe, soweit sie sich auf die Früchte bezieht, nur eine helle, nämlich die gelbe gemeint sei, da auch Plinius (XXIV 78) nur candidior corymbus, also nur ,weisser als gewöhnlich‘ sagt, während an der entsprechenden Stelle Theophrasts (h. pl. IX 18, 5) die Frucht des weissen E. genannt ist. Doch sprechen dagegen, daß man nicht auch weisse Früchte gemeint habe, wohl die Worte des Dioskurides (II 210): Der E. zeigt viele verschiedene Formen, hauptsächlich aber drei, der eine nämlich wird weisser, der andere schwarzer, der dritte ἕλιξ genannt; der weisse trägt weisse Früchte, der schwarze schwarze oder safranfarbige, welchen das Volk auch den dionysischen nennt; der ἕλιξ aber ist unfruchtbar, hat dünne Zweige und kleine, eckige und rötliche (oder wohl εὔρυθμα, d. h. symmetrische, nach Theophr. h. pl. III 18, 7 und Plin. XVI 148 statt ἐρυθρά) Blätter. Immerhin mag damals wie auch späterhin die Spielart mit weissen Früchten sehr selten und lediglich ein Produkt der Cultur (vgl. Geop. XI 30, 3) gewesen sein. Der kretische E. (Ps.-Hipp. II 734) kann wohl nicht wesentlich von der schwarzfrüchtigen Hedera helix verschieden gewesen sein, da nur diese Varietät heute dort beobachtet ist.

Sehr oft begegnen wir der Behauptung, daß der E. den Bäumen, an denen er wächst, schädlich sei (Theophr. h. pl. IV 16, 5; c. pl. II 18, 3. Plin. XVI 144. Plut. quaest. rom. 112) oder sie sogar töte (Theophr. c. pl. V 5, 4. 15, 4. Plin. XVI 243. XVII 239), z. B. den Weinstock (Philippos Anth. Pal. XI 33). In der Tat stört er die Zirkulation der Säfte bei den Bäumen, an denen er wächst, und verhindert den Zutritt des Lichts, so daß er jenen unter Umständen tödlich werden kann. Dagegen steht die Behauptung Theophrasts (vgl. oben), daß er, unten abgehauen, weiter leben könne, im Widerspruch mit dem heute für Frankreich und Italien empfohlenen Verfahren, den E., wenn er Schaden zu bringen scheine, unten abzuhauen, damit er vertrockne. Übrigens werden als Bäume oder Sträucher, an denen der E. wächst, außer dem Weinstock (Philippos a. a. O., vgl. Verg. ecl. 3, 39 und unten die Sage von Kissos), besonders die laubwechselnde Eiche (δρῦς, Eur. Hec. 398), die Ilexeiche (Hor. epod. 15, 5), Cypresse, Lorbeer, Platane und Pinie (Long. IV 2) genannt. Daß E. auf den Hörnern eines lebenden Hirsches gewachsen sei (Theophr. c. pl. II 17, 4. Ps.-Arist. hist. an. IX 38 W.; de mirab. ausc. c. 5 = Antigon. Car. c. 29. Plin. VIII 117), wurde schon von Athenaios (VIII 353 a) in Frage gestellt und war nach L. Stephani (Compte-rendu de Pétersb. pour 1863, 222. 7), ein Glaube, welcher auf der engen Verwandtschaft (?) zwischen dem Hirsch und dem bakchischen Kreise, dem der E. heilig war, beruhte. Von den Blättern sagt Theophrast (h. pl. I 10, 2 = Plin. XVI 88), daß sie auf der unteren Seite (ἐν τοῖς πρανέσιν = superne) glatt seien, sofern die Nervatur mehr auf der Oberseite hervortritt; von den Blüten (Theophr. h. pl. I 13, 1), daß sie wollig seien, sofern die Blütenstandszweige behaart sind; ferner (ebd. 4), daß sie an den ganzen Fruchthüllen selbst, jedoch nicht an [2830] der Spitze oder am Rande, sondern an den mittleren Teilen derselben sässen, wenn dies auch wegen des Flaums nicht ganz deutlich sei, d. h. die fünf Kronenblätter sitzen am Rande des gewölbten Polsters, mit welchem der Fruchtknoten bedeckt ist. Die Früchte reifen spät (ebd. III 4, 6), bezw. früh (Theophr. c. pl. I 10, 7), nämlich am Ende des Winters. Das Holz ist warm (c. pl. II 7, 3; h. pl. V 3, 4 = Plin. XVI 207). Nach ihm (Theophr. c. pl. I 21, 6) hatte Menestor behauptet, der E. sei so warm, daß sich auf ihm nicht einmal der Schnee halte (vgl. Plut. symp. III 2, 1; anders ebd. 2), und gekrümmt infolge der Wärme seines Markes (aus Mangel an Wärme Plut. ebd.). Er liebt die Kälte (Theophr. c. pl. II 3, 3), kalten (Verg. georg. II 258) oder feuchten Boden (Vitruv. VIII 1, 3. Plin. XXXI 44. Pall. IX 8, 4. Geop. XI 30, 1), wächst im Hain von Kolonos (Soph. Oed. Col. 680), an Felsgrotten (Theocr. 3, 14. 11, 46; in Africa Diod. XX 41; an der Grotte des Silvanus am tarpeischen Felsen, Prop. V 4, 3) und auf einer Wiese (Marcian. Schol. Anth. Pal. IX 609). Er findet sich auf der troischen Ida (Eur. Troad. 1066), im Tale Tempe (Aelian. v. h. III 1), auf dem Kithairon (Ps.-Verg. cul. 144), im Pontosgebiet, wo er im Winter blüht (Arist. hist. an. V 122 W.), und soll im Gebiet von Acharnai zuerst gewachsen sein (vgl. unten). Über sein Vorkommen in Asien sagt Theophrast (h. pl. IV 4, 1 und bei Plin. XVI 144. Plut. symp. III 2, 1; Alex. 35; vgl. Curt. VIII 10, 14. Paul. Nol. carm. 26, 278): Man sagt, daß in Asien, jenseits Syriens, fünf Tagereisen vom Meere ab der E. nicht vorkomme; jedoch in Indien sei er auf dem Berge Meros (an der Kreuzung des Himalaya und Hindukuh) gesehen, woher nach der Sage auch Dionysos stamme; daher solle auch Alexander, als er Indien verlassen habe, sowie sein Heer mit E. bekränzt gewesen sein; außerdem wachse er nur noch in Medien; er scheint nämlich das Meer zu umgeben und mit ihm zusammenzugehören; trotzdem gab sich Harpalos große Mühe, in den Gärten Babyloniens den E. Griechenlands anzupflanzen, aber vergebens, wegen des ungeeigneten Klimas. Von anderen (Strab. XV 687. Arrian. an. V 1, 6; Ind. 5, 9) wird noch hinzugefügt, daß die dort gelegene Stadt Nysa, angeblich die einzige Gegend Indiens, wo E. wachse, von Dionysos gegründet sein sollte, oder (Diod. I 19), daß Osiris in Nysa den E. angepflanzt habe. Diese von Einheimischen aufgestellte Behauptung erklärte aber schon Megasthenes (bei Strab. XV 711f.) für eine Fabel, und Plinius (XVI 144) sagt, daß zu seiner Zeit der E. in Asien schon wachse.

Plinius (XVI 144ff.) spricht sich überhaupt über den E. ausführlich aus, und zwar meist unter direkter oder indirekter Anlehnung an Theophrast. Zuerst erwähnt er, daß Theophrast das siegreiche Heer Alexanders aus Indien nach dem Vorbilde des Dionysos mit E. bekränzt zurückkehren lasse; daß noch zu seiner Zeit die Thraker bei ihren heiligen Gebräuchen die Thyrsen, Helme und Schilde dieses Gottes mit E. schmückten, obwohl er den Bäumen und überhaupt allem schädlich sei, Grabmäler und Mauern überziehe und den Schlangen einen kühlen Aufenthalt gewähre, so daß es wunderbar sei, daß ihm überhaupt [2831] Ehren erwiesen seien. Im folgenden (§ 145, vgl. XXI 55) bezieht er das von Theophrast vom κίσθος (h. pl. VI 2, 1), d. h. der Cistrose, Gesagte fälschlich auf den E. Dann (§ 145. 146) folgt er Theophrast (ebd. III 18, 6), nur mit dem Zusatz, daß die corymbi auch Silenici (von Seilenos) genannt würden. Dann behauptet er (ähnlich wie Diosc. II 210), daß der safranfarbige zu Dichterkränzen benutzt werde, weniger dunkle Blätter habe, teils nysischer, teils bakchischer heiße und unter den schwarzen E.-Sorten die größten Fruchtdolden habe; auch fügt er hinzu, daß einige Griechen von diesem E. zwei Arten, eine rötliche (vgl. XXIV 82) und eine goldfrüchtige (vgl. ebd. 77) unterschieden. Weiter wiederholt er das von Theophrast (ebd. III 18, 7–10) Gesagte, bezieht aber (§ 151. 152) einiges wohl mit Unrecht nur auf den weißen E. Besonders fügt er (§ 152) noch hinzu, daß der ohne Stütze aufrecht wachsende E. orthocissos genannt werde, dagegen der nur am Boden kriechende chamaecissos (vgl. XXIV 82). Mit der ersteren Behauptung hat er wohl Recht (vgl. Col. XI 2, 30); doch scheint χαμαίκισσος (Diosc. IV 124) weder E. noch Antirrhinum asarina L., da diese Pflanze nur in Spanien und Südfrankreich vorkommt, sondern wie wohl auch die hedera terrestris (Veget. mul. II 20, 1) der Gundermann, Glechoma hederacea L., gewesen zu sein, da dieser noch heute in Italien edera terrestre genannt wird. Zwei Arten der κυκλάμενος, welche unter anderen auch die Namen κισσάνθεμος und κισσόφυλλον (Diosc. II 193. 194; vgl. eup. II 78 und Plin. XXV 116) hatten, werden jene für eine Cyclamenart, diese für Lonicera periclymenum L. gehalten, obwohl Galenos, vielleicht aber nur durch die Bedeutung von κισσάνθεμος verleitet, von der zweiten Art sagt, daß sie ähnliche Blüten wie der E. habe. Die eine Art der ἑλξίνη hieß unter anderem auch μελάμπελος, κισσάμπελος und κισσάνθεμος (Diosc. IV 39) und wird für Convolvolus arvensis L. gehalten, obwohl wiederum Galenos (XI 875) ihr den wenig für letztere Pflanze passenden Namen ,schwarze ἑλξίνη‘ giebt. Der μαλακόκισοος (Geop. II 6, 24. 31) kann die Zaunwinde, Convolvolus sepium L. sein. Interessant ist es, daß nach Plinius (XXIV 75) zwanzig Arten des E. unterschieden wurden, doch gibt er diese nicht näher an.

Eine künstliche Anzucht des E. ist wohl vorauszusetzen, wenn von seinem Vorkommen in Gärten die Rede ist (Ar. av. 238), der Wunsch ausgesprochen wird, daß E. das Grabmal des Sophokles umwinden möge (Simmias Anth. Pal. VII 22), und Harpalos den erwähnten Versuch der Anpflanzung in Babylonien machte, oder wenn auf dem Frachtschiffe des jüngeren Hieron E. in Fässern, die mit Erde gefüllt waren, stand (Moschion bei Athen. V 207 d). Eine Anleitung, den E. im Garten durch zusammengebundene Stecklinge zu erziehen, gibt Nikandros (bei Athen. XV 683 c). Auch später finden wir den E. in Gärten bei Mytilene (Long. IV 2) und gepflanzt vor der Hütte eines lesbischen Hirten (ebd. III 5). Letzteres sollte in Griechenland durch einer- oder beiderseits beschnittene Stecklinge (Geop. X 3, 6) vor dem 1. November oder nach dem 1. März (ebd. XI 30, 1) geschehen, und man empfahl, die Wurzeln mit Wasser, in dem Kreide aufgelöst [2832] sei, acht Tage hindurch zu begießen, um aus schwarzem weissen E. zu machen (ebd. 3). Bei den Römern wird seine künstliche Vermehrung wohl nicht lange vor dem J. 54 v. Chr. vorgekommen sein, als der Gärtner Ciceros (ad Q. fr. III 1, 5) die Grundmauern seines Landhauses und die Räume zwischen den Säulen der Wandelbahn mit E. verkleidet hatte. Ähnlich rankte sich übrigens auch später auf einem Landgute des jüngeren Plinius (V 6, 32) E. um die Platanen, mit welchen der Hippodrom eingefaßt war, und seine Guirlanden zogen sich von Baum zu Baum. Auch wurde er im Garten (Verg. georg. IV 124. Plin. XXIV 76) zu Kränzen für ein Mädchen (Hor. carm. IV 11, 4) und an Gräber (Ps.-Verg. cul. 405) gepflanzt. Da die Bienen von den Blüten Honig sammeln (Arist. hist. an. V 122 W. Col. IX 4, 2), sollte er in der Nähe des Bienenstandes angepflanzt werden (Pall. I 37, 2). Die Stecklinge sollten nach Mitte Februar oder nach 1. März eingesetzt werden (Col. XI 2, 30). Die Anpflanzung, welche übrigens auch mittels Absenker geschehen konnte (Plin. XVII 96), durfte jedoch nicht mehr während der Blüte der Pferdebohne geschehen, da jede Berührung der Pflanze in dieser Zeit für sie verderblich sei (ebd. XVIII 245). Auch glaubte Plinius (XXVIII 78), dass der E. getötet werde, wenn bei Sonnenaufgang Menstruationsblut auf ihn falle.

Anwendung

Bei Homer (Od. XIV 78. XVI 52), der sonst den E. nicht erwähnt, mischt der Sauhirt Eumaios in einem κισσύβιον den Wein und (ebd. IX 346) gibt Odysseus daraus solchen dem Polyphemos zu trinken. Auch Kallimachos (bei Athen. XI 477 c) nennt einen kleinen Weinbecher κισσύßιον. Bei Theokrit (1, 27ff.) besitzt ein Hirt ein hölzernes (vgl. den buchenen Pokal bei Verg. ecl. 3, 37) κισσύβιον, welches zum Teil mit ausgeschnitztem E. verziert war. Der byzantinische Epigrammatiker Agathias (Anth. Pal. V 289, 2. 296, 2) bezeichnet mit diesem Worte einen Weinbecher, und der ganz späte Erotiker Eustathios (Eumathios?) ein Melkgefäß der Hirten (I 5). Von den Gelehrten wurde das Wort sehr verschieden erklärt (vgl. Athen. XI 476 f–477d). So, daß es aus E.-Holz (Hesych. Timotheos bei Eustath. p. 1631, 60), aber nur eigentlich daraus bestehe (Phot. lex. Suid. Eustath. ebd.) oder vielleicht ursprünglich daraus bestanden habe (Eumolpos bei Athen. ebd. 477 a und Athen. ebd. d. Schol. Hom. Od. IX 346. Etym. M. 515, 34) oder so genannt sei, weil es von E. umrankt gewesen (Poll. VI 97); es sei nur von Hirten und Landleuten gebraucht worden (Neoptolemos Parian. bei Athen. ebd. a. Asklepiades Myrl. ebd. b und bei Eustath. p. 1632, 5. 1751, 50. Schol. Hom. ebd. und XIV 78); das des Eumaios sei ein κύμβιον (Dionys. Sam. bei Athen. ebd. d), also eine kleine Schale gewesen. Auch wollte man dem Wort die allgemeine Bedeutung von Trinkgefäß geben, indem man eine Form χυσίβιον voraussetzte (Etym. M. ebd.) oder es von χεῖσθαι = χωρεῖν (in sich fassen) ableitete (Athen. ebd. Eustath. p. 1835, 17). Auf eigentümliche Weise erklärt es Nikandros (bei Athen. ebd. b und Eustath. p. 1632, 8), nämlich daher, daß man dem didymaeischen Zeus das Trankopfer in E.-Blättern darbringe. Nach dem Gesagten darf man wohl annehmen, daß das κισσύβιον [2833] Homers ein Weinbecher oder wohl eine Weinschale aus E.-Holz gewesen sei, man aber später darunter vielleicht nur einen mit Schnitzwerk in Form von E. geschmückten Becher verstanden habe. Becher von E.-Holz werden nämlich von den Alten auch sonst erwähnt, so ein Weinbecher des Königs Admetos (Eur. Alc. 756; vom Scholiasten κισσύβιον genannt), ein Milchbecher der Hirten (Eur. bei Athen. XI 477 a und Eustath. p. 1632, 9) und ein Arzneibecher (Ps.-Theodor. Prisc. p. 324, 15 Rose). Den Becher, aus welchem Odysseus dem Polyphemos zu trinken gibt, läßt Euripides (Cycl. 390. 411) aus E. bestehen und mit Übertreibung drei Ellen breit und vier Ellen tief sein. Immerhin soll der Stamm des E. Mannesstärke erreichen können, wenn auch zuzugeben ist, daß das weiche (Seren. Samm. 404), schwammige und poröse Holz für Flüssigkeiten ziemlich stark durchläßig sein muß. Auf letzterer Eigenschaft beruht denn auch der Rat Catos (agric. 111. Plin. XVI 155), zur Probe, ob Wein mit Wasser gemischt sei, ihn in ein Gefäß aus E.-Holz zu gießen, da alsdann der Wein durchfließen, das Wasser aber darin zurückbleiben werde. Freilich befindet wiederum Cato sich hier im Irrtum, da nach Versuchen J. Hessels (D. Weinveredelungsmethoden des Altert., 1856, 13f.) das E.-Holz für Wasser und Alkohol gleich durchläßig ist. Ferner sollte es für Milzkranke dienlich sein, ihre Getränke in solchen Bechern zu sich zu nehmen (Plin. XXXIV 79. Seren. Samm. 404). Noch wunderlicher nimmt sich übrigens die Behauptung desselben Plinius (XVII 101) aus, daß die Menschen das Pfropfen der Bäume aus dem zufälligen Umstande kennen gelernt hätten, daß ein Landmann bei Errichtung eines Zaunes unter die Pfähle eine Schwelle aus E.-Holz gelegt habe, worauf jene zu sprossen begonnen hätten. Dagegen machte man die besten Reibfeuerzeuge nach Menestor (bei Theophr. h. pl. V 9, 6; vgl. de igne 64 und Plin. XVI 208) aus diesem Holze, da es am schnellsten aufflammt (Theophr. h. pl ebd.). Endlich ist hier noch zu erwähnen, daß Cato (agric. 54, 2) im Herbst statt mangelnden Heus den Rindern Blätter des E. zum Futter geben wollte. Von den Blättern nähren sich denn auch die Ziegen (Eupolis bei Plut. symp. IV 1, 3 und Macrob. VII 5, 9).

Medizin

In der Medizin fand bisweilen der E. seitens der Hippokratiker Anwendung; die Blätter mit dunklem Wein befeuchtet äußerlich als Astringens (Ps.-Hipp. II 161 K.); ein Decoct von ihnen zur Reinigung der Gebärmutter (ebd. 732), von Geschwüren (ebd. 734), zur Bähung bei Gebärmutterausfluß (ebd. 858); ein Decoct von ihnen und andern Blättern zur Einspritzung gegen Blasensteine der Jungfrau (ebd. 598): zerriebene Blätter als Mutterzäpfchen bei Verschiebung (ebd. 585) und Vorfall (ebd. 825) der Gebärmutter; ihr Saft oder die Beeren in Wein getrunken, um das Weib nach der Menstruation empfänglich zu machen (ebd. 643); die Frucht mit Bohrmehl von Wachholder als Mutterzäpfchen zur Abtreibung des toten Fötus (ebd. 729); der Same (oder die Beere σπέρμα) mit Pinienrinde in herbem Wein getrunken bei Leukorrhöe aus der Gebärmutter (ebd. 862); die gekochte Wurzel zerrieben als Bestandteil eines Pflasters bei entzündetem und vorgefallenem After [2834] (ebd. III 338). Dioskurides (II 210) sagt: ,Aller E. ist scharf, astringierend und greift die Nerven an (nur bei innerlichem Gebrauch nach Plin. XXIV 75; vgl. Marc. Emp. 36, 36); die Blüten in Wein getrunken helfen bei Dysenterie (ebenso eup. II 48. Plin. ebd. 79. Plin. Iun. p. 48, 12. 52, 11 Rose. Marc. Emp. 27, 74), zerrieben auf Wachspflaster gegen Brandwunden (Plin. ebd. Plin. Iun. 84, 3; die Asche der Beeren nach Plin. ebd. 80); die ganzen Blüten in Essig gekocht und aufgelegt heilen die kranke Milz (ebenso Gal. XII 30, auch die corymbi nach Diosc. eup. II 62, die Beeren nach Ps.-Apul. 98, vgl. Scrib. Larg. 129; der Saft der Blätter auch im Getränk nach Plin. ebd. 76 und Seren. Samm. 409; vgl. Plin. ebd. 77. Marc. Emp. 23, 3. 60); der Saft der Blätter und Fruchtdolden in die Nase gegossen Kopfschmerzen (vgl. Scrib. L. 2. Marc. Emp. 1, 7; oder E.-Saft überhaupt nach Scrib. L. 7. Plin. XXIV 77. Gal. XII 30; vgl. Plin. ebd. 75. Marc. Emp. 1, 23. 28. 38. 98. 2, 17. Alex. Trall. I 481. 491 Puschm. u. s. w.); mit Öl eingeträufelt heilt dieser Saft schmerzende und eiternde Ohren (ebenso eup. I 60. Plin. XXIV 77. Plin. Iun. 17, 17); der Saft und die Fruchtdolden des schwarzen E. getrunken bewirken Schwäche und verwirren reichlicher genommen den Verstand (ähnlich Plin. ebd. 75. Plut. symp. III 2, 2; quaest. rom. 112); fünf Beeren zerrieben und erwärmt mit Rosenöl ins entgegengesetzte Ohr geträufelt helfen gegen Zahnschmerz (ebenso eup. I 72; offenbar nach Erasistratos bei Plin. ebd. 77); die Fruchtdolden auf den Kopf gestrichen färben das Haar schwarz (ebenso I 99. Plin. a. a. O. 79); die Blätter in Wein aufgestrichen helfen gegen jedes Geschwür (Plin. ebd. 78. Plin. Iun. 77, 22. Marc. Emp. 4, 55; bei der Rose nach Cels. p. 209, 26 Dar.); sie heilen bösartige Brandwunden (vgl. Gal. XII 30); die zerriebenen Fruchtdolden befördern als Mutterzäpfchen die Menstruation (ebenso eup. II 78. Plin. a. a. O. 76); im Gewicht einer Drachme nach derselben getrunken bewirken sie Unfruchtbarkeit bei Frauen (bei Männern Theophr. h. pl. IX 18, 5. Plin. ebd. 78); die Stengel der Blätter mit Honig bestrichen und an die Gebärmutter gelegt, bewirken Menstruation und Abortus (ebenso eup. II 78); der Saft beseitigt, eingeträufelt, den Übeln Geruch der Nase (Plin. ebd. 76. Seren. Sam. 98. Plin. Iun. 23, 19. Marc. Emp. 10, 59) und eiternde Geschwüre derselben (Gal. ebd.); die Tränen, d. h. der in warmen Ländern von selbst oder infolge von Verletzung aus den Zweigen fließende und sich an der Luft verhärtende Saft von scharfem und astringierendem Geschmack, entfernen, aufgestrichen, die Haare und töten die Läuse (ebenso Plin. ebd. 79. Gal. a. a. O.; vgl. Diosc. eup. I 103. 107, Seren. Sam. 67); der Saft der Wurzel in Essig getrunken hilft gegen den Biß giftiger Spinnen (ebenso Plin. ebd. Plin. Iun. 109, 17). Der eben erwähnte harzige Saft sollte, in hohle Zähne gebracht, diese zerbröckeln (Plin. XXIV 80; vgl. Cels. p. 247, 9 Dar.) oder, wenn zu Gummi verhärtet, diese füllen und befestigen (Marc. Emp. 12, 33; vgl. 19 und Plin. ebd.). Die vorher gelegentlich erwähnten Ansichten Galens (XII 29f.) sind von seinen Nachfolgern (Orib. eup. II 1, 10. 51–54, Aët. I s. κισσός. Paul. Aeg. VII 3 s. κισσός) wiederholt. Oreibasios (syn. III 90) [2835] nennt eine Linderungssalbe διὰ κισσοῦ, die unter anderem auch E.-Saft enthielt und bei Muskel- und Nervenschmerzen oder (Marc. Emp. 36, 73. Alex. Trall. II 537. Aët. XII 44) auch anderen Leiden wirksam sein sollte.

Von dem Veterinärarzte Emeritus (bei Pelagon. 99. Veget. mul. V 67, 5. Hippiatr. p. 78) wurde gegen Husten der Pferde empfohlen, die Blätter des E. und der Weisspappel zu zerreiben und in weissem Wein durch die Nüstern zu gießen. Zur Heilung weißer Flecken auf ihren Augen sollte man die Blätter des E. kauen und dreimal ins Auge speien (Pelag. 435; vgl. Veget. II 20, 2. Hippiatr. p. 44). Die Wurzeln des wilden E. mit andern Mitteln sollten gegen Hitzbläschen helfen (Col. VI 31, 2. Hippiatr. p. 191), die Samen mit anderen Mitteln die Hufe der Pferde hart machen (Pelag. 253. Veg. III 58, 2. Hipp. 255). In das Reich der Fabel gehören die Behauptungen, daß die Eber ihre Krankheiten durch E. heilen (Plin. VIII 98), die Hirsche sich durch Genuß des wilden E. gegen den Biß giftiger Spinnen gefeit machen (Aelian. v. h. I 8) und der Vogel ἅρπη (Lämmergeier?) zum Schutze der Jungen E. ins Nest lege (ebd. n. an. I 35. Geop. XV 1, 19; vgl. Man. Phil. de an. 729).

Schmuck

Die meiste Verwendung fand der E. als Schmuck, zunächst im täglichen Leben, dann aber auch mit religiöser oder symbolischer Bedeutung. So wob Arachne eine Ranke in den Saum ihres Gewebes (Ovid. met. VI 128), schmückten sich die Thebanerinnen zum Zeichen der Freude damit (Eur. Bakch. 106), trug man beim Zechen einen solchen Kranz (Anacr. 49, 5. Plat. symp. 212 e. Philippos Anth. Pal. XI 33), schmückte dieser das Haar der Geliebten (Theocr. 3, 22. Horat. carm. IV 11, 4), wurde das Haus bei der Hochzeit mit E. geschmückt (Iuven. VI 52) und das Grab einer hilfreichen Mücke (Ps. Verg. cul. 405); eine silberne Schale war damit verziert (Hist. Aug. Claud. 17, 5). Die Zecher erwählten diesen Kranz, weil E. überall vorkommt, ein hübsches Aussehen hat, wegen seiner zähen Zweige sich gut binden läßt und, ohne unangenehm zu riechen, kühlt (Philonides med. bei Athen. XV 675 d). Zuerst aber soll Dionysos sich einen Kranz aufgesetzt haben, und dieser war von E. (Plin. XVI 9). Daher wird er häufig als so bekränzt geschildert (Pratin. frg. 1, 19. Pind. frg. 45, 9. Ekphant. frg. 2. Cratin. inc. com. frg. 54. Hom. Hymn. 26, 1. 9. Eur. Bakch. 81. Ar. Thesm. 999. Nikainetos Anth. Pal. XIII 29. Anonym. ebd. IX 524, 11. Orphic. h. 30, 4; lith. 261. Nonn. VII 100. Prop. IV 17 ⟨16⟩, 29. Caes. Bass. bei Baehrens Fragm. poet. 1. p. 364, 5. Nemes. ecl. 3, 18; vgl. Chairemon bei Athen. XIII 608 e); auch wird er κισσοφόρος (Pind. Ol. II 30. Ar. Thesm. 987) und κισσοχαρής (Orphic. h. 52, 12) genannt. Auch sein Bild (Paus. VIII 39, 6. Callistr. stat. 8) oder Altar (Theocr. 26, 3. Long. IV 3) und sein Thyrsos (Luc. dial. deor. 18, 1. Nonn. I 17. IX 122. XL 93. XLLV 238) waren damit geschmückt. Ihm weihte man E. (Anakr. Anth. Pal. VI 134), um eine gute Weinernte zu erzielen (Leonidas Tar. ebd. VI 154), denn er war ihm heilig (Plut. Is. et Os. 37. Harpocr. s. Κισσοφόρος). Schon nach seiner Geburt bedeckte E. seinen Rücken (Eur. Phoen. 651) oder bekränzten Nymphen [2836] seine Wiege damit (Ovid. fast. III 770) oder bedeckte ihn der E., welcher sich um die Säulen in der Burg des Kadmos schlang, um ihn vor den Flammen zu schützen, in welche ein Blitzstrahl jene versetzt hatte (Mnaseas beim Schol. Eur. a. a. O., worüber zu vergleichen Kern oben Bd. III S. 161, 6ff.). Das neugeborene Kind wurde dann in der Quelle Κισσοῦσσα bei Haliartos gebadet (Plut. Lysandr. 28). Die Acharnenser verehrten ihn unter dem Namen Κισσός (Paus. I 31, 6; vgl. Milchhoefer oben Bd. I S. 210, 29ff.). Für diese attributive Bedeutung des E. wird als Grund angegeben die (durch den Kranz zu mildernde) Hitze des Weins (Varro bei Serv. ecl. 8, 12) oder weil der E. durch seine Kühle die Trunkenheit vertreibe (Plut. symp. III 1, 3), das Gehirn vor Stumpfheit bewahre (Harpocr. bei Tert. cor. mil. 7), in ewiger Jugendfrische grüne oder alles binde wie Dionysos die Geister der Menschen (Fest. ep. p. 100, 11) oder Dionysos, da der Weinstock im Winter entblättert sei, sich mit dem ihm ähnlichen E. begnügt habe (Plut. symp. III 2, 1). Hingegen möchte O. Keller (Tiere des class. Altertums, 1887, 150) annehmen, daß, wie der Gebrauch der Pantherfelle auch der der E.-Kränze und Thyrsosstäbe bei den bakchischen Mysterien aus Nordostafrica etwa im 6. Jhdt. v. Chr. nach Griechenland gebracht worden sei. Jedenfalls wurde Osiris mit Dionysos identificiert (Diod. I 11. 19. Harpocr. a. a. O.), jenem E.-Bekränzung zugeschrieben (Tib. I 7, 45) und der E. in Ägypten χενόσιρις, d. h. Baum des Osiris, genannt (Plut. Is. et Os. 37). Ganz willkürlich war dagegen die Meinung einiger (bei Tac. hist. V 5), daß die Juden den Liber, den Bezwinger des Orients, verehrten, weil ihre Priester sich mit E. umwänden. Ein Mythos erzählt, wie bei einem Versuche tyrrhenischer Seeräuber, den jugendlichen Dionysos zu entführen, plötzlich E. den Mastbaum des Schiffes (Hom. hymn. VII 39) oder Ruder und Segel (Ovid. met. III 665) oder das Hinterteil des Schiffes (Oppian. cyn. IV 262. Apollod. III 5, 3; vgl. Philostrat. im. I 18, 3) oder die Schiffsseile (Hyg. fab. 134) umrankt habe. Die Töchter des Minyas, welche dem Gotte den Dienst verweigerten, wurden von ihm zum Teil dadurch gestraft, daß E. und Reben ihre Webstühle umrankten (Aelian. v. h. III 42). Nach einem andern Mythos sollte der E. ursprünglich ein junger Tänzer im Gefolge des Dionysos Namens Kittos gewesen sein, dieser Jüngling infolge seiner hohen Sprünge gestorben, dann von der Ge in die nach ihm benannte Pflanze verwandelt sein und als solche fortan die Rebe umfassen, wie er früher den Dionysos umtanzt habe (Geop. XI 29). Daher wird auch die Umarmung des Menelaos und der Helena mit der des E. und der Rebe verglichen (Quint. Smyrn. XIV 175). Etwas abweichend schildert Nonnos (XII 97ff. 190) jene Sage und verknüpft sie mit der von der Verwandlung des Jünglings Kalamos in das zur Stütze der Reben dienende Rohr, und Eubulos (bei Athen. XV 679 b) spielt auf die Zusammengehörigkeit dieser beiden an, indem er von dem E., der sich liebend um das Rohr schlinge, spricht. Wie Dionysos selbst, so schmückten sich mit E. auch alle, die zu seinem Kreise gehörten. Daher streuen Bakchantinnen E. auf die Altäre der Semele (Theocrit. 26, 3) [2837] und wird ein Satyrbild damit geschmückt (Makedonios Anth. Pal. VI 56); damit bekränzen sich die Bakchantinnen (Eur. Bakch. 702. Plut. symp. III 1, 3; quaest. rom. 112) und Mainaden (Ovid. fast. III 767; met. VI 599. Incert. bei Mar. Victorin. 144, 15 K; vgl. Soph. Trach. 220), die Anhänger (Stat. Theb. VII 653) und Dienerinnen (Val. Flacc. II 268) des Gottes, die Teilnehmer an den Nyktelia, einem nächtlichen Dionysosfeste, und Agrionia, einem Dionysosfeste in Orchomenos (Plut. quaest. r. 112), und Priapos (Theocr. epigr. 3, 4), welcher nur eine in Lampsakos üblich gewordene Form des alten Dionysos Phallon ist. In Phlius, welches von dem Sohne des Dionysos gegründet war (Philetas und Pausanias bei Steph. Byz. s. Φλίοῦς), feierte man jährlich das Fest κισσοτόμοι (Paus. II 13, 4) zu Ehren der Hebe, welcher wohl der immergrüne E. als einer ewig jugendlichen oder der den Göttern den Wein spendenden und so den Charakter der Libera annehmenden Göttin geweiht war. Bei einem feierlichen Aufzuge des Ptolemaios II. trugen Bakchantinnen E. im Haar, und mit goldenen E.-Kränzen geschmückt waren die Satyrn, das Bild des Dionysos, das seiner Amme Nysa, zwei Bilder des Priapos, die Statuen des Alexandros und Ptolemaios I. und eine Weihrauchpfanne, und ein Elefant, das Reittier des Dionysos, trug einen solchen um den Hals (Kallixenos Rhod. bei Athen. V 198 b–201 d). In Thrakien, dem Stammlande des orgiastischen Dionysoskultus, hieß ein König Κισσῆς (Hom. Il. XI 223), ein anderer Κισσεύς (Eur. Hec. 3 und Schol. Apollod. III 12, 5. Schol. Hom. Il. XVI 718. Verg. Aen. V 735. Serv. Aen. V 535. X 705. Hyg. fab. 91. 111. 243. 249. 256, vgl. 219), und des letzteren Tochter Hekabe wird Κισσηίς genannt (Statyllios Anth. Pal. IX 117. Verg. Aen. VII 320. X 705. Serv. Aen. VII 320), aber auch des ersteren Tochter (Hom. Il. VI 299. Hesych. Suid.). Auch ein Sohn des Aigyptos heißt Κισσεύς (Apollod. II 1, 5) und Κισσηίς eine den Dionysos im Kampfe gegen Lykurgos dadurch, daß sie diesen mit E.-Zweigen geißelt, unterstützende (Nonn. XXI 89) oder ihn erziehende (Hyg. fab. 182) Nymphe. Nun behauptet Plutarch (quaest. rom. 112), daß in den Tempeln der olympischen Götter E. nicht geduldet werde, so daß man weder in dem Tempel der Hera zu Athen noch der Aphrodite in Theben ihn sehe. Doch bei der nahen Verwandtschaft des Dionysos mit Apollon (vgl. Wernicke oben Bd. II S. 35, 7) ist es erklärlich, daß letzterer Κισσεύς, Βακχείος und Κίσσιος (vgl. ebd. 35, 42. 56, 45) heißen konnte und man sich an dem Feste des Hyakinthos, des altpeloponnesischen Dionysos, mit E. bekränzte (ebd. 35, 52. 70f.). Daher befanden sich auch unter den Weihgeschenken zu Delphoi ums J. 353 v. Chr. ein goldener E.-Kranz der Peparetier (Theopomp. bei Athen. XIII 605 b) und später zwei andere solche Kränze mit Fruchtdolden (Bull. hell. II 1878, 329. VI 1882, 30 Z. 8f.). In irgendwelche Beziehung zu Dionysos wird auch in Epidauros Athene gebracht sein, da sich hier auf der Burg ein Bild der Ἀθηνᾶ κισσαία befand (Paus. II 29, 1). Alsdann bekränzten sich die Musen mit E. (Varro bei Serv. ecl. 8, 12. Mart. VII 63, 4), z. B. Kalliope (Ovid. fast. V 79; met. V 338). [2838]

Bei einem zu Beginn des 5. Jhdts. v. Chr. in Athen aufgeführten Dithyrambos waren die Choreuten mit E.-Kränzen auf dem Haupte geschmückt (Simonides in Anth. Pal. XIII 28). Der berühmte Cithersänger Nikokles von Tarent erlangte (in makedonischer Zeit) mit einem Dithyrambos einen E.-Kranz der lenaeischen Sieger (IG II 1367, wonach auf dem Gedenkstein ein E.-Kranz die Worte Λήναια διθυράμβῳ umschließt). An dem dritten Tage der zu Ehren des Dionysos in Athen gefeierten Anthesterien waren die Thesmotheten damit geschmückt (Menandros bei Alciphr. II 3, 11). Die bei den Dionysien obsiegenden Schauspieler erhielten ihn zur Belohnung (Callim. ep. 7), so Sositheos als Erneuerer des Satyrspiels nach dem Beispiel der Chorsatyrn (Dioskorides Anth. Pal. VII 707) und andere Tragoediendichter von den Schauspielerverbänden (IG II 1351. 1356; vgl. G. Schmitthenner De coronarum apud Athenienses honoribus 1891, 10. 4. 5), die Komoediendichter Amphis im J. 332/1 v. Chr. (A. Wilhelm Athen. Mitt. XV 1890, 220), Menandros (Alciphr. II 3, 10) und Nikostratos (Ἐφημ. ἀρχ. 1886, 106; vgl. Schmitthenner 10, 2). Damit geehrt wurden ferner die Kanephoren der Dionysosfeste (IG II 1388 b) und ihre Väter (ebd. II 420. 453, vgl. Schmitthenner 10, 3. Bull. hell. III 1879, 62) und die Epheben und ihr Kosmetes ca. 65 v. Chr. nach einem Opfer für Dionysos und der Weihung einer Schale in seinem Tempel (IG II 470). Sich selbst schmückten damit die αὐτοκάβδαλοι genannten Possenreisser (Semos Del. bei Athen. XIV 622 b), beim Gelage nach Art des Dionysos mit safranfarbigem E. der Komoediendichter Kratinos (Nikainetos Anth. Pal. XIII 29), und der Tragoede Likymnios feiert seinen Sieg epheubekränzt beim Gelage (Alciphr. III 48, 1). Arkadische Hirten schmücken einen Dichter mit E. (Verg. ecl. 7, 25, vgl. Calpurn. ecl. 7, 9). Um das Grab des Sophokles, dessen Haar oft im Theater ein Kranz von acharnensischem E. geschmückt hat, möge sich E. schlingen (Simmias Anth. Pal. VII 21. 22); auf die Bücher des Aristophanes hat acharnensischer E. Laub geschüttelt (Antipatros Thessal. ebd. IX 186), und Apollon wird gebeten, dem Jüngling Eudoxos mit solchem E. das Haar zu schmücken (Euphorion ebd. VI 279). Endlich versprach man sich eine reiche Weinernte, wenn der Winzer beim Schneideln der Reben mit E. bekränzt war (Geop. V 24, 1).

Bei den Römern pflegte der Flamen Dialis den E. nicht zu berühren (Fabius Pictor bei Gell. X 15, 12. Plut. quaest. r. 112). Dagegen wollte Propertius (III 30 ⟨28⟩, 39) als Diener des Dionysos sein Haupt mit E. schmücken, wollten italische Hirten dadurch den Asinius Pollio als Dichter ehren (Verg. ecl. 8, 13). Denn der E. des Dionysos ziert die Schläfen der Dichter (Ovid. trist. I 7, 2); sie lieben diesen (Mart. VII 63, 4) und bekränzen sich damit, da sie oft stark dem Wein zusprechen (Serv. ecl. 8, 12). Nach der von Asinius Pollio eingeführten Sitte wurden in den Bibliotheken Statuen der Dichter, mit E. bekränzt, aufgestellt (L. Friedlaender Sittengesch. Roms6 III 418; vgl. auch Hor. ep. I 3, 25. Ovid. art. amat. III 411. Mart. I 76, 7. VIII 82, 8).

Endlich ist noch zu erwähnen, daß bei der [2839] Interpunktion in den römischen Inschriften etwa seit der augusteischen Zeit die dreieckigen Punkte oft in die Form von E.-Blättern übergehen (E. Hübner in Iw. v. Müllers Handb. der class. Altertumswissensch. I2 652). Diese hederae distinguentes waren incoctiles nach einer Inschrift von Cirta (CIL VIII 6982),[1] womit vielleicht nach Th. Mommsen (ebd.) gesagt ist, daß jene Blätter mit Gold überzogen sein sollten.

Kunst

Schon auf Vasen der mykenischen Epoche ist das Blatt des E. und zwar in herzförmiger Gestalt zur Ornamentierung verwandt (z. B. bei Furtwängler und Loeschcke Myken. Thongefässe, 1879 Taf. XI 56 und Myken. Vasen 1886 Taf. XVIII 121. XXI 152. XXVII 206. 208). Über diese Verwendung des Blattes handelt A. Riegl (Stilfragen 1893, 51. 117ff. mit Fig. 46. 123ff. mit Fig. 52). Derselbe (187 mit Fig. 88) spricht auch über die zum Teil, bei der intermittierenden Ranke angebrachten E.-Blätter einer sog. chalkidischen Vase (aus dem 6. Jhdt.?). An der fortlaufenden Wellenranke tritt das Blatt noch auf den boiotischen Kabirenvasen des 4. Jhdts. auf (Riegl 176f. mit Fig. 82). Hier ähnelt es oft dem Blatte der in Attika, auf der Halbinsel Athos, auf Kreta und außerhalb Griechenlands im Orient vorkommenden Tamus cretica L., welches herzförmige Gestalt mit zwei runden Seitenlappen und einem mehr oder minder verlängerten Lappen an der Spitze hat. Daher meint H. Winnefeld (Athen. Mitt. XIII 1888, 419 mit Fig. 4–10 und Anm. 1), daß auf den früheren Vasen dieser Art E., auf den späterem Tamus vorherrsche. Doch sieht Riegl (177) wohl mit Recht in den vermeintlichen Tamusblättern nur eine stilistische Fortbildung der E.-Blätter. Denn schon in der mykenischen Vasenmalerei ist das Blatt mitunter unnatürlich verbreitert (Myk. Vas. XVIII 121. XXI 152), denen der Tamus cretica ähnlich sind die weissgemalten Blätter des Kranzes auf der Einfassung eines italischen Schalenbildes des 3. Jhdts. v. Chr. (Ann. d. Inst. 1884 tav. R; vgl. tav. A), welche H. v. Rohden (bei Baumeister Denkm. 2010) für die des E. ansieht, und in historischer Zeit der Kunst überhaupt ist das Blatt überwiegend herzförmig und wohl nur auf den campanischen Wandgemälden auch öfters lappig gebildet. Wenn freilich Riegl (a. a. O.) glaubt, daß bis zum peloponnesischen Kriege das sog. E.-Blatt in der Dekorationskunst kein wirkliches E.-Blatt, sondern eine gewisse dekorative Kunstform gewesen sei, so spricht dagegen der Umstand, daß auf Vasenbildern das dekorative Blatt stets in derselben herzförmigen Gestalt gebildet worden ist wie meist das Blatt als Attribut des Dionysos und seines Kreises (vgl. Riegl 195 mit Fig. 93 und S. 253). Solche, gerade aufrechtstehende Zweige dienten mitunter auf schwarzfigurigen Vasen wohl attischen Ursprungs (z. B. Ed. Gerhard Auserlesene griech. Vasenb. I 9. 40. II 111, 2. 119, 5. Stephani Compte rendu pour 1863, 133 mit Fig. auf S. 5) wie auf rotfigurigen (z. B. Gerhard ebd. I 75. 76) zur Einfassung des Bildes und als Wellenranken zur Dekoration auf Vasen des 4. Jhdts. v. Chr. (C. Watzinger Athen. Mitt. XXVI 1901, 85 m. Abb. S. 71ff.; vgl. Baumeister Denkm. Fig. 2163) und später auf campanischen Wandgemälden (Pitt. d'Erc. III 55). [2840]

Seit dem Auftreten der schwarzfigurigen Vasen, besonders in Attika, etwa im 6. Jhdt. v. Chr. finden wir das E.-Blatt als Symbol des bakchischen Kreises. Bisweilen nehmen auf den Vasen zwar auch die Blätter der Rebzweige, die sonst entweder nur durch Punkte markiert oder doch von denen des E. durch ihre Zeichnung vollkommen zu unterscheiden sind, die Gestalt der letzteren an (z. B. Gerhard a. a. O. I 8. 48; wohl auch Athen. Mitt. 1897, 388 mit Taf. 13), aber wohl nicht umgekehrt. So dürften die von Gerhard (a. a. O. I 181 mit Taf. 54) als epheubekränzte Zweige eines Rebstammes bezeichneten Zweige nur einfache Rebzweige sein. Wenn er dagegen den Dionysos eines Bildes durch einen Rebzweig bezeichnet (S. 136 mit Taf. 35) und den Dionysos und die Ariadne eines andern (S. 174 mit Taf. 48) weinbekränzt nennt, so hat ihr Kopfschmuck dieselben herzförmigen Blätter wie auf andern Bildern der des Dionysos und der des Dionysos-Hades, die Gerhard selbst (S. 166 mit Taf. 41 und 42) für E.-Kränze erklärt (vgl. K. Dilthey Arch. Ztg. 1873, 93 über Hades mit E.-Kranz und Baumeister III 1928 m. Fig. 2042 B über einen solchen auf einer apulischen Vase). Auch weiß er (S. 151 mit Taf. 38) unter den Zweigen, die Dionysos mit den Händen hält, den einen E.-Zweig von den Rebzweigen zu unterscheiden. Andererseits werden entgegen der im übrigen vorbildlichen Schilderung des homerischen Hymnus VII 38ff. von Gerhard (S. 176 und Taf. 49) die Zweige, welche sich auf einem archaischen Vasenbilde aus dem Maste des den Dionysos tragenden tyrrhenischen Seeräuberschiffes emporranken, zutreffend nur bakchisch genannt, während A. Baumeister (Denkm. S. 446 mit Fig. 494) sie noch prägnanter für die eines Weinstockes erklärt, da dieser schon durch die Gestalt der herabhängenden Trauben als solcher charakterisiert ist. Mit welchem Rechte aber erklärt Baumeister (S. 595f.) den Kopfschmuck des Dionysos auf einer jüngeren rotfigurigen Vase (bei Gerhard T. 64) für E., dagegen die Zweige an dem Kantharos desselben, deren Blätter ebenfalls herzförmig sind, für Rebzweige? Auch unterscheidet sich in der Form der Blätter der Zweig, welcher auf einer späteren Amphora von Ruvo über Dionysos schwebt und den Baumeister (S. 115 mit Fig. 120) für einen Rebzweig hält, nicht von dem E., auf welchem der Gott ruht, wenn auch in beiden Fällen die Blätter teils herzförmig teils gelappt sind. Den Unterschied zwischen Zweigen der Rebe mit oft fast zackig gemalten Blättern und denen des E. mit herzförmigen merkt man besonders deutlich an den Zweigen in der Linken des Dionysos, welcher noch ganz nach den alten Traditionen der schwarzfigurigen Vasen auf einer Vase aus Corneto gebildet ist (E. Reisch Röm. Mitt. 1890, 323 mit Taf. 12). Als eine Seltenheit auf gemalten Vasen findet sich das E.-Blatt in gelappter Form, z. B. auf einer schwarzfigurigen Amphora aus Vulci (bei Gerhard S. 138f. u. 212 m. Taf. 36). Hier ist nämlich der Schild der Pallas nach thrakischer Sitte (vgl. Plin. XVI 144; mit einer (weißen) E.-Bekränzung versehen, deren Blätter, deutlich und fast wie natürlich gelappt sind, während der ebenfalls hier abgebildete Dionysos einen E.-Kranz auf dem Haupt und einen Rebzweig in der Hand [2841] hält. Dagegen hat der Kranz an dem Schilde des Dionysos auf einer schwarzfigurigen Amphora (bei Gerhard Taf. 63) zwar auch weiße, aber herzförmige Blätter. Nicht selten aber geht die Form des E.-Blattes auf den schwarzfigurigen Vasenbildern an dem Kranze auf dem Haupt des Dionysos in eine ovale Form über (bei Gerhard Taf. 16. 42. 47. 63. 67. 68. 69, 1. C. O. Müller Denkm. der alten Kunst I 17). Äusser den angeführten Beispielen für die Bekränzung des Dionysos mit E. auf Vasenbildern ließen sich gewiß noch viele andere anführen (z. B. bei Gerhard I Taf. 4. 37. 50, 4. 52. 56, 1. 73. 77); auf manchen hält er außerdem noch einen Zweig von E. in der Hand (z. B. ebd. Taf. 50. 57, 3. 59. 60). Namentlich eine rotfigurige Prachtvase des Malers Hieron aus der ersten Hälfte des 5. Jhdts. zeigt deutlich den Kranz im Haar und die Zweige am Stabe des Dionysos (Baumeister 1856 mit Fig. 1958). Weil zu ihm gehörig sind mit dem Kranze geschmückt Kora (Gerhard I Taf. 53), Seilenos (ebd. T. 52. 59. 60. Röm. Mitt. 1890, 341 Fig. 9), ein Satyr (Gerhard ebd. Taf. 57, 3. Baumeister S. 644 mit Fig. 714), eine Bakchantin (Baumeister Fig. 483 u. 491), ein Diener des Dionysos (Gerhard Taf. 9), zwei in seinem Dienste stehende Barbaren (ebd. 50, 1) und überhaupt die Teilnehmer an einem Thiasos (H. Heydemann Hall. Winckelmannsprogr. 1880, 5 m. Abb. Daremberg-Saglio Dictionnaire II Fig. 2422). Unter einer Laube von E.-Ranken sind Dionysos und Ariadne dargestellt (Baumeister S. 126 nach Millingen Uned. mon. I 26). In Gemeinschaft mit Dionysos ist Hephaistos epheubekränzt (Gerhard S. 151 mit Taf. 38. S. 183 mit Taf. 55. S. 155 mit Taf. 39; bei letzterem Bilde denkt Stephani Compte rendu pour 1863, 130ff. an einen Weingott Lykurgos statt an Hephaistos). Auf manchen Vasenbildern ist die Bekränzung einer Dionysossäule mit E. abgebildet, z. B. auf einer kleinen attischen Lekythos (Arch. Jahrb. 1896, 115 mit Abb. 1). Oder das auf die Säule gesetzte Haupt des Dionysos ist mit einem Kranze und der obere Teil der Säule mit Zweigen von E. geschmückt (Baumeister Fig. 479 = C. Boetticher Baumcultus der Hellenen, 1856, Fig. 42, vgl. 43 b. 44), während auf einer rotfigurigen Vase aus Nola Mainaden mit solchen Kränzen im Haar und zum Teil von E. umwundenen Thyrsos schwingend (bei R. Gargiulo Recueil des monuments les plus intéressants du Musée national de Naples2 Taf. 163; unvollständig bei Boetticher Fig. 43) die Säule umtanzen. An dem E.-Büschel sieht man hier auch durch Punkte markierte Beeren des E.; diese oder die vollständigen Dolden sind auch auf andern Vasenbildern nur unvollkommen ausgeführt. Übrigens pflegt sich der Thyrsos erst auf rotfigurigen Vasen statt des archaischen Rebstammes zu finden (Gerhard a. a. O. I 122, 116. 185). Von den Blättern des Thyrsos ist meist nur die mittlere Reihe deutlich herzförmig, die Seitenblätter aber, weil en profil dargestellt, von unbestimmter Gestaltung. So sehen wir den des Dionysos allein (Gerhard Taf. 4. Baumeister Fig. 521 und 592) und zugleich den der personifizierten Tragoedia (Gerhard Taf. 56), einer Bakchantin (ebd. Taf. 58), eines opfernden Weibes (Daremberg-Saglio a. a. O. II Fig. 2425) und [2842] eines Satyrs (Baumeister Fig. 110) und den einer Bakchantin (Röm. Mitt. 1890, 324 mit Fig. 4) dargestellt. Mit E. geschmückt ist auch die Narthexstaude des Dionysos (Baumeister Fig. 714). An allen Blättern deutlich ist die Herzform bei dem Thyrsos einer Mainade auf dem Innenbilde einer Trinkschale (ebd. Fig. 928). Auf einer Vase aus Ruvo, deren Bild die an einem Satyrdrama beteiligten Personen darstellt, sind Dionysos, der vermeintliche Dichter, ein Flötenspieler, die Chorsatyrn bis auf zwei, bei denen aus zufälliger Ursache dieser Schmuck fehlt, und die Maske des Seilenos durch Kränze aus E.-Blättern und mittels Punkten markierten Beeren am Haupte geschmückt, durch gleiche Blätter auch der Thyrsos des Dionysos und wohl auch mit Blättern und Beeren das Haupt der Ariadne (Fr. Wieseler Das Satyrspiel 1847, 5ff. Abb. Mon. d. Inst. III Taf. 31 und bei Baumeister Fig. 422). Wie hier die Chorsatyrn konnten auch die Zecher bei einem Symposion geschmückt sein (Baumeister Fig. 1800); das gleiche gilt denn auch von nächtlichen Schwärmern, welche nach dem Mahle in dionysischer Lustigkeit die Straßen durchzogen. Auf einem solchen Bilde (Baumeister Fig. 847) zieht sich noch eine Ranke hin mit Blättern und Dolden, deren Beeren wieder durch Punkte gekennzeichnet sind. Auf einem andern (Daremberg-Saglio Fig. 2426 nach Arch. Zeit. 1852 Taf. 37) haben die Trinker bei dem Komos E.-Kränze im Haar und tragen mit E. bekränzte Töpfe in der Hand, wobei die Blätter zum Teil eine mehr lanzettliche oder rundliche Form annehmen. Daher konnte auch ein Weinschlauch mit E.-Zweigen umschlungen sein (Abb. bei Gerhard Antike Bildwerke Taf. 107. Gargiulo a. a. O. Taf. 165) und an einem Trinkhorn zur Zierde ein E.-Blatt aufgemalt sein (bei Gargiulo Taf. 152 und L. Conforti Le musée national de Naples 1898 Taf. 137). Weil die Erinyen sich der Idee der Bakchantinnen oder Mainaden nähern, tragen auch sie bisweilen den E.-Kranz (K. Dilthey Arch. Zeit., 1873, 93, 6). Obwohl dem Kreise des Dionysos fernstehend ist doch auch die Ge (oder Kora?) mit einem E.-Kranz im Haar, den eben geborenen Erichthonios (oder Iakchos ?) haltend, auf einer jüngeren Amphora aus Kertsch abgebildet (Baumeister 493 mit Fig. 537; wohl anders Fig. 637). Ebenfalls auf einer jüngeren, dem Ausgange des 3. Jhdts. v. Chr. angehörigen und meist rot-, zum Teil weissfigurigen Vase in Kiew, auf welcher ein Waffentanz dargestellt ist, befindet sich über dem Bilde ein E.-Kranz mit weißpunktierten Beeren (L. Stephani Compte-rendu pour 1864, 233 mit Taf. VI 5), während nach R. Engelmann (Guhl und Koner Leben der Gr. u. Röm.6 455 mit Fig. 664) auf einem fragmentarischen Marmorfriese es ein Satyr ist, welcher mit Thyrsos und E.-Kranz zwischen zwei tanzenden Kriegern einen bakchischen Tanz, vielleicht die Pyrrhiche der späteren Zeit, ausführt. Endlich der letzten Zeit der Vasenmalerei gehören jene latinischen Schalen aus der zweiten Hälfte des 3. Jhdts. v. Chr. mit altlateinischen Inschriften an, auf deren schwarzem Firnis mit weiß unter Zuhilfenahme von gelb und braun geschmacklose Kränze mit Blättern und Fruchtdolden des E. gemalt sind (v. Rohden bei Baumeister 2010; [2843] eine Abb. mit weißen Blättern und Dolden in Ann. d. Inst. 1884 Tav. A, vgl. Tav. R).

Auf den campanischen Wandgemälden ist der E., seine Blätter und Fruchtdolden, in zahlreicher und mannigfacher Anwendung dargestellt. Von den Blättern versichert O. Comes (Illustrazione delle piante rappresentate nei depinti Pompeiani 1889, 31f.) aus eigener Wahrnehmung, daß sie allen Formen der natürlichen entsprächen, wenn er auch (S. 3) bemerkt, daß die als Ornament dienenden Blätter ein wenig modificiert angetroffen würden. Folgen wir W. Helbig (Wandgemälde Campaniens 1868), welcher die Werke mit den betreffenden Abbildungen angiebt, so sind mit den Blättern und nicht selten auch den Fruchtdolden am Haupt geschmückt: Dionysos (nr. 23. 25. 66 b. 368. 381. 387. 389? 392–401. 408. 1283–1235. 1239), derselbe samt Libera (?26), einem Knaben und Mädchen (409), der Büste einer Bakchantin (370), Ariadne und einer Bakchantin (1237); Seilenos (374, 386. 398. 412–416. 420. 421. 1236); derselbe mit einer Bakchantin (379. 417)); ein Satyr (425. 426. 430. 508. 513. 516. 519. 521. 527. 533. 1240); ein Jüngling mit bakchischen Attributen (452. 571); ein Mädchen neben der Büste des Dionysos (384 b); ein Mädchen mit bakchischen Attributen (454–460. 463. 465. 468. 471. 476–481. 485. 487. 488. 491. 569); eine Bakchantin (372. 510. 526. 531. 559) oder Omphale (1135); ein bakchischer Priester (569); Herakles (1133–1134 b. 1137; vgl. 1139); ein Mädchen neben ihm (1140, vgl. 1135); Dirke (1151); ein Mädchen mit der Lyra samt einem Jünglinge (1441); ein dem Flötenspiel eines Mannes lauschendes Mädchen (1462); ein Mädchen bei einer Komoedienscene (1469); eine Maske des Seilenos (589); die Masken eines Mädchens und Mannes bei einer Komoedienscene (1471); desgleichen ein Mann mit Maske (1473); eine tragische Maske (1741. 1742); ein Kultmädchen (1814); ein schwebendes Weib (1904. 1909. 1913. 1920. 1924); um den Hermenschaft vermutlich des Dionysos ist eine E.-Guirlande gewunden (579 b). Sicherlich wird auch der Thyrsos auf manchen dieser Gemälde mit E. gekrönt sein. So zeigt z. B. der des Dionysos (nach der Abb. bei Conforti a. a. O. Tav. 96; vgl. Helbig 392) dieselben gelappten Blätter wie der Kranz auf seinem Haupte.

Auf einem pompeianischen Mosaik (Baumeister Fig. 543) ist das Haupt des jungen Eros mit einem Kranze von meist herzförmigen Blättern und Fruchtdolden des E. geschmückt, die Blätter des Thyrsos und einige der Einfassung nähern sich zwar durch ihre lappige Form den Rebblättern, sind jedoch wesentlich verschieden von den Rebblättern am Halse des Löwen. Auch die teils herzförmigen teils gelappten Blätter im Haarschmuck einer Priesterin und zweier nymphenartigen Gestalten auf einem andern Mosaik (bei Gargiulo a. a. O. Taf. 129 = Conforti a. a. O. Taf. 125), welches einen von Eroten gebändigten Löwen darstellt, sind anscheinend E.-Blätter, vielleicht auch einige Blätter der Einfassung. Eine mit einem E.-Kranze geschmückte komische Maske zeigt ein Mosaik des Vaticans (W. Helbig Führer durch die öffentlichen Sammlungen class. Altert. in Rom 1891, I 176). [2844]

Was die plastischen Darstellungen betrifft, so dürfte es voraussichtlich erfolglos sein, auf Grund von Abbildungen feststellen zu wollen, ob es sich in den einzelnen Fällen um E.-Blätter oder andere, besonders Rebblätter, handelt. Auch sind unter den Statuen wohl wenige so erhalten, daß sie die Blattform deutlich erkennen lassen. Wenigstens sagt Baumeister (Denkm. 436f.), daß die möglichst unverletzt erhaltenen Dionysosstatuen zu den Seltenheiten gehören. Von ihm (Fig. 486 u. 487) sind nur zwei den Dionysos darstellende Marmorstatuen wiedergegeben, und an diesen sind die E.-Blätter des Kopfschmuckes zum Teil gelappt; an einer Büste des Gottes (Fig. 484) ist der E.-Kranz schwer zu erkennen. Eine sehr unbedeutende Marmorstatue mit römischer Votivaufschrift stellt den Gott mit einem aus Blättern und Fruchtdolden bestehenden Kopfkranze dar (Overbeck-Mau Pompeii4 1884, 543 mit Fig. 280 c). Ein moderner Nachguß ist eine kleine Bronzestatue des Dionysos mit E.-Kranz im Haar, (Helbig Führer u. s. w. II 387). Ein älteres, wohl noch dem 4. Jhdt. angehörendes Bild gibt eine Herme des Dionysos mit zwei über der Stirn angebrachten Fruchtdolden des E. (ebd. nr. 687); denselben Typus zeigt wohl eine Hermenbüste desselben (ebd. nr. 789). Eine Kolossalstatue des Antinoos, des Lieblings des Hadrian, stellt wegen des E.-Kranzes jenen als Dionysos dar (ebd. nr. 295). Ein Seilenos aus griechischem Marmor hat das Haupt mit Blättern und Fruchtdolden des E. gekrönt (ebd. nr. 4; vgl. Clarac Musée 333, 1556); ebenso eine andere Statue desselben aus parischem Marmor (Baumeister Fig. 1698), welche der guten römischen Zeit angehört und wohl einem Vorbilde praxitelischer Zeit nachgebildet ist; die Blätter sind herzförmig. Ein in Sparta oder Umgebung gefundener marmorner Seilenkopf mit E.-Kranz um das Haar ist schlecht erhalten (Athen. Mitt. 1877, 337). Das Haupt der pompeianischen Hermenbüste eines alten Satyrs aus Marmor zeigt gelappte Blätter und Fruchtdolden des E. im Haar (Overbeck-Mau a. a. O. Fig. 291 a). Bei zwei pompeianischen als Brunnenfiguren dienenden Bronzestatuen des Seilenos ist sein Haupt ebenso geziert (Baumeister Fig. 384 u. 1699); ähnlich ist der Kopfschmuck einer andern pompeianischen Bronzestatue (bei Overbeck-Mau Fig. 289) und dreier Bronzebüsten desselben (Ant. d’Erc. V 4); desgleichen einer Bakchantin oder Mainade (ebd. 6) und des Doppelkopfes eines Satyrs und einer Satyrin (Overbeck-Μau Fig. 292), letztere jedoch mit herzförmigen Blättern. Ein E.-Gewinde im Haar hat der Kopf der Thaleia an deren Marmorstatue im Vatican (Baumeister Fig. 971. Helbig Führer nr. 272). Eine epheubekränzte Heraklesbüste von pentelischem Marmor befindet sich in Lincolnshire (Ad. Michaelis Arch. Zeit. 1875, 14) und eine Herme des jungen Herakles mit E.-Kranz im Quirinal (A. Mau ebd. 1877, 85). Auch der Kopf einer wohl eine Tänzerin, nicht Bakchantin, darstellenden Marmorstatue ist von einem E.-Kranze umgeben (Helbig Führer nr. 249). Der Marmorkopf eines Esels im vaticanischen Museum trägt ihn, wohl weil dieser Esel zum bakchischen Thiasos gehörte (ebd. nr. 173). Da der Panther ein dem Dionysos geheiligtes Tier war, bilden E.-Zweige häufig, z. B. an kyrenaischen [2845] Statuetten, sein Halsband, auch einmal seinen Bauchgürtel (O. Keller Tiere des class. Altert. 151 m. A. 149). In einem marmornen Reliefkopf mit E.-Kranz etwa aus der Zeit des Hadrian erblickt Helbig (Führer nr. 740) einen siegreichen Herrscher oder Heerführer, der als neuer Dionysos dargestellt sei. Die beiden Seiten eines römischen Sarkophagreliefs mit dem Bilde einer bakchischen Szene schließt je eine priesterliche Gestalt mit epheuumkränztem Modius auf dem Haupte ab (Baumeister Fig. 492). In dem Hochzeitszuge des Dionysos und der Ariadne, welcher auf einem Münchener Sarkophag dargestellt ist, wird ein Wagen, wahrscheinlich der der Semele, von zwei mit E. um den Hals bekränzten Panthern gezogen (ebd. Fig. 490). Auf einem römischen Sarkophage ist ein bakchischer Eros mit E. bekränzt (ebd. Fig. 495). Auf einem attischen Relief makedonischer Zeit ist das Haupt eines dramatischen Dichters mit einem Kranze aus herzförmigen Blättern geschmückt (Arch. Zeit. 1881, 271 mit Taf. 14; vgl. Friederichs-Wolters Bausteine nr. 1843). Das Relief eines Marmorkraters in Neapel gibt das Dionysoskind und Seilen mit E.-Kränzen wieder (Baumeister Fig. 488). An einer Pariser Vase (Clarac 145, 125) ruht das Haupt des Dionysos zwischen E.-Zweigen mit Fruchtdolden und gelappten Blättern. Deutlich gelappt sind auch die Blätter eines E.-Kranzes, mit dem der Helm eines jugendlichen Athenakopfes aus Terracotta, welcher in Form eines Stirnziegels als Votivgeschenk für einen Tempel gedient zu haben scheint, geziert ist (Th. Panofka Terracotten des Kgl. Mus. zu Berlin, 1842, 23ff. mit Taf. VII). Der Hals einer Amphora des Sosibios von parischem Marmor, auf deren Bauch bakchische Gestalten ausgemeisselt sind (Baumeister Fig. 1769), und einer ähnlichen aus Herculaneum (Conforti a. a. O. Taf. 77) ist mit zwei Zweigen geziert, welche Blätter und Fruchtdolden des E. tragen; bei gleicher Form der Zweige sind doch die Blätter der ersteren Vase deutlich gelappt, die der zweiten herzförmig. Eine unteritalische Vase aus der Zeit nach Pyrrhos hat die Form eines Elefanten und diesem ist durch E.-Bekränzung bakchischer Charakter verliehen (Arch. Anzeiger VII 1849, 99). Eine große Reliefmaske des Seilenos ist mit wildem (herzförmigem?) E. bekränzt (Helbig Führer nr. 812). Ein Baumstamm aus Marmor ist von E.- und Weinranken umschlungen; an ihm befindet sich auch eine mit E. bekränzte Seilenmaske (ebd. 871). Eine in einem etruskischen Grabe gefundene Seilenmaske (aus Thon?), deren Taenie mit E.-Zweigen geschmückt ist, bildet auch B. Arnold (Baumeister Fig. 1630) ab. In Tegea ist ein Marmorcubus gefunden worden mit einem E.-Kranz an einer und sechs kleinen E.-Kränzen auf einer andern Seite; auf letzterer befinden sich die Siegesinschriften eines zweifellos in Tegea gebürtigen Schauspielers, welche später als das dritte Jahr v. Chr. sind (V. Bérard Bull. hell. XVII 1898, 14f. nr. 20). An der in Athen gefundenen marmornen Basis wohl eines Dreifußes, der in einem Dionysosfest als Siegespreis gewonnen war, bildet die Hauptfigur der jugendliche Dionysos mit einem Thyrsos, der nach früherer Weise nur mit E.-Blättern, nicht von einem Pinienzapfen bekrönt ist (Friederichs-Wolters [2846] Bausteine nr. 2147). Über die Darstellung eines tanzenden Satyrs s. o. über Vasenbilder.

Ein metallener E.-Kranz mit Blättern und Fruchtdolden ist in einem Grabe von Corneto (Daremberg-Saglio I 1522f. mit Fig. 1974) gefunden; die gelappten Blätter laufen verhältnismäßig sehr spitz aus. Dieselbe Form der Blätter, aber Fruchtdolden von nur je drei Beeren, hat die wellige E.-Ranke an der Einfassung eines Metallspiegels mit etruskischer Inschrift, auf dessen Fläche der jugendliche Dionysos seine Mutter umarmend dargestellt ist (bei Baumeister Fig. 557). Mit grossen, etwas gelappten Blättern und Fruchtdolden des E. ist eine silberne Schale zu Neapel geschmückt (bei Gargiulo a. a. O. Taf. 104). In Boscoreale bei Pompeii ist neuerdings ein silberner Spiegel gefunden worden, mit dem Bilde einer Bakchantin, vielleicht der Ariadne, welche einen E.-Kranz mit herzförmigen Blättern im Haar trägt, geziert (Abb. in Monuments Piot V 1899 Taf. 19); ebenda ein silberner Becher mit E.-Gewinde in der Hand eines Amor und einem solchen, welches sich um einen zweiten dionysischen Amor und dessen Reittier, einen Panther, windet, wobei die Blätter herzförmig gestaltet sind (Abb. ebd. Taf. 5). Die Maske des Seilenos an dem Bauche eines Bechers vom Hildesheimer Silberfunde schmückt ein E.-Kranz mit teils herzförmigen, teils gelappten Blättern und Fruchtdolden (Fig. 113 bei Blümner D. Kunstgewerbe im Altert. 1885 I 162). Ein goldener Stierkopf aus der Krim trägt einen in feinster Filigranarbeit ausgeführten E.-Kranz mit herzförmigen Blättern und Fruchtdolden (ebd. Fig. 123). Zwei solcher Stierköpfe aus Gold, welche bei Kertsch auf der Brust eines Skeletts gefunden sind, bildet auch L. Stephani (Compte-rendu de Petersb. pour 1863 Taf. I Fig. 7 u. 8) ab; er datiert sie (S. 106) aus dem 4. Jhdt. v. Chr. und erklärt sie für Amulette, die an einem Halsbande getragen worden seien; auch spricht er (S. 109) über den bakchischen Charakter des Stiers.

Die Schnitzerei einer in Paris befindlichen Sardonyxvase wohl aus der Zeit der Ptolemaeer stellt eine bakchische Feier in einem Pinienhaine vor (Baumeister S. 429f. mit Fig. 478): die Bäume sind von E.- und Rebzweigen durchzogen; einen E.-Kranz trägt die Herme des Dionysos und einen solchen auch mit Fruchtdolden die Masken des Seilenos, zweier Bakehantinnen und eine paniskenartige; sämtliche E.-Blätter sind herzförmig. Als bakchisch durch einen E.-Kranz charakterisiert sind die Gemmenbilder, welche einen das Haupt zum Stoß senkenden Stier vorführen (Stephani a. a. O. 123). Ein Carneol der Berliner Sammlung mit E.-Blatt ist abgebildet bei F. Imhoof-Blumer und O. Keller (Tier- und Pflanzenbilder auf ant. Münzen und Gemmen 1889 Taf. XXV 11).

Von den beiden letzteren sind auch die Abbildungen mehrerer Münzen (Taf. IV 13 u. 18. VI 23 u. 36. IX 7 u. 8) gegeben. Nach ihnen (S. 55) findet sich der Zweig als Schmuck von Amphora oder Kantharos; der Kranz findet sich als Einfassung häufig auf der Kehrseite, selten auf der Hauptseite, dann als Kopfschmuck des Dionysos, Seilenos, Pan, Apollon [2847] Kissios u. a., auch als Beizeichen; das Blatt mitunter als Typus, sonst sehr häufig als Beizeichen. Andere Abbildungen giebt R. Weil (bei Baumeister Fig. 1047. 1112. 1116. 1178, besonders deutlich herzförmig an dem Kopfe des Dionysos Fig. 1047, aber eher Rebblatt Fig. 1034 u. 1054). Blätter und Kränze des E. als bakchischen Schmuck neben dem Greif auf Münzen von Teos bespricht L. Stephani (Compte-rendu pour 1864, 104, 6 unter Hinweis auf andere Werke).

[Olck. ]

Anmerkungen (Wikisource)

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  1. Corpus Inscriptionum Latinarum VIII, 6982.