Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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byzantinischer Lexikograph
Band IV A,1 (1931) S. 675717
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Suidas (Σουΐδας). 1) Byzantinischer Lexikograph.

Inhaltsübersicht:

I. Literatur.

II. Handschriften und Ausgaben.

III. Name und Zeit.

IV. Einrichtung und Charakter des Lexikons.

V. Interpolationen.

VI. Quellen:

A. Lexikalische und grammatische Quellen;
B. Scholien;
C. Sprichwörter;
D. Historische Quellen;
E. Biographische Quellen;
F. Philosophische Quellen;
G. Theologische Quellen;
H. Eigentliche Literaturwerke.

VII. Nachleben.

I. Literatur. Hier werden nur die wichtigsten Behandlungen im allgemeinen verzeichnet, alles übrige steht bei den einzelnen Abschnitten.

Hauptschrift: Die Praefatio der Ausgabe Bernhardys, welche jedoch durch die neueren Untersuchungen völlig überholt worden ist. Krumbacher Gesch. d. Byzantin. Lit.² 562ff. folgt Bernhardy, neuere Literatur wird verzeichnet. Cohn Griech. Lexikographie in Iwan v. Müllers Handb.³ II 1, 595 und Tolkiehn s. o. Bd. XII S. 2475 geben die Resultate neuerer Forschung. Gute Übersicht der neuesten Literatur bei J. Becker De Suidae excerptis historicis 5ff. Die Prolegomena der Ausgabe A. Adlers geben einen Auszug des im folgenden Gebotenen.

II. Handschriften und Ausgaben. Literatur: Bernhardy Praefatio c. IV, nur für die Ausgaben verwendbar. J. Bidez in S.-Ber. Akad. Berl. 1912, 850ff. (kürzer in Philostorgius ed. Bidez Griechische Christliche Schriftsteller S. LXXXIV ff.) hat wichtige Hss. hervorgezogen; die Resultate sind nach dem folgenden zu berichtigen. Prolegomena zu der Ausgabe A. Adlers S. VIII–XIII; ausführliche Behandlung aller Hss. wird später erscheinen.

a) Handschriften. Hier werden nur die für den Text wichtigen und in der Ausgabe A. Adlers benutzten Hss. besprochen.

1. A = Parisini 2625 und 2626, zwei unter sich ganz verschiedene Hss. Der alte Teil von 2625 (A–6) 13. Jhdt. hört mit der Glosse εἰς κόρακας auf und wird durch eine Hand des 14. Jhdts., A², ersetzt. Eine große Auslassung im alten Teil und ein bedeutender Blattausfall in A² sind die einzigen Lücken. Die Interpolationen, die Randnoten sind, werden von A² in den Text aufgenommen, von der alten Hand meist im Rande geboten. A² kann sich mit der alten Hand nicht messen und ist meistens nicht besser als F und V. Die alte Hand ist von schwankendem Wert, aber fast immer die führende Hs.

Paris. 2626 (Κ–Ψ) besteht aus einem alten Teile (12. Jhdt), der Anfang, Schluß und einige andere Blätter verloren hat. Außerdem finden sich mehrere große Auslassungen, die auf Blattverlust der Vorlage beruhen. Die Randnoten sind nicht aufgenommen. Dieser Rest einer Hs. ist von mehreren Händen des 15. Jhdts. nach einer guten Hs komplettiert worden, mit besonderer Bevorzugung der Randnoten, wie sie auch die Randnoten, wo die alte Hand erhalten ist, zufügen. [676] In den Auslassungen wird nur ein ziemlich wertloses Exzerpt gegeben. Die jüngeren Hände sind nicht besser als die anderen Hss., die alte Hand dagegen ist die führende Hs.

2. F = Laurentianus Plut. 55, 1. 15. Jhdt. Die Vorlage war lückenhaft und im Anfang und Schluß nach einer Hs. der Familie B ausgefüllt. F läßt viele längere Glossen fort, besonders die historischen und biographischen; Randnoten fehlen. Der Text ist öfters willkürlich, beruht aber auf guter Tradition, er steht V am nächsten. F ist die zweitbeste Hs. und wo sie mit anderen Hss. geht, meistens zu folgen.

3. V = Vossianus 2. 12. Jhdt., hat Anfang, Schluß und viele andere Blätter verloren. Ersatz bietet die Abschrift S = Vatic. 1296, J. 1205, dessen Fehler durch C = Oxon. Corp. Chr. 76–77 korrigiert werden. V kürzt willkürlich namentlich im Anfang, hat aber öfters allein (oder mit F) das Richtige erhalten. Im zweiten Teil steht er A sehr nahe.

4. Eine Familie, alle 15. Jhdt., deren bester Vertreter G = Paris. 2623 ist, den Filelfo besaß (Studi it. phil. cl. 1912, 11ff., vgl. 1913, 241, 397). Sehr nahe stehen I = Angelic. 75 und T = Vatic. 881, der letzte sehr willkürlich. Diese Klasse ist im Anfang die zweitbeste, geht fast immer mit A (F) und gibt zuweilen allein das Richtige. Von v. ἔνυστρον ab steht sie B (s. u.) nahe und ist wertlos.

5. B = Paris. 2622, 13. Jhdt. ist wertlos. Einer seiner vielen Nachkommen ist E = Bruxell. 11281, der öfters B korrigiert, wohl nach anderen Hss., aber auch nach den Quellen in Sophokles- und Aristophaneszitaten. E bildet die Hauptgrundlage der ed. princ.

6. Von gemischtem Charakter ist M = Marcianus 448, 13. Jhdt., sehr sorgfältig geschrieben, aber nicht gut erhalten. M wimmelt von Doppellesarten und macht Hinweise auf verschiedene Hss. Die eine Quelle ist mit B eng verwandt, doch ohne dessen Willkürlichkeiten, die andere Quelle steht A (im zweiten Teile auch V) nahe. Im ersten Teile ist M fast wertlos, weil die B-Quelle die herrschende ist. Im zweiten Teile wird bald die eine, bald die andere Quelle zugrunde gelegt, und oft die Varianten zugefügt. M ist hier meistens die zweitbeste Hs. Für die Randnoten ist M die beste und vollständigste Hs.

Das Verhältnis der Hss. ist also: Im ersten Teile geben meistens A (F) G den besten Text, V M den schlechteren; von gl. ἔνυστρον ab ruht der Text auf A F V. Im zweiten Teil Κ–Ψ stehen A (F) V und die gute Tradition in M als meliores den deteriores G B und der schlechteren Tradition in M gegenüber. In allen Hss. finden sich dann und wann Doppellesarten, so daß eine Mischung eingetreten ist. Der Wert der einzelnen Hss., auch der A schwankt bedeutend.

Die zahllosen Exzerpte, meist einzelne Artikel, sind wertlos; viele geben nicht S. selbst, sondern parallele Quellen.

b) Ausgaben. Editio princeps von Chalcondyles Milano 1499, erklärt mehrere Hss. benutzt und S. aus anderen Quellen ergänzt zu haben. Die Grundlage bildet E (oder eine ganz ähnliche Hs.), stellenweise ist eine der I verwandte Hs. benutzt. Die Zusätze stammen hauptsächlich [677] aus dem Lexikon, welches von Tillmann unter dem Namen Zonaras herausgegeben worden ist (s. u.); die Stellen aus Stephanos von Byzanz (vgl. Reitzenstein Gesch. d. Etym. 257. 279 S. o. Bd. VI S. 817) und Paulus Aegineta, die zu den Quellen des Zonaras gehören, finden sich nicht in der Ausgabe Tittmanns, sind aber vielleicht einer vollständigen Hs. entnommen. Chalcondyles hat viele Konjekturen in den Text gesetzt, die von guter Sprachkenntnis zeugen, jedoch nur selten von mir aufgenommen sind.

Die Aldina 1515 hat den Text mit Hilfe einer Abschrift von A verbessert. Der Basileensis 1544 hat einige bewundernswerte Konjekturen beigesteuert. Portus 1619 und 1630 gibt etwas Kommentar und hat den Nachweis der Quellen in Angriff genommen.

L. Kuster (1700) benutzte A B G und zog das noch nicht herausgegebene Lexikon des Photios hinzu. Der Kommentar bringt eine Fülle von Quellennachweisen. Kuster beurteilt die Quellenverhältnisse sehr vernünftig, und prinzipiell sind weder Gaisford noch Bernhardy über ihn herausgekommen. Diese Ausgabe ist trotz mancher Flüchtigkeiten und der Willkür der Textgestaltung ein imponierendes Denkmal der klassischen Studien des 17. Jhdts. und hat der Forschung festen Boden gewährt.

Erst 1834 wurde sie ersetzt durch die schön ausgestattete Ausgabe Th. Gaisfords 3 Bde, Oxford 1834. Von Hss. sind benutzt: A B E V ganz, C D F G H nur sporadisch. Die Kollationen gehören zu den besten der Zeit, genügen aber dem jetzigen Standpunkt nicht; sie sind am zuverlässigsten in den sonst nirgends erhaltenen Nachrichten. Der größte Mangel ist, daß G nur im Buchstaben P, wo die Hs. wertlos ist, herangezogen wird; doch werden gute Lesarten dieser Klasse aus Kuster übernommen. Die Beur|!--tei-->teilung der Hss. trifft meistens das Richtige, obgleich ihr Verhältnis unter sich nicht besprochen wird; die konservative Textgestaltung ist nur zu loben. Der Kommentar ist breit und eigentlich im Stile der ,notae variorum‘; der eigene Anteil gibt vieles Gute, läßt aber vieles unerklärt. Der dritte Band enthält den Index glossarum und den nicht genügenden Index auctorum.

Gleichzeitig war die erste Lieferung (bis ἀκράτου) der Ausgabe Bernhardys in Halle erschienen. Bernhardy hatte sich die Vorstudien leicht gemacht und Hss. gar nicht untersucht. Doch hat er eine Kollation des V bekommen, die etwas besser als die von Gaisford benutzte war; erst gegen den Abschluß hat er A flüchtig untersucht, von dem Lesarten in den Buchstaben Υ Φ mitgeteilt werden. Als er die Ausgabe Gaisfords kennen lernte, übernahm er anerkennend deren handschriftlichen Apparat und gab in den Addenda (die also unentbehrlich sind) diesen auch für den Anfang. Erst 1853 war die Ausgabe fertig gedruckt. Die Textgestaltung ist fast dieselbe wie Gaisfords, wenn auch Bernhardy gewandter war; ein Vorzug ist, daß Bernhardy die Unzuverlässigkeit des E erkannt hat, dagegen wird V und die Ed. princ. überschätzt. Das Lexikon des Zonaras (s. u.), das Gaisford nur selten nachgesehen hat, wird als Textzeuge richtig geschätzt. Die Konjekturen, [678] übrigens nicht viele, korrigieren meist die Quellen. Auch der Kommentar fußt auf dem Gaisfords und bildet keinen so großen Fortschritt darüber, wie gemeiniglich angenommen wird. Doch sind die Quellennachweise,, besonders die aus grammatischen Schriften, und Verweise vermehrt und die notwendigsten Kürzungen vorgenommen. Der Index auctorum ist Gaisfords, nur ein wenig verbessert; der Index rerum ist zwar besser als Kusters, jedoch gänzlich ungenügend; ein Index glossarum wird nicht gegeben. Trotz der schlechten Ausstattung, wodurch praktische Einrichtungen Gaisfords verlorengingen, hat Bernhardys Ausgabe diese durch ihren niedrigeren Preis verdrängt.

Auf Bernhardy ruht Bekkers hart beurteilte Textausgabe (1854), wo alles überflüssige ausgelassen und eine alphabetische Ordnung durchgeführt ist; sie hat sich im praktischen Gebrauch bewährt.

Von der kritischen Ausgabe von Ada Adler ist der erste Band, Α–Γ und Prolegomena enthaltend, 1928 erschienen (zweiter Band unter der Presse 1930). Der Text ist nach den besten Hss. revidiert. Die wirklichen Quellen sind durch Randsiglen gekennzeichnet und der Text durch Spatium in Quellen aufgelöst. Die Randnoten sind kleiner gedruckt. Ein exegetischer Kommentar wird nicht gegeben, teilweise aber durch die Quellennachweise, die die erste Abteilung des Apparates ausmachen, ersetzt.

Von Spezialausgaben kleinerer Stücke nach neuen Kollationen sind nur zu nennen die Homerbiographie in Homerus ed. Allen V (viele Kollationen, ganz unmethodischer Apparat) und Philostorgius ed. Bidez.

III. Name und Zeit.

Der Name steht in der ersten Zeile des Prooimions: τὸ μὲν παρὸν βιβλίου Σοῦδα, οἱ δὲ συνταξάμενοι τοῦτο ἄνδρες σοφοί. Diese ist wahrscheinlich eine Interpolation, weil sie in A fehlt. Die Form ist auffallend, doch ist M. Schmidts Interpretation: ,gehört dem S.‘ wegen μὲν – δὲ unmöglich. Alle Hss. haben hier Σοῦδα, nur der späte T Σοῦδα ἢ Σουίδα. A gibt gleich nach dem Prooimion die Überschrift Ἡ Σοῦδα (d. h. βίβλος); hier hat E Σουίδας. In M sind nur spärliche Reste des Prooimions erhalten und nicht der Name; vor dem 13. Buchstaben N gibt aber M (und andere verwandte Hss.): τῶν Σούδα ἢ σουίδα τὸ δεύτερον; T hat ähnliches, hier aber nur Σούδα. In den Hss. ist also Σοῦδας am besten beglaubigt. Eustathios in seinem Homerkommentar, der vor 1175 verfaßt und somit älter ist als unsere Hss., zitiert öfters das Lexikon und immer als Σουΐδας. Stephanos, dessen Kommentar zu Aristoteles’ Rhetorik in Vat. gr. 1340, 14. Jhdt. überliefert ist, zitiert ἐν τῇ Σούδᾳ, Comm. in Ar. graec XXI, II 285, 18. Die Form Σουίδας hat sich schon im Anfang der Renaissance festgesetzt (daher in T und E) und muß aus praktischen Rücksichten beibehalten werden. Über die Quantität s. Sandys Class. Rev. V (1891) 434. Wir kennen kein anderes Werk des S.; wenn Σουΐδας in den Titeln einiger Hss. des Etymologicum Gudianum vorkommt, beruht es auf einer Fälschung des Michael Apostolis, Reitzenstein Gesch. d. gr. Etym. 76, s. auch 212, 261.

[679] Der Verfasser wird nie erwähnt und kann nur durch das Werk datiert werden. Es wird von Eustathios im Homerkommentar, der vor 1175 verfaßt ist, zitiert. Es hat das Exzerptwerk des Kaisers Konstantinos Porphyrogennetos benutzt, das vor 959 zustande kam; desgleichen wird Photios s. ὄρεια zitiert. Zwei chronologische Notizen, die zum echten Text gehören, erlauben eine genauere Bestimmung. Die eine findet sich am Schluß der Glosse Ἄδαμ; die Berechnung des Georgios Monachos (ed. de Boor II 804; vgl. ders. in Herm. XXI 15ff.), die im Original bis 842 geht, wird so weitergeführt, daß Romanos und der Tod des Johannes Tzimiskes 976 erwähnt werden; jedoch steht in allen Hss. Raum offen für die Zahlen. Die ganz ähnliche Stelle s. Κωνσταντινούπολις; nennt Basilios und Konstantinos Porphyrogennetos, die 976–1025 regierten. Hieraus hat Bentley Epist. ad Millium 159 (auch V. Rose De Aristot. liber ord. 48) mit Recht geschlossen, daß das Werk unter diesen Kaisern zusammengeschrieben wurde. Bernhardy Praef. S. XXIX verwirft diese Stellen als Interpolationen; er nimmt als Terminus ante quem 970 an, weil eine sichere Interpolation den in diesem Jahre verstorbenen Patriarchen Polyeuktos erwähnt; damals wäre das Lexikon also schon in Gebrauch. Dieser Schluß ist gar nicht zwingend; die Randglossen schreiben auch ihre Quellen mechanisch ab; der Schluß wäre also höchstens für die Quelle der Randglosse annehmbar. Nichts steht der Datierung c. 1000 entgegen.

IV. Einrichtung und Charakter des Lexikons. Die Artikel sind κατ’ ἀντιστοίχειαν geordnet, indem nicht die alphabetische Ordnung herrschend ist, sondern eine andere, die auf die spätere Aussprache der Vokale und Diphthonge Rücksicht nimmt. Ähnliches findet sich in Etymologicum Magnum und im Ambrosianischen Lexikon (s. u.) aber nicht als durchgeführtes Prinzip. In S. stehen die Wörter, die mit αι anfangen, nicht im Buchstaben A, sondern in dem selbständigen Buchstaben AI vor E, desgleichen folgt ει dem ζ, ω dem ο; οι steht vor υ, θ wird nach ι gestellt (hier weichen doch einige Hss. ab). Dasselbe antistoichische Prinzip gilt auch für die einzelnen Artikel; doppelte Konsonanten werden als einzelne gerechnet. Diese Ordnung wird streng durchgeführt, während in den meisten anderen antiken und byzantinischen Lexika nur auf die zwei oder drei ersten Buchstaben Rücksicht genommen wird; dies macht die Vergleichung schwierig. Wo Störungen der Ordnung sich finden, beruhen sie zuweilen darauf, daß zwei Glossen, die in der Quelle aufeinander folgten, mechanisch aufgenommen wurden, oder auf anderen Eigentümlichkeiten der Quellen. Das Lemma kann mit dem Artikel, mit οὐ oder anderen kleineren Wörtern anfangen, was zuweilen die Auffindung einer Glosse erschwert. Das Lexikon übertrifft in Umfang alle anderen Lexika, während die Zahl der Artikel, c. 30 000, nicht die des Hesychios erreicht; viele Artikel bei S. enthalten aber mehrere Glossen. Von Anfang bis zu Ende ist das Lexikon gleichartig, während andere größere Lexika gegen den Schluß oft knapper werden.

Die Artikel kann man fast immer mit Hilfe der [680] Hss. sicher abgrenzen. In der Hs. A werden sowohl die Artikel, als auch das Lemma von der Explicatio durch Spatium getrennt; dies ist in den Hss. des Kyrill-Lexikons gewöhnlich und kommt schon in Papyri aus dem 1. Jhdt. vor (Oxy. Pap. XV 151, 155). Die anderen Hss. und die jüngeren Hände in A scheiden meistens die Artikel durch Spatium, rubrizieren aber auch den ersten Buchstaben des Lemma, was auch sonst in den grammatischen Hss. sich findet. Die Artikel sind von sehr verschiedenem Umfang; auch von derselben Quelle werden sowohl ganz kurze als lange aufgenommen. Die Hauptmasse machen jedoch die kurzen lexikalischen Glossen aus. Sachartikel finden sich häufiger als in den anderen byzantinischen Lexika; einige hiervon sind kleinere Abhandlungen, leider meist ganz wertlose. Dieselben Zitate finden sich unter verschiedenen Stichwörtern; aus den längeren Sachartikeln werden Sätze als Beispiele anderen Artikeln angefügt. Die Vorlagen werden mechanisch abgeschrieben. Die Artikel sind sehr oft aus verschiedenen Quellen so zusammengeflickt, daß der Sinn verloren geht. Kontamination der Quellen z. B. durch Ausgleichung des Casus u. ä. kommt oft vor und macht mitunter die Quellenbestimmung schwierig. Besonders häufig werden Zitate aus historischen Quellen den lexikalischen Hauptquellen als Beispiele angefügt, oft ohne jede Rücksicht darauf, ob die gegebene Explicatio zu dem Zitat paßt. Solche Beispiele werden auch oft zu Wörtern desselben Wortstammes gesetzt, zuweilen wo sie zu anderen Artikeln besser passen würden; solcher Unstimmigkeiten sind zu viele, als daß man sie durch Umstellung oder Ansetzung von Lakunen los werden könnte. Wenn mehrere Zitate gegeben werden, sind sie meistens mit καὶ αὖθις angeknüpft. Der Verfassername, der meistens nicht angeführt wird, steht gewöhnlich vor dem Zitat, doch nicht immer; hierdurch entstehen Zweifel, wenn mehrere Zitate aus verlorenen Schriften teils mit Namen, teils anonym zitiert werden. Solche Zitate werden auch selbständig als Gnomen angeführt; in keinem Fall ist die Benutzung einer Gnomensammlung zu erweisen (schief Bernhardy Praef. p. LXXVIff.). Oft wird aus den Quellen mehr abgeschrieben als für das Lemma paßt, besonders aus den Scholien zu Sophokles und Aristophanes. Zuweilen sieht es so aus, als ob lose Zettel mit mehreren Zitaten verkehrt zerschnitten wären (Hultsch [Jahns Jahrb. XCV 335f.). Das mechanische Abschreibeprinzip erleichtert oft die Quellenforschung, indem Sätze, die in dem jetzigen Zusammenhang sinnlos sind, Schlüsse auf die Quellen ermöglichen, so in den Hesychbiographien und den konstantinischen Exzerpten. Bei dieser Sachlage dürfen selbst grobe Fehler nicht wegkorrigiert werden, einige von den schlimmsten werden durch das Lemma geschützt.

Das Werk ist wahrscheinlich so entstanden, daß ein Exemplar der wichtigsten lexikalischen Quelle, der erweiterten Συναγωγή, auf sehr weitem Raum antistoichisch kopiert wurde. Hierzu wurde eine andere lexikalische Quelle, die mit dem Lexikon Ambrosianum (s. u.) verwandt ist, gefügt; diese findet sich oft am Schluß der Glossen und wird auch oft nicht berücksichtigt, wo eine Parallelglosse der Συναγωγή schon da war. [681] Hieran wurden die andern Artikel und Zitate ganz mechanisch angeschlossen. Dadurch entstehen zahlreiche, fast gleiche Dubletten, zuweilen Tripletten; übrigens hatte auch die Συναγωγή schon viele Dubletten. Diese Riesenarbeit hätte nicht unpraktischer verwendet werden können.

Das umstrittene Prooimion ist gut überliefert. Es nennt als Quellen 11 antike lexikalische Werke. Diese sind aber nicht benutzt, denn S.s lexikalische Quellen sind ganz andere Werke (Valckenaer zu Theocr. Adoniaz. 294). Andererseits ist das Verzeichnis nicht von einer Vorlage mechanisch übernommen. Bernhardy (p. XLI) hat nämlich gesehen, daß die Werke in dem Lexikon genannt werden. Alle werden in genau derselben Form in den Hesychbiographien genannt und diese sind doch erst von S. mit lexikalischen Quellen verbunden worden. Wentzel Gött. Gel. Anz. 1898, 30 hat treffend das Prooimion für ,schwindelhaft‘ erklärt. Die Versuche, es zu retten, hängen immer mit verfehlten Quellenuntersuchungen zusammen (wie Boysen De Harpocrat. font. 33. Rupprecht Apostolis etc. 98).

Am Schluß steht ein kleines taktisches Lexikon, dessen Artikel sich auch an ihrem Platze finden.

Das mechanische Zusammenarbeiten läßt keine Verfasserpersönlichkeit durchschimmern. Die Auswahl zeigt Interesse für militärische und theologische Sachen, wie bei einem Byzantiner zu erwarten war. Der Verfasser war wahrscheinlich Mönch, und die reiche Bibliothek, die er benutzen konnte, befand sich wohl in Konstantinopel.

V. Interpolationen.

Viele Glossen, die in den schlechteren Hss. im Text stehen, stehen in den guten am Rande oder fehlen. Das letzte besonders in Par. 2626, V T F. Vereinzelt werden sie als σχόλιον bezeichnet. Wo sie im Text stehen, stören sie oft die Ordnung oder sind an verschiedenen Stellen eingerenkt. Die Hauptmasse dieser Randglossen ist vor der Spaltung der Überlieferung hineingedrungen; z. B. entstammt die Glosse ἀνέκαθεν der ausführlichen Redaktion der Glosse Διονύσιος ὁ Αρεοπαγίτης, die sich jetzt nur in A findet. Wo sie aus S. selbst stammen, bieten sie dementsprechend einen guten Text. Sie finden sich auch bei den ältesten Benutzern, vereinzelt im Zonaraslexikon, das sie im allgemeinen ausläßt, und bei Eustathios, der in Hom. Od. 1571, 25 die S.-Glosse αἴθρανος, die eine interpolierte Wiederholung ist, ausdrücklich zitiert. Die Randnoten sind jedoch nicht alle auf einmal hereingekommen; daher beziehen sich oft Wiederholungen auf andere Randglossen.

Die meisten dieser Randglossen lassen sich bestimmten Quellen zuteilen, die von S. selbst nicht benutzt worden sind. In einigen Fällen kann Unsicherheit entstehen; so sind auf einigen Strecken, z. B. im Buchstaben B, Glossen, die mit dem Ambrosianischen Lexikon stimmen, schlecht überliefert. Im allgemeinen aber sind sie leicht zu erkennen, und schon Kuster hat die syntaktischen Glossen und die Oneirocritica richtig verworfen. Gaisford klammert meistens diese Glossen ein, zuweilen gibt er sie nur im Apparat, doch ohne Konsequenz. Auch hat er nicht bemerkt, [682] daß die jüngeren Hände in A sie haben, und daher viele unbeanstandet gelassen. In seinem Text folgt ihm Bernhardy, doch hat er viel mehr in den Apparat verwiesen. Im dritten Kapitel der Praefatio hat er die Interpolationen behandelt und die wichtigsten Gruppen ausgesondert, hat aber entschieden zu vieles verworfen, so besonders die Zitate aus Athenaios und Pausanias Periegetes, die gut bezeugt sind, desgleichen viele korrupte Stellen; auf seine Textgestaltung jedoch hat dies keinen Einfluß geübt. In meiner Ausgabe sind sie klein gedruckt. Sehr viele Randglossen, namentlich etymologische stehen im Anfang vom Buchstaben N, wo einige Hss. die zweite Hälfte des S. anfangen lassen.

Eine Kategorie von Randglossen ist echt, die Figuren, die bei einigen philosophischen Artikeln stehen. Der fortlaufende Text des Laertios Diogenes und der Aristoteleskommentare ist in diesen Fällen in den Schemata fortgesetzt.

Von den eigentlichen Randglossen sind die Inhaltsangaben zu scheiden. Die aus zwei bis drei Wörtern bestehenden kommen selten vor, sehr häufig sind dagegen einwörtige. Diese geben nicht die wirkliche Quelle an wie im Etymologicum Gudianum (Reitzenstein Gesch. d. Et. 98ff.), denn sie stehen alle bei Glossen aus verschiedener Quelle. Die gewöhnlichsten sind παροιμία und Δαυίδ (bei Psalmenglossen); seltener ist κανών, das auch im Texte steht (z. B. v. ἀλείφατι) und γνωμή); auch diese bezeichnen nicht S. Quellen. Hierher gehören auch Lesarten mit γράφεται, kritische Bemerkungen in M, lobende oder tadelnde Bemerkungen. Alles dies ist in mittelalterlichen Hss. häufig, hat aber mit den für unseren S.-Text eigentümlichen Randglossen nichts zu tun. Diese gehören folgenden Gruppen an:

a) Verweise auf ähnliche Glossen, mit ζήτει ἐν τῷ eingeleitet, oft am Schluß von längeren Glossen. Ζήτει wird meistens mit einem Kompendium, das sonst nach meinem Wissen nicht vorkommt, geschrieben und wird daher in den schlechteren Hss. zuweilen mit ἐστίν verwechselt. Einige Hinweise derselben Art sind aus den konstantinischen Exzerpten mechanisch abgeschrieben und echt, andere mit προεγράφη) oder τεθείται desgleichen. Auch die Hinweise in den philosophischen Stücken sind echt (s. u.).

b) Wiederholungen. Obgleich solche für das echte Werk eigentümlich sind (s. o.), lassen viele sich doch durch das Zeugnis der guten Hss. ausscheiden. Die Entscheidung muß für jede einzelne getroffen werden, und kann, wo die guten Hss. zufällig versagen, schwierig sein.

c) Syntaktische Glossen. In den attizistischen Glossen und auch sonst werden zuweilen Anweisungen für die Rektion des Verbums gegeben, meist durch συντάσσεται ausgedrückt; ähnliches findet sich in Phrynichos’ Epitome. In dem Lexikon Ambrosianum wird wie in der Hs. Laurent. 59, 16 bisweilen γενικῇ usw. zugesetzt; dies ist eine Interpolation aus dem in Laur. 59, 16 überlieferten syntaktischen Lexikon (s. u.).

Die Hauptmasse solcher syntaktischen Glossen in S. ist längst als Interpolation erkannt. Oft wird nur der Casus, αἰτιατικῇ usw. hinter das Lemma einer echten Glosse gesetzt. Die meisten dieser Glossen bestehen nur aus Verbum und Casus, [683] nur selten wird ein Beispiel zugesetzt, noch seltener eine kurze Explicatio. Nicht wenige geben Doppelcasus an, meistens mit zwei oder mehreren Beispielen, selten nur mit einem, immer ohne Autorangabe. Diese Beispiele sind meistens der kirchlichen Literatur, besonders der Septuaginta entnommen; sonst wird nur Demosthenes, sehr selten Isokrates berücksichtigt, jedenfalls aber Cassius Dio. Dieselbe Mischung von kurzen Glossen und längeren mit patristischen Beispielen findet sich in dem syntaktischen Lexikon, das in Gudes Hs. des Etymologicons überliefert ist und von dem Sturz in seiner Ausgabe des Etym. Gudianum S. 587–592 eine Probe und die mit Beispielen versehenen Glossen abdruckt. Eine ganz ähnliche Rezension, wo jedoch die Beispiele abweichen, findet sich in Laurent. 59, 16, der Parallelhs. des Ambrosianischen Lexikons (s. u.). Eine andere Rezension desselben Werkes, die sich in vielen Hss. findet, ist von Cramer in Anecd. Oxon. IV 275–307 herausgegeben; hier sind alle Glossen mit einem Beispiel, fast immer aus kirchlicher Literatur, versehen. Der Text dieser Exempel ist wie auch in S. furchtbar entstellt. Eine gelehrtere und besser überlieferte Rezension aus Coisl. 345 ist in Bekkers Anecd. I 119–180 gedruckt; die Beispiele stammen meistens aus Demosthenes, Isokrates, Dio Cassius, die ausdrücklich zitiert werden. Diese gute Rezension zeigt auch einige Übereinstimmungen mit den interpolierten Glossen in S. Einige der aus geschichtlicher Literatur geschöpften Beispiele in S. können daher aus Cassius Dio stammen; weil aber diese Zitate ganz kurz und meistens sehr korrupt sind, wird man nicht mit Sicherheit ihren Platz bestimmen können. Den anderen gedruckten und ungedruckten syntaktischen Lexika stehen diese Glossen fern.

d) Oneirokritika. Alle oneirokritischen Verse in S. sind, wie schon Kuster gesehen hat, interpoliert. Sie sind nach synonymen Wörtern eingestellt und kommen daher oft mehrmals vor; meistens wird λύσις ὀνείρου vorausgeschickt. Obgleich einigen Versen Νικηφόρου πατριάρχου beigeschrieben ist, stimmen sie nicht mit dem Traumbuch des N. (ed. Drex) Festgabe f. Ehrhard 94ff.), sondern mit dem des Astrampsychos (Krumbacher Byzant. Lit. 629). Zuweilen stehen mehrere Verse zusammen, woraus sich ergibt, daß sie einer sachlich geordneten Sammlung entstammen, nicht einer alphabetischen, wie sie in den Oracula metrica Iovis etc. ed. Opsopoeus 1599 gedruckt sind. Unvollständiger Index der Oneirokritika bei S. in Oracula Sibyllina ed. Gallaeus 1689. Die Zitate aus dem Traumbuch des Artemidoros sind echt, ebenso die χρησμοί.

e) Psalmenglossen. Die kurzen Psalmenglossen, die mit den von Cramer Anecd. Oxon. II 427ff. edierten stammen, sind Randglossen. Hier sind sie nach Barocc. 50 gedruckt, wo dies Glossar mit anderen verbunden ist(Reitzenstein Gesch. d. Etym. 166); diese λέξεις kommen aber in vielen Hss. (besonders nach dem Kyrill-Lexikon) vor, wo sie für sich stehen; nach einer späten Hs. gedruckt bei Pasini Codices Mss. Bibl. Reg. Taurin. I 190–193. Echte (kurze) Psalmenglossen stammen aus der Συναγωγή oder dem Ambrosianischen Lexikon und berühren sich zuweilen mit dem Psalmenglossar.

[684] f) Symeon Metaphrastes. Die wenigen Stellen, fast alle kürzere Sätze, die die Heiligenleben des Symeon Logothetes, auch Metaphrastes genannt, zitieren, erweisen sich alle als Randglossen. (Über Symeon s. A. Ehrhard bei Krumbacher Byzant. Lit. 200ff., durch die neueren Untersuchungen zu korrigieren.) Unter den Interpolationen finden sich nun viele Sätze, die einer hagiographischen Quelle mit mehr oder weniger Sicherheit zugewiesen werden können. Ich habe auch einige dieser Stellen in den metaphrastischen Viten aufgefunden, die Hauptmasse jedoch, ca. 100 Stellen, wovon viele sehr charakteristische, nachzuweisen habe ich trotz vieler Mühe aufgeben müssen. Unter den bei Migne G. 114–116 gedruckten Heiligenleben des Symeon finden sich nicht wenige anderer Rezensionen; dagegen sind einige Viten überhaupt nicht oder in unauffindbaren Separatausgaben gedruckt (s. Bibliotheca Hagiographica Graeca, 2. Ausg. S. 269ff.).

Die echten hagiographischen Artikel sind länger und vom selben Charakter wie die anderen biographischen und historischen Artikel, z. B. Λουκιανὸς ὁ μάρτυς. Die entsprechende metaphrastische Vita wird im interpolierten Schluß der Glosse νοθεύει zitiert, s. Philostorgius ed. Bidez S. CXLIX, 1.

g) Etymologica und Geographica. Etymologische Randglossen, die mit dem Etymologicum Magnum verwandt sind, kommen spärlich vor. Eine Ausnahme bildet der Buchstabe N; zu den bisher gedruckten sind durch meine Kollationen ebenso viele neue, besonders aus der Hs. M hinzugekommen. In den Glossen νότιος und ωώ wird τὸ μέγα ἐτυμολογικόν zitiert, zuweilen Lykophron. Die etymologischen Randglossen in N weichen meistens von den gedruckten Etymologica ab. Viele dieser Glossen sind geographisch und stimmen mit Stephanos Byzantios. Dieser ist vielleicht direkt benutzt, denn die Glosse Νακώνη zitiert ausdrücklich τὸν Ἐθνικογράφον; die unedierte Randglosse zu Νίσαιον kritisiert ihn: ἔσφαλται παρὰ τῷ ἀναγραωαμένῳ τὰ Ἐθνικά (vgl. auch die Randglosse zu Ναξία). Es besteht aber auch die Möglichkeit, daß die Quelle dieser Etymologica Stephanos ausdrücklich zitierte, was weder im Etymologicum Magnum noch in Symeons Etymologicum, die beide Stephanos direkt benutzen, geschieht (Reitzenstein Gesch. d. Etym. 257, 330; s. o.). In den echten Glossen ist Stephanos nicht benutzt. Stemplinger Philol. LXIII 619ff. baut teils auf den Randglossen in N, teils auf Glossen im Anfang des Buchstabens A, die die Editio princeps aus Zonaras eingeschwärzt hat und Bernhardy in den Addenda getilgt hat. Diese Abhandlung ist somit für Suidas völlig wertlos. Die kurzen geographischen Glossen, die echt sind, stammen aus dem Ambrosianischen Lexikon.

h) Die makedonischen Monatsnamen. Alle sind unecht; die meisten sind in echte Monatsglossen aus dem Ambrosianischen Lexikon interpoliert.

i) Metrologische Glossen. Die Glossen, die hebräische Maße bezeichnen wie σάτα, sind interpoliert. Andere sehr kurze metrologische Glossen sind echt. Bei Hultsch Metrol. Script. [685] I 333-347, vgl. 167 fehlen viele der Randglossen (und die meisten hier gedruckten stehen auch bei Photios oder in den Aristophanesscholien). Die kleineren metrologischen Glossen stimmen nicht mit den gedruckten, auch nicht mit Viedebantt Quaestiones Epiphanianae metrol. 1911.

k) Medizinische Glossen. Die medizinischen Glossen mit der Formel κατ’ ἰατρούς sind interpoliert, desgleichen die wenigen veterinärischen. Vereinzelte botanische und zoologische sind interpoliert, die meisten derart freilich echt (aus dem Ambrosianischen Lexikon).

l) Sprichwörter. Die Hauptmasse der Paroemien ist echt (s. u.). Einige späte sind Randglossen wie ἀπορία ψαλτοῦ βῆξ und παλεύει καλῶς τὸν ἀλώπεκα; diese interpolierten Paroemien fehlen bei Planudes und in den von Krumbacher herausgegebenen Sammlungen. Auch einige kurze mit der Explicatio ἐπὶ τῶν ἀδυνάτων oder ἐπὶ τῶν μάτην πονούντων, die sich zum Teil in der von Boissonade Anecd. I 394–398 gedruckten Sammlung wiederfinden, sind interpoliert.

m) Theokritscholien. Einige ganz wertlose Theokritscholien sind unecht.

n) Fragmentum Sabbaiticum. Aus dem am bequemsten von Jacoby FGrHist als N 151 gedruckten Fragment einer Alexandergeschichte stammen die Randglossen περίακτος ὁδός und δρεπανηφόρα τέθριππα. Vielleicht findet sich in den unbestimmbaren Zitaten der Randglossen mehr von dieser Quelle.

o) Grammatische Glossen. Einige sind interpoliert, davon mehrere mit der attizistischen Formel παρ’ ἡμῖν.

p) Juridisch-römische Glossen. Die Hauptmasse dieser Glossen ist echt (s. u.), andere derselben Form interpoliert. Einige der unechten bestehen aus einem Wort. Da diese Glossare tatsächlich unediert sind, kann eine nähere Bestimmung nicht durchgeführt werden.

q) Die Canones des Johannes Damascenus. Die wenigen Zitate mit kurzen Worterklärungen, die mit dem Glossar des Theodosios und mit dem Etymologicum Gudianum stimmen (De Stefani Byz. Ztschr. XVI 52ff. XXI 435), sind interpoliert (Nauck Mél. Gréco-rom. VI 108ff. nimmt zuviel hinzu). In dem Glossar finden sich auch Erklärungen zu den Canones des Kosmas aus Jerusalem (Krumbacher Gesch. d. Byzantin. Lit.² 674ff.); diese sind nicht aufgenommen. Verse des Kosmas aber stehen sonst in den Randglossen und als Beispiele in den syntaktischen Glossen.

r) Kirchliche Glossen. Nicht wenige Glossen aus kirchlichen Schriften sind Randglossen. Die meisten, die die Bibel erklären, sind echt, doch finden sich auch unechte. Die Glosse ἑκούσιον, die (nach Field) allein die hexaplarischen Lesarten zu Ps. 67, 10 erhalten hat, ist interpoliert, während eine ähnliche, κνίζων zu Amos 7, 14 echt ist und mit Theodoret zu d. St. stimmt. Nur wenige der Zitate der drei großen Kirchenväter sind unecht.

VI. Quellen.

Die wichtigste Frage der S.-Forschung ist die nach seinen unmittelbaren Quellen (Krumbacher Byz. Lit. 564). Fast die gesamte ältere [686] Arbeit ist durch ihre unklare Auffassung jetzt ziemlich wertlos; sie beschäftigt sich auch meistens mit dem Stoff, der nur bei S. überliefert ist, obschon die Fragen doch leichter zu lösen sind, wo parallele Quellen vorliegen. Es genügt nicht die Primärquellen zu bestimmen, denn derselbe Stoff ist öfters durch verschiedene Kanäle zugeflossen. Die bahnbrechenden Arbeiten de Boors und Wentzels haben die Zahl der unmittelbar benutzten Quellen stark herabgesetzt. Durch die Annahme einer philosophischen Hauptquelle und die Ausbeutung des Ambrosianischen Lexikons habe ich diese Richtung fortgeführt. Weitere Resultate werden sich durch Untersuchung der unausgebeuteten theologischen Exzerpt-Hss. und vielleicht auch der grammatischen Sammlungen ergeben.

S. nennt nur ausnahmsweise seine wirklichen Quellen. Gelehrte Zitate mit Titel oder Buchzahl stammen aus den benutzten Quellen, besonders aus der Συναγωγή, Harpokration und den Aristophanesscholien. Wo S. einen Autor direkt benutzt, wird er gewöhnlich nicht zitiert, doch liegt die Sache bei den verschiedenen Schriften sehr wechselnd (s. de Boor Byz. Ztschr. XXIII 22ff.). Einige stark benutzte Verfasser werden nie genannt, so Artemidor und Theodoret. Diese aus dem Altertum stammende Unsitte hat den Wert des Lexikons sehr beeinträchtigt. Die meisten der Zitate noch erhaltener Werke, die kirchlichen ausgenommen, wo noch vieles zu tun ist, sind jetzt verifiziert, dank der seit dem 17. Jhdt. daran verwendeten Arbeit (Fabricius-Harles Bibl. gr. VI 395). Für die verlorenen Werke aber besteht oft große Unsicherheit, besonders bei den Historikern und Damaskios. Obendrein sind Verfassernamen oft verwechselt. Am begreiflichsten ist dies bei Namen, die ähnliche Form haben, wie es in der grammatischen Literatur oft geschieht, besonders wo die Namen verkürzt geschrieben waren; viele Fehler dieser Art finden sich in den parallelen Quellen und noch mehr gehen auf die benutzten Quellen zurück. Schlimmer ist, daß z. B. Aristophanes und Sophokles einigemal verwechselt sind. Einige besonders unbegreifliche Verwechslungen in den Namen der Historiker hat de Boor (Byz. Ztschr. XXI 416ff.) überzeugend durch Blattversetzung in der Vorlage erklärt.

A. Lexikalische und grammatische Quellen. a) Erweiterte Συναγωγή = Verhältnis zum Lexikon des Photios. Mehr als die Hälfte der Glossen des Lexikons des Photios (P), kehren in S. in genau derselben Form wieder, nämlich Glossen aus Harpokration, attizistische Glossen, Timaios’ Platolexikon, Glossen, die mit dem vierten und fünften Bekkerschen Lexikon stimmen. Die Hauptmasse der rein lexikalischen dieser Glossen steht auch in der Συναγωγὴ λέξεων χρησίμων usw. = Bachmannsches Lexikon. Früher war die Annahme vorherrschend, daß S. den P benutze; der Hauptrepräsentant dieser Richtung ist Naber in den Prolegomena zu Photios. Mor. Schmidt leugnete die Abhängigkeit, nahm aber das Lexikon des Eudemos als Quelle des S an (Jahns Jahrb. 1855, 482f., Quaestiones Hesychianae in der Hesychausgabe S. LIIff.), beides ohne zulängliche [687] Beweise. Dindorf in der Praefatio zu Harpokration (1853) S. XX sah, daß S. den Harpokration unabhängig von P benutzte. Boysen De Harp. fontibus (1876) 34ff. erwies die Unabhängigkeit des S von P, hielt aber an Eudem als Quelle fest; doch konnte er nicht erklären, warum merkwürdige Fehler für S und P gemeinsam sind (S. 43). P. Roellig Quae ratio in P et S Lexika intercedat, Diss. Halenses VIII 1–67 (die Diss. 1887 ist unvollständig) gibt im ersten Kapitel eine genaue Darstellung der bisherigen Behandlung. Im zweiten Kapitel hat er die Unabhängigkeit des S mit einer Fülle von Beweisen festgestellt; wichtig ist besonders der Erweis, daß S von den Doppelglossen in P nur die eine benutzt. An Eudem als Quelle des S hielt er fest, doch hätte S einen besseren Text als die veröffentlichten Eudemproben. Cohn Untersuchungen über die Quellen der Platonscholien (Jahns Jahrb. N. F. Suppl. XIII 1884, 813ff.), vertiefte die Beweise Boysens dafür, daß P das Bachmannsche Lexikon benutze; das Verhältnis von Eudem und S ließ er in suspenso. B. Schneck Quaestiones Paroemiographicae, Diss. Bresl. 1892, 38ff. zeigte, daß Eudem von S abhängig war. Die Lösung der Frage hat Wentzel erzielt. In seiner Rezension von Boysens Ausgabe der Συναγωγή, Gött. Gel. Anz. 1893, 30ff. bewies er endgültig, daß Eudem S benutzt, näheres s. u. Solange Eudem für die Quelle des S gehalten wurde, war das Verhältnis zwischen S und P nicht zu erklären. Wentzels Resultate sind als Beiträge z. Gesch. d. gr. Lexikographen im S.-Ber. Akad. Berl. 1895, 477ff. veröffentlicht, aber nur kurz und ohne die Beweise. Die zugrunde liegende, preisgekrönte ausführliche Schrift, wovon nur kleinere Auszüge gedruckt sind, habe ich benutzen können. Reitzenstein besonders in Berl. phil. Woch. 1893, 108, 137 und im Anfang des Photios (1907) XXXIff. ist unabhängig von-Wentzel zu denselben Resultaten in bezug auf S gekommen; nur nimmt er mehrere Primärquellen in die für S und P gemeinsame Quelle auf. L. Cohn Griech. Lexicographie S. 595 folgt Wentzel. Wentzels Thesis fand keinen Widerspruch, bis K. Rupprecht Apostolis, Eudem und S., Philol. Suppl. XV 1ff. (1922) auf Mor. Schmddts Auffassung zurückgriff; in meiner Rezension Gött. Gel. Anz. 1923, 124ff. habe ich versucht, Wentzels Resultate in allem wesentlichen zu halten.

Wentzel baute auf breiterer Basis als seine Vorgänger; er hatte die Haupt-Hs. des S., A, kollationiert, die Überlieferung der Συναγωγή in Coisl. 347 mit Hilfe von Boysen (der nur den Buchstaben A publiziert hat) ins reine gebracht, und die Quelle der Συναγωγή, das noch unedierte Kyrillglossar, durch Reitzenstein kennen gelernt. Hierdurch erwies sich die Unabhängigkeit des S von P, die auch den anderen gemeinsamen Quellen gegenüber hervortritt. Diese Quellen können aber nicht unabhängig von S und P benutzt sein, denn für mehrere bieten sie genau dieselbe Auswahl, z. B. dieselben neun Glossen aus Apollonios Sophistes’ Homerlexikon; und sie kontaminieren oft diese Quellen miteinander auf dieselbe Weise, besonders die Timaiosglossen. Die gemeinsame Quelle war [688] daher eine Συναγωγή, die in ähnlicher Weise wie deren Hs. B, Coisl. 345, im Buchstaben A erweitert war. Ein ganz ähnliches Werk ist die als ῥητορικόν zitierte Hauptquelle des Etymologicum Genuinum (s. u.). Auch in den Platonscholien ist ein ähnliches Werk benutzt, Cohn Philol. Suppl. XIII 809. 814ff. 828ff.; desgleichen im Lexikon Sabbaiticum und in den Lukianscholien. Wentzel nimmt folgende Erweiterungen an: 1. Die Attizisten Aelius Dionysios und Pausanias; 2. Boethos’ Platonlexikon; 3. Timaios’ Platonlexikon; 4. Das vierte Bekkersche Lexikon in einer ursprünglicheren Form als in Coisl. 345; 5. Das fünfte Bekkersche Lexikon ohne die Hesychinterpolation; 6. Apollonios’ Homerlexikon; 7. Harpokration; 8. Vier Pindarglossen. Dieses Werk beruhte auf drei Hss.-Bänden, nämlich: 1. Harpokration; 2. Eine Attizisten-Hs. Aelius D., Pausanias und Boethos enthaltend wie die von Photios in der Bibliothek cod. 151–154 beschriebene; 3. Eine dem Coisl. 345 ähnliche Hs., die das vierte und fünfte Bekkersche Lexikon, Timaios, Apollonios und die Συναγωγή umfaßte. Die Pindarglossen wären spätere Randbemerkungen. Diese elegante Lösung der Quellenfrage der erweiterten Συναγωγή ruht nicht auf so fester Basis wie die Erklärung des Verhältnisses zwischen P und S. Wentzel wird hierdurch genötigt dem Boethos einen großen Teil der Platoglossen zuzuschreiben, auch wird wohl der Anteil des Aelius D. und des Pausanias überschätzt. Reitzenstein (Anfang des P. S. XXXIXff.) hat mit schlagenden Beweisen die Epitome des Phrynichos in die gemeinsame Quelle aufgenommen, wovon Wentzel nichts wissen wollte, obwohl die Epitome auch in Coisl. 345 überliefert ist. Reitzenstein nimmt weiter Herodians Symposion (s. u.) und Diogenianglossen in das Werk auf, das letzte zweifellos richtig; Wentzel hatte diese Frage von sich gewiesen. In Herm. L 376f. hat Latte gezeigt, daß der Antiattikistes in Coisl. 345 sowohl von S und P wie von dem sechsten Bekkerschen Lexikon benutzt worden ist. Andererseits habe ich (Gött. Gel. Anz. 1923, 130f.) versucht, Harpokration von der erweiterten Σ zu trennen (näheres s. u.). Hierdurch wird dies um eine Quelle entlastet, P und S bekommen aber zwei gemeinsame Quellen. Hierin ist nichts Unwahrscheinliches; das Etymologicum Genuinum hat mehrere Quellen mit S. gemeinsam, nämlich das rhetorische Lexikon, die Eklogai, Aristophanesscholien; wozu im Etymologicum Magnum das Diogenianexzerpt, das mit dem Ambrosianischen Lexikon verwandt ist, hinzutritt. Mit diesen Modifikationen ist die Hypothese Wentzels unbedingt zu halten; daß die gemeinsame Quelle des S und P sich etwas komplizierter, als er es sich dachte, erwiesen hat, zerrüttet die Basis nicht.

Für einige dieser Quellen ist das Verhältnis kompliziert, denn Wentzel hat gezeigt, daß sie auch auf anderem Wege in P und S hineingekommen sind. P hat viele attizistische Glossen aus einer anderen Quelle. Von den Glossen des fünften Bekkerschen Lexikon haben S und P viele gemeinsam, andere sind nur in P, andere nur in S vorhanden. Wentzel (S.-Ber. Akad. Berl. 1895, 482f. Gött. Gel. Anz. 1897, 618f., 635), auf Beobachtungen Mor. Schmidts fußend hat [689] das fünfte Bekkersche Lexikon in zwei Hauptquellen zerlegt: V¹, eine ausgezeichnete Sacherklärung zu den zehn Rednern wird von P benutzt, V², ein stilistisches Lexikon zu den zehn Rednern wird von S benutzt (s. u.); hierdurch entstehen Dubletten, wenn ähnliche Glossen aus der Συναγωγή aufgenommen sind.

Diese komplizierte Quelle ist die Hauptquelle des S., wozu die anderen Quellen hinzugetreten sind. Ihr Wert ist im ganzen genommen nicht groß, weil fast alles sich in anderen Lexika wiederfindet. Doch repräsentiert S immer eine gute Hs., und zwar nach Wentzel eine etwas bessere als P; auch für die Συναγωγή ist die Grundlage des S besser als die zwei Coisliniani. Der geringe Wert dieser lexikalischen Überlieferung wird aus der Analyse der Primärquellen hervorgehen.

Den Grundstock der Σ bildet das Kyrill-Lexikon (Wentzel S.-Ber. Akad. Berl. 1895, 478, Reitzenstein Anf. des Photios S. XXX), von dem Drachmann eine Ausgabe vorbereitet. Dieses Lexikon ist in mehreren Rezensionen überliefert; die Σ jedoch benutzt die gewöhnlichste und einfachste. Auch in dieser kommen nach Drachmann Diogenianglossen vor. Das Kyrillglossar hat zahlreiche Glossen zu Euripides und zur Bibel, vor allem aber zu Homer; diese stimmen mit den kurzen D-Scholien (die auch im Ambrosianischen Lexikon und obendrein unmittelbar von S. selbst benutzt sind); die Homerglossen, die in der Σ hinzugekommen, hat Wentzel dagegen richtig einer anderen Überlieferung zugeschrieben. Kyrill ist auch Hauptquelle des Lexikons des H(esychios) und hierdurch erklären sich die Hälfte der Übereinstimmungen zwischen H und S.

Das ziemlich wertlose Kyrillglossar ist in der Σ etwas gelehrter geworden. Zugefügt sind einige verhältnismäßig gelehrte Homerglossen, Glossen zu den Rednern, Platon, Thukydides, Komikern, doch fast keine attizistische (diese gehören nach Wentzel meistens einer späteren Interpolation in der Σ); außerdem Glossen zu Xenophon und Aristoteles. Wentzel meint, daß auch einige der Glossen zu Herodot und Euripides erst in der Σ hinzugekommen. Außerdem sind spätere Verfasser benutzt, besonders Arrian, Cassius Dio (diese zwei Verfasser sind auch durch die historische Hauptquelle des S. hereingekommen), Hierokles. Andere Autoren wie Aelian, Lukian Drakon, Eunomios, Io. Chrysost., Kephalion werden nur einmal zitiert. Die meisten dieser Glossen sind wertlos, am wertvollsten sind die Zitate aus Cassius Dio und Hierokles.

Die Erweiterungen der Σ sind von höchst verschiedener Bedeutung, jedoch im allgemeinen gelehrter als die ursprünglichen Bestandteile; die attizistischen Glossen stehen zu dem Kyrillglossar, das stilistische Rücksichten nicht kennt und ganz späte Wörter in der Explicatio verwendet, in barockem Gegensatz.

Die Glossen aus Apollonios Sophistes bei P und S repräsentieren eine bessere Hs. als der Coislin. Die meisten Übereinstimmungen zwischen Apoll. und S in den kurzen Glossen beruhen darauf, daß dieselbe antike triviale Homererklärung, die S aus verschiedenen Quellen aufgenommen hat, auch in Apoll, eine große Rolle spielt.

Die Glossen aus dem vierten und fünften Bekkerschen Lexikon [690] gehen auf eine weit bessere Überlieferung als die des Coisl. 345 zurück (Wentzel Gött. Gel. Anz. 1897, 630). Der sachliche Wert dieser Artikel ist groß, wie sie denn auch zu den am meisten zitierten des S. gehören. Wo P fehlt, ist S die Hauptquelle dieser Tradition.

Alle Platonglossen stammen aus der erweiterten Σ. 1. Aus der einfachen Σ, s. o.; 2. Timaios’ Lexikon (Ruhnkens Kommentar gibt gute Parallelen); 3. Attizistische, s. u.; 4. Es bleiben noch viele unzweifelhafte Platonglossen: Wentzel (S.-Ber. Akad. Berl. 1895, 481, in der ungedruckten Abh. war er vorsichtiger) führte sie alle auf Boethos zurück, was mit seinem Quellensystem stimmte. Cohn (Philol. Suppl. XIII 785f.) will vor allem Platonglossen, die die platonische Schrift ohne Platons Namen anführen, dem Boethos zuschreiben; diese Glossen sind sehr gelehrt. Weil wir aber nur drei Zitate aus Boethos besitzen, worunter nur ein gelehrtes, wird einige Skepsis am Platz sein (Reitzenstein Anfang des P S. XXVIII. Rupprecht Apostolis usw. 81ff.).

Die attizistischen Glossen gehören teilweise zum wertvollsten in S. Alle kommen aus der erweiterten Σ; eine selbständige Benutzung der Attizisten, wie sie für P angenommen wird, ist durch die Untersuchungen Wentzels und Reitzensteins ausgeschlossen (irrig Cohn Lexicographie 595). Die Verteilung der attizistischen Glossen auf verschiedene Grammatiker ist sehr schwierig, weil sie auf dieselben Grundquellen, vor allem die λέξις τραγική und κῳμική des Didymos zurückgehen. Die meisten Attizisten, die ins Spiel kommen, sind ganz unoriginal; so benutzt Phrynichos den Aelius D. (o. Bd. V S. 989) und wird selbst von Helladios und anderen benutzt.

Daß die attizistischen Lexika des Aelius D. und Pausanias in der erweiterten Σ benutzt sind, steht fest, weil die fast immer anonymen Zitate bei S und P oft mit den namentlichen Anführungen in Eustathios’ Homerkommentaren stimmen (s. o. Bd. VI S. 1478). Auch das von Eustathios zitierte rhetorische Lexikon kann auf die beiden bezogen werden (s. o. Bd. V S. 988). S und P haben den Wortlaut besser als Eustathios erhalten; wo P fehlt, ist S Hauptquelle dieser wichtigen Lexika. Wieviel ohne Eustathios’ Hilfe den beiden zugeschrieben werden darf, ist umstritten. Wentzel (Herm. XXX 372ff.) hat den Unterschied dieser beiden gut geschildert. Aelius D. (s. o. Bd. V S. 987ff.) repräsentiert den reinen Attizismus und geht meist auf das Stilistische heraus. Pausanias gibt mehr Sachliches und ist eine Hauptquelle für den attischen Kultus. Außerdem erklärt er ausführlich Sprichwörter, und alle Sprichwörter in P stammen aus ihm. (Kurze Sprichwörter können aus Aelius D. stammen.) Die meisten Sprichwörter in S stammen jedoch aus einer paroemiographischen Quelle (s. u.); da diese zuweilen auf dieselben Primärquellen wie Pausanias zurückgeht, wird die Zuweisung, wo P fehlt, schwierig. Doppelglossen kommen vor. Solange die paroemiographische Rezension, die am meisten mit S stimmt, nicht herausgegeben ist, werden an nicht wenigen Stellen Zweifel entstehen, ob ein Sprichwort aus attizistischer oder paroemiographischer Quelle stamme. [691] Ob Wentzel mit Recht dem Aelius Dionysos die attizistischen Thukydidesglossen in P und S zugewiesen hat, ist mehr zweifelhaft. Diese attizistischen Glossen sondern sich leicht von den Thukydidesscholien (s. u.) heraus. Wentzel will alle attizistischen Glossen, die er sehr treffend charakterisiert hat (Herm. XXX 368f.), in P S auf Aelius D. und Pausanias zurückführen, nimmt aber auf Phrynichos keine Rücksicht. Hiergegen hat Reitzenstein protestiert (Anfang des P XXXIXff.). Von den vielen sicheren Phrynichosglossen im sechsten Bekkerschen Lexikon und P finden sich einige auch in S, und die Übereinstimmung mit der Epitome des Phrynichos ist sehr genau. In der Phrynichosausgabe v. Borries und solche S.-Glossen berücksichtigt, doch schreibt Borries dem Phrynichos allzuviel zu, z. B. Homerglossen und Harpokration (vgl. Cohn Berl. phil. Woch. 1913, 931f.). Andere Stellen sind als Aristophanesscholien, nicht als S. aufzuführen.

Reitzenstein (Gött. Gel. Nachr. 1906, 45, vgl. Anfang des Photios XXVIII. LII) hat auch Benutzung von Herodians Symposion sowohl für P allein als auch für die erweiterte Σ angenommen. Die Beweis genügen nicht; die Herodianzitate können aus anderen Schriften des Herodian stammen; die Ubereinstimmung mit Athenaios, wo mir auch die Benutzung des Symposions des Herodian sehr zweifelhaft erscheint, erklärt sich durch andere gemeinsame Quellen.

Die Unterscheidung der verschiedenen Attizisten ist für die Quellenanalyse des S ohne Bedeutung, weil jedenfalls alle attizistischen Glossen durch die Σ hineingekommen sind.

Diogenian wird sowohl von P als von S in einer Glosse ἀειεστώ zitiert, und dies kann nicht aus Harpokration herrühren, woher der Rest der Glosse stammt. Diogenian wird auch sonst von P zitiert; in Reitzensteins Apparat werden viele Diogenianglossen durch Vergleiche mit Etymologicum Magnum und Hesych sicher gewonnen; von diesen kehren einige bei S wieder. Die Hauptmasse derartiger Glossen bei S, die sich nicht in P finden, stammen aus dem Ambrosianischen Lexikon.

Diese Hauptquelle des S zu bestimmen ist meistens leicht. Wo P erhalten ist (c. 70%), sind alle mit P identischen Glossen (Harpokration ausgenommen) der Σ zuzuweisen, außerdem solche, die den sicheren Erweiterungen gehören. Wo P fehlt, ist die Hauptmasse sicher, nämlich die aus Bachmanns Lexikon, und die aus den leicht bestimmbaren Erweiterungen. Stilistische Glossen des fünften Bekkerschen Lexikon gehören der ,rhetorischen Quelle‘, wenn sie ausführlicher sind. Ersatz für P bieten: I. Das sechste Bekkersche Lexikon = der Buchstabe A bei Bachmann; die wertvollen attizistischen Interpolationen in Coisl. 345 stammen aus derselben Quelle wie die Erweiterungen der von P und S benutzten Σ. 2. Lexicon Sabbaiticum (ed. Papadopulos–Kerameus in Journ. du ministère de l’instruction en Russie 1892 vol 280–281, 39ff.). Dies fällt in die große Lücke des P, indem es die Glossen αὔξησις bis ἐξαιρέσεως umfaßt. Wentzel (S.-Ber. Akad. Berl. 1895, 484; Herm. XXX 368) nimmt mit Recht an, es sei eine [692] Epitome des P. jedenfalls stamme es aus einer erweiterten Σ. 3. Das ῥητορικόν in Etymologicum Genuinum, von Etymologicum Magnum meistens treu wiedergegeben. Viele andere attizistische Glossen, die mit P und S stimmen, gehören sicher hierzu. Reitzenstein glaubte anfänglich (Gesch. d Etym. 59ff.), dies Werk sei aus P geflossen, woran Wentzel immer festhielt. Später (o. Bd. VI S. 813, Anf. des P XLVIII und 70a) nahm Reitzenstein an, daß es nur eine erweiterte Σ benutzt hat. Einen entscheidenden Beweis hierfür bietet meines Erachtens die Glosse ἤγαλλεν; hier stimmen P und Bachmanns Lexikon, S und das ῥητορικόν fügen noch hinzu: καὶ αὐτὸς οὗτος πολλάκις (Wentzel in der angedruckten Abhandlung hat übersehen, daß S. die Worte hat). Die Diogenianzusätze in Etymologicum Magnum (Reitzenstein Gesch. d. Etym. 251f. und o. Bd. VI S. 816) dürfen nicht zur Rekonstruktion der Σ verwendet werden, s. u. 4. Lukianscholien. In diesen, besonders in der Hs. Δ ist eine erweiterte Συναγωγή benutzt (R Winter De Luc. Schol., Diss. Leipzig 1908, 15ff.; die Übereinstimmung mit dem sechsten Bekkerschen Lexikon wird hier überschätzt). Die Scholien in Δ, aber nicht in den anderen Hss., haben auch P selbst benutzt (Helm De Luc. Schol. font., Diss. Marburg 1908, 15ff; ohne Argumentation zurückgewiesen von R. Winter Berl. phil. Woch. 1910. 1035f.). Echte Lukianscholien finden sich in der Σ, andere sind in S aufgenommen (s. u. B. f).

b) Das Lexikon über den Sprachgebrauch der Redner, das die eine Hauptquelle des fünften Bekkerschen Lexikon bildet (Wentzel S.-Ber. Akad. Berl. 1895. 483f.; Gött. Gel. Anz. 1897, 623. 635). Diese Quelle ist, wie zuerst M. Schmidt (Jahns Jahrb. 1855. 781) gesehen, oft an bestimmten Formeln (παρὰ τοῖς ῥήτορσιν usw.) erkennbar. Glossen des jetzigen fünften Bekkerschen Lexikon stehen als Dubletten hierzu. S hat eine viel reichere Überlieferung als Coisl. 345, und diese Glossen sind daher wertvoll, auch durch ihre Rednerzitate. Schmidt (a. O. 782ff.) und Boysen (De Harp. font. 18ff. 85ff.; hiernach Ofenloch Caecil. Calact. frg. p. XL. 138–193) führen diese Glossen auf Caecilius zurück. Wentzel (ungedr. Abh.) bestreitet dies; Caecilius habe nur mit der anderen, onomastischen Quelle des fünften Bekkerschen Lexikon zu tun. Wentzels Annahme, Boysen habe p. 85ff. zu viel dieser Quelle zugewiesen, stimme ich völlig bei.

c) Die Epitome des Harpokration: s. o. Bd. VII S. 2412ff. Diese ist fast vollständig von S wie von P aufgenommen und zwar durch eine gute Hs. Roellig Diss. Hal. VIII 28f.) hat gesehen, daß die Harpokrationglossen die alphabetischen Reihen in P durchbrechen. Wentzel erklärte dies dadurch, daß sie von einem späteren Interpolator in die P und S gemeinsame Quelle eingelegt worden sind. Harpokration fehlt auch in Wentzels Listen der Glossen, die bei P und S in derselben Weise kontaminiert sind; die einzige Ausnahme bildet φασκώλιον; hierzu kommt vielleicht ἀειεστώ im Anfang des P. Im Gegenteil, sie werden verschieden von S und P kontaminiert, worin schon Roellig (S. 46) einen Beweis [693] der Unabhängigkeit des S von P fand. Die Beispiele sind jetzt durch den Anfang des P vermehrt; hier ist ersichtlich, wie P, S und das sechste Bekkersche Lexikon Harpokration verschieden kombinieren. Reitzenstein Anf. d. P XXXIIf., XLII Anm. nimmt trotzdem Harpokration in die gemeinsame Quelle auf. Wentzel hat noch einen Beweis (in der ungedr. Abh). Die Glosse ὑποκυδεῖς steht sowohl in P wie in S nach ὑπὸ γῆν οἰκοῦντες, wodurch eine sehr starke Störung der alphabetischen Ordnung entsteht. Tatsächlich bilden beide eine Glosse in allen Hss. des S., in Galeanus und in Palatinus des Harpokration. Solche Fehler in der Überlieferung können sehr alt sein. Die Sonderstellung der Harpokrationglossen glaube ich so erklären zu müssen, daß Harpokration von S wie von P unmittelbar benutzt ist (Gött Gel. Anz. 1923, 130ff.). Den einzigen berechtigten Einwand gegen diese Hypothese bildet die Tatsache, daß die Harpokrationstellen in Etymologicum Genuinum (und daher in Etymologicum Magnum) zuweilen ausdrücklich als ῥητορικόν zitiert werden, z. B. Etym. M. 259. 61 (außerhalb sicher 402, 45). Wenn dies ῥητορικόν aus P abgeschrieben wäre, wie Wentze1 annahm, würde jede Schwierigkeit fortfallen. Aber auch wenn Reitzensteins spätere Anschauung (s. o.), das ῥητορικόν habe eine erweiterte Σ, nicht P benutzt, richtig ist, glaube ich die Sonderstellung des Harpokration halten zu können. Ich nehme an, daß die Epitome des H. und eine erweiterte Σ einst in derselben Hs. gestanden haben und hierdurch ist Harpokration in S, P. das sechste Bekkersche Lexikon und das ῥητορικόν des Etymologikons hereingekommen. Wentzel meint, daß diese Werke die Epitome des H. als Randglossen der erweiterten Σ vorfanden (die Harpokrationglossen in Barocc. 50, gedruckt Cramer Anecd. Oxon. II 488ff. stehen auch am Rande). Der Unterschied ist also nicht groß, und viele Schwierigkeiten lösen sich durch die Annahme, daß die Epitome, die im Gegensatz zu den Erweiterungen der Σ ganz aufgenommen ist, von S. unmittelbar benutzt ist.

d) Das Ambrosianische Lexikon. Die andere lexikalische Hauptquelle des S., ein erweiterter Diogenianauszug, war bisher unbekannt, und die diese Tradition enthaltenden Schriften sind fast alle unediert. Reitzenstein, der fast alle Hss. gefunden hat, erwähnt sie nur flüchtig, Ind. Lect Rost. 1890/91, S. 3–4; in seinen Aufzeichnungen aber, die ich benutzen durfte, findet sich weit mehr. (Auch Wentzel hatte diese Notizen über Ambr. 83 benutzt und in seinem Handexemplar des S. angedeutet.) Reitzenstein hat gesehen, daß das Lexikon in Ambr. 83 mit S. verwandt war: die andere Form dieser Tradition in Laurent. 59, 16, wo die einzelnen Kategorien für sich stehen, nahm er als die ursprünglichere an. Er hat nur kürzere Proben dieser Hss. genommen; ich habe beide photographieren lassen, desgl. Athen. 1065, der nach einem Spezimen Reitzensteins dasselbe Lexikon wie der Ambrosianus enthalten mußte. Das Ambrosianische Lexikon wird von K. Barr ediert werden; im ersten Band meiner S.-Ausgabe habe ich es nur in unbearbeitetem Zustand benutzen [694] können und leider nicht den Laurentianus, woraus Parallelen in Addenda erscheinen werden. Der Laurentianus enthält λέξεις τοῦ ἀντιστοίχου und orthographische Verzeichnisse. Eine andere Rezension hat Ludwich in den Anecdota z. gr. Orthographie, Ind. Lect., Königsberg 1905–1909 herausgegeben. Das hier gedruckte Antistoichar steht der von Reitzenstein Ind. Lect. Rostock 1892/93. 9ff. gedruckten Probe näher als den λέξεις des Laurentianus. Eine schlechtere Rezension des Antistoichars ist in Boissonade Herodiani Partitiones 1819 gedruckt Die Orthographica des Laurentianus umfassen: κτητικά, Komparativa auf -ώτερος und -ότερος, Wörter auf εια und ια, ειον und ιον, φυλάσσοντα und συστέλλοντα, Verba auf ῶ und ίζω, αὐθυποτακτα und ἀνυπότακτα. Außerdem die Epitheta deorum, die von Studemund Anecd. var. I 265–270 herausgegeben sind, und deren Verwandtschaft mit denen in S. Wentzel Epikleseis I 4ff. durchschaut hatte.

Die von mir Ambrosianisches Lexikon genannte Schrift bietet denselben Stoff in anderer Anordnung, enthält aber mehr, doch hat der Laurentianus allein nicht wenige Glossen, die mit S stimmen. Die Haupt-Hs. ist Ambr. 83: Athen. 1065 kürzt ab und zu, enthält aber auch vieles, was in der anderen Hs. fehlt und gibt oft einen besseren Text. Alle Glossen sind nach den zwei ersten Buchstaben geordnet in fünf Hauptgruppen: λέξις ἀρσενική, θηλυκή, οὐδέτερον, ῥήματαἐπιρρήματα. Dieselbe Ordnung findet sich im Lexikon des Zonaras (s. u.). welcher zweifellos das Ambrosianische benutzt hat, wenn auch die meisten Übereinstimmungen durch S., die Hauptquelle des Zonaras. hineingekommen sind. Innerhalb der Gruppen steht im Anfang ein Verzeichnis seltener Wörter, besondere poetischer, die meisten mit Explicatio versehen. Zitate finden sich nur wenige, die meisten aus Homer, vereinzelt aus Aelian und Josephus. Ein ähnliches Werk wie Joh. Philoponos Περὶ τῶν διαφόρως τονουμένων (ed. Egenolff) ist benutzt. Ein großer Teil der Glossen steht auch in Hesychios (und in dem mit Hesychios eng verknüpften Kyrill Vall. E 11), nicht wenige in Etymologicum Magnum. Mit Sicherheit können diese Abschnitte auf einen Diogenianauszug zurückgeführt werden, der aber einer tiefgreifenden Umarbeitung und Erweiterung unterworfen worden ist. Die Explicatio enthält viele späte Wörter, dies scheint jedoch der letzten Bearbeitung anzugehören, denn in solchen Fällen weichen die zwei Hss. oft von einander, vom Laurentianus oder von S. ab. Auch finden steh Erklärungen hebräischer Wörter, die nicht immer mit den von Lagarde Onomastica sacra herausgegebenen Glossen stimmen (diese stammen aus Glossaren, die in Kyril-Hss. stehen). Die zahlreichen Homerglossen stimmen mit den Didymosscholien, sind aber oft auf Nomin. Sing. reduziert. Die Übereinstimmungen mit dem Kyrilllexikon sind meistens sparsam. Kurze etymologische Erklärungen derselben Art, wie sie sich in der Σ findet, kommen vor, desgleichen einige κανόνες, Erklärung der Flexion; diese stimmen nicht mit S. und er kann solche ebensogut aus seiner etymologischen Quelle übernommen haben.

Zu diesen Hauptabschnitten, die den Lexeis [695] des Laurentianus entsprechen, gesellen sich Unterabteilungen, durch Randsiglen gekennzeichnet. Hier finden sich nicht allein dieselben Orthographica und Epitheta deorum wie in Laur. 59, 16, sondern auch reichhaltige Listen von Eigennamen und von verschiedenen Kategorien geographischer Namen. Ein kleiner Teil letzterer kommt in den Rhythmen des Niketas vor, hrsg. v. Cohn Jahns Jahrb. XXXIII 649ff. Die geographischen Listen gehen zweifellos auf Diogenian zurück. Viele Glossen, besonders die orthographischen, sind ohne Explicatio. In der Verteilung der Glossen auf die Randsiglen sind Fehler eingelaufen.

Fast die Hälfte des Lexikons findet sich in S. wieder, besonders sind die Namenlisten vertreten, während die orthographischen Stücke mehr zurücktreten. S. fügt die Randsigle ὄνομα κύριον, ἐπίθετον Διός usw. zu; bei den geographischen Siglen gehen die Hss. des S. oft auseinander, so schreibt Paris. A 2626 meistens πόλις statt ὄνομα πόλεως, was sich durch die starke Abkürzung im Original erklärt. S. hat einen besseren Text als das Lexikon, wo die Wörter zuweilen so korrupt oder so stark verkürzt sind, daß sie nur mit Hilfe von S. verständlich werden. Die Überlieferung aber, die S. benutzte, war auch sehr zerrüttet; die merkwürdigsten Fehler in S, die von den älteren Philologen wegkonjiziert oder als unlöslich betrachtet wurden, gehören dieser Quelle an. Auch Verwechslungen zwischen Lemma und Explicatio sind hier nicht selten. S. hat eine viel reichere Überlieferung vor sich gehabt, wie besonders die Vergleichuag mit Hesychios lehrt. In meiner Ausgabe sind Massen von kurzen Glossen dieser Quelle zugewiesen, so alle Glossen ohne Explicatio, alle Eigennamen (die wenigen aus Harpokration ausgenommen), alle geographischen Namen, Erklärungen hebräischer Wörter usw. Wo die Explicatio mit dem Artikel eingeleitet wird, liegt meistens diese Quelle vor.

Das Lexikon Ambrosianum und S. weichen somit in der Auswahl der Glossen weit mehr voneinander ab, als das Bachmannsche Lexikon und S. Die Zahl der Glossen, die ich dieser Quelle zuschreibe, ist ebenso groß wie die der erweiterten Σ; meistens sind es aber sehr kurze Glossen oder solche, die aus mehreren kurzen zusammengesetzt sind. Diese Hauptquelle ist später verarbeitet als die Σ (s. o.); auch scheinen einzelne Glossen am Rande gestanden zu haben, denn sie werden stellenweise von den Hss. FV fortgelassen. (Daß einwörtige Glossen oft ohne Grund ausgelassen werden, versteht man leicht.) Der Wert dieser Quelle ist nicht bedeutend, doch sind viele seltene Wörter, Eigennamen und geographische Namen nur durch sie bekannt.

e) Λέξεις Ῥωμαικαί. Viele Erklärungen lateinischer Wörter sind ausdrücklich als solche durch verschiedene Formeln gekennzeichnet, andere nicht. Die λέξεις Ῥωμαῖαι κατὰ στοιχεῖον im Barocc. 50, von denen ich eine Abschrift benutzen konnte, sind beinahe vollständig aufgenommen. Hierzu gehören fast alle mit κατὰ Ῥωμαίους, viele mit παρὰ Ῥωμαίοις und einige ohne Bezeichnung, alles in allem ungefähr ein Drittel der lateinischen Glossen. Es sind Glossen zu Gesetzen, umfassen aber auch nicht-juristische Wörter; sie zeigen einen ziemlich barbarischen Charakter. Sie [696] sind oft sehr korrupt, und daher haben einige der nicht bezeichneten Meursius und anderen Gelehrten Schwierigkeiten bereitet. Andere Glossen desselben Charakters, die nicht im Barocc. 50 stehen, gehören wohl derselben Quelle an, die somit in S. vollständiger überliefert wäre. Mit anderen ähnlichen Glossaren, die ich in vielen Hss. nachgesehen habe, hat S. keine Berührung. Lateinische Glossen, durch εἶδος erklärt, gehören vielleicht dem Ambrosianischen Lexikon, andere entstammen den historischen Quellen; einige stehen in Photios oder im Bachmannschen Lexikon. Vereinzelte lateinische Glossen sind interpoliert (s. o.).

f) Taktisches Lexikon. Das taktische Lexikon, wesentlich aus Aelians Taktika geschöpft (s. auch Class. Philology XVI 74ff.), welches Montfaucon Bibl. Coisl. 505ff. und Köchly-Rüstow Griech. Kriegsschriftsteller II 217ff. aus dem Coisl. 347 publiziert haben, ist auf zweierlei Weise von S. aufgenommen worden. Teils stehen die einzelnen Artikel an ihrem Platz, teils steht das ganze Lexikon am Schluß des S. (s. o.). V. ἐπαγωγή wird ausdrücklich ἐκ τῶν Τακτικῶν zitiert (die Glosse ζυγός, wo ἐν τοῖς Τακτικοῖς steht, findet sich auch bei P und ist somit aus anderer Quelle). Am Schluß findet sich das Lexikon in allen Handschriftfamilien, A ausgenommen; der Schluß von Paris. 2626 ist aber von jüngerer Hand, und der Paris. 2625 enthält wie andere Hss. Verweise auf die Taktika am Schluß. Es ist daher nicht wahrscheinlich, daß dieser Schluß interpoliert sei, die Überlieferung hier ist besser als die der einzelnen Artikel und jedenfalls von diesen unabhängig. Der Text des S. nach den besten Hss. und der des Coisl. 347 nach meiner Kollation weichen fast nicht voneinander ab; der Text Gaisfords wie auch der Montfaucons ist nicht ganz zuverlässig. Etwas ferner steht die Rezension ἐκ τοῦ Αἰλιανοῦ, die der Ausgabe des Thomas Magister, Paris 1532, beigefügt ist (von Köchly und Rüstow benutzt). Das taktische Glossar ist an sich wertlos.

g) Etymologica. Reitzenstein Gesch. d. Etym. 190 hat die etymologische Quelle des S. entdeckt, nämlich die in Barocc. 50 überlieferten Eklogai, veröffentlicht von Cramer Anecd. Oxon. II 427-469 (s. o. Bd. VI S. 812. 814). Die in S. vorliegende Rezension ist vollständiger als die 50 in Barocc. Hier sind mit den Etymologica drei Glossare vereinigt, zu der γραμματική, zum Psalter und zur Chronik des Nikephoros (Reitzenstein ebd. 166). Reitzenstein vermutet (190, 2), daß S. schon dieses Konglomerat vorgefunden habe, wofür zwei Psalmenglossen und eine aus Nikephoros beigebracht werden. Übereinstimmungen mit den Glossen der γραμματική habe ich nicht gefunden; die mit den Nikephorosglossen erklären sich dadurch, daß einige von diesen mit der Συναγωγή (wohl Kyrill) stimmen. Die Psalmenglossen stimmen völlig mit den interpolierten (s. o.); andere Psalmenglossen stammen aus der Σ oder dem Ambrosianischen Lexikon.

Mit den Etymologien könnte man eher die technisch-grammatischen Glossen verknüpfen; sie haben Berührung mit Georg. Choiroboskos, der ja auch in Barocc. 50 überliefert ist. (Dagegen [697] glaube ich nicht, daß die o. S. 695 erwähnten römischen Glossen in Barocc. 50 irgendeine Verbindung mit der etymologischen Quelle haben.) Wentzel (Gött. Gel. Anz. 1893, 35) nimmt Benutzung eines Herodianauszuges an; bei dem jetzigen Stand der Herodianforschung (s. o. Bd. VIII S. 961 f.) ist es nicht leicht weiterzukommen. Im Ambrosianischen Lexikon (s. o.) finden sich einige Glossen derart, z. B. ἔολπα; dies genügt jedoch nicht, um andere dieser Quelle zuzuweisen.

h) Epitome des Aristophanes Byz. von Aristoteles Naturgeschichte. Diese Schrift stelle ich hierher wegen ihres grammatischen Charakters, s. o. Bd. II S. 1014, Christ-Schmid⁶ I 734, 4. De Stefani Studi italiani XII 442ff. hat überzeugend nachgewiesen, daß die (immer anonymen) Zitate bei S von Aelian unabhängig sind, auch geben sie einen besseren und vollständigeren Text. De Stefani hat auch Zitate ermittelt, die in der erhaltenen Epitome (ed. Lambros Suppl. Aristot. I 1) jetzt fehlen. Die Epitome ist wahrscheinlich direkt benutzt.

B. Scholien. Zu den Hauptquellen des S. gehören Scholiensammlungen sehr verschiedenen Charakters, bald nur kurze, recht wertlose Glossen, bald ausführliche und gelehrte, wie die Scholien zu Sophokles und Aristophanes.

a) Homerscholien. Die Homerglossen stammen teils aus der Σ, teils aus dem Ambrosianischen Lexikon, teils aus Scholien; alle gehen auf dieselbe Scholienrezension, die Scholia minora oder Didymi (D) zurück, die eine Fortsetzung der antiken Schultradition sind und auch bei Apion und Apollonios Sophistes vorliegen. Die aus der Σ und noch mehr die aus dem Ambrosianischen Lexikon geschöpften weichen oft in der grammatischen Form von den gedruckten Scholien ab. Die unmittelbar benutzten Scholien stimmen besser mit den gedruckten als mit den in Papyri erhaltenen Glossen; noch ferner stehen die eigentlichen Paraphrasen. Diese kurzen und meistens wertlosen Scholien sind in Bekkers Ausgabe der Iliasscholien oft fortgelassen; abgesehen von den zur Odyssee α, herausgegebenen von Ludwich Ind. Lect, Königsberg 1888ff., müssen sie in alten Ausgaben nachgesehen werden. Solange keine kritische Ausgabe dieser Scholien vorliegt, die sich in sehr alten Hss. finden (Schimberg Handschr. Überlieferung d. Schol. vulgata, Ludwich Ind. Lect., Königsberg, 1889–1890, 3), werden immer Zweifel entstehen. In S. stehen einige längere Scholien, die in den gedruckten D-Scholien fehlen, aber meistens in Venetus A stehen. Howald Rh. Mus. LXXXVII 180, 2 hat die richtige Beobachtung gemacht, daß diese dem Aristonikos gehören, nimmt aber fälschlich an, daß dieses von S. direkt benutzt sei; auch sind nicht alle solche Stellen, wie er behauptet, Aristonikos; Ausnahmen z. B. ἀθάνατος und ἀφνειός. Aristonikos ist aber auch in den D-Scholien vorhanden, z. B. zu XXIV 577 und 601 (v. ἀστυβοώτης). In ἀκοστώσαις wird nach γλωσσογράφοι Aristonikos zitiert; die Glosse kehrt bei Hesych wieder und wird von Latte auf Apollon. Soph. zurückgeführt. Die ältesten Hss. der D-Scholien haben keinen Homertext; die Homerverse bei S stammen oft aus dem Ambrosianischen Lexikon, es bleiben aber nicht [698] wenige unzweifelhafte Scholien mit Vers, und die Scholien-Hs., die S benutzte, gab sicher den Homertext.

Die Homerglossen in S stimmen bisweilen am besten mit dem Homerglossar der Kyrill-Hs. Urbin. 157 (Bekker Anecd. Gr. III 1094 Anm.), wovon Reitzenstein Proben abgeschrieben hat. Hierbei zeigte er die enge Verwandtschaft dieser Glossen mit denen des Hesych. In S stammen diese Glossen vielleicht aus dem Ambrosianischen Lexikon.

b) Sophokles mit Scholien. W. Kausch De Soph. fab. ap. S. rell., Diss. Halle 1883. P. Jahn Quaest. de Sch. Laur. in Soph. I, Diss. Berl. 1884.

Jahn (1 f.) hat gezeigt, daß die Sophoklesscholien bei S sich auf Aias, Electra, Oed. Col. und Oed. Rex 1–920 beziehen. Die Sophoklesglossen aus lexikalischen Quellen lassen sich leicht ausscheiden. Außerdem werden Sophoklesverse aus allen Stücken, Antigene ausgenommen, angeführt, bald werden sie den Scholien zugefügt, bald stehen sie allein, meistens wird Sophokles genannt. Jahns Hypothese, zwei Sophokles-Hss. seien benutzt, eine mit und eine ohne Scholien, ist überflüssig. Dieselben Merkwürdigkeiten in den Anführungen finden sich auch bei den Aristophanesscholien; wahrscheinlich ist eine Hs. mehrmals benutzt worden. Der Text der scholienlosen Verse und der mit Scholien versehenen ist von gleichem Charakter, im allgemeinen stimmt er mit dem Laurent. des Sophokles, aber auch mit G finden sich sichere Berührungen (Kausch S. 13ff.; hier werden zu viele gleichgültige Varianten aufgeführt; einzelne fallen durch meine Kollationen fort). In der Hs. B des S. ist der Sophoklestext nach einer Hs. oder dem Gedächtnis interpoliert, dies gilt in noch höherem Grade von E, wie Kausch S. 9 gesehen hat. Der Text des Sophokles und der Scholien in S ist nicht ohne Wert.

c) Aristophanes mit Scholien. S. gibt über 5000 Glossen, die Zitate aus den erhaltenen Komödien oder aus den Scholien enthalten, so daß einerseits Aristophanesscholien eine Hauptquelle des Lexikons ausmachen, andererseits S. ein Hauptzeuge für Text und Scholien des Aristophanes wird. Die hieran geknüpften Probleme sind sehr oft behandelt worden. Hauptschriften: Bünger De Ar. ap. S. reliquiis, Diss. Argent. I (1879) 149ff. Coulon Diss. Argent. XIII I (1908) und in seiner Aristophanesausgabe (1923) S. XVIII. K. Zacher Handschriften und Classen der Aristophanesscholien, Jahrb. f. cl. Phil. Suppl. XVI (1888), besonders S. 564. Classen in Bursians Jahresb. LXXI (1892). Radermacher in seiner Ausg. der Frösche, S.-Ber. Akad. Wien 198, 4 (1921).

Die Zitate, die aus lexikalischer Quelle oder aus der Συναγωγή stammen, gehören nicht hierher; sie machen aber nur einen Bruchteil aus. Die Aristophanesverse stehen meistens nach den Scholien. Der Aristophanestext in S. steht dem der Hss. nahe ohne mit einer einzelnen zu stimmen. Von den vielen zufälligen Fehlern und Willkürlichkeiten abgesehen gibt S. meistens die richtige Lesart, zuweilen als einziger Zeuge. Wenn dieselbe Aristophanesstelle mehrmals zitiert wird, ist der Text zuweilen verschieden, so daß er mit [699] verschiedenen Aristophanes-Hss. stimmt; dies Problem wäre einer näheren Untersuchung wert. Der Text Gaisfords und Bernhardys reicht hierfür nicht aus; E, die Grundlage der vulgata, ist nach Aristophaneshss. interpoliert, und die älteren Kollationen sind ungenau. Meine Kollationen werden in der Ausgabe Coulons (1923ff.) in summarischer Form wiedergegeben.

Die Scholien bei S. sind wichtig und repräsentieren eine dritte Haupths. neben dem Ravennas und dem Venetus; in den Ausgaben von White (Aves) und Stein (Lysistrate) sind sie berücksichtigt. Einige Scholien des S. finden sich in der Aldina des Aristophanes wieder. Zacher (564. 649. 700) hat nachgewiesen, daß diese Scholien in den noch nicht ausgenutzten Hss. stehen, und daß Musurus nicht S benutzt hat. Einige Scholien sind zu Sprichwörtern umgeformt (Zacher ebd. 708. 712); die lexikalischen Umformungen sind durch Kontamination mit lexikalischen Quellen wie Attizisten und Homerglossen entstanden. Teile der Scholien werden öfters so zitiert, daß ein Wort der Erklärung das Lemma bildet, Zacher Philol. Suppl. VII 529.

d) Herodotglossen. Diese werden oft mit παρὰ Ἡροδότῳ zitiert. Sie stimmen mit den λέξεις aus Coisl. 345, die in Steins Herodotausgabe II 449ff. gedruckt sind, nicht mit dem jüngeren alphabetischen Glossar (irrig Stein 477). Herodotglossen sind auch durch die Συναγωγή hereingekommen (Stein 476f.). Oft werden Herodotstellen aus der historischen Hauptquelle zugefügt.

e) Thukydidesscholien. S. stimmt bald mit den in den Thukydid.-Hss. überlieferten, bald mit den patmischen Scholien; unzuverlässiges Verzeichnis bei Schwabe Leipz. Stud. IV 145ff., wo die patmischen nicht berücksichtigt sind. In Hudes Ausgabe der Scholien (1927) wird S nicht berücksichtigt. Die Thukydidesscholien werden leicht von den aus der Συναγωγή stammenden Thukydidesglossen unterschieden.

f) Lukianscholien. Die Hauptmasse der mit S. stimmenden Lukianscholien stammen aus gemeinsamen Quellen (s. o. S. 692) und sind nicht wirkliche Lukianglossen. Doch finden sich vereinzelte Glossen in S, die nur auf Lukianstellen zu beziehen sind, wie ἀκροποδιτί, ἐπινῶς (vgl. Helm De Luc sch. 18. Winter De Luc. sch. 12); einige stimmen mit den erhaltenen Scholien, andere nicht. Die wenigen Lukianzitate stammen aus lexikalischer oder paroemiographischer Quelle.

g) Scholien zu Gregor von Nazianz. Die Συναγωγή enthält ganz wenige Gregorglossen (Wentzel; Sajdak in Eos XVI 94); Georgios Monachos hat Nonnos’ Erklärungen benutzt (s. u., Herm. XXI 21). Die Hauptmasse aber der Erklärungen zu Gregor hat S aus den Scholien selbst. Gregorstellen werden fast nie beigegeben; die Gregorzitate stammen aus anderer Quelle. Benutzt sind die Geschichten, die unter Nonnos’ Namen gehen, und die Scholien des Basilius Minimus (Piccolomini Annale Università Toscane XVI (1879) besonders S. XXIIf. 331ff. Patzig De Nonnianis, Progr. 1890, 23f. Mir unzugänglich Puntoni in Studi di filol. gr. I und P. Sinko de expos. Ps. Nonni, Charisteria Morawski 1922, 124). Die von Cantarella Byz. Ztschr. XXVI 1ff. herausgegebenen Scholien stimmen [700] nicht mit S. Solange die Gregorscholien nur stückweise ediert sind (das meiste bei Migne G. XXXVI), werden sie sich nicht vollständig identifizieren lassen.

C. Sprichwörter. Die zahlreichen Sprichwörter bei S. entstammen hauptsächlich zwei Quellen; teils finden sie sich bei Photios wieder und gehören der attizistischen Erweiterung der Σ, d. h. Pausanias (s. o.) an; teils hat S. eine oder mehrere Sprichwörtersammlungen benutzt. (Rupprecht Apostolis usw. vermutet, daß diese Sprichwörter in seiner hypothetischen Gemeinquelle für Apostolis, Eudem, S. sich fänden, was abzuweisen ist.) Wo Photios fehlt, wird die Quellenscheidung oft unsicher, weil diese zwei Hauptquellen meistens auf dieselben Primärquellen (Lukillos, Didymos usw.) zurückgehen und die paroemiographische Quelle nicht gedruckt ist. Sie gehört der Pseudo-Diogenianrezension an, Cohn Philol. Suppl. VI 229, 254ff.; besonders Laurent. LV 7 und Paris. 2650 stimmen mit S auch in Fehlern; Übereinstimmungen mit Paris. Suppl. gr. 676 verzeichnet Cohn Zu den Paroemiogr. Breslauer Abh. II 2 S. 59ff. Cohns Resultate werden von B. Schneck bestätigt in einer ungedruckten, mir freundlichst überlassenen Untersuchung; hier wird angenommen, daß S nur eine paroemiographische Sammlung benutzte, die mehrere Rezensionen enthielt. Bernhardy Praefatio S. LXXVIf. erklärte einen Teil dieser Sprichwörter für unecht, sie sind aber tadellos überliefert. Abgesehen von den Wiederholungen gehören nur sehr wenige Sprichwörter den Randglossen, s. o. V. l. Bernhardy a. O. wollte Sprichwörter ohne Explicatio einer Gnomensammlung zuschreiben; diese finden sich aber in den benützten Rezensionen; und keine Gnomensammlung ist von S benutzt. Die merkwürdige Bemerkung s. v. ἔρως 1: τέθειται δὲ ἐν τῷ περὶ παροιμίας, ἐν τῷ ε στοιχείῳ) bezog Bernhardy S. LXXVI auf ein konstantinisches Exzerpt; das vorhergehende ist aus unbekannter Quelle, jedenfalls nicht einer paroemiographischen.

Einige Sprichwörter stammen aus anderen Quellen, besonders aus den Aristophanesscholien, wovon mehrere zu Sprichwörtern umgeformt erscheinen. Zacher Jahrb. f. cl. Philol. Suppl. XVI 708, 712 nimmt an, daß S hier einen besonderen Auszug der Scholien verwendete.

Sprichwörter aus S sind in paroemiographischen Hss. aufgenommen, besonders in Escur. Σ I 20 (Graux Textes grecs 115ff.) der mit der Aldinasammlung 1505 nahe verwandt ist, Crusius Analecta 31ff. Vgl. unten über Eudemos und Apostolis.

D. Historische Quellen.

a) Die historischen Exzerpte des Konstantinos Porphyrogennetos. Über das Exzerptwerk s. Büttner-Wobst Die Anlage d. hist. Enc. d. K. P. in Byz. Ztschr. XV 80ff. und die Praefationes der Ausgabe. Als Valesius 1634 die Exzerpte de Virtutibus zum erstenmal herausgab, zeigte er in der Praefatio, daß S. sowohl diese als auch andere Abteilungen des Exzerptenwerkes benutzt hatte; in seinen gelehrten Anmerkungen wird stets S. berücksichtigt. Über die Art und den Umfang der Benutzung herrschte große Unklarheit (so bei [701] Bernhardy Praef. LXf. und Krumbacher Gesch. d. Byz. Lit.² 565ff.), bis die Frage durch de Boors Untersuchungen im wesentlichen gelöst worden ist. Diese haben keinen Widerspruch gefunden, sind aber z. B. von Krumbacher nicht genügend beachtet worden. De Boor hat folgendes hierüber veröffentlicht: 1. Zu Johannes Antiochenus, Herm. XX (1885) 321ff., besonders 327ff. 2. Die Chronik des Georgios Monachos als Quelle des S. Herm. XXI (1886) 1ff. 3. S. und die konstantinische Exzerptsammlung Byz. Ztschr. XXI (1912) 381ff. XXIII (1914) 1ff. Hauptschrift. Auf de Boors Resultaten baut J. Becker De S. excerptis historicis, Diss. Bonn 1915.

De Boor zeigte, daß alle historischen Zitate bei S., sofern sie nicht aus Lexika oder Scholien herrühren, aus den konstantinischen Exzerpten stammen, nie aus den Autoren selbst. Von den erhaltenen Exzerptbänden ist am meisten benutzt der de virtutibus (EV), weniger der de legationibus (EL), gar nicht die de sententiis und de insidiis. Von verlorenen Bänden ist ausgiebig die verlorene zweite Hälfte von EV, ein Band περὶ στρατηγημάτων und ein anderer περὶ ἐκκλησιαστικῶν benutzt, seltener einer περὶ ἀνδραγαθημάτων und vielleicht noch einer militärischen Inhalts.

Der Hauptbeweis ist, wie schon von Früheren beobachtet wurde der, daß S. dieselben willkürlichen Änderungen des ursprünglichen Textes, besonders am Anfang und Schluß der Zitate, bietet wie die Exzerpte (Herm. XXI 5f. Byz. Ztschr. XXI 386ff. XXIII 115). Wichtig ist daß S. überall dieselbe Textform wie die Exzerpte gibt; dies spielt bei de Boor fast keine Rolle (s. jedoch Byz. Ztschr. XXIII 15, 118), ist aber das Hauptthema der Dissertation Beckers (s. u. bei den einzelnen Autoren). Meine Ausgabe wird öfters eine genauere Übereinstimmung der Zitate bei S. mit der Textform der Exzerpte aufzeigen, als es nach den früheren Ausgaben erscheint.

Die Zitate sind einerseits längere Stücke historisch-biographischer Art, die zuweilen eine Ähnlichkeit mit den hesychianischen Biographien darbieten (Byz. Ztschr. XXI 387); daher ist z. B. bei Philostorgios Zweifel über Herkunft der Zitate zum Worte gekommen. Diese längeren Artikel stammen meistens aus E V und aus περὶ ἐκκλησιαστικῶν. Andererseits gibt S. kleine Stücke, zuweilen nur wenige Worte, aus allen benutzten Bänden, oft aus den langen Artikeln wiederholt. Diese Zitate sind den Belegen der grammatischen Quellen ähnlich; de Boor hat aber die Unterschiede in der Zitierweise treffend charakterisiert Byz. Ztschr. XXIII 22ff. Die Hauptmasse der Zitate ist ohne Autornamen, besonders die aus E L. In den benannten Zitaten steht der Autorname fast immer im Nominativ vor dem Zitat, selten wird λέγει oder φησί zugesetzt. Vereinzelt wird in Zitaten aus E V die behandelte Person erwähnt, wie περὶ Μωύσεως; die langen Zitate aus E V sind übrigens fast immer anonym. Buchzahl wird nie angegeben. Die Zitate aber aus Lexika und Scholien zitieren genauer, meist mit ὡς oder παρά und selbstverständlich nie anonym. Die Trennung der Quellen ist fast immer sicher. Die Zitate aus den erhaltenen Exzerptbänden zeigen starke Bevorzugung bestimmter Autoren, [702] jedoch so, daß einige, deren Stücke in E V häufig herangezogen sind, für E L nicht in Betracht kommen (Byz. Ztschr. XXI 387).

De Boors Behauptung, nur wenige Bände seien benutzt, ist zweifellos richtig. So ist der Verweis s. v. σάμβυκες aus der Vorlage mechanisch übernommen und kann nichts für Benutzung des Bandes περὶ ἐκφράσεως beweisen (Byz. Ztschr. XXIII 27, 59). Alle Beschreibungen in S. gelten Kriegsmaschinen und sind somit militärischen Abteilungen entnommen, der Band aber περὶ ἐκφράσεως enthielt auch andere Beschreibungen (Byz. Ztschr. XV 11).

De Boor nimmt gegen Büttner-Wobst an, daß in den verlorenen Bänden im ganzen dieselben Autoren wie in den erhaltenen benutzt wären (Byz. Ztschr. XXI 408ff.). Diese sind:

1. Herodot (Byz. Ztschr. XXIII 36, 101ff. Becker 32ff.). Viele der Herodotzitate entstammen lexikalischer Quelle oder dem Herodotglossar; über ein Herodotexzerpt s. u. b 3.

2. Thukydides (Byz. Ztschr. XXIII 36, 108ff. Becker 35ff.). Die Stücke in E V sind nicht benutzt. Viele Zitate stammen aus den lexikalischen Quellen; die Thukydidesscholien sind direkt benutzt (s. o. B e). Hierzu gesellt sich die Vita des Markellinos (Byz. Ztschr. XXIII 108).

3. Xenophons Anabasis und Cyropaedie (Byz. Ztschr. XXIII 33ff. 115ff. Becker 38). Kewes De Xen. Anab. ap. S. reliquiis, Diss. Halle 1908 behauptete, daß S. die Anabasis unmittelbar benutzt hätte. Die Beweise sind ganz ungenügend (Byz. Ztschr. XXIII 119ff.); die Beurteilung der Handschriftverhältnisse der Anabasis ist durch A. Persson Z. Textgeschichte Xenophons (1915) 156f. überholt; anderes fällt durch meine Kollationen fort. Viele Xenophonstellen stammen aus lexikalischen Quellen, wie selbstverständlich alle Zitate aus seinen anderen Schriften, das Zitat s. v. πλινθωτόν aus dem taktischen Lexikon (Byz. Ztschr. XXIII 34f.).

4. Polybios (Byz. Ztschr. XXI 395f. XXIII 25ff. 65ff. Becker 67ff.). Sehr viele Zitate, so daß S. die Hauptfundstelle für Fragmente ist. Bei den anonymen Zitaten ist die Beziehung auf Polybios oft unsicher. Einige Zitate stammen aus anderer Quelle.

5. Diodoros (Byz. Ztschr. XXIII 90. Becker 47ff.). Wenige Zitate; Diodors farbloser Stil ist der Zuweisung anonymer Zitate aus verlorenen Büchern hinderlich.

6. Die römische Archäologie des Dionysios von Halikarnassos (Byz. Ztschr. XXIII 29, 89f. Becker 66). Wenige Zitate.

7. Von Nikolaos von Damaskos die Selbstbiographie, die Biographie Caesars, die 7 ersten Bücher des Geschichtswerkes.

8. Josephus’ Archäologie und über den jüdischen Krieg samt einer Stelle aus der Selbstbiographie (Byz. Ztschr. XXIII 15. 17. 25. 28. 31. Becker 55f.). Die anderen in den Exzerpten herangezogenen Schriften sind nicht benutzt. Einige geographische Zitate stammen aus dem Ambrosianischen Lexikon, das Stück s. v. Ἰώσηπος aus der Hesychepitome; etwas ist indirekt durch Georgios Monachos (s. u. nr. 24) übernommen.

9. Arrianos (Byz. Ztschr. XXIII 28. 91. 125. Becker 71f. Roos Studia Arrianea 1912. [703] Arrianus ed. Boos II p. IV, XXIXff. U. Koehler S.-Ber. Akad. Berl. 1890, 560f. Hartmann Berl. phil. Woch. XXXIII 418f. und Philol. LXXIV 73ff.; hier wird eine Stelle aus Josephus fälschlich dem Arrianos zugeschrieben). In den erhaltenen Exzerpten ist nur die Anabasis berücksichtigt, die Arrianexzerpte sind aber durch Blattausfall größtenteils verschwunden. S. benutzt außer den Indica die Parthica, wofür er die Hauptquelle ist. Auch die Diadochengeschichte kommt ins Spiel; drei längere, sehr interessante Artikel (Λεοννάτος, Κρατερός, Περδίκκας) schrieb Köhler dem Dexippos (13) zu, wahrend Roos Stud. Arr. 658. (vgl. jedoch die Ausg. p. XXXI) sie dem Arrian gab. Einige kleine Zitate stammen aus lexikalischer Quelle.

10. Von Appianos (Byz. Ztschr. XXI 393-XXIII 29. 94f. Becker 16ff.) dieselben Bücher wie die Exzerpte; einige Zitate aus Lexika.

11. Cassius Dio (Byz. Ztschr. XXI 387. XXIII 30. 97ff. Becker 44f.). Die Bestimmung der anonymen Zitate ist öfters zweifelhaft, weil S. auch Joh. Antiochenus benutzt, der den Dio fast wörtlich abschreibt, desgleichen eine Eutropübersetzung; ob er den dritten Plagiator, Petros Patrikios, aufgenommen hat, ist fraglich. K. Hartmann Philol. LXXIV 89 weist auch einige Zitate, die sonst zu Arrians Parthica gerechnet werden, dem Dio zu, der Arrian benutzt hätte. Die ausdrücklichen Diozitate stammen fast alle aus Lexika.

12. Iamblichos Babyloniaca. E. Bruhn Suidea, Rh. Mus. XLV 273ff., gibt diesen zu viel, Aelian zu wenig, de Boor ebd. 477ff.

13. Dexippos. Wenige Zitate; vgl. o. nr. 9.

14. Eunapios (Byz. Ztschr. XXIII 30, 393f.), zahlreiche Zitate.

15. Sokrates’ Kirchengeschichte (Herm. XXI 26). Die Textüberlieferung des Sokrates ist noch nicht ins reine gebracht- sollte sich zeigen, daß E L und S, verschiedene Textformen gäben, müßten die Sokrateszitate anderswoher stammen.

16. Priskos. Wenige Zitate.

17. Malchos. Wenige Zitate.

18. Zosimos (Byz. Ztschr. XXIII 100). Wenige Zitate, einiges durch Joh. Antiochenos (Zosimus ed. Mendelssohn S. XXVI).

19. Von Prokopios (Byz. Ztschr. XXI 388. XXIII 31. 43ff. Becker 26ff.) sind nicht allein das Geschichtswerk, sondern vor allem die Anecdota benutzt, welche in den erhaltenen Exzerpten sich nicht finden. De Boor hat überzeugend dargetan, daß die Anecdota in der verlorenen Hälfte der E V gestanden haben. Eine Stelle aus de aedificiis ist lexikalisch.

20. Agathias’ Geschichte Iustinians (Byz. Ztschr. XXIII 31. 45ff. Becker 21). Zahlreiche Zitate.

21. Menandros Protektor. Viele Zitate, darunter das interessante, selbstbiographische s. v. Μένανδρος. Mehrere anonyme Zitate sind mit Wahrscheinlichkeit auf Menandros bezogen, und bei seiner Eigenart lassen sich wohl mehrere finden. S. macht keinen Unterschied zwischen dem Historiker und dem Komiker, der in den grammatischen Quellen häufig zitiert wird; Verwechslungen sind aber ausgeschlossen.

22. Theophylaktos Simokattos (Byz. Ztschr. XXIII 598. Theophylactus ed. de Boor S. XI). Viele Zitate.

[704] 23. Johannes Antiochenus (Herm. XX 322f. Byz. Ztschr. XXI 398ff. XXIII 19. 127. Neue Fragmente in Lambros Νέος Ἑλληνομνήμων I). Die vielen sicheren Zitate machen S. zu einer Hauptquelle des verlorenen Werkes. Die Stellen aus Herodians Geschichte sind durch Joh. Antiochenus hineingekommen, nicht durch direkte Benutzung (s. o. Bd. VIII S. 959). Artikel, die über die ältere römische Geschichte handeln, stimmen oft mit den Excerpta Planudea, (am besten herausgegeben in Cassius Dio ed. Boissevain I S. CXIff. mit Literatur); diese werden auf Joh. Antiochenus bezogen, Mommsen Herm. VI 86f. Übrigens ist die Zuweisung der Zitate sehr unsicher, weil S. auch Quellen des Johannes wie Dio, Eunapios, Priskos, eine Eutropübersetzung (s. u. nr. 30) benutzt. Für Johannes allein nimmt de Boor an, daß viele Zitate bei S. nicht den konstantinischen, sondern anderen Exzerptwerken entnommen sind; die versprochene Untersuchung (Byz. Ztschr. XXIII 117) erschien leider nicht; s. u. b 1.

24. Georgios Monachos (Herm. XX 323ff. XXI 1ff. Byz. Ztschr. XXIII 17. Georg. ed. de Boor I S. LXXVIII). Die zahlreichen Zitate sind alle anonym, meistens aus E V über Ketzer und dem kirchlichen Band entnommen. Hierdurch sind Joh. Malatas und andere Chronisten hineingekommen, desgleichen Stellen aus Josephus; auch die meisten der Übereinstimmungen mit ‚Kedrenos‘ erklären sich hierdurch. Vor allem aber hat de Boor nachgewiesen, daß die Mehrzahl der Zitate aus kirchlicher Literatur den Georgioeexzerpten entnommen sind, wie Eusebios, Theodoretos (den Psalmenkommentar und die Kirchengeschichte ausgenommen). Theodoros von Raithu, Neilos und andere, die im Autorindex des S. oft nur mit 1 oder 2 Nennungen vertreten sind. Auch einige Zitate des Basilios, Gregorios von Nazianzos, Joh. Chrysostomos stammen aus Georgios; die meisten Stellen aus diesen Kirchenvätern stammen jedoch aus anderer Quelle, s. u.

Von den in den erhaltenen Exzerpten benutzten Verfassern sind nur Joh. Malalas und Petros Patrikios bei S. nicht nachgewiesen. Die Stellen aus Malalas sind wohl durch Georgios Monachos hineingekommen (Herm. XXI 20; vgl. Byz. Ztschr. XXI 397f. XXIII 125). Die wenigen Reste des Petros sowie dessen Mangel an Originalität verhindern ein Nachsuchen dar Zitat« (vgl. Byz. Ztschr. XXIII 22).

Einige Historiker sind bei S. in genau derselben Weise wie die genannten 24 zitiert und müssen in verlorenes Exzerptbanden gestanden haben. Dies gilt als sicher bei:

25. Ailianos’ περὶ προνοίας (Rh. Mus. XLV 273ff. 477ff. Byz. Ztschr. XXI 393. 423f.). Diese Schrift ist so stark benutzt, daß S. die Hauptquelle ist; seit dem 18. Jhdt. hat man den Zitaten nachgespürt; ich habe in meiner Ausgabe viele zu denen Herchers gefügt.

Wenn die Zitate aus Sokrates’ Kirchengeschichte aus den konstantinischen Exzerpten stammen, muß dasselbe auch für die Kirchengeschichte des Theodoretos (26) und des Sozomenos (27) gelten. Jedenfalls sind diese Zitate nicht einer Bearbeitung entnommen (Philostorgios ed. Bidez S. LXXIX 1); in Sozomenos ist die [705] Textform des S. von der des Theodoros Anagnostes unabhängig (Bidez Texte u. Unters. 32, 2 b; vgl. u E a). Der originale Teil von Theodoros Anagnostes ist nicht direkt benutzt, sondern meistens durch Georgios Monachos (Herm. XXI 14). Einige Zitate, die von dem Patriarchen Eugenios handeln, schreibt de Boor Herm. LII 316 entweder Theodoros oder Joh. Antiochenos zu; außerdem ist Theodoros vom Hepsychepitomator benutzt (s. u.).

28. Philostorgios’ Kirchengeschichte, s. S.708.

29. Kandidos (Byz. Ztschr. XXI 410).

30. Eine verlorene Übersetzung des Eutropius (Byz. Ztschr. XXIII 21f.); die S.-Stellen sind in Droysens großer Ausgabe des Eutrop abgedruckt (s. o. nr. 23).

31. Des Nikephoros ἱστορία σύντομος (Bk. Ztschr. XXI410; Nieephorus ed. de Boor S. XVI). Ich glaube bestimmt, daß der Hauptteil der Fragmente des Periegeten Pausanias (32) konstantinischen Exzerpten entnommen ist, und zwar περὶ ἀνδραγαθημάτων, weil fast alle von Athleten handeln. Einige Zitate entstammen eher der unter d) genannten Orakelsammlung. Die Paunaniasstellen sind stark verkürzt und der Text sehr verdorben; es liegt aber kein Grund vor, sie mit Bernhardy Praef. S. LXXII den Interpolationen zuzuweisen.

Die vier Zitate von Κρίτων ἐν τοῖς Γετικοῖς können dagegen wegen des Buchtitels nicht aus den Exzerpten direkt stammen. Daß S. dies sonst fast verschollene Werk selbst eingesehen hatte, ist unannehmbar. Die Stellen sind wohl von einem der in den Exzerpten benutzten Historiker zitiert, doch pflegen die Exzerpte dergleichen Quellenangaben zu streichen (Byz. Ztschr. XV 101).

Nicht benutzt ist Polyainos (Byz. Ztschr. XXI 414) und Plutarchos (Byz. Ztschr. XV 99. XXI 418, 1). Die Übereinstimmungen mit Plutarch erklären sich dadurch, daß er teils Hauptquelle des Joh. Antiochenus ist, teils in den Exzerpten zur Ausfüllung einer Lücke in Cassius Dio verwendet worden ist.

Die historischen Fragmente sind oft von großem Quellenwert, doch sind leider die meisten sehr kurz. Die Beziehung auf bestimmte Autoren unterliegt großen Schwierigkeiten und wird zuweilen zu kühn vollzogen (de Boor Rh. Mus. XLV 477ff. Byz. Ztschr. XXIII 13ff.). Auch die vielen Verwechslungen der Autorennamev (Byz. Ztschr. XXI 416ff.) erschweren die Aufgabe.

b) Die zahlreiche» Berührungen zwischen S. und verschiedenen byzantinischen Chroniken (besonders von Patzig besprochen) können nicht behandelt werden, bevor die Quellenverhältnisse dieser Chroniken endgültig aufgeklärt sind. Solchen Quellen wäre folgendes zuzuweisen:

1. Exzerpte aus Johannes Antiochenus, die nicht konstantinisch sind, de Boor Byz. Ztschr. XXI 401. XXIII 127; s. o. a 23.

2. Die von Cramer Anecd. Paris. II 87ff. herausgegebene kirchengeschichtliche Epitome. Diese ist auch indirekt durch Georgioa Monachos hineingekommen (Herm. XXI 7; vgl. Texte und Unters. V 2, 167ff.). Nur wenige Stellen. Nach de Boor (Hist. Unters. A Schaefer gew. 281) ist sie das am meisten ausgebeutete Handb. der Kirchengesch. im 9.–10. Jhdt. gewesen (s. u.).

[706] Hit Zweifel weise ich solchen Quellen folgendes zu:

3. Herodotexzerpt, ziemlich kurze Artikel, wie Βοῦλις, Σκέρχις (diese richtige Form findet sich in den Herodot-Hss. nicht), Ξέρξης.

4. Einige der hagiographischen Artikel s. u. G d.

5. Anonymus Treu. Alle Zitate aus ‚Codinos‘, der Stadtgeschichte Konstantinopels, finden sich im Paris. Suppl-.gr. 607 A, von Treu Exc. anon. Byz., Progr. Ohlau 1880, herausgegeben, wieder, und zwar auf den ersten 14 Seiten der Ausgabe; vgl. Script. Orig. Constantinop. ed. Preger I S. X. Hieraus stammen die Lydusstellen (de mensibus ed. Wünsch S. XXf.); nur v. Μαϊουμᾶς findet sich nicht im Anonymus Treu, wird aber von Wünsch richtig einer anderen Mittelquelle zugeschrieben. Derselben schreibt er in der Ausgabe de magistratibus S. XXIII die Glosse Ἀτραβατικάς zu; diese stammt aber aus dem Anonymus Treu. Einige Berührungen mit Lydus de ostentis genügen nicht zur Annahme direkter Benutzung.

c) Einige historische Artikel über die attischen Redner geben merkwürdige Nachrichten, so Ἀντίπατρος 2, Δημοσθένης 3, Δημάδης. Der Text ist sehr korrupt.

d) Orakelsammlung. de Boor (Byz. Ztschr. XXI 394, vgl. XXIII 110) meint, daß die zahlreichen Artikel, die Orakel enthalten, nicht aus den konstantinischen Exzerpten stammen. Auf eine besondere Sammlung deutet auch, daß dreimal zwei χρησμοί mitgeteilt werden. Mehreres derart ist aus Pausanias’ Periegese (s. o. a 32) und Iulian (s. u.) genommen. Jedoch sind die Hälfte der Glossen, die im Index Bernhardys unter χρησμός gesammelt sind, aus anderen Quellen, besonders aus den Aristophanesscholien, übernommen. In meiner Ausgabe habe ich daher keine unmittelbare Benutzung einer solchen Sammlung anzunehmen gewagt.

Jedenfalls hat S. keine historischen Werke, sondern nur späte Kompilationen benutzt.

E. Biographische Quellen.

a) Die Epitome des Onomatologos des Hesychios; s. o. Bd. VIII S. 1323ff. Die literaturgeschichtlichen Biographien sind trotz ihrer Fehler das wertvollste in S., und um ihretwillen wird das Werk vor allem nachgeschlagen. Daher bezieht sich ein großer Teil der Artikel und Stellen, in denen S. genannt wird, auf diese; für die Quellenfrage haben sie meistens keine Bedeutung und sind in den Literaturgeschichten zu suchen. Viele der älteren Behandlungen sind veraltet weil sie von verkehrten Anschauungen über die Quellenbenutzung des Laertios Diogenes ausgehen oder Eudokia (s. u. VII r.) für echt halten. Dies gilt besonders den Abhandlungen von Flach; auch die Spezialausgaben von Flach sind nur mit Vorsicht zu benutzen. Hier seien nur genannt: Rohde Γέγονε in den Biographica des S., Rh. Mus. 1878, 161ff. = Kl. Schr. I 114ff. (die entscheidenden Beobachtungen waren schon früher gemacht). A. Daub De Suidae biogr. origine et fide, Jahrb. f. kl. Phil. Suppl. XI (1880) 437ff. mit Literaturverz. Hauptschrift: G. Wentzel Die gr. Übers. der viri ill. des Hieronymus in Texte u. Unters. XIII 3 (1895). Die Hauptstelle ist der Artikel Ἡσύχιος. Die Worte: ἔγραψεν Ὀνοματολόγον [707] (die Hs. A, die hier von der jüngeren Hand geschrieben ist, hat Ὀνοματολόγιον, M kürzt ab) ἢ πίνακα τῶν ἐν παιδείᾳ ὀνομαστῶν, οὗ ἐπιτομή ἐστι τοῦτο τὸ βιβλίον hat S. gedankenlos aus der Quelle abgeschrieben, wie zuerst Bergk Griech. Literaturgesch. I 298 p. 50 richtig gesehen hat (nicht Naeke, s. o. Bd. VIII S. 1323, 51). S. benutzt also eine Epitome des Onomatologos, die den Verfassernamen Hesychios noch trug, wie Wentzel (S. 18) aus der Parallelüberlieferung geschlossen hat (Gregorvita in einer Hs. in Moskwa, worüber am besten Bidez in seiner Ausgabe des Philostorgios S. LXXVIf.). Die Epitome ist zwischen 829 und 858 entstanden; die ursprüngliche Ordnung nach literarischen Gattungen wurde in eine alphabetische verwandelt (Wachsmuth, Daub). Die im ursprünglichen Werk fehlenden kirchlicheb Biographien (s. Ἡσύχιος) wurden eingefügt, vielleicht auch die Komikerbiographien aus Athenaios (s. o.).

Die Form der Biographien ist sehr charakteristisch (Wentzel 1ff., vgl. Leo Griech.-Röm. Biographie 30f.; über die Form der Schriftenkataloge Praechter Byz. Ztschr. XXVI 253ff.). Die Ordnung ist: Name, Ethnikon, Literaturgattung, Eltern, zuweilen auch Kinder, Lehrer, Schüler, Zeit und Ort der Wirksamkeit, Beziehungen zu Zeitgenossen, hin und wieder besondere Lebensumstände, sehr oft Todesart; zuletzt Schriftenverzeichnis. Die Hesychvitae sind daher leicht von den anderen biographischen Artikeln zn unterscheiden. Bisweilen sind sie mit Laertios Diogenes kontaminiert (s. o. Bd. V S. 753), auch gelegentlich mit anderem. Der gewiß recht mechanisch zusammengeflickte Onomatologos hat viel Wertvolles durch den Epitomator eingebüßt, and S. hat wieder die Epitome gekürzt; wenn der Schriftenkatalog durch ἔγραψε πόλλα u. ä. ersetzt wird, können wir dies dem Epitomator nicht zutrauen. S. hat auch ganze Biographien ausgelassen, die Photios in seiner Bibliothek aufgenommen hat. Dann und wann bieten die Ptatonscholien mehr als S. (Delatte Mém. Ac. Belge ser. 2 8° XVII (1922) 2 S. 96). Wenn verschiedene Biographien zusammengeflossen sind, muß es dem Epitomator zur Last gelegt werden, desgleichen wenn derselbe Verfasser als zwei verschiedene aufgeführt wird, wie v. Βῶλος (wo beide Artikel aus Hesych sind, anders Diels Vorsokr.⁴ II 125). Einigemal werden kleine Stücke aus den Biographien als Beispiele verwendet, den historischen Zitaten ganz entsprechend.

Für die verwickelten Probleme, die sich an Hesychios’ Zeit und Quellen knüpfen, muß ich auf den Artikel H. verweisen, o. Bd. VIII bes. S. 1323ff. Dagegen greifen die Quellenuntersuchungen, die die kirchlichen Biographien betreffen, auf andere Gebiete der S.-Forschung ein. Wentzel hat die Quellen der kirchlichen Viten aufgezeigt Hauptquelle ist die Übersetzung des Hieronymus viri illustres, die Erasmus unrichtig Sophronios genannt hatte. (Gute Ausgabe von Gebhardt Texte u. Unters. XIV 2; s. auch Schanz Röm. Lit. IV I² 448ff.). Sie ist frühestens im 7. Jhdt entstanden. In zweiter Reihe hat der Epitomator kirchengeschichtliche Quellen benutzt; ausdrücklich zitiert werden Eusebios, Philostorgios (dreimal), Theodoros Anagnostes. [708] Wentzel hat gezeigt, daß diese Schriftsteller auch sonst benutzt sind; aus Theodoros’ Tripartita stammen die Nachrichten, die auf Sokrates, Sozomenos, Theodoret zurückgehen (vgl. o. D a 26–27, in den historischen Exzerpten liegt die Sache anders). Wentzel weist jedoch Flachs Annahme (Rh. Mus. XXXVI 229), Theodoros sei eine Hauptquelle des Epitomators, ausdrücklich zurück. (Andere Stellen des Theodoros führt Wentzel auf die konstantinischen Exzerpte zurück; sie gehören vielleicht der kirchengeschichtlichen Epitome D b 2.) Wentzel nimmt mit Recht an (so schon de Boor Herm. XXI 19). daß ein großer Teil der Philostorgiosfragmente nichts mit der Hesychepitome zu tun hat, sondern den konstantinischen Exzerpten entnommen ist. Die Trennung ist nicht so leicht, wie Wentzel annahm, denn den ,Sophronios‘ nachahmend könnte der Epitomator auch Nichtliteraten aufnehmen. Bidez Ausg. d. Philostorgios S. LXXX hat Wentzel so mißverstanden, daß es sich um zwei Bearbeitungen des Onomatologos drehe; S. LXXXIII schreibt Bidez der Epitome alle Philostorgioszitate zu, wobei ich nicht folgen kann. Die kirchlichen Artikel enthalten auch Notizen, die nicht aus der kirchengeschichtlichen Tradition stammen; diese, führt Wentzel überzeugend auf Menologien u. ä. zurück. Die Schriftenverzeichnisse und die kirchlichen Titel hat der Epitomator selbst aus Hss. herausgeholt. Hagiographische Quellen sind auch in einigen Biographien benutzt, die später als Hieronymus sind und demnach nicht von Wentzel behandelt wurden; so steht ausdrucklich s. Τριφύλλιος, daß die Angaben einer Heiligenbiographie entnommen sind. Der Quellenwert der kirchlichen Biographien ist hoch, wenn es sich um verlorene Schriften handelt. Die kirchlichen Biographien ahmen in Anordnung und Stil die echt hesychianischen nach und weichen dadurch von anderen Stücken ähnlichen Inhalts, meistens aus den konstantinischen Exzerpten, ab. Zuweilen ist die Unterscheidung schwierig, z. B. bei einigen der Philostorgioszitate. Die wenigen Artikel, die direkt (s. u.) oder auf anderem Wege Menologien entnommen wurden, sind dagegen leicht erkennbar.

b) Athenaios. Bernhardy Praef. S. LXXIf. erklärte die Stellen aus Athenaios für spätere Interpolationen; sie sind aber fast alle gut überliefert; Kaibel Herm. XXII 323 hat auch gegen die Verwerfung Zweifel geäußert. Die Athenaioszitate zerfallen in zwei Reihen, die Biographien der Komiker und die übrigen. Beide gehen auf die Ausgabe in 15 Büchern, aber in vollständigerer Form als der erhaltenen zurück; nach älterem Vorgang abschließend Kaibel Herm. XXII 323ff.; s. o. Bd. II S. 2027 (ganz verworren Christ-Schmid Lit.-Gesch.⁵ II 2, 625, 5). Die nicht biographischen Zitate entstammen fast alle den zwei ersten Büchern, wo der Marcianus des Athenaios fehlt, und bilden ein wichtiges Supplement zum Text der Athenaiosepitome. Diese Reihe wird meistens anonym zitiert und ist wohl durch eine Mittelquelle hereingekommen; einige Stellen stammen aus der Συναγωγή.

Von ganz anderem Charakter sind die Komikerbiographien; Hauptschrift: R. J. Th. Wagner Symb. ad com. Gr. Hist. crit., Diss. Leipzig [709] 1905, 30ff. Die Komikerbiographien aus Athenaios zitieren ihn immer ausdrücklich, oft mit Buchzahl; auch sonst heben sie sich von den echt hesychianischen Komikerbiographien ab. Diese enthalten biographische Angaben, die Stücke werden in alphabetischer Ordnung genannt. In den Athenaiosbiographien werden die Stücke in der Reihenfolge, worin sie bei Athenaios vorkommen, aufgezählt, wahrscheinlich nach Randlemmata in Athenaios (Herm. XXII 323. Volkmann De Suid. biogr. Diss. Bonn 1861. 35. Daub Jahrb. d. Phil. Suppl. XI 482f.). Es finden sich auch Komödientitel, welche in unserem Athenaios fehlen, weil diese Biographien einen vollständigeren Text benutzt haben (s. o. Herm. XXII 325. Wagner 44, 1); hierin liegt ihr einziger Wert. Einige sind mit den hesychianischen Viten kontaminiert (Wagner 35f.), oder der Anfang ist hesychianisch (Wagner 40f.). Die Athenaiosviten strotzen von Fehlern und Sonderbarkeiten, weshalb Bernhardy und Wagner sie für Interpolationen ansahen. Wagners Beweise sind ganz ungenügend. Zwei Artikel, Φιλέταιρος und Σώπατρος stehen nicht in A, vielleicht weil sie Fehler enthalten; A läßt aber auch den Hesychartikel über Sopatros aus. Alle anderen Athenaiosbiographien, über 30, sind tadellos überliefert. Die Möglichkeit, daß S. selbst die Komikerzitate aus Athenaios exzerpiert hätte, ist schlechterdings abzuweisen. Die Nennung des Verfassernamens und oft obendrein der Buchzahl stimmt nicht zu seiner Manier. Es wäre an sich auch sehr unwahrscheinlich, daß er einer solchen Durcharbeitung des Athenaios nur um der Komödientitel willen sich unterzogen hätte. Ich halte es für das wahrscheinlichste, daß er diese Vitae in der von ihm benutzten Hesychepitome (nicht Onomatologos) vorfand. Flach in der Ausgabe des Onomatologos S. LIX läßt die Frage offen. Die Athenaiosviten haben oft die echten hesychianischen verdrängt; nur so läßt sich erklären, daß S. nur eine hesychianische neben der Athenaiosbiographie aufzeigt, nämlich v. Σώφρων: Er schreibt seine Quellen mechanisch ab und bekommt daher sonst Doppelartikel, wie es ja Parallelartikel aus anderer Quelle zu den hesychianischen oft gibt. Die meisten Fehler dieser Biographien fallen der Quelle zur Last, so die Berücksichtigung eines Tragikers, Karkinos.

c) Die herodoteische Homervita. Der hesychianischen Homerbiographie wird ein langes Stück aus Athenaios angefügt und danach ein Auszug aus der herodoteitchen Vita. S. hat meistens eine bessere Überlieferung, v. Wilamowitz Ilias und Homer 414. 432ff. Das Stück ist wahrscheinlich durch eine Mittelquelle hereingekommen.

d) Die biographischen Partien des Laertios Diogenes, s. u. F a. Diese sind leicht von den Hesychbiographien zu unterscheiden, nur vereinzelt sind sie mit diesen kontaminiert, s. o. Bd. V S. 753 und Bd. VIII S. 1326; wichtigste Schriften: Nietzsche Rh. Mus. XXIV 210ff. Volkmann Quaest de Diog. Laert. 1890. Delatte Mém. Ac. Belge 2 sér. 8° XVII (1922) 2, 13ff.

e) Philostratos’ Biographie des Apollonios von Tyana ist stark benutzt, die Sophistenbiographien wenig; die meisten Zitate sind anonym (vgl. Leo Biogr. 256f.).

[710] i) Damaskios’ Biographie des Isidoros, die verloren ist, Hauptschrift: Asmus Byz. Ztschr. XVIII 425ff. XIX 265ff. Die Zitate sind meistens anonym, viele sichere sind aber durch Vergleichung der Exzerpte, die Photios in seiner Bibliothek gibt, gewonnen. Asmus hat soviel hineingenommen, sogar einen Harpokrationartikel (einiges berichtigt Byz. Ztschr. XIX 279f.; s. o. Bd. I A S. 1654, 59. Brinckmann Rh. Mus. LXV 622, 1. J. Becker De S. excerptis hist., Diss. Bonn 1915, 10; viele Stellen meiner Ausgabe). Die zahlreichen und oft sehr langen Zitate machen S. neben Photios zu den Hauptzeugen dieses interessanten Werkes. S. hat es wahrscheinlich selbst benutzt, die Form einiger Zitate (mit ὡς oder οὕτως) schließt Benutzung der konstantinischen Exzerpte aus.

g) Marinos’ Biographie von Proklos wenige Stellen.

h) Dieselbe Pythagorasbiographie wie Photios’ Bibliothek cod. 249. Fast alles aus ihr findet sich in S. wieder, und wahrscheinlich stammen andere Zitate philosophischen Inhalts aus dieser recht wertlosen Schrift.

F. Philosophica.

a) Philosophische Hauptquelle. Bei einigen der philosophischen Artikel finden sich einfache Figuren, die am Rande stehen; der Text ist zuweilen, z. B. in einem Stück aus Laertios Diogenes s. v. διάλεκτος, so zerhackt, daß einiges in der Figur, Zugehöriges im fortlautenden Texte steht. Hierdurch erweisen sich diese Figuren als Randglossen der Vorlage, nicht Interpolation wie die anderen Randglossen. Ähnliches finden sich z. B. in den Hss. der Aristoteleskommentatoren, in Olympiodors Kommentar zu Phaidon (ed. Norvin) und in Fragmenta comic. ed. Kaibel p. 50–53. Norvin nimmt an, daß solche Figuren aus dem neuplatonischen Unterricht stammen. Beispiele aus S.: ἀρχή aus Laertios, κίνησις aus Philoponos. Dies deutet darauf hin, daß Laertios und die Aristoteleskommentare derselben Quelle entstammen; auch sind sie oft miteinander verknüpft, auch wo das Stichwort nicht stimmt, so in dem eben genannten Stück s. v. διάλεκτος, das besser unter διάλογος stünde. Wahrscheinlich war dies Exzerpt schon alphabetisch geordnet; zwei echte Hinweise in Stücken aus Alexandros von Aphrodisia, ἔγρaψε ἐν τῷ Πῖ στοιχείῳ περὶ πάθους s. v. ἀθάνατος und περὶ γυμνασίας προεγράφη ἐν τῷ γ στοιχειῳ s. v. ἔντευξις, lassen sich kaum anders erklären. Auch einige philosophische Artikel, die christlich gefärbt sind, scheinen hierher zu gehören. Zu dieser Quelle stelle ich:

1. Laertios Diogenes. Die zahlreichen, meist langen Glossen aus den doxographischen Partien gehören der philosophischen Quelle, auch kurze Zitate, die als Belege auftreten. Die biographischen Artikel dagegen stammen anderswoher, s. o. E d. Die wenigen Stücke von Laertios, die zuverlässig ediert sind, lassen die Stellung der S.-Zitate in der Laertiosüberlieferung unbestimmt, jedenfalls hat S einen guten Text; s. o. Bd. V S. 740. Delatte Mém. Ac. Belge 2 sér. 8° XVII (1922) 2 66f. 74f. Kreuttner Die stoischen Def. d. Affekte bei S., Philol XLVI (1887) 755f. ist völlig wertlos; Glossen aus der Σ und ähnlichen Quellen werden hereingezogen.

[711] 2. Alexandros von Aphrodisias’ Kommentar zu Aristoteles’ Topika. Nur in v. διεξοδικούς wird Alexandros genannt, zu v. ἐπαγωγή steht: ἐκ τῶν Τοπικῶν, sonst sind die Zitate anonym oder werden mit Ἀριστοτέλης λέγει eingeführt. Unvollständige Liste der Fragmente in der Ausgabe von Wallies S. IX; in meiner Ausgabe sind weitere Stellen hinzugekommen. S stimmt mit keiner der Hss. überein; auch von den Büchern V–VIII finden sich Fragmente, Wallies S. X. XIV. Einige Stellen scheinen eine andere Rezension zu benützen, ebd. S. X nr. 1.

3. Joh. Philoponos’ Kommentar zu Aristoteles περὶ ψυχῆς. Alle Zitate sind anonym. Das Verzeichnis in der Ausgabe Heyducks jst ganz unvollständig, und nicht einmal alle Stellen aus Bernhardys Index sind berücksichtigt; auch hier wird meine Ausgabe die Zahl sehr vergrößern. Der Text des S stimmt mit der Exzerpt-Hs. Vatic. 268, die den besten Text bietet.

4. Stellen christlichen Charakters, die bisweilen Berührungen mit Joh. Damaskenos’ πηγὴ γνώσεως aufzeigen.

b) Marcus Antoninus εἰς ἑαυτὸν. Der Text der Zitate stimmt fast immer mit der Haupt-Hs. A. Merkwürdigerweise geht in einigen Fällen das Lemma mit der einen Hs.-Klasse, das Zitat selbst mit der anderen. Schenkl in seiner Editio major (1913) S. XXVI nimmt an, daß S. seine Zitate aus verschiedenen Quellen genommen habe, weil er teils wörtlich, teils paraphrasierend zitiert. Dergleichen findet sich auch bei anderen Schriften, und die Abweichungen sind nicht sehr bedeutend. Wahrscheinlich hat S. Exzerpte benutzt; der Text stimmt gut mit den Darmstädterexzerpten, S. hat aber mehreres, was dort fehlt. Einer Andeutung des M. Casaubonus folgend vermutet Schenkl (S. XXVII), daß viele Marcuszitate in S ausgefallen seien, wo jetzt nur Lemma steht; diese Wörter werden im Index mit * bezeichnet. Diese Glossen sind aus der Συναγωγή oder dem Ambrosianischen Lexikon, einige sogar syntaktische Glossen, so daß diese Vermutung unbedingt zurückgewiesen werden muß.

e) Das Traumbuch des Artemidoros wird öfters benutzt, immer anonym. Die Zitate sind meistens im 17. Jhdt. erkannt; die Liste bei R. Dietrich Beitr. z. Artem. Dald. 1910 fügt nur wenige hinzu; viele hier aufgeführte stammen aus der Συναγωγή, Harpokration oder anderen Lexika. Dietrichs Einfall (S. 13), attizistische Formeln bei S. als Polemik gegen Artemidor aufzufassen, bedarf der Widerlegung nicht. Einige Übereinstimmungen zwischen attizistischen Glossen und Artemidor scheinen mir übrigens so gedeutet werden zu müssen, daß dieser attizistische Glossare benutzt habe.

G. Theologica. De Boor Herm. XXI 26 meinte, daß, abgesehen von Theodorets Psalmenkommentar, alle patristische Zitate bei S aus den konstantinischen Georgiosexzerpten (s. o. D a) stammten. Dies läßt sich nicht halten, auch andere patristische Quellen sind benutzt.

a) Theodoretos’ Psalmenkommentar (Migne LXXX ist sehr ausgiebig benutzt. Die Form stimmt nicht immer zu der gedruckten; viele der kürzeren Anführungen sind erst in meiner Ausgabe erkannt worden. Zitate [712] aus Theodorets anderen Schriften (die Kirchengeschichte s. o.) stammen aus Georgios Monachos.

b) Andere Bibelkommentare, sowohl zum Alten wie dem Neuen Testament, sind benutzt. Es finden sich Übereinstimmungen mit Kommentaren, die jünger sind als S, nämlich Oikumenios und Theophylaktos von Achrida. Solange die meisten Bibelkommentare unediert sind, kann man nicht weiter kommen.

c) Zitate der drei großen Kirchenväter, Basilios, Gregorios von Nazianz, Johannes Chrysostomos stammen aus verschiedenen Quellen. Einige sind Randglossen, auch werden Gregorios und Basilios in den syntaktischen Glossen zitiert. Andere Stücke stammen aus Georgios Monachos (s. o. D a 24). Gregor wird einigemal in den Erweiterungen der Συναγωγή zitiert; die Gregorscholien geben selten Lemmata. Es bleiben jedoch eine Menge von Zitaten, besonders aus Gregor und Chrysostomos, aus den verschiedensten Werken; viele sind anonym, und sicher finden sich unter den noch nicht verifizierten Zitaten einige aus diesen Kirchenvätern. Wahrscheinlich ist ein Florilegium benutzt, nicht die Werke selbst; mit den gedruckten Florilegien findet jedoch keine Berührung statt (Sinko De traditione indirecta Gregorii usw. ist mir unzugänglich).

d) Hagiographica. Die wenigen echten Artikel sind höchst verschiedener Art. Ganz für sich steht Χρυσόγονος mit dem Briefwechsel des Chrysogonos und der Anastasia. Recht ausführlich ist Λουκιανὸς ὁ μάρτυς, s. hierüber Bidez in der Philostorgiosausgabe S. CXLVIIIf.; in zwei Randglossen ist die Parallelversion des Metaphrasten (s. o.) benutzt. Dem hesychianischen Διονύσιος ὁ Ἀρεοπαγίτης (s. Wentzel Texte u. Untersuch. XIII 40) wird ein längeres Zitat des Enkomions des Mich. Synkellos hinzugefügt. Auch bei Νικολάος Μύρων (Anrich Hagios Nikolaos I 457) ist durch die Worte οὗτος οὐκ ἔγραψε μέν wohl ein Anschluß an den Hesychbiographen versucht; von ähnlichem Charakter ist Συμέων ὁ Στυλίτης. Einige kurze Artikel über Heiligenverfolger (Ἀθανάριχος, Ἀμάχιος, Λυαῖος) stimmen mit dem Synaxarium Constantinopolitanum; der Hesychepitomator hat ähnliche Quellen benutzt (s. o.), schwerlich aber diese Artikel geliefert; sie stammen eher aus einer Chronik (s. o.). Hagiographisch ist der ausführlichste Artikel des Lexikons. Ἰησοῦς (Biblioth. hag. gr.² 113f.); dies Stück ist auch gesondert überliefert, so bei A. Vassiliew Anecd. Graeco-Byz. 1 58ff. (unabhängig von S sind auch die Übersetzungen von Traversari, Laur. Quirini und Filelfo). Der S.-Text in den bisherigen Ausgaben ist nach einer Hs. der selbständigen Rezension interpoliert.

e) Längere erbauliche, sehr rhetorische Artikel, Ἀβραάμ, Ἀδάμ, Ἰώβ, wohl alle von demselben, vielleicht von S. selbst jedenfalls byzantinisch.

f) Vieles Theologisches ist noch nicht bestimmt, das meiste wird sich in erhaltenen Werken finden.

H. Literaturwerke. Aus dem Hervorgehenden ergibt sich, daß die Hauptmasse der Zitate nicht den Werken selbst entnommen ist. Homer, Sophokles, Aristophanes sind unter Scholien (B) zu suchen. Folgende, z. T. sehr interessante Werke, scheinen unmittelbar benutzt zu sein:

a) Kallimachos’ Hekale. J. Kapp Callimachi [713] Hec fr., Diss. Berl. 1915 verdienstvoll, Schneiders Fragmentsammlung verfehlt. S. zitiert mehrmals das berühmte Epyllion, und Naeke (Opusc. II 26, vgl. 161) verwandte daher unbedenklich poetische Stellen aus S. in seiner Rekonstruktion des Gedichtes. Hecker Comm. Callim. 1842 stellte fest, daß S. das Gedicht selbst benutzte, und daß alle Kallimachoszitate, die nicht aus bekannten Quellen stammen, der Hekale gehören (83), desgleichen alle anonymen Hexameter in S., die nicht gegen Kallimachos’ Art verstoßen (133f. Von nicht-kallimacheischen Versen finden sich übrigens ganz wenige). Spätere Funde haben Heckers geniale These bestätigt, wie er prophezeit hatte (S. 133). In Papyri haben sich sieben S.-Zitate, darunter fünf anonyme wiedergefunden. In Etymologicum Genuinum finden sich Kallimachoszitate, und Sallustios’ Kommentar der Hekale wird ausdrücklich zitiert, Reitzenstein Ind. Lect., Rostock 90/91, 13–15, 91/92, 5. S. stimmt s. ἀσκάντης mit Sallust in Etymologicum Genuinum und sehr oft mit den Zitaten und Erklärungen von Kallimachos in Etymologicum Magnum. Überall, wo Kallimachos glossiert wird, liegt Sallust vor, der meistens mit keiner anderen Quelle stimmt (über Sallust s. Bd. II A S. 661, 2, verkehrte Datierung; Bd. I A S. 1960 Nr. 36 unzulänglich; 1964, 70. v. Wilamowitz Gött Gel. Anz. 1893, 732). Für Hekale ist S. die wichtigste Quelle.

b) Die Mythiambika des Babrios. Die Babrioszitate sind lose angefügt und wahrscheinlich ohne Mittelquelle hereingekommen. Die benutzte Hs. war besser als die erhaltenen, Crusius in der Editio maior S. XIIf., s. o. Bd. II S. 2660. In denselben Hss. standen hexametrische Nachahmungen, die S. unter ἐν μύθοις oder ἐν μυθικοῖς zitic-rt, s. o. Bd. II S. 2660. In die Babriosausgabe S. 215ff. sind elf anonyme Fragmente aus S. aufgenommen, die fast alle mit besserem Recht der Hekale des Kallimachos zugewiesen werden (Kapp s. o. a hat auf die Babriosausgabe keine Rücksicht genommen).

c) Athenaios s. E b.

d) Iulianus Apostata’s Briefe, Reden und vereinzelte Zitate aus seinen anderen Werken. Bernhardys Index ist ganz unvollständig. Auch verlorene Briefe sind benutzt, s. Bidez-Cumont in Mém. Ac. Belg. LVII 25ff. 54. 122, 4 und in der Ausgabe (1922) S. XVI. Auch in den Reden bietet S. einen guten Text und füllt einmal eine Lakune (Bidez Recueil de travaux de l’Univ. de Gand fasc. LXI 1929, 25). Die Scholien in den Reden benutzen S. (umgekehrt Bidez). Einige Stellen aus Iulian beziehen sich auf Orakel, s. o.

e) Synesios’ Briefe, Dio, Φαλάκρας ἐγκώμιον. Ob Iulian und Synesios direkt benutzt sind, ist nicht zu entscheiden.

f) Georgios Pisides. Krumbacher Byz. Lit.² 709ff. Sternbach in Rospranzy Ak. Umietetnori Wydrial Fel. Ser. II. XV. Krakau 1900. 108ff. S. benutzt die drei historischen Gedichte, Hexaemeron, das Lehrgedicht gegen Severus, außerdem verlorene Gedichte; diese Fragmente (bis Sternbachs Ausgabe erscheint) am bequemsten bei Migne G. XCII 1740–1749.

g) Die Anthologie des Konstantinos Kephalas. Die Bücher V–VII werden überaus [714] häufig zitiert; von den Büchern I und IX finden sich nur zwölf Zitate, wovon jedenfalls fünf aus lexikalischen und ähnlichen Quellen stammen; die anderen Bücher sind nicht benutzt Dies ist eine starke Stütze für die Annahme, nur V–VII und IX gehören der Sammlung des Konstantinos an, s. o. Bd. I S. 2384. Ein paar Zitate aus der Ekphrasis des Paulus Silentiarius stammen wohl auch aus derselben Epigrammsammlung, worin das Gedicht uns überliefert worden ist. Die Zitate werden oft mit ἐν Ἐπιγράμμασιν (in einigen Hss. ἐν ἐπιγράμματι, in den besten meist verkürzt) eingeführt. Bald werden sie zu Glossen aus der Συναγωγή oder aus dem Ambrosianischen Lexikon hingestellt, bald findet die Explicatio sich sonst nicht. Zuweilen werden mehrere Wörter des Epigramms erklärt. Diese Erklärungen gehören vielleicht S. selbst.

VII. Nachleben.

Das Lexikon des Hesychios ist nur in einer Hs. überliefert, das des Photios nur in drei, und bis jetzt läßt sich Benutzung für keines von den beiden mit Sicherheit nachweisen. Die große Beliebtheit des S. zeigt sich nicht allein in den zahlreichen Hss. und Exzerpten, sondern auch darin, daß er von vielen Grammatikern des Mittelalters und der Renaissance benutzt worden ist.

a) Eustathios (s. o. Bd. VI S. 1481) nennt in seinen Homerkommentaren besonders in der Odyssee mehrmals ausdrücklich S. Auch wird er als οἱ παλαιοί, ἄλλος τις usw. zitiert (Wentzel Herm. XXX 370, 4). Zuweilen ist es schwierig zu entscheiden, ob er S. oder dessen Quelle benutzt, z. B. bei den attizistischen Glossen. Eustathios scheint interpolierte Worte in v. ἀνδράχλη zu zitieren. Der Text hat mit keiner S.-Hs. besondere Berührung.

b) Das sog. Lexikon des Zonaras (ed. Tittmann) hat S. zur Hauptquelle neben dem Etymologikon Symeons (Reitzenstein Gesch. d. Et. 279f. und o. Bd. VI S. 817. Cohn in Iw. Müllers Hdb. II I³. 598. Bernhardy Praef. XXXIf. A. Adler Gött. Gel. Anz. 1923, 135). S. ist jedoch nur im ersten Teil des Zonaras (A–I) benutzt, wie Buenger De Aristoph. ap. S. rell., Diss. Argentor. 1878, 76 gesehen hat (S. 74 wird schön erwiesen, daß alle Aristophanesglossen bei Z. aus S. stammen). Dies beruht nicht auf den von Tittmann benutzten Hss., in den vielen, die ich untersucht habe, machen die ersten Buchstaben immer die Hauptmasse aus. Die vielleicht älteste Hs., Vatic. 11 aus dem 12. Jhdt. bietet eine kürzere Redaktion, wo S. fast nicht benutzt ist; ob diese ursprünglicher sei, läßt sich noch nicht entscheiden. Sonst stehen die S.-Glossen in langen Reihen, oft sind mehrere kontaminiert. Außerhalb dieser Reihen kann es zuweilen schwierig sein so entscheiden, ob S. selbst oder seine Quellen benutzt sind. Das Etymologikon hat ja viele Quellen mit S. gemeinsam. Zonaras ist in derselben Weise wie das Ambrosianische Lexikon disponiert und muß dieses Werk benutzt haben, woraus er auch einige Glossen unabhängig von S. aufgenommen hat. Auch scheint Z. eine Συναγωγή, oder ein Kyrillglossar selbständig benutzt zu haben. Die Randglossen in S werden meistens nicht aufgenommen; die Psalmenglossen (s. o. V e) hat Z. aus anderer Quelle. Der S.-Text des Z. ist gut, von den erhaltenen Hss. unabhängig. Zonarasglossen [715] waren in der ed. pr. des S. interpoliert, aber durch Gaisford fast alle getilgt. Viele ,Auszüge‘ aus S. in älterer Literatur sind Zonaras, dessen zahllose Hss. in den Katalogen oft unter Kyrill stehen. Das sog. Lexikon Cantabrigense (s. o. Bd. XII S. 2478) hat Z. benutzt, vereinzelt wohl auch S. selbst.

c) Ps.-Hesych. s. o. Bd. VIII S. 1325. Diese Kompilation hat einen guten S.-Text zur Grundlage.

d) Ps.-Eudemus, s. o., und Bd. VI S. 902f. M. Schmidts Auffassung ist von K. Rupprecht Apostolis, Eudem und S. in Philol. Suppl. XV 1 wieder aufgenommen worden, wogegen A. Adler in Gött. Gel. Anz. 1923, 124ff. sich wendet. Rupprecht hat gezeigt, daß Eudem eine Συναγωγή und attizistische Sprichworte unabhängig von S. benutzt hat, dagegen ist sein Versuch, eine absolute Unabhängigkeit von S. zu erweisen, gescheitert. Die Hauptquelle dieses Glossars ist S., woher z. B. Homererklärung, Theodorets Psalmenkommentar, Glossen aus dem Ambrosianischen Lexikon und Historikerzitate stammen; der S.-Text scheint mit dem der Hs. F besondere Verwandtschaft zu haben.

e) Die Hs. Coislinianus 177 (worüber ausgezeichnet B. Schneck Quaest. Paroemiogr., Diss. Bresl. 1892) wurde früher irrig zu den Eudem-Hss. gestellt (so ich selbst Gött. Gel. Anz. 1923, 128 n. vgl 130, 1). Die Hauptquellen sind eine Sprichwörtersammlung, Symeons Etymologikon und eine mit F verwandte S.-Hs. Andererseits enthält F von αγ zu αλ nicht S., sondern einen mit dem Coislinianus identischen Text; also waren die Vorlagen des F und des Coislinianus einmal in derselben Bibliothek zusammen. Näheres in meiner noch nicht erschienenen Abh. über die Hss. des S.

f) Demosthenesscholien. Die von Reiske benutzte Hs. Monac. 85, 13. Jhdt, hat viele Glossen aus S. aufgenommen, Demosth. ed. Dindorf VIII S. VII; ähnliche Scholien in der Pariserausgabe 1570. Es finden sich z. B. Harpokration, Historikerzitate, Pythagorasbiographie (aus v. ἐτήσιαι), ja Randglossen z. B. syntaktische. Der S.-Text ist gut, mit keiner erhaltenen Hs. verwandt. Mit den alten Demosthenesscholien hat S. keine direkte Verwandtschaft.

g) Marcianus 453, in Homer B (Maas Herm. XIX 285, 3. 556, 3) hat auf drei jüngeren Blättern (14. Jhdt.) ein paar Artikel des S. aufgenommen: die meisten sind bei Gaisford berücksichtigt. Der S.-Text ist gut.

h) Scholien zu Maximos Tyrios, Crönert Berl. phil. Woch. 1913, 647. Die meisten Übereinstimmungen könnten aus einer erweiterten Συναγωγή herrühren; es findet sich aber auch eine Babriosglosse.

i) Die berühmte Exzerpt-Hs. Darmstadinus 2773 (14. Jhdt) benutzt in mehreren der Reihen S., Zentralbl. f. Bibl. 1897. 573ff.

k) Stephanos, dessen Kommentar zu Aristoteles’ Rhetorik in Vatic. 1340 (14. Jhdt) überliefert ist zitiert ἐν τῇ Σούδᾳ die Artikel κότταβος, κοτταβίζει, κοτταβίζειν, Comm. in Aristot. Gr. XXI.II 285, 18–25. Der Text läßt keinen Schluß auf die vor ihm benutzte S.-Überlieferung zu.

l) Die von Westermann Biographie S. 141f. [716] gedruckte Euripidesvita des Manuel Moschopulos (Krumbacher Gesch. d. Byz. Lit.² 546ff.) stimmt genau mit der Hesychiosvita des S. Moschopulos hat überall A’s Lesarten, die hier weit besser ist als die anderen Hss., nur ein Homoioteleuton in A hat er nicht. Er hat also entweder eine bessere Hs. benutzt oder die Hesychepitome selbst. Vielleicht finden sich in Moschopulos unveröffentlichte Schriften anderes derart.

m) Robert Grosseteste, Bischof von Lincoln 1235–1253 hat einige meist biographische Artikel und v. Ἰησοῦς ins Lateinische übersetzt. Hauptschriften: V. Rose Herm. V 155. M. R. James in Mélanges Chatélain (1910) 396ff. A. Pelzer in Revue néoscolastiqüe 1921, 391ff. Seine Hs. war V, wovon im 15. Jhdt. in England Oxon. Corp. Chr. 76–77 und Harleianus 3100 abgeschrieben wurden.

n) Vaticanus 12 (14.–15. Jhdt.) Fol. 107–111 (Reitzenstein Ind. Lect. Rost. 1892/3 S. 3) enthält Technologien, Attizistisches und S.-Glossen, darunter viele Historikerzitate. Der sehr willkürliche Text ist ohne Bedeutung für den Text des S.

o) Scholien zur Anthologia Planudea. Die ganz späten Scholia Ambrosiana benutzen S, der einmal genannt wird, Calderini Mem. Instituto Lombardo di scienze e lettere, sc. morale XXfl (1912) 268, 276.

p) Ekloge des Mönchs Makarios, Dresden D a 36, Anf. d. 15. Jhdts. Nach den Proben in Zonaras ed. Tittmann I S. XCIff. stimmt dieser wertlose Auszug am besten mit der Hs. B.

q) Escur. Σ I 20, gedruckt Graux Textes Grecs 117ff. Dieselbe wertlose Sprichwörtersammlung wurde schon 1505 gedruckt, Crusius Analecta cr. ad paroem. 31f. Cohn Philol. Anz. XIV 526. Der Text hat merkwürdige Übereinstimmungen mit der ed.-pr. des S. gegen die Hss., so Graux nr. 12. 47. 87.

Die von Villoison Anecd. gr. II 4–78 beschriebene Ῥοδωνία des Makarios Chrysokephalos scheint S. nicht benutzt zu haben. Die hier enthaltene Sprichwörtersammlung (gedruckt Paroem. gr. ed. Leutsch II 135) steht der paroemiographischen Quelle des S. sehr nahe, ist aber von S. selbst unabhängig.

r) Konstantinos Laskaris († 1501) besaß eine S.-Hs. (Legrand Bibliogr. hell. d. XV et XVI siecles I S. LXXXIII; vgl. Batiffol Rossano 128). Die verschiedenen Auszüge, die er daraus gemacht hat, sind jetzt in der Bibliothek zu Madrid (s. Iriartes Katalog). In N 21 (vgl. Reitzenstein Gesch. d. Etym. 218) stimmen die Lesarten des Prooimions mit S (Vatic 1296. Abschrift aus V). Nolhac Bibl. d. hautes études LXXIV 154 nr. 15 identifiziert Vatic. 1296 mit Orsinis von Laskaris annotiertem Exemplar, ebd. 335. S hat jedoch keine Notizen von Laskaris und die von Nolhac gedruckten Angaben sind nach mündlicher Mitteilung G. Mercatis unzuverlässig. Dieselbe Mischung von Etymologica und S. wie in Matrit. N 21 findet sich noch sonst; Reitzenstein 219, 1.

s) Ps.-Eudokia ist eine Fälschung des Konstantinos Palaiokappa, s. o. Bd. VI S. 911f.; näheres über Konstantin bei Cohn in Philol. Abh. Martin Hertz dargebr. 123ff. Pulchs Nachweis, [717] Diss. Argentor. IV 72ff., daß die Aldinaausgabe des S. benutzt ist, ist völlig gelungen. Es liegt kein Grund vor anzunehmen, daß der Fälscher einen S.-Auszug mit besserem Text benutzt hätte. Die in Fontainebleau vorhandene Literatur reicht völlig aus, alles in erklären. Hier befand sich z. B. Parisin. 2600 (s. o. Bd. VI S. 912. Bd. VIII S. 1326); woher diese an sich wertlosen Exzerpte stammen, ist mir unbekannt, sie stehen auch in Parisin. 3052, F 111–113 und in Barocc. 117. Pulch hat auch Recht darin, daß die Zusätze in den biographischen Artikeln vom Fälscher leicht fabriziert werden konnten; z. B. möchte ich annehmen, daß der Zusatz in Ζηνόδοτος aus Parisin. 2929 stammt, vgl Festschr. M. Hertz 127.

t) Die Scholien der zwei maßgebenden Hss. zu Iulians Reden (s. o. H d) benutzen S., z. B. v. συρφετός (Bidez 24, 30); sie müssen bedeutend älter als die älteste Hs. (c. 1200) sein. (Siehe den Nachtrag am Ende des Halbbandes.)

[Adler. ]

Nachträge und Berichtigungen

Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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[1]) ›Byzant. Lexikograph‹. VII u) Michael Apostolios (II 182). IV A 1269.