Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Griechischer Gott
Band V,1 (1903) S. 10101046
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Dionysos

2) Der Gott.

I. Der Name und seine Deutung. In den homerischen Epen begegnet, abgesehen von dem in die Nekyia der Odyssee interpolierten Frauenkatalog nur die Namensform Διώνυσος, die von den ältern Dichtern auch Hesiod, Archilochos, Theognis, Pindar (ausser Isthm. VII 5, wo Διόνυσος steht) haben. Auf boiotischen Steinen erscheinen neben der Form Διόνουσος (nur IGS I 1786; Διονούσιος [Διονουσία] öfter; Διονιουσόδωρος I 2814. 2815. 2827 [aus Hyettos; 2815. 2827 neben Διωνιουσόδωρος]) Διώνυσος und Διώνουσος (vgl. Dittenbergers Index p. 760); für Διωνίουσος bürgt der Personenname Διωνιουσόδωρος. Die attische Form ist Διόνυσος, so z. B. Od. XI 326. [Hom.] Hymn. XVIII auf Pan 46 (ὁ Βάκχειος Διόνυσος) und VI auf D. (ἢ λῃσταί) 56 (neben Διώνυσος 1); vgl. v. Wilamowitz Aus Kydathen 225. Auch in ionischen und dorischen Inschriften (Kretschmer Aus der Anomia 21f.) begegnet meistens Διόνυσος. Als Ausnahmen sind zu merken: Διένυσος auf einer archaischen Inschrift aus Amorgos (Bull. hell. VI 1882, 187); Δεύνυσος bei Anakreon 2, 11, Bergk PLG³ III (vgl. Schol. Townl. Il. XIV 325. Etym. M. 277, 37), womit v. Wilamowitz Homer. Unters. 149, 8 richtig den Personennamen Δεονῦς in [1011] Erythrai verglichen hat (Roehl IGA 434), Δεόνυσος in Samos, Etym. M. 259, 30, wozu Kretschmer a. a. O. 22 mit Recht die Beamtennamen auf Δεονυσ– der in Thrakien gelegenen Städte Abdera und Maroneia gestellt hat. In Kreta (Eleutherna) finden wir die Form Διοννυσίαν, E. Fabricius Athen. Mitt. X 1885, 92. 93. Für die Aiolis ist durch die lesbische Inschrift Collitz Dialektinschr. nr. 271 die Form Ζόννυσος, durch die Inschrift aus Tyrnavo für Nordthessalien der Personenname Διόννυσος (Collitz nr. 1329 II a 10) bezeugt. Aus welchem Dialekt die Kurzform διονῦς (Hesych. s. διονῦς· ὁ γυναικίας καὶ παράθηλυς) stammt, ist nicht festzustellen. Scharfsinnig hat Kretschmer a. a. O. aus dem Schwanken zwischen ε und ι in der ersten Silbe, das auch sonst im thrakischen und makedonischen Dialekt vorkommt und ,auf der Unbestimmtheit des phrygisch-thrakischen Vocals beruht, dessen Aussprache zwischen i und e liegen mochte und daher von den Griechen verschieden wiedergegeben wurde‘, geschlossen, dass der Name des Gottes aus Thrakien stammt, und ihn meines Erachtens überzeugend als Διὸς νῦσος erklärt, indem er in νῦσος das thrakische Wort für Sohn (wie νύσα = νύμφη, κόρη; vgl. die Νῦσαι der Sophilosvase Athen. Mitt. XIV 1889 Taf. I) sieht und die dem D.-Kinde beigegebene Inschrift Διὸς φώς (nicht Διὸς φῶς auf der sf. Amphora bei Minervini Monum. ined. de R. Barone tav. I als ,der Mann des Zeus, Zeusheld, Zeusheros‘ deutet, so dass sie zu seiner Erklärung des Namens Διόνυσος vortrefflich stimmt. Andere Deutungen des Namens aus alter und neuer Zeit bei Preller-Robert Gr. Mythol. I⁴ 664, 1. Vgl. dazu noch die polemischen Bemerkungen gegen Kretschmer bei Rohde Psyche II² 38, 1. Zu notieren ist auch noch die Form Διόνυξος Schol. Townl. Il. XIV 325 und Etym. M. 277, 35.

II. Verbreitung und Entwicklung des Cults. Der Cult des D. ist ein im griechischen Altertum so weit verbreiteter, dass es hier nicht am Platze zu sein scheint, alle Zeugnisse aufzuführen, in denen sein Name erscheint. Denn es hat wohl vom 6. Jhdt. v. Chr. an kaum eine griechische Stadt gegeben, in der ihm nicht Verehrung dargebracht wurde. Es hat auch keinen Zweck, alle Feste des D. zu verzeichnen, weil überall, wo es Theater gab, natürlich Dionysien stattgefunden haben. Dagegen muss man versuchen, die Entwicklung darzustellen, die sein Cult in Hellas genommen hat. Wie bei Demeter (s. Bd. IV S. 2715) sind auch bei ihm zwei Wege zu unterscheiden. Nehmen wir als sicher an, dass die Heimat des D. Thrakien ist, so werden wir von vornherein vermuten können, dass sich der D.-Cult sowohl zu Wasser als zu Lande ausgedehnt hat. Er ist sowohl über Thessalien und Boiotien gewandert als auf die Inseln und nach Kleinasien. Vom 8. Jhdt. an können wir seine Ausdehnung verfolgen. Zahlreiche Sagen lehren uns noch den Widerstand kennen, den die griechische Bevölkerung zuerst dem fremden Gott entgegensetzte. Denn das Wesen des thrakischen Gottes ist dem griechischen Volkscharakter zunächst entgegengesetzt und den alten homerischen Vorstellungen völlig fremd. In den homerischen Gedichten erscheint der thrakische D. zuerst Il. VI [1012] 130 in der Erzählung von der Begegnung des Glaukos und Diomedes: der Sohn des Dryas, der gewaltthätige Lykurgos, verfolgt die τιθῆναι des D. μαινόμενος κατ’ ἠγάθεον Νυσήιον, so dass sie, getroffen von seiner Geissel, die θυσθλά auf die Erde werfen. Vor Furcht verschwindet D. in den Wogen des Meeres, wo ihn Thetis freundlich aufnimmt, Lykurgos aber erblindet durch den Zorn der Götter; vgl. dazu E. Rohde Psyche II² 5, 2. Unter den τιθῆναι werden höchst wahrscheinlich die Mainaden zu verstehen sein, mit denen Andromache Il. XXII 460 (μαινάδι ἴση) verglichen wird. So gering und so späten Ursprungs diese Homerstellen auch sein mögen, sie beweisen jedenfalls, dass dem späteren Epos der orgiastische Cultus des thrakischen D. nicht unbekannt war. Diese ältesten litterarischen Zeugnisse für den D.-Cult zeigen uns bereits den Enthusiasmus, den göttlichen Wahnsinn, als das Kennzeichen des D.-Cults. Als seine Heimat ist Thrakien bereits von den Alten öfter bezeugt worden, z. B. von Herod. V 7 θεοὺς δὲ σέβονται μούνους τούσδε, Ἄρεα καὶ Διόνυσον καὶ Ἄρτεμιν und von Pomp. Mela II 17 Montes interior attollit, Haemon et Rhodopen et Orbelon, sacris Liberi patris et coetu Maenadum, Orpheo primum initiante, celebratos; vgl. Lobeck Aglaophamus I 289ff. Rapp Die Beziehungen des D.-Cults zu Thrakien und Kleinasien, Progr. des Karls-Gymnasiums in Stuttgart 1882. Rohde Psyche II² 6. Dass zu diesen Nachrichten der Alten die von Kretschmer vorgeschlagene Deutung des Namens stimmt (nr. I), leuchtet ohne weiteres ein, und nichts berechtigt uns heute mehr zu der Annahme K. O. Müllers zurückzukehren, dass es zwei verschiedene Thrakervölker gegeben habe, ein rohes barbarisches im Norden und ein anderes, das in Mittelgriechenland gesessen und namentlich die Culte des D. und der Musen gepflegt hat; vgl. F. Hiller v. Gaertringen De Graecorum fabulis ad Thraces pertinentibus quaestiones criticae, Berl. Diss. 1886, 1ff. Rohde Psyche II² 8, 1. D. hat bei den Thrakern verschiedene Namen gehabt, von denen uns Bassareus, Gigon, Dyalos, Sabazios, Sabos bezeugt sind. Auch der Name Bakchos stammt sicher wohl aus Thrakien, wenn die Alten mit der Ableitung dieses Namens von σαβάζειν = βάζειν = εὐάζειν recht haben; vgl. Lobeck Aglaophamus II 1042. Rohde Psyche II² 7, 3. Ebendahin gehört der in den eleusinischen Mysterien übliche Name Iakchos; vgl. Etym. M. s. Ἴακχος· αὐτὸς ὁ Διόνυσος, ἢ ἑορτή. παρὰ τὴν ἰαχὴν τὴν ἐν ταῖς χορείαις γινομένην, τουτέστι τὴν βοήν, γίνεται ἴαχος· καὶ πλεονασμῷ τοῦ κ, ἴακχος. ἢ ἀπὸ τῆς ἐν τοῖς πότοις ἰαχῆς. Ἰάοκχος auf einer eleusinischen Inschrift, Dittenberger Syll.² 650 mit Anm. 8. Dazu Hesych. s. Ἰυγγίης· ὁ Διόνυσος von ἰυγή =φωνή, κραυγή, βοή. Öfter begegnet im Cult Δ. Βάκχος, für den die Zeugnisse bei Preller-Robert Griech. Mythol. I⁴ 665, 1 gesammelt sind, wo aber statt Magnesia am Maeander Tralles zu lesen ist. Der Cult des thrakischen D. hatte mit den altgriechischen keine Ähnlichkeit, sondern war vielmehr den orgiastischen Culten Kleinasiens verwandt, vor allem dem phrygischen der grossen Mutter, die auf verschiedenen Bergen unter verschiedenen Namen in ausgelassener, wilder Freude verehrt wurde, genau [1013] wie auch der thrakische D. unter verschiedenem Namen, aber immer mit gleicher stürmischer Begeisterung gefeiert wurde. Auf den Berghöhen Thrakiens in dunkler Nacht, die durch lodernde Fackelbrände erhellt und durch die Musik und den Jubel der Frommen belebt wird, wurde der wilde Gott von der ausgelassenen Schar seiner Diener mit Jubelgeschrei begrüsst. Vor allem waren es Weiber, die sich dieser nächtlichen, lauten Feier ganz hingaben. Ihr Treiben ist von E. Rohde Psyche II² 9ff. mit vortrefflicher, poetischer Gestaltungskraft geschildert worden. Berauschende Getränke erhöhten die Festeslust, wie denn die Trunksucht der Thraker eine den Alten wohlbekannte Thatsache war; vgl. z. B. Plat. Leg. I 637 E Σκύθαι δὲ καὶ Θρᾷκες ἀκράτῳ παντάπασι χρώμενοι, γυναῖκές τε καὶ αὐτοί, καὶ κατὰ τῶν ἱματίων καταχεόμενοι καλὸν καὶ εὔδαιμον ἐπιτήδευμα ἐπιτηδεύειν νενομίκασι. Auch eine Art Haschich scheint den religiösen Rausch befördert zu haben; Rohde Psyche II² 16f. Dagegen ist es unrichtig, den Gehalt des D.-Cults in der Verehrung des D. als des Weingottes κατ’ ἐξοχήν zu suchen. Gewiss ist D. in Griechenland später zum Weingott geworden und hat als Schützer der Weincultur eine hohe Bedeutung erhalten, die sich in vielen Sagen und Legenden deutlich ausspricht; aber in Thrakien diente der Wein im Verein mit anderen berauschenden Getränken und Früchten nur als Mittel zum Zweck, zur Erreichung des ἐνθουσιασμός, eines seligen Zustandes, in dem sich der Mensch den Göttern gleich fühlt. Der Mensch tritt aus seiner tagtäglichen Verfassung völlig heraus (ἐξίστασθαι, ἔκστασις); er wird ein anderer, und die ganze Welt erscheint ihm anders als am gewöhnlichen Tage. Die Bakchen der Euripides liefern für diesen dionysischen Rausch und Taumel eine Reihe von Zeugnissen, indem sie uns das Bild der in religiöse Raserei versetzten Weiber mit lebendigen Farben vor Augen stellen, und mit Recht sagt Platon Ion 534 A ὥσπερ οἱ κορυβαντιῶντες οὐκ ἔμφρονες ὄντες ὀρχοῦνται, οὕτω καὶ οἱ μελοποιοὶ οὐκ ἔμφρονες ὄντες τὰ καλὰ μέλη ταῦτα ποιοῦςιν, ἀλλ’ ἐπειδὰν ἐμβῶσιν εἰς τὴν ἁρμονίαν καὶ εἰς τὸν ῥυθμόν, βακχεύουσι καὶ κατεχόμενοι, ὥσπερ αἱ βάκχαι ἀρύτονται ἐκ τῶν ποταμῶν μέλι καὶ γάλα κατεχόμεναι, ἔμφρονες δὲ οὖσαι οὔ, καὶ τῶν μελοποιῶν ἡ ψυχὴ τοῦτο ἐργάζεται, ὅπερ αὐτοὶ λέγουσι.

Wir dürfen den thrakischen D. von keinem einseitigen Standpunkte aus betrachten. Er ist kein sog. Sondergott, auch nicht nur Vegetationsgott, wie man oft gesagt hat, sondern er zeigt von Anfang an das Wesen eines grossen Gottes, dem die ganze Natur, vor allem aber der Mensch, unterthan ist. Die Seele des Menschen wird von seiner Gottheit so stark ergriffen, dass er in dem Taumel der Begeisterung sich dem grossen Gotte gleich dünkt. E. Rohde hat aus diesem enthusiastischen Culte den Unsterblichkeitsglauben der Hellenen herleiten wollen, wie mir scheint, nicht mit durchschlagenden Gründen. Wohl steht es aus Herodot fest, dass die Thraker zuerst an die Unsterblichkeit der Seele geglaubt haben; aber vergeblich suche ich nach Zeugnissen, die den Zusammenhang des thrakischen D.-Cults mit dem Unsterblichkeitsglauben für die alte Zeit beweisen. Diesen zu erhärten ist auch Toepffer Att. Genealogie [1014] 34ff. nicht gelungen. Er weist nach dem Vorgang anderer daraufhin, dass die Übereinstimmung der alten Religionssage der Leibethrier vom Tode des Orpheus durch die Hand der thrakischen Frauen mit dem orphischen Dogma von der Zerreissung des Zagreus kein Zufall sei. Gewiss ist das schwerlich ein Zufall. Aber erwiesen ist noch niemals, dass Zagreus ursprünglich eine dem D. identische Gottheit gewesen ist; feststeht allein, dass die Orphiker, der synkretistischen Tendenz, ihrer Dichtung folgend, D. und Zagreus identificiert haben. Dass diese Identification bereits, auf thrakischem Boden erfolgte, ist aber bisher noch nicht bewiesen worden. Zagreus, den die Alkmaionis bereits kennt (v. Wilamowitz Homerische Untersuchungen 214, 13) ist ursprünglich ein Jagdgott, der grosse Jäger, wie das Etym. M. 406, 49 denn auch richtig sagt: παρὰ τὸ ζα, ἵν’ ᾖ ὁ πάνυ ἀγρεύων. Man muss bei ihm zunächst an Gestalten wie den attischen Heros Κύννης, die κυνηγέται des Asklepieion im Peiraieus und den thessalischen Heros des Herm. XXXVII 1902, 628 veröffentlichten Weihreliefs in Volo denken. Aus dem Jäger des Wildes ist dann ein Menschenjäger und Unterweltsgott geworden, so dass Zagreus viel eher dem Pluton, als dem D. zu vergleichen ist (Toepffer Attische Genealogie 34. Rohde Psyche II² 116, 1). Euripides, der in den Kretern Nauck TGF² 472 Zagreus mit D. identificiert, folgt hier wie öfter der orphischen Lehre, deren Einfluss auf dies euripideische Chorlied Bd. III S. 1016 wohl mit Unrecht geleugnet ist. Auch die Genealogie, die D. zum Sohne der Persephone macht, gehört nicht der lebendigen Sage, sondern der speculativen Dichtung an, die den Begriff des D. χθόνιος erst geschaffen hat (Rohde Psyche II² 116, 1). Für den ursprünglichen Zusammenhang des Unsterblichkeitsglaubens mit dem D.-Cult kann meines Erachtens auch die Heuzeysche Inschrift aus Thrakien CIL III 686 nichts beweisen, da sie aus einer Zeit stammt, in der der Glaube an das Fortleben der Seele nach dem Tode das Gemeingut aller ernsten Mysterien war. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir über den ältesten thrakischen Dienst des D. ausserordentlich wenig wissen. Wir wissen viel mehr über seine Cultformen als über das Wesen seiner Gottheit. Der orgiastische Cult der Thraker brachte ein neues Element in die hellenische Religion hinein, das diese erst energisch von sich wies, dann aber mit ganzer Macht aufnahm. Auch vom D.-Cult gilt das Wort Philipps von Opus Epinomis c. 10 p. 987 D. E: ὡς ὅτί περ ἂν Ἕλληνες βαρβάρων παραλάβωσι, κάλλιον τοῦτο εἰς τέλος ἀπεργάζονται.

Für ein Centrum des D.-Cults in Hellas ist Boiotien zu halten, in dem zuerst dieser thrakische Gottesdienst mit den Hellenen in enge Berührung kam. Denn in Thessalien hat er wenig Spuren hinterlassen. Was wir vom dortigen D.-Cult wissen, ist wenig. Sicher ist (von Späterem abgesehen) nur der Δ. πελάγιος bei Pagasai (E. Maass Herm. XXIII 1888, 70). Theben machte von allen Städten den meisten Anspruch darauf, die Geburtsstätte des D. zu sein. Hier war die Geburtssage aufs engste mit dem Kadmossagenkreise verknüpft. Denn als Mutter des D. galt Semele, eine alte [1015] phrygisch-thrakische Erdgöttin (Kretschmer Aus der Anomia 19ff.), die in der thebanischen Königssage als eine der bekannten Kadmostöchter fortlebte. Wir werden uns vorzustellen haben, dass eine enge Verbindung des D. mit der Erdgöttin Semele bereits in Thrakien bestand; aus diesem Götterpaar schuf die hellenische Sage dann die Erzählung von der Geburt des D. durch Semele. Nicht die sonst in der griechischen Religion so übliche Form des ἱερὸς γάμος diente zur cultlichen Verbindung der beiden Gottheiten, sondern das Verhältnis der Mutter zum Sohn wurde der Inhalt der thebanischen D.-Legende, weil das Wesen der alten thrakischen Erdgöttin das einer mütterlichen Naturgottheit war. Für die Bedeutung des thebanischen D.-Cults ist aber kaum etwas bezeichnender als der Zug der Sage, der Semele die Geliebte des höchsten Himmelsgottes Zeus wenden lässt, die den D. unter Donner und Blitz gebiert. Bereits Hesiod. Theogon. 940 weiss davon: Καδεμείη δ’ ἄρα οἱ Σεμέλη τέκε φαίδιμον υἱὸν μιχθεῖσ’ ἐν φιλότητι Διώνθσον πολυγηθέα, ἀθάνατον θνητή· νῦν δ’ ἀμφότεροι θεοί εἰσιν. Ausführlich behandelt war die Geburtssage des D. in Aischylos Tragoedie Σεμέλη ἢ Ὑδροφόρος (Nauck FTG² p. 73 nr. 221–224), deren Hypothesis wahrscheinlich bei Ps.-Apollod. bibl. III 26ff. und Hyg. fab. 179 erhalten ist. Nach Schol. Apoll. I 636 hatte Semele den Beinamen Thyone ἐπειδὴ Αἰσχύλος ἔγκυον αὐτὴν παρεισήγαγεν οὖσαν καὶ ἐνθεαζομένην, ὁμοίως δὲ καὶ τὰς ἐφαπτομένας τῆς γαστρὸς αὐτῆς ἐνθεαζομένας; Vgl. auch den delphischen Paian des Philodamos Bull. hell. XIX (1895), 400 (I 5): ὂν Θήβαις πότ’ ἐν εὐίαις Ζηνὶ γείνατο καλλίπαις Θυώνα. πάντες δ’ [ἀστέρες ἀγχ]όρεθσαν, πάντες δὲ βροτοὶ χ[άρησαν σαῖς, Β]άχχιε, γένναις (s. dazu H. Diels S.-Ber. Akad. Berl. 1896, 457). Nach dem Apolloniosscholion war also der Mutter des D., schon bevor sie den grossen Gott der Begeisterung gebar, die Gabe der Prophetie verliehen. Wie in vielen Sagen spielt auch hier die Eifersucht der Hera eine Rolle, durch die Semele verleitet wird, Zeus zu bitten, dass er ihr in derselben Gestalt nahe, wie den Göttinnen, d. h. mit Donner und Blitz, was die schon schwangere Kadmostochter nicht aushalten kann, so dass sie durch den Blitz getötet wird und Zeus ihre unreife Leibesfrucht in seinen Schenkel einnähen muss, aus dem dann gleichsam zum zweitenmale D. geboren wird. Vgl. den Prolog von Eurip. Bakchen: ἥκω Διὸς παῖς τήνδε Θηβαίων χθόνα Διόνυσος, ὃν τίκτει πόθ’ ἡ Κάδμου κόρη Σεμέλη, λοχευθεῖσ’ ἀστραπηφόρῳ πυρί· ,πτγὴω δ’ ἀμείψας ἐκ θεοῦ βροτησίαν πάρειμι Δίρκης νάματ’ Ἰσμηνοῦ θ’ ὕδωρ. D. erhält daher bei Dichtern die Beinamen διμήτωρ, δισσότοκος, μηροῤῥαφής, πυριγενής (so offenbar nach Dichtern bei Diod. IV 5. Strab. XIII 628), πυρίσπορος, πυρίπαις u. a. Aus Mnaseas von Patrai ist uns im Schol. zu Eurip. Phoiniss. 649 K. (Βρόμιον ἔνθα τέκετο μάτηρ Διὸς γάμοισι, κισσὸς ὃν περιστεφὴς ἑλικτὸς εὐθὺς ἔτι βρέφος χλοηφόροισιν ἔρνεσιν κατασκίοισιν ὀλβίσας ἐνώτισεν Βάκχιον χόρευμα παρθένοιςι Θηβαίαισι καὶ γυναιξὶν εὐΐοις) die thebanische Cultlegende erhalten, nach der der ganze Königspalast des Kadmos durch den Blitz des Zeus zerstört worden sei; Epheu habe sich aber plötzlich an den Säulen emporgerankt [1016] und habe das Kind bedeckt, so dass es vom Feuer verschont worden sei. Daher habe D. auch bei den Thebanern den Beinamen περικιόνιος erhalten (vgl. Orph. hymn. XLVII). Ein ähnlicher Beiname des D. Κισσός begegnet in Acharnai (Paus. I 31, 6). Natürlich ist die thebanische Cultlegende von dem Beinamen περικιόνιος ausgegangen, der ursprünglich aber offenbar ganz anders zu verstehen ist, als der Bericht des Mnaseas will. Denn mit dem D. περικιόνιος ist sicherlich der bei Paus. IX 12, 4 erwähnte säulenartige Fetisch des D. Kadmos identisch, den nach Eurip. Antiope Nauck FTG² p. 421 frg. 203 ein βουκόλος mit Epheu schmückt. Wohl nicht ohne Grund ist das Bild einer kleinen auf der Insel Rhodos gefundenen Lekythos attischer Fabrik auf den D. περικιόνιος von O. Kern Arch. Jahrb. XI 1896, 115 gedeutet worden; in der Mitte steht eine Säule, von der zwei grosse, bärtige Masken herabhängen. Von beiden Seiten nahen sich je zwei Frauen, die in den Händen Epheuranken halten, um die vor ihnen stehende Säule zu bekränzen. Der στῦλος εὐΐου θεοῦ wird also von Frauen bekränzt; er ist auf dem Vasenbilde mit zwei D.-Masken geschmückt, also ein veritabler D. περικιόνιος. Dieser epheugeschmückte Fetisch gab dann später den Anlass zu der Legende von dem die Säule umrankenden Epheu, der das D.-Kind vor den Flammen seines Vaters Zeus schützt. Diese Geburtssage des D. ist von der Poesie sowohl wie von der bildenden Kunst oft verherrlicht worden, so z. B. von Sophokles in dem herrlichen Chorliede der Antigone v. 1115ff., von Euripides Bakchen 88ff. u. s. w. (Preller-Robert Griech. Mythol. I⁴ 662, 2). Über die bildende Kunst vgl. namentlich das Hallische Winckelmanns-progr. von H. Heydemann Dionysos Geburt und Kindheit, 1885. Aber die thebanische Sage wusste nicht nur von der Geburt des Gottes zu erzählen, sondern sie gerade berichtete auch von einem Mitgliede des thebanischen Königshauses, das von den Offenbarungen der neuen Gottheit nichts wissen wollte und in wildem Ungestüm seine Dienerinnen verfolgte. Dieser wilde Mensch hiess Pentheus, der Mann der Trauer, und entspricht ganz der thrakischen Sagenfigur des Lykurgos. Als König von Theben war er Sohn des Sparten Echion und der Kadmostochter Agaue (Eurip. Bakch. 539ff. οἵαν οἵαν ὀργὰν ἀναφαίνει χθόνιον γένος ἐκφύς τε δράκοντός ποτε Πενθεύς, ὃν Ἐχίων ἐφύτευσε χθόνιος, ἀγριωπὸν τέρας, οὐ φῶτα βρότειον. φόνιον δ’ ὥσπερ γίγαντ’ ἀντίπαλον θεοῖς). Von den attischen Tragikern haben sowohl Aischylos wie Euripides diesen Stoff behandelt. Die Bakchen des letzteren sind besonders wichtig, da sie uns farbenprächtige Schilderungen von den bakchantischen Festen auf dem Kithairon geben. Vgl. für den Stoff der euripideischen Bakchen die Einleitung von Ew. Bruhn zu seiner Ausgabe dieses Dramas (Berlin 1891).

Ein anderer Mittelpunkt des boiotischen D.-Cults ist Orchomenos. Auch hier wurde vor allem von dem Widerstand der Menschen gegen den neuen Gott erzählt. Den nächtlichen Feiern auf dem Kithairon entsprechen die Agrionien auf dem Laphystion, von welchem Gebirge her D. auch den Beinamen Λαφύστιος führte. In der Cultlegende entsprechen die drei Minyastöchter den [1017] thebanischen Kadmostöchtern. Leukippe, Arsinoe und Alkathoe weisen den neuen Gottesdienst trotz aller Wunder von sich und werden deshalb mit Wahnsinn bestraft, der sie sogar zur Schlachtung des Sohnes der Leukippe treibt; vgl. o. Bd. I S. 895 u. d. W. Agrionia und dazu Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 690. Bei dem nächtlichen Feste der Agrionia, das übrigens auch in Theben (IGS I 2447 und zwar in Verbindung mit musischen Agonen, vgl. auch Hesych. s. Ἀγριάνια) gefeiert wurde, verfolgte der Priester des D. nach altem Brauch die Frauen mit gezücktem Schwerte und durfte sie töten, wenn er ihrer habhaft wurde (so berichtet der über boiotische Culte vortrefflich orientierte Plut. quaest. graec. 38). Die Frauen hiessen in diesem Cult Αἰολεῖται, die Männer Ψολόεις. Dieser Brauch, der noch zu Plutarchs Zeit unter dem Priester Zoilos stattfand, ersetzt offenbar ein altes Menschenopfer. Daneben zeigte aber ein anderer auch durch Plutarch für die laphystischen Agrionien bezeugter Cultbrauch die lichte Seite des D.-Cults, indem er auf der Sage beruhte, dass D. zu den Musen entschwunden sei (Plut. quaest. sympos. VIII prooem.). Über die Verbindung des D. mit den Musen, die ursprünglich Quellnymphen sind, vgl. Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 488 und seinen Beinamen μουσαγέτης bei den Naxiern. Der Monat Agrionios ist in Boiotien bisher für Chaironeia, Lebadeia und Oropos nachgewiesen (s. o. Bd. I S. 896); auch der Monat Ἀγριάνιος gehört hierher; vgl. o. Bd. I S. 892.

Die Stellungnahme der hellenischen Welt zu dem thrakischen D. zeigt sich am besten in Delphi. Denn dort ist in den apollinischen Cult, der den älteren Cult der Erdgöttin abgelöst hatte, durch den Cult des D. ein neues Element hineingetragen worden, und zwar gerade das, welches dem delphischen Orakel seine einzige Bedeutung im Geistesleben der Hellenen verliehen hat (E. Rohde Psyche II² 59). Das alte Losorakel wurde durch die Inspirationsmantik abgelöst, die ihren Ursprung in dem enthusiastischen Gottesdienste des thrakischen D. hat. Zu der in Delphi weissagenden Pythia giebt es keine bessere Parallele als jene Prophetin aus dem Stamme der Βησσοί, von der Herod. VII 111 erzählt. Schon im Altertum hat man das Verhältnis der beiden grossen Götter in Delphi zu einander umkehren wollen, wie z. B. der Schol. Pind. argum. Pyth. p. 297 Boeckh D. als den ersten Orakelgott Delphis bezeichnet. Aber namentlich nach den Untersuchungen von Rohde kann kein Zweifel mehr daran obwalten, dass der D.-Cult zu dem älteren apollinischen erst hinzugetreten ist. Wenn wir dann das innige Verhältnis der beiden Götter zu einander in Delphi beobachten, das sich nirgends mehr ausspricht als in den beiden Thatsachen, dass das delphische Jahr zwischen Apollon und D. geteilt war und dass der Schmuck des hinteren Giebels des delphischen Apollontempels den D. der ekstatischen Mainadenfeste auf dem Parnass im Bilde zeigte, so erkennen wir darin die schlaue Politik der delphischen Priester, die dem neuen Gotte noch nie dagewesene Zugeständnisse machten, weil sie wussten, dass von ihm der apollinischen Mantik die höchste Gefahr drohte. Dadurch, dass sie die neue ungriechische Weise der Mantik aufnehmen [1118] konnten, haben sie einen schnellen Verfall des delphischen Orakels verhindert. Durch die Einführung der dionysischen Mantik hat es Delphi erreicht, dass ihm kein anderes dionysisches Orakel den Rang je streitig machte. Wir kennen überhaupt nur noch ein einziges D.-Heiligtum in Griechenland, das mit einem Orakel verbunden war. Dieses lag zu Amphikleia in Phokis (Paus. X 33, 11) und wird sich neben Delphi wohl deshalb gehalten haben, weil seine Specialität die Heilung von Kranken durch Traumdeutung war. Die Priesterschaft von Delphi hat dann in der Folgezeit auch am allereifrigsten die Einführung des D.-Cultus in Landschaften betrieben, die noch ganz frei von ihm waren. Sie hat den Dank für den neuen Glanz, den ihr der thrakische D. gebracht hat, nicht in besserer Weise abstatten können. Namentlich in Attika sind die delphischen Anregungen erfolgreich gewesen (siehe darüber unten und F. Hiller v. Gaertringen Festschrift für Otto Benndorf 227). Aber auch nach der Peloponnes reicht der delphische Einfluss. So hatten die Priester des D. Κολωνάτας in Sparta für die Veranstaltung eines Agon (δρόμου ἀγών) durch die elf Dionysiaden Weisungen aus Delphi erhalten (Paus. III 13, 7). Im arkadischen Alea feierte man das Fest Σκιέρεια zu Ehren des D., an dem nach einem μάντευμα ἐκ Δελφῶν Frauen gepeitscht wurden καθὰ καὶ οἱ Σπαρτιατῶν ἔφηβοι παρὰ τῇ Ὀρθίᾳ (Paus. VIII 23, 1). Diese Geisselung der Frauen erinnert an die Tötung der Αἰολεῖαι am Fest der boiotischen Agrionien und wie diese an altes Menschenopfer. Auch der Cult des Δ. Φαλλήν in Methymna auf Lesbos sollte nach Paus. X 19, 3 auf Geheiss der Pythia eingesetzt sein. Auch nach Kleinasien hinüber reicht noch in späterer Zeit der Einfluss des delphischen Orakels für die Förderung des D.-Cults. Vgl. darüber O. Kern Inschriften von Magnesia am Maeander nr. 215. Der D.-Cult besteht vor allem aus Bergfeiern, in denen sich das wilde Wesen seiner Diener und Dienerinnen austoben kann. Wie in Boiotien Kithairon und Laphystion die Mittelpunkte des dionysischen Gottesdienstes sind, so ist nicht nur für Phokis, sondern überhaupt für den ganzen delphischen Culturkreis der Parnass sein Centrum. Selbst attische Frauen zogen alljährlich nach Delphi, um an der D.-Feier auf den Höhen des Parnassos teilzunehmen (Paus. X 4, 3). Diese Frauen gehörten zu dem Collegium der Thyiaden, die ein Jahr um das andere die Geburt des D. auf dem Gipfel des Parnassos feierten. D. hatte bei dieser Bergfeier den Namen λικνίτης weil man ihn sich neugeboren, in seiner Wiege liegend vorstellte, und τριετηρικός, weil er nach dem dortigen ἱερὸς λόγος alle drei Jahre wiedergeboren wurde. Zwei späte Cultlieder auf diesen trieterischen D. sind uns noch in der Sammlung der orphischen Hymnen nr. LII. LIII erhalten: LII 3: λικνῖτα, 8: βακχεύων ἁγίας τριετηρίδας ἀμφὶ τιθήνας. LIII: Ἀμφιετῆ καλέω Βάκχον,χθόνιον Διόνυσον, ἐγρόμενον κούραις ἅμα νύμφαις εὐπλοκάμοισιν, ὃς παρὰ Φερσεφόνης ἱεργῖςι δόμοισιν ἰαύων κοιμίζει τριετῆρα χρόνον, βακχήϊον, ἁγνόν. αὐτὸς δ’ ἡνίκα τὸν τριετῆ πάλι κῶμον ἐγείρῃς u. s. w. Vgl. dazu Ed. Lübbert Commentatio de Pindaro theologiae Orphicae censore, [1019] Bonner Universitätsprogr. Winter 1888/89 p. XII und L. Weniger Über das Collegium der Thyiaden von Delphi, Eisenacher Gymnasialprogramm 1876 und namentlich o. Bd. IV S. 2530. Die Feier begann im Monat Δᾳδοφόριος (November oder December), der seinen Namen von dem Fackelschein hatte, der bei der Bergfeier den Gipfel des Parnassos erleuchtete. Die Feier selbst hatte den Namen Δᾳδοφόρια nach der Labyadeninschrift Dittenberger Syll.² 438, vgl. adn. 56. Plut. de Isid. et Osirid. c. 35. Sie ist oft von den Dichtern verherrlicht worden, z. B. Sophokl. An-tigon. 1140ff. Burip. Iphig. Taur. 1243ff. Ausser dem Δᾳδοφόριος waren dem D. in Delphi noch die beiden folgenden Monate, der Ποιτρόπιος und Ἀμάλιος, heilig. Denn im Ἀμάλιος wurde alle zwei Jahre, entsprechend dem Geburtsfest im Δᾳδοφόριος, der Tod des D. gefeiert. Schon zur Zeit, wann die Fackelbrände der Thyiaden zu Ehren des Liknites auf den Höhen des Parnassos leuchteten, fand eine Geheimfeier der Hosioi am Grabe des D. statt, der im Heiligtum des Apollon begraben sein sollte, Plut. de Isid. et Osirid. c. 35 Δελφοὶ τὰ τοῦ Διονύσου λείψανα παρ’ αὐτοῖς παρὰ τὸ χρηστήριον ἀποκεῖσθαι νομίζουσι· καὶ θύουσιν οἳ Ὅσιοι θυσίαν ἀπόῤῥητον ἐν τῷ ἱερῷ τοῦ Ἀπόλλωνος, ὅταν αἱ Θυιάδες ἐγείρωσι τὸν Λικνίτην. Das Grab des D. befand sich nach Philochoros frg. 22 (FHG I 387) neben dem goldenen Bilde des Apollon und trug die Inschrift: Ἐνθάδε κεῖται θανὼν Διόνυσος ὁ ἐκ Σεμέλης. Die Stellen über das Grab des D. in Delphi sind von Lobeck Aglaopham. I 573 gesammelt; darunter ist die interessanteste Tatian adv. Graec. p. 9, 16 Schw., nach der auch der Omphalos als Grab des D. gegolten hat. Für D. in Delphi vgl. vor allem den delphischen Hymnos des Philodamos Bull. hell. XIX 1895, 393ff. mit den Bemerkungen von H. Diels S. Ber. Akad. Berl. 1896, 457ff. Wenn D. in der delphischen Cultsage als ein gestorbener Gott aufgefasst wird, der alle zwei Jahre von den Thyiaden erst wieder zum Leben erweckt werden muss, so giebt er sich hier deutlich als Vegetationsgott zu erkennen. Aber auch hier ist er noch in keiner Weise nur der Gott des Weines.

Der Gott des berauschenden Weines und der durch ihn hervorgerufenen Lustbarkeit ist D. namentlich in Attika geworden. Man fragt nach dem Grunde und muss bei der Beantwortung dieser Frage zunächst festzustellen suchen, woher der D.-Cult nach Attika gekommen ist. Ein vielgenannter Punkt für den attischen D.-Cult ist Eleutherai, woher D. in Athen den Beinamen Ἐλευθερεύς führte. Den eleutherischen Cult sollte nach Paus. I 2, 5 Pegasos in Athen eingeführt haben, den das delphische Orakel unterstützt hätte, indem es an den Einzug des Gottes bei Ikarios erinnerte. Wenn der ,Quellenmann‘ (Quelle in Eleutherai Paus. I 38. 8) der Einführer des D.-Cults in Athen ist, denkt man unwillkürlich an die Beziehung des D. zu den Musen (s. o. S. 1017), zu denen er namentlich in Boiotien in ein cultliches Verhältnis getreten war. Der eleutherische D. ist auch sicher der boiotische; denn Eleutherai hatte einst zu Boiotien gehört (Paus. I 38, 8). Aus Eleutherai sollte nach Paus. a. a. O. τὸ ξόανον τὸ ἀρχαῖον nach Athen gebracht sein, [1020] und das zu Pausanias’ Zeit in Eleutherai befindliche galt als eine Copie des alten. Für Attika ist nun aber nicht dieser eleutherische Cult des D. der wichtigste gewesen, sondern vielmehr der von Ikaria, und hier zuerst tritt D. als wirklicher Weingott auf. In dem Cult von Ikaria spielt die Einführung des Weinbaus in Attika die Hauptrolle. Der Vegetationsgott der Delpher hat die Kraft seiner Segnungen auf den Wein concentriert und wird als Weingott in directe Parallele mit Demeter gesetzt, der auch in Attika namentlich das Gebiet des Getreidebaus gehört. Dem ikarischen Gotte entspricht in der Demeterreligion der junge Gott Triptolemos, den die Kunst des 6. und 5. Jhdts. gern darstellt, wie er, auf einem einfachen Gefährt sitzend, von Demeter und Kore Abschied nimmt, um die Ähre, die Gabe seiner göttlichen Mutter, allen Völkern des Erdkreises zu bringen. Der Gau Ikaria liegt in einer der fruchtbarsten Gegenden Attikas am Nordfuss des Pentelikon und bewahrt in seinem heutigen Namen Dionyso noch das Andenken an den mächtigen Gott, der in erster Stelle von hier aus dem attischen Lande seinen Segen gebracht hat. Die amerikanische archaeologische Schule zu Athen hat hier ertragreiche Ausgrabungen veranstaltet (Papers of the Americain School at Athens IV 421. V 43–155), über die der Artikel Ikaria zu vergleichen ist. Die Legende, die sich litterarisch aber nicht vor Eratosthenes nachweisen lässt (vgl. E. Maass Analecta Eratosthenica, Philolog. Untersuch. VI 1883), berichtete von dem Bauern Ikarios (oder Ikaros), der den D. freundlich bei sich aufgenommen und deshalb als Gastgeschenk den Weinstock erhalten habe. Die alexandrinische Dichtung erzählte dann weiter von den trunkenen Bauern, die den Ikaros erschlagen, und von dessen Tochter Erigone (auch Ἀλῆτις genannt, s. Bd. I S. 1043 unter d. W. Aiora), die den Vater lange umherirrend sucht, endlich mit Hülfe des treuen Hundes Maira sein Grab findet und sich schliesslich in dessen Nähe aus Verzweiflung an einem Baume erhängt. Der Erigone zu Ehren wurde das Fest der Aiora gestiftet, in dessen Cultbräuchen die ganze Erigonesage ihre Wurzel hat und zu dessen Erklärung sie erfunden ist. Das Fest der Αἰώρα oder Αἰῶραι war ein dionysisches Fest, an dem Puppen geschaukelt und das Lied ἀλῆτις gesungen wurde; vgl. dazu O. Jahn Archaeolog. Beitr. 324, 66. Auch der Brauch des Schlauchhüpfens, der ἀσκωλιασμός, wurde in der Legende, wahrscheinlich wieder zuerst durch Eratosthenes mit Ikarios in Verbindung gesetzt (s. Bd. II S. 1699). Man geht wohl sicher fehl, wenn man, wie es Gruppe Griech. Mythologie und Religionsgesch. I 1897, 47 gethan hat, den ikarischen Cult mit dem boiotischen in Verbindung bringt. Der ikarische Cult ist vielmehr auf dem Seeweg nach Attika gekommen. Dafür ist namentlich das von F. Dümmler Rh. Mus. N. F. XLIII 1888, 355ff. = Kl. Schriften III 26 trefflich behandelte Bologneser Vasenbild beweisend, auf dem D. im Schiffskarren stehend als Teil einer feierlichen D.-Procession dargestellt ist. Andere bildliche Darstellungen, die auf dieselbe Anschauung, dass D. über das Wasser nach Attika gekommen sei, zurückgehen, hat Dümmler a. a. O. 28 zusammengestellt. Vgl. dazu auch [1021] H. Usener Die Sintflutsagen, Bonn 1899, 115ff., der auch an die Triere am Anthesterienfest in Smyrna erinnert hat, von der Philostrat in der vita Polemonis Vit. Soph. I 25 erzählt: πέμπεται γάρ τις μηνὶ Ἀνθεστηριῶνι μεταρσία τριήρης ἐς ἀγοράν, ἣν ὁ τοῦ Διονύσου ἱερεὺς οἷον κυβερνήτης εὐθύνει πείσματα ἐκ θαλάττης λύουσαν, andere Stellen und Hinweis auf die wichtigen smyrnaeischen Münzen noch bei Usener a. a. O. 116, 2 Ob Usener recht hat, diese Vorstellung von der Epiphanie des D. als allgemein ionische zu bezeichnen, scheint mir zweifelhaft zu sein. Jedenfalls gehört sie trotz Useners scharfem Urteil über Maass Aufsatz Herm. XXIII 1888, 70 in den von diesem zuerst aufgezeigten grossen Zusammenhang. Auf den namentlich durch die Dümmlersche Vase bezeugten Cultbrauch gehen auch die Verse des Komikers Hermippos bei Athen. I 27 E: ἔσπετε νῦν μοι Μοῦσαι Ὀλύμπια δώματ’ ἔχουσαι, ἐξ οὗ ναυκλήρεῖ Διόνυσος ἐπ’ οἴνοπα πόντον, ὅσσ’ ἀγάθ’ ἀνθρώποις δεῦρ’ ἤγαγε νηὶ μελαίνῃ . Usener hat a. a. O. 120 den dionysischen Schiffskarren (carrus navalis) bis zu den Fastnachtszügen der Gegenwart verfolgt und von ihm das italienische Wort carnevale abgeleitet. Schwerlich darf man hierbei an Naxos (Naxos als Ziel der Fahrt, Ps.-Apollod. Bibl. III 37 Wagn. und sonst; s. Usener a. a. O. 124) als den Ausgangspunkt der Fahrt denken, sondern muss vielmehr an den thessalischen D. πελάγιος und das Abenteuer mit den tyrrhenischen Seeräubern erinnern. Man wird den Weg, den der D.-Cult von Thrakien zur See genommen hat, nie genau feststellen können. Aber dass der Cult des D. zur See nach Ikaria gekommen ist, beweist schon die Lage dieses Heiligtums, von dem man den Euripos und dahinter die hohen Berge Euboias erblickt. Euboia kommt als Station des D. auf dem Wege nach Attika jedenfalls in Frage. Auf Euboia war das nysische Gefilde und mit ihm die Sage von der Erziehung des D. durch Aristaios (s. Bd. II S. 855) und die Nymphen localisiert; vgl. Sophokles Thyest. frg. 234 Nauck² ἔστι γάρ τις ἐναλία Εὐβοιὶς αἶα· τῇδε βάκχειος βότρυς ἐπ’ ἦμαρ ἕρπει. Preller-Robert I⁴ 676; s. auch Usener a a. O. 122.

Zu den berühmtesten Festen Athens gehören seine D.-Feste; sie haben den Griechen und der Welt die Tragoedie geschenkt. Nach Boeckhs berühmter Abhandlung Vom Unterschiede der Lenaien, Anthesterien und ländlichen Dionysien (Kl. Schriften V 65ff.) haben wir vier D.-Feste in Athen zu unterscheiden: die kleinen oder die ländlichen Dionysien, die im Posideon (December) gefeiert wurden, die Lenaien am 12. Gamelion (Januar), die Anthesterien am 11–13. Anthesterion (Februar) und die grossen oder städtischen Dionysien im Elaphebolion (März). O. Gilbert Die Festzeit der attischen Dionysien, Göttingen 1872, hat allerdings nachweisen wollen, dass Anthesterien und Lenaien identisch seien, hat damit aber fast nur bei W. Dörpfeld (Dörpfeld und Reisch Das griechische Theater, Athen 1896, 9f.), der seine zum Teil von Gilbert abweichenden Gründe aber noch nicht mitgeteilt hat, Glauben gefunden; vgl. dagegen die schlagenden Bemerkungen von C. Wachsmuth Neue Beiträge zur Topographie von Athen, Abh. sächs. Ges. d. Wiss. [1022] XVIII 1897, 38ff. und A. Koerte Rh. Mus. N. F. LII 1897, 168ff. Wir haben hier nur über die ländlichen und die städtischen Dionysien zu handeln, da für die Anthesterien (Bd. I S. 2371) und Lenaien, die in dem Stadtquartiere ἐν Λίμναις, dessen Lage immer noch nicht feststeht, gefeiert wurden, auf die besonderen Artikel zu verweisen ist. Die ländlichen Dionysien wurden an vielen Orten Attikas auf dem Lande gefeiert und hiessen Διονύσια τὰ κατ’ ἀγρούς (so z. B. Aischin. I 157 für den Demos Kollytos. Theophr. charact. 3), τὰ μικρά oder auch Θεοίνια (Harpocr. s. v.). Nur für den Demos Myrrhinus ist das genaue Datum, der 19. Posideon. überliefert (CIA II 578, 36). Der Inhalt dieses Festes bestand aus lauter Mummenschanz, wie er bei ländlichen Culten üblich ist. Ein Bild davon hat uns Aristophanes in den Acharnern entworfen. Diese wohl in allen attischen Demen gefeierten Feste waren früh mit scenischen Aufführungen verknüpft, die sich aus dem bäurischen Spiel allmählich heraus entwickelten. Das ikarische Fest mit seinem ἀσκωλιασμός gehört wohl sicher zu den Διονύσια κατ’ ἀγρούς. Besonders berühmt waren die penteterischen Διονύσια in Brauron, zu denen die Athener ihre 10 ἱεροποιοί schickten (Aristoph. Eirene 874ff. mit Schol. Aristot. πολ. Ἀθήν. c. 54 mit der adnot. von v. Wilamowitz und Kaibel). Vielleicht fanden an den brauronischen Dionysien rhapsodische Vorträge statt, die möglicherweise das Vorbild für die Rhapsodenvorträge an den grossen Panathenaien gegeben haben (Hesych. s. Βραυρωνίοις.). Das litterarische Material über die ländlichen Dionysien ist gesammelt bei A. Mommsen Feste der Stadt Athen, 1898, 349ff.; vgl. aber dazu C. Robert Gött. Gel. Anz. 1899, 542. Wichtiger als die ländlichen Dionysien sind die im Gegensatz zu ihnen genannten μεγάλα oder τὰ ἐν ἄστει, welche auch ) ihrer grösseren Bedeutung gemäss einfach τὰ Διονύσια genannt wurden. Dies Fest galt dem D. Ἐλευθερεύς und wurde vom 9.–13. Elaphebolion gefeiert. Sein Bezirk lag am Südabhang der Akropolis (Paus. I 20, 3), wohin das alte ξόανον des D. aus Eleutherai gebracht worden war (Paus. I 38, 8). Das Temenos des D. mit einem älteren zur Zeit des Peisistratos, unter dem höchst wahrscheinlich die Überführung des eleutherischen Cultbildes stattgefunden hat, erbauten und einem jüngeren gegen Ende des 5.Jhdts. errichteten Tempel ist am Anfang der sechziger Jahre des vorigen Jhdts. von der griechischen archaeologischen Gesellschaft ausgegraben und später von W. Doerpfeld genau untersucht worden, dessen Ergebnisse in seinem und E. Reischs epochemachenden Buche S. 10ff. veröffentlicht sind (Taf. I. II). In diesem Bezirk, in dem damals nur der alte Tempel vorhanden war, hat Thespis im J. 534 seine erste Tragoedie aufgeführt. Über den neueren Tempel, für den nach Paus. I 20, 3 Alkamenes das Cultbild aus Goldelfenbein verfertigt haben soll, vgl. E. Reisch Eranos Vindobonensis 1893, 1ff. Ehe das Theater unmittelbar nördlich von diesem Temenos errichtet wurde, sind die Chortänze an den D.-Festen wohl in dem umfangreichen Bezirke selber aufgeführt worden, bis ein besonderer Tanzplatz hart am Burgfelsen geschaffen wurde, auf dem dann die ersten Tragoedien gespielt wurden, [1023] und aus dem sich die Orchestra des Theaters entwickelt hat. Über die Entstehung der Tragoedie und des Theaters ist auf die betreffenden Artikel zu verweisen. Tief einschneidend sind für diese Frage neben den Entdeckungen W. Doerpfelds (dazu O. Puchstein Die griechische Bühne, Berlin 1901 mit der Recens. von C. Robert Gött. Gel. Anz. 1902, 413ff.) die Untersuchungen von U. v. Wilamowitz Aus Kydathen 164; Herm. XXI 1886, 597ff.; Herakles I¹, Berlin 1889, 43ff. und E. Bethe Prolegomena zur Geschichte des Theaters im Altertum, Leipzig 1896; vgl. auch E. Reisch Festschr. f. Th. Gomperz 1902, 451ff. Waren die Διονύσια τὰ ἐν ἄστει auch eine Schöpfung des Peisistratos (v. Wilamowitz Aus Kydathen 133. Robert a. a. O. 542), so hat doch auch das demokratische Athen nächst den Panathenaien und Eleusinien kein Fest so gefördert wie die grossen Dionysien. Vgl. auch hier als Materialsammlung A. Mommsen Feste der Stadt Athen 428ff. mit der Recens. von C. Robert. Die Leitung des Festes lag in den Händen des Archon eponymos (Aristot. πολ. Ἀθην. c. 56 mit den Testimonia der Ausgabe von Kaibel und v. Wilamowitz p. 63, 1). Der Vorabend des grossen Festes, der 8. Elaphebolion, galt den Vorbereitungen (παρασκευή), die in zwei Acte zerfielen. Es fand zunächst ein Proagon statt, bei dem sich Dichter, Schauspieler und Chor dem im Odeion versammelten Volke vorstellen mussten (Aischin. III 67 mit Schol. Schol. Arist. Wesp. 1109. Ed. Hiller Herm. VII 1872, 402ff. E. Rohde Rh. Mus. N. F. XXXVIII 1883, 251ff. = Kleine Schrift. II 381ff. C. Robert Gött. Gel. Anz. 1899, 542). An demselben Tage fand später, nach der Einführung des Asklepiosdienstes, also nach 420, eine πομπή zu Ehren des epidaurischen Gottes statt, die A. Mommsen a. a. O. 434 (vgl. Robert a. a. O.) zu falschen Schlüssen verleitet hat; s. auch Preller-Robert. Griech. Mythol. I⁴ 674, 1, Der zweite, die Dionysia einleitende Act fand am Abend des 8. Elaphebolions statt; das Bild des D. Eleuthereus, das vorher in einen kleinen am Weg zur Akademie gelegenen Tempel gebracht war, wurde in grosser Procession mit Fackelschein durch die Stadt nach jenem alten Heiligtum am Südabhange der Burg gebracht. Paus. I 29, 2, als er den Weg zur Akademie beschreibt: ναὸς οὐ μέγας ἐστίν, ἐς ὃν τοῦ Διονύσου τοῦ Ἐλευθερέως τὸ ἄγαλμα ἀνὰ πᾶν ἔτος κομίζουσιν έν τεταγμέναις ἡμέραις, andere Zeugnisse bei Preller-Robert a. a. O. I⁴ 674, 2 und A. Mommsen a. a. O. 436. Es entspricht diese πομπή genau der grossen Procession mit dem Iakchosbilde nach Eleusis am 19. Boedromion. In beiden Fällen sind es die Epheben, deren Hut das ehrwürdige Bild an diesem Tage anvertraut wird. Wenn die Iakchosprocession nach Eleusis Zeugnis dafür war, dass dieser Gott immer ein Fremder in Eleusis geblieben ist und als solcher auch empfunden wurde (vgl. O. Kern Athen. Mitt. XVII 1892, 141 und Bd. IV S. 2737), so diente die Überführung des Cultbildes nach dem kleinen Heiligtum am Weg zur Akademie und die πομπή mit ihm zum Temenos an der Burg lediglich dazu, den Athenern alljährlich ins Gedächtnis zurückzurufen, dass dieser D. aus Eleutherai stammte; der Weg zur Akademie [1024] lag in der Richtung nach Eleutherai. Der erste wirkliche Festtag war dann der 9. Elephaholion, an dem die Wettkämpfe der kyklischen Chöre stattfanden und der Dithyrambus gesungen wurde. Ein Bruchstück eines solchen von Pindar für Athen gedichteten Dithyrambos ist uns erhalten O. Schroeder Pindari carmina frg. 75 (p. 411) v. 10ff.: Βρόμιον ὅν τ’ Ἐριβόαν τε βροτοὶ καλεομεν, γόνον ὑπάτων μὲν πατέρων μελπεμεν γυναικῶν τε Καδμεϊᾶν [ἔμολον getilgt von Schroeder]. ἐναργέα δ’ ἐμὲ σάματ’ οὐ λανθάνει, φοινικοεάνων ὁπότ’ οἰχθέντος Ὡρᾶν θαλάμου εὔοδμον ἐπάγῃσιν ἔαρ φυτὰ νεκτάρεα. τότε βάλλεται, τότ’ ἐπ’ ἀμβρόταν χθόν’ ἐραταὶ ἴων φόβαι, ῥόδα τε κόμαισι μίγνυται, ἀχεῖ τ’ ὀμφαὶ μελέων σὺν αὐλοῖς, ἀχεῖ τε Σεμέλαν ἑλικάμπυκα χοροί. Später erhielt D. selbst den Beinamen Δίθυραμβος (s. u. S. 1028). Auf den Dithyrambos scheint ein Opfer (CIA II 741) gefolgt zu sein und dann eine dionysische πομπή mit allerlei Lustbarkeit; vgl. dazu das Gesetz des Euegoros bei Demosth. XXI 10 τοῖς ἐν ἄστει Διονυσίοις ἡ πομπὴ καὶ οἱ παῖδες ⟨καὶ οἱ ἄνδρες Bergk⟩ ) καὶ ὁ κῶμος καί οἱ κωμῳδοὶ καὶ οἱ τραγῳδοί, wozu Roberts Bemerkungen a. a. O. 543 gegen A. Mommsen a. a. O. 441, 2 zu vergleichen sind. Mehrere Vasenbilder illustrieren uns die an den grossen Dionysien aufgeführten κῶμοι, das bakchische Schwärmen durch die Strassen der Stadt und das ausschweifende Weingelage, z. B. die im D.-Theater gefundene Oinochoe des Xenokles und Kleisophos (Athen. Mitt. XIV 1889 Taf. XIII. XIV). Die Hauptbedeutung des dionysischen Festes lag aber in den folgenden vier Tagen: am 10. Elaphebolion wurden die Komoedien, am 11.—13. die Tragoedien aufgeführt. Das war der Glanzpunkt des Festes und sein durch die Aufführung der Tragoedien hervorgerufener Ruhm dauert ewig. Kaum eine grössere Ehre aber gab es, als wenn an einem dieser Tage einem verdienten Bürger im Theater eine Belohnung öffentlich zugesprochen wurde oder seine Bekränzung stattfand (A. Mommsen a. a. O. 447). Diese Tage wurden auch gewählt, um den Söhnen der im Kriege Gefallenen feierlich die ihnen vom Staate gewährte Panoplie zu überreichen (Aischin. III 154). Über den Schluss des Festes sind wir nicht unterrichtet; jedenfalls ist es am Abend des 13. Elaphebolion beendet. Denn am 14. kann bereits wieder Volksversammlung abgehalten werden (Thuc. IV 118); an diesem Tage fand das alte Fest der Pandia (Preller-Robert Gr. Myth. I⁴ 132) statt, das später wohl nicht nur durch den Glanz der Panathenaien, sondern vor allem durch den der so kurz ihm vorhergehenden Dionysien in den Hintergrund gedrängt wurde (v. Wilamowitz Aus Kydathen 133). Über die Dionysien des Peiraieus vgl. A. Koerte Rh. Mus. LVII 1902, 625ff.

Bevor D. auf dem Seeweg seinen Einzug in Ikaria und damit seinen Siegeszug in Attika genommen hatte, ist sein Cult schon auf den Inseln und auch in Kleinasien wirksam gewesen. Namentlich die Ionier auf den Inseln sowohl wie auf dem kleinasiatischen Festlande nahmen den fremden Gott freudig auf. Hier ist vor allem Naxos zu nennen, der an dionysischem Ruhm keine andere Insel je gleichgekommen ist. Kein Eiland ist für D.-Cult auch geeigneter als diese durch ihre Fruchtbarkeit alle anderen übertreffende Insel. [1025] Alle Sagen des D. kehren hier wieder, seine Geburtslegende (Diod. III 66; s. u. S. 1035), die Erzählung von seinem Aufenthalt in Nysa (s. u. S. 1035f.) und, wie man in Athen von dem Streit der Athena und des Poseidon um die Akropolis erzählte, so berichtete man in Naxos von dem Streit des Poseidon mit D. um die herrliche Insel (Plut. quaest. symp. IX 6). In Naxos führt er die Beinamen μειλίχιος und μουσαγέτης. Der alte Mythos von seiner Verbindung mit Ariadne, der hochheiligen Göttin, auf der mythischen Insel Dia wurde hieher verlegt und Naxos in späterer Zeit ganz von den Wundern der dionysischen Religion erfüllt. Ähnlich wie in Delphi ist nun das Verhältnis des D. zu Apollon auf Delos, die durch ihren Apolloncult längst geheiligt war, als der neue Zeussohn von Thrakien her das gefeierte Eiland betrat. Beide Religionen werden auch hier miteinander vereinigt, nur mit dem Unterschiede gegen Delphi, dass D. in Delos auch nicht annähernd die Bedeutung erhalten hat wie auf den Vorhöhen des Parnassos. Zeugnis dafür ist die Sage vom Seher Anios, dem Sohn des Apollon, und der Enkelin des D. Rhoio, deren Vatersname (Staphylos) sowohl wie der eigene (ῥοιά Granate) in den Kreis des Vegetationsgottes (s. Bd. I S. 2213) führen. An die Aniossage knüpft dann die Legende von seinen Töchtern, den Oinotropen, an, Oino, Spermo und Elais, die er mit der Nymphe Dorippe zeugt, und denen D. die Macht giebt, alles, was sie berühren, in Wein, Korn oder Öl zu verwandeln. Vgl. über diese aitiologische Sage o. Bd. I S. 2214 und den Artikel Oinotropoi. Wie auf Naxos war die Geburtslegende auch auf Ikaros localisiert, und zwar die Sage von seiner Schenkelgeburt am Vorgebirge Drakanon, das E. Maass (Herm. XXVI 178f.) freilich für das gleichnamige Vorgebirge auf der Insel Kos hält. Nächst Naxos zeichnete sich von den ionischen Inseln namentlich Chios durch grosse Fruchtbarkeit und herrlichen Weinbau aus, so dass man leicht versteht, wie hier die alte Sage von Oinopion, dem Sohn des D. und der Ariadne, und dem Riesen Orion entstehen konnte (s. die Art. Oinopion, Orion und Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 451). In Chios wurde auch der Meer-D. in der Gestalt des Δ. ἀκταῖος verehrt (s. u. S. 1027); auch einen Δ. ωμάδιος gab es dort (s. u. S. 1033).

Von den dorischen Inseln ist Thera hervorzuheben ; aber der Gott erscheint dort unter dem Namen Ἀνθιστήρ (IGIns. III 329), wie F. Hiller v. Gaertringen in der Festschrift für Otto Benndorf 224ff. sehr schön nachgewiesen hat, in ionischer Gestalt. Denn der Name des Ἀνθιστήρ, das Anthisterienfest und der Monat Anthisterion gehören in das ionische Machtgebiet des D., und wo auch immer diese Dinge erscheinen, muss ionischer Einfluss anerkannt werden, so z. B. auch bei den Ἀνθεστηριάδες auf Rhodos (v. Hiller a. a. O. 229). Auf Rhodos begegnen uns die dionysischen Monate Θευδαίσιος und ἀγριάνιος, daneben der Cult des D. Θυωνίδας (s. u. S. 1029); Preller-Robert Gr. Myth. I⁴ 679, 6. Vor allen dorischen Inseln war aber Kreta durch die alte Ariadnesage (Bd. II S. 806) und das Fest Θεοδαίσια ausgezeichnet, das vielleicht zur Erinnerung an den Hochzeitsschmaus des D. und der [1026] Ariadne gefeiert wurde (Preller-Robert Gr. Myth. I⁴ 680).

Auch die Aiolis hatte nicht unbedeutenden-D.-Cult. Aus Lesbos sind die Culte des D. Βρησαγενής und Φαλλήν bezeugt; er führte dem aiolischen Dialect entsprechend den Namen Ζόννυσος (s. o. S. 1011). Auch Θεοδαίσια sind, wie an andern Orten, so für Lesbos bezeugt. Bull. hell. IV 1880, 424ff. Auf Tenedos Δ. ἀνθρωποΡῥαίστης unten S. 1027.

Wir wissen heute namentlich durch die Forschungen A. Koertes, dass der phrygische Volksstamm aus Thrakien nach Kleinasien gekommen ist, und können also vermuten, dass auch in Phrygien bedeutende Spuren des D.-Cults zu finden sind. Diese Spuren sind am deutlichsten in der Gestalt des Gottes Σαβάζιος. Wenn aber trotzdem der orgiastische Cult des D. bei den Phrygern und überhaupt in dem ausserionischen Kleinasien nicht die Bedeutung gewonnen hat, die man erwartet, so hängt das damit zusammen, dass in Kleinasien von altersher eine weibliche Naturgottheit verehrt wurde, deren Cult an orgiastischem Wesen und enthusiastischer Wildheit dem dionysischen nichts nachgegeben hat. Es ist das der Cult der μήτηρ. Die D.-Religion hat sich der älteren Kybelereligion angeschlossen; den Kampf mit ihr konnte sie nicht wagen. In Delphi musste Apollon dem neuen, eingewanderten Gotte Concessionen machen; denn der orgiastische Cult des D. brachte ein neues, alle Sinnen bezwingendes Element nach Hellas (o. S. 1013). In Kleinasien war das anders. Hier hatte der orgiastische Cult der fμεγάλη μήτηρ längst alle Gemüter erobert, und hier galt es nicht, neue Cultformen einzuführen. So tritt D. als Diener und Freund der Kybele in die kleinasiatische Religionsbewegung ein.

III. Cultnamen des Dionysos. Vgl. zu der folgenden Zusammenstellung G. Wentzel Ἐπικλήσεις sive de deorum cognominibus per grammaticorum graecorum scripta dispersis, Gottingae 1889 VII 50.

ἀγριώνιος zu erschliessen aus Plut. Ant. 24 Διόνθσον αὐτὸν (Ἀντώνιον) ἀνακαλουμένων Ἐφεσίων χαριδότην καὶ μειλίχιον. Ἦν γὰρ ἀμέλει τοιοῦτος ἐνίοις, τοῖς δὲ πολλοῖς ὠμηστὴς καὶ ἀγριώνιος.

αἰγοβόλος bei Potniai in Boiotien, Paus. IX 8, 1; 50 vgl. Bd. IV S. 2718.

αἰsυμνήτης in Patrai, Paus. VII 20, 1; dazu die Legende von Eurypylos ebd. VII 19. Vgl. Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 692,2.

ἀκρατοφόρος in Phigaleia, Paus. VIII 39, 6 πεποίηται δὲ καὶ Διονύσου ναός· ἐπίκλησις μέν ἐστιν αὐτῷ παρὰ τῶν ἐπιχωρίων Ἀκρατοφόρος, τὰ κάτω δὲ οὐκ ἔστι σύνοπτα τοῦ ἀγάλματος ὑπὸ δάφνης τε φύλλων καὶ κισσῶν. ὁπόσον δὲ αὐτοῦ καθορᾶν ἔστιν, ἐπαλήλιπται *** κιννάβαρι ἐκλάμπειν’ εὐρίσκεσθαι δὲ ὑπὸ τῶν Ἰβήρων ὁμοῦ τῷ χρυσῷ λέγεται. Vgl. Diod. XV 40 Διονυσίων κατὰ τύχην ὄντων und Harmodios von Lepreon ἐν τῷ περὶ τῶν κατὰ Φιγάλειαν νομίμων bei Athen. IV 148f. 149 a. b; dazu die Inschrift aus Phigaleia bei Dittenberger Syll.² 661 ἂν δὲ ποιῆι ἁ πόλις τὰ Διονύσια ἐν τῷ ἐνιαυτῷ ἐν ὧι δεῖ τὰ Ἀνδρίνεα γίνεσθαι, γινέσθω παρὰ τρία. Vgl. dazu den [1027] dionysischen Daimon Akratos in Athen oben Bd. I S. 1195 [und M. Mayer Athen. Mitt. XVII 1892, 268] und den Heros Akratopotes (oben Bd. I S. 1195); s. auch unten unter Ὀρθός.

ἂκταῖος neben Apollon ξένιος auf Chios, CIG II 2214 e; nach Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 678, 1 mit D. πελάγιος identisch.

ἁλιεύς(?) nach Philochoros frg. 194, FHG I 416; vgl. Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 678, 1.

ἂνθεύς in Patrai, Paus. VII 21, 6; vgl. Lobeck Paralipomena 164; oben Bd. I S. 2376.

ἄνθιος in Phlya zusammen mit den νύμφαι Ἰσμενίδες und der γῆ ἣν Μεγάλην θεὸν ὀνομάζουσιν, Paus. I 31, 4; vgl. Toepffer Att. Geneal. 39. 208. Hiller v. Gaertringen Festschrift für Benndorf 228.

Ἀνθιστήρ auf Thera, IGIns. III 329; vgl. Hiller v. Gaertringen Festschrift für Benndorf 224.

ἀνθρωποῤῥαίστης auf Tenedos, s. o. Bd. I S. 2392.

ἀροεύς in Patrai, Paus. VII 21, 6.

ἀρχεβάκχος in Seleukeia in Kilikien mit Mysterien, Heberdey und Wilhelm Reisen in Kilikien, Denkschriften Wiener Akad. 1896, 104 nr. 183.

Αὐλωνεύς im attischen Aulon und vielleicht in Naxos; s. Bd. II S. 2415.

ἀυξίτης in Heraia in Arkadien neben D. πολίτης, Paus. VIII 26, 1; s. Bd. II S. 2622.

Βακχεῖος in Aigina (IGP I 558, 20), Korinth, Sekyon, Rhodos (IGIns. I Index p. 234); s. Bd. II S. 2789.

Βακχεύς in Erythrai, Naxos und Mykonos; s. Bd. II S. 2784; in Mykonos auch ein Monat Bakchion, an dessen zwölftem Tage dem D. Βακχεύς ἐν Δειράδι ein χίμαρος καλλιστεύων geopfert werden soll (Dittenberger Syll.² 615 Z. 27).

Βάκχιος ὁ δημόσιος in Tralles, CIG II 2919, 6.

Βάκχος in Tralles, CIG II 2919, 9; Knidos, Hirschfeld Ancient greek inscriptions in the British Museum IV 1 nr. 786.

Βασσαρεύς, Βάσσαρος s. O. Bd. III S. 105.

βουγενής in Argos s. o. Bd. III S. 993.

Βρησαγένης, Βρησεύς, Βρισαῖος, Βρισεύς in Lesbos und Smyrna, s. o. Bd. III S. 830. 856; vgl. dazu den Personennamen Βρησικλῆς in Assos, Papers of the american school I S. 20.

Βρόμιος im Hieron von Epidauros, IGP I 1031.

Γοργυρεύς auf Samos, Steph. Byz. s. Γόργυρα τόπος ἐν Σάμῳ, ὡς ἱστορεῖ Δοῦρις, ἐν ὧ Διόνυσος Γοργυρεὺς τιμᾶται; vgl. Etym. M. 238, 40.

δασύλλιος in Megara, s. o. Bd. IV S. 2224.

δενδρεύς, Studemund Anecdota varia I 268 s. zu δενδρίτης.

δενδρίτης, Plut. quaest. conv. V 3, 1 p. 675 F; vgl. über δενδρεύς, δενδρίτης, ἔνδενδρος, Kern und Wendland Beiträge zur griech. Philosophie u. Religion für H. Diels 1895, 89 und oben S. 215.

δημόσιος in Tralles s. Βάκχιος; dazu noch die Inschriften bei Mich. Pappakonstantinu Αἱ Τράλλεις ἤτοι συλλογὴ Τραλλιανῶν ἐπιγραφῶν, ἐν Ἀθήναις 1895 ἀρ. 105 (ἐπὶ τῶν [ρπσπδων τοῦ Διονύσου) und 150 (ἀγαθῇ τύχῃ τῷ Διὶ τὸν Διόνυσον Ἀγαθήμερος ἱερός)

δημοτελής in Athen, Dittenberger Herm. XXVI 1891, 474ff.; in Karystos, P. Girard Bull. [1028] hell. II 1878, 275f. nr. 2. Dittenberger a. a. O., vgl. o. S. 192.

διθύραμβος, Athen. I 30 B τιμᾶται δὲ παρὰ Λαμψακηνοῖς ὁ Πρίαπος ὁ αὐτὸς ὢν τῷ Διονύσῳ, ἐξ ἐπιθέτου καλούμενος οὕτως, ὡς θρίαμβος καὶ διθύραμβος. XI 465 A, namentlich Etym. M. 274, 44 und dazu Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 674, 3.

Δύαλος, Hesych. s. v. ὁ Διόνυσος παρὰ Παίωσιν.

Ἐλελεύς herzustellen bei Hesych. s. v. Διόνζσος ἐν Σάμῳ; vgl. G. Wentzel Ἐπικλήσεις VII 50.

Ἑλευθερεύς in Athen und Eleutherai, Hesych. s. Ἐλεύθερος; Stiftungssage des Cults bei Schol. Aristoph. Acharn. 243; s. den Art. Eleuther und Preller-Robert Gr. Myth. I⁴ 667. 673.

ἐναγώνιος in Magnesia am Maiandros, Kern Inschriften von Magnesia 213 a.

ἔνδενδρος in Boiotien, Hesych. s. v.; s. δενδρεύς, δεδνρίτης.

ἐνόρχης auf Samos, Hesych. s. v.; vgl. Lycophr. 212 mit Schol.

ἐνυάλιος, Macrob. Sat. I 19, 1.

ἐρίφιος, Hesych. s. v.; dazu Hesych. s. ἐριφιήματα· ἔριφοι. Λάκωνες. Nach Apollodor bei Steph. Byz. s. Ἀκρώρεια hatte D. diesen Beinamen auch in Metapont. Das rein poetische Beiwort εἰραφιώτης scheint aber nicht hierher zu gehören; vgl. Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 661. 714, 5.

Εὔας, Hesych. s. v.

εὐβουλεύς, Orph. hymn. LΙΙ 4 (vgl. hymn. XXX 6). Plut. quaest. sympos. VII 9 οἱ δὲ πάμπαν ἀρχαῖοι ὡς οὐδὲ τοῦ Ἑρμοῦ δεόμενον τὸν Διόνυσον αὐτὸν Εὐβουλῆ καὶ τὴν νύκτα δι’ ἐκεῖνον Εὐφρόνην προσεῖπον. Aus einer späten Redaction der orphischen Rhapsodien stammt das Bruchstück bei Macrob. Sat. I 18, 12: ὃν δὴ νῦν καλέουσι Φάνητά τε καὶ Διόνυσον Εὐβουλῆα τ’ ἄνακτα καὶ Ἀνταύγην ἀρίδηλον. Die einen Cult des Dionysos Eubuleus bezeugende Inschrift des Museo Nani CIG II 1948 ist leider noch immer nicht aufgefunden. Vgl. O. Kern Athen. Mitt. XVI 1891, 13f. Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 784, 1.

εὐεργέτης, Hesych. s. v.

εὔιοςg, Lobeck Aglaoph. II 1041. Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 665, 1 und unten unter Λυαῖος.

εὐρυβάλινδος, Hesych. s. v.

εὔσιος, Etym. M. 391, 12; vgl. Lobeck Aglaoph. 1042.

εὐστάφυλος in Lebadeia, IGS I 3098; vgl. σταφυλίτης.

Ζαγρεύς, ursprünglich ein selbständiger Gott erst durch die Orphiker mit D. identificiert; s. Orphiker und Zagreus.

ἥβων in Neapel, Macrob. Sat. I 18, 9; vgl. IGI 716. 717.

ἡμερίδης, Plut. de esu carn. I 2.

Ἠρικεπαῖος ὁ Διόνυσος, Hesych. s. v.; so in der rhapsodischen Theogonie der Orphiker; vgl. den Art. Erikapaios und Orphiker.

θεοδαίσιος, Hesych. s. θεοδαίσιος Διόνυσος. Suid. s. ἀστυδρόμια παρὰ Λίβτσιν οἱονεὶ τῆς πόλεως γενέθλια, καὶ θεοδαίσια ἑορτὴ ἐν ἧ ἐτίμων Διόνυσον καὶ τὰς ωύμφας, ἐμοὶ δοκεῖν, νηφάλιον τε καὶ τὴν ἀγαθὴν κρᾶσιν αἰνιττόμενοι. Plin. n. h. II 231 Andro in insula, templo [1029] Liberi patris, fontem nonis Ianuariis semper vini sapore fluere Mucianus ter consul credit, dies θεοδαίσια (nach der Conjectur von Welcker) vocatur. Ob auch an anderen Orten das Fest der θεοδαίσια dionysisch ist, lässt sich mit den vorhandenen Mitteln nicht entscheiden; s. den Art. θεοδαίσια und Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 680, 3.

θέοινος, Harpocr. s. Θεοίνια· Λυκοῦργος ἐν τῇ διαδικασίᾳ Κροκωνιδῶν πρὸς Κοιρωνίδας. τὰ κατὰ δήμους Διονύσια Θεοίνια ἐλέγετο, ἐν οἷς οἱ γεννῆται ἐπέθυον· τὸν γὰρ Διόνζσον θέοινον ἔλεγον, ὡς δηλοῖ Αἰσχύλος καὶ Ἴστρος ἐν α’ Συναγωγῶν. Vgl. Aischyl. frg. 382 bei Nauck FTG² p. 112 πάτερ Θέοινε, μαινάδων ζευκτήριε. Wentzel Ἐπικλήσεις VII 50. Toepffer Att. Geneal. 12. 14. 105 und den Art. Θεοίνια.

θεὸς μέγας Δ. in Pamphylien, Bull. hell. VII 1883, 263.

θρίαμβος s. Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 674, 3. 703, 5. 736, 4; vgl. die Artikel Thriambos und Dithyrambos.

θυλλοφόρος auf Kos, Paton-Hicks Inscr. of Cos nr. 27, 7; vgl. Hesych. s. θύλλα.

θυωνίδας auf Rhodos, Hesych. s. v.; s. Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 660, 1. v. Herwerden Mnemosyne N. S. XXIX 1901, 218.

Iakchos s. den bes. Artikel und S. 1043.

ἰατρός, den nach Mnesitheos von Athen das delphische Orakel zu ehren befiehlt, Athen. I 22 E. Plut. quaest. conv. III 1, 3; s. παιώνιος und ὑγιάτης.

ἰήιοςg s. λυαῖος.

Ἰοβάκχος, Hesych. s. v.

Ἰυγγίης, Hesych. s. v.

Κάδμος in Theben, Paus. IX 12, 4; vgl. O. Kern Archaeol. Jahrb. XI 1896, 114.

καθηγεμών in Teos, CIG II 3067. 3068. Bull. hell. IV 1880, 170 nr. 24; Inschr. von Pergamon 222. 236. 248.

καλλίκαρπος in Mopsuestia in Kilikien, Heberdey und Wilhelm Reisen in Kilikien, Denkschrift. Akad. Wien XLIV 1896, 12 nr. 28; in Aigai ebd. 16 nr. 44; s. dazu Bd. IV S. 2747 Nr. 38.

Καλυδώνιος in Patrai, Paus. VII 21, 1, der auch die Cultlegende erzählt; s. Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 692, 1.

Κάρπιος, Leake Travels in the North. Greece IV pl. 43 nr. 220.

Κισσεύς, Aischyl. frg. 341 Nauck²: ὁ κισσεὺς Ἀπόλλων, ὁ Βακχεύς, ὁ μάντις; vgl. Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 713, 1; vgl. Κισσός und o. S. 1016.

Κισσοκόμης auf Amorgos, Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 676, 2.

Κισσός in Acharnai, Paus. I 31, 1 und o. S. 1016.

Κολωνάτας in Sparta, weil sein Tempel in dem Stadtteil Limnai auf einem Hügel lag. Paus. III 13, 7: ἥ τε ὀνομαζομένη Κολώνα καὶ Διονύσου Κολωνάτα ναός, πρὸς αὐτῷ δὲ τέμενός ἐστιν ἥρωος, ὃν τῆς ὁδοῦ τῆς ἐς Σπάρτην Διονύσῳ φασὶ γενέσθαι ἡγεμόνα. τῷ δὲ ἥρωι τούτῳ πρὶν ἢ τῷ θεῷ θύουσιν αἱ Διονυσίαδες καὶ αἱ Λευκιππίδες. τὰς δὲ ἀλλας ἕνδεκα ἃς καὶ αὐτὰς Διουσιάδας ὀνομάζουσι, ταύταις δρόμου προτιέασιν ἀγῶνα · δρᾶν δὲ οὕτω σφίσινἦλθεν ἐκ Δελφῶν. Vgl. Polemon ἐν τῷ περὶ [1030] τῶν ἐν Λακεδαίμονι ἀναθημάτων bei Athen. XIII 574 C. D und namentlich Strabon VIII 363, dazu Hesych. s. Διονυσιάδες und Δύσμαιναι. Von Dichtern wird dies Fest oder ein ähnliches auf dem Taygetos selber öfter erwähnt, z.B. Aristoph. Lysistr. 1308. Verg. Georg. II 487 virginibus bacchata Lacaenis Taygeta; dazu Preller-Robert Gr. Myth. I⁴ 693, 2.

Κρήσιος in Argos, Paus. II 23, 7. 8; in dem Tempel eine κεραμέα σορός der Ariadne, die in Argos gestorben sein sollte. Vgl. Paus. II 24, 6 und dazu Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 691, 3.

λαμπτήρ in Pellene in Achaia, Paus. VII 27, 3 τοῦ δὲ ἄλσους τῆς Σωτείραςἱερὸν ἀπαντικρὺ Διονύσου Λαμπτῆρός ἐστιν ἐπίκλησιν· τούτῳ καὶ Λαμπτηρια ἑορτὴν ἄγουσι, καὶ δᾷδάς τε ἑςτὸ ἱερὸν κομίζουσιν ἐν νυκτί, καὶ οἴνου κρατῆρας ἱστὰσιν ἀνὰ τὴν πόλιν πᾶσαν.

Λαφύστιος, Schol. zu Lycophr. 1237 (Λαφυστίας κερασφόρους γυναῖκας): Λαφύστιος ὁ Δ. ἀπὸ Λαφυστίου ὄρους Βοιωτίας, ὅθεν ἁφύστιαι αἱ ἐν Μακεδονίᾳ Βάκχαι, αἳ καὶ Μιμαλόνες ἐκαλοῦντο, διὰ τὸ μιμεῖσθαι αὐτὰς τὸν Διόνυσον· κερατοφοροῦσιν γὰρ καὶ αὗται κατὰ μίμησιν Διονύσου· ταυρόκρανος γὰρ φαντάζεται καὶ ζωγραφεῖται.

Λειβῆνος, Hesych. s. v.; vielleicht mit dem griechischen λείβειν und dem römischen Liber zusammenhängend; vgl. dazu Preller-Jordan Röm. Myth. II³ 47.

Λευκυανίτης am Fluss Λευκυανίας in Elis, Paus. VI 21, 5.

Ληναῖος s. S. 1022 und den bes. Artikel.

Ληνεύς s. den bes. Artikel.

λικνίτης, Plut. de Isid. et Osirid. 25: Δελφοὶ τὰ τοῦ Διονύσου λείψανα παρ’ αὐτοῖς παρὰ τὸ χρηστήριον ἀποκεῖσθαι νομίζουσι· καὶ θύουσιν οἱ Ὅσιοι θυσίαν ἁπόῤῥητον ἐν τῷ ἱερῷ τοῦ Ἀπόλλωνος, ὁταν αἱ Θυιάδες ἐγείρωσι τὸν Λικνίτην. S. o. S. 1018f.

λιμναῖος s. den bes. Artikel.

ἐν Λίμναις; in Athen, s. Bd. I S. 2374 unter Anthesteria.

λιμναγενής, Hesych. s. v.

λυαῖος, Athen. VIII 363 B τὸ μὲν ποτὸν μέθυ, τὸν δὲ τοῦτο δωρησάμενον θεὸν Μεθυμναῖον καὶ Λυαῖον καὶ Εὔιον καὶ Ἰήιον προσήγορευον. Dazu Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 709, 3.

λύσιος in Korinth, Paus. II 6, und in Sekyon, wohin sein Cult auf Geheiss der Pythia aus Theben durch den Thebaner Phanes gebracht sein sollte, Paus. II 7, 6; in Theben, Paus. IX 16, 6, der als Cultlegende erzählt: Θηβαίων γὰρ αἰχμαλώτους ἄνδρας ἐχομένους ὑπὸ Θρᾳκῶν, ὡς ἀγόμενοι κατὰ τὴν Ἁλιαρτίαν ἐγνοντο, ἔλυσεν ὁ θεός, καὶ ἀποκτεῖναί σφισι τοὺς Θρᾷκας παρέδωκεν ὑπνωμένους.

μάντις; s. O. Κισσεύς.

Μεθυμναῖος; s. o. unter λυαῖος und Plut. quaest. conv. III 2 Μεθυμναῖον αὐτὸς αὑτὸν ὠνόμασεν; dazu Ovid. a. amat. I 57 Gargara quot segetes, quot habet Methymna racemos. S. Μηθυμναῖος.

μειλίχιος auf Naxos, Athen. III 78 C: Νάξιοι δέ, ὡς Ἀνδρίσκος ἔτι δ’ Ἀγλαοσθένης ἱστοροῦσι, Μειλίχιον καλεῖσθαι τὸν Διόνυσον διὰ τὴν τοῦ συκίνου καρποῦ παράδοσιν. διὸ καὶ πρόσωπον [1031] τοῦ θεοῦ παρὰ τοῖς Ναξίοις τὸ μὲν τοῦ Βακχέως Διονύσου καλουμένου εἶναι ἀμπέλινον, τὸ δὲ τοῦ Μειλιχίου σύκινον. τὰ γὰρ σῦκα μείλιχα καλεῖσθαι, vgl. Plut. Ant. 24 (s. o. Ἀγριώνιος); de esu carn. I c. 2.

μελαναιγίς in Athen, gefeiert am Apaturienfest zusammen mit Zeus Phratrios und Athena Phratria, Schol. Aristophan. Acharn. 146 (s. Toepffer Bd. I S. 2677); in Eleutherai, Suid. s. μελαναιγίδα Διόνυσον (dazu Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 667, 1); in Hermione, Paus. II 35, 1 πκησίον δὲ αὐτοῦ Διονύσου ναὸς Μελαναίγιδος· τοῦτῳ μουσικῆς ἀγῶνα κατὰ ἔτος ἕκαστον ἄγουσι, καὶ ἁμίλλης κολύμβου καὶ πλοίων τιθέασιν ἄθλα, vgl. Sam Wide De sacris Troezeniorum, Hermionensium, Epidauriorum, Upsalae 1888, 44 und E. Maass Gött. Gel. Anz. 1889, 803, der D. μελαναιγίς als πελάγιος nachweist und bei Konon 39, der die Stiftungssage des attischen Apaturienfestes giebt, schlagend Διονύσῳ Μελαναίγιδι für Μελανθίδι der Hss. emendiert (so auch Knaack bei Hoefer Konon 1890, 22). Vgl. auch Plut. quaest. conv. VI 7, 2.

[Μελανθίδης, irrtümlich statt μελαναιγίς; s. d.].

μελπόμενος, CIA III 20. 274.278; sein Heiligtum war die Πουλυτίωνος οἰκία im Kerameikos, Paus. I 2, 5; Gentilgott der Euneiden in Athen, vgl. Toepffer Att. Geneal. 182f. 200f. 204, 1.

μεσατεύς in Patrai, Paus. VII 18, 4. 21, 6.

Μηθυμναῖος, Hesych. s. v.; s. Μεθυμναῖος.

Μόρυχος, Polemonἐπιστολή πρὸς Διόφιλον frg. 73 (FHG III 136) nach Clem. Alex. Protr. IV 47 p. 42 Pott. παραθήσομαι τοῦ Μορύχου Διονύσου τὸ ἄγαλμα Ἀθήνησι γεγονέναι μὲν ἐκ τοῦ Φελλάτα καλουμένου λίθου, ἔργον δὲ εἶναι Σίμωνος τοῦ Εὐπαλάμου, ὥς φησι Πολέμων ἔν τινι ἐπιστολῇ. S. die Stellen der Lexikographen und Paroemiographen FHG a. a. O., die das Bild offenbar fälschlich nach Sicilien versetzen; Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 675, 4.

μουσαγέτης auf Naxos, IGIns. V 46.

μύστης im Flecken Korytheis bei Tegea, Paus. VIII 54, 5; der Tempel lag nicht fern von einem Demeterheiligtum. Über die Beziehung der Telephossage zu diesem Cult vgl. C. Robert Arch. Jahrb. III 1888, 90. 104.

νυκτέλιος in Megara, Paus. I 40, 6; vgl. Plut. de EI ap. Delph. c. 9 über den delphischen D.: Διόνυσον δὲ καὶ Ζαγρέα καὶ Νυκτέλιον καὶ Ἰσοδαίτην αὐτὸν ὀνομζουσι, καὶ φθοράς τινας καὶ ἀφανισμοὺς καὶ τὰς ἀποβιώσεις καὶ παλιγγενεσίας οἰκεῖα ταῖς εἰρημέναις μεταβολαῖς αἰνίγματα καὶ μυθεύματα περαίνουσι und Ovid. met. IV 15; vgl. auch Verg. Georg. IV 521 noctumi orgia Bacchi.

οἰκουρός, Schol. Lycophr. 1246 b ὁ Διόνυσος διὰ τὸ ἅπαξ τοῦ ἐνιαυτοῦεἰς τὸν ναὸν αὐτοὺς εἰσέρχεσθαι, τὰς δὲ λοιπὰς οἴκοι μένειν καὶ οἰκουρεῖν.

ὀμφακίτης, Aelian v. h. III 41: ὅτι τὸ πολυκαρπεῖν οἱ ἀρχαῖοι ὠνόμαζον γλύειν. ἐντεῦθεν τὸν Διόνυσον Φλεῶνα ἐκάλουν καὶ Προτρύγαιον καὶ Σταφυλίτην καὶ Ὀμφακίτην καὶ ἑτέρως πως διαφόρως

ὄρειος Vgl. Festus p. 182.

ὀρθός in Athen, Philochoros frg. 18. 19 (FHG [1032] I 387); dazu M. Mayer Athen. Mitt. XVII 1892, 265ff. 446, der ihn mit dem Ἄκρατος "identificiert.

παιδεῖος, CIA II 1222.

παιώνιος, Hesych. s. v.

πατρῷος in Megara, dessen Heiligtum der Seher Polyeidos gegründet haben sollte, Paus. I 43, 5; dabei auch ein Bild des D. δασύλλος in Pagasai nach Theopomp. FHG I p. 332 frg. 339, wo früher falsch πέλεκυς oder πέλεκος gelesen wurde; vgl. Maass Herm. XXIII 1888, 70.

[πελεκᾶς, πέλεκος, πέλεκυς irrtümlich statt πελάγιος, s. Maass a. a. O. 70 mit Anm. 2.]

περικιόνιος s. o. S. 1016.

πλουτοδότης im Jubelruf an den athenischen Lenaien: Σεμελήϊ’ Ἵακχε πλουτοδότα Schol. Aristophan. Ran. 479.

πολίτης in Heraia, Paus. VIII 26, 1.

Πρίαπος, Πρίηπος in Lampsakos, Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 736, 4.

πρόβλαστος, Schol. Lycophr. 577 Πρόβλαστος ὁ Διόνυσος, ἐπειδὴ ὅτε μέλλουςι κόπτειν τὰς βλάστας ἤτοι τὰ κλήματα, θύουσιν αὐτῷ κλαδεύοντες. ἄλλοι. ἢ Πρόκλαστος, ἐπεὶ ὅταν μέλλωσι κλᾶν τὰς ἀμπέλους θύουσιν αὐτῷ.

πρόκλαστος s. πρόβλαστος

πρὸ πόλεως in Magnesia am Maiandros, Kern Inschriften von Magnesia nr. 215 a 35; in Thera IGIns. III 420 (καὶ ἐπιφανέστατος). 522.

προτρύγαιος, Aelian. v. h. III 41, s. ὀμφακίτης. Achill. Tat. II 2. Der Stern Προτρυγητήρ ging um die Zeit der Weinlese auf, Ps.-Eratosth. catasterism. c. 9 p. 84 Rob. Vgl. auch das Fest Προτρύγαια, das ihm mit Poseidon gemeinsam gefeiert wurde.

πυθόχρηστος in Erythrai, Dittenberger Syll.² 600, 145; vgl. F. Hiller v. Gaertringen Festschr. für Otto Benndorf 227.

Σαβάζιος s. den bes. Artikel und o. S. 1012.

Σαώτας in Trozen, Paus. II 31, 5; Statuenbasis von ihm im Hieron von Epidauros, IGP I 1277.

Σητάνειος auf Teos, Le Bas Asie mineure 106, 3.

Σκυλλίτας auf Kos, Paton and Hicks Inscr. of Cos 37.

Σμίνθιος auf Rhodos (Lindos), IGIns. I 762. Tümpel Philol. XLIX 1890, 572ff.

Σταφυλίτης, Aelian. v. h. III 41, s. ὀμφακίτης

συκίτης, Sosibios bei Athen. III 78 C ἀποδεικνὺς εὕρημα Διονύσου τὴν συκῆν διὰ τοῦτό φηςι καὶ Λακεδαιμονίους συκίτην Διόνυσον τιμᾶν.

συκεάτης, Hesych. s. v.

σφάλτης, Lycophr. 207 mit Schol., der die Entstehung des Namens mit der Telephossage in Verbindung bringt.

Τασιβαστηνός, Liber pater Tasibastenus, CIL III 703. 704; s. Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 697, 2.

ταῦροσ, in dem alten elischen Cultliede ἐλθεῖν ἥρως Διόνυσοε Ἄλιον ἐς ναὸν ἁγνὸν σὺν Χαρίτεσσιν ἐς ναὸν τῷ βοέῳ ποδὶ θύων, ἄξιε ταῦρε. Vielleicht ist unter dem θεὸς ταῦρος der thespischen Inschrift IGS I 1787 auch D. zu verstehen. Man könnte aber auch an Poseidon denken, dessen jugendliche Cultdiener in Ephesos ταῦροι hiessen, Athen. X 425 C.

τριετηρικός auf Melos, IGIns. III 1089; über Delphi vgl. o. S. 1018. [1033]

ὑγιάτης, auf Geheiss der Pythia genannt, Athen. II 36 B; s. ἰατρός und παιώνιοςς.

Ὕης, Etym. M. 775, 3; s. Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 663, 1 und den bes. Artikel.

Φαλλήν in Methymna auf Lesbos, Paus. X 19, 3 ἁλιεῦσιν ἐν Μηθύμνῃ τὰ δίκτυα ἀνείλκυσεν ἐκ θαλάσσης πρόσωπον ἐλαίας ηύλου πεποιημένον· τοῦτο ἰδέαν παρείχετο φέρουσαν μέν τι ἐς τὸ θεῖον, ξένην δὲ καὶ ἐπὶ θεοῖς Ἑλληνικοῖς οὐ καθεστῶσαν. ἤροντο οὖν οἱ Μηθυμναῖοι τὴν Πυθίαν ὅτου θεῶν ἢ καὶ ἡρώων ἐστὶν ἡ εἰκών· ἡ δὲ αὐτοὺς σέβεσθαι Διόνυσον Φαλλῆνα ἐκέλευσεν. ἐπὶ τούτῳ οἱ Μηθυμναῖοι ξόανον μὲν τὸ ἐκ τῆς θαλάσσης παρὰ σφίσιν ἐχοντες καὶ θυσίαις καὶ εὐχαῖς τιμώσι, χαλκοῦν δὲ ἀποπέμπουσιν ἐς Δελφούς

Φαυστήριος, Lycophr. 212 mit Schol.

Φιγαλεύς, Lycophr. 212 mit Schol.

φλεύς auf Chios, Herodian. I 400, 27 L.

φλεών, Aelian. v. h. III 41; s. ὀμφακίτης.

φλοῖος, Plut. quaest. conv. V 8, 3.

χαριδότης s. ἀγριώνιος.

χοιροψάλας in Sekyon, Polemon im Brief an Attalos frg. 72 (FHG I 135) Σικυώνιοι τοῦτον προσκυνοῦσιν, ἐπὶ τῶν γυναικείων τάξαντες τὸν Διόνυσον μορίων. Vgl. Schol. Aisch. Pers. 1033 χοιροψάλας Διόνυσος ὁ τίλλων τὰ μόρια τῶν γυναικῶν

χορῖος, Plut. de cohib. ira 13 ἂν μὴ προσγενόμενος ὁ θυμὸς ὠμηστὴν καὶ μαινόλην ἀνὶ λυαίου καὶ χορείου ποιήσῃ τὸν ἄκρατον.

ψίλαξ in Amyklai, Paus. III 19, 6.

ὠμάδιος, Euelpis von Karystos (FHG IV 408): ἔθυον δὲ καὶ ἐν Χίῳ τῷ ὠμαδίῳ Διονύσῳ ἄνθρωπον διασπῶντες, καὶ ἐν Τενέδῳ, ὥς φησιν Εὔελπις Καρύστιος.

ὠμηστής, Plut. Them. 13, nach dem drei persische Jünglinge von vornehmer Abkunft vor der Schlacht bei Salamis dem D. ὠμηστής geopfert wurden; vgl. Aristid. 9 und oben unter ἀγριώνιος.

IV. Dionysos bei den Dichtern. Kein hellenischer Gott ist von den Dichtern so viel besungen worden, wie D., den Sophokles Antigon. 1115 bereits mit Recht anredet als πολυώνυμε, Καδμεΐας νύμφας ἄγαλμα καὶ Διὸς βαρυβρεμέτα γένος. Seine poetischen Beiwörter hat C. F. H. Bruchmann Epitheta deorum, Lips. 1894, 78–94 gesammelt. Als besonders gebräuchlich sind hervorzuheben: ἄναξ, Βακχεύς, Βάκχιος (und ähnlich), Βρόμιος, δεσπότης, διθύραμβος, εἰραφιώτης, ἐπιβρεμέτης, ἐρίβρομος, εὔιος, θυρσοφόρος (und ähnlich), Ἴακχος, κισσοκόμης (und ähnlich), ληναῖος, λυαῖνος, μαινόλας, Νυσήΐος (Νύσιος), οἶνος und Zusammensetzungen mit οἰνο–, παῖς, πατήρ, πολυγαθής (πολυγηθής), πυρίπαις (und ähnlich), ταυροκέρως (und ähnlich), Ὕης, χθόνιος, χορευτής (und ähnlich), χρυσοκόμης (und ähnlich). An vielen sonst nicht vorkommenden Epitheta sind namentlich die Dionysiaka des Nonnos reich. Zu den von Bruchmann gesammelten Beiwörtern kommen aus dem delphischen Hymnos des Philodamos (H. Weil Bull. hell. XIX 1895, 393ff.) hinzu: θυρσήρης, βραϊτής (vgl. Weil a. a. O. 401), Παιάν (sonst nur noch Orph. hymn. LII 11), σωτήρ (sonst nur noch Lycophr. Alex. 206), βακχειώτας (sonst nur noch bei Simonid. frg. 210 A Bgk., vgl. Sappho frg. 147 Bgk.). [1034]

V. Feste.

Ἀγριάνια, Ἀγριώνια, o. Bd. I S. 896 und S. 1017.

αἰώρα in Attika, o. Bd. I S. 1043 und o S. 1020; s. auch unter εὔδειπνος.

Ἀνθεστήρια, allgemein ionisches Fest, o. Bd. I S. 2371.

ἀσκωλιασμός in Attika, o. Bd. II S. 1699 und s. o. S. 1020.

ἀστυδρόμια, Suid. s. v. παρὰ Λίβυσιν οἱονεὶ τῆς πόλεως γενέθλια, καὶ θεοδαίσια ἑορτὴ ἐν ἧ ἐτίμων Διόνυσον καὶ τὰς ωύμφας, s. auch Bd. II S. 1868.

τῶν Βακχείων ἁ ὑποδοχά auf Rhodos, IGIns. I 155, 49. P. Foucart Des associat. rel. 110ff.

Δᾳδοφόρια in Delphi, s. o. S. 1019 und Bd. IV S. 2008 unter Daidaphorios.

Διονύσια, überall wo Theater sind (vgl. Roberts Register zu Preller Griech. Myth. I⁴ 962); s. auch den bes. Artikel.

εὔδειπνος, Etym. M. 42, 3 Αἰώρα ἑορτὴ Ἀθηνᾶς ἣν καλοῦσι εὔδειπνον

Θεοδαίσια s. den bes. Artikel und o. S. 1028f.

Θεοίνια in Athen s. o. S. 1029.

Θυῖα in Elis, Paus. VI 26, 1. Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 692, 2.

Λαμπτήρια in Pellene, Paus. VII 27, 3.

Λερναῖα, ein mystisches Fest zu Ehren des D., das den eleusinischen Mysterien nachgebildet war; s. die Art. Melampus, Mysterien u. Λερναῖα u. Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 691, 2.

Λήναια in Athen, s. o. S. 1021f. und den bes. Art. Lenaia.

Μυστήρια, an vielen Orten; s. unter Mysterien.

Ὀσχοφόρια, ein Fest der Athena Skiras in Athen (Bd. II S. 1968), bei dem, da es zur Zeit der Weinlese gefeiert wurde, auch D. und Ariadne Opfer erhielten; Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 207f. 682f. S. den Art. Oschophoria. Über die Verehrung der Ariadne an diesem Feste vgl. Bd. II S. 806. 808.

Πιθοιγία (Fassöffnung) hiess der erste Tag der Anthesterien in Athen; s. Bd. I S. 2372.

Προαγώνhiess die παρασκευή der grossen Dionysien in Athen; s. o. S. 1023.

Προτρύγαια ἑορτή Διονύσου καὶ Ποσειδῶνος, Hesych. s. v.; das Fest wurde höchst wahrscheinlich in Athen um die Zeit der Weinlese gefeiert. S. den bes. Artikel und Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 669, 2; vgl. das Epitheton des D. προτρύγαιος.

Σκιέρεια in Alea, Paus. VIII 23, 1.

τύρβη, Teil des Agrionienfestes in Argos; vgl. Paus. II 24, 6 πρὸς τοῦ Ἐρασίνου ταῖς κατὰ τὸ ὅρος ἐκβολαῖς Διονύσῳ καὶ Πανὶ θύουσι, τῷ Διονύσῳ δὲ καὶ ἑορτὴν ἀγουσι καλουμένην τύρβην. Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 691, 3.

Χόες, der zweite Tag des athenischen Anthesterienfestes, s. Bd. I S. 2372.

Χύτροι, der dritte Tag des athenischen Anthesterienfestes, s. Bd. I S. 2372.

VI. Die Mythen des Dionysos. Von den Mythen des D. ist der berühmteste seine Geburtssage, die vor allem in Theben (s. o. S. 1015) localisiert war, die Sage von Semeles Tod und D.s Frühgeburt. Von seiner Geburt erzählte man auch an vielen anderen Orten; vgl. darüber den [1035] bei Diod. III 66 überlieferten Hymnos (vgl. Gemoll Homer. Hymn. 361): οἵ μὲν γὰρ Δρακάνῳ σ’, οἵ δ’ Ἰκάρῳ ἠνεμοέσσῃ φάσ’, οἳ δ’ ἐν Νάξῳ, δῖον γένος, εἲραφιῶτα, οἳ δέ σ’ ἐπ’ Ἀλφειῷ ποταμῷ βαθυδινήεταικυσαμένην Σεμέλην τεκέειν Διὶ τερπικεραύνῳ, ἄλλοι δ’ ἐν Θήβῃσιν, ἄναξ, σε λέγουσι γενέσθαι, ψευδόμενοι· σὲ δ’ ἔτικτε πατὴρ ἀνδρῶν τε θεῶν τε πολλὸν ἀπ ἀνθρώπων, κρύπτων λευκώλενον Ἡρην. ἔστι δέ τις Νύση, ὕπατον ὄρος, ἀνθέον ὕλῃ, τηλοῦ Φοινίκης, σχεδὸν Αἰγύπτοιο ῥοάων.. Über Naxos als Geburtsstätte des D. vgl. noch Diod. V 52, nach dem die Sage in Naxos, das einige deshalb Διονυσιάς nannten, ganz ähnlich wie in Theben erzählt wurde. Vgl. auch Porphyr. antr. nymph. 20. Welches Vorgebirge Drakanon als Geburtsstätte des D. gemeint ist, ob das auf der Insel Ikaros oder auf Kos, muss unentschieden bleiben; vgl. Gemoll a. a. O. und Maass Herm. XXVI 1891, 178f. Wahrscheinlicher ist wohl das letztere. Seine Geburt auf Ikaros scheint nur durch den angeführten Hymnos bezeugt zu sein. Auch in Eleutherai (s. o. S. 1020) und Teos erzählte man von der Geburt des Gottes. In Teos führte man als Beweis dafür an, dass sich in der Stadt in bestimmten Zwischenräumen aus der Erde eine Quelle voll duftenden Weines erschliesse (Diod. III 66). Ähnliches wird aus Andros berichtet, Plin. n. h. II 231 (aus Licinius Mucianus, vgl. L. Brunn De C. Licinio Muciano, Leipz. Dissert. 1870, 30). Solche Wunder wurden auch in Elis 3 erzählt. Paus. VI 26, 1. 2. Nach Arrian bei Eustath. Dion. Perieg. 939 (Müller Geogr. gr. II 382) sollte er vom Zeus am Flusse Sangarios geboren sein. An die Geburtssage knüpfen sich meist die Mythen seiner Erziehung.

Streiten schon viele Städte um die Ehre, der Schauplatz seiner Geburt zu sein, so sind es noch viel mehr Örtlichkeiten, die den Anspruch darauf machen, Nysa zu sein, wo der Sage nach D. von den Nymphen erzogen ist. Das Land Nysa irgendwo zu localisieren kann nur mit den Versuchen kühner Phantasten in alter und neuer Zeit verglichen werden, die die Inseln der Seligen, Ogygie, die Atlantis u. s. w. auf der Karte gesucht haben. Nysa ist ein Land der Phantasie, ein glückliches Land, für keinen Sterblichen zum Aufenthalt bestimmt, sondern nur für den heiligen Zeussohn, der unter Donner und Blitz zu den Menschen herniederkam. Was unter Nysa zu verstehen ist, hat der Fund der Sophilosvase gelehrt (Athen. Mitt. XIV 1889, 1ff. und dazu P. Studniczka Eranos Vindobonensis 233ff.), in Zusammenhang mit den Kretschmerschen Untersuchungen (o. S. 1011). Nysai sind Nymphen, und Νύσα (d. h. Νυσαία), das Νυσήιον πεδίον (Hom. Hymn. Dem. 17; vgl. κατ’ ἠγάθεον Νυσήιον Il. VI 133) ist das Nymphenland, das, wie all die seligen Länder, von der Phantasie des Volks zunächst wohl in die Nähe des Okeanos verlegt wurde. Denn die Gegenden am Okeanos sind die Märchen- und Götterländer der griechischen Sage. Im Nymphenlande warten des D. Nymphen; entweder wird eine Nysa (Terpandros frg. 8, Bergk PLG III⁴ 12; im dionysischen Festzuge zu Alexandreia bei Kallixenos Athen. V 198 E; bei Diodor. III 70 Tochter des Aristaios) genannt oder gewöhnlicher werden mehrere Nymphen (Νύσαι oder Νυσιάδες) erwähnt, wie denn schon die Ilias VI 132 μαινομένοιο [1036] Διονύσοιο τιθήνας kennt; vgl. Heydemann a. a. O. 18). Im Cult scheint immer eine Nysa (Νύσας ωύμφης CIA III 320; Νύσας τροφοῦ ebd. 351) verehrt zu sein. Späte Erfindung ist natürlich Νῦσος Hyg. fab. 131. 167. D. wird den nysischen Nymphen entweder von Zeus selbst übergeben, oder Hermes, der Götterbote, überbringt das Kind seinen künftigen Pflegerinnen. Beide Versionen kommen in Litteratur und Kunst vor; die letztere ist aber die durchaus gewöhnlichere (Heydemann a. a. O. 18ff.). Das Land Nysa wurde später in vielen Gegenden der Erde gesucht, zunächst natürlich in Thrakien, woher der fremde Gott gekommen war und wo es schon der homerische Dichter Il. VI 133 sucht; dann machten mit der Erweiterung des geographischen Horizonts immer neue Länder auf die Ehre Anspruch, die Gegend zu besitzen, in der der Gott der Freude von den Nymphen erzogen ward, z. B. Boiotien, Euboia, Phokis, Thessalien, Makedonien, die Insel Naxos, dann weiter Karien, Lydien, Kilikien, Arabien, Aithiopien, Libyen und Indien, vgl. Preller-Robert Gr. Myth. I⁴ 663 und den Art. Nysa. Dichtung und bildende Kunst haben den Aufenthalt des D. bei den Nymphen in anmutigen Darstellungen geschildert. Er galt immer als ein Parallelismus zu der Sage von der Auferziehung des Zeus durch Amaltheia, die dann auch direct auf den ,Zeussohn‘ D. übertragen wurde (Heydemann a. a. O. 54ff.). Dieser Übertragung entspricht dann auch die bereits antike Vorstellung, dass D. gleichsam ein zweiter Zeus ist, die ihren Ausdruck sowohl in den Worten des Aristides I 49 findet ἤδη δέ τινων ἤκουσα καὶ ἕτερον λόγον ὑπὲρ τούτων ὅτι αὐτὸς ὁ Ζεὺς εἴη ὁ Διόνυσος; als auch in dem pergamenischen Beinamen Ζεὺς Βάκχος. Fraenkel Inschr. v. Pergamon S. 240 zu nr. 324.

Eine zweite Gruppe von Mythen gehört dann den Sagen von der Erscheinung des Gottes bei den Menschen an. Sie alle wissen von den Mainaden zu erzählen, die den Gott in wildem Taumel und ausgelassener Lust umgeben. Mit ihnen schwärmt er durch die Lande dahin, und böses Unheil trifft die, welche sich seiner Gottheit zu widersetzen wagen. Hieher gehört vor allem die alte Sage vom thrakischen Lykurgos, die bereits Ilias VI kennt und die von dem Drama und der bildenden Kunst später oft behandelt ist. Schwerlich darf man aber Lykurg mit Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 688 als Bild des Winters auffassen und den Kampf zwischen D. und Lykurg als Streit zwischen Sommer und Winter, wie dieser in deutschen Sagen und Liedern oft vorkommt. Vielmehr ist die Sagenfigur des Lykurg wohl aus einem alten thrakischen Gott entstanden, der dem arkadischen (v. Wilamowitz Homer. Unters. 284) ähnlich war. Der Sohn des Dryas, der Heros Wolfszorn, den die Phantasie der Dichter mit allen Zügen barbarischer Wildheit ausgestattet hat, tritt dem jungen Gott entgegen und wehrt der Lust und dem Taumel seiner Begleiterinnen. D. selbst kann sich nur durch einen Sprung ins Meer retten. Dem thrakischen Lykurg entspricht in der boiotischen Sage die Figur des Pentheus, des Mannes der Trauer, auch er das Bild des sich gegen die neue Religion entwickelnden Widerstandes. Eine Dublette der Lykurgosfabel [1037] der Ilias nennt E. Maass Herm. XXIII 1888, 73 offenbar mit Recht die Erzählung des Diodor V 50, in der statt des Lykurgos sein Bruder Butes (s. Bd. III S. 1082 Nr. 5) und statt des D. seine Ammen eintreten. Die Sage ist bei Diodor nach der Phthiotis verlegt; Butes und seine Thraker treffen die (τροφοί des D. bei einem D.-Feste am Berge Drios. Maass erinnert hier an den D. πελάγιος von Pagasai.

Dieser Gruppe gegenüber steht eine andere, die von Heroen oder Menschen zu erzählen weiss, welche den ankommenden Gott freundlich aufnehmen und deshalb von ihm mit der Gabe des Weinstocks beschenkt werden. Diese Sagen sind in den Landschaften entstanden, in denen der Weinbau schnellen Eingang fand und in frommer Einfalt auf die Epiphanie des D. zurückgeführt wurde. Vor allem waren es Aitolien und Attika, wo solche Sagen gewachsen sind. In Aitolien haftet die Sage von der Einführung des Weinbaus an der Figur des Königs Oineus, bei dem D. eingekehrt war. Der Name Oineus ,Weinmann‘ spricht für sich selbst. Seine Gattin ist Althaia, die als die ,Nährmutter‘ (Preller-Robert I⁴ 666) oder die ,Heilende‘ (s. o. Bd. I S. 1694) gedeutet ist; sie sollte der Sage nach die Mutter der Deianeira sein, als deren Vater ü. galt. Deianeira gebiert dann von Herakles den Hyllos, so dass sich später die Ptolemaeer, die Nachkommen der dorischen Herakleiden, von D. und Herakles ableiteten. Über D. bei den Ptolemaeern vgl. F. Hiller v. Gaertringen in der Festschrift für Otto Hirschfeld 1903; s. auch Preller-Robert I⁴ 666 und u. S. 1040. Von attischen Sagen ist namentlich die Ikarios- und Erigonesage zu nennen, über die vgl. oben S. 1020. Hieher gehört auch die delische Sage von den Oinotropen. In Delos galt Staphylos, d. h. der personifizierte Weinstock, als Sohn des D. Seine Tochter war die Thrakerin Rhoio d. h. die Granate ((ῥοιά); diese gebiert vom Apollon den berühmten Seher Anios (Bd. I S. 2213), der dann mit der Nymphe Dorippe die Oinotrophen oder Oinotropen (s. d. und Bd. I a. a. O.) erzeugt, Oino, Spermo und Elais, denen D., ihr göttlicher Grossvater, die Gabe, alles in Wein, Korn oder Öl zu verwandeln, verleiht. S. die Litteratur bei Preller-Robert I⁴ 677. Die Tendenz dieses Mythos ist klar; er soll die delische Apollonreligion mit der D.-Religion verbinden. Der Mythos wird hieratischer Natur sein; die Delier eifern den Delphern (s. o. S. 1017f.) nach. Keine Epiphaniesage des D. ist aber mit der berühmten Sage von seinem Beilager mit Ariadne zu vergleichen. Die Sage wurde später allgemein nach der Insel Naxos verlegt. Aber das Ursprüngliche ist es nicht; das Beilager von D. und Ariadne verlegte das Volk nach der Insel Dia, nach der göttlichen Insel, die ebenso ein Gebilde der Phantasie war, wie das Nympheneiland Nysa. Wir können die Entstehung dieser Sage nicht bis zu ihrem Ursprung verfolgen. Mit Recht nimmt aber R. Wagner o. Bd. II S. 807 die Verbindung des D. mit Ariadne, d. h. der hochheiligen Göttin (Hesych. s. (ἀδνόν· ἁγνόν· Κρῆτες), schon für Kreta in Anspruch. Wo aber der ἱερὸς γάμος zwischen D. und Ariadne – natürlich zunächst ganz unabhängig von der Theseussage – entstanden ist, [1038] lässt sich nicht mehr feststellen. Auch das Wesen der Göttin Ariadne ist nicht völlig klar. Sehr wichtig ist die Nachricht, dass sich im Tempel des D. (Κρήσιος zu Argos das Grab der Ariadne befunden habe, die als Genossin des D. im Kampfe mit Perseus den Tod gefunden haben sollte (Paus. II 23, 7. 8). Über D. und Perseus vgl. namentlich P. Kretschmer Archaeolog. Jahrb. VII (1892) 35ff. In späterer Zeit galt Naxos als der Schauplatz des Beilagers zwischen D. und Ariadne. In der Od. XI 325 ist die ἀμφιφύτη Δία das Local der Ariadnesage. Mit Unrecht identifizierte man schon im Altertum Dia mit der gleichnamigen Insel nördlich von Kreta; denn ursprünglich kann die Sage gar kein bestimmtes Local gemeint haben, sondern nur eine Götterinsel, die lediglich für das Beilager des D. mit der hochheiligen Göttin geschaffen war. Erst bei Kallimachos (frg. 163 Schn.) ist die Identification der Insel Dia mit Naxos nachweisbar. Catull. LXIV 52 spricht noch von Dia; dagegen nennen Propertius III 17, 27 und Ovid. met. III 636 Naxos. Dichtung und bildende Kunst wetteifern, die von Theseus verlassene, von D. gefundene Ariadne darzustellen. Alles geht im Grunde auf einen ἱερὸς γάμος zwischen der hochheiligen Göttin und dem Sohn des Zeus zurück. Die Morgengabe des D. an die Ariadne ist die von Hephaistos verfertigte Krone, die später als Sternbild an den Himmel versetzt wurde. Ähnliche Cultsagen liegen der Dichtung des Syrers Pherekydes von der Hochzeit des Zas mit der Chthonie zu Grunde; vgl. Diels S.-Ber. Akad. Berl. 1897, 149. Wie alt die Sage von dem Beilager des D. mit der Ariadne ist, lässt sich nicht sagen; wahrscheinlich ist sie älter als die Verbindung der Ariadne mit Theseus (s. o. Bd. II S. 806).

Zu den Epiphaniesagen gehören auch die Sagen, die von D. als Sieger und Triumphator zu erzählen wissen, die von seinem göttlichen Beistand in Kämpfen und Gefahren berichten. Hierher gehört vor allem seine Beteiligung an der Gigantomachie. Diese knüpft an einen Orakelspruch der Ge an, nach welchem der Sieg über die Giganten nur mit Hülfe zweier Helden gewonnen werden könnte, die sterbliche Mütter hätten. Gemeint sind D. und Herakles; vgl. Schol. Pind. Nem. I 100 und Ps.-Apollod. I 35. Die Erscheinung des D. in der Gigantomachie ist auf älteren Kunstwerken von der anderer Götter wenig verschieden; nur Pantherfell und thrakische Kappe charakterisieren den thrakischen Gott; sonst trägt er Schwert und Schild wie die anderen Götter. Aber bald sehen wir den Gott in eigentümlicher Bewaffnung mit dem Thyrsos in der Rechten und der Weinrebe oder dem Becher in der Linken. Von Anfang an begleiten aber die Erscheinung des Gottes auf den Kunstwerken der Gigantomachie wilde Tiere, von denen die Giganten angefallen werden, Löwe, Panther und Schlange. Es ist möglich, aber nicht beweisbar, dass diese Tiere nicht nur Attribute des Bakchos sind, sondern ursprünglich seine Metamorphose darstellen, wie das zuerst De Witte und C. Robert vermutet haben; vgl. M. Mayer Giganten und Titanen 321, der dort im Zusammenhang über D. in den Darstellungen der Gigantomachie gehandelt hat. Hor. carm. II 19, 21 scheint den Giganten [1039] Rhoetus als Gegner des D. zu nennen, den dieser in Löwengestalt bezwungen habe. Aber eine Teilname des löwengestaltigen D. am Gigantenkampfe ist sonst weder in der Litteratur noch in der Kunst nachweisbar und ist offenbar ohne Grund von A. Kiessling als ein ,uralter nur hier sich findender Zug der Sage‘ bezeichnet worden. Mit Recht hat also A. Trendelenburg (Berliner Archaeol. Ges. April 1898) das horazische leonis unguibus horribilemque (wie er statt des überlieferten horribilique liest) mala auf die Erscheinung des Giganten bezogen und an den sog. Leon des pergamenischen Altarfrieses erinnert.

Hieher gehört auch das schöne Märchen von dem Siege des Gottes über die tyrrhenischen Seeräuber. In allen Epiphaniesagen kehrt derselbe Gedanke wieder: D. giebt sich den Ungläubigen und Widerspenstigen in seiner ganzen göttlichen Macht zu erkennen und bestraft ihre Gottlosigkeit. Die älteste Erzählung dieser Legende ist uns im sog. homerischen Hymn. VII (Διόνυσος ἢ λησταί) erhalten, den A. Ludwich Königsberger Studien I 1887, 63ff. sehr mit Unrecht für eine orphische Dichtung ausgegeben hat (O. Kern Wochenschr. klass. Philol. VI 1889, 281ff. O. Crusius Philol. XLVIII 1889, 188. 193ff.). Die Sage wurde bald populär: ihr schönstes Zeugnis ist der Bildschmuck des choregischen Denkmals des Lysikrates in Athen. Sie ist von Maass mit Recht auf den Cult eines Meer-D. zurückgeführt worden. Hieher gehört auch des D. Kampf mit Triton (Paus. IX 20, 4; vgl. K. Wernicke Archaeol. Jahrb. II 1887, 114ff.).

Eine neue Phase der D.-Mythen beginnt mit den Kriegszügen Alexanders d. Gr. Der geographische Horizont hatte sich von neuem erweitert: in Indien schien Nysa, um das schon viele Länder gestritten hatten, wiedergefunden zu sein. Die Neigung der Hellenen, in neuentdeckten Ländern die Heimat ihrer Götter und Heroen zu suchen, erwachte von neuem, als Alexandros Indien erschlossen hatte. Aber man glaubte auch den leibhaftigen D. in der Gestalt des grossen Alexandros unter sich zu haben. Alexandros wurde mit D. verglichen; seine alle Welt in Staunen setzenden Kriegszüge wurden einem Triumphzuge des D. gleichgestellt, der, begleitet von einem grossen, in wilder Lust dahinstürmenden Gefolge bis nach Indien vordringt und dort den Hellenen ein neues, gelobtes Land zeigt. Wenn auch mit Recht behauptet wird, dass die allbekannte Form des dionysischen Thiasos erst im Anschluss an die Kriegszüge Alexanders entstanden ist, so sind die Anfänge der Sage von dem welterobernden, vor allem aber nach dem Orient vordringenden D. bereits im 5. Jhdt. v. Chr. nachweisbar. In den Bakchen des Euripides kommt D., begleitet von einer Schar lydischer Frauen, von seiner Siegesfahrt durch den Orient nach Theben, was er im Prolog v. 13ff. mit den Worten angiebt: λιπὼν δὲ Λυδῶν τοὺς πολυχρύσους γύας Φρυγῶν τε, Περσῶν θ’ ἡλιοβλήτους πλάκας Βάκτριά τε τείχη τήν τε δύσχιμον χθόνα Μήδων ἐπελθὼν Ἀραβίαν τ’ εὐδαίμονα Ἀσίαν τε πᾶσαν, ἢ παρ’ ἁλμυρὰν ἅλα κεῖται μιγάσιν Ἕλλησι βαρβάροις θ’ ὁμοῦ πλήρεις ἔχουσα καλλιπυργώτους πόλεις, εἰς τήνδε πρῶτον ἦλθον Ἑλλήνων πόλιν). Es ist möglich, dass diese Abstellung von dem Eroberer [1040] D. auf orientalische, namentlich kleinasiatische Überlieferungen zurückgeht, wenn sich das im einzelnen auch nicht weiter beweisen lässt. Jedenfalls ist die Legende von dem indischen Triumphzuge des D. ganz mit Alexanders Kriegszügen verknüpft und vor ihm in keiner Weise nachweisbar. Sehr hübsch hat Maass Herm. XXIII 1888, 77 darauf hingewiesen, dass auch D. wie sein Vorbild Alexandros d. Gr. zu Wasser und zu Lande kämpft. Einen Seesieg, den D. über die Indier davonträgt, schildert das XXXΙX. Buch des Nonnos. Die indische D.-Legende begegnet zuerst bei den sog. Alexanderhistoriκern; s. Megasthenes bei Müller FHG II 416 frg. 21. E. A. Schwanbeck Megasthenis Indica, Bonn 1846 und namentlich Botho Graef De Bacchi expedit. Indica, Diss. Berol. 1880. Man erzählte, dass Alexandros selbst seinen Heereszug πρὸς μίμησιν τῆς Διονύσου Βακχείας ausgestattet habe und deshalb Θρίαμβος genannt worden sei (Arrian. anab. VI 28. Plut. Alex. 67, vgl. oben Bd. I S. 1429). Nach Diog. Laert. VI 63 verehrten die Athener Alexandros als D.; vgl. E. Kornemann in C. F. Lehmanns Beiträgen zur alten Geschichte I 1902, 58. 70. Noch mehr trat das Bestreben, ihre Königsherrschaft mit dionysischer Macht zu vergleichen, bei seinen Nachfolgern hervor, den Ptolemaeern und Seleukiden. Vor allem gilt das von den Ptolemaeern, vgl. E. Kornemann a. a. O. 67, 5. 6. 83, 2; für die Seleukiden vgl. ebd. 82. Berühmt vor allem ist die dionysische Pompe des Ptolemaios Philadelphos in Alexandreia; vgl. darüber die ausführliche Beschreibung des Kallixenos bei Athen. V 196 A-202 A und dazu Kamp De Ptolem. Philadelphi pompa Bacch., Dissert. Bonn. 1864 und B. Graef a. a. O., der den Einfluss dieser grossartigen Pompe auf den bakchischen Sarkophagen der Römer nachweist. Näheres s. im Art. Thiasos. Spätere Kunst und Dichtung nahmen ihre Motive immer gern aus der Sage von dem indischen Triumphzuge des D., und selbst in altehrwürdige Culte und Traditionen drang sie ein, wie z. B. in Sparta später die Pyrrhiche dadurch wesentlich modificiert wurde, vgl. Athen. XIV 631 B: ἡ δὲ καθ’ ἡμᾶς πυῤῥίχη διονυσιακή τις εἶναι δοκεῖ ἐπιεικεστέρα οὖσα τῆς ἀρχαίας ἔχουσι γὰρ οἱ ὀρχούμενοι θύρσους ἀντὶ δοράτων, προΐενται δ’ ἐπ’ ἀλλήλους καὶ νάρθηκας καὶ λαμπάδας φέρουσιν· ὀρχοῦνταί τε τὰ περὶ τὸν Διόνυσον καὶ τὰ περὶ τοὺς Ἰνδούς, ἔτι δὲ τὰ περὶ τὸν Πενθέα. Andere Stellen bei Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 704, 5. Für die Poesie sind das wichtigste Gedicht die am Schlusse des 4. Jhdts. n. Chr. entstandenen Dionysiaka des Nonnos aus Panopolis in Ägypten in 48 Gesängen; vgl. über die Quellen des Gedichts R. Köhler Über die Dionysiaka des Nonnus, Halle 1853. Vorangegangen waren ihm in der Behandlung dieses Stoffes namentlich Euphorion von Chalkis, von dem es ein episches Gedicht Διόνυσος gab, und Soterichos, der den indischen Zug des Bakchos zur Zeit des Diocletian in vier Büchern besungen hatte. Als Pendant zu der indischen D.-Sage gab es dann auch eine westliche, die den D. in Italien und Spanien Eroberungszüge machen lässt. Den Indiern entsprechen die Tyrrhener, wie z. B. Nonnos XLV 174. XLVII 627 von einem Kampfe des D. mit dem Giganten Alpos (Bd. I S. 1638) zu erzählen [1041] weiss. Schon in der indischen Sage lebte die Erzählung von der Teilnahme des D. am Gigantenkampfe auf; vgl. F. Koepp De Gigantomachiae in poeseos artisque monumentis usu, Diss. Bonn 1883. Schliesslich enden die Triumphzüge des D. dann in dem Ausgangspunkt der ganzen D.-Religion, in Thrakien. Nach Ps.-Apollod. III 36 Wagn. gelangt er durch Thrakien und Indien nach Theben (Herchers Behandlung der Stelle hätte Wagner nicht billigen sollen); vgl. Ovid. fast. III 719 Sithonas et Scythicos longum est narrare triumphos et domitas gentes, turifer Inde, tuas.

VII. Attribute des Dionysos. Es ist bei D. sehr schwer, sein ältestes Attribut zu bezeichnen. Man wird als solches wohl den Stier nennen können, der in die Zeit führt, als D. in einigen Gegenden, wie z. B. in Elis, den alten Stierfetisch ersetzte. Der Stier verkörperte nach der Vorstellung der Alten die ungestüme, wilde Zeugungskraft und war als solche namentlich im Culte der Wassergötter, vor allem des Poseidon, zu finden, sei es, dass diese in der Gestalt von Stieren verehrt, sei es, dass ihnen Stiere als Opfer dargebracht wurden. D. hat auch von altersher seine Beziehung zum Meere (s. o. S. 1032 unter πελάγιος) und galt immer als ein Gott der Fruchtbarkeit. Daher war er sehr geeignet, den alten Tierfetisch der Eleer zu ersetzen und mit neuem Leben zu erfüllen; s. das alte Cultlied eines D.-Cults in Elis S. 1032 unter ταῦρος. Wir müssen uns das Cultbild dieses Gottes ohne Zweifel in Stiergestalt vorstellen. Im allgemeinen aber verflüchtigte sich der alte Stierfetisch nach der aus vielen Analogien der griechischen Religionsgeschichte bekannten Weise: der Gott trägt nur noch die Abzeichen des Stiers, Hörner (D. βουκέρως, ταυροκέρως, χρυσοκέρως; vgl. Preller-Robert Griech. Myth. I⁴ 714, 2) oder eine Stierhaut, die allerdings nach der Entstehung der Sage von dem Triumphzuge des D. nach Indien durch das bekannte Pantherfell, mit dem die Kunstwerke den D. so oft bekleidet zeigen, ersetzt wurde; oder dem Gotte werden Stiere als Opfer dargebracht, so dass ihn Sophokles in seiner Tyro z. B. ταυροφάγος nennen konnte (frg. 607 Nauck). Ein sehr eigentümliches Stieropfer in Kynaitha, Paus. VIII 19, 2. Von andem Tieren sind ihm namentlich der Panther und der Löwe heilig, beides Tiere, die sicher erst aus dem Cult der phrygischen μεγάλη μήτηρ in seine Umgebung gekommen sind. Die bildende Kunst hat sich namentlich des Panthers bemächtigt, von dem begleitet D. in mannigfachen Situationen dargestellt wird. Oppian cyneget. III 78ff. IV 230ff. hält die Panther nach dem Vorgang der ἀοιδοί für verwandelte Mainaden. Auch Esel und Bock, zwei wegen ihrer Geilheit bekannte Tiere, haben oft die Ehre, den Gott D. auf ihrem Rücken zu tragen. Sehr hübsch ist der Einfall eines alexandrinischen Dichters, nach dem D. mit seinem Thiasos, zu dem hier auch Hephaistos gehörte, auf Eseln in den Gigantenkampf ritt, wodurch die Giganten, durch das Eselsgewieher erschreckt, sofort die Flucht ergriffen, Ps.-Eratosth. catasterism. 11 p. 92f. Rob. Böcke und Ziegen wurden dem D. auch sehr oft geopfert, so dass er die Beinamen ἐρίφιος, αἰγοβόλος, μελαναιγίς [1042] erhielt. Wenn die Alten sagten, dass dem D. deshalb Bock und Ziege geopfert würden, weil diese Tiere dem Weinstock feindlich gesinnt wären (Verg. Georg. II 380 non aliam ob culpam Baccho caper omnibus aris caeditur), so ist das schwerlich richtig; geopfert werden ihm diese Tiere als dem Gotte der Fruchtbarkeit, wie denn auch die grosse Naturgöttin Artemis vor allem Ziegen als Opfer erhält. Auf die Fruchtbarkeit des D. deutet auch der Phallos, den wir in vielen seiner Culte als Symbol finden; vgl. darüber namentlich Plut. de cup. divit. 8: ἡ πάτριος τῶν Διονυσίων ἑορτὴ τὸ παλαιὸν ἐπεμπετο δημοτικῶν καὶ ἱλαρῶς, ἀμφορεὺς οἴνου καὶ κληματίς, εἶτα τράγον τις εἶλκεν, ἄλλος ἰσχάδωνἄῤῥιχον ἠκολούθει κομίζων, ἐπὶ πᾶσι δὲ ὁ φαλλός. Vgl. dazu den D. Φαλλήν auf Lesbos oben S. 1033. Phallosprocessionen waren im D.-Cult häufig, z. B. in Argos, wo sie der Seher Melampus eingeführt haben sollte nach Herod. II 49, auf Rhodos, Athen. X 445 B (s. dazu van Herwerden Mnemosyne N. S. XXIX 1901, 218), und in Athen CIA II 321 b 7; vgl. auch den D. ἐνόρχης und χοιροψάλας. Nach dem bekannten Decret über die Colonieentsendung nach Brea in Thrakien ( Dittenberger Syll.² 19 a) mussten die Colonisten von Brea nach Athen zu den Dionysien alljährlich einen Phallos einsenden. Zum Preise des gewöhnlich in einem κανοῦν herumgetragenen Phallos erschollen Lieder (τὰ φαλλικά), von denen Aristophanes Ach. 261ff. eins nachgebildet hat. Über Phallostänze vgl. Lobeck Aglaopham. II 1086. Namentlich spielte der Phallos in den Mysterienculten eine wichtige Rolle und befand sich als Symbol der Fruchtbarkeit sowohl oft in der Cista mystica als auch im Liknon. Von Pflanzen war dem D. vor allem der Epheu heilig, mit dem schon sein alter thebanischer Fetisch (o. S. 1016) bekränzt wurde. Viele Kunstwerke zeigen ihn mit Epheu bekränzt (κισσοχαίτης, κισσοκόμης). Für D. ist der Epheu dasselbe, was für Apollon der Lorbeer bedeutet. Die beiden jugendlichen Götter wechseln auch oft die Lieblingspflanzen aus. Apoll ist mit Epheu, D. mit Lorbeer bekränzt; s. die Dichterstellen bei Preller-Robert I⁴ 713. Der Thyrsosstab, den wir auf Kunstwerken so unendlich oft in den Händen des D. oder seiner Diener und Dienerinnen finden, besteht ursprünglich aus einem Stab (νάρθηξ), der oben mit Laubgewinde aus Epheu versehen war oder mit Weinlaub, das auch oft die Schläfe des Gottes schmückte. Nach Robert bei Preller I⁴ 715 findet sich das älteste Beispiel des Thyrsosstabes mit aufgesetztem Pinienzapfen wohl auf der Mysterienvase der Sammlung Tyskiewicz, Mon. d. Inst. XII 35. Für den dionysischen Cult gab es im Laufe der Zeit dann noch eine ganze Reihe von Symbolen und Geräten, die namentlich auf den Kunstwerken erscheinen, so heilige Binden, die in keinem griechischen Gottesdienste fehlen, Schlangen, Fackeln, Flöten, Handpauken, die zum Teil aus dem phrygischen Dienst der Kybele in den des D. eingedrungen sind.

VIII. Dionysos in den Mysterien. Der D. der Mysterien gehört den Orphikern an, Dichtern, die sich nach dem thrakischen Sänger Orpheus nannten und den D. in den Mittelpunkt ihrer [1043] Lehre stellten. Vgl. darüber den Art. Orphiker und die zum Teil vortrefflichen Ausführungen von E. Rohde Psyche II² 105ff.; dazu Schoemann-Lipsius Griech. Altertüm. II⁴ 378ff. Die orphische Bewegung hat jedesfalls ihre Blüte in Athen zur Zeit der Peisistratiden erreicht, und der Name des Onomakritos ist mit ihr eng verbunden; vgl. namentlich Paus. VIII 37, 5 παρὰ δὲ Ὁμήρου Ὀνομάκριτος παραλαβὼν τῶν Τιτάνων τὸ ὄνομα Διονύσῳ τε συνέθηκεν ὄργια καὶ εἶναι τοὺς Τιτᾶνας τῷ Διονύσῳ τῶν παθημάτων ἐποίησεν αὐτουργούς . Herodot II 81 rechnet die Ὀρφικάzu den Βακχικά; das ist richtig. Aber es ist nur Herodots eigene Meinung, wenn er die Gedanken der Orphik aus Ägypten und von den Pythagoreern herleitet. Beides ist sicher falsch; schuld daran ist Herodots Ägyptomanie (Rohde a. a. O. 108, 1). Die Orphiker haben die Identification des D. mit Zagteus vollzogen und dem D. auch den Namen Phanes gegeben, der nur in ihrer Theogonie nachzuweisen ist; denn die Lesung Φάνης auf den Goldtäfelchen von Thurioi ist durch H. Diels Festschrift für Th. Gomperz 1902, 1ff. beseitigt worden. Der Cult des orphischen D. ist in Geheimzirkeln gepflegt worden, die ihre Convente namentlich in Βακχεῖα genannten ἱεροὶ οἶκοι (s. o. Bd. II S. 2783) abzuhalten pflegten. Es ist aber kein Grund vorhanden, alle dionysischen Mysterien nun für orphisch zu halten (s. darüber Bd. III S. 1015). Auch die weitverbreitete Ansicht, dass der orphische D.-Iakchos den eleusinischen Mysterien der Demeter und Kore ein neues Element zugeführt habe, ist noch nie bewiesen worden. Vgl. darüber Bd. IV S. 2737 und den Art. Iakchos. Wir wissen über den eleusinischen D.-Dienst ausserordentlich wenig. Auf der Mysterienvase Mon. d. Inst. XII 1885 tav. 35 ist der merkwürdigerweise auf einem Omphalos sitzende D. in keiner Weise als Iakchos charakterisiert, von dem eine sichere bildliche Darstellung überhaupt nicht erhalten ist (ganz verkehrt scheint mir F. Winters Deutung des schönen Kopfes im Braccio nuovo zu sein, Bonner Studien für Kekulé 143). Bei weitem das wichtigste Zeugnis für D. in Eleusis ist neben den Fröschen des Aristophanes jetzt der delphische Paian des Philodamos (H. Weil Bull. hell. XIX 1895. 393), dessen dritte Strophe von H. Weil a. a. O. und H. Diels S.-Ber. Akad. Berlin 1896, 459 folgendennassen hergestellt ist; [Νυκτιφ]αὲς δὲ χειρὶ πάλλων δ[έμ]ας ἐνθέοις [σὺν οἴσ]τορις ἔμολες μυχοὺς [Ἐλε]υσῖνος ἀν’ [ἀνθεμώ]δεις· Εὐοῖ ὦ Ἰόβακχ’ ὦ Ἰ[επαι]άν [ἔθνος ἔνθ’] ἅπαν Ἑλλάδος [γ]ᾶς ἀ[μφ’ ἐ]νναέταις [φίλιον] ἐπ[όπ]ταις ὀργίων ὁσ[ίων Ἰά]κχον [κλείει σ]ε· βροτοῖς πόνων ὦιξ[ας δ’ ὅρ]μον [ἄλυπον]. Möglicherweise stand der eleusinische D. mit dem delphischen in engerer Beziehung, worauf namentlich der Omphalos der Mysterienvase hinweisen könnte. Diesen eleusinischen Omphalos erblickt man auch auf dem Pinax der Ninnion (Ἐφημ. ἀρχ. 1901 πιν. 1; vgl. dazu O. Kern in den Beitr. zur Gesch. der griech. Philosophie und Religion [mit P. Wendland] 1895, 86 und Io. N. Svoronos Ἑρμηνεία τῶν μνημείων τοῦ Ἐλευσινιακοῦ μυστικοῦ κύκλου, Ἀθῆναι 1901). Weiteres im Art. Eleusis und Mysterien.

IX. Dionysos in der Kunst. Über D. [1044] in der Kunst siehe die fleissige Zusammenstellung von E. Thraemer in Roschers mythol. Lexikon I 1089–1153. Das bildliche und litterarische Material ist ein so grosses, dass hier nur die Hauptlinien der Entwicklung angegeben werden können. Die Kunst hatte bei D. die Gelegenheit, den Gott in den verschiedensten Situationen und in allen Lebensaltern darzustellen. Die Culte kennen den D. als Kind, als Jüngling, als reifen Mann. In der Sage erscheint er z. B. als Verfolgter (von Lykurg und Pentheus), als Kämpfer in der Gigantomachie, als Sieger im indischen Triumphzug. Alle diese Motive kehren in der bildenden Kunst wieder, und jedes Motiv hat in ihr seine Entwicklung und Geschichte. Sehr oft ist es schwer, D. als solchen zu erkennen, wenn die Attribute, der Thyrsosstab oder der Weinlaubkranz, fehlen. Denn die Blütezeit der Kunst stellt D. auch gern wie seinen Bruder Apollon als zarten Jüngling dar, umgeben mit allen Beizen männlicher Jugendschöne. Aber bevor der thrakische D. in dieser Weise von der griechischen Kunst verherrlicht wurde, hatte auch er einen langen Weg durchzumachen, der mit dem Säulenfetisch in Theben (s. o. S. 1016) beginnt. Da D. namentlich auf dem Lande von den Weinbauern verehrt wurde, hat sich bei ihm dieser primitive Cult länger erhalten als bei anderen Gottheiten; vgl. dazu Maxim. Tyr. VIII 1 οὕτω δέ τις ποιμένων τὸν Πᾶνα τιμᾷ ἐλάτην αὐτῷ ὑψηλὴν ἐξελόμενος ἢ ἄντρον βαθύ, καὶ γεωργοὶ Διόνυσον τιμῶσι πήξαντες ἐν ὀρχάτῳ αὐτοφυὲς πρέμνον, ἀγροικικὸν ἄγαλμα. Nach einer allerdings nicht sehr gut verbürgten Nachricht bei Harpokration s. ἀγυιᾶς soll wie dem Apollon (vgl. darüber J. Six Athen. Mitt. XIX 1894, 340) so auch dem D. der ἀγυιεύς, κίων εἰς ὀξὺ λήγων, ὃν ἱστᾶσι πρὸ τῶν θυρῶν, heilig gewesen sein. Später staffierte man die Hölzer und Säulen mit Gewändern und bärtigen Masken aus. Ein besonders charakteristisches Beispiel ist dafür die schöne Hieronvase, Wiener Vorlegebl. A Taf. IV. Anderes bei Thraemer a. a. O. Überhaupt spielen die Masken eine grosse Bolle im D.-Dienst.

Die ältesten erhaltenen D.-Bilder begegnen uns auf den sf. Vasen. Gewöhnlich ist der Gott auf diesen in dem ionischen χιτὼν ποδήρης dargestellt, über den eine Chlamys oder häufiger ein Himation geschlagen ist. Der Gott ist hier immer bärtig, wie denn überhaupt seine Bildung als bartloser Jüngling erst vom 5. Jhdt. an nachweisbar ist. In dem meist kräftigen und lockigen Haar trägt er auf den sf. Vasen meistens einen Epheukranz (vgl. D. Κισσός o. S. 1029), während er in der einen Hand ein Trinkgefäss, in der anderen eine Ranke (gewöhnlich eine Weinrebe) hält. Der Thyrsos kommt auf diesen ältesten Vasen als Attribut noch nicht vor, während hier und da das Scepter in seiner Hand erscheint. Das Pantherfell (die Pardalis) begegnet nach Thraemer a. a. O. 1095 nur ein einzigesmal (Gerhard Auserl. Vasenb. I Taf 63). Von Tieren treffen wir in seiner Begleitung namentlich den Ziegenbock, den Stier und ganz besonders den Maulesel, auf dem der Gott gerne reitet. Ähnlich wie auf den ältesten Vasen werden wir uns den Gott auch auf der Lade des Kypselos und am Bathron des amykläischen Throns dargestellt denken müssen. [1045]

Auf den rf. Vasen erscheint D. zunächst ganz in derselben Gestalt wie auf den sf., da beide Malweisen ja auch lange Zeit nebeneinander hergehen. Es wird nur auf Zufall beruhen, dass die Pardalis jetzt öfter vorkommt. Diodors (IV 4) Worte κατὰ μὲν τὰς ἐν τοῖς πολέμοις μάχας ὅπλοις αὐτὸν πολεμικοῖς κεκοσμῆσθαι καὶ δοραῖς παρδάλεων, κατὰ δὲ τὰς ἐν εἰρήνῃ πανηγύρεις καὶ ἑορτὰς ἐσθῆσιν ἀνθειναῖς καὶ κατὰ τὴν μαλακότητα τρυφεραῖς χρῆσθαι sind durch die Monumente bisher nicht bestätigt worden. Archaische Statuen oder Köpfe, die mit Sicherheit auf D. gedeutet werden können, sind nicht vorhanden. So können wir uns auch z. B. kein Bild von der D.-Statue des Myron machen, die Paus. IX 30 1 als θέας μάλιστα ἄξιον μετὰ τὸν Ἀθήνῃσιν Ἐρεχθέα erwähnt. Von Bedeutung sind für den D.-Typus dieser Zeit namentlich die Münzen, z. B. eine Tetradrachme von Naxos auf Sicilien. Die Darstellungen des bärtigen D. nehmen von dem Augenblick ab, in dem die Kunst ein neues Ideal von ihm schuf in der Gestalt des unbärtigen, in Jugendschöne strahlenden D. Als ältestes Beispiel dafür gilt gewöhnlich der D. des Kalamis in Tanagra; vgl. darüber Paus. IX 20, 4 ἐν δὲ τοῦ Διονύσου τῷ ναῷ θέας μὲν καὶ τὸ ἄγαλμα ἄξιον, λίθου τε ὂν Παρίου καὶ ἔργον Καλάμιδος. Die Bartlosigkeit wird durch Münzen bewiesen; vgl. Imhoof-Blumer Wiener Numism. Ztschr. IX 1877. 32 und E. Curtius Arch. Ztg. XLI 187, 225; s. auch K. Wernicke Arch. Jahrb. II 1887, 114. In Attika erscheint D. in jugendlicher Gestalt wohl zuerst auf dem Parthenonfries, auf dem der für Attika so wichtige Gott keinesfalls fehlen konnte. Aber erst von dem Auftreten des Praxiteles an beherrscht die Darstellung des jugendlichen D. die ganze bildende Kunst. Durch ihn ist ein neues Ideal geschaffen, und nicht nur allein für ihn; sondern auch die Gefährten seiner Weingelage und Streifzüge, vor allem die Satyrn, werden durch die praxitelische Kunst in des Wortes wahrster Bedeutung verjüngt. Wie die Künstler heben nun auch die Dichter immer seine Jugendschöne hervor. Es sind uns eine grosse Anzahl von D.-Statuen und Köpfen vom 4. Jhdt. an erhalten – oder doch wenigstens solche Monumente, bei deren Deutung man an keinen Gott lieber als an D. denken wird. Aber sicher ist eine Deutung auf D. immer nur, wenn die Statue durch eins seiner Attribute genügend gekennzeichnet ist. Sonst geht die Deutung sicher oft ins Irre. Nichts scheint verkehrter, als z. B. aus dem schwärmerischen, träumerischen Aussehen eines Kopfs gleich auf ein Bild des D. schliessen zu sollen. In dieser Beziehung ist auch noch Thraemer a. a. O. viel zu weit gegangen. Von all den späteren D.-Statuen heben wir als ein besonders schönes Beispiel die in Tivoli ausgegrabene Statue des Götterjünglings (Mon. d. Inst. XI 51 und Ad. Michaelis Annali 1883, 136ff.) hervor. An vielen Statuen, namentlich denen späterer Zeit, sieht man, wie die Körperform des Gottes immer weicher, fast weibisch wird. Von seinen Mythen hat die Kunst namentlich die Geburtssage, seine Einkehr bei Ikarios, die durch ihn vollführte Zurückbringung des Hephaistos in den Olymp, seine Teilnahme an der Gigantomachie, die Pentheus- und Lykurgosfabeln, das Zusammentreffen mit Ariadne [1046] behandelt. Seit der Zeit Alexanders d. Gr. war dann aber vor allem sein ganzer Thiasos, die Schar der Silene, Satyrn und Mainaden, der Stoff unzähliger Kunstdarstellungen; vgl. darüber B. Graef De Bacchi expeditione Indica, Diss. Berol. 1886, 1ff.

Preller-Robert Griech. Mythol. I⁴ 1894, 659–718. F. G. Welcker Griech. Götterlehre I (1857) 424–451. II (1860) 571–653. O. Ribbeck Anfänge und Entwicklung des Dionysuscultus in Attika. Kieler Universitätsschrift 1869. F. A. Voigt und E. Thraemer in Roschers Lexikon I 1029–1153. E. Rohde Psyche II² 1898, 1–102.

[Kern. ]