Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Dichter der alten attischen Komödie
Band VIII,1 (1912) S. 844 (IA)–845 (IA)
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5) Hermippos Dichter der alten attischen Komödie. Nach Suidas (s. v.) ist er der Bruder des weniger bedeutenden Komikers Myrtilos, ihr Vater hieß nach Suidas s. Μυρτίλος Lysis. H. steht zeitlich in der Mitte zwischen Kratinos und Eupolis-Aristophanes. In der Lenäenliste (Wilhelm Urkunden dram. Auff. in Athen 123) haben wir die Folge Kratinos, Pherekrates, H., Phrynichos, Myrtilos, Eupolis, die Zahl seiner Siege ist vier. In der Liste der städtischen Dionysien (Wilhelm Urk. 107) folgen einander Pherekrates, H., Aristomenes, Eupolis; die Zahl der Siege fehlt hier. In den sog. Fasten (IG II 971) ist mit höchster Wahrscheinlichkeit sein Name als Sieger des J. 422 zu ergänzen (Wilhelm Urkund. 21). Die Zahl seiner Stücke betrug nach Suidas 40, wir kennen 10 Titel Ἀγαμέμνων (Lex Messan. ed. Rabe Rh. Mus. XLVII 411), Ἀθηνᾶς γοναί, Ἀρτοπώλιδες, Δημόται, Εὐρώπη, Θεοί, Κέρκωπες, Μοῖραι, Στρατιῶται, Φορμοφόροι. H. ist der einzige Komiker, der seine Angriffe auf Perikles nicht auf die Bühne beschränkte, sondern auch politisch gegen ihn vorging; nach Plut. Perikl. 32 erhob er die Anklage ἀσεβείας gegen Aspasia und warf in seiner Anklagerede dem Perikles Ehebruch mit freien Frauen vor. Besonders scharf greift ein bei Plut. Perikl. 33 erhaltenes anapästisches Fragment (46 K.) dem Perikles als βασιλεὺς Σατύρων wegen seiner vorsichtigen Kriegsführung im Beginn des Peloponnesischen Kriegs an. Meineke [845] hat das Fragment den Moiren zugewiesen, weil dies Stück nach Ausweis von frg. 47 im Beginn des Kriegs geschrieben ist. In dieselbe Zeit gehören die Στρατιῶται, einmal (frg. 50 K.) als Στρατιώτιδες zitiert. Auch die Φορμοφόροι, aus denen bei Athen. I 27 d ein langes Fragment in parodischen Hexametern (frg. 63 K.) erhalten ist, sind vor 424, dem Todesjahr des Sitalkes, verfaßt. Später griff H. in den Ἀρτοπώλιδες den Hyperbolos scharf an, wie aus Arist. Nub. 551–557 mit Schol. hervorgeht, und zwar war dies Stück nach Aristophanes später als Eupolis’ Marikas (421) verfaßt. Außer Perikles und Hyperbolos finden wir in den Fragmenten Peisandros (frg. 9), Hierokleides (frg. 38), Leotrophides (frg. 35), Thumantis (frg. 35), Diagoras (frg. 42) angegriffen. Neben dem politischen Spott pflegte H. auch die Mythenparodie, seine Ἀθηνᾶς γοναί sind das älteste Beispiel von komischer Behandlung einer Göttergeburt, ein später beliebtes Thema. Wenn Polemon bei Athen. XV 699 a H. unter den Paroden nennt, so wird das kaum auf besondere Gedichte nach Art des Hegemon von Thasos, sondern auf längere parodische Einlagen in den Komödien zu beziehen sein, wie wir sie aus den Φορμοφόροι (frg. 63 K.) und einem ungenannten Stück (frg. 82 K.) kennen. Sicher ist dagegen, daß H. auch als Iambograph tätig war. Schol. Arist. Plut. 701 zitiert Ἑ. ἐν τῷ πρώτῳ ἰάμβῳ τῶν τριμέτρων. Schol. Ar. Wesp. 1169 Ἑ. ἐν τοῖς τετραμέτροις, bei Athen. XI 461 e werden zwei trochäische Tetrameter unter dem Lemma ἐν τοῖς ἰάμβοις angeführt, der Gesamttitel des Werkes war also Iamben, und die Alexandriner schieden zwei Bücher, Trimeter und (trochäische) Tetrameter; die spärlichen Fragmente enthalten Spuren politischen Spottes (frg. 71 K.). Die von Reitzenstein herausgegebene Berliner Photios-Hs. hat für H. nur die Worte ἄδραστα (S. 34, 3) und ἀμυλλίδωτον (98, 8) sowie die Zuweisung von frg. 77 K. an die Θεοί ergeben. Meineke I 90. Kirchner Prosop. Att. 5112. Fragmente Meineke II 380. Kock I 224.