Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
fertig  
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Komödiendichter im 5./4. Jh. v. Chr.
Band II,1 (1895) S. 971 (IA)–994 (IA)
Aristophanes in Wikisource
Aristophanes in der Wikipedia
GND: 118503987
Aristophanes in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register II,1 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|II,1|971|994|Aristophanes 12|[[REAutor]]|RE:Aristophanes 12}}        

Leben

12) Der Komiker. – Leben. Ausser den beiden in den Hss. überlieferten Βίοι (dazu eine inhaltlose Compilation von Thomas Magister) kommt der Suidasartikel, eine kurze Notiz beim Anon. π. κωμῳδ. III und das Scholion zu Plato apol. 19 c in Betracht. Alles zusammen abgedruckt ausser in den meisten Ausgaben des A. bei Westermann Biogr. p. 155 und bei Dübner Schol. Arist. proleg. nr. III. XI–XV. Völlig identisch fast sind die Stücke XI. XII, nur dass ΧII, im übrigen kürzer, am Schluss das platonische Epigramm auf A. hinzufügt. Der Inhalt ist trotz breiter Darstellung dürftig, wenig positive Thatsachen nebst mancherlei Combinationen und Erfindungen, deren Anlass fast überall auf die Komödien selbst zurückzuführen ist. Voran steht Vatersname, Demos und Phyle, dann die dichterische Charakteristik, verglichen mit Kratinos und Eupolis, das Verhältnis des A. zu Philonides und Kallistratos, belegt durch Zeugnisse des Aristonymos und Ameipsias (statt des letzteren Sannyrion genannt in nr. XIV), Streit mit Kleon und γραφὴ ξενίας (meist nach den Rittern und Acharnern dargestellt), Heimat, politische Stellung (nach Acharn. 642, vgl. die Scholien), Ansehen des A. beim Perserkönig (nach Acharn. 647) und später bei Platon und dem Tyrannen Dionysios. Dann Entstehung der mittleren Komödie (Kokalos, Plutos), die Söhne des Α., Zahl der Dramen. Das Platonscholion giebt nur ein paar abgerissene Notizen: φαλακρός (Fried. 771), Verhältnis zu Euripides, zu Philonides und Kallistratos, Söhne, Kleruchie auf Aigina, dies alles aber mit gelehrten Citaten aus Apollodor, Dikaiarch, Philochoros, Theogenes. Suidas hat einige Heimatsangaben mehr, die Thorheit, dass Α. ἀπὸ δούλων gewesen sei (Hermipp der Jüngere) und Erfinder des Tetrameters und Octameters, dazu die Datierung κατὰ τὴν ϙδ’ ὀλυμπιάδα (so zu verbessern für ριδ’ ὀλ. aus Novatis Verzeichnis, s. u.): Ol. 94, 1 = 404/3, vielleicht das letzte Kriegsjahr als ἀκμή berechnet, da, wer A. zur Zeit der Δαιταλῆς einen μειρακίσκος sein liess (Schol. Frösch. 501), auf 444 als Geburtsjahr kommen musste. Die Mutter des A. nennen nur einige Hss. des Thomas Magister (Ζηνοδώρα), was natürlich keine Gewähr hat.

A. war Sohn des Philippos, den die Herme aus der Hadriansvilla (IGI 1140) Φιλιππίδης nennt, er gehörte dem kydathenaeischen Gau der Phyle Pandionis an, war also von Geburt Athener. Von den Angaben, er sei Rhodier gewesen (aus Lindos oder Kamiros) oder Ägypter (aus Naukratis, Heliodor bei Athen. VI 229 e) oder Aiginete, lässt sich nur die letztere auf ihren Ursprung controllieren; nach Ach. 653 muss A. oder sein Vater als Kleruch auf Aigina gesessen haben, wie auch Theogenes ἐν τῷ περὶ Αἰγίνης richtig verstand. Müller-Strübings Einwendungen dagegen (Arist. u. die hist. Kritik 607) sind zu scharfsinnig und verkennen, dass ein guter Witz auch [972] auf Kosten des Staatsrechts bestehen kann. Wie alt die übrigen Erfindungen waren, lässt sich nicht sagen, auch nicht, ob sie die Grundlage für die γραφὴ ξενίας, die Kleon gegen den Dichter angestrengt haben soll, boten, oder ob sie freie Ausführungen der improvisierten γραφὴ ξενίας waren. Da A. sich nirgends gegen den Vorwurf der Fremdbürtigkeit verteidigt hat, so hat ihm auch niemand dergleichen vorgeworfen; es ist Einbildung, dass Eupolis in den schönen Versen bei Stobaeus (III 4, 32, frg. 357 K.) auf A. gezielt habe. Eupolis beklagt sich, dass in Athen die fremden Dichter (wie Simonides, Pindar u. a.) grosses Ansehen genössen, die einheimischen aber nicht: die Komödie stand also nicht in gleicher Gunst beim Publicum wie die chorischen Aufführungen. Geburts- und Todesjahr des A. kennen wir nicht: als er die Δαιταλῆς aufführte (Ol. 88. 1 = 427) war er nicht in der Lage, selbst vom Archon den Chor fordern zu können (Wolk. 530), wir wissen aber nicht, ob Jugend oder blos Unerfahrenheit und Schüchternheit ihn verhindert haben. Dass er damals μειρακίσκος war, meint der Scholiast zu Frösch. 501; ein 17jähriger Sittenrichter scheint aber unmöglich. Das letzte Stück, das A. selbst zur Aufführung brachte, war der zweite Plutos (388, vgl. Hypoth. IV), zwei weitere Stücke, den Kokalos und den Aiolosikon übergab er seinem Sohne Araros zur Aufführung. Er kann also etwa bis in die Mitte des 2. Jahrzehnts des 4. Jhdts. gelebt haben. Ausser Araros soll er noch zwei andere Söhne hinterlassen haben, Philippos und Nikostratos: den ersteren nennen alle Quellen, der andere hiess Nikostratos nach Apollodor, nach Dikaiarch aber Philetairos (Vit. ΧIII). Es wäre auch für das Altertum ein seltsames Glück gewesen, dass drei Söhne des Vaters Kunst geerbt hätten, denn nicht nur Araros, sondern auch die übrigen sind als Komiker bekannt, auch Philippos, wie es scheint, wenn schon kaum ein Citat von ihm übrig ist, vgl. Kock II 135. 215. Bedenklich gegen die ganze Überlieferung macht die Vita XII (XIII): τινὲς δὲ δύο φασί, Φίλιππον καὶ Ἀραρότα, ὧν καὶ αὐτὸς ἐμνήσθη ‚τὴν γυναῖκα δὲ αἰσχύνομαι τώ τ’ οὐ φρονοῦτε παιδίω‘, ἴσως αὐτοὺς λέγων. Das sieht aus, als ob die Söhne aus diesen Versen erst gefolgert waren, ungeschickt genug, da doch der Dichter in Trimetern, also an einer nicht der Parabase entnommenen Stelle, nicht von sich selbst reden konnte. Das Bedürfnis der alten Grammatiker, eine regelrechte Biographie des Dichters zu geben, hat hier wie sonst ihre Phantasie belebt: sie hatten ausser dem vollen Namen nichts, was sie nicht den Dramen selbst entnehmen mussten, und nur die älteren auch uns erhaltenen Stücke scheinen nach dieser Richtung hin fruchtbar gewesen zu sein.

Werke

Dramen. Verzeichnis aus einer Mailänder Hs. herausgegeben von Novati Herm. XIV 461, ein zweites, aus gleicher Quelle, aber lückenhafter, aus einem Vaticanus bei Zuretti Anal. Arist. (Torino 1892) 104: δράματα δὲ αὐτοῦ μδ’. Ἀχαρνεῖς Ἀνάγυρος Ἀμφιάραος Αἰολοσίκων β’ Baβυλώνιοι Βάτραχοι Γηρυτάδης Γῆρας Δαναίδες Δαιταλεῖς Γεωργοί Δαίδαλος Δράματα ἢ Νιόβη (lies Νίοβος) Ἐκκλησιάζουσαι Διόνυσος ναυαγός Δράματα ἢ Κένταυρος Εἰρήνη <β> Ἥρωες Θεσμοφοριάζουοαι β’ Ἱππείς Κώκαλος Λήμνιαι (Αυσανται Cod.) Λυσιστράτη [973] ἢ Διαλλαγαί Νεφέλαι β’ Νῆσοι Ὁλκάδες Ὄρνιθες Πολύιδος Πελαργοί Πλοῦτος β’ Προαγών Ποίησις <Σκηνὰς καταλαμβάνουσαι> Ταγηνισταί Τριφάλης Τελμησσεῖς Σφῆκες Ὧραι Φοίνισσαι. Dem Verzeichnis geht eine kurze Vita voran, die mit Suidas wörtlich übereinstimmt, der in seiner Vorlage gleichfalls die 44 Stücke vorfand, sie aber aus seiner Aristophanesausgabe durch die Liste der elf erhaltenen (gleichfalls in alphabetischer Reihenfolge) ersetzte; vgl. v. Wilamowitz bei Novati 464. Das Verzeichnis ist vollständig (die Zahl νδ’ beim Anon. περὶ κωμ. beruht auf einem Schreibfehler), nur dass eine Notiz fehlt, wie die in der Vita XI ἔγραφε δὲ δράματα μδ’, ὧν ἀντιλέγεται τέσσαρα ὡς οὐκ ὄντα αὐτοῦ· ἐστὶ δὲ ταῦτα Ποίησις Ναυαγός Νήσοι Νίοβος, ἃ τινὲς ἔφασαν εἶναι τοῦ Ἀρχίππου. Die Bemerkung von Wilamowitz, dass innerhalb der einzelnen Buchstaben chronologische Anordnung gewahrt sei (Acharner 425, Anagyros 419–416?, Amphiaraos 414 Aiolosikon nach 388), lässt sich bei den vielfachen Störungen der alphabetischen Reihenfolge nicht ausnützen.

Das älteste Stück waren die Δαιταλῆς (ἐπὶ ἄρχοντος Διοτίμου Ol. 88, 1 = 427, Αnοn. π. κωμ. IIΙ), deren Aufführung Α. einem erfahrenen Kunstgenossen, dem Kallistratos, übertrug. Die Erklärung dafür giebt er selbst in einem Bilde Wolk. 530 παρθένος γὰρ ἔτ’ ἦν, κοὐκ ἐξῆν πώ μοι τεκεῖν; darum habe er sein Kind ausgesetzt: παῖς δ’ ἑτέρα τις λαβοῦσ’ ἀνείλετο. Näheres Ritt. 515, er habe anfangs nicht selbst aufgeführt νομίζων κωμῳδοδιδασκαλίαν εἶναι χαλεπώτατον ἔργον ἁπάντων – ὑμᾶς τε πάλαι διαγιγνώσκων ἐπετείους τὴν φύσιν ὄντας. Also zu einem äusseren Grunde (οὐκ ἐξῆν), den wir nicht genauer angeben können, trat die Scheu vor der Grösse des Wagstücks und die Furcht vor einem Durchfall, dessen peinliche Folgen zum Teil wenigstens auf denjenigen fallen mussten, der die Aufführung übernahm und damit vor allem das wichtigste, die Einübung des Chors. Dem jungen Dichter fehlte es an Bühnenkenntnis und Erfahrung, er glaubte mit Recht ἐρέτην χρῆναι πρῶτα γενέσθαι πρὶν πηδαλίοις ἐπιχειρεῖν κἆτ’ ἐντεῦθεν πρῳρατεῦσαι καὶ τοὺς ἀνέμους διαθρῆσαι κἆτα κυβερνᾶν αὐτὸν ἑαυτῷ (Ritt. 542), ein Bild, das trotz seiner Ausführlichkeit keine pedantische Einzelausdeutung verträgt. Gemeint sind die mannigfachen Vorstudien, die A. für notwendig hielt: vielleicht versuchte er sich als Choreut oder als Schauspieler, sicher aber als Mitarbeiter an Stücken älterer Dichter. Darauf geht Wesp. 1018 τὰ μὲν οὐ φανερῶς ἀλλ’ ἐπικουρῶν κρύβδην ἑτέροισι ποιηταῖς μιμησάμενος τὴν Εὐρυκλέους μαντείαν καὶ διάνοιαν, εἰς ἀλλοτρίας γαστέρας ἐνδὺς κωμῳδικὰ πολλὰ χέασθαι κτλ. Solches Zusammenarbeiten von Eupolis und Aristophanes ist an den Rittern nachweisbar, vgl. Kirchhoff Herm. XIII 287[WS 1]. Arist. Wolk. 553ff. So hat A. die drei ersten Stücke Δαιταλῆς Βαβυλώνιοι Ἀχαρνῆς dem Kallistratos zur Aufführung übergeben, erst die Ἱππῆς hat er ἐπ’ ἰδίῳ ὀνόματι auf die Bühne gebracht (Ritt. 512). Man hat mit Unrecht angenommen, dass diese Stücke unter Kallistratos Namen gingen, vgl Kock De Philonide et Callistrato (Guben 1855), neuerdings Müller-Strübing Aristoph. 604 und Briel De Callistrato et Philonide, Diss. Berlin 1887. [974] Richtig haben Bergk bei Meineke Com. II 2, 930, neuerdings Leο Rh. Mus. XXXIII 401 und Hiller Phil. Anz. XVII 361 betont, dass die Stücke stets als Dichtungen des A. bekannt waren, dass er allein für den Inhalt die volle Verantwortung trug, dass ihm also auch die Ehre des Erfolgs zukam, und dass dem χοροδιδάσκαλος nichts als das vom Staate gezahlte Honorar zufiel (μισθός), vgl. A. Müller Bühnenaltertümer 345, 3. Darauf allein beziehen sich die Scherze des Sannyrion, Ameipsias, Aristonymos, die von A. sagten, τετράδι αὐτὸν γενέσθαι, διότι τὸν βίον κατέτριψεν ἑτέροις πόνων. οἱ γὰρ τετράδι γενόμενοι πονοῦντες ἄλλοις κτλ. (Schol. Plat. apol. 19 c). Diese Interpretation wird gesichert durch die Thatsache, dass A. auch später, da er längst einen angesehenen Namen hatte, sich fremder χοροδιδάσκαλοι bediente, des Kallistratos noch für die Vögel und die Lysistrate, des Philonides für die Wespen, den Amphiaraos und die Frösche. Weder dem Archon, der den Chor zu geben hatte, noch dem Publicum konnte es unbekannt sein, wer die Stücke gedichtet habe. Wenn aber A. auf das Honorar so oft verzichten konnte, so lernen wir daraus, dass er kein armer Schlucker war (wie Cοuat Aristophane et l’ancienne comédie attique 37 von allen Komikern anzunehmen geneigt ist), sondern in behäbigen Verhältnissen lebte. Übrigens ist mit Vorsicht aufzunehmen, was der Anon. π. κωμ. III sagt: τὰς μὲν γὰρ πολιτικὰς τούτῳ (dem Kallistratos) φασὶν αὐτὸν διδόναι, τὰ δὲ κατ’ Εὐριπίδου καὶ Σωκράτους Φιλωνίδῃ, woraus der nur im Venetus erhaltene Zusatz am Schluss der Vita XI völligen Unsinn gemacht hat. Diese Angabe würde uns zu der Annahme berechtigen, dass auch die Wolken nicht von A. selbst, sondern von Philonides auf die Bühne gebracht waren: die 5. Wolkenhypothesis aber weiss nichts davon. Die Scheidung von πολιτικά und ἰδιωτικά, die der Anonymus macht, ist bedenklich, da zur Einübung des Ritterchors schwerlich eine andere persönliche Begabung gehörte als zur Einübung des Fröschechors, A. also schwerlich nach solchen Gesichtspunkten zwischen Philonides und Kallistratos gewechselt haben wird. Natürlich aber ist damit nicht die Unrichtigkeit der Angabe erwiesen.

Die 44 (bezw. 40) Stücke des A. entsprechen ziemlich genau der Zahl der Jahre, die er für die Bühne thätig gewesen ist, wenn auch gelegentlich, zumal im Anfang, zwei Stücke in einem Jahr geschrieben wurden, oder der Dichter einmal eine längere Zeit pausiert haben mag. Zu bedauern ist, dass von den verlorenen Stücken nur wenige sicher datierbar sind, aber es wird gut sein, die datierbaren, ob erhalten oder verloren, zunächst zusammenzustellen. Sammlung der Bruchstücke bei Bergk in Meinekes Fragm. comic. II 2 p. 893ff. Holden Ausg. des Aristoph. Kock Frg. com. I 392ff. Wertlos ist die Compilation von Βlaydes Aristoph. comici quae supersunt opera: Vol. II fragmenta adnotatione partim aliorum selecta instructa continens, Halis S. 1886.

Δαιταλῆς, Βαβυλώνιοι

Δαιταλῆς (nicht sowohl ‚die Schmausbrüder‘ als ,die Schmausdorfer‘, vgl. Galen Gloss. Hippocr. XIX 66 K.), im J. 427, ungewiss ob an den Dionysien oder Lenaeen aufgeführt. Ein festlicher Opferschmaus im Heiligtum des Herakles scheint die Grundlage der Handlung gebildet zu haben, [975] vgl. Orion p. 49, 10 Δαιταλῆς δρᾶμα Ἀριστοφάνους, ἐπειδὴ ἐν ἱερῷ Ἡρακλέους δειπνοῦντες καὶ (ἔπειτα f. καὶ Zonaras p. 464, also wohl κἆτ’) ἀναστάντες χοροὶ ἐγένοντο. Zu den Hauptpersonen gehörte der alte Mann, ὁ δεῖνα, Δαιταλεύς, und seine beiden Söhne, ὁ σώφρων τε χὠ καταπύγων (Wolk. 529), als Typen der alten und neuen Erziehungsmethode. Der moderne Sohn hat die Schule geschwänzt und nichts von dem gelernt, was ein ordentlicher Athener wissen muss, ist aber ein behender Schüler der Sophisten geworden, wohlbewandert in ihren Sprachkünsten und Rechtskniffen, an ein üppiges Leben gewöhnt, die Arbeit mit Verachtung von sich weisend. Die Gegenüberstellung der beiden jungen Leute, wie der Vater sie einer Prüfung unterzieht, gab Veranlassung zu einer ausfälligen Kritik der Sophistik, und ähnlich wie später in den Wolken zeigte sich der junge Dichter schon hier als conservativer Anhänger der alten σωφροσύνη. Fritzsche De Arist. Daetalensibus, Lipsiae 1831. Das Stück wurde mit dem zweiten Preise ausgezeichnet, Schol. Wolk. 529, womit der Dichter sehr zufrieden sein konnte und auch war, wie die Wolkenstelle lehrt. Der Erfolg hat ihn ermutigt, an den Dionysien des nächsten Jahres (426) das politische Gebiet zu betreten. In den Βαβυλώνιοι (Fritzsche De Ar. Babyloniis, Lipsiae 1830. Gunning De Babyloniis Arist. fabula, Utrecht 1882. Schrader Philol. XXXVI 385) verspottete er nicht nur τάς τε κληρωτὰς καὶ χειροτονητὰς ἀρχὰς καὶ Κλέωνα (Schol. Acharn. 377), sondern führte den Athenern auch die harte Behandlung der Bundesgenossen zu Gemüte, und das alles in Gegenwart zahlreicher Fremden, zumal der Bundesdelegierten selbst, die zur Abzahlung des Tributs an den Dionysien sich in Athen einfanden. Der Chor bestand aus Bündnern, die als Sclaven gekennzeichnet waren, vom grimmen Herrn Demos zur Tretmühle verurteilt, vgl. Hesych. s. Σαμίων ὁ δῆμος. Schrader Philol. XLII 577. Der Angriff war hart und vor dem Bündnerpublicum auch unpatriotisch: wegen der Angriffe auf amtierende Magistrate, also auf die Vertreter des souveränen Demos, war er auch gesetzlich verfolgbar, und Kleon, der schwerstgetroffene, der zudem wohl erkannte, dass ihm in A. ein hartnäckiger persönlicher Gegner entstanden sei, übernahm die Verfolgung. A. schildert den Vorgang in der Person des Dikaiopolis (Acharn. 377): αὐτός τ’ ἐμαυτὸν ὑπὸ Κλέωνος ἃ ἔπαθον ἐπίσταμαι διὰ τὴν πέρυσι κωμῳδίαν. εἰσελκύσας γάρ μ’ εἰς τὸ βουλευτήριον διέβαλλε – ὥστ’ ὀλίγου πάνυ ἀπωλόμην μολυνοπραγμονούμενος. Vgl. Leo Quaest. Aristoph. Bonn 1873, 27ff. Dass Kleon gegen den Dichter eine γραφὴ ξενίας angestrengt habe, wie ein Scholion zu dieser Stelle bemerkt, ist nichts als eine verfehlte Conjectur. Über die gesetzliche Beschränkung der Komödienfreiheit wird später (u. Κωμῳδία) zu handeln sein. Die Βαβυλώνιοι mögen den Anlass gegeben haben zu einer Mässigung der Komödienfreiheit an den Dionysien: in der That sind die an den Lenaeen aufgeführten Stücke (wie Acharner, Ritter, Wespen, Lysistrate, Frösche) weit freimütiger und ausgelassener als z. Β. die an den Dionysien gespielten Wolken.

Acharner

An den Lenaeen des nächsten Jahres (425) [976] folgten die Acharner, die den ersten Ρreis davontrugen. Dikaiopolis, der Typus des friedlichen attischen Bauern, verficht die Friedensidee gegen den Chor der von den Feinden am meisten geschädigten und darum rachelustigen Kohlenbrenner von Acharnai. Er gewinnt erst die eine Hälfte des Chors für sich, die andere tritt ihm bei, als er in der Person des Lamachos die ganze Kriegspartei lächerlich macht. Die ausserordentlich simple Handlung wird von einer Menge lustiger, drastischer Erfindungen getragen, die gelungensten Scenen liegen hinter der Parabase, wo das Elend des Kriegs mit der heiteren Fülle des Friedens in glänzenden Contrast tritt. Ein schönes Intermezzo der Handlung selbst bildet der Besuch bei Euripides und die Parodie seiner bettelhaften Helden.

Ritter, Wolken

Die Ritter (Lenaeen 424), ganz gegen Kleon gerichtet, der, Παφλαγών benannt, als Lieblingssclave des Demos auftritt und eine harte Tyrannis über seine Mitsclaven ausübt. Ein Orakel weist ihnen den Weg zur Rettung: der Wursthändler ersetzt den Paphlagonier, der πονηρότερος den πονηρός. Der Wettkampf der beiden Edlen, teils unter sich, teils vor dem Rat, teils vor dem Demos, bildet den Inhalt des Stückes. Das Wortgefecht ersetzt durch Leidenschaftlichkeit und unermüdlich neue Erfindung, was ihm an Feinheit abgeht. Namen werden nicht genannt, aber Kleon wie Demosthenes und Nikias sind leicht erkennbar. Kleons Name wird nur in dem Liede v. 976 unter einer heftigen Verwünschung genannt, und diese Stelle wird mit zu den vielen Wunderlichkeiten gehören, die die zweite Hälfte des Stückes auszeichnen, wo Eupolis Mitarbeiterschaft gut genug bezeugt scheint. Vgl. Kirchhoff Herm. XIII 287. Trotzdem wurde dem Stück der erste Preis zuerkannt, während Kratinos Σάτυροι sich mit dem zweiten begnügen mussten. Auch an den Lenaeen des nächsten Jahres scheint A. Glück gehabt zu haben mit einem heftigen Angriffe gegen Kleons Trabanten, die Sykophanten, die er Wesp. 1038 als ἠπίαλοι und πυρετοί, als gefährliche Ruhestörer, als Rechtsverdreher und Räuber bezeichnet. Denn dass Bergk (bei Meineke Com. II 2, 1113) diese Wespenstelle richtig auf die Lastschiffe (Ὁλκάδες) bezogen und ihre Aufführungszeit richtig bestimmt hat, scheint unzweifelhaft: Κοck widerspricht, aber ohne Gründe anzuführen. Um so schmerzlicher wirkte auf den Dichter die völlige Niederlage, die an den Dionysien des folgenden Jahres (423) die Wolken erfuhren: nicht nur Kratinos Πυτίνη, sondern auch Ameipsias Κόννος wurde den Wolken vorgezogen. A. war tiefgekränkt, da er selbst das Stück für besonders gelungen hielt, und diese seine Überzeugung war er als rechter Dichter durchaus nicht gewillt dem Urteil des Publicums aufzuopfern. Unter teilweiser Berücksichtigung dessen, was man besonders missfällig bemerkt hatte, schickte er sich an, die Wolken für eine zweite Aufführung neu zu bearbeiten. Sei es aber, dass ihn die Fülle der neuen Ideen verwirrte oder dass er daran verzweifelte, das besser machen zu können, was er doch für gut hielt, er wurde mit der Neubearbeitung nicht fertig. Uns liegt der Torso der zweiten Auflage vor, so dass wir ein reines Urteil über das Stück nicht haben können. Die [977] alexandrinischen Grammatiker, wie Eratosthenes, waren in der Lage, den Torso mit der fertigen ersten Fassung zu vergleichen: was sie über den Unterschied bemerkt haben, liegt in der wertvollen, leider nur allzukurzen sechsten Hypothesis vor. Die Parabase der zweiten Fassung, die A. als seine Rechtfertigung vor dem Publicum zuerst gedichtet hatte, ist fertig geworden und verbürgt die Absicht der zweiten Aufführung. Die Hypothesis sagt τοῦτο ταὐτόν ἐστι τῷ προτέρῳ (in den alten Hss. standen also beide Fassungen nebeneinander), διεσκεύασται δ’ ἐπὶ μέρους – καθόλου μὲν οὖν σχεδὸν παρὰ πᾶν μέρος γεγενημένη ἡ διόρθωσις· τὰ μὲν γὰρ περιῄρηται, τὰ δὲ παραπέπλεκται καὶ ἐν τῇ τάξει καὶ ἐν τῇ τῶν προσώπων διαλλαγῇ μετεσχημάτισται. An durchgreifenden Änderungen werden ausser der Parabase noch zwei Stellen angeführt: ὅπου ὁ δίκαιος λόγος πρὸς τὸν ἄδικον λαλεῖ καὶ τελευταῖον ὅπου καίεται ἡ διατριβὴ Σωκράτους: diese sind also als ganz neue Zuthaten zu betrachten, möglicherweise aber waren sie nicht die einzigen, nur die hauptsächlichsten. An vielen Stellen liegen deutliche Spuren doppelter Bearbeitung vor (z. Β. 696ff. 730. 937. 1105). Im einzelnen lässt sich manches sicher feststellen, eine vollständige Scheidung der beiden Fassungen scheint unmöglich. Vgl. die reichliche Litteratur bei O. Kaehler in der 2. Aufl. der Wolkenausgabe von Teuffel (Leipz. 1887) S. 10f. und die Excurse S. 29ff. Das ganze Stück war ein Angriff gegen sophistische Lehre und Lehrmethode, gegen ihre Unmoral und Gottlosigkeit, und für diesen Angriff, so grotesk er war, hätte es dem A. an Sympathie im Publicum gewiss nicht gefehlt; er hat aber den Missgriff begangen als Vertreter der Sophistik den Sokrates zu wählen, von dem die Masse der Athener recht wohl wusste, dass er weder ἄθεος noch μετεωροσοφιστής noch Rechtsverdreher war. Dass die ganze Idee der ‚Wolken‘ ebenso wie manche einzelne Scherze (z. B. 228ff.) sich vielmehr an die physikalische Lehre des Diogenes von Apollonia anschliessen, hat Diels gezeigt (Verhandl. der Stettin. Philol.-Vers. 1880, 106). Sokrates hätte sich vermöge seiner äusseren Erscheinung wie durch seine Lebensweise ganz wohl zu einer Figur der Komödie geeignet, und Ameipsias im Konnos hatte ihn dazu benützt. Er stellte ihn als armen Schlucker, der aber trotzdem οὐπώποτ’ ἔτλη κολακεῦσαι, als einen Schwärmer dar, der aber ἀνδρῶν βέλτιστος ὀλίγων war (Kock Frg. com. I 672), und so kannten die Athener den Mann, nicht als einen Sophisten. Vielleicht hatte gerade die gerechte Zeichnung des Ameipsias, die die unzutreffende Charakteristik bei A. doppelt scharf hervortreten liess, das Beste zu der Niederlage beigetragen, also dass nicht einmal die geniale Erfindung des Wolkenchors das einmal erregte Missbehagen verwischen konnte.

Δράματα

In eins der vorhergehenden Jahre fallen die Δράματα, wie v. Wilamowitz Observ. crit. in comoed. gr. (Berlin 1870) 13 gezeigt hat, dessen Ansatz auf die Lenaeen des J. 426 allerdings nicht gesichert scheint. Es gab zwei gleichnamige Stücke des A., Δράματα ἢ Κένταυρος und Δράματατα ἢ Νίοβος, und letzteres galt als Neubearbeitung des ersteren (ἐν τῷ δευτέρῳ Νιόβῳ Athen. XV 699f). Aber das vor 422 aufgeführte, in welchem der ums Mittagessen geprellte [978] Herakles eine Rolle spielte (Schol. Wesp. 60. 61), war der Κένταυρος, der Νίοβος war überdies von den alten Kritikern dem A. abgesprochen worden, s. u.

Wespen

An den Lenaeen des J. 422 kamen die Wespen auf die Bühne, ein hochpolitischer Angriff auf die von Solon begründete und von den Demagogen seit Perikles mit gutem Bedacht noch mehr befestigte Hauptschanze der Demokratie, auf die Schwurgerichte, vgl. Aristot. Πολιτ. Ἀθην. 27, 4. 5. Die Wespen sind ein sehr gutes Stück und haben den ersten Preis wohl verdient, vgl. die Hypothesis mit der sicheren Verbesserung von Leo Rh. Mus. XXXIII 404: ἐδιδάχθη ἐπὶ ἄρχοντος Ἀμεινίου διὰ Φιλωνίδου εἰς Λήναια, καὶ ἐνίκα πρῶτος· δεύτερος ἦν Φιλωνίδης Προαγῶνι, Λεύκων Πρέσβεσι τρίτος. Die Angriffsrichtung der Wespen ist durch die Namen Philokleon und Bdelykleon gekennzeichnet. Durch das ganze Stück erhält sich die gute Laune des Dichters, die schon für den Prolog eine Fülle hübscher Einfälle zur Charakteristik des φιληλιαστής, des Philokleon, verschwendet, ohne dem übrigen Stück Abbruch zu thun. Selbst die burlesken Scenen nach der Parabase, an Feinheit nicht mit denen in den Acharnern zu vergleichen, fallen in ihrer tollen Laune nicht allzusehr ab. An dem kindisch gewordenen Alten, der nach aller Entbehrung das Leben geniesst und sich dabei sehr unpassend benimmt, nahm kein Athener Anstoss. Übrigens kann, wenn auf den Wortlaut der Didaskalie nur einiger Verlass ist, nicht der aristophanische Προαγών, der mit den Wespen in Wettbewerb trat, sondern muss ein gleichbetiteltes Stück des Philonides verstanden werden. Wilamοwitz Widerspruch (Anal. Eurip. 153) gegen Hillers richtige Bemerkung (Herm. VII 405) ist nicht überzeugend. Wenn das richtig ist und A. nicht in diesem Jahre schon den Προαγών und die Wespen gedichtet hat, so bleibt an den Dionysien des J. 422 Platz für die Γεωργοί, die Βergk aus Platzmangel den Dionysien des J. 424 zugewiesen hatte. Das Stück hat viel Ähnlichkeit mit dem Frieden (421), muss aber wegen frg. 109 K. vor dem Abschluss des Nikiasfriedens gedichtet sein und nach 425, in welchem Jahre Nikias dem Kleon sein Feldherrnamt abtrat (frg. 100 Kock). Dass die Γεωργοί mit der zweiten Bearbeitung des Friedens identisch seien, war eine haltlose Vermutung von Fritzsche De Daetal. 131.

Friede, Γῆρας, Vögel, Amphiaraos

Der Friede (an den Dionysien 421) lässt sich in Bezug auf Absicht und Inhalt, nicht aber an Geist, Erfindungskunst und Laune mit den Acharnern vergleichen. Die jubelnde Feier des goldenen Friedens hat im wesentlichen die Gestalt eines Idylls bekommen: statt des individuell gezeichneten Chors der Kohlenbrenner von Acharnai finden wir den ganz unpersönlichen Chor der Landleute, statt des eisenfressenden Lamachos die allegorischen Gestalten des Πόλεμος und Κυδοιμός, denen als stumme Personen die Εἰρήνη, die Γεωργία und die Θεωρία gegenüberstehen. Die trefflich charakterisierten Gestalten des Boioters und des Megarers in den Acharnern sind durch die farblosen Figuren einiger Waffenschmiede ersetzt, die wundervoll ausgemalten Schlusscenen der Acharner, wo Lamachos, der arme Verwundete, und Dikaiopolis, der selige Schlemmer, einander [979] entgegenstehen, sind zu unbedeutenden Skizzen ähnlichen Inhalts verblasst. Nur die eigentliche Handlung, die Himmelfahrt des Trygaios (Parodie des euripideischen Bellerophon), ist eine köstliche, mit frischestem Humor durchgeführte Erfindung. Die nahe Verwandtschaft mit den Acharnern ist auch hier ersichtlich: wie Dikaiopolis, so zeigt sich auch Trygaios als Privatwohlthäter des Staates, auch er befreit gegen den Willen der Kriegspartei die göttliche Εἰρήνη aus ihrer Gefangenschaft. Den ersten Preis gewann Eupolis mit den Κόλακες, Α. den zweiten, der dritte Bewerber war Leukon mit den Φράτερες. Die dritte Hypothesis berichtet: φαίνεται ἐν ταῖς διδασκαλίαις καὶ ἑτέραν διδαχὼς Εἰρήνην ὁμοίως Ἀριστοφάνης· ἄδηλον οὖν φησιν Ἐρατοσθένης πότερον τὴν αὐτὴν ἀνεδίδαξεν ἢ ἑτέραν καθῆκεν, ἥτις οὐ σῴζεται· Κράτης μέντοι δύο οἶδε δράματα γράφων οὕτως ‚ἀλλ’ οὖν γε ἐν τοῖς Ἀχαρνεῦσιν ἢ Βαβυλωνίοις ἢ ἐν τῇ ἑτέρα Εἰρήνῃ', καὶ σποράδην δέ τινα ποιήματα παρατίθεται. Also nicht in Alexandreia, wohl aber in Pergamon besass man beide Exemplare, und in der That sind drei von den vier Citaten der nicht erhaltenen Εἰρήνη auf Λέξεις Ἀττικαί, vermutlich die des Krates selbst, zurückzuführen, vgl. Herm. XXIV 43. Da beide Fassungen aufgeführt sind, wie die von Eratosthenes citierten Didaskalien zeigen, so ist es ungereimt (Zielinski Gliederung der altatt. Kom. 65) in dem erhaltenen Stück Spuren doppelter Bearbeitung zu suchen. Inhaltlich werden beide Stücke sehr ähnlich gewesen sein, die Ökonomie war eine andere, da in dem Fragment 294 (Kock) die Γεωργία redend eingeführt wird. In die gleiche Zeit (422 oder bald nach 421) haben Süvern und Bergk A.s Γῆρας gesetzt, in welchem Stück der Chor aus Greisen bestand, die verjüngt wurden (οἱ τὸ γῆρας ἀποβάλλοντες Athen. III 109f): es scheint also das Hereinbrechen einer neuen Zeit gefeiert zu sein, aber wir wissen nicht, ob eine politische, sociale oder was sonst für eine Erneuerung der Welt gemeint ist. Die Scene (frg. 125 Kock), wo die jung gewordenen Greise einen Brotladen plündern, erinnert an Wespen 1388, aber der Vergleich des Euripides mit Aischylos (frg. 130) erinnert ebensowohl an die Frösche. Zeitbestimmungen ergeben sich nicht. Sicher scheint nur, dass A. zwischen dem Frieden (421) und dem nächst datierbaren Stück Amphiaraos (Lenaeen 414, vgl. Didaskalie der Vögel) nicht völlig pausiert hat, wenn wir auch die Lücke nicht ausfüllen können. Im Amphiaraos (schwerlich hiess der oropische Gott bei Α. Ἀμφιάρεως, wie Dindorf meinte) pilgerte ein abergläubischer Mann mit seiner Frau nach Oropos, um sich zu verjüngen (vgl. Erotian 93, 8 Kl.). Die Idee war also ähnlich wie im Γῆρας, nur dass die Ceremonien der Incubation u. a. Gelegenheit gab, den Aberglauben zu verspotten (ähnlich wie später im Plutos). In das gleiche Jahr (Dionysien 414) fällt die genialste Dichtung des A., die Vögel. Die Sehnsucht, aus dem Elend des Alltagslebens herauszukommen, hat der Komödie oft Anlass gegeben, ein utopisches Schlaraffenland zu zeichnen, aber höher als dies volkstümliche Märchenmotiv steht die Idee, einen neuen zwischen den Göttern und den Menschen in freier Luft gelegenen Staat zu gründen, Wolkenkuckucksheim genannt, der schliesslich aber doch völlig [980] die Gestalt Athens annimmt. Eine einheitliche, consequent entwickelte Handlung drängt in unerschöpflicher Ideenfülle vorwärts, nirgends erlahmend, nirgends abgelenkt. Auch die Possenscenen, die der Parabase folgen, sind mannigfaltig erfunden, obwohl mehrere in gleicher Weise mit einer Prügelei enden: sie alle werden überboten durch die köstliche Göttergesandtschaft und ihre Hauptperson, das Leckermaul Herakles, der für ein Bratenstück den Himmel verrät und die Basileia ausliefert. Die Charaktere sind trefflich erfunden und gezeichnet, vor allem die beiden Athener und der etwas melancholische Vogelmensch Epops. Das grossartigste aber ist das liebevoll ausgemalte Bild des Vogelreichs. Das luftige, lebhafte, sorglose, anmutige, sangesfrohe Wesen der Vögel hat sich dem Dichter selbst mitgeteilt: nirgends finden wir A.s Sprache so rein und leicht, den Dialog so fliessend, lebhaft, fesselnd, die lyrischen Partien so lieblich, so wunderherrlich. Ameipsias Κωμασταί müssen ein Wunderwerk gewesen sein, dass sie über A.s Vögel siegen konnten: A. erhielt nur den zweiten Preis, Phrynichos Μονότροπος blieb an dritter Stelle. Begreiflich ist, dass ein mässig begabter Dichter wie Archippos sich angeregt fühlte, A.s geniale Erfindung auszubeuten und auf die Fischwelt zu übertragen: seine Ἰχθύες waren deutlich eine ziemlich dreiste Copie der Vögel, vgl. Herm. XXIV 49ff.

Lysistrate

Das nächstdatierbare Stück fällt wiederum drei Jahre später. An den Lenaeen des J. 411 wurde die Lysistrate aufgeführt, die uns den Dichter in ganz anderem Lichte zeigt. Mit öffentlichen Interessen beschäftigt sich auch dieses Stück, aber nicht mit Politik und Politikern mehr. Die Männer werden gezwungen Frieden zu schliessen, indem die Frauen ihnen die Nacht weigern: am Beispiel des Kinesias wird gezeigt, wie wirksam das Mittel ist. Die Zahmheit der Dichtung beweist nicht etwa für plötzlich eingetretene Zufriedenheit, sie bezeugt nur, dass die freie Demokratie für das Leben der Komödie des Eupolis und A. Vorbedingung war, dass die Oligarchie einen schweren Druck ausübte. Die politische Freimütigkeit ist von hier an von der Bühne verbannt, und der Übergang zur mittleren Komödie nimmt seinen Anfang. Die Handlung der Lysistrate konnte ihrem Grundgedanken gemäss nur zu einer stark obscönen Posse werden: die schlimmste Scene (Kinesias und Myrrhine) wird durch die anmutige Coquetterie der Frau einigermassen erträglich. Für den inhaltlichen Mangel entschädigt die künstlerische Form: A. greift zur ursprünglichen Form der Komödie zurück, zur Antichorie. Die Gegenüberstellung des weiblichen und des männlichen Chors ermöglicht eine stark bewegte Handlung und giebt zu drastischen Äusserungen wie zu hübschen Wechselgesängen Anlass. Der Charakter der Titelheldin scheint individueller gezeichnet als die Typen Dikaiopolis, Trygaios u. a. Die Idee einer Frauenregierung ist später ausgenutzt worden: sowohl Amphis wie Alexis haben eine Γυναικοκράτεια geschrieben.

Thesmophoriazusen

Zu den Thesmophoriazusen fehlt uns die didaskalische Urkunde, die aber den alten Erklärern noch vorlag. Ihre Zeitbestimmung geht auf das Jahr 411, also auf die Dionysien desselben Jahres, an dessen Lenaeen die Lysistrate gespielt wurde, [981] vgl. Schol. zu v. 190. 804. 841 (Schol. v. 52 ist verdorben). Dass Inhalt und Stimmung des Stückes sowie einzelne Anspielungen sich mit diesem Ansatze wohl vertragen, hat v. Wilamowitz (Aristoteles u. Athen II 343) in glaubhafter Weise ausgeführt. Die Verspottung des Euripides, sonst nur gelegentliche Würze der Komödie, wird hier zum erstenmal Hauptzweck: eine völlig abgerundete und durchgeführte Intrigue giebt dem Stück einen wirklich dramatischen Charakter. Die Parodien der euripideischen Helena, Andromache und des Palamedes sind vortrefflich gemacht und geschickt für die Handlung ausgenützt. Die Güte sowie die absolute Einheitlichkeit des Stückes ist unleugbar, neuerdings auch von Lange Quaest. in Ar. Thesmoph., Göttingen 1891 gegen Zielinski Gliederung 79ff.) mit Glück verteidigt. – Ein zweites Stück desselben Titels wird gewöhnlich Θεσμοφοριάζουσαι citiert, seltener mit dem Zusatz δευτέραις oder ἑτέραις (προτέραις bei Hephaistion 13, 5), Demetrios von Trozen hatte es Θεσμοφοριάσασαι genannt (Athen. I 29 a); ganz unhaltbare Vermutungen über dieses Stück bei Zielinski a. O.; vgl. Lange a. O. 53, der freilich den Angriff nicht erschöpft hat.

Triphales, Λήμνιαι, Γηρυτάδης, Φοίνισσαι, Frösche

Aus den folgenden Jahren haben wir keine Stücke des A. erhalten. Aber in die allernächste Zeit muss der auf Alkibiades gemünzte Triphales gehören (vgl. die Litteratur bei Kock Frg. Com. I 529), ebenso die Λήμνιαι, in denen die Bendideia erwähnt waren (Boeckh Kl. Schr. IV 449), im J. 408 wurde der erste Plutos aufgeführt (s. u.), in das J. 407 hat Usener (Jahrb. f. Philol. 1889, 375) mit grosser Wahrscheinlichkeit den Γηρυτάδης gesetzt, dessen Stoff und Form sich mit den Fröschen vielfach berührt haben muss, vor den Fröschen sind auch die Φοίνισσαι aufgeführt worden, eine Parodie oder gar Travestie der gleichnamigen Tragödie des Euripides. An den Lenaeen des J. 405 folgten alsdann die Frösche, zweifellos das besterfundene und bestausgearbeitete Stück dieser Zeit. Es trug den ersten Preis davon, der zweite fiel Phrynichos Μοῦσαι zu; Platons Kleophon fiel durch. Sowohl die Frösche wie die Musen standen unter dem Eindruck des eben erfolgten Todes des Sophokles. Beide Dichter haben ihm schöne Worte nachgerufen, vgl. besonders Phrynichos frg. 31 Kock. Aber dieser schmerzliche Verlust hat A. nicht das Thema an die Hand gegeben. Die Frösche sind keine Verherrlichung des Sophokles, sondern in erster Linie ein sehr ernster Angriff auf Euripides, sodann ein Lobgesang auf die durch Aischylos vertretene ältere, sittenreine, von den Sophistenkünsten noch freie Tragödie. Der Gott Dionysos darf schwerlich als das attische Publicum aufgefasst werden, da er sich von seiner Vorliebe für Euripides bekehren lässt und den Aischylos wählt: er ist keine symbolische Figur, sondern der allerdings komisch travestierte Gott, dem es an Dichtern für seine Feste fehlt. Die an Euripides geübte Kritik ist recht kleinlich, aber die Mängel der neuen, die Vorzüge der alten Tragödie sind scharf gefasst und glücklich charakterisiert. Die Prophezeiung des Aischylos (868) ἡ ποίησις οὐχὶ συντέθνηκ’ ἐμοί, τούτῳ δὲ συντέθνηκε war ein Irrtum. In absichtlichem Kontrast zu dem gewaltigen Streit der Dichter stehen die Possenscenen [982] zu Anfang, die durch geschmacklose Interpolation verwässert sind. Die lyrischen Partien sind überall vortrefflich gelungen, der Nebenchor der Frösche ist eine köstliche Erfindung, die der Charonfahrt eigentümliche Stimmung verleiht. Die Frösche haben so gefallen, dass sie später unverändert wiederum aufgeführt wurden; von einer doppelten Bearbeitung findet sich keine ernsthafte Spur.

Ekklesiazusen

Es bleiben zwei datierbare Stücke übrig, die zeitlich einander nahe stehend, ihrem Gehalte nach sehr verschieden sind, beide von den Fröschen durch einen Zeitraum von anderthalb Jahrzehnten etwa getrennt. Die Ekklesiazusen, ohne Didaskalie überliefert, sind unsicherer Datierung; vgl. die ausführliche Behandlung der vielbesprochenen Zeitfrage von F. Kaehler De Arist. Ecclesiaz. tempore et choro, Diss. Jena 1889. Dass sie an den Lenaeen des J. 392 aufgeführt wurden, hat E. Schwartz (Ind. lect. Rostoch. 1893, 11) wahrscheinlich gemacht. Sie sind etwa ein socialpolitisches Pendant zur politischen Lysistrate: auf dem ziemlich düsteren Hintergrunde eines kriegführenden, verarmten Staates wird ein neuer socialistischer Staat mit aller Consequenz aufgebaut. Die Weibergemeinschaft, die selbstverständlich in der Komödie eine Hauptrolle spielt, führt zu recht unanständigen, oft geradezu schmutzigen Scenen, die aber durch anmutige lyrische Beigaben gemildert immer noch Spuren aristophanischen Geistes zeigen. Im ganzen macht die Zote sich allzubreit: in der Lysistrate muss die Titelheldin vieles derart anhören, aber sie zotet nicht selbst, in den Ekklesiazusen wetteifert ihr Pendant Praxagora mit den übrigen auf diesem Gebiet. Der Verfall ist deutlich wahrzunehmen. Das merkwürdigste an dem Stück ist die weitgehende Übereinstimmung mit dem fünften Buche von Platons Staat, dessen sociale Theorien der Dichter zu karikieren scheint; sogar die bei Platon von Glaukon erhobenen Einwendungen finden sich bei A. im Munde des Blepyros wieder. Da Platons Buch dem A. kaum vorgelegen haben kann, so hat man die Beziehungen zwischen beiden auf andere Weise herstellen wollen, bis jetzt nicht in irgendwie überzeugender Weise. Vgl. Βergk Griech. Litt. Gesch. IV 86. Zeller Philos. der Griechen II 1³, 466. Weitere Litteratur bei F. Kaehler 16f.

Plutos

Das andere und letzte Stück ist der Plutos, aufgeführt im J. 388 als fünftes Stück. Des A. Rivalen waren Nikochares (Λάκωνες), Aristomenes (Ἄδμητος), Nikophon (Ἄδωνις) und Alkaios (Πασιφάη); wer von ihnen den Preis davontrug, wissen wir nicht. Der Plutos hat einen von allen übrigen Stücken des A. verschiedenen Charakter, so sehr er sich in Einzelheiten z. Β. mit den Ekklesiazusen berührt. Weder der Gott Πλοῦτος noch sein Gegenstück, die Πενία, sind travestierte Götter, es sind personificierte Begriffe, wie denn v. 236ff. der Begriff πλοῦτος mit der Personificierung völlig confundiert wird. Die Fabel selbst ist ausserordentlich einfach, dem Gedanken nach sich an die älteren Schlaraffenlandskomödien anschliessend, aber mit überwiegend moralisierender Tendenz, mit stark gedämpftem Humor, wenn es schon an Ausgelassenheiten nicht fehlt (Parodie des Κύκλωψ des Philoxenos); aber Ethos ist an Stelle des Pathos getreten, und daran ist nicht [983] sowohl der alternde Dichter wie die alternde und zugleich neu sich belebende Komödie schuld. Ganz hervorragend ist die Charakteristik des Blepsidemos v. 335ff. Der Sclave, der seinen Herrn mit σκαιότατε anredet (46) und seine Worte als λῆρος abweist (24), ist ein anderer wie die Sclaven der älteren Komödie; frech, lüstern, schlau, unanständig, aber unentbehrlich, wie die Sclaven bei Terenz und Plautus. Der Übergang zur ‚mittleren‘ Komödie hat sich ganz und endgültig vollzogen. Man möchte wissen, wie der andere Plutos, den A. gedichtet und 20 Jahre früher aufgeführt (Schol. Plut. 173), der aber frühzeitig verloren ging, ausgesehen hat. Es ist ein Irrtum, was in den Scholien mehrfach ausgesprochen wird, dass der erhaltene Plutos der ältere sei, aber ein Irrtum, der sich nur dadurch erklären lässt, dass die ältere Bearbeitung nicht mehr zum Vergleich vorlag. Dass wir aus ihr einzelne Citate haben, ist sicher, wenn auch bei Kock (Frg. com. I 506) manches mit Unrecht verzeichnet steht (frg. 443–446. 448). Vgl. C. Ludwig Pluti Arist. utram recensionem veteres grammatici dixerint priorem, Comment. Jenens. IV 63ff., der die ältere Litteratur angiebt.

Den zweiten Plutos hat A. noch selbst zur Aufführung gebracht, wie die dritte Hypothesis sagt, die beiden noch übrigen (also späteren) Stücke, den Kokalos und den Aiolosikon hat er, τὸν υἱὸν αὐτοῦ συστῆσαι Ἀραρότα [δι’ αὐτῆς tilgt Βergk] τοῖς θεαταῖς βουλόμενος, eben diesem seinem Sohne zur Aufführung übergeben. Beide Dramen gehörten dem Charakter nach der mittleren Komödie an. Der Aiolosikon (Sikon der Name eines Kochs) parodierte oder travestierte die Aiolossage der Tragödie, Chorlieder hatte er nicht, wie Platonios bezeugt (π. διαφ. κωμ. Ζ. 38), oder genauer οὐκ ἔχει τὰ χορικὰ μέλη, was auch heissen kann, dass die von A. gedichteten Lieder nicht erhalten seien. Der Kokalos (Daidalossage) wird ähnliche Form gehabt haben; nach der Vita XI kam Mädchenschändung und ἀναγνωρισμός vor, ganz wie in der menandrischen Komödie, die sich nach der Tragödie gebildet hatte (ein ἀναγνωρισμός auch in der Tragödienparodie Ritt. 1232ff.).

Alle übrigen Stücke des A. sind für uns zunächst nicht datierbar, meist auch nur durch geringfügige Bruchstücke vertreten (ausser dem grossen und schönen Fragment der Ὧραι bei Athen. IX 372 b), die einen näheren Einblick in Handlung und Aufbau nicht gestatten. Vier Stücke von den 44 hatte die alte Kritik nicht nur dem A. abgesprochen, sondern auch statt seiner dem Archippos zugewiesen, der ein paar Jahrzehnte jünger als A. war und mit der alten Komödie wohl nur noch schwache Berührung hatte. Es sind dies die Ποίησις, der Διόνυσος Ναυαγός, der Νίοβος (s. ο.) und die Νῆσοι, vgl. Vita XI a. E. Die Gründe der Verdächtigung können wir nicht wissen, ausser etwa bei den Νῆσοι; vgl. Herm. XXIV 46ff., dazu die belanglosen Gegenbemerkungen von Kock Rh. Mus. XLV 53.

Erfolge und Urteile

Erfolge und Urteile. Ein Verzeichnis der ersten oder zweiten Preise, die A. an Dionysien oder Lenaeen davongetragen, fehlt leider, aber dass unter den acht Stücken, über deren Erfolg wir etwas wissen, nicht weniger als vier (Acharner, [984] Ritter, Wespen, Frösche) mit dem ersten, drei mit dem zweiten Preise bedacht worden sind (Δαιταλῆς, Vögel, Friede), das ist ein ganz unerhörter Prozentsatz. Wir wissen ja, dass uns nicht etwa eine Auswahl der besten Stücke erhalten ist; gleich oder ähnlich günstig kann das Verhältnis bei den übrigen gewesen sein. Denn wir hören es nicht nur aus A.s eigenem Munde, dass er unter seinen Kunstgenossen eine besondere Stellung einnahm und selbst den beiden gefährlichsten Rivalen, Kratinos und Eupolis, den Rang ablief, von denen der erstere auf 21 Stücke neun Preise davon trug (drei dionysische, sechs lenaeische), Eupolis mit 14 Stücken, wir wissen nicht wie oft an den Lenaeen, aber an den Dionysien dreimal siegte (CIA II 977). Die Menge der Komödien und die mehr als vierzigjährige Bühnenthätigkeit des A. zeigt, dass es ihm gelungen war, die wetterwendischen Athener zu fesseln und auch im Alter sich ihre Gunst zu bewahren, vgl. Ritter 517ff. Wie sehr ein congenialer Mann wie Platon den A. schätzte (wenn er nicht theoretisierte), beweist vor allem die lustige und doch tiefsinnige Phantasie, die er ihm im Symposion (p. 189 c) in den Mund gelegt hat, beweist auch das Distichon, das man dem Platon kaum absprechen darf, αἱ Χάριτες τέμενος τι λαβεῖν ὅπερ (ὅτι?) οὐχὶ πεσεῖται ζητοῦσαι ψυχὴν ηὗρον Ἀριστοφάνους (Vita XII), abgesehen von der Anekdote, dass Platon dem Tyrannen Dionys die Bekanntschaft mit A.s Komödien vermittelt haben soll (Vita XI). Dass die spätere Zeit, die mehr Empfänglichkeit für Ethik und Ethologie als Verständnis für Politik und für eine an vergangene Zeiten gebundene Dichtergrösse besass, den A. mit Menander in Parallele setzte und letzterem den Vorzug gab, ist historisch begreiflich. Allerdings brauchte diese Vorliebe nicht zu so banausischem Geschwätz zu führen, wie uns Plutarch in der epitomierten Σύγκρισις Ἀριστοφάνους καὶ Μενάνδρου auftischt. Von der alexandrinischen Kunstkritik dürfen wir Gerechteres erwarten. Dort steht A. überall zusammen mit Kratinos und Eupolis, aber so, dass er beide übertroffen habe: οὔτε γὰρ πικρὸς λίαν ὥσπερ Κρατῖνος οὔτε χαρίεις ὥσπερ Εὔπολις, ἀλλ’ ἔχει καὶ πρὸς τοὺς ἁμαρτάνοντας τὸ σφοδρὸν τοῦ Κρατίνου καὶ τὸ τῆς ἐπιτρεχούσης χάριτος Εὐπόλιδος (Platonius π. διαφορᾶς χαρακτ., nach Dionysiades?) und ähnlich Vita XI ὃς πρῶτος δοκεῖ τὴν κωμῳδίαν ἔτι πλανωμένην τῇ ἀρχαῖᾳ ἀγωγῇ ἐπὶ τὸ χρησιμώτερον καὶ σεμνότερον μεταγαγεῖν, πικρότερον καὶ αἰσχρότερον Κρατίνου καὶ Εὐπόλιδος βλασφημούντων [ἢ ἔδει vgl. Vit. XII]. An Begabung (εὐφυία) überragt er alle (Anon. IIΙ, vgl. Vit. XI [XII] und Thom. Mag.), ebenso an dramatischer Technik (Anon. V μεθοδεύσας τεχνικώτερον τῆς μεθ’ [πρὸ?] ἑαυτοῦ τὴν κωμῳδίαν διέλαμψεν ἐν ἅπασιν ἐπίσημος ὀφθείς). In der Dionys (cens. vet. 2) und Quintilian (X 1, 65) vorliegenden Quelle werden die Komiker alle, insbesondere die drei Vertreter der alten Komödie, zusammengefasst, freilich nur in Beziehung auf ihre λεκτικαὶ ἀρεταί: sie sind τοῖς ὀνόμασι καθαροὶ καὶ σαφεῖς καὶ βραχεῖς καὶ μεγαλοπρεπεῖς καὶ δεινοὶ καὶ ἠθικοί, wie Dionys sagt; Quintilian nennt die antiqua comoedia et grandis et eloquens et venusta. Plinius ep. VI 21 überträgt die Lobsprüche in naiver Weise auf den [985] Vergilius Romanus, da er sich in der Nachahmung der alten Komödie versucht hatte. Cicero (ad Q. fr. III 1, 6) hat sich daraus für Α., von dem er gewiss auch nicht eine Komödie selbst gelesen hat, ein Epigramm gemacht ‚et suavem et gravem‘. Das sind die φοβεραὶ χάριτες in dem Epigramm des Antipater von Thessalonich (Anth. Pal. IX 186; oder ist der Sidonier der Verfasser?), dessen letztes Distichon die beiden Eigenschaften hervorhebt, die in der Epitome des Dionys die Charakteristik der Komiker abschliessen (δεινοὶ καὶ ἠθικοι). Die Verse werden so zu lesen sein: ὦ καὶ θυμὸν ἄριστε καὶ ἤθεσιν, Ἐλλάδος ἶσα, κωμικέ, καὶ στύξας ἄξια καὶ γελάσας, d. h. im Pathos wie im Ethos hervorragend, hast du gescholten und gelacht ebenso wie Griechenland es gethan (ἶσα) und es verdient hat (ἄξια). Die Urteile der Alten über A. hat Setti zusammengestellt Riv. di filol. class. X (1882) 132, allerdings ohne Kritik.

Dichterische Stellung

Dichterische Stellung des A. Der Komödiendichter jener Zeit war ein privilegierter Censor nicht nur des öffentlichen Lebens, sondern auch des privaten, soweit es in der Öffentlichkeit erkennbar wurde. Er war an sich ein einzelner Privatmann, aber sobald er, vom Staate gewissermassen im Auftrage des Gottes bestellt, die Bühne des Staates betrat, war er der Vertreter eines durch den Schutz der Religion geheiligten Princips. Alles, was Anstoss gab, fiel seiner Kritik zu, das μέμφεσθαι, das Aufdecken einer νόσος, und, wenigstens ideell, auch die Heilung derselben war sein Element: was tadellos schien, ging ihn nichts an. Vgl. Herm. XXIV 37f. Das von der Komödie vertretene Princip ist also ganz wohl bis zu einem gewissen Grade der Opposition im parlamentarischen Leben vergleichbar. Es ist wiederholt Erstaunen darüber geäussert worden, dass alle Dichter der alten Komödie Aristokraten waren; Teuffel Studien und Charakteristiken zur Litteraturgesch. (1871) 94 Kock Rh. Mus. XXXIX 132. Couat Aristophane 33ff. Letzterer hat die Komiker sogar zu einer Clientel der reichen Leute degradieren wollen, zu einer Art armer Verwandten, wie sie am Tisch des polnischen Grundbesitzers das Lied dessen singen, dessen Brot sie essen. Aber es ist doch an sich klar, dass officielle Kritiker, wie die Komödiendichter, sich im Gegensatz zum Bestehenden befinden müssen: das Bestehende aber war die Demokratie. In einer aristokratischen Staatsgemeinschaft wäre die Komödie, wenn sie sich dort überhaupt denken liesse, demokratisch gewesen. Wo sollte denn der blutjunge A. seine politischen Erfahrungen gesammelt haben, die ihn zum Feind der Demagogen, der Demokratie und der ganzen neuen Zeit machten. Sein Beruf hat seine politische Stellung bestimmt, er ist conservativ in seiner Eigenschaft als Komödiendichter. Teuffel hat sehr richtig bemerkt, dass alle bedeutenden Schriftsteller Athens in jener und in der folgenden Zeit im Gegensatz zu ihrer Zeit standen, aber er hat die Ausnanme übersehen. Die Redner sind alle begeisterte Demokraten, weil sie direct mit der Menge, im Demos leben, von ihm getragen werden, durch ihn das sind was sie sind. Isokrates, der Stubenrhetor, steht abseits, weil auf ihn diese Voraussetzungen nicht zutreffen. Aber [986] der Philosoph, der Historiker, der Bühnendichter, die stehen über der Menge auf erhabenem kritischen Standpunkt, sie sehen die Dinge an als besserwissende und belehrende, sie reden im Namen des Gottes, der Wissenschaft und der Wahrheit. So steht auch A. über der Demokratie, er ist kein μισόδημος, wohl aber ein μίσοχλος und μισοδημάγωγος. Er kritisiert, und das vornehmste Mittel der Kritik ist der Vergleich, ja sie hat kaum ein anderes zur Verfügung, da die Komödie doch nicht dazu da ist, neue politische Ideen auszuhecken. Kein Komiker, soviel wir wissen, hat sich irgendwie politisch thätig erwiesen. Die Kritik der Komödie beruht auf dem Vergleich der fehlerhaften Gegenwart mit der besseren Vergangenheit: was liesse sich denn sonst vergleichen? Die alte goldene Zeit wird gepriesen, das war ein Schlaraffenleben, ὁ ἐπὶ Κρόνου βίος, da waren die Sitten reiner, die Bildung solider, die Politik ehrlicher, die Menschen besser und vernünftiger. Aber der Wert der Vergangenheit ist immer ein relativer. Man sehnt sich factisch nicht nach paradiesischen Urzuständen, sondern nach dem zunächst liegenden besseren Zustand: unter Kimon war es besser gewesen als unter Perikles, so sagt die Zeit des Kratinos; unter Perikles war es besser als unter Kleon, so sagt die nächste Generation. Die gesetzlich sanctionierte Kritik ist nicht verletzend: wo ein zu weit gehender Freimut gefährlich schien, konnte man wiederum mit Gesetzen einschreiten. Die Verächtlichmachung staatlicher Einrichtung beurteilte man weniger streng als heute, aber ein Majestätsverbrechen wie das von A. in den Babyloniern begangene musste die beleidigte Demokratie rächen. A.s Hass gegen Kleon war gewiss nicht erst die Folge dieses Processes; wir wissen nicht worauf er sich gründete, aber es war ein persönlicher Hass, dessen Ausdruck sich von allen ähnlichen Ausfällen deutlich unterscheidet, ebenso wie der Jahrzehnte hindurch gegen Euripides geführte Krieg auf einer persönlichen Abneigung beruhte. Keiner der übrigen Komiker, das lässt sich auch jetzt wohl noch erkennen, hat den neuen Tragiker derart verfolgt, bei vielen finden wir überhaupt keine Spur der Polemik (v. Wilamowitz Observ. crit. 4). Diese Ausnahmen springen im Gegensatz zur sonstigen, man möchte sagen geschäftsmässigen Kritik des A. in die Augen. Wollte man allen Tadel des A. als Ausfluss seiner tief verletzten sittlichen Gefühle und politischen Überzeugungen ansehen, so müsste man glauben, A. sei ein unheilbar unglücklicher Mensch gewesen, der seines Lebens und seiner grossen Zeit nie hätte froh werden können. Die Grazien hätten sich dann allerdings einen anderen Wohnsitz als in der Seele des A. gesucht. Also der Kampf gegen die neue Zeit, die neue (sophistische) Bildung, die neue Politik, neue Religion, Poesie, Musik, das ist keine individuelle Thätigkeit des Α., die teilte er ebenso wie die Sehnsucht nach Frieden und Ruhe mit allen anderen Komödiendichtern. Darauf thut er sich auch nichts Besonderes zu gute, wohl aber auf die καιναὶ ἰδέαι, die Einkleidung seiner Kritik, die dramatische Erfindung, die Handlung, die Charaktere, die Beseitigung scurriler Possen und hässlicher Absurditäten (Wolk. 538ff.; Wesp. 56ff.). In der That ist das wohl eine hauptsächliche [987] Kunst des Dichters, kleine Bilder mit grossem Hintergrund zu zeichnen, das was eine einzige Person leidet, wünscht und handelt, als das Leiden, Wünschen und Handeln der vernünftigen Mehrheit glaubhaft und anschaulich darzustellen, die politischen und socialen Misstände durch lächerliche Einzelheiten zu illustrieren. Der einzelne Mensch, der eine Klasse von Menschen vertritt, ist ein Typus, er muss aber soviel Individualität haben, dass man an seine wirkliche Existenz glaubt. Wie oft mag der Typus Dikaiopolis auf der Bühne erschienen sein, wie oft allein in A.s Komödien, und doch sind Dikaiopolis und Trygaios verschiedene Menschen, variiert nach der immer variierten Handlung, je nachdem sich in ihnen verschiedene Dinge reflectieren, Politik, Verwaltung, Gerichtswesen, Bildung, Krieg und Frieden. Für die Charakterkomödie hatte das 5. Jhdt. noch keinen Sinn; Phrynichos Monotropos, der etwas Ähnliches gewesen zu sein scheint, fiel durch. Aber die Anfänge der Charakterkomödie liegen doch in den künstlerisch variierten Typen der alten Komödie. A. selbst hat sie mit ausbilden helfen, in der Lysistrate und im Plutos sind deutliche Spuren des Fortschritts zu erkennen. Aber seine eigentliche Kunst liegt anderswo: in der treffenden Fassung des Problems, in der lustigen Gestaltung und drastischen Ausführung einer unmöglichen oder unwahrscheinlichen Handlung war A. von unerschöpflicher Erfindungskraft, und vor allem in der immer neuen Personificierung des Chors. Die Wolken und die Vögel überraschen nicht nur durch kunstreiche Kostümierung, sondern mehr noch durch das Geschick, mit dem der Dichter ihre abenteuerlichen Gestalten zu Personen erhebt, sie als Wolken und Vögel reden und handeln lässt. Darum waren die Wespen ein weniger glücklicher Fund, weil sich von diesen Tieren nur eine einzige Vorstellung anschaulich machen lässt, dass sie stechen: der Witz ist hier mit der Erfindung des Chors, mit dem einmal gezogenen Vergleich zwischen Heliasten und Wespen erschöpft und verträgt keine Ausgestaltung. Eine geschlossene Handlung hatte die ältere Komödie kaum: eine Situation wird erfunden oder ist gegeben, sie wird benutzt um einen abstracten Gedanken, eine These an ihr klar zu machen: ist das geschehen, hat die Handlung ein Ende. Die Parabase redet in der Person des Dichters den Epilog. Der dramatische Keim ist am Beispiel der Tragödie zur Entwicklung gekommen, das ist ganz unleugbar. Die Komödie steht etwa seit dem J. 460 der Tragödie gleich; sie strebt allmälig nach gleicher Ausdehnung und Kunstform. Dann kann sie sich nicht mit so dürftiger Handlung begnügen. Bis zur Parabase ist sie ganz individuell, wie die epirrhematische Composition dieses Teils zeigt: was hinzu kommt, lediglich um den Umfang zu erweitern, hat fremde Form, die epeisodische Composition der Tragödie. Inhaltlich sind es ganz freie, meist possenhafte Scenen, die mit der Handlung vor der Parabase in ideellem, aber nicht in logisch zwingendem Zusammenhang stehen, wie es in den Acharnern am deutlichsten ist. Der nächste Schritt ist, die Handlung mit der Parabase nicht zu enden, sondern nur abzubrechen, sie nachher wieder aufzunehmen. Das hat A. in den Rittern versucht, [988] ohne diese Kunstform nun endgültig zu acceptieren: in den Wespen kehrt er zur alten Weise zurück. Am vollendetsten ist die Handlung in den Vögeln durch die Parabase geteilt und sind ihre Theile (die Vorbereitung und die Gründung des neuen Staates) durch sie miteinander verbunden. In den Fröschen sind die possenhaften Scenen geschickt zur Exposition der Handlung benützt: sie stehen also voran und schleppen nicht mehr, den Eindruck der Handlung verwischend, hintennach. In den Ekklesiazusen steht das, was man Parabase nennen kann, wirklich am Ende: die Handlung ist völlig vorher zu Ende gebracht. Hier ist eine Art Rückkehr zur älteren Art, zugleich aber die Erreichung der höchsten Freiheit. Nur ein Schritt fehlt noch: das Aufgeben des Chors, so dass der Dichter beiseite tritt, allen Raum der Handlung selbst, der Entwicklung der handelnden Personen überlassend. Das hat A. in den letzten Stücken durchgeführt, andere Dichter, wie z. B. Platon, sind ihm darin vorangegangen. Die allmälige Entwicklung zum Drama lässt sich am besten dur die Prologe veranschaulichen. Die Stellung des Prologs vor der Parodos wie der stehende Gebrauch von Trimetern im Prolog beweist, dass er wie in der Tragödie so auch in der Komödie der jüngste von allen Bestandteilen ist. Der personenreiche Prolog der Acharner ist mehr verwirrend als aufklärend, nur Amphitheos ausser Dikaiopolis wird zur Exposition der Handlung benützt, und zwar als Doppelgänger des Dikaiopolis, der die Bühne nicht verlassen darf, während jener nach Sparta gehen und im Nu von dort wieder zurückkommen muss. Das ist sehr gewagte Erfindung und die Doppelung der Person findet ihre Lösung in dem ebenso gewagten Kunstgriff, dass der Chor die beiden (auch äusserlich ähnlichen) Personen verwechselt und mit Dikaiopolis zu streiten beginnt, während er den Amphitheos vor sich zu haben meint. Einigermassen ähnlich ist der Prolog zu den Wolken, nur dass hier alles natürlich zugeht, wenn man sich den Ortswechsel (Schlafzimmer des Strepsiades und Studierzimmer des Sokrates) gefallen lässt. In beiden Stücken aber sind die Personen des Prologs die Hauptpersonen der Handlung. Davon ist A. wieder abgegangen in den Rittern, Wespen und im Frieden, wo eine ausführliche Sclavenscene mit einer sich anschliessenden ῥῆσις die Exposition giebt. Das Auftreten der Sclaven wird nicht motiviert, an der Handlung selbst haben sie keinen Anteil. Von den Vögeln an aber hat das Schwanken ein Ende. Hier wie in allen folgenden Stücken führt der Prolog direct in die Handlung hinein. Das hat A. mit der Zeit gelernt und zwar ohne Frage von der Tragödie: der Prolog der Praxagora (in den Ekklesiazusen) ahmt sogar in glücklichster Weise den Ton der Tragödie nach. Vgl. Frantz De comoediae att. prologis, Strassburg. Diss. Trier 1891. Die Lyrik ist nicht das eigentliche Element des Komikers, es war von Anfang an eine traditionelle Beigabe, da doch ein singender und tanzender Chor auch dem komischen Festspiel zu Grunde lag. Aber A. hat wunderschöne Chorlieder geschrieben, naturgemäss nicht in so mannigfach wechselnden Rhythmen wie Lyriker und Tragiker, aber doch auch entfernt nicht einförmig: trochaeische und kretische Systeme wiegen [989] vor, aber nicht nur Parodie und Nachahmung haben auch zu daktylischen, aeolischen und vielen anderen Rhythmen gereizt. Eigentümlich ist das oben erwähnte Urteil des des Anon. π. κωμ. III ζηλῶν Εὐριπίδην, τοῖς δὲ μέλεσι λεπτότερος, und es ist gleich schwer zu begreifen, wie der Komiker mit dem Tragiker gerechter Weise verglichen werden, wie dass der Vergleich zu einem solchen Urteil gelangen konnte. An überraschenden und packenden dichterischen Vorstellungen fehlt es der Lyrik des A. so wenig wie an der fliessenden Gewalt der Rhythmen oder an der Fülle und Rundung des Ausdrucks: dass er die Wärme der Empfindung durch tolle Luftsprünge und Ausfälle zu verdecken und zu verwischen liebt, das ist das Recht des komischen Dichters. Dass gerade in einem späten Stück, in den Fröschen, hervorragende lyrische Dichtungen begegnen, ist nicht sowohl aus den Fortschritten des Dichters zu erklären, als aus der ganzen dichterischen Sphäre dieser Komödie, die den Dichter ebenso beeinflusst hat, wie sie noch heute den Leser beeinflusst. Von der Kunstform der A.schen Komödie wird besser an anderem Orte zu reden sein (s. Κωμῳδία), nur soviel mag hier gegen Zielinski bemerkt werden, dass der Agon kein integrierender Bestandteil der ältesten Komödie so wenig wie der des A. war: er fehlt in den Acharnern, Frieden und Thesmophoriazusen, und es ist verfehlt, durch gewaltsame Umgestaltung das Gewünschte hineinzuzwingen. So wenig wie die Parabase eine absolut feste Form hat, so wenig der Agon, der dazu da ist, einen Gedanken oder eine These, die durch die Handlung selbst nicht erledigt werden kann, im Wortgefecht zweier verschieden denkender Personen durchzuführen. Je grösser die dramatische Kunst, desto weniger wird von diesem undramatischen, der Sophistik abgelernten Mittel Gebrauch gemacht werden.

Für die Lücken und Mängel dramatischer Structur entschädigt in der Komödie und vor allem in der des A. die Fülle und Mannigfaltigkeit guter Einfälle, lächerlicher Situationen, lustiger und überraschender Wendungen, treffender Witze aller Art. Das eigentliche Element, in dem die Komödie lebt, ist das γελοῖον. Vgl. Bernays Zwei Abhandlungen über die aristotelische Theorie des Dramas (1880) 158ff., wo als Urquelle des Anon. π. κωμῳδ. Χ d Aristoteles nachgewiesen wird. Die Grundlage aber der unerschöpflichen Mittel, über die A. verfügt, um Lachen zu erregen (γέλως ἐκ τῶν πραγμάτων und ἀπὸ τῆς λέξεως), ist der frische und wahre Humor, der nicht mit bitteren Worten Personen oder Sachen verächtlich macht, sondern gestützt auf feine und scharfe Beobachtung jeglichem Dinge eine lächerliche Seite abzugewinnen weiss. Wie die Komödie des Menandros ein Spiegel des rein menschlichen Lebens war, so giebt die des A. ein buntes Bild des öffentlichen Lebens und Treibens zu seiner Zeit, gewiss nicht mit der psychologischen Genauigkeit und Eindringlichkeit gezeichnet, wie die Charakterkomödie es wollte und konnte, aber ein Bild, dem es an typischer Porträtähnlichkeit nicht fehlte. Kleons Charakter werden wir nicht auf Grund von A.s Komödien schildern wollen, so wenig wie Lampon oder Lamachos oder gar Sokrates, aber Demagogentum, Sophistik, Bigotterie und Chauvinismus [990] in ihren Auswüchsen lernen wir aus diesen karikierten Schilderungen ihrem Wirken und ihrer Bedeutung nach kennen. A. ist kein Satiriker, der die Schwächen seiner Mitmenschen geisselt, der die Verderbtheit der Welt aufweist und bejammert: er lacht über sie und will andere lachen machen, auch die, welche an denselben Fehlern leiden. Das Fest des Dionysos giebt ihm, dem directen Diener des Gottes, volle Freiheit, und keiner fragt ihn, ob er denn selber besser und tugendhafter sei. Dass der Dichter selbst seine Kritik von Personen und Zuständen als Heilmittel bezeichnet, ist bemerkt worden. Aber wie weit das überlieferte Form der Rede oder Überzeugung war, ist schwer zu sagen. A. rühmt sich zwar (Ach. 633) πολλῶν ἀγαθῶν αἴτιος εἶναι, παύσας ὑμᾶς ξενικοῖσι λόγοις μὴ λίαν ἐξαπατᾶσθαι κτλ., aber weder konnte er im J. 425 das Resultat seiner Kur vom vorigen Jahre beurteilen, noch ist dies Resultat jemals eingetreten. Der praktische Erfolg der Komikerkritik ist gewiss ein minimaler gewesen, und die Dichter hätten weniger gescheit sein müssen als sie waren, wenn sie auf solche Erfolge rechneten. Weder Kleon ist durch A. gefallen, noch hat die Heliastenleidenschaft durch die Wespen Verringerung erfahren, noch ist der Friede durch die sehnsüchtigen Klagen der Komödie beschleunigt worden. Von Enttäuschung über solche Misserfolge ist bei A. nirgend die Rede, er hat eben nichts anderes erwartet, er hat nie im Ernste daran geglaubt, die Welt, den Staat und seine Mitbürger verbessern und ändern zu können, er hat darin auch nicht die Verdienste seiner Vorgänger gesehen (Ritt. 520ff.). Er ist kein Politiker oder Moralist, sondern ein Dichter, der so wenig wie die Tragödie eine kathartische Wirkung erstrebte; vgl. v. Wilamowitz Herakles I 109ff. Auch A. belehrt und erbaut, auch er zeigt seinem Publicum des Lebens mannigfache Gestalt und Inhalt, aber nicht von der tiefernsten, sondern von der lustigen Seite. Der Stoff, über den gelacht wird, muss vorhanden sein, er muss das Lachen vertragen können, aber an sich ist er gleichgültig. Man lacht nur nicht über grosses Heldentum und grausige Schicksale, sondern über die Thorheiten, Verkehrtheiten, Eigentümlichkeiten des Lebens und der Menschen. Aber selbst das ausgelassenste Lachen ist an eine Grenze gebunden. Das κακηγορεῖν und auch das αἰσχρολογεῖν steht dem Komiker zu, aber ausser dem Dionysos muss ihm eine andere Gottheit zur Seite stehen, die Aphrodite mit den Chariten (Plat. symp. 177 e). Diese Beschützerinnen des Schönen und der Liebe zum Schönen konnten den Dichter niemals verhindern unanständiger zu sein als wir etwa es vertragen können: nicht die nackte und natürliche Sinnlichkeit ist unanständig, sondern die versteckte Lüsternheit, die Mutter der Zote, die in den späteren Stücken allerdings nicht fehlt. Ist der Witz gut, so kann er stammen aus welcher Sphäre er will; die Chariten werden ihre Freude daran haben, so gewiss sie die gemeinen Unsauberkeiten der tugendhaften Kyniker verabscheuten. Für uns, die wir den A. nur lesen können, ist die Komik die sinnfälligste, die im sprachlichen Ausdruck hervortritt, in den zahllosen Wortwitzen, Wortspielen, Wortverdrehungen, überraschenden Wendungen, [991] in lächerlich verwendeten sprichwörtlichen oder volkstümlichen Redensarten, in den verstümmelten oder entstellten oder durch Zusammensetzungen ausgedeuteten Eigennamen und was dergleichen sonst zu denken ist. Vgl. Holzinger De verborum lusu apud Ar., Wien 1876. Fromman De ambiguorum in Ar. comoediis usu, Danzig 1879. Bauck De proverbiis aliisque locutionibus ex usu vitae petitis apud Arist., Königsberg 1880. Im allgemeinen ist die Sprache des A. eine musterhaft einfache, der Satzbau, die Wortfolge, die Wahl der Worte. Das alles entspricht gewiss im wesentlichen der attischen Umgangssprache, und eben darum begegnet uns, die wir die Litteratursprache besser kennen, soviel Fremdartiges, Dunkles und Schwieriges. Natürlich wird auch die einzelne Person durch ihre Ausdruckssphäre gekennzeichnet, nur nicht mit der ängstlichen Detailierung der ethologischen Tragödie oder Komödie, mehr im allgemeinen als mit realistischer Treue. Aristoteles hat es richtig als ein Vorrecht der Komödie erkannt, dass sich der Fremde vom Athener durch Beibehaltung seines Dialekts unterscheidet, was die erhabene Sprache der Tragödie natürlich verschmäht: die Acharner und die Lysistrate geben prächtige Proben, wenn auch die dialektische Form nicht rein überliefert ist. Auch das Kauderwelsch der Barbaren hat A. in den Acharnern, Vögeln und Thesmophoriazusen nachgeahmt. Die Absicht ist nicht eine realistische, sondern eine komische: den Athenern erschienen ja alle anderen Dialekte (ausser dem ionischen) als lächerlich und halb barbarisch klingend. Je tiefer das Niveau der Umgangssprache gehalten ist, desto schärfer heben sich die Stellen hervor, wo entweder im allgemeinen die Sprache des Epos, der Lyrik oder der Tragödie nachgeäfft und lächerlich gemacht wird (παρατραγωδεῖν) oder wo bestimmte Scenen, Personen, Ausdrücke aus bestimmten Tragödien oder anderen Gedichten ernsthafter Gattung verhöhnt werden (παρωδεῖν). Die Tragödie lag natürlich den Komikern am nächsten: sie war der Komödie innerlich und äusserlich am nächsten verwandt, sie hat die Komödie als Drama gefördert und war von dieser als ältere Schwester mit Eifersucht angesehen, die Parodie der Tragödie war auch die wirksamste, weil sie in dem komischen Drama die geringsten Abänderungen erforderte; vgl. Täuber De usu parodiae apud Arist., Berlin 1849. Reiche Sammlungen in W. Ribbecks Ausgabe der Acharner (1864) S. 267ff. und bei W. H. van de Sande Bakhuyzen De parodia in com. Arist., Utrecht 1877.

Die Wirkung der Parodie beruht darauf, dass das, was man stets als ernst zu betrachten gewohnt war, plötzlich in lächerlichem Lichte erscheint. Die Absicht braucht an sich keine andere als diese zu sein, aber meistens ist die Parodie kritisch gemeint, und daher richtet sie sich fast ausschliesslich an die Dichter der Gegenwart. Freilich wird bei A. auch Aischylos gelegentlich seiner allzu erhabenen Ausdrucksweise wegen in harmloser Weise verspottet, aber die eigentliche Kritik richtet sich wohl ausschliesslich gegen die Komödie, Tragödie, den Dithyrambus der Gegenwart. Mit seinen eigenen Kunstgenossen ist A. im ganzen milde verfahren (Wolk. 552), an persönlichen Zänkereien wird es wie mit Eupolis, so [992] auch mit anderen nicht gefehlt haben. In seiner Kunst ist A. kein Verehrer der Vergangenheit und Verächter der jüngeren Generation, in welcher er selbst eine hervorragende Stelle einzunehmen sich bewusst ist. Harmlos sind alle seine Angriffe auf Aischylos, Sophokles, Agathon, Xenokles, Achaios, Kinesias gegen die Bitterkeit und Hartnäckigkeit, mit der er Euripides Jahrzehnte hindurch verfolgt hat. Er verachtet den Gottesleugner, den rhetorischen Bühnenphilosophen, den neuerungskühnen und unsittlichen Dichter, der mit moralischen Sentenzen Conflicte löst, der phantastische Situationen der Tragödie zumutet, der die niedrigsten Leidenschaften darzustellen wagt, er verhöhnt seine einförmigen Prologe, seine tragikomischen Charaktere, seine neumodische Lyrik, insbesondere die Bravourarien seiner Helden. Es ist kaum glaublich, dass diese Polemik nur der allgemeinen Antipathie gegen die neuere Tragödie Ausdruck geben soll: die beiden Männer, verschieden ihrer Natur, ihrer Lebensauffassung, ihren Lebensschicksalen nach, werden sich persönlich gehasst haben. A. hat weder die Zeit noch den Mann selbst verstehen und würdigen können. Die euripideischen Parodien erstrecken sich so ziemlich auf alle Tragödien; von den erhaltenen sind nachweislich Alkestis, Andromache, Hekabe, Helena, Elektra, Hippolytos, Iphigeneia A. und T., Medea, Orest, Phoenissen parodiert, womit nicht gesagt ist, dass die anderen frei ausgegangen seien. Unter den verlorenen wird besonders der Telephos unablässig und hart mitgenommen: ein ganzes Intermezzo liefert er in den Acharnern, einzelne Verse werden fast in allen übrigen Stücken benutzt. Dem Bellerophon hat A. die Himmelfahrt des Trygaios nachgebildet, der Andromeda, Helena und dem Palamedes sind ganze Scenen der Thesmophoriazusen entnommen (Lange Quaest. in Ar. Thesmoph. 1ff.). Eine grosse Zahl tragischer Parodien können wir am Ton und am sprachlichen Ausdruck wohl erkennen, aber nicht auf ihre Originale zurückführen. In den letzten Stücken (Ekklesiazusen und Plutos) wiegt die Paratragodie vor, und das bleibt späterhin eine Eigentümlichkeit der mittleren Komödie. Vgl. ausser den früher citierten Schriften noch v. Leeuwen De Arist. Euripidis censore, Amsterdam 1876. Schwabe Aristoph. und Aristoteles als Kritiker des Eurip., Crefeld 1878.

Überlieferung

Überlieferung. Von den 40 (resp. 44) Komödien des A. sind uns elf erhalten, und zwar nur in der ältesten Hs. R (einst in Urbino, jetzt in Ravenna) aus dem XI. Jhdt. Die Reihenfolge ist diese: Plutos, Wolken, Frösche, Ritter, Acharner, Wespen, Friede, Vögel, Thesmophoriazusen, Ekklesiazusen, Lysistrate. Eine ähnliche Reihenfolge hat der Venetus (XII. Jhdt.), nur dass ihm die Acharner und die letzten drei Stücke fehlen. Eine andere, ältere Ordnung der Stücke (Ausgabe des Aristophanes von Byzanz?) bietet das alphabetische Verzeichnis Novatis (s. o. S. 972), aber von dieser Ordnung haben wir sonst keine Spuren; Hilbergs Beweisführung (Zeitschr. f. österr. Gymn. 1879, 904) ist haltlos. Nach welchen Gesichtspunkten die uns überlieferte Reihe geordnet ist, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen: aber der Plutos steht voran, weil er das leichteste Stück ist, Wolken, Frösche, Ritter folgen wohl, weil sie [993] die berühmtesten und ihres Stoffes wegen die wichtigsten waren. Die Anordnung geht zweifellos auf die Ausgabe des Symmachos (ca. 100 n. Chr.) zurück, der seinem Texte einen mit fleissiger Benützung zahlreicher alexandrinischer Vorarbeiten hergestellten Commentar beigab. Der Commentar des Symmachos, die später von einem gewissen Phaeinos vorgenommene Neubearbeitung desselben und andere jüngere Scholienmassen bilden die Grundlage der reichlich in vielen Hss. überlieferten Scholien kritischer, exegetischer und metrischer Art. Vgl. v. Wilamowitz Eurip. Herakles I 180ff. Ausgabe der Scholien von Dindorf in der Oxforder Ausg. 1838 und von Dübner (Paris 1855). Dazu Martin Les scolies du ms. d’ Aristophane à Ravenna, Paris 1882. Nachträge von Ravennas- und Venetusscholien von Holzinger Wiener Stud. IV 1 und V 208. Zacher Die Handschriften und Klassen der Aristophanesscholien, Jahrb. f. Philol. Supplementbd. XVI 503ff.; vgl. Zacher Philol. XLI 11ff. Die metrischen Scholien behandelt Thiemann Heliodori colometriae Aristoph. quantum superest, Halle 1869. Über die Quellen der Scholien u. a. Schneider De veterum in Arist. scholiorum fontibus, Stralsund 1838. Strecker De Lycophrone Euphronio Eratosthene comicorum interpretibus, Greifswald 1884. Das Verhältnis der beiden ältesten Hss. ist nicht in allen Stücken dasselbe; bald stimmen sie in offenbaren Fehlern mit einander (wie in den Wolken), so dass die Hss. zweiten Ranges ihnen gegenüber eine unverächtliche Instanz bilden, bald weichen sie stark von einander ab (wie in den Rittern), wobei V, der eine den geringeren Hss. ähnliche Recension bietet, sehr häufig den Vorzug verdient. Wo V fehlt, treten eben diese Hss. als Controlle gegenüber R ein. Die Thesmophoriazusen sind nur in R überliefert. Von der byzantinischen engeren Komödienauswahl (Plutos, Wolken, Frösche) giebt es unzählige, für den Text wertlose Hss., verzeichnet bei Blaydes Textausgabe, Halle 1886 Bd. I; vgl. v. Bamberg De Ravennate et Veneto Arist. codicibus, Bonn 1865. Schnee De Arist. codicibus capita duo, Halle 1876; De Arist. mss. quibus Ranae et Aves traduntur, Hamburg 1886. Neben diesen Hss. kommt der Text in Betracht, den Suidas für seine reichlichen Excerpte aus A. benützt hat; vgl. Bünger De Arist. Equitum Lysistr. Thesmoph. apud Suidam reliquiis, Diss. Strassb. 1878; Arist. Ranarum apud Suidam reliquiae, Progr. Freiburg 1881.

Eine vollständige kritische Ausgabe des Α., die freilich den Namen einer kritischen aus vielen Gründen nicht verdient, ist begonnen von A. v. Velsen (erschienen Ritter, Frösche, Plutos, Thesmophoriazusen, Ekklesiazusen, Leipzig 1869–1883), deren hoffentlich verbesserte Fortsetzung Zacher versprochen hat. Die früheren Collationen der massgebenden Hss. sind teilweise sehr ungenau, auch Blaydes grosse Ausgabe (Halle 1880–1885) genügt nicht. Für die Erklärung ist, abgesehen von zahlreichen Einzelbeiträgen, wenig geschehen, verhältnismässig viel von Steph. Bergler (ed. cur. P. Burmanno, Lugd. Bat. 1760). Sammelausgabe von Invernizi-Beck-Dindorf, Leipz. 1794–1834. Einzelausgaben mit Kommentar und Übersetzung, auch Übersetzungen [994] allein sind zahlreich. Bequeme Textausgaben von Bergk (Leipz. 1857) und Meineke (Leipz. 1860). Verzeichnis der Ausgaben bei Βlaydes, Textausgabe Halle 1886, Bd. I p. LXXVff. Sonstige Litteratur zu A. bei Teuffel Die Wolken des A. erklärt, 2. Auflage von O. Kaehler, Leipzig 1887, 1–29.

[Kaibel. ]

Nachträge und Berichtigungen

Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
Band S XII (1970) S. 13921569
Aristophanes in Wikisource
Aristophanes in der Wikipedia
GND: 118503987
Aristophanes in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register S XII Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|S XII|1392|1569|Aristophanes 12|[[REAutor]]|RE:Aristophanes 12}}        
[Der Artikel „Aristophanes 12“ aus Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (Band S XII) wird im Jahr 2081 gemeinfrei und kann dann (gemäß den Wikisource-Lizenzbestimmungen) hier im Volltext verfügbar gemacht werden.]
Externer Link zum Scan der Anfangsseite[Abschnitt korrekturlesen]

Aristophanes 12), der Komiker (Nachtrag zum Artikel von G. Kaibel o. Bd. II [1895] S. 971ff.). [...]

Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
fertig  
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Band R (1980) S. 45
Aristophanes in Wikisource
Aristophanes in der Wikipedia
GND: 118503987
Aristophanes in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register R Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|R|45||Aristophanes 12|[[REAutor]]|RE:Aristophanes 12}}        
[Abschnitt korrekturlesen]

12) Komödiendichter im 5./4. Jh. v. Chr. S XII 1392.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Hermes Bd. 13 1878