Beytrag zur Geschichte und statistischen Topographie der beyden Reichsdörfer Gochsheim und Sennfeld in einem kurzen Entwurf

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Autor: Simon Friedrich Segnitz
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Titel: Beytrag zur Geschichte und statistischen Topographie der beyden Reichsdörfer Gochsheim und Sennfeld in einem kurzen Entwurf
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 4, S. 529–628
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1792
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Quelle: UB Bielefeld, Commons
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I.
Beytrag zur Geschichte und statistischen Topographie der beyden Reichsdörfer Gochsheim und Sennfeld in einem kurzen Entwurf
von
D. Simon Friedrich Segnitz
zu Schweinfurt.
Litteratur.
Der kurmainzische Regierungsrath und Kammerherr von Dacheröden zu Erfurt hat bereits in seinem Versuch eines Staatsrechts, Geschichte und Statistick der freyen Reichsdörfer in Deutschland I. Theil, die bekanntesten von den freyen Reichsdörfern überhaupt handelnden Schriften, (denen nur noch das von dem geheimen Rath von Roth zu Bonn bey dem Antritt seines staatsrechtlichen Lehramts über die Frage: Kann ein freyes Reichsdorf sich dem Schutze eines| Reichsstandes ohne Vorwissen und Bewilligung des Kaisers auf eine gültige Weise ergeben? geschriebene, und inzwischen erst heraus gekommene Programm beyzufügen ist,) vollständig angeführt, daher ich, um keine überflüssige Arbeit zu thun, nur diejenigen Gelegenheitsschriften, welche die beyden Reichsdörfer Gochsheim und Sennfeld insbesondere betreffen, in chronologischer Ordnung hier angeben will.
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I. Vera et genuina facti species in Sachen Gochsheim und Sennfeld beyder ohnmittelbaren Reichsdorfschaften in Franken, contra Seine Hochfürstliche Gnaden, Herrn Johann Philipp Bischoffen zu Würzburg und Herzogen in Franken et Consortes, worinnen nicht allein die wahre Beschaffenheit und der eigentliche Verfolg des von denen erstern in puncto ihrer an obig beyden Orten privative besitzenden Geistlichen Iurium hactenus bey einem Hochpreißlichen Kaiserlichen und Reichskammergericht wider Höchstgedachte Seine Hochfürstliche Gnaden und Consorten geführten importanten processus mit gründlicher Deutlichkeit vorgestellet, sondern auch die Insufficientz und Ohngrund derer Würzburgischer Seits in hac caussa Mandati Sine Clausula, iudicialiter eingereichten vermeynten Exceptionum sub et obreptionis ex Actis vollkömmlich an des Tages Licht gestellet wird, nebst wiederhohlter unterthäniger Bitte pro gratiose| decernendo mandato ulteriori de non contraveniendo paci religionis et Instrumento pacis Westphalicae in puncto Iuris Dioecesani et Iurisdictionis Ecclesiasticae, contra facta cassando ac de non amplius turbando in exercitio Actuum Parochialium, sed restituendo ac reparando, neque in propria caussa iudicando, sed expectando decisionem Cameralem, iuncto mandato de non sibi arrogando administrationem Actuum Ministerialium in aliena Parochia, sed abstinendo, ut et de manutendo an des Fränkischen Kreises ausschreibende Herren Fürsten S. C. annexa Citatione solita una cum salvo conductu in optima forma, et Citatione ad videndum, se incidisse in poenam fractae pacis publicae, et reproducti Mandati ac ad illas condemnari et privari iure protectorio Mit Beylagen von Num. 1-23. incl. Wezlar gedruckt bey Georg Ernst Winckler 1716. Fol. 78 S.
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II. Actenmäsige fact. species in Sachen beeder Dörfer Gochsheim und Sennfeld contra Ihro Hochfürstliche Gnaden zu Wirzburg praetensi Mandati de non contraveniendo Paci Religiosae et Instrumento Pacis Westph. S. C. pto Iuris Dioecesani ac Iurisdictionis Ecclesiasticae worinnen nicht allein der ganze Verlauff deßjenigen, was zwischen obhöchstgedachter Seiner Hochfürstl. Gnaden, und beeden Dörfferen von dem Absterben des letzteren Gochsheimischen Pfarrers, bis hiehero sich zugetragen hat, sondern auch die Frag: Ob Seiner Hochfürstlichen Gnaden zu Wirzburg, und Dero| Hochstift über beede Gemeinden Gochsheim und Sennfeld die Iura Ecclesiastica zustehen? gründlich untersucht zu finden ist. Mit Beylagen sub Lit. A. usque T. T. HERBIPOLI Typis HENRICI ENGMANN Typographi Aulici

lauft nach den paginis in einer Reihe mit vorstehender Vera et genuina facti specie etc. etc. fort und geht von S. 79-158. incl.

III. ANNOTATIONES REFVTATORIAE über die Wirzburgische so intitulirte ACTEN mäßige Speciem facti mit Beylagen sub Lit. A. usque V. inclusive

ist ein Anhang von vorstehenden und geht von S. 159-248.

IV. Hochvermüssigte Apologia und Deductio Innocentiae, pro legitima famae et honoris defensione, adeoque tutela inculpata, einer nicht allein bey höchstpreißlich-Kaiserl. und d. H. R. R. Kammergericht sondern auch an verschiedenen Orten zu desto mehrerer Diffamirung, public gemacht, und zum öffentlichen Druck gebrachten höchst calumniosen Beschuldigung in einer so intitulirt aber so viel des heil. Römischen Reichs freye Stadt Schweinfurt und mich D. Taubern Dero ältern Consulenten, betrifft, nichts weniger, als Vera et genuina facti specie, mittelst einer auf ohnwiderlegliche Documenta und Beylagen sich fundirenden Verae facti Speciei zu abgenöthigter Ehrenrettung hinwiederum durch öffentlichen Druck entgegen gesetzt; in Sachen beeder immediaten Reichsdörfer Gochsheim und Sennfeld contra Ihro Hochfürstlichen| Gnaden zu Würzburg et consortes etc. gedruckt im Jahr Christi 1716. Fol. 35 S.

V. Wohlgegründete Vertheidigung der in Sachen Gochsheim und Sennfeld beyder ohnmittelbarer freyen Reichsdorfschaften in Franken contra Sr. Hochfürstl. Gnaden zu Würzburg et Consortes in puncto eines, wegen der Pfarr-Bestellung, und anderer geistlichen Iurium, an beyden erstern Orten hactenus bey einem höchstpreißlichen und Reichs-Cammergericht zu Wetzlar Rechtshängigen Processus, in diesem Jahr durch den Druck heraus gegebenen Verae et genuinae facti speciei, wider die von Johann Michael Tauber, Doctore und der löblichen ohnmittelbar-freyen Reichs-Stadt Schweinfurth ältern Consulenten, dargegen gleichfalls ohnlängst in öffentlichen Druck gebrachte sogenannte hochvermüssigte Apologiam und Deductionem Innocentiae, worinnen nicht allein der wahre Grund der ob-angeführten Verae et genuinae speciei facti, von allen Tauberischen Iniuriis, und mir Dr. Heunischen assingirten calumniosen Auflagen, vollkommentlich vindiciret, sondern auch dieses letztere vermeinte scriptum Apologeticum, und dessen ganzer Inhalt, mit unumstößlichen Gründen, und unverwerflichen Beylagen widerleget worden. Gedruckt im Jahr Christi 1716. Fol. 40 S.

VI. Ulterior Apologia cum Deductione Innocentiae pro legitima famae et honoris defensione, ut et adstruenda Causae iustitia et Veritate, ac elidendis licitoque Retorsionis Iure, cum moderamine | inculpatae Tutelae, repellendis Calumniis, illatisque atrocissimis Iniuriis, Einer so genannten wohl gegründet- in Druck gegebenen Verthaidigung verae et genuinae facti speciei, worinnen mir Dr. Taubern, des Heil. Reichs freyen Stadt Schweinfurt ältern Consulenten, perruptis omnis verecundiae cancellis, et Regulis Christianae charitatis, mit bey männiglich höchsterstaunlichen Calumniis et Iniuriis sehr vieles von Dr. Johann Heinrich Heunischen, als meinen ehmaligen Freund, nunmehro aber, sonder einig mein Verschulden, von einigen Jahren her, contra Proverb. Cap. 27. V. 10. gewordenen Capitalfeind, saltissime imputirt wird, zu abermals äusserist abgenöthigten Ehrenrettung hinwieder mittelst dieses Defensions- und zugleich Retorsions Libelli entgegen versetzt, In Sachen Eines bey Höchstpreyßlich-Kayserlichen und des H. R. Reichs Cammergericht zu Wetzlar zwischen Ihro Hochfürstl. Gnaden zu Wirzburg, auch beyder Reichsdörfer Gochsheimb und Sennfeld Rechtshängigen Processes, darein ich Dr. Tauber in pleno eines, auf bittliches Ersuchen, vor 8 Jahren, wegen 20 wöchiger Ermangelung der Gemeind zu Gochsheimb ihres vocirten Pfarrers ertheilten unvorgreiflichen Gutachtens, und daraus gezogenen Memorialis, per calumniam von dem Gochsheimer Advocato Dr. Heunischen mit eingeflochten worden. Consulendum est Famae, iuxta Senecam, in hac vita, ut post mortem bene audiamus. Vid. Gail. lib. 2. obs 100. | n. 5. et 6. nec actionem iniuriarum metuere debet, qui legitima Defensione atque Moderamine inculpatae tutelae utitur. Carpzov. part. 3. decis. illust. decis. 247. nec Retorsionis ex vera, iusta et legitima causa factae, retorsionem, utpote q. de Iure neutiquam permissa, Harpprecht ad §. haec actio 12. Institut. de Iniur. n. 237. Richter decis. 92. n. 19. Gedruckt bey Heinrich Engmann, Hochfürstl. Würzburg. Hof-Buchtruckern. Fol. 32 S.

VII. Avertissement, die Strittigkeit zwischen Herrn Dr. Tauber, und Herrn Dr. Heunisch betreffend. 1 Bogen.

VIII. Unterthäniges memoriale nebst angehängtem ganz wehemüthigst- und flehentlichstem rechtlichen Bitten, an die hochlöbliche allgemeine Reichs-Versammlung zu Regenspurg, sambt beygefügten speciebus Facti etc. etc. bey dem Kayserl. und heil. Reichs Cammergerichte schon längst eingeführt, auch in verschiedenen wichtigen Puncten gerichtlich entschiedenen und abgeurtheilten, wegen etlicher, in denen hierüber ergangenen sententiis Cameralibus exprimirter Puncten aber ad Comitia sacri Imperii verwiesener Sachen derer Reichs-Schultheisen, Gericht und Gemeinden beyder ohnmittelbahren Reichsdorfschaften Gochsheim und Sennfeld contra weyland Herrn Johann Philipp Bischoffen zu Würzburg und Herzogen in Franken etc. etc. und Cons. Mandati de non contraveniendo paci Religiosae et Instrumento pacis Westphalicae | etc. S. C. Cum Adiunctis sub N. 1. usque 5. inclusive. Wetzlar gedruckt bey Joh. H. Stock Stadt- und Raths Buchdr. im Jahr 1720. Fol. 7 S. (Die Beylagen hierzu sind die oben sub N. 1. vorkommende Vera et genuina factis species die am 14 May 1717 und 28. Martii 1718. publicirte und nach der Hand in des Cammergerichtsassessoris von Ludolff Symphorematibus Consultationum et Decis. Forens. Tom. I. und zwar Decis. XXXVII. abgedruckte Cameral-Sentenzen, die oben sub N. II. ersichtliche actenmäsige facti Species und endlich die sub N. III. befindliche annotationes refutatoriae.)

IX. Abermahliges unterthäniges Memoriale und Bitten an die Hochlöbliche allgemeine Reichsversammlung zu Regenspurg von Reichsschultheissen, Gerichte und Gemeinden beyder unmittelbaren Reichsdorfschaften Gochsheim und Sennfeld contra Seine Hochfürstl. Gnaden zu Wirzburg etc. und Consorten, samt beygefügten wolgegründeten Anmerkungen über das von der vortreflichen Hochfürstl. Wirzburgischen Gesandtschaft an hochgedachte Reichsversammlung erlassene sogenannte Memoriale informativum betreffend einige von dem Kaiserlichen und Reichskammergericht an Ihro Römisch Kaiserliche Majestät und das heil. Röm. Reich zu rechtlicher Entscheidung verwiesene Puncten. Fol. 32 S.

X. Kurze doch ohnverfängliche Beleuchtung jener Hauptsätze, welche in causa Revisionis beeder| Reichs ohnmittelbaren Communitäten, Gochsheim und Sennfeld contra das hochfürstl. Hochstift Würzburg et Consort. Mandati et Citationis, pto fractae pacis publicae vorkommen Fol. 7 S.

XI. Kurze doch gründliche Nachricht wie von jeher in dem Reichsdorf Gochsheim, ohnweit Schweinfurt verfahren worden, wenn bey Reichs-Schultheissen „deren Gerichtsmänner“ und deren sogenannten Stuhlbrüdere Veränderungsfällen, nach dem Schutzvertrag de 11ten Ianuar. 1575. und dem ohnvordenklichen Herkommen, auch in ältern Zeiten bereits erfochtenen Kaiserlich und Reichs Cammergerichtlich allerhöchsten Erkenntnissen zu gültigen Wahlen geschritten worden; dann was vor ohnbefugte Neuerungen seit kurzen dagegen zum äusersten Präjuditz der innerlichen Verfassung, und totalen Ruin derer Gemeinds-Genossen von einigen ihr Privat-Interesse lediglich zum Augenmerck habenden Gerichts-Leuten unternommen worden sind. Gedruckt im Jahr 1775. Fol. 11 S. (ist auch eingerückt in der Sammlung der neuesten Merkwürdigkeiten welche in das teutsche sowohl allgemeine als besondere Staatsrecht einschlagen, zweyten Bandes sechstem Stück Regenspurg 1775. bey Johann Leopold Monntag 4.) N. 37. dann die Fortsetzung davon in des zweiten Bandes siebenden Stück. (Regenspurg 1776.)

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Es ist natürlich, daß der Geschichtschreiber zum Gegenstand seiner Aufmerksamkeit lieber einen Staat erwählt, der sich durch politische Verhältnisse, durch Bevölkerung, Macht und Ansehen auszeichnet, als einen minder wichtigen; weil er sich in dem erstern Falle zuversichtliche Rechnung machen kann, daß das Werk seiner Bemühung den größern Theil des Publicums interessiren werde. Daher läßt sichs auch begreifen, warum die Geschichte der beyden Reichsdörfer Gochsheim und Sennfeld, die nur einen kleinen Punct von Franken ausmachen, noch gar nicht bearbeitet, überhaupt auch noch in ein solches Dunkel gehüllt ist, daß wir von ihrem besondern Ursprung nicht das geringste angeben können, sondern in Bestimmung desselben unsere Zuflucht zu der allgemeinen Entstehungsquelle der Reichsdörfer nehmen müssen, welche von Dacheröden in seinem vorhin angeführten schätzbaren Versuch, im zweyten Theil am glaubwürdigsten in den ehemahligen von Servis regiis bewohnt gewesenen, nachher aber für baare Münze zu dem Besitz der Reichsfreyheit gekommenen kaiserlichen Domänen sucht. Diese Meinung müssen| wie zu Begründung der Immedietät unserer beyden Reichsdörfer so lang unterschreiben, bis wir vielleicht etwa einmahl so glücklich sind, eine gewissere Aufklärung darüber durch Urkunden zu erhalten, die uns hier gänzlich verlassen, weil der mehreste Theil derselben entweder aus Mangel ordentlicher Aufseher, oder durch Sorglosigkeit und andere Zufälle verloren gegangen, vielleicht auch nach der von Seiten Wirzburgs in den ältern Zeiten etlichemahl geschehenen Bemächtigung ihrer Registraturen nicht wieder ausgehändiget worden ist.
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Da aber Gochsheim und Sennfeld bey den Reichs- und Kreis-Anlagen verhältnißmäßig mehr, als es nach ihrer äussern und innern Stärke oder ihren Einkünften zu erwarten wäre, concurriren, einen Theil des Teutschen Reichssystems ausmachen, die Nachrichten[1] von ihnen mangelhaft sind,| die Publicisten sie in ihren Büchern nur mit wenigen Worten berühren, andere aber, welche sich etwas weiter darüber ausbreiten, wie Jenichen und Weber in ihren bekannten Abhandlungen, ihnen solche Rechte beylegen, welche sie entweder nie ausgeübt, oder durch fremden Besitzstand und freywillige Verträge zu üben aufgehört haben, so muß jeder auch noch so unvollkommene zur Aufklärung ihrer Verfassung dienende Beytrag dem Liebhaber der vaterländischen Geschichte willkommen seyn. In dieser Rücksicht darf auch wohl der gegenwärtige Versuch auf Schonung Anspruch machen.
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Die erste diplomatische Spur von dem Reichsdorf Gochsheim treffen wir in einem an das Hochstift Wirzburg ausgestellten Diplom vom Jahr 1234 des damahligen Römischen Königs Heinrich VI. an, der die Reichsfreyheit dieses Orts mit den Worten in Schutz nimmt:

| Reservamus autem nobis Ius, quod in villa Gochsheim ab antiquo dignoscimus habuisse[2]

Hier machen die Urkunden, welche uns zum Leitfaden dienen könnten, wieder eine Lücke; aber es ist wahrscheinlich, daß diese beyden Dörfer von der Epoche ihrer erlangten Reichsfreyheit an, nebst andern Orten, Gültbauern, und einzelnen Gefällen je und allezeit Zugehörungen der Reichs-Vogtey zu Schweinfurt gewesen sind, wo die jedesmahligen Römischen Kaiser ein eigenes Reichsvogtey-Amt, und darüber einen ordentlichen Reichsvogt und Amtmann verordnet gehabt haben.[3]

Selbst die Reichsstadt Schweinfurt hing damahls noch gewissermaßen von dem Reichsvogt ab, und da zu jenen Zeiten zur Behauptung der kaiserlichen Würde nicht gerade so mächtige Fürsten nöthig waren, wie heut zu Tag, sondern das ganze Teutsche Reich den Kaisern zum Wohnort offen stand, und wenn sie nicht wußten, wo| Brod herzunehmen war in der Wüsten, es hauptsächlich den Reichsstädten galt, so mußte auch Schweinfurt dieses Schicksal mehrmahls erfahren; denn diese Stadt wurde von Kaiser Heinrich VII. am 16ten Junii 1310 mit Bewilligung Marggrafs Heinrich zu Brandenburg, dem von dem Erbanfall der so genannten Pflege Coburg her wichtige Rechte darüber zuständig waren,[4] sammt ihrem zugehörigen Reichsvogtey-Amt dem Grafen Berthold zu Henneberg für 2000 Mark Silbers, ingleichen von Kaiser Ludewig im Jahr 1323 nochmahls für 1000 M. S. und endlich im Jahr 1330 von eben demselben abermahls für 2000 M. S. versetzt, in welche Verpfändungen jedoch zur Sicherheit des Pfandschillings von 5000 Mark Silbers gesammte Churfürsten des Reichs ihre Einwilligung gaben.[5] Dieses| Grafen Berthold zu Henneberg Sohn, Johannes, hat nachher, nämlich im Jahr 1351, die Hälfte von dem Versatz Schweinfurt für 6000 Pfund Heller wiederlöslich dem Bischoff von Wirzburg Albrecht abgetreten, worunter Gochsheim und Sennfeld namentlich mit begriffen waren. Allein ein Pfandinhaber, da er nicht weiß, wie lang er in dem Besitz der ihm zum Versatz angewiesenen Güter bleibt, sucht gemeiniglich so viel Nutzen daraus zu ziehen als ihm nur immer möglich ist. Und daher mußte die Stadt Schweinfurt nebst den zu ihrer Reichsvogtey gehörig gewesenen Ortschaften allerley Beinträchtigungen und Erpressungen leiden.
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| Sie setzte aber diesen bald ein Ziel, indem sie den halben Theil des Reichspfandschillings im J. 1361 an Henneberg, und im J. 1386 den andern halben Theil an Wirzburg aus ihren eigenen Mitteln bezahlte.

Diese eigene Wiedereinlösung hatte für die Reichsstadt Schweinfurt den Vortheil, daß sie, anstatt daß vorher die Kaiser, die Reichsvögte oder Amtleute unmittelbar bestellt hatten, nunmehr die Reichsvogtey zur Verwaltung und zugleich das Recht erhielte, Amtleute darüber selbst zu wählen, und ihnen nach Beschaffenheit der Umstände ihr Amt auch wieder aufzukündigen.

Hierüber verbreitet das der Reichsstadt Schweinfurt ertheilte Privilegium Kaisers Maximilian II. vom Jahr 1568[6] ein ungemeines Licht, und enthält ausdrücklich: daß Kaiser Sigmund die Stadt Schweinfurt um deswillen, daß ihre Vordern damahlen die Stadt und Reichsvogtey daselbst mit aller ihrer Zu und Eingehör aus frembder Versetzung und Verpfändung mit ihrem eigenen Geld wiederum zu dem| heiligen Reich gelößt und geledigt, nach folgender Gestalt befreyet und begnadet hätte, daß sie solch Amt oder Vogtey in und zu der Statt gehörig hinfürter in völliger Verwahrung haben, Amtleute wehlen, setzen, und entsetzen mögten, welche Freiheit ihnen auch von den folgenden Römischen Kaisern und Königen[7] und von ihm Maximilian II. insonderheit auf dem (im Jahr 1566.) zu Augspurg gehaltenen Reichstag bestättiget worden wäre. Derowegen dann in Kraft solcher Freyheit ihre Vorfahren etliche von Adel- und Herrn Standts vor Jahren zu Vögten und Amtleuten gehabt, hernach aber um mehreres Schutz und Schirms willen dieselbige Vogtey samt ihrer Ein- und Zugehör etlichen ihrer gehabten Schutz- und| Schirmherren zu Vergeltung solches ihres Schutz eingeraumt hätten, welche fürter dieselb Vogtey ihrer Gelegenheit nach mit Adelspersohnen und bürgerlichen Leuten die gedingte und bestimmte Zeit hätten innhaben und verwalten lassen.
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Unter den Schutzherren, welche die Reichsstadt Schweinfurt mit Übergebung der Reichsvogtey und ihrer Zugehörungen angenommen gehabt, ist einer der bekanntesten Graf Wilhelm zu Henneberg, welchem unsere Reichsdörfer eine besondere Constitution[8] verdanken. Dieser blieb es bis ins Jahr 1542, wo er dem Rath den Schutz aufsagte. Die Stadt nahm hierauf Landgrafen Philipp zu Hessen zum Schutzherrn an, den sie aber nicht lang behalten muß, denn schon im Jahr 1547 kommt Kurfürst Philipp von Pfalz als solcher vor. Durch vorbemeldetes Maximilianische Privilegium vom Jahr 1568, worin zugleich die Reichsstadt Schweinfurt in den Kaiserlichen und des Heil. Reichs Schutz und| Schirm aufgenommen ward, wurden aber ausserdem die vorhergegangene Kaiserliche Befreyungen aus dem Grund, daß bisher die Schutz- und Schirmherren, den solche Vogtey ein Zeit hero eingeantwortet gewesen, des mehrern Theils Burgersleute auch aus ihrem derer von Schweinfurt Rath und der Burgerschaft daselbst zu Untervögten gehabt hätten, für Burgermeister und Rath der Statt Schweinfurt und ihre Nachkommen dahin erklärt, daß sie hinführan zu ewigen Zeiten, wann und so oft es ihnen vonnöthen thäte vermög ihrer habenden Freyheit und Eides Pflicht einen Vogt aus ihrem Rath oder Burgerschaft, den sie dem Kaiser, dem heiligen Reiche, und der Statt zum nutzlichsten und bequemlichsten zu seyn erachten würden, der seye gleich von Adel oder nicht, erwehlen, aufnehmen, die Vogtey und dero Unterthanen ihme einantworten und befehlen, welcher alsdann solcher Vogtey und aller Verwaltung fähig seyn sollte, denselben auch ihrer Nothdurft und Gelegenheit nach wieder urlauben und entsetzen mögten, ungehindert, daß solches biß dahero| dieser Gestalt nicht üblich und gebräuchlich gewesen, sondern anderst gehalten worden wäre.

Zugleich enthält auch dieses Privilegium die Weisung an die Reichsvogtey-Unterthanen, daß sie hinführan solchem an Kaiserlicher Statt durch die von Schweinfurt gewehltem und gesetztem Vogt treu gehorsam und gewärtig seyn, hulden, geloben, schwören und alles das thun sollten, so sie biß dahero der Schutzherren Untervögten gethan und geleistet hätten, auch von Rechts und Billigkeits und alten Herkommens wegen zu leisten schuldig seyn würden.

Wir bemerken also bis hieher in Ansehung derjenigen, die der Reichsvogtey vorstanden, vier Veränderungen.

Anfänglich war deren Bestellung lediglich in den Händen der Kaiser. Nachher erhielt die Stadt Schweinfurt zur Belohnung und Entschädigung für ihre und ihrer Reichsvogtey selbsteigene Wiedereinlösung im Jahr 1362 von Karl IV. Sigmund und den nachfolgenden Römischen Kaisern und Königen theils ursprünglich, theils bestättigungsweise, das Recht, selbige selbst zu wählen, welches sie auch wirklich ausgeübt,| und etliche vom Adel und Herrenstand zu Vögten und Amtleuten aufgestellt hatte.

Endlich, ungefähr zu Anfang des 14ten Jahrhunderts hat sie zu ihrer nachdrücklichern Beschützung etliche Fürsten und Grafen zu Schirmsherren angenommen, und ihnen zur Vergeltung ihres Schutzes zugleich die Reichsvogtey eingeräumt, welche diese aber nicht selbst, sondern durch ihre, meistentheils aus dem dasigen Rath und der Bürgerschaft erkieste Untervögte verwalten ließen.

Und zuletzt ward die Befugniß der Stadt Schweinfurt im Jahr 1568 von Kaiser Maximilian II. dahin erweitert, daß sie aus ihrem Rath oder Bürgerschaft ihre Untervögte ohne Zuthuung eines Fürsten oder überhaupt einer sonstigen dritten Person unmittelbar selbst nehmen und über die Reichsvogtey setzen konnte.

Von dieser letztern Periode an gerechnet, hatte die Reichsstadt Schweinfurt über diese beyden Reichsdörfer eben den Umfang von Gerechtsamen, wie ihre vorhin aus Fürsten und Grafen angenommene Schutzherren; und ihre bestellten Untervögte hatten eben das Ansehen, wie die Untervögte der letztern; und da sie ohnehin auch bereits schon im| Jahr 1500 von Kaiser Maximilian I. ein Privilegium[9] erhalten hatte, daß von den Aussprüchen beyder Gerichte in diesen Reichsdörfern an den Rath appellirt werden sollte, so war ihre Prärogativ in Ansehung derselben gewissermassen noch größer. Allein sie erhielt sich nicht lange hierin; denn schon im Jahre 1572 gefiel es ihr, ihre mit der Reichsvogtey verknüpfte Schutz- und Schirmsgerechtigkeit über diese beyden Reichsdörfer, welche inmittelst im Jahr 1540 sich zur Augspurgischen Confession bekannt hatten, gegen gewisse nicht unbeträchtliche Vortheile, als Exemtion von der landgerichtlichen jedoch immer streitig gemachten Jurisdiction über die Stadt und ihre Ortschaften, dann der centbarlichen Gerichtbarkeit, ingleichen gegen Bedingung manchfaltiger Vortheile im Handel und Wandel für ihre Angehörige u. d. g. an den damahligen Fürstbischoff zu Wirzburg Friedrich abzutreten, zwischen welchem und der Stadt Schweinfurt auch noch in eben diesem Jahr ein förmlicher Überlassungs-Vertrag errichtet wurde. Da aber solcher Vertrag ohnbegrüßt dieser beyden Reichsdörfer| eingegangen war, so nahm Kaiser Maximilian II, dem vorgelegt ward, im Zweifel, ob er den bemeldeten beyden Dörfern auch annehmlich oder präjudicirlich seyn möchte, Bedenken, selbigen zu bestättigen, und stellte die gebetene Confirmation ein. Es mag aber seyn, daß das fürstliche Hochstift Wirzburg es an nichts wird haben erwinden lassen, durch ein gefälliges Betragen das Vertrauen dieser beyden Reichsdörfer zu gewinnen, und diese dadurch bewogen, sich endlich unter Wirzburgischen Schutz bequemt haben.
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Dieß ereignete sich im Jahr 1575, wo zwischen Bischoff Julius und den beyden Reichsdörfern noch ein besonderer Vertrag errichtet wurde, der gemeiniglich der Schutzvertrag genennt wird. Beyde Verträge erhielten aber erst im Jahr 1578, am 26 Novemb. von Kaiser Rudolf dem zweyten auf Anruffen und Bitten nicht allein des Fürstbischoffs July dann Burgermeistere und Raths der Stadt Schweinfurt sondern auch Schultheissens, Gerichts und Gemeinde der beyden Reichsdörfer Gochsheim und Sennfeld so viel solche| jeden Theil berühren, ihre Bestättigung.[10]

Es scheint aber, als habe das Hochstift Wirzburg in der Folge eine Reue angewandelt, und selbiges sein Opfer für zu groß gehalten: denn eben der Bischoff Julius, welcher mit diesen beyden Reichsdörfern im Jahr 1575 einen besondern Vertrag aufgerichtet gehabt, erließ am 24 Martii 1588 an die Stadt Schweinfurt ein Schreiben[11] und ließ darin mit vorkommen: es seye zwar von Cession ihres gerühmten Rechtens in den beyden Reichsdörfern Meldung geschehen, habe sich aber nicht befunden, daß dasselbe zur Nothdurft bescheinet werden mögen, auch könne ein Ehrwürdiges Domcapitel nicht für thunlich, noch der Sache gleichmäßig erkennen, daß sich das Stift seiner hochprivilegirten Herrlichkeit der landgerichtlichen Jurisdiction über die Stadt und ihre Angehörige so schlechtlich begebe.

| Doch verblieb die Sache so, und mir ist nicht bekannt, daß hernach dießfalls wiederum etwas in Anregung gebracht worden sey. Als Königs Gustav von Schweden siegreiche Waffen sich bis nach Franken ausbreiteten, und dieser die Reichsstadt Schweinfurt zum besondern Gegenstand seiner Huld ausersehen hatte, schenkte er ihr die an das Hochstift Wirzburg abgetretene Reichsvogtey und Schutzgerechtigkeit über Gochsheim und Sennfeld nebst verschiedenen Wirzburgischen Ortschaften; allein die Schlacht bey Lüzen, wo Gustav siegend fiel, und von welcher Zeit an die Stadt sich nicht mehr sicher glaubte, sondern alles an das Hochstift, das nunmehr wieder Luft bekam, gutwillig zurück gab, zog nicht nur den Verlust der geschenkten Wirzburgischen Ortschaften, dann der durch die königliche Milde recuperirten Schutz- und Reichsvogtey-Gerechtigkeit über Gochsheim und Sennfeld nach sich, sondern es wußte auch, nach einem schon vorher von Bischoff Philipp Adolf gemachten vergeblichen Versuch, dessen Nachfolger Franz sich die Belehnung über diese beyden Reichsdörfer unter dem Vorgeben, daß sie sich während des Kriegs zu den Reichsfeinden gehalten hätten, bey Kaiser Ferdinand II.| zuwege zu bringen; dagegen wurden nun zwar letztere am 14 August 1649 zu Schweinfurt durch die Subdelegirte der beyden kreisausschreibenden Stände Bamberg und Brandenburg, Franz von Diemantstein, D. Johann Reuß, und Georg Rittershaussen in Gegenwart der Wirzburgischen und reichsdorfschaftlichen Abgeordneten nach manchem in diesem langwierigen Krieg erlittenen Drangsalen in den vorigen Stand gesetzt[12] und vorbehältlich der sonstigen dem Hochstift Wirzburg darin zugestandenen Gerechtsamen der vorigen Erbhuldigungspflicht loß und ledig gezählet, hingegen zu Leistung der Pflicht von Reichs wegen auf die Maaß und Form, wie das alt Jurament vermag, gegen das Stift Wirzburg, wie auch dessen, was die im Jahr 1572[13] und 1575 aufgerichtete| und im Jahr 1578 confirmirte Verträge erfordern, angewiesen. Übrigens| erhielte sich das fürstliche Hochstift Wirzburg in seiner freylich oft zu weit ausgedehnten Schutzgerechtigkeit und Reichsvogtey, die beyden Reichsdörfer aber in ihrer erst neuerlich von Wirzburg anerkannten und Reichs-Obristrichterlich bestättigten Unmittelbarkeit, zwar verkürzt an ihren Gerechtsamen durch Wirzburgs Übermacht, Fahrläßigkeit ihrer Gerichte und pflichtwidrige Denkungsart einzelner Gemeindeglieder, aber doch vorzüglich vor andern noch existirenden bis zu dieser Stunde.
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Gochsheim und Sennfeld sind also reichsfreye Ortschaften, bloße Mitglieder, nicht Stände des Teutschen Reichs, wegen Mangel des Sitz- und Stimmrechts auf Reichs- und Kreistagen, und ihre Immedietät ist durch verschiedene reichsgerichtliche Erkenntnisse nachdrücklich gerettet worden. Ich würde zu weitläuftig werden, und die Gränzen einer kurzen für dieses Journal gewidmeten Erzählung überschreiten, wenn ich sie alle anführen wollte; daher werden sich meine Leser hoffentlich daran begnügen, nur mit etlichen derselben bekannt, und auf die Anlagen A. und B. verwiesen zu werden. | Kraft dieser Unmittelbarkeit machen sie ein eigenes Territorium,[14] und üben alle daherfließende Rechte aus.
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Ihr oberster Beschirmer ist der Kaiser, und das Reich hat für dieselben, wo es auf ihre Erhaltung ankommt, eben die Rücksichten und Obliegenheiten, gleichwie für andere Stände oder Glieder des Reichs. Und da sie mitten im Fränkischen Kreise liegen, so lassen sich nach der Analogie mancherley Verhältnisse denken, die aber vermöge der mit dem fürstlichen Hochstift Wirzburg getroffenen Verträge zum Theil nicht in| Anwendung kommen können. So sind in Ansehung derselben bey vorfallenden Ereignissen Bamberg und Brandenburg-Onolzbach als kreisausschreibende Fürsten die reichs-constitutionsmäßigen Commissarii; und nach eben dieser Analogie fließen zwar auch ihre Beyträge zu den Römer-Monaten in die Fränkische Kreiscasse; allein weil sie nur das Ius subcollectandi haben, so liefern sie selbige nicht unmittelbar dahin, sondern an die Hofkammer zu Wirzburg.

Die Einwohner in beyden Ortschaften bestehen aus Bauern, die bey weitem den größten Theil ausmachen, und aus Handwerkern und Professionisten aller Art, die sich bisher, um in die Wirzburgische Orte arbeiten, und die Hochstiftischen Jahrmärkte desto ungehinderter besuchen zu dürfen, in Wirzburgische Innungen haben einschreiben lassen. Sie werden zusammen wieder eingetheilt in bürgerliche Einwohner, oder Nachbarn und Schutzverwandte. Das Bürger- oder Nachbarrecht wird entweder durch die Geburt oder durch Einzug und Einheirathen erworben, in welchen beyden letztern Fällen der Einzügling ein gewisses in ihren Polizey-Ordnungen vestgesetztes Vermögen einbringen muß.

| Mit dem Bürger- oder Nachbarrecht sind mancherley Befugnisse und Emolumente verbunden, daran der Schutzverwandte keinen Theil hat.

Sowohl zu Gochsheim als zu Sennfeld bestehet die Obrigkeit aus einem Reichsschultheissen und sieben Gerichtsbeysitzern. Aus diesen wird der Reichsschultheiß als die erste Person im Ort gewählt,[15] und zwar in Gochsheim erwählt ihn das Gericht mit Zuziehung des Stuhls; in Sennfeld hingegen das Gericht und die Gemeinde zusammen, wobey jeder Nachbar eine Stimme hat.

Der Stuhl ist ein aus acht Personen bestehendes Collegium ohne dessen Mitwissen, in Sachen, die in das gemeine Wesen einschlagen, als bey Besteurung der Einwohner, Verpachtung der gemeinen Güter und dergleichen, nichts geschehen darf, und sie repräsentiren hiebey die gesammte Nachbarschaft.

| Aus ihnen werden die Gerichtsbeysitzer oder Gerichtsschöpfen gewählt.

In Sennfeld wird bey solchen Vorfallenheiten, wo in Gochsheim der Stuhl mit zugezogen werden muß, gemeiniglich die gesammte Nachbarschaft zusammengefordert, und um ihre Meinung befragt.

Ausserdem ist, sowohl zu Gochsheim, als zu Sennfeld, noch ein Collegium, nämlich das Feldsetzer- Feldschieder- auch Steinsetzer- und Siebnergericht. Es besteht zu Gochsheim in 6 Beysitzern des Gerichts und einem des Stuhls; zu Sennfeld in 5 Beysitzern des Gerichts, und einer Person aus der Nachbarschaft, hat in Markungsstreitigkeiten zu erkennen, und ist, es sey in seinem Amt klagender oder beklagter Theil, ehe die Appellation weiter geht, dem Reichsschultheißen und demjenigen Theil des Gerichts untergeordnet, der nicht mit zum Steinsetzergericht gehört.

Diese Rechtszuständigkeit ist erst in neuern Zeiten zur Sprache gekommen, und in Contradictorio erfochten worden.

Überdieß sind in beyden Ortschaften verschiedene Amtsführer, nämlich die Bauermeister, (Dorfsmeister, Bürgemeister) wovon der eine der Oberbauermeister, und aus| dem Gericht, der andere Unterbauermeister, und zu Gochsheim aus dem Stuhl, zu Sennfeld aber aus der Gemeinde gekürt wird.

Diese nehmen die gemeinen Gefälle ein, und verrechnen sie.

Ferner sind hieher der Ober- und Unterheiligenmeister zu zählen. Jener wird in Gochsheim aus dem Gericht, und dieser aus dem Stuhl, in Sennfeld hingegen werden beyde aus der Nachbarschaft gewählt. Sie verwalten den Gotteskasten.

Die Justizsachen gehören ausschließlich für Reichsschultheiß und Gericht, und sie werden in ihren Gerichts-Sessionen ausgemacht, wobey ein verpflichteter Gerichtschreiber oder Actuar das Protokoll führt, und da beyde Reichsdörfer die Vogteylichkeit haben, so sind sie in allen dahin einschlagenden Rechtsfällen, das Object sey auch noch so beträchtlich als es will, in der ersten Instanz der competente Richter, und sie entscheiden nach ihren eigenen Orts-Statuten, Observanzen und Polizeygesetzen, so weit sie reichen; wenn diese aber nichts bestimmen, so judiciren sie in Erbfällen, Vormundschaften,| Ehebetheidigungen, Einkindschaftsverträgen u. dgl. nach dem Fränkischen Landrecht, in andern Materien nach dem gemeinen Recht.

Die Wirzburgischen Landes-Mandate haben sie, ausser denjenigen, welche von Kreises wegen erlassen worden, bisher nie publicirt, sie nehmen aber zu Aufrechthaltung des wechselseitigen Verkehrs diejenigen stillschweigend an, die in Viehhandelschaften und etlichen andern Contracten Ziel und Maaß geben.

Darneben üben auch Reichsschultheiß und Gericht alle Handlungen der willkürlichen Gerichtbarkeit aus. Solchemnach bestellen und verpflichten sie Vormünder und Curatoren, nehmen ihnen die Vormunds-Rechnungen ab, bestättigen gerichtliche Hypotheken und Unterpfänder, confirmiren Ehepacten, Einkindschafts- und Theilungsverträge, auch überhaupt Contracte jeder Art, und lassen Testamente vor sich erzeugen.

Dem Reichsschultheiß und Gericht muß auch, wer in Gochsheim oder Sennfeld das Nachbarrecht erlangt hat, die Homagialpflicht leisten, welche also lautet:

„Ihr sollet geloben und schwöhren, der Römisch-Kaiserlichen Majestät, unserm allergnädigsten| Herrn, wie auch dem Herrn Reichsschultheisen und dem ganzen erbarn Gericht in diesem d. H. R. R. Dorff Gochsheim (Sennfeld) getreu und gehorsam zu seyn, ihren Frommen zu werben, und Schaden zu warnen, und was dem gemeinen Nuz förderlich und dienstlich seyn mag, ein treues und fleisiges Aufsehen zu haben, ihren Geboten und Verboten, so sie von Allerhöchstgedachter Kaiserlicher Majestät, und unsers gnädigsten Schuz- und Schirmherrns, Herrn N. N. d. h. R. R. Fürstens und Bischoffens zu Würzburg, auch Herzogs zu Franken, und d. H. R. Reichs wegen thun, zu halten und zu vollziehen, und in keinem Weg darwider zu seyn etc. etc.

In ihren Ausfertigungen unterschreiben sich beyde Ortsobrigkeiten, Reichsschultheiß und Gericht, und bey Sachen des gemeinen Wesens, Reichsschultheiß, Gericht und Stuhl, oder respective ganze Gemeinde.

Eben dieses Prädicat erhalten sie nicht nur von dem fürstlichen Hochstift Wirzburg, sondern auch von den höchsten Reichsgerichten.

Von Privatpersonen bekommen sie nach dem Verhältniß und Stand des Schreibenden verschiedene Titulaturen, gemeiniglich aber heißt der Reichsschultheiß Voredler,| oder Vorachtbarer, und das Gericht nebst dem Stuhl das ehrsame.[16]
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| Beyde Reichsdörfer führen auch ein besonders Siegel.

Gochsheim hat das seinige im Jahr 1568 von seinem damahligen Schutzherrn dem Pfalzgrafen Friedrich erhalten.

Hier ist es im Abdruck.

Und da sich dasselbe in dem kurfürstlichen Verleihungsbrief, der die Beylage C ausmacht, mit aller Genauigkeit blasonirt und beschrieben findet, so bedarf es keiner| Erläuterung mehr, und ich thue daher nur noch von demjenigen Siegel kurze Erwähnung, dessen sich das Reichsdorf Sennfeld bedient.

Es besteht, wie hier zu sehen,

in einem einfachen, silbernen Adler, mit hervorgestreckter Zunge, ausgebreiteten Flügeln und goldenen Flügeldecken im silbernen Feld.

Wie Sennfeld zu diesem irregulären Siegel, da bekanntlich nach den Grundsätzen der Heraldik Metall auf Metall nicht gesetzt zu werden pflegt, gekommen, weiß ich nicht. Vermuthlich gründet es sich nicht, wie das Gochsheimer auf eine Concession, sondern auf eine eigene Annehmung.

Diese Siegel führen sie in verschiedenen Formen, und die Graveurs haben auf| etliche derselben Namen oder einzelne Buchstaben gesetzt.

So steht auf einem Gochsheimer

SIGIL DES REICHSDORF
GOCHSHAIM

auf einem andern ein bloßes G. in der Mauer des Schilds;

auf dem Sennfelder

R. D. SENNFELTT.

Ich habe vorhin bemerkt, daß die Reichsstadt Schweinfurt gegen Erringung allerhand Vortheile die Reichsvogtey und Schutzgerechtigkeit über diese beyden Reichsdörfer dem fürstlichen Hochstift Wirzburg im Jahr 1572 überlassen habe.

Schutzgerechtigkeit und Reichsvogtey sind aber zwey unter sich und ihrer Natur nach ganz verschiedene Dinge, und es liesse sich hier ein weites Feld zu allerhand Betrachtungen eröffnen, wie denn auch eben hierüber zwischen dem fürstlichen Hochstift Wirzburg und diesen beyden Reichsdörfern von jeher viele Processe geführt worden sind. Kraft der Schutzgerechtigkeit hat das fürstliche Hochstift nicht nur für die Aufrechthaltung beyder Gemeinden, sondern auch| für die Aufnahme ihrer Nahrung zu sorgen,[17] und selbige bey ihrer Ohnmacht zu schützen und zu vertheidigen. Kraft der Reichsvogtey hingegen behauptet das fürstliche Hochstift über die beyden Reichsdörfer, als corpora betrachtet, eine beynahe unumschränkte Jurisdiction.

So viel ist gewiß, gleich bey Überlassung der mit der Reichsvogtey verknüpften Schutzgerechtigkeit, haben die Parteyen, welche vor den Gerichten beyder Reichsdörfer Recht gegeben oder genommen hatten, in eigentlichen Parteysachen an das Amt Mainberg, von da an die fürstliche Regierung, und von da weiter in appellabeln Summen an eines der höchsten Reichsgerichte appellirt.

Dieß verhielt sich zwar anders zu der Zeit, da noch die Reichsstadt Schweinfurt im Besitz der Reichsvogtey war; denn hier war keine Zwischen-Instanz, wie die Mainberger, sondern es ging gleich die Berufung an den dortigen Magistrat, und von da an den Kaiser. Es ist aber selten den beyden Reichsdörfern in den Sinn gestiegen, die Appellations-Instanz des Amts| Mainberg und der fürstlichen Regierung in Parteysachen anzufechten; sondern sie waren froh, wenn nur nicht von Seiten des Hochstifts ihnen in ihrer ersten Instanz Eintrag geschahe, wie denn dieses im Jahr 1702 sich ereignete, wo etliche Citationen des Gerichts zu Gochsheim als incompetent ergangen cassirt, und andere von Mainberg aus erlassen, die Parteyen aber, welche sich den letztern nicht fügen wollten, in Arrest geführt worden sind, bis endlich durch die Cameral-Sentenz vom 23ten Julii eben dieses Jahrs, für die Inhaftirte, auch Reichsschultheiß, Gericht und gesammte Gemeinde zu Gochsheim und Sennfeld ein sicheres Geleit dahin ertheilt wurde, dieselbe aller Orten ohngeschmäht, ohnbeleidigt, ohnbedrängt, ohnvergewaltigt, unbekümmert, unbetrübt und unverhindert seyn und bleiben zu lassen.
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Allein in den neuern Zeiten entstand zwischen dem fürstlichen Hochstift und den beyden Reichsdörfern über die Cognition in solchen Gegenständen, die in deren innere Verfassung einschlagen, oder wo deren Gerichte der beklagte Theil sind, ein langwieriger Proceß, welcher endlich beym kaiserlichen Reichshofrath vermöge Conclusi vom| 29 April 1773 mit Wiederaufhebung der vorher gegen das fürstliche Hochstift ergangenen Rescripte, in possessorio für dasselbe, jedoch ohnbeschadet der Immedietät beyder Reichsdörfer, entschieden wurde.

Dieses Conclusum ist zu wichtig, als daß die wichtigsten Stellen davon unausgehoben bleiben sollten.

2do. „Nachdem Herr Bischoff und Fürst zu Würzburg sich ausdrücklich erkläreten, der Impetranten (Reichsschultheissens, Gerichts und resp. Stuhls zu Gochsheim und Sennfeld) Immedietät, und deren Recht, Reichsschultheiß und Gericht zu erwählen und zu entsetzen, keinesweges anfechten zu wollen,[18] hingegen in Contentiosis, daferne| nicht zwischen Herrn Bischoff und den Reichsdörfern Gochsheim und Sennfeld| selbst Streit entstehet, zu cognosciren, wenn auch das Gericht selbst beklagter Theil ist, und das Obiectum die innere Verfassung betrifft, possessio vel quasi Iurisdictionis von Seiten des Herrn Bischoffs und dessen Ober-Amts Mainberg als resp. Ober- und Untervogten erwiesen, und von parte impetrante selbst anerkannt ist; als werden die Kaiserlichen Rescripta de 28ten Iulii 1768. de 17 August 1770. 17ten Iunii 1771. et 13. Ianuarii 1772. so weit solche auf die incompetentiam des Wirzburgischen Fori gerichtet, hiermit wiederum aufgehoben.
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| 5do. – – überhaupt aber wird Impetrantischen Gericht hiermit bedeutet, sich der, salva immedietate, hergebrachten und von ihm selbst anerkannten Jurisdiction des Herrn Bischoffs zu Wirzburg, als ihres Reichsvogtes nicht zu entziehen, sondern solche gehorsamlich zu beobachten.“ –

Gegen dieses Reichshofraths-Conclusum ward aber die Revision ergriffen, die noch in unentschiedenen Rechten schwebt. Die Sündermahlerische Dissertation de advocatia imperiali episcopatus Wirceburgensis in binos pagos immediatos Gochsheim et Sennfeld ist vielleicht keinem Rechtsgelehrten unbekannt. Sie handelt von dem Umfange der reichsvogteylichen Gerechtsame des Hochstiffts Wirzburg über diese beyden Reichsdörfer überhaupt, und von dessen Befugniß auch in Gegenständen, die in die innere Verfassung einschlagen, oder wo die Gerichte der beklagte Theil sind, insbesondere.

Wer sehen will, ob Wirzburg das Recht auf seiner Seite habe, oder nicht, mag die Sündermahlerischen Gründe mit den Gegengründen zusammen halten, welche schon in der angeführten Vera et genuina facti specie und in des von Ludolf Symph. Consult.| et Decis. XXXVII. incidenter auch in der oben angeführten kurzen doch ohnverfänglichen Beleuchtung vorkommen.
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So viel will ich nur überhaupt berühren, daß diese beyden Reichsdörfer behauptet haben, es sey die Reichsvogtey des Hochstifts Wirzburg bloß eine vertragsmäßige Advocatie, (advocatia pactitia extraordinaria) und ständen demselben mehr Rechte über sie nicht zu, als in dem 1575 eingegangenen Vertrag ausgemacht worden. Dahingegen Sündermahler ausführt, daß die Reichsvogtey des fürstlichen Hochstifts nach dem Begriff der alten kaiserlichen Advocatien abzumessen wäre, daß kraft solcher das fürstliche Hochstift Wirzburg, zwar nicht aus eigener Zuständigkeit, und nicht als Bischoff von Wirzburg, sondern im Namen und anstatt des Kaisers und Reichs die Jurisdiction über diese beyden Gemeinden auszuüben hätte, daß folglich diese beyden Gemeinden auch als beklagter Theil einem zeitigen Fürstbischoff von Wirzburg als Reichsvogt untergeordnet wären, daß mithin unter der Verwaltung dieser kaiserlichen Gerichtbarkeit auch die in der beyden Reichsdörfer innerliche Verfassung einschlagende| Objecte begriffen wären,[19] daß nun zwar dergleichen innerliche Gegenstände, als z. B. die Ausschreibung gemeiner Anlagen und Eintreibung derselben, das Recht ihre Reichsschultheisen und Gerichtspersonen zu erwählen und zu entsetzen und d. gl. Anfangs und an und für sich solche Gegenstände wären, in die das fürstliche Hochstift, so lang sie nicht contentios würden, sich nicht einzumengen habe, daß aber diese Gegenstände aufhörten, innere Geschäffte zu bleiben, sobald sie zu Klag und Irrung kämen, oder wenn dadurch das Recht eines Dritten gekränkt würde, wo sie sodann sich zu einer Justitz-Sache qualificirten, und der beschwerte Theil, an den Reichsvogt als den ordentlichen Richter dieser Reichsdörfer seinen Recurs nehmen dürfe, und daß auch die Reichsstadt Schweinfurt als ehemahliger Reichsvogt im Jahr 1500. von Kaiser Maximilian I.| ein privilegium appellationis ratione obiectorum illimitatum erhalten hätte.

Und für die Zwischen-Instanz Mainberg wird dieses angeführt, daß selbige als ein Surrogat dafür zu betrachten sey, daß der Reichsamtmänner bestellte Untervögte ehedessen den Gerichten zu Gochsheim und Sennfeld persönlich mit beygewohnt hätten; Gleichwie denn auch durch das Privilegium Kaisers Maximilian II. vom Jahr 1568. die von der Reichsstadt Schweinfurt bestellten Untervögte hierzu berechtiget worden wären, und ausserdem noch Gochsheim und Sennfeld in dem Schutzvertrag vom Jahr 1575 sich anheischig gemacht hätten, den Untervögten oder Amtleuten in beeden Dörfern, wie die jederzeit, altem Gebrauch nach, durch ihre Fürstliche Gnaden, und Dero Nachkommen besetzt würden, gehorsam zu seyn, wie recht und bräuchlich wäre. Schon in den ältern Zeiten wohnten die Amtleute den Gerichten mit bey. Dieß beweist eine Stelle des im J. 1465 errichteten Gochsheimer Weißthums, wo es heißt:

Item es mache (mag) auch ein jeglicher Voit allwegen über vierzehen Tage ein gehegt Gericht setzen, in dem obgenannten| Dorf, und was ihme dan(n) der Stab giebt, das mag er nehmen, sonst mag er sein Pferd anheften an Zaune oder Schranke, und wann das geschehen ist, so mögen ihme die Männer um Gunst und Lieb willen, wohl ein imbiß bieten, daß(s) er doch von Rechts wegen nicht zu fordern hät.

Auch erhellet aus der Beylage, daß die Reichsamtleute rechtliche Geschäffte, und vermuthlich alle Handlungen der willkürlichen Gerichtbarkeit bestättigt haben, welche Verrichtung heut zu Tag dem Reichsschultheissen obliegt.

Noch glaube ich nicht mit Stillschweigen übergehen zu dürfen, daß beyde Reichsdörfer einem jederzeitigen Fürstbischoff von Wirzburg als ihrem ewigen unwiderruflichen Reichsvogt, Schutz- und Schirmherrn von wegen des Reichs nach dem alten Jurament huldigen und schwören, auch jährlich auf die fürstliche Hofkammer 200 fl. Schutz- und Vogtgeld, nämlich für die Ertheilung des Schutzes, und die Administration der Justiz entrichten müssen, wie denn auch wegen der letztern Abgabe die beyden Reichsdörfer niemahls an die Instanzen einige Sporteln bezahlen.

| Die förmliche Huldigung haben sie aber seit dem 17ten Junii 1748 unter dem Fürstbischoff Anselm Franz von Ingelheim nicht geleistet, wo der Huldigungs-Act zu Haßfurt vorging, und sämmtliche Einwohner nebst der Geistlichkeit sich persönlich daselbst einstellen mußten; gleichwie auch schon vorher, im Jahr 1731 dem Fürstbischoff Friderich Carl auf eben diese Art und an eben dem Ort gehuldiget wurde. Für den zeitigen Schutz- und Schirmherrn wird auch in den Kirchen gebetet, nicht weniger werden auch bey einem sich ereignenden Todes-Fall auf eine gewisse Zeit zu Begehung der öffentlichen Trauer alle Lustbarkeiten eingestellt, aber auch bey Thronbesteigungen oder Sterbefällen der Römischen Kaiser oder Könige ordnen sie für sich selbst und ohne sich nach der Form zu richten, wie sie in den fürstlichen der Landesbotmäßigkeit unterworfenen Orten und Enden ausgeschrieben wird, Freuden- oder Trauerbegängnisse an.
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Gochsheim und Sennfeld haben zwar ihre eigene Matrikel, aber bloß nur das Ius subcollectandi; und sie müssen ihren Matricularbeytrag an die fürstliche Hofkammer zu Wirzburg liefern. Von Jahren zu Jahren wird ihnen die Berechnung sowohl über ihren| Beytrag zu den Kreis-Römermonaten als darüber eingeschickt, was sie an Geld zur Unterhaltung der Wirzburgischen Kreismannschaft beysteuern müssen. Alle 3 Jahre aber erst pflegen sie zu Wirzburg in Gegenwart einer fürstlichen Commission Abrechnung, wozu ein Rath von der Regierung, der Hofcammer und dem Hof-Kriegs-Departement zugeordnet wird.

Ihr Beytrag zu den Kreis-Römermonaten ist monatlich 112/3 von dem Wirzburgischen Matricularanschlag. Da nun im Jahr 1790 30 Römermonate ausgeschrieben worden sind, so hat das fürstliche Hochstift, den Römermonat zu 850 fl. gerechnet, 25500 fl. und die beyden Reichsdörfer haben jeden Römermonat zu 112/3 gerechnet, hieran 350 fl. contribuiret, und zu Unterhaltung des Wirzburgischen Kreiscontingents haben sie 742 fl. rhein. 531/2 kr. also zusammen 1092 fl. rhein. 531/2 kr. beygetragen. Gewis eine beträchtliche Summe!

Diese beyden ohnmächtigen Ortschaften geben also 22/3 fl. mehr zu einem Römermonat, als die nicht unbeträchtliche Grafschaft Castell-Remlingen, welche nach der Reichsmatrikel vom Jahr 1737 nur mit 9 fl. zu einem Römermonat angesetzt ist.

| Sie haben aber auch zu Zeiten um eine erkleckliche Moderation gebeten, und sind deßhalb mit dem fürstlichen Hochstift vor dem Reichs-Hofrath in einem Proceß verfangen gewesen, der aber noch nicht erledigt ist.

Bey der Abrechnung behalten sie sich bevor, daß wenn sie bisher etwas über die Schuldigkeit bezahlt hätten, solches ihnen inskünftige in Aufrechnung zu stellen, vergönnt werden möchte, welcher Vorbehalt aber auch von Seiten des fürstlichen Hochstifts auf den Fall, wenn sie zu wenig entrichtet hätten, mit angehängt wird.

An diesen Beyträgen zahlt, so wie an allen öffentlichen Ausgaben, wo beyde Reichsdörfer gemeine Sache machen, Gochsheim 2/3, Sennfeld 1/3, zu Unterhaltung des Reichscammergerichts tragen sie aber nichts bey. Das fürstliche Hochstift hat die fraisliche Gerichtbarkeit in beyden Ortschaften; sie sind der Cent Carlsberg einverleibt, über die, so wie über die Cent Marktsteinach, ein gemeinschaftlicher Centgraf gesetzt ist, der gegenwärtig zu Mainberg wohnt.

Aus den Einwohnern werden aber die Centschöpfen genommen; deren drey in Gochsheim sind, und einer in Sennfeld; und die| Ortsobrigkeiten haben bey vorfallenden Veränderungen das Recht aus der Nachbarschaft zwey tüchtige Subjecte vorzuschlagen oder zu präsentiren, der Centgraf hingegen erwählt sich einen aus ihnen; auch bekommt sowohl Gochsheim als Sennfeld von den in beyden Orten fallenden Strafen ein Neuntel wieder zurück, welche in gemeine Rechnung gebracht werden.

Diese centbarliche Gerichtbarkeit hat das fürstliche Hochstift schon lange Zeit vor dem mit der Stadt Schweinfurt errichteten Abtretungsvertrag in beyden Ortschaften gehabt, nur daß sie auf eine kurze Zeit, nämlich vom J. 1568 an bis 1572 der Stadt Schweinfurt über Sennfeld zugestanden worden ist, wo sie nach mancherley zwischen beregter Stadt und den centpflichtigen Sennfeldern vorgewalteten Irrungen wieder dem Hochstift Wirzburg überlassen wurde.

Die beyden Reichsdörfer haben jederzeit behauptet, daß das fürstliche Hochstift als Cent nur die 4 hohe Rugen hätte, und sich deßfalls auf die Fränkische Observanz berufen. Jetzt ist sie aber sehr weit ausgebreitet, und im Besitzstand beynahe einer illimitirten Cent ähnlich, und man hat Noth| zu verhüten, daß sie nicht noch täglich weiter um sich greife. Übelgesinnte Einwohner sind aber an dieser Ausbreitung meistens Schuld; denn es hat nie an Leuten gefehlt, die bey jeder Geringfügigkeit sich an die Cent gehangen haben, und so ist dort mancher zur Vogteylichkeit gehörig gewesene Fall im Stillen abgeurthelt worden. Allein in der Folgezeit werden doch dergleichen Acte gegen die beyden Ortschaften angezogen, und alsdann entsteht die Präsumtion, daß sie wegen Nähe der centamtlichen Wahlstatt mit Wissen und ohne Widerspruch ihrer Ortsvorstände ausgeübt worden seyn müßten.

An Appellationen und Protestationen fehlt es daher von Seiten dieser beyden Ortschaften nicht, und diese verursachen ihnen manche Kosten.

Möchte es daher dem fürstlichen Hochstift gefallen, in ein Regulativ zu willigen, worin die Gränzen der centbarlichen und vogteylichen Jurisdiction bestimmt würden!

Doch gehören diesen beyden Ortschaften zur alleinigen Cognition und Bestrafung noch die einfachen Send- und Hurenbrüche, (casus simplicis fornicationis) wenn selbige| sonst von keinen gravirenden Umständen begleitet sind.

Hingegen bey andern zum Ausbruch gekommenen Übermüthigkeiten des Fleisches hat die Cent die Gerichtbarkeit, wo aber ausserdem noch immer den beyden Ortschaften die Kirchenstrafe zusteht.

Noch bemerke ich, daß von den Aussprüchen des Centamts in Schmach- und andern Sachen, die nur eine Geldbuße verwirken, die Appellation an das Obercentgericht zu Wirzburg geht; in Verbrechen aber, worauf eine schwere Leibes- oder eine Lebensstrafe steht, nur die Untersuchung für den Centgrafen, und die Entscheidung für die hochfürstliche Regierung nach eingeschickten Untersuchungsacten unmittelbar selbst gehört.

Die kirchliche und Religions-Verfassung beyder Ortschaften ist diese:

Sämmtliche Einwohner sowohl zu Gochsheim als Sennfeld bekennen sich zu der unveränderten Augspurgischen Confession vom J. 1530 und es darf ihnen dargegen kein Zwang angethan werden.[20]

| Sowohl Gochsheim als Sennfeld hat seinen eigenen Pfarrer. Der Gochsheimer Pfarrdienst ist sehr gut dotirt; der Sennfelder zwar weniger, doch auch nicht ganz gering.

Das Recht den Pfarrer zu wählen, (Ius vocandi, nominandi) hat zu Gochsheim Reichsschultheiß, Gericht und Stuhl; zu Sennfeld Reichsschultheiß, Gericht und sämmtliche Nachbarn.

Ist nun nach der Mehrheit der Stimmen der Pfarrer berufen, so wird er dem Dom-Capitul zu Wirzburg ad praesentandum sistirt, und dieses schlägt ihn alsdann dem Fürsten als Collatori zur Confirmation vor.

Hierauf wird ein Tag anberaumt, der Pfarrer vorbeschieden, und in Gegenwart einer gemischten Comission von Seiten der weltlichen und geistlichen Regierung, dann des Domcapitels, nach protestantischen Grundsätzen examinirt, wo auch aus guten Willen die Abgeordnete der Gemeinde mit zugelassen werden, um Zeugen von ihres Pfarrers Geschicklichkeit zu seyn.

Ist nun derselbe in der Prüfung bestanden, und findet sich sonst an ihm keine Ausstellung zu machen, so wird ihm der| Collaturschein von der hochfürstlichen Regierung ausgefertiget,[21] und die Gemeinde führt ihn hierauf selbst ein.[22]
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| Bey vorgedachtem von Ludolff kann auch die ganze weitschichtige Streitigkeit nachgelesen werden, welche zwischen dem fürstlichen Hochstift und beyden Reichsdörfern wegen des von dem erstern sich zugeeigneten, wiewohl durch den Westfälischen Frieden suspendirten Diöcesan-Rechts, und der unbeschränkten geistlichen Gerichtbarkeit (Iurisdictionis ecclesiasticae omnimodae) auch des Patronat-Rechts, sich entsponnen gehabt.
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Das Dom-Capitel behauptet in beyden Ortschaften Kirchen-Patron zu seyn, und beruft sich deßhalb auf eine Stelle des zwischen ihm und der Reichsstadt Schweinfurth | im J. 1572 errichteten Vertrags, wo es heißt:

„Und nachdem sich auch befindet, daß die Collation und Ius patronatus in den beeden Dörfern Gochsheim und Sennfeld einem Ehrwürdigen Thumb-Capitul und dem Stift Wirzburg zuständig, so sollen solche Collaturen baider Dörfer wohlgedachtem Thumb-Capitul in alle Weeg bleiben.“

Die beyden Reichsdörfer hingegen widersprechen überhaupt der Verbindlichkeit dieses ersten Vertrags, und führen in der oftbenannten vera et genuina facti specie auch sonst noch mancherley Gegen-Gründe an.

Daneben müssen auch beyde Reichsdörfer in Ehesachen das hochfürstlich Wirzburgische Consistorium nach der Cameral-Sentenz vom J. 1717 und 1718, jedoch nur provisionaliter, anerkennen und so lange, bis klagende Dorfschaften ein anders bey Kaiserl. Majest. Churfürsten und Ständen des Reichs ausbracht, wie denn auch wirklich beyde Reichsdörfer sowohl wegen des Wirzburgischen Consistorik, als wegen des gleichfalls zur Reichsdecision ausgestellten Examinations- und| Collaturrechts längst an den Reichstag recurrirt, und zu solchem Behuf das oben angeführte Memoriale zur Dictatur gebracht haben.

Übrigens aber üben sie alle aus der geistlichen Gerichtbarkeit, der Kirchengewalt und dem Iure circa Sacra entspringende Rechte aus, welche in den beyden oftbemeldten Cameral-Sentenzen dem fürstlichen Hochstift nicht ausdrücklich zuerkannt sind.

So haben sie die Oberaufsicht über Kirchen und Schulen, stellen Kirchenvisitationen an, bestimmen die Liturgie, ordnen Fest- und Feyertage an, und treffen zur würdigen Begehung derselben mancherley Anstalten, verfassen ihre eigene Kirchen-Ordnungen, und was dergleichen Rechte mehr sind.

So bestellen sie auch ihre Schulmeister ohne Jemands Zuthuung oder Bestättigung.

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Gochsheim liegt ungefähr eine Stunde von der Reichs-Stadt Schweinfurt Südostwärts auf der Anhöhe. Sobald man von dieser Stadt über die auf einem Arm des Mainstroms geführte zweyte oder lange Brücke hinaus ist, so erhebt sich dieses| Dorf, und stellt sich in dem schönsten Prospect dar.

Seine Angränzer sind, die Stadt Schweinfurt, das Amt Mainberg, die Domcapitelische Amtsvogtey Grafen-Rheinfeld, die Freyherrlich Bibraische Amtsverweserey Schwebheim, und das Ebrachische Klosteramt Weyher.

Sennfeld liegt Gochsheim gegen Nordost, und ohngefähr eine halbe Stunde von Schweinfurt, von wo aus dahin einladende und angenehme Spaziergänge führen.

Gochsheim ist bey weitem größer als Sennfeld, und gewiß so groß als manche Schwäbische Reichsstadt, wie Pfullendorf, Bopfingen u. dgl.

Beyde Oerter sind sehr wohl gebaut, und haben gerade und reinliche Gassen.

In Gochsheim ist ein ganz ansehnliches Rathhaus; die Sennfelder Kirche ist heller und weniger winklicht, als die Gochsheimer, hingegen hat diese eine schöne Orgel.[23]

Sennfeld ist ganz purificirt; in Gochsheim hat aber die Freyherrliche Familie von| Ehrthal, die dem Erz- und Bischöfflichen Stuhl zu Mainz und Wirzburg zwey erhabene und preißwürdige Fürsten gegeben hat, den so genannten Schloßhof, der von lauter Juden bewohnt, und von einem Verwalter dirigirt wird, mit der Vogteylichkeit.

Sonst besaß sie auch noch daselbst ein eigenthümlich zuständig gewesenes Haus, Hof und Scheune, der Neue- oder Obere Bau genannt, welcher aber im Jahr 1784 an das Reichsdorf mit allen zu demselbigen eingehörigen Rechten und Gerechtigkeiten, wie alles bis daher ist genossen worden und darzu gehöret hat, um 2000 fl. rheinischer Währung verkauft wurde.

Da nun die freyherrliche Familie von Ehrthal vorher darin Schutzjuden gehalten hat, so wird er auch jetzt noch von lauter Judenfamilien bewohnt, denen das Reichsdorf einen förmlichen Schutzbrief ex iure cesso ausfertiget, und über sie die vogteyliche Gerichtbarkeit ausübt.

Auf solche Art ist also dasselbe zu Schutz-Juden gekommen, obgleich Bischoff Friedrich in dem mit der Stadt Schweinfurt im Jahr 1572 eingegangenen erstern Vertrag sich gegen dieselbe anheischig gemacht hatte, keinen Juden oder Jüdin| allda (in beyden Reichsdörfern) unterkommen zu lassen.[24]

Diese Schutzjuden müssen aber alle bürgerliche Abgaben, wie ein anderer Nachbar, tragen

So erhält der Pfarrer bey einer Juden Copulation nach dem alten Testament die Iura stolae nach dem neuen Testament und dem Canonischen Recht mit 12, bey einer Judenleiche mit eben so viel, und bey einer Beschneidung mit 4 Bazen, und der christliche Schulmeister bekommt bey allen diesen Jüdischen Vorfallenheiten die Hälfte so viel.

Ferner hat das Reichsdorf Gochsheim im J. 1789 von dem fürstlichen Hochstift das seit länger als einem Jahrhundert im Streit befangen gewesene Frühmeß- oder Centgrafenhaus mit allen Zubehörden auch Recht und Gerechtigkeiten, für 2000 fl. fränkisch und mit der Verbindlichkeit vergleichsweise an sich gekauft, „daß, wenn über kurz oder lang der dermahlen von der freyherrlichen| Familie von Ehrthal besessen werdende große und kleine Zehend zu Gochsheim ermeldtem Fürstlichen Hochstift entweder durch Heimfälligkeit, oder auf eine andere rechtsbeständige Art, an- und zufallen sollte, der fürstlichen Hofkammer, so lang dieser Zehend bey dem fürstlichen Hochstift incorporirter verbleibt, und so oft ersagte Hofkammer den Zehend zu Gochsheim selbst einsammeln und einthun zu lassen gesonnen seyn sollte, jedesmahlen derselben eine geräumige Scheune in dem Reichsdorf gegen jedesmahlige Bezahlung 10 fl. fränk. Bestand- und Miethweise überlassen werden muß, unter der ausdrücklichen Bedingniß jedoch, daß wenn dieser Zehend zwar dem Fürstenthum Wirzburg zufallen, oder auf eine sonstige Weis völlig eigen werden, dahingegen aber von demselben an einen andern Vasallen entweder verliehen, oder in andere Wege anderstwohin wieder begeben oder veräussert werden wollte oder sollte, Reichsschultheiß und Gericht des Reichsdorfs Gochsheim diesen nachkommenden neuen Vasallen, oder sonstigen Inhabern des obgedachten Zehends zu Gochsheim diese vorerwähnte Willfährigkeit zu erzeigen, und eine Scheune zu Gochsheim zur Sammlung dieses befragten Zehends| Bestandweiß nicht gehalten seyn wolle oder solle.“

Dieser Vergleich ist am 28ten September des nämlichen 1789er Jahrs von Ihro Hochfürstlichen Gnaden bestättigt und gegen einander ausgewechselt, und am 8ten October darauf ist das Reichsdorf in das Haus mit Zugehör würklich immittiret und eingewiesen worden; und mit diesem Vergleich hat sich ein langwieriger Proceß geendigt, der dem Reichsdorf schon große Summen gekostet hatte.

Beyde Örter sind auch sehr volkreich, doch natürlich Gochsheim verhältnißmäßig weit volkreicher, als Sennfeld.

Die Menschenzahl aber nach Süßmilchs Berechnung zu bestimmen, bin ich nicht im Stande; denn mir fehlen die dazu nöthigen Geburts- und Mortalitäts-Tabellen.

Ich gebe also nur so viel, als mir selbst bekannt ist.

Gegenwärtig mögen sich in Gochsheim mit Einschluß der Wittwen ungefähr 270, und in Sennfeld 230 Nachbarn oder bürgerliche Einwohner befinden. Auch wohnen in beyden Orten verschiedene Schutzverwandte, und an Fortpflanzung des menschlichen| Geschlechts läßt es weder Gochsheim noch Sennfeld ermangeln.

Im Frühjahr und zur Zeit der Erndte vermehrte sich die Menschenzahl noch durch die vielen fremden Taglöhner, welche sich zur Förderung des mühsamen Gartenbaus und der übrigen Feldarbeit daselbst aufhalten.

Beyde Dörfer sind von der Natur nicht stiefmütterlich behandelt, sondern herrlich begabt, und es fehlt ihnen nichts, was zur Befriedigung der Bedürfnisse und zu Führung eines glücklichen Lebens nöthig ist. Beyde haben Weinbau, hauptsächlich den schönsten Wieswachs, weniger Getraid, und von den Getraid-Arten wieder mehr Korn und Gerste als Waizen.

Doch ist die Feldmark von Gochsheim weit ausgebreiteter, als die von Sennfeld.

Ihre Hauptnahrung ist aber der Gemüsbau. Dieser gedeiht in Gochsheim hauptsächlich auf einem District von Feldern, die Röder genannt, und in Sennfeld in ihren sogenannten Gärten, welche aber bloß fruchtbare, mit Garten-Erde versehene Beeter sind. In Ansehung des vielen und trefflichen Gemüsbaus kommen sie der Stadt Erfurt bey. So wie diese einen| großen Theil von Thüringen mit allerhand Gemüsen versieht, so versorgen beyde Reichsdörfer die hochfürstliche Residenzstadt Wirzburg, (wo aber, seitdem die Stadt Kitzingen und der umliegende Gau anfängt, sich auch sehr stark auf den Gemüsbau zu legen, und diese Residenz damit zu besuchen, der Vertrieb nicht mehr so stark seyn soll, wie ehedessen,) mit allen Arten von Kohl, mit Zwiebeln, Bohnen, Rettichen, Petersilien, Kohlraben, Ruben, Salat, Gurken u. dgl. verführen sie auch zum Theil bis nach Röhmhild, Königshofen, Hammelburg und in andere Städte. Ingleichen haben sie einen großen Absatz davon in der Reichsstadt Schweinfurt, sie kommen aber in dieser ohnehin mit allen Lebensmitteln überflüssig gesegneten Stadt zu Zeit mit den Bambergern, welche zu Wasser ihre Waaren bringen, in eine Collision; auch sind sie die Milch-Insel dieser Stadt.

Einige Sorten ihrer Gemüse sind auswärts besonders geschätzt. So sind die Gochsheimer Zwiebeln 20 Meilen weit eben so bekannt, als die Ostheimer Kirschen, deren in des dritten Bandes fünftem Heft dieses Journals Meldung geschieht, und der Sennfelder Meerrettig hat auch einen vorzüglichen Wehrt.

| In Gochsheim bauen einige Einwohner officinelle Gewächse, z. B. die Eybischwurzel, Althea officinalis L. welche häufig in auswärtige Apotheken und an fremde Materialisten versendet wird, Fenchel, Anis, Coriander, u. dgl.
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Dieser Gemüsbau ist nun zwar die Goldgrube der Gochsheimer und Sennfelder; denn da sie damit vom Monat April bis zu Ende des Novembers alle Wochen nach Wirzburg und in andere Orte fahren, je nachdem sie die Jahrszeit hervorbringt, so nehmen sie zwar ein ziemliches Geld ein, allein auf der andern Seite ist dieses wiederum nicht reiner Gewinn; denn das Gemüs wird nicht an Ort und Stelle, wie das Getraid auf dem Boden, eingekauft, und dadurch geht wieder ein großer Theil der Losung – wegen der Versäumniß, indem gewöhnlich mit der Fahrt nach Wirzburg drittehalb Tage zugebracht werden, wegen der Zehrung, des Weggeldes und der Fütterung – verloren, sondern sie müssen auch, um die Natur zu zwingen, und den Gartenfrüchten Wachsthum zu verschaffen, kostbare Taglöhner herhalten; und so ergiebig auch ihre Felder und Gartenländer sind, so haften aber auch darneben darauf viele Realabgaben.| So ist zu Sennfeld das hochfürstl. Wirzburgische Oberamt Zehndherr, zu Gochsheim die freyherrl. Familie von Ehrthal. Ausserdem gibt es vielleicht wenige Orte in Franken, die mit so viel Gülten und Lehnzinsen beschwert sind. So hat daselbst, ausser Mainberg, auch das Schweinfurtische Hospital zum heil. Geist, die Abteyen und Prälatur zu Ebrach, Theres und Heydenfeld, selbst die eigene Pfarrereyen zu Gochsheim und Sennfeld, die Pfarreyen zu Grettstadt und Westheim, das Karmeliterkloster zu Wirzburg u. d. gl. theils mehr, theils minder beträchtliche Zinsen und Lehnschaften, und sie haben auch zum Theil in beyden Ortschaften ihre Lehnschultheißen. Es ist also leicht zu begreifen, wie viel von den Gaben, die die Natur da reichlich ausgespendet hat, wieder abgeht.

In Gochsheim besteht der größte Theil der Einkünfte in großen, der Gemeinde zugehörigen Wiesenstücken, welche jährlich an die Meistbietenden verlehnt werden, in Einzugs- Holz- Schutz- und Pacht-Geldern von den Teichen und Zinsen in Lehnschaften, Handlohnen, Nachsteuern und dergleichen, in den Anlagen oder Schatzungen der Einwohner.

| Der Steuer- oder Schatzungsfuß ist daselbst folgender:

Das Haupt giebt 8 Pf. Anlag, eine Wittwe 4 Pf., das Haue 2 Pf., eine wüste Hofstatt 1 kr., ein paar Ochsen 4 Pf. eine Kuh 2 Pf., ein Jährling 1 Pf., ein Acker Eigenfeld 1 Pf., 2 Acker Gültfeld 1 Pf., ein Acker Wiesen 1 Pf., ein Viertel Rod oder Röder (so viel als ausgereutetes Feld) 1 Pf., ein Acker Weinberg 1 Pf.

Ausserdem gibt daselbst noch jeder Nachbar seinen Beytrag zu dem Schutz- und Vogtgeld à 200 fl. welches von beyden Reichsdörfern zusammen an die Wirzburgische Hofkammer geliefert wird, mit 12 Btz., und die Wittwe mit 6 Btz., und zu dem Pfarrgeld mit 20 ßr. und die Wittwe mit 10 ßr. – Der Schutzverwandte aber hat der Obrigkeit jährlich überhaupt 4 fl. und die Wittwe die Hälfte so viel zu reichen.

Die Einkünfte zu Sennfeld fließen aus eben den Quellen, wie zu Gochsheim, nur sind sie verhältnißmäßig geringer. Hier ist aber der Steuer- oder Schatzungsfuß folgender:

| Ein Pferd giebt 6 Btz., ein Ochs auch 6 Btz., eine Kuh eben so viel, ein Jährling 1/2 Btz., ein Kalb 1/2 Btz., Schweine und Hammel aber, weil sie nicht auf die Weide gehen, sind frey. Ausserdem gibt da jeder Nachbar 8 ßr. Pfarrgeld, 12 Btz. zum Schutz- und Vogtgeld, die Wittwe nur die Hälfte. Ein Schutzverwandter gibt da der Obrigkeit auch jährlich 4 fl., die Wittwe die Hälfte. – Alle diese obrigkeitliche Abgaben können bey Nothfällen, in Kriegs- und andern schweren Zeiten, erhöht werden.

Über die gemeinen Einkünfte wird, sowohl zu Gochsheim als Sennfeld, jährlich gegen das Frühjahr hin, in Gegenwart gesammter Gemeinde Rechnung abgelegt. Ausserdem halten sie auch noch jährlich am Jacobi-Tag eine Zusammenkunft, wo die gemeinen Diener, als Schmide, Becken, Flurer, Gerichtsdiener, Hirten u. dgl. wieder von neuem angenommen werden.

Die Viehzucht ist in beyden Ortschaften sehr beträchtlich. Von Gochsheim habe ich kein Verzeichniß des jetzigen Viehstandes bey der Hand, er ist aber verhältnißmäßig beträchtlicher als zu Sennfeld. Und dennoch wurden im letztern Ort dieses Jahr| 18 Pferde, 159 Ochsen, 158 Kühe und 67 Jährlinge gezählt.

Herr Keßler von Sprengseisen hat in seinem Fränkischen Magazin zur Statistik, Naturkunde und Geschichte, ersten Bandes erstem Heft, (Sonnenberg 1791,) das durch seine Viehzucht überhaupt bekannte Fürstenthum Hohenlohe Langenburgischen Antheils beschrieben, und bey allen Orten auch des Viehstands erwähnt, es findet sich aber darinnen keines, das so starke Rindviehzucht hätte, wie Sennfeld.

Die bürgerlichen Freyheiten und Vortheile sind in beyden Ortschaften sehr groß. Dazu gehört, mit Ausschluß der hohen Jagd, welche dem fürstlichen Hochstift Wirzburg zusteht, die freye Jagd in den Forsten und Fluren aufwärts bis zu den Rehen einschlüssig, und die Gochsheimer haben mit der Freyherrlichen Familie von Ehrthal die Koppeljagd. Wenn aber ein Nachbar in beyden Reichsdörfern ein zur hohen Jagd gehöriges Wild erlegt, muß er es in das hochfürstliche Oberamt Mainberg gegen einen Thaler Schußgeld liefern.

Hohes Wild war von jeher daselbst sehr selten, und ist es jetzt noch mehr,| seitdem die Wirzburgische Waldungen, woher es sich manchmahl verlief, bey dem Regierungsantritt des jetzigen Fürsten ausgepürscht worden sind.

Ferner erhält jeder Nachbar, sowohl zu Gochsheim als Sennfeld, jährlich eine Laub Holz; jeder darf darneben eine Handthierung treiben, welche er will, handeln womit er will; ausschenken was er will; von Gewerbsteuer, von Tranksteuer und Umgeld ist hier nichts bekannt.

Eine Fabrik, eine Manufactur stände also hier unter einem thätigen und rafinirten Kopf vielleicht nicht am unrechten Ort.

Auch erhalten die Gochsheimer insbesondere zu ihren Baubedürfnissen nach Befund der Sache

34 Stämme zu einem Haus,
24 Stämme zu einer Scheune,
12 Stämme zu einem Stall,
12 Stämme zu einem Kälterhaus,

und eben so viel zu einem Kellerhaus und zum Ausbessern, nach genommener Einsicht, so viel als nöthig ist, unentgeltlich bloß gegen Vergütung des Anweisgeldes.

So beträchtlich sind also ihre Gerechtigkeiten, und dabey haben sie, wenn man die geringe Abgaben wegrechnet, sonst keine| bürgerliche Lasten, ausser daß die Gochsheimer nach geschehenem Aufgebot ihres Reichsschultheissens zu Zeiten die Wege bessern, auch bisweilen den Sennfeldern an dem Schweinfurter Weg hülfreiche Hand reichen müssen, welche letztere eben wegen dieses Wegs, der oft von dem Mainstrom bey Eisbrüchen und anderm großen Wasser überschwemmt und ausgespühlt wird, auch sonst überhaupt mehrere Gemeindefrohnen thun müssen, wie die Gochsheimer.

Gochsheim hat ganz ansehnliche Forsten; Sennfeld ein Tannichholz und noch etliche kleinere Holzungen.

In Sennfeld ist zunächst am Dorf ein ziemlich langer fischreicher und tiefer See. Die Benutzung des obern Theils davon gegen Osten gehört, seitdem von der Stadt Schweinfurt die mit der Reichsvogtey verknüpfte Schutzgerechtigkeit an das fürstliche Hochstift abgetreten worden, nach Mainberg.[25] Der untere Theil aber, gegen die Stadt Schweinfurt hin, dem Reichsdorf| selbst. Ausserdem hat auch Sennfeld noch einen Teich.

Gochsheim besitzt verschiedene Teiche gegen Schwebheim zu.




Was hat es nun aber für eine Bewandniß mit dem Verhältniß, in dem diese beyden Reichsdörfer mit dem fürstlichen Hochstift stehen?

Gar oft habe ich schon die Sprache gehört, daß sie nicht mehr als Freydörfer wären, deren in D. Siebenkees Beyträgen zum Teutschen Rechte dritten Theil, (Nürnberg und Altdorf 1788) Meldung geschähe, wie Trochtelfingen, Obermeyersheim, Nordstetten und andere Oerter in Schwaben; denn diese hätten auch die freye Wahl und Bestellung ihrer Gemeindämter, die eigene Verwaltung ihrer Gemeindgüter und ihres Heiligen, die gänzliche Gewerbs- und Umgeldsfreyheit, die Dorfspolizey und was dazu gehört.

Allein ich antworte hierauf, daß, wenn ihnen auch gleich von ihren verschiedenen über das Directorium unter sich selbst uneinig gewordenen Herrschaften, nebst etlichen andern Rechten, die Verwaltung ihrer Gemeindgüter überlassen worden ist, so finde ich doch nicht, daß sie auch die Verwendung| hätten; und sie haben gewiß viele Gerechtsame nicht, die unsere beyden Reichsdörfer haben. Zudem so kommt es doch auf den Namen der Reichs-Unmittelbarkeit, den diese sowohl von Kaiser und Reich, als dem fürstlichen Hochstift Wirzburg erhalten, hiebey auch mit an; denn die Stadt Essen in Westfalen, ob sie gleich eine gefürstete Äbtissin in ihren Mauern hat, hat vielleicht so viele Gerechtigkeiten wie eine Reichsstadt, nur daß sie nicht so genennt wird, auch nichts zum Kreis und Reich beyträgt, noch auf Kreis- und Reichstagen Sitz und Stimme hat.
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Wieder andere vergleichen sie gar nur mit eigentlichen Wirzburgischen Amtsdörfern; allein dieses ist zu weit getrieben. Man mag auf die ältesten Zeiten, wo Teutschland mit dergleichen Reichsdörfern gleichsam besäet war, zurückblicken, so wird man wohl kein einziges finden, das nicht vor dem Kaiser, und den sich nachher in ihrer jetzigen Form gebildeten Reichsgerichten einen höhern Zwischenrichter über sich gehabt hätte. Auch Gochsheim und Sennfeld waren, so lange das menschliche Gedenken von ihnen etwas weiß, nie ohne einen Fürsten oder Grafen, oder Reichsstand, oder wenigstens| ohne einen von einem Mächtigern mit Autorität versehenen Vorsteher.

Ja ohne für einen oder den andern Theil, meiner Erklärung gemäß, Partey zu nehmen, so ist doch so viel gewiß, und jeder, der mit ihnen vertraut ist, würde dieses Urtheil mit unterschreiben müssen, daß ohne Schutzherrschaft und Reichsvogtey diese beyden Reichsdörfer nicht bestehen könnten, daß sie oft schon, bald für die Ortsobrigkeiten, bald für die Gemeinden, bald für die Parteyen Wohlthat geworden ist; und das soll ja auch nach der Intention Kaisers und Reichs ihr Endzweck seyn, und in dieser Voraussetzung ist ja auch der Abtretungsvertrag der Schirmsgerechtigkeit und Reichsvogtey über dieselbe vom Kaiser bestättiget worden.

Ja vielleicht würde ohne eine höhere Zwischenmacht ihre Unmittelbarkeit in Anarchie, ihre Freyheit in Zügellosigkeit ausarten.

Es kommt nur darauf an, daß die Reichsvogtey nicht zu weit extendirt werde; daß das fürstliche Hochstift nicht unter dem Mantel derselben diese beyden Reichsdörfer in das landesherrliche Interesse zu verweben suche; daß gerechte, billig denkende und ihrer| Verfassung wohl wollende Richter in dem Appellationszug da seyen.

Denn so lange diese beyden Reichsdörfer gut richten, gut schalten und walten, so lang die Untergebene mit ihrer Ortsobrigkeit zufrieden sind, und so lange sich diese über jene ein Ansehen zu geben und sie in Gehorsam zu erhalten weiß: so äußert sich gewiß ihre Freyheit und ihre Unmittelbarkeit auf eine sichtbarliche Weise, und das Amt des fürstlichen Hochstifts und sein Wirken tritt alsdann, und so lange nichts zur Klage und Irrung kommt, nicht ein.

Übrigens ist die gegenwärtige Lage der beyden Reichsdörfer, in Ansehung ihres Verhältnisses mit dem fürstlichen Hochstift, nicht so schlimm, als vielleicht mancher glauben möchte.

Sie haben an dem jetzt glorwürdigst regierenden Fürstbischoff einen gnädigen und ihrer Verfassung keinesweges gehässigen Schutzherrn, von dem sie bey seinem Regierungsantritt[26] in den huldvollesten Ausdrücken die Zusicherung erhalten, daß Höchst| dieselben weder selbst den Recessen entgegen handeln, noch gestatten würden, daß ein anderer dagegen handelt, oder überhaupt ihre Gerechtsame zu bekränken suche.

Zu Wirzburg ist eine aus einsichtsvollen Mitgliedern bestehende Regierung, die schon oft die rühmlichsten Proben der Gerechtigkeit, Billigkeit und des Eifers für die Aufrechthaltung ihrer Verfassung an den Tag gelegt hat.

Auch der gegenwärtige Oberamtmann oder adeliche Beamte zu Mainberg, Freyherr von Welden, wird gerühmt, daß er es gut mit ihrer Verfassung meine, gerecht und billig denke, und den wirklich beschwerten Theil, der sein Recht weiter sucht, von dem unnützen Zänker unterscheide, der um Kleinigkeit willen seiner Ortsobrigkeit Verdruß erwecken will.

Der jetzige Amtskeller oder bürgerliche Beamte aber ist, (indem ich dieses schreibe, den 14ten December 1791) erst seit wenigen Tagen von Wirzburg hieher gesetzt worden, und ich kann also nichts aus der Erfahrung von ihm urtheilen. Man hofft aber, daß er sich gut anlassen werde.

Daß hingegen manchmahl einer oder der andere zu Mainberg, der nicht Richter| seyn kann, und doch einen Einfluß zu erlangen wünscht, oder die gemeiniglich mitfolgende Gabe nicht verschmäht, unnütze, unruhige und schlechtdenkende Einwohner beyder Ortschaften, (doch liest man schon in den Acten der ältesten Zeiten, daß Sennfeld mehr solche verwerfliche Leute habe, als Gochsheim) willig aufnimmt, zum Ungehorsam gegen ihre Ortsobrigkeiten und zur Untergrabung aller Ordnung verleitet, und daß diesen armen Dörfern manchmahl um eines elenden Fisches, oder um einer Tasche voll Gemüs willen vieler Tort, viele Kränkung an ihrer Verfassung geschieht, das gehört mit zu dem aussergerichtlichen Unfug, der zwar, wie eine Pest, nur im Finstern schleichet, dessen Abstellung aber, wenn sie den Muth hätten, ihre Klagen zu der Behörde dringen zu lassen, sie um so gewisser hoffen könnten, als die Würde der Reichsvogtey dadurch selbst herabgesetzt wird.
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Ihre Freyheiten waren freylich ehehin, ich will nicht sagen, in generibus; (denn sie hatten zu allen Zeiten einen Reichsvogt, zu allen Zeiten einen Centherrn über sich,) aber doch in speciebus größer; das heißt: die Reichsvogtey und die centbarliche Gerichtbarkeit hat sich nunmehr durch| den Besitzstand auf Fälle erstreckt, die vorher entweder nicht mit darunter begriffen waren, oder doch zweifelhaft hätten gemacht werden können. Und wenn man bedenkt, wie viel böse Leute mitten unter recht viel guten sie zu allen Zeiten in ihrem eigenen Busen genährt haben, die, um ihren Trotz auszuführen und ihren Endzweck zu erreichen, gerne alle Orts-Freyheit und Gerechtigkeit aufgeopfert hätten; wenn man dabey die Schwäche der Orts-Obrigkeit, und die Unvermögenheit sich den gehörigen Nachdruck gegen dieselben zu verschaffen, mit in Betrachtung ziehet; wenn man überdieß sie hiebey an die turbulenten ältern Zeiten erinnert, wo es einem mächtigen Fürsten so was leichtes war, zwey schwache Dörfer unter die Landesherrschaft zu bringen: so muß man bekennen, daß es lediglich der Gnade Gottes zuzuschreiben ist, die diese beyden, mitten in dem fürstlichen Hochstift gelegenen, und von demselben wie ein Embryo eingeschlossenen Reichsdörfer, indeß, bis auf Sulzbach und Soden bey Frankfurt am Mayn, (die aber auch nicht so viel Rechte mehr, wie sie, haben,) alle ihre Mitbrüder, die Goldast in Menge anführt, nunmehr der Botmäßigkeit| irgend eines Reichsstandes unterworfen sind, bisher bey ihrer Unmittelbarkeit erhalten hat, und sie bleiben also in dieser Rücksicht immer ein merkwürdiges Phänomen in der Teutschen Staatsverfassung.

Überhaupt aber hat man die Bemerkung abstrahirt, daß sich diese beyden Reichsdörfer jederzeit am besten befanden, und eine gewisse Art von Consistenz und Achtung auch bey Auswärtigen hatten, wenn sie mit gesetzten, klugen, wachsamen und ihrem Amte wohl vorstehenden Reichsschultheissen versehen waren.

Sie haben zwar zu allen Zeiten auch ihre Consulenten gehabt; allein da diese ihren Gerichten nicht mit beysitzen, nicht in den Orten selbst wohnen, zwar die an die Instanzen und anderwärts in den wichtigsten Angelegenheiten hingehenden Schriften verfertigen, aber nicht contrasigniren, auch erwarten müssen, was und wie viel ihnen referirt wird: so ist das Amt der Reichsschultheissen, da sie von allem wissen, da sie alles im Namen der Gemeinde besiegeln, und erst durch den Beydruck des öffentlichen Siegels allen schriftlichen Handlungen eine verbindliche Kraft geben, sehr wichtig, und ihre Pflicht ist daher auch sehr schwer. Da| sie überdieß auch in den Ortschaften wohnen, so können sie durch Ernst über die Untergebene zur rechten Zeit gebraucht, manches Gute stiften, manche Unordnung verhüten.

Zunächst ist auch nach der Verfassung dieser beyden Reichsdörfer das Amt des Gerichtschreibers nicht unwichtig. Er wohnt ihren Gerichten mit bey, expedirt alle Schriften, und muß daher hauptsächlich sich gegen seine Vorgesetzten treu bezeigen.

Das fürstliche Hochstift ist nun einmahl in dem Besitz der Reichsvogtey, auch in solchen Gegenständen, die in die innerliche Verfassung einschlagen, wenn sie zu Klag und Irrung gekommen, durch das Reichs-Hofraths-Conclusum vom April 1773 geschützt.

Aber bis hieher und nicht weiter!

Und wer aus Erfahrung weiß, was der Besitzstand eines mächtigen Fürsten auf sich hat, und wie schwer es dem schwächern Theil fällt, ihn dessen zu entsetzen, der wird mir gewiß zugestehen, daß vielleicht noch viele Zeit bis zur Deposessionirung vergehen kann.

Sie sollten also vernünftigen Vorstellungen Gehör geben, und mittlerweile auf gute Einrichtungen den Bedacht nehmen,| ihre Forsten pfleglicher halten, und durch neuen Anflug, etwa unter Aufsicht eines Kunstverständigen, auch für die Nachkommenschaft sorgen, bessere Policey im Viehschlachten und andern Sachen mehr einführen, und andere dergleichen nützliche und ihrem gemeinen Wesen zuträgliche Verbesserungen anbringen.

Freylich ist hiebey manchmahl die Obrigkeit zu ohnmächtig, um etwas gutes durchzusetzen, und das Interesse der Nachbarschaft bey solchen, den weltlichen Zustand betreffenden Einrichtungen, zu sehr getheilt; auch ist überhaupt bekannt, daß man bey so vielen Sinnen unter den Köpfen gewiß einem Theil niemahls Recht thun kann, oder es ist ein stolzer Bauer da, der jetzt gerade durch Widersrpuch seinen auf Einbildung beruhenden Ehrgeiz befriedigen will, und sich einen Anhang und eine Gegen-Faction macht, und auf solche Art geräth manchmahl der nützlichste Vorschlag ins Stecken; und der bessere Theil, (denn es gibt in beyden Ortschaften recht viele rechtschaffene, wackere, brave Biderleute, so wie sie nur der Menschenfreund wünschen mag,) muß am Ende auch mit darunter leiden.

| Ganz anders ist es in kirchlichen Einrichtungen. Hier hat die Menge kein Wort zu reden, hier ist das Interesse nicht getheilt; daher konnte Reichsschultheiß, Gericht und Stuhl des Reichsdorfs Gochsheim schon im Jahr 1760[27] bey Berufung des damahligen Pfarrers, Johann Friedrich Heunisch, das Beichtgeld abschaffen, wofür nun das oben berührte Pfarrgeld in den Heiligen gegeben, und der Pfarrer aus diesem wieder salarirt wird. Die Stelle des Vocationsschreibens vom 13ten Junii 1760 verdient hier einen Platz:
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„dagegen derselbe alle Einkünfte, wie sie dessen Amts-Vorfahrer genossen, auch erhalten und bekommen solle, jedoch mit dieser heilsamen Restriction, daß wir demselben, statt des gewöhnlichen Beichtpfennings, welcher wohlwissentlich pars Salarii ist, jährlich aus dem Heiligen in 4 Terminen zahlbar, und nächstkommenden Martini, Geliebt es Gott, das erstemahl anfangend, 60 fl. fränkisch, nicht weniger für| Administrirung des heiligen Abendmahls in den Häusern bey Kranken oder sonst Unvermögenden 8 fl. fr. reichen und auszahlen lassen wollen.“

Welche löbliche Verfügung auch das Reichsdorf Sennfeld nebst denjenigen guten Einrichtungen nachahmte, welche nachher von dem Pfarrer Schöner zu Gochsheim, dessen Leben im 2ten Heft des I. B. dieses Journals beschrieben ist, getroffen worden sind, und wohin die Abschaffung des Exorcismi, die Einführung der allgemeinen Beichte, und die Pfälzische Liturgie gehört.

Wenn also die Ortsobrigkeiten sich zu rechter Zeit ein Ansehen über die widerspenstigen und unnützen Mitglieder zu verschaffen wüßten, wenn die Untergebenen in billigen Dingen ihnen gehorsamer wären, wenn sie zusammen mehr Gemeinsinn hätten, wenn nicht manchmahl die Uneinigkeit in beyden Gemeinden ihren Schlangenkamm emporhübe, und sie also geneigter zur Eintracht, zur goldenen Eintracht! wären, die ihre Armee und ihr Bollwerk ist; wenn sie sich immer des Sprüchleins erinnerten:

Concordia parvae res crescunt, discordia maximae dilabuntur,

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z. D. Eintracht hebt ein Dorf empor,
Zwietracht raubt ihm seinen Flor!

so wären sie ein Völklein zum Beneiden, und es hinge alsdann, bey ihren bürgerlichen Freyheiten und Emolumenten, von ihrer Indüstrie, Arbeitsamkeit, Rechtschaffenheit und Sparsamkeit ab, so glücklich zu werden, als sie wollen.


Beylage A.

Wir Carl der Sechste von Gottes Gnaden erwählter Römischer Keyser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs etc. etc.

Was massen bey Uns die Gemeinden derer beeden Reichsdörfer, Gochsheim und Sennfeld, sich ferners beschwehrt, wie daß, ungeachtet deß von Uns an Deine Andacht unterm 13. Ian. nup. ergangenen gnädigsten Kaiserlichen Rescripti von Seiten derselben dennoch mit der Execution durch bewehrte Mannschaft auf die übermäßige Collecten, und sonsten fortgefahren werde, mit Bitt, Wir unsere höchstbenöthigte fernere Kaiserliche Hülff ihnen Supplicanten mitzutheilen, gnädigst geruheten, das ist aus denen copeylichen Anschlüssen mit Mehrerm zu ersehen.

Nun ist uns zwar auch dasjenige der Gebühr nach referirt worden, was bey Uns Deine Andacht hierinfalls einwenden, und zugleich umb Aufhebung der, von Uns in Sachen erkannten Commission,| auch Sie in dem, Ihro über diese Dero Schutz- und Schirm-Verwandte Supplicantes zustehenden Jure collectandi, et inde dependente executione, nichts hinderlich geschehen zu lassen, gebetten habe. Nachdem aber diese Supplicantes Reichsfreye Unterthanen seynd, und die Frage von dem Iure collectandi, oder dessen Einstellung nicht, sondern von einer geklagten Übermaaß entstehet; So ermahnen Wir deine Andacht hiemit nochmalen gnädigst, daß Sie solch ihres beschehenen unstatthaften Einwendens ungehindert, die wegen sothaner Übermaaß wider Unsere Kayserliche Verordnung, nicht allein continuirende, sondern auch vermehrte Execution biß zu Unserer weiteren Kayserlichen Verordnung einziehen, und denen Supplicanten wegen ihres zu Uns genommenen Recursus, dessenthalben nichts entgelten lassen, sondern der Untersuchung des Gravaminis in Ruhe abzuwarten; Als zu Beförderung derselben Wir Unsere vorhin dem Fränkischen Cräys Ausschreib-Ambt dißfalls aufgetragene Kayserliche Commission auf Unsers lieben Neven, des Chur-Fürsten zu Maynz Löden als Bischoffen zu Bamberg, und deß Marggrafen zu Brandenburg Onoltzbach Löden, unter heutigen dato haben transcribiren lassen, und verbleiben Dr Andacht mit etc. etc.

Laxenburg, den 8. May Anno 1716.


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Beylage B.

Kaiserl. Decisiv-Rescript in Sachen Gochsheim und Sennfeld contra Wirzburg.

     Carl VI. Tit.

Deine Andacht wird aus Unserer über die an Uns in der, zwischen Deroselben, und beyden ohnmittelbaren Reichs-Dorfschaften Gochsheim und Sennfeld obwaltender Stritt-Sache eingeschickte Comissions-Acten anheute abgefaßt- und hierbey verwahrter Kayserlichen Verordnung, dasjenige, so hierinfalls in ein- und andern erkennet worden, mit mehrern ersehen. Nun hat sich auch aus gedachten Acten überhaupt ganz offenbar zu Tage gelegt, daß dermaliger Verfall und Nothstand ernannter beyder Gemeinden theils von ungebührenden Executionen, worüber ihnen nicht einmahl behöriger Schein oder Quittung gegeben werden wollen, theils durch oftmalig-übermäßige Einquartirung und Durchmarchen, wie auch sonderbar daher rühre, daß man Dieselbe an moderation des Würzburgischen Matricular-Quanti oder auch in andern Praestationen geschehenen Nachlaß gar selten gebührend participiren lassen, folglich sie nur allezeit in Oneribus, der Strenge nach, ja über die Gebühr gehalten, quoad Commoda hingegen mehrentheils ausgeschlossen habe, wodurch sie denn endlich zu Erhaltung ihrer Gerechtsamen, sammt Ersetzung derer Ihnen verursachten grosen| Schäden, zu Processen und daher nothwendig entspringender unerschwinglicher Kösten genöthiget, hiemit aber noch immerfort in mehrern Abnahm und Schwächung ihrer Nahrung gesetzet worden, wo doch, vermög Würzburg. Vertrags de Anno 1575 und darinn gegen Leistung eines ziemlich-jährlichen Schutzgeldes bedungener Handhab- und Beschirmung einem zeitlichen Bischoffen zu Würzburg nicht nur für die Aufrechthaltung beyder Gemeinden, sondern auch für Aufnahme Ihrer Nahrung zu sorgen obgelegen wäre; Gleichwie denn auch die Kayserl. Confirmation besagten Vertrags keine andere Meinung gehabt hat. Und ob zwar erwehnte ganz unjustificirliche Facta nicht zu Deiner Andacht Zeiten, sondern unter Dero Vorfahren vorgegangen, so haben wir doch als oberster Richter und Beschirmer aller Uns und dem Reich mit Eid und Pflicht ohne Mittel verwandten Unterthanen, diesen nunmehro veroffenbarten trübseeligen Zustand, sowohl vors vergangene, als künftig, reiflich erwogen, tragen auch wegen sich geäusserten Mißbrauchs des unter gewisser Bedingniß und Erfüllung gethanen fürstlichen Versprechens angenommenen Würzburgischen Schutzes, billig ein besonderes Mißfallen. Und zumahlen allerhöchst Deroselben, wie auch dem Reich und Fränkischen Crays allerdings daran gelegen, damit fürohin of gemeldte Reichsgemeinden aller ungebührlichen Beschwehrden, vermög Schutzvertrags von Anno 1575. wie auch Anno 1649. errichteten| klaren Restitutions-Recesses, in ruhigem Genuß Ihrer Immedietät, Freyheit und Gerechtigkeit unbekümmert und anangefochten verbleiben mögen; Als erfordert die Nothdurft allerdings, von tragenden allerhöchsten Kayserl. Ambts wegen dergleichen fernern Bedrangnissen mit zulänglicher Versehung vorzukommen, und Dieselben abzuwenden, wie auch, um Impetranten von ihrer großen Schulden-Last nach und nach zu befreyen, alle dienliche Mittel zu verschaffen. Diesem nach ermahnen wir Deine Andacht gnädigst, daß sie Unser obangeführten Kayserlichen Resolution ohne Verzug die gehorsamste Folge leiste, wie auch oberwehntem Schutz-Vertrag und Restitutions-Recess in keinem Stück zuwider handeln lasse, nicht weniger auch gehörigen Orts bei Dero Beamten nöthige Veranstaltung dahin mache, damit Impetrantes vors Künftige leidentlich und gebührendem Glimpff gehalten, mit Executionen nicht übereilet, noch sonsten vor andern beschwehret, weder auch ab omnibus Commodis ausgeschlossen, sondern allenthalben dergestalt gehalten werden mögen, damit dieselbe in Zukunft sich zu beschwehren keine befugte Ursach mehr haben können. Hiernächst ist auch unter andern vorgekommen, was gestalten die Crayß-Stände jezuweilen die freye Wahl haben, die Crayß-Praestanda zum Theil und entweder in Geld, oder in natura zu entrichten. Wenn nun solchenfalls Impetrantibus leichter ankommt, das Ihrige auf die letztere Weis zu liefern, als davor den| mit denen Lieferanten oft gar zu hoch bedungenen Preis zu bezahlen; Als erinnern Wir Deine Andacht hiermit gnädigst, hierunter der Billigkeit nach die Verfügung zu thun, damit Impetrantibus auf ihr Ansuchen, zumahlen in Ansehung näherer Gelegenheit und besserer Bequemlichkeit, sothanes Beneficium der Natural-Lieferung angedeyen, und mit Ihnen sowohl hierüber, als über andere Praestanda alljährlich und zu rechter Zeit vollkommene Berechnung gepflogen werden möge. Letztlich und was die geänderte formulam Juramenti eines zeitlichen Reichs-Schultheissen, und Impetrantibus vorenthaltene Documenta betrift, da können Wir keinesweges finden, daß deroselben Restitution zu Recht beständig erwiesen worden sey, sondern gesinnen an Deine Andacht hiermit gnädigst, daß Sie sothane Documenta viel erwehnter Impetranten in Zeit 2. Monathen annoch restituiren, oder wo sie ja nicht bald aufzufinden wären; selbige gehöriger Orten alles Fleisses durch solche Bedienten, welche deßhalben die beste Wissenschaft haben können, aufsuchen lasse, und dieselbe, denen solches aufgetragen, in Gegenwart des, oder derjenigen, so beyde Gemeinde dazu bevollmächtigen werden, mit einem cörperlichen Eyd dahin, daß sie nach allem fleisigen Nachsuchen hiervon nichts finden können, weder anderstwo zu finden wüsten, noch auch, daß etwas davon gefährlicher Weise entkommen wäre, Ihnen bekannt seye, belege; Da wir sodann gleichwohlen, befindlichen Dingen nach, wegen des dermaligen| mit dem Schutz-Vertrag von Anno 1575. und dieser Gemeinde Immedietät gar nicht übereinkommenden Schultheissen-Eyds, Unsere behörige Kayserliche Verordnung ergehen zu lassen nicht ermangeln werden. Gleichwie denn auch, und da sich mittlerweil der Casus zutrüge oder sich ereignete, daß jetziger Schultheiß mit Tod abgienge, und ein anderer erwählet würde, Deine Andacht mit Abnehmung des Ayds von dem Neu-Erwählten in so lang, bis wir der Aydes-Formul halber das Nöthige werden verordnet haben, an sich halten zu lassen hat, allermassen wir dann, wegen alles desjenigen williger Befolgung, zu Deiner Andacht beywohnendem Eyfer und zu Recht und Billigkeit uns dergestalt verscheu, daß es deßhalben keiner andern Reichs-Satzungsmäsigen Verordnung mehr bedürfen wird, und erwarten hierüber in Zeit 2. Monathen Dero willfährige Erklärung, verbleiben anbey Deiner Andacht mit etc.

     Laxenburg den 10. Junii 1727.


Beylage C.
Wir Friederich von Gottes gnaden Pfaltzgrave bei Rhein des heiligen Römischen Reichs ertztruchsäß und Churfürst, Herzog in Beiern, Bekennen und thun kundt offenbar mit diesem brieff das wir uff bittliches Anruffen, und in Betrachtung die unterthänige gutwilligkeit so uns unsere lieben getreuenn. Schultheiß Baumeister und ganze Gemeindt zu Gochsheim bishero erzeigt und fürbaß| noch meher thun können und mögendt, auß gnedigem gemüte und Churfürstlicher Macht die wir und unsere Voreltern löblicher Dechinus von Römischen Kaisern und Khönigen wohlherbracht, auch mit guetem Rhat und rechter wißen, gedachten unsern lieben getreuen Schultheiß, Baumeister und gantze Gemeinde zu Gochsheim, undt iren nachkommen diß nachgeschrieben Wapen hinfüro ewiglich zu haben, zu führen und zu gebrauchen. Mit Namen einen Schildt, in deßen untertheil entstehet biß zur Helffte ein rödlichte, und oben mit dreyen fürgehenden Quadrat steinen und zinnen gezierte uf geführte Mauer, Darauf im andern Obern schwarzen theill des schildts, erschwingt sich das vorder halbtheil eines weißen zur Lincken handt stehendenn Adlers, mit uf gethanen Fliglen, und roter außgeschlagener Zungen zum Fluge gericht, alles nach Anzeige und außweisung hierinnen gemalts Schildts undt Musters gnediglichen verliehen und geben haben, verleihen, gebenn, und bestettenn auch Inen undt Iren nachkomen, das aus obgemelter unser Churfürstlichen Macht, Vollkomenheit, Gnad und Miltigkeit, in und mit Crafft dis brieffs, meinen setzen und wöllen, das Sie und alle ire nachkomen, das vorgeschrieben Wapenn nun fürbas haben, undt des in allen ehrlichen sachen, feldtlegernn, Heerzugen, In Sieglen und Bitschafften, halten füren und gebrauchen mögen, immaß andere Wapensgenoß Dorff, von recht oder gewohnheit gebrauchen und genießen, von meniglichen unverhindert.| Gebieten darauf allen und Iglichenn den unsern mit diesem Brieff ernstlich und vöstiglich, auch andern, die umb unsern Willen, thun und lassen wöllen, güetlich bittendt, das Ir die vorgemelten unsere liebe getreüenn von Gochsheim und Ire nachkommen an dem vorberürten Wapen und dieser unser verleihung unndt bestettigung nichts hindert oder irret, noch das zu thun gestattet, sonder deßen geruwiglichen gebrauchen und genießen laßet, als lieb eüch den unsern seye, unsere schwehre Ungnadt zu vermeiden. Wir wöllens auch gegen den Ihenigen so uns nit verwandt seindt, in Gunsten und Gnaden bedencken. Urkundt dis Brieffs mit unserm anhangenden Insigel besiglet, der geben ist zu Heidelberg, den Ein undt Dreyßigsten May, Als man zahlt nach Christi unsers lieben Herrn und Seligmachers Geburt, Funfftzehen Hundert Sechtzig und Acht Jar.
(Von einer alten Copie abgedruckt.)


Beylage D.
In gotes namen amen. Ich Heinrich Studich Amptman zu Svinfurt Bekenne und tun kunt offenlich mit disem brieff. allen den die in ansehen hören oder lesen daz für mich komen Betzen Huffen selgen recht brüder und erben. chuntz Schultheyze der alte, und chuntz Westheimer genant. bede zu Sendelfeld gesezzen und bekanten und tetten mir zu wizzen öffentlichen daz derselbe Betze Huffe ihr bruder selge mit gesunttem| leybe und mit vor wol bedachtem muet da er wohl gen und gesten mocht angehaben hot zu stifften und zu machen. mit hilff und rot ander siner guten frunde die hernach geschriben sten. eine ewige frumeße. zu Sendelfelt. in dem dorff. in Gossheimer pfarr gelegen. in sant Erharts kirchen. got zu Lobe. und üm der ere der Hochwirdigen siner Muter marien und aller Heilgen. auch zu Troste siner und aller siner vorfarnde und aller cristen gelewbigen sele willen. und doran geben geschickt und gemacht hot grüntlichen (valide, auf rechts beständige Art) und ewigklichen. die gut die hernoch geschrieben sten. auch so haben die selben zwen syn gebrüder und nechsten erben chuntz Schultheizze und chuntz Westheimer obgenanten für sich und alle ir erben derselben stifftunge. gebunge und gesetze vormals an ihrs bruder selgen leben und auch nun noch sinem tode verhenget und gestatt und haben auch mir selber müntlichen. und mit fryem gesuntten leyben und vernüfften mit dem allerbesten rath als sy daz ymer getün mügen dieselben hernach geschriben gut auch doran geben gesetzt und gemacht glicher wise. als er daz tet. ewiglichen und unwiderrüffenlichen ohn alles geverde. So sint diez die gut von den obe geredt ist. so um den jezigen Hoff zu Abersfelt gelegen der vorgeziten Otten von Abersfelt was. und den yezunt bareit un erbeit Chuntz koler. und dovon Jerlichen giebt und antwurt acht malter korns und fünff malter Habern Swinfurter massen. und ein halben und drizzig| rodecker (agri novales) die eygen sint und niht zehenden. die auch nun fürbas zu demselben hoff gehören sullen. Item einen eygen acker vurmahls in der marck zu steinach gelegen. obwendig der mül. am lengeberg genannt. und zwey michels hüner von einem wingerten zu steynach gelegen an der steyge. die giebt Jerlichen Betz mond. (Ist mir unverständlich.) Item den zehente halben von dryen acker wisen und zweien ardeckern gelegen zu Abersfelt am wenigkeimer Holtz. und vir michels hünre, die do geben die Jungen Hanse von wenigkeim von denselben wisen und ardeckern. Item dry ardecker uff sendelfelder marck gelegen. by dem scheiblethern bawmen daz rödlin genant und gelten dem Gotshus zu Sendelfelt vir schilling heller und zehenten niht. Item Sybentzehe ardecker auch doselbst an der schollen eldern gelegen. und die sint eygen. Item funff virteil ardecker gelegen um lerchenberg und zwen ardecker gelegen zwischen löhern die gelten dry Heller den hern von Ebrach. Item zwen eigen ardecker gelegen bym stein der gebürlin genant. und einen eigen acker wisen gelegen bym zeil bawmen. und fünff acker eygner wisen im segraben gelegen die eyberlerinn genannt. uff sendelfelder marck gelegen. So het Chuntz Schultheizze obgenannter und syne erbe. daran besunder geben fünffthalp virteil eigens ardackers gelegen bym stein. und newn virteil eigens ardackers gelegen am heininlohe. uff dem bräuckel genannt. Item Elle Suyderin| und ir Erbe haben auch doran geben einen krutgartten. im sehegartten gelegen und gilt dem gotshus zu Sendelfelt. ein halp pfunt wachs. Item Hans gebner und sine erben von Sendelfelt haben doran geben fünf virteil winwachs gelegen zu Sendelfelt an der flaslyten. und gilt demselben gots Hus einen virding wachs. Item derselbe hans gebner hat auch dorzu geben. ein kuw (vacca.) oder zweintzig Pfunt heller dofür, ein varche (porcus) oder zehen pfunt dofür, und ein Bethe oder zehen pfunt dofür, und zehen hünre zu husseyre. diez erste Jor. Item Chunz Westheimer und hans gebner von Sendelfelt haben auch darzu geben an varnder habe zweintzig pfunt heller. vnd Westheimer der izunt genant befunder funftzehen pfunt heller. Item Dieterich Ruhze zehen pfunt heller. hans hogel vir pfunt heller. Hanns Karlstatt sechs pfunt heller. Chuntz Els zehen pfunt heller. Roter Gotze zehen pfunt heller. Und heintz Gerber von Grefenkanfeld und sin erbe haben auch dorzu geben; zweihundert pfunt und zehen pfunt heller. alles lantwerung. und sullen die bezalen inwendig drüwen Jaren die schirst noch einander genen alle Jor sybentzig pfunt heller uff martini. und hot auch die verbürgt mit der Bescheidenheit. daz syn sim Johannes darwff geroihet und in dieselbe frümesse gelihen werde. wann die obgenannten anheber und stiffter sine nechsten fründe und mogen (Verwandte) sind. Auch so haben die Husgenozzen und die Gemeinde zu Sendelfelt doran geben und gemacht| ein Anspanlich. syben acker wisen etwas mynner oder mer die wendlache genannt. und ist eygen, dorzu ich obgenannter Heinrich Stubich durch gots willen mynen willen und macht auch geben und geton habe. Auch so haben dieselben hußgenozzen zu Sendelfelt gewillkürt und gemacht. was vihs ein frumesser doselbst hot. Daz datzselbe sol ungepfruntte syn und bliben on alles geverde. Auch so haben die obgenannten Stiffter gesetzt und gekorn die vir erbern manne Chuntzen Schultheizze den alten, Chuntzen Westheimern, Chuntzen Hennenberg und Hansen Gebner von Sendelfelt. daz sy diser frumesse sullen getrüwe formunde syn, die obgenannten varnde habe ynzunemen und dorumb zu derselben messe ewige zins und gült zu karoffen. die der messe aller bequemlichst und aller nutzst sint on geude. So Bekenne ich obgenannter Heinrich Stubich daz die obgenanntten stiffter und erber hit diser ewigen frumesse alle by und vor mir sint gewest. und haben auch die obgeschriben gut alle mit allen dorzugehörnde und rechten. als sy die vormals gehabt haben, und uff ihre Eltern komen sind. on geverde recht und redlichen und gesuntem leibe und freyen mute und mit rechter redlicher Vernunfft mit dem allerbesten rathe als sy daz ymer geton mügen oder kunnten dorzu geben und gemacht. Geben und machen mit urkunde und krafft diez brieffs on geverde. In aller der maße als obgeschrieben stet. on geverde. Daz alles zu urkunde und gantzen vesten Sicherheit. So hon ich obgenannter| Heinrich Stubich von ir aller flizziger bit wegen myn eigen Insigel an disen briff gehangen. Hieby sint auch gewest die erbern lüte und sin gezuge. Otto Geeben. Hilprant Rewmar. Heintz Rörensee. und hanns Meider Burger zu Swinfurt und auch ander erbern lüte gnüge. datz diese obgeschrieben dingk also geschehen vollentet und volgangen synd als obgeschrieben stet on alles geverde. Datum Anno Dni MCCC-. nonagesimo trio Sabato hora primaria post festum Assumptionis marie virginis gloriose reg.

Abgedruckt von einem Original auf Pergament in Median-Quart, woran in der größe eines Zwölfers ein Siegel auf grünem Wachs hängt, ohne alle heraldische Verzierung, mit der Umschrift

†. SIGEL HEINRICHS STVBICH.


  1. In Hübners neu vermehrtem und verbessertem Real- Staats- Zeitungs- und Conversations-Lexikon, Wien 1780. kommt von Sennfeld gar nichts, von Gochsheim aber folgendes vor:
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    Gochsheim ein großes und freyes Reichsdorf in Franken, eine Stunde von Schweinfurt, welches seine Kaiserliche Privilegia und Freiheiten hat. Es hat bey 300 Einwohner und einen Reichs Schulzen, der nebst den Gerichtspersonen und Dorfdienern in besonderer Kleidung geht. Wirzburg hat darüber die [540] Schutzgerechtigkeit und das Ius patronatus bey der Pfarre, obgleich der Ort sonst der evangelischen Religion zugethan ist. –
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    Was wohl unter der besondern Kleidung verstanden seyn mag? Etwa der schwarze, nicht nur bey den Gochsheimer Gerichtspersonen und Dorfsdienern, sondern überhaupt bey den hiesigen Landleuten in Freud und Leid sehr gewöhnliche Rock?
  2. Eingerückt in Schneidts Thes. Iur. Franc. erster Abschn. II Heft p. 326 und in Leuckfelds Append. ad Antiq. Poeld. p. 258.
  3. cf. §. 2. ver. et gen. Fact. Spec.
  4. Vergl. Schultheß vortrefliche Dipl. Gesetz des gräfl. Hauses Henneberg-Schleusing. Antheils im Urkundenbuch Urk. XII.
  5. cf. §. 14. der wohlgegründeten Vertheidigung p. 13. auch Schulth. Dipl. Gesch. I Th. S. 221.
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    Daz ist daz Ammt daz zu Swynvurte gehoret und daz gut vor erst zu Gochsheym da hat myn Herre (Berthold) in dem Dorf von des Rychis wegen daz Gericht daz suchet nyman wen des Richis Lute und munche Lute. Ouch hat myn Herre da andirhalp [543] malder weytzes und dri schillinge pfenning geyltes. Ouch giltet des Richis habe da ein phunt hellere und ses Lammesbuche zu ostern, und zen Vasnacht hunre. ouch lygen da wol zen acker wuster hovestete die hat der voyt. auch hat myn herre da uffe sente Mertins tack ein phunt hellere vur eynyn Ryndesbuch.
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    Ouch hat die herrschaft zu Sendelseylt in dem Dorf eyr gerichts von des Richis wegyn und sestehalp phunt hellere geyltes, vnd ein maltir weyzis und wysunge zu wynnachten und zen vasnachts hunre und eyn phunt hellere vur eynen Ryndesbuch, und uffe sente Mertynstack, und uffe ostyrn vunfte halp hundert eygere.

  6. Abgedr. unter N. IV. der mantiss. Doc. in Sündermahlers Diss. de Advoc. Imp. Episc. Wirceb. in binos pagos immediatos Gochsheim et Sennfeld.
  7. Eigentlich erhielte dieses Privilegium die Schweinfurt schon vom Kaiser Karl IV. 1362. cf. Lünigs Reichsarchiv Part. spec. Contin. IV. 2 Theil Vol. XIV. p. 397. und dieses wurde nach eben demselben p. 424. et 434. ausser dem Kaiser Sigmund im Jahr 1437. auch von Max. I. im J. 1498. von Karl V. im Jahr 1521. und von Ferdinand I. im J. 1537. bestättigt.
  8. Sie befindet sich in Sündermahl. Diss. N. 1. der Docum. auch sub N. 1. der Docum. in Ludolfs Symph. T. 1. Cons. et Decis. forens. Decis. XXXVII.
  9. Abgedr. in Sündermahl N. II. der Mantiss. Doc.
  10. Beyde Verträge sind nebst der Kaiserlichen Confirmation sub N. V. der Mantiss. Doc. in Sündermahl. Diss. auch sub N. III. der Doc. in Ludolfs Symph. l. c. abgedruckt.
  11. Abgedr. sub N. 2. der Beylagen der verae et genuin. facti spec.
  12. Kraft Art. V. §. 2. Instr. pac. Osnabr. Der Restitutions-Receß ist sub Num. IV. Doc. in Ludolfs Symph. l. c. zu befinden.
  13. Dieser Restitutions-Receß scheint den beyden Reichsdörfern in Ansehung der Verbindlichkeit des zwischen dem Hochstift Wirzburg und der Reichsstadt Schweinfurt errichteten ersten Überlassungs-Vertrags entgegen zu stehen, worin manches für sie unangenehme, z. B. daß daselbst keine Jahr- und Wochenmärkte gehalten werden sollten, bedungen ward, obgleich aus einem Schreiben Bischoffs Julii vom 7ten des Erndemonats 1578 an Georg [555] Ludwig von Seinsheim zu Hohenlottenheim und aus einer Supplik dieser beyden Reichsdörfer an den Kaiser (sie machen die Beylagen T. und V. der annot. refutat. aus) daferne nichts an ihrer Authenticität auszusetzen ist, erhellen will, daß bey der nachgesuchten Kaiserlichen Bestättigung beyder Theile Intention bloß auf den zwischen dem Bischoff Julius und den beyden Reichsdörfern erst im Jahr 1575 besonders errichteten Vertrag gegangen sey, womit auch die Worte der Kaiserlichen Confirmation überein zu kommen scheinen, welche beyde Verträge, so viel solche jeden Theil betreffen, bestättiget hat. Auch sagen die beyden Reichsdörfer in ihrer vorhin angeführten Supplik um die Kaiserliche Bestättigung ausdrücklich, daß sie sich in besondere Handlung eingelassen, und solchen Vertrag troffen hätten, dadurch sie sich und ihren Nachkommen Nutzen und Frommen geschaft zu haben unzweifentlich getrauten.
    Doch ich erkläre hiermit, daß ich mich keineswegs in solche Gegenstände, worüber zwischen dem fürstlichen Hochstift und diesen beyden Reichsdörfern noch unentschiedene Rechtfertigungen erwachsen sind, da sie ohnehin nicht in dieses Journal, sondern für den Deductionisten gehören, einlassen, sondern bloß in Erzählung der Gerechtsame den beyderseitigen Besitzstand zur Richtschnur nehmen werde, wie ich denn auch bisher in entscheidenden Stellen meistens die nemlichen Worte der Recesse und Urkunden beybehalten habe, und dieses auch in der Folge beobachten, überhaupt aber weder dem einem noch dem andern Theil an seinen Rechtszuständigkeiten im geringsten etwas präjudicirt haben will.
  14. Dieses hat das fürstliche Hochstift Wirzburg selbst anerkannt. Vergl. das auf einem besondern Foliobogen abgedr. R. H. R. Concl. vom 13 Januar 1772. in Sachen zu Gochsheim und Sennfeld Reichsschultheiß, Gericht und resp. Stuhl contra den Herrn Bischoffen und Fürsten zu Wirzburg et Cons. Mandat. et Citat. pto. fract. pac. publ. wo es in membro 2. also heißt: „eben so wenig aber, wie Herr Bischoff ein Recht zu haben vermeine, von den Gochsheimern und Sennfeldern die Publication der Wirzburgischen Patentium verlangen, ingleichen vor dem von Ihm aufgestellten Centschöpfen die Nutzung des streitigen Wasens prätendiren zu können, demselben zugestanden hätte, Sich eigenmächtig in alieno nach des Herrn Bischoffs eigenem Eingeständnis immediato, und des Herrn Bischoffs Botmäßigkeit nicht unterworfenen Territorio zu seinem Rechte zu verhelfen.“
  15. Vergleiche den Schutzvertrag vom J. 1575. „Es soll auch, von Alters herkommen, in zutragenden Todesfällen und Veränderungen der Reichsschultheissen jedesmal ein Reichsschultheiß aus den sieben Gerichtspersohnen erwählt und genommen werden.“
  16. Ganz anders machte es der Buchdrucker Weimar in Wien; denn als dieser mit seiner Stimme in der Wüste alle Obrigkeiten aus ihrem politischen Schlaf wecken wollte, und mit diesem Büchlein (der ganze Titel heißt: Die Stimme in der Wüste von Grüttner, Frankfurt und Leipzig 1784 bey J. M. Weimar) keine freye Reichs- Residenz- Universitäts- oder auch nur ein wenig beträchtliche Municipalstadt Teutschlands unheimgesucht ließe; so trat auch der Versucher zu dem Reichsdorf Gochsheim, und erhob dasselbe aus buchdruckerischer Machtvollkommenheit nicht nur zu einer Reichsstadt, sondern gab auch der dasigen aus lauter Bauern bestehenden Ortsobrigkeit folgenden glänzenden Titel:
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    Denen Magnificis, Hochwohlgebohrnen, Wohl- und Hochedelgebohrnen, Hochgelehrten, Hoch- und Wohledelgestrengen, Hoch- und Wohlweisen, Vornehmen, Vorsichtigen, meinen Hochverordneten Großgünstigen, Hochgebietenden, Gnädigen, und Hochzuverehrendsten Herren, Herren Burgermeister und Rath der Kaiserl. und des H. R. R. freyen Stadt
    Gochsheim

    Er erhielt aber auch im Teutschen Zuschauer 22ten Heft, achten Band, Jahrgang 1788 wegen seines getriebenen Unwesens eine wohlverdiente Züchtigung, wo auch die Züge zu lesen sind, die er darüber mit dem Cardinal-Erzbischoff Migazzi zu Wien, dann den Bischöffen zu Ollmüz und Linz gehabt hat, welcher letztere ihm einen schriftlichen Verweis durch seinen Canzler zuschicken lassen, weil er sich unterstanden, diese Broschüre ohne vorher eingehohlte Beangenehmung [565] zu dediciren. Freylich ists so eine Sache um unverlangte Dedicationen, wo doch gewöhnlich eine Speculation mit zum Grund liegt. Daher hat die Reichsstadt Schweinfurt vor einigen Jahren sich wohlweislich gegen dergleichen Bombardirungen verwahrt, und in den Zeitungen bekannt machen lassen, daß künftig kein Autor mehr ohne vorher eingehohlte Erlaubniß sein Product dem dasigen Rath dediciren, oder widrigenfalls keine Belohnung zu gewarten haben solle.

  17. vid. Beylage B.
  18. Wer hätte also glauben sollen, daß, obgleich überhaupt noch der Punct der Jurisdiction des fürstlichen Hochstifts in Sachen, die in der beyden Reichsdörfer innere Verfassung einschlagen, in revisorio bey Kaiserlichem R. H. R. unerledigt hängt, ein solches Decret ergehen könnte, wie dieses:
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    Hierauf wird Reichs-Schultheisen und Gericht zu Sennfeld befohlen, den implorantischen N. N. von aller eigenmächtigen Zudringlichkeit bey Strafe frey zu lassen, und wenn dasselbe glaube, Ursache zu haben, daß dem N. N. der Gerichts-Sitz zu verweigern seye, solche Ursachen und Gründe binnen 14 Tagen bey dahiesiger [571] Gerichtsstelle mittelst Übergebung einer förmlichen Klagschrift anzubringen.

    Decretum Mainberg den 1ten Febr. 1790.

    Von Reichsuntervogtey-Amts wegen
    N. N. Amtskeller. 

    Dieses Decret, welches das Sennfelder Reichsdorf-Gericht gerade wie das Gericht eines der Landes-Botmäßigkeit unterworfenen Amtsdorfs behandelte, ist zwar durch nachstehendes Regierungsdecret wieder aufgehoben worden: „auf das beyliegende Exhibitum sub praes. den 8ten März 1790. werden die gebettene Appellationsprocesse erkannt, sed suspensis eorum expeditione wird an das Reichs-Untervogtey-Amt Mainberg rescribirt, daß, nachdem denen Reichsdörfern Gochsheim und Sennfeld die Befugniß ihre Reichsschultheisen und Gericht zu wählen, auch bewandten Umständen nach sie zu entsetzen, ohnstreitig zustehe, ermeldtem Reichs-Untervogtey-Amte nicht gebühret habe, auf die alldorten von dem N. N. überreichte Beschwehrungs-Schrift dem Reichsschultheisen und Gericht zu Sennfeld die Amovirung des gedachten N. N. von dem Gerichts-Sitz vor der Hand per decretum zu inhibiren, und sie über die Entsetzung selbst zum klagenden Theil zu machen, sondern es hätte vielmehr ersagtem Reichs-Untervogtey-Amt rechtlich zugestanden, die bey demselben übergebene Beschwehrungsschrift des N. N. dem Reichsschultheisen und Gericht zu Sennfeld als dem beklagten Theil ad excipiendum zu communiciren, und wenn inter partes diese Sache bis zum Beschluß würde verhandelt worden seyn, über die Recht- oder Unrechtmäßigkeit der geschehenen Entsetzung des N. N. von seinem Gerichts-Sitze [572] salva provocatione an die hochfürstliche Regierung den Rechtsspruch zu erlassen, als wozu mit Aufhebung des gravirlichen Decrets vom 1ten Hornung dieses Jahrs ermeldtes Reichs-Untervogtey-Amt alles Ernstes und unter der Bedrohung angewiesen wird, daß ansonsten bey dessen widriger Befolgung auf Anrufen des appellantischen Theils die erkannte Processe ausgefertiget, und diese Sache bey hiesiger höherer Instanz verendschaftet werden solle.“ – Aber die Kosten? Bey solchen Eingriffen zuckt wohl die weise Regierung über den Beschädiger die Achsel, aber sie schont den fürstlichen Diener. Darum ist, so lange sich das fürstliche Hochstift nach dem gegenwärtigen Stand im Besitz der Reichsvogtey befindet, ein mit der Verfassung dieser beyden Reichsdörfer es wohlmeinender Beamter ein von Gott erbetenes Glück.

  19. Auch in dieses Journals I. B. VI. Heft Nro. V. findet sich eine Urkunde abgedruckt, nach welcher Graf Wilhelm zu Henneberg, der nemliche, welcher im Jahr 1500. dem Reichsdorf Gochsheim eine Constitution gegeben, im Jahr 1514, also 14 Jahre nachher auch als Reichsamtmann der Stadt Schweinfurt nach einem entstandenen Aufruhr über verschiedene gleichfalls in die innerliche Verfassung einschlagende Gegenstände eine Verordnung errichtet hat.
  20. cf. Schutzvertrag v. J. 1575 „deßgleichen sollen wir auch bey unserer hergebrachten Religion der ersten Augspurgischen Confession gelassen, und wider unser Gewissen nicht gedrungen werden.“
  21. Es ist hiebey zu erinnern, daß eben das Formulare des Collaturscheins vom J. 1718, welches sich in von Ludolfs Symph. Tom. I. Consult. et Decis. Forens. XXXIII. befindet, bisher für beyde Ortschaften unverändert beybehalten worden.
  22. Diese Befugniß gründet sich auf das mit einer Ordination versehene Cameral-Decret vom J. 1735.
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    Wir Carl der VIte

    urkunden und bekennen hiermit etc. Daß an unserm Kaiserlichen Cammergericht, desselben Advocat und Procurator, der Ehrsam und gelehrt, unser und d. R. lieber Getreuer, Franz Peter Jung, d. R. Lic. Nahmens Seiner Andacht des Bischoffens zu Würzburg wider die Gemeind Sennfeld am 29ten Novbris jüngsthin zwar eine unterthänigste Supplication pro mandato de manutendo et de non turbando in possessione vel quasi installandi parochum desuperque idonee cavendo S. C. cum adjunctis sub Num. 1. 2. 3. et 4. übergeben, worauf folgendes Decret sammt Verordnung ergangen.

    Tenor Decreti
    auf vorgebrachte Bescheinigung der actuum possessionis abgeschlagen, mit der Erinnerung, daß dem von der Gemeind Sennfeld vocirten auch confirmirten Pfarrer in Antretung seines Amts keine Behinderung gemacht werden solle. In Cons. 13 Ianuarii 1735.
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    Sodann ist auch ab Seiten derer Gemeinden Gochsheimb und Sennfeld eine unterthänigste Bitt pro clementissima Declaratione sententiarum [586] Cameralium de Annis 1717 et 1718. in pto neuerlich praetendirenden Installations-Rechts ihres Pfarrers cum Inhibitione temporali mit Anlagen à Num. 1-7 incl. am 8ten fürgehenden Monats Ianuarii einkommen, worauf nachgesetzter Bescheid erfolget.
    Inhalt Bescheids
    wird Supplicant auf das gegentheiliger Supplique unter heutigem Dato aufgeschriebene Decret hiermit verwiesen in Cons. 13. Ian. 1735.
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    Deme zuwider ward zwar im J. 1788 bei der Sennfelder Pfarr-Erledigung von der Fürstlichen Kelterey ein wiewohl mißlungener Versuch gemacht, der aber bei der im J. 1789 geschehenen Wiederbesetzung der Gochsheimer Pfarre wie billig unterblieb.
  23. Ihr Meister ist der geschickte Orgelmacher Voit zu Schweinfurt, der schon im 1ten Bande S. 226 dieses Journals gerühmt worden ist.
  24. Warum die Reichsstadt Schweinfurt auf diese harte Bedingung angetragen, möchte ich wissen. Ist dieses etwa die Ursache, daß man überhaupt einen Juden damahls für ein giftiges Thier gehalten hat, das man von sich entfernen müsse, oder hat die Stadt geglaubt, daß ihr Handel durch Juden würde beschränckt werden?
  25. Vergl. Schutzvertrag vom J. 1575. Item sollen und wollen wir auch das gewöhnliche Vogtgeld sammt dem Vogtsee seinen Fürstlichen Gnaden und Dero Nachkommen folgen lassen.
  26. Nämlich als die Deputirten der beyden Reichsgemeinden ihre Glückwünsche abstatteten, und sich und ihr gemeines Wesen zur höchsten Protection empfahlen.
  27. Hierin hat sich also der Verfasser des Aufsatzes in Beyers Magazin für Prediger geirrt. Also Suum cuique!
    A. d. H.