Geschichte der Pfarrei Sachsen bei Ansbach und der zugehörigen Orte/Das Kirchenwesen

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Geschichte der Pfarrei Sachsen bei Ansbach und der zugehörigen Orte
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Das Schulwesen »
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| V. Das Kirchenwesen

1. Patronat und Kirchenleitung

a) Unter den Markgrafen

 Das dem Chorherrnstift in Ansbach zustehende Besetzungsrecht (Patronat) über die Pfarrei Sachsen (S. 48) wurde von 1563 ab, als das Stift eingegangen war, von den Markgrafen zu Ansbach als den Rechtsnachfolgern des Stiftes in Anspruch genommen. Sie übten aber dieses Recht stets durch die von ihnen eingesetzte Kirchenbehörde aus. Nur selten gestatteten sie sich einen persönlichen Eingriff, wie im Jahre 1788, wo Markgraf Alexander den noch sehr jugendlichen Sohn eines Beamten unter Übergehung älterer und verdienstvollerer Bewerber auf die Stelle brachte als Belohnung für die Verdienste des Vaters, eine Maßnahme, die dann sehr zum Nachteil des Kirchenwesens in Sachsen ausschlug. Nach den Markgrafen trat der preußische König in deren Rechte ein und von 1806 an der bayerische König. Auch in dieser Zeit lag die eigentliche Besetzung der Stelle in den Händen der kirchlichen Behörde. Nach der Staatsumwälzung von 1918 überkam das Kirchenregiment völlig und uneingeschränkt das Patronat. Der Staat behielt sich lediglich ein Einspruchsrecht aus rein staatsaufsichtlichen Gründen vor.

 Für die Leitung des Kirchenwesens konnten nach der Reformation die Bischöfe und ihre Organe (Archidiakone und Ruraldekane, S. 89) nicht mehr in Betracht kommen, da sie Gegner der reformatorischen Bewegung waren. Deshalb hatte Luther die Fürsten sowie die Ratsherren der freien Reichsstädte gebeten, sie möchten als „vornehmste Glieder der Kirche“ eine feste Ordnung herstellen. Luther konnte das um so mehr tun, als diese Fürsten und Herren ja selbst mit aller Entschiedenheit für die evangelische Sache eingetreten waren und sich auf den Reichstagen zu Worms, Speier und Augsburg als „Bekenner“ des evangelischen Glaubens dargestellt hatten. Niemals aber hatte Luther daran gedacht, daß die Fürsten und Städte als weltliche Obrigkeit die Kirche in ihre Gewalt nehmen und von sich aus regieren sollten; er hat sich im Gegenteil wiederholt auf das schärfste dagegen ausgesprochen, daß geistliches und weltliches Regiment miteinander vermengt werde, und bezeichnete solchen Versuch geradezu als Teufelswerk. Und so haben damals die Fürsten und Ratsherren als evangelische Christen und Bekenner die Ordnung des reformatorischen Kirchenwesens in die Hand genommen. Dabei gingen die Markgrafen und die Stadt Nürnberg gemeinsam vor. Sie ließen, wie| schon in dem Abschnitt von der „Reformation in Franken“ dargelegt wurde, im Jahre 1528 gemeinsam eine Kirchenvisitation in ihren Gebieten vornehmen und gemeinsam eine „Kirchenordnung“ ausarbeiten, die 1533 eingeführt wurde. Die Pfarrei Sachsen wurde dabei stets zum Markgrafentum gerechnet, weil in Ansbach das Patronat über die Stelle seinen Sitz hatte.

 Zur Aufsicht über die Pfarrer und Gemeinden wurden durch markgräfliche Verordnung schon 1528 „Superattendenten“ bestellt, hervorragende Geistliche, die von ihren Pfarrsitzen aus ihren Kirchenkreis leiten sollten. Doch hat sich diese Einrichtung nicht bewährt, da eine einheitliche Kirchenbehörde im Lande fehlte. Nur zur Prüfung der anzustellenden Geistlichen war eine Art Kommission in Ansbach vorgesehen, und ebenso zur Erledigung von Ehesachen. Eine festere Ordnung wurde erst durch die „Kapitels- und Synodalordnung“ vom 26. Oktober 1556 hergestellt. Durch diese wurde das Ansbacher Land in zehn „Kapitel“ mit je einem Dekan an der Spitze eingeteilt, wobei die Pfarrei Sachsen dem Dekanat Leutershausen zugewiesen wurde. Jährlich sollte in jedem Dekanat eine „Synode“ zur Besprechung kirchlicher Fragen abgehalten werden. In Ansbach wurde ein besonderes, aus geistlichen und weltlichen Herren bestehendes Ehegericht eingesetzt, dem später auch die kirchliche Zucht und Ordnung übertragen wurde und das schließlich die gesamte Kirchenleitung führte. Es hieß das „Konsistorium“. Zum Geschäftsbereich dieser Kirchenbehörde zählte etwa seit dem Jahre 1580 alles, was heute noch Aufgabe einer Kirchenbehörde ist: Prüfung der Geistlichen, Anstellung, Beförderung, Versetzung und Entlassung derselben, Aufsicht über ihren Lebenswandel und ihre Amtsführung, Aufsicht über Lehre und kirchliche Ordnung, Kirchenvisitationen, kirchliche Bauten und kirchliches Vermögen usw., daneben auch noch, wie schon gesagt, die Ehesachen, und weiterhin das Schulwesen.

 In Ansbach bestand damals und bis in die neuere Zeit herein kein Dekanat; die dortigen Geistlichen unterstanden unmittelbar der obersten Kirchenbehörde. Daher kam es, daß Sachsen zum nächstgelegenen Dekanate geschlagen wurde, zu Leutershausen. Vorübergehend wurde dieses Dekanat nach Lehrberg verlegt, aber von 1636 an befand es sich dauernd in Leutershausen. Erst unter der bayerischen Regierung wurde eine neue Einteilung der Dekanate vorgenommen und dabei Sachsen nach Windsbach überwiesen (1812). Diese ganz unzweckmäßige Zuteilung wurde 1883 wieder beseitigt und die Pfarrei Sachsen dem seinerzeit durch die bayerische Regierung neugeschaffenen Dekanat Ansbach einverleibt.

 Im Jahre 1594 erschien eine neue „Konsistorialordnung“, nach der das Konsistorium aus drei geistlichen und drei weltlichen Mitgliedern| bestehen sollte, wobei aber ein weltlicher Herr nicht nur den Vorsitz führen, sondern zugleich auch als Vertreter des Landesherrn das Kirchenregiment leiten sollte. Die Fürsten und Reichsstädte hatten nämlich mit der Zeit Gefallen an der Herrschaft über die Kirche gefunden und betrachteten sich geradezu als „oberste Bischöfe“ über ihre Landeskirchen. Ganz gegen Luthers Meinung und Willen und gegen die biblische Lehre setzte sich nach und nach die Anschauung durch, als ob die Landesherren als solche schon zuständig seien, die Kirche zu leiten, ohne Rücksicht darauf, ob sie treue evangelische Glieder der Kirche seien oder nicht. Sogar katholische oder ganz unkirchlich und unchristlich gesinnte Herrscher nahmen in diesem Sinne die Kirchengewalt in Anspruch, ein auf die Dauer untragbarer, für die Kirche höchst unheilvoller Zustand. Doch muß man zu Ehren der Markgrafen von Ansbach sagen, daß sie im allgemeinen volles Verständnis für das Wesen und die Aufgaben der evangelischen Kirche zeigten und sich nur selten Eingriffe und Übergriffe erlaubten, wie es anderwärts oft geschah. Sie sorgten vielmehr sehr für kirchliche Zucht und Sitte, für die Erbauung von Kirchen und Pfarrhäusern, für alle kirchliche Ordnung; Lehre und Bekenntnis blieben vollkommen unangetastet. Die Konsistorialordnung von 1594 enthielt darum auch bindende Vorschriften für die staatliche Baulast an kirchlichen Gebäuden, Vorschriften, die heute noch für das Gebiet des alten Markgrafentums in Kraft stehen.


b) Unter den preußischen und bayerischen Königen

 Als das Markgrafentum 1792 an Preußen fiel, setzte eine völlige Umgestaltung der Kirchenleitung ein. Minister Hardenberg löste das Konsistorium zu Ansbach auf und übertrug die Leitung des gesamten Kirchenwesens der Staatsbehörde. Es war das die nach preußischem Muster eingerichtete „Kriegs– und Domänenkammer“ zu Ansbach, deren zweiter Senat auch die kirchlichen Angelegenheiten zu verwalten hatte. Im Jahre 1798 wurde die Regierung des Landes den Berliner Behörden unterstellt und damit auch die Leitung der Kirche von dort abhängig gemacht. Die Kirche galt jetzt nur noch als eine Abteilung des Staates und sollte sich auch ganz in den Dienst des Staates stellen. Die Staatsregierung bestimmte nun, worüber gepredigt werden sollte, was von den Kanzeln verkündigt und wie die kirchliche Ordnung gehandhabt werden sollte. So wurde z. B. angeordnet, daß die Pfarrer jährlich zweimal über Gewitterschäden und über Schutzmaßnahmen vor solchen zu predigen hätten. Eine andere Predigt mußte sich mit der Rinderpest beschäftigen und mit den dabei anzuwendenden Vorbeugungsmitteln. Alle Wochenfeiertage (Aposteltage,| Marientage, auch das Epiphanienfest) wurden abgeschafft, damit die Leute, wie man erklärte, mehr Zeit zum Arbeiten und weniger Zeit zu Vergnügungen hätten. Um den Gotteshäusern „Wäscherlohn zu ersparen“, durften die Pfarrer fortan nicht mehr die bisher gebrauchten weißen Chorhemden tragen, sondern mußten den heute noch üblichen schwarzen Talar zu ihren Amtshandlungen anlegen. Aus Gründen der „Ersparnis“ durften keine Lichter mehr in den Kirchen bei den Gottesdiensten angezündet werden usw. So griff der preußische Staat überall bis in die kleinsten Ordnungen des Kirchenwesens ein. Nur gegen Irrlehrer schritt man nirgends ein; diese durften predigen, was sie wollten. Wer sich dagegen in äußeren Dingen nicht fügen wollte, hatte schärfstes Vorgehen zu gewärtigen, wie es z. B. Pfarrer Schnitzlein erfahren mußte, der sich erlaubt hatte, gegen die Abschaffung der weißen Chorhemden zu protestieren. Es war eben jetzt ein reines Staatskirchentum, bei dem die Pfarrer nicht mehr als „Geistliche“, sondern als reine Staatsbeamte, ja geradezu als Organe der „Polizei“ behandelt wurden.

 Die Pfarrei Sachsen hatte unter diesen staatlichen Vergewaltigungen um deswillen weniger zu leiden, weil sie von Preußen als zu Nürnberg gehörig betrachtet und 1796 sogar aus dem Ansbacher Kirchenverbande entlassen wurde. Aber man hatte sich dabei doch noch das Patronat, also das Besetzungsrecht nach eigenem Gutdünken, vorbehalten; und 1797 besetzte man auch von Ansbach aus die Schulstelle zu Sachsen samt dem damit verbundenen Kirchendienst. Da ferner die Hälfte der Pfarrorte auf preußischer Seite lag, gab es allerlei Schwierigkeiten bezüglich der Feiertage und anderer Ordnungen; denn Nürnberg hatte für sein Gebiet (Bezirk um Lichtenau) weder die Wochenfeiertage abgeschafft noch andere Änderungen im Kirchenwesen eingeführt. So mußte also die Hälfte der Pfarrei noch die Feiertage halten, während die andere Hälfte zu arbeiten hatte, und dergleichen mehr. Es waren das Zustände, die für die Dauer unerträglich wurden.

 Man muß es in kirchlicher Hinsicht als ein Glück bezeichnen, daß die preußische Herrschaft in Franken nur 14 Jahre währte. Als im Jahre 1806 das fränkische wie auch das nürnbergische Gebiet an Bayern fiel, wurden die früheren Verhältnisse in der Kirchenleitung wieder hergestellt. Nach einigen Übergangsjahren wurde 1818 die Stellung der Kirchen verfassungsrechtlich geregelt. Ansbach erhielt wieder sein Konsistorium mit zwei geistlichen und einem weltlichen Rat, wozu noch ein weltlicher Regierungsdirektor als Vorsitzender trat. Ein gleiches Konsistorium wurde in Bayreuth eingerichtet. Über beiden stand als oberste Kirchenleitung das Oberkonsistorium in München mit drei geistlichen und zwei weltlichen Räten.| Der katholische König galt zwar noch als „oberster Bischof“ der evangelischen Landeskirche, aber er enthielt sich gewissenhaft aller Eingriffe in das Kirchenwesen, von ganz vereinzelten Ausnahmen abgesehen. Es konnte sich die evangelische Kirche innerlich wie zum Teil auch äußerlich ganz nach ihrer eigenen Ordnung und nach ihrem geistlichen Wesen erbauen, ganz im Gegensatz zu Preußen und anderen Ländern, wo sich die Herrscher reichliche Eingriffe gestatteten, wo sie, wie in Preußen, sogar eine die konfessionellen Unterschiede mißachtende Union zwangsweise einführten.

 Dem Gedanken, daß in der evangelischen Kirche die Gemeinden eine ausschlaggebende Bedeutung besitzen, wurde durch die Einrichtung von Landeskirchenversammlungen (Generalsynoden) Rechnung getragen. Es wurden weiter 1821 für die einzelnen Gemeinden Kirchenvorstände vorgesehen, allerdings nicht zwangsweise. So konnte es geschehen, daß in Sachsen erst 1850 ein Kirchenvorstand eingerichtet wurde, weil sich anfangs die Gemeinde dagegen sträubte. Aus Volkersdorf und Rutzendorf hatten damals 33 Gemeindeglieder ausdrücklich dagegen protestiert mit der seltsamen Begründung, daß dadurch „mit der Zeit die evangelische Freiheit gefährdet werden könnte“.

 Ein unglücklicher Gedanke der bayerischen Regierung war es, die Verwaltung des Kirchenvermögens den bisherigen bewährten „Gotteshauspflegern“ aus der Hand zu nehmen und sie Stiftungsadministrationen zu übertragen, die da und dort 1808 im Lande eingerichtet wurden. Sachsen kam dabei zur Administration Herrieden. Die Verwaltung des Kirchenvermögens wurde dadurch so umständlich, kostspielig und für die Gemeinden nachteilig, daß man sie schon nach zehn Jahren wieder aufgeben mußte. Die Kirchenstiftung Sachsen erlitt dabei noch ganz besonderen Schaden, wie später gezeigt werden wird. Nach der Auflösung der Stiftungsadministrationen wurden zunächst die (weltlichen) Gemeindeverwaltungen mit der Verwaltung des Kirchenvermögens beauftragt, bis diese dann durch besondere Kirchenverwaltungen ersetzt wurden (1834).

 Von der Einrichtung der Dekanate wurde schon gesprochen. Ihre Zahl wurde unter der bayerischen Regierung vermehrt. Alle zu einem Dekanatsbezirk gehörigen Geistlichen bildeten ein „Kapitel“. Sie und ebenso viele Vertreter der Gemeinden aus den Kirchenvorständen vereinigten sich jährlich zu einer Kapitelssynode, die der Besprechung kirchlicher Angelegenheiten gewidmet war. Die Kapitelsgeistlichen wählten weiter aus ihrer Mitte einen Senior, der das Kapitel zu vertreten hatte und im Bedarfsfall auch die Dekanatsgeschäfte versehen mußte.


| c) Seit der Staatsumwälzung von 1918

 Die Revolution vom November des Jahres 1918 bedingte auch einen Umbau der kirchlichen Verfassung. Der Kirche wurde ihre volle Selbständigkeit zurückgegeben und der Staat behielt sich nur ein allgemeines Aufsichtsrecht im Rahmen der für alle Staatsbürger geltenden Gesetze vor. Die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern rechts des Rheins konnte sich nun durch die aus ihrer Mitte gewählten geistlichen und weltlichen Vertreter selbst eine neue Kirchenverfassung geben, was im Jahre 1920 zu Ansbach geschah. Eine rein kirchliche Leitung der Landeskirche wurde jetzt festgelegt. An der Spitze der bayerischen Landeskirche steht nunmehr der „Evang. Luth. Landeskirchenrat“ in München, der geleitet wird von einem geistlichen Präsidenten, der seit 1933 den Titel „Landesbischof“ führt. Ihm steht ein weltlicher „Vicepräsident“ zur Seite. Von den geistlichen Räten sind vier zu besonderer geistlicher Leitung und Führung der Pfarrer und ihrer Gemeinden bestimmt; sie haben für je einen bestimmten Kreis das Amt eines „Kreisdekans“ zu versehen mit den zugehörigen Wohnsitzen in München, Ansbach, Nürnberg und Bayreuth. Für die Erledigung kirchlicher Vermögensangelegenheiten ist noch eine Außenstelle errichtet, die Landeskirchenstelle in Ansbach. Die früheren Konsistorien bestehen nicht mehr.

 Zur Vertretung der Gemeinden und zugleich zur kirchlichen Gesetzgebung sah die Kirchenverfassung von 1920 eine Landessynode vor, die sich aus einer bestimmten Zahl von Geistlichen und aus doppelt soviel weltlichen Vertretern zusammensetzt. Zwischen den einzelnen Tagungen der Synode soll ein Landes Synodalausschuß die Geschäfte führen und dem Landeskirchenrate zur Seite stehen.

 An der Ordnung der Dekanate wie der ortskirchlichen Vertretungen hat die Staatsumwälzung keine Veränderung gebracht. Nur können jetzt allgemein die Kirchenvorstände auch die Geschäfte der Kirchenverwaltung mitführen. Weiter haben sie noch das besondere Amt der „Steuerverbands-Vertretung“ inne in allen Fragen, die mit der Erhebung von Kirchenumlagen oder von Kirchgeld in der Gemeinde zusammenhängen.

 Der Umschwung von 1933 brachte insofern eine Änderung in die Kirchenverfassung herein, als der Landesbischof die Rechte und Pflichten eines „Kirchenführers“ übertragen erhielt und dazu mit besonderen Vollmachten ausgestattet wurde. Der Bau einer evangelischen Reichskirche ist angestrebt, auch durch die Aufstellung einer Reichskirchenverfassung eingeleitet, aber noch nicht vollzogen. Über den entstandenen Kirchenkampf zu reden, ist hier nicht der Ort.


| 2. Landeshoheit und Kirchenhoheit

a) Der Streit zwischen Ansbach und Nürnberg um die Kirchenhoheit im allgemeinen

 Für gewöhnlich fiel beides zusammen, die Landeshoheit als oberste Staatsgewalt im Lande, und die Kirchenhoheit als oberste Schutz- und Aufsichtsgewalt des Staates über die äußeren Angelegenheiten der Kirche, gleichviel ob diese Oberhoheit über die Kirche enger oder weiter gefaßt wurde. Für die Pfarrei Sachsen bestanden jedoch ganz eigenartige Verhältnisse. Wie schon wiederholt ausgeführt wurde, lag die eine Hälfte der Pfarrei auf markgräflichem, die andere Hälfte dagegen auf nürnbergischem Gebiete. Dazu kam noch, daß der Sitz der Pfarrei auf Nürnberger Boden stand, der Markgraf aber das Patronat innehatte. Der Markgraf nahm nun auf Grund seines Patronates alle „bischöflichen“ Rechte über die gesamte Pfarrei in Anspruch, so wie früher das Chorherrnstift sie besaß, also nicht nur die Ernennung der Pfarrer, sondern auch ihre Einsetzung in das Amt, die kirchliche Aufsicht über sie und über die Gemeinden durch sein Konsistorium, die Verfügungsgewalt über die Kirche und den Friedhof, die Aufsicht über das Kirchenvermögen und über das kirchliche Bauwesen, beides durch das Gumbertusstiftsamt usw. Er forderte also die gesamte Kirchenhoheit. Umgekehrt erklärte Nürnberg, daß die Kirchenhoheit mit der Landeshoheit zusammenhinge. Landesherr über den Pfarrort Sachsen sei aber die Stadt Nürnberg. Also komme auch der Stadt die Kirchenhoheit zu, während der Markgraf nur das Patronat innehabe in dem Sinne, daß er die Geistlichen für die Pfarrei „präsentieren“, d. h. in Vorschlag bringen dürfe; alles andere sei Sache der Nürnberger. Der Markgraf fußte mit seinen Ansprüchen auf den Rechtsverhältnissen, wie sie vor der Reformation tatsächlich bestanden; die Nürnberger aber stellten sich auf die Rechtsanschauungen, wie sie nach der Reformation sich herausgebildet hatten, wobei gerade die Städte die weltlich-staatliche Oberhoheit über die Kirchen besonders stark betonten. Es war klar, daß bei dieser zwiespältigen Auffassung der Begriffe Landeshoheit und Kirchenhoheit es zu schweren Kämpfen zwischen Ansbach und Nürnberg kommen mußte.

 Die Sache wurde dadurch noch verwickelter, daß auch eine Grundherrschaft inmitten stand, nämlich das Reiche Almosen (Landalmosenamt) in Nürnberg. Der Pfarrhof galt als „Lehen“ dieser Stiftung; darum forderte das Almosenamt, daß der Pfarrer von Sachsen jeweils vor seinem Aufzug erst nach Nürnberg ginge, um dort seinen „Lehenseid“ zu leisten, eine Forderung, die vom Rat der Stadt| stets nachdrücklichst unterstützt wurde. Auch in Bau- und Pfründesachen machte das Almosenamt Ansprüche geltend. So traten dreierlei Herren auf, die alle von dem Pfarrer in Sachsen „Pflicht und Gehorsam“ verlangten.


b) Der Streit um die Einsetzung der Pfarrer und die Kirchenvisitationen

 Schon bei Beginn der Reformation im Jahre 1527 ließ Nürnberg dem Pfarrer zu Sachsen durch das Pflegamt Lichtenau verbieten, markgräfliche Anordnungen über Predigt, Sakramentsverwaltung und dergleichen anzunehmen. Doch einigte man sich damals zwischen Nürnberg und Ansbach zu gemeinsamen Visitationen und Kirchenordnungen, so daß weiter kein Streit entstand. Der damalige Verweser der Pfarrei Sachsen, Jakob Hofmann, wurde in Ansbach geprüft. Brennend wurde die Frage erst, als Hofmann nach 33 jähriger Tätigkeit mit Tod abging, im Jahre 1561. Nun stellte sich Nürnberg auf den Standpunkt, daß der Rat der Stadt „in Kraft der Obrigkeit“ das Recht eines „Diözesanbischofs“ besitze und darum den vom Gumbertusstift als dem Patron präsentierten Geistlichen erst zu prüfen, zu bestätigen und dann einzusetzen (zu installieren) habe. Zu einem offenen Streit scheint es aber damals noch nicht gekommen zu sein. Es wird nur berichtet, daß die Prüfung des neuen Pfarrers Johann Kißling in Ansbach erfolgte und daß er von dem Ansbacher Stiftsamtmann und von Dekan Burmann in Lehrberg installiert wurde. Der Pfleger von Lichtenau war nur persönlich eingeladen; er ergriff aber nach dem Gottesdienst noch das Wort in der Kirche und erklärte, daß er auch namens seiner Herrschaft zu Nürnberg die Einsetzung vollziehe, wogegen wieder die markgräflichen Herren protestierten. Nachträglich erst forderte Nürnberg, daß Pfarrer Kißling vor dem Almosenamt in Nürnberg wegen seines Pfarrhofes eidliche Pflicht leiste. Auf Veranlassung des Stiftsverwalters in Ansbach verweigerte dies Kißling. Dafür sperrte ihm nun Nürnberg seine Einkünfte aus den zu Lichtenau gehörigen Pfarrorten. Schließlich gab Ansbach nach und erlaubte dem Pfarrer, seiner Lehenspflicht in Nürnberg nachzukommen (1563).

 Als dann im Jahre 1576 Pfarrer Eberhard Löscher in Sachsen eingesetzt wurde, geschah dies ohne jede Mitwirkung von seiten Nürnbergs. Man hatte dazu allerdings auch niemanden von dieser Seite eingeladen. Vielmehr hatte man, um allen Ansprüchen Nürnbergs zuvorzukommen, die Installation sehr rasch vorgenommen, nicht, wie zuerst verkündet wurde, am Sonntag, den 20. Mai, sondern schon am Freitag zuvor in aller Frühe zwischen 7 und 8 Uhr. Nachträglich verlangte auch da Nürnberg wieder die Verpflichtung Löschers| vor dem Almosenamt; Löscher mußte dies zunächst ablehnen, worauf wieder die Sperrung seiner „Gült und Zinsen“ aus dem Lichtenauer Gebiet erfolgte; schließlich mußte auch diesmal wieder nachgegeben werden.

 Als dann Pfarrer Löscher seinen Sohn Michael, der bisher Pfarrer in Neuendettelsau gewesen war, im Jahre 1605 als Vikar samt Weib und Kind bei sich aufnahm, verlangte die Stadt Nürnberg, daß er die Familie wieder „wegschaffe“ und drohte dazu mit „anderen Mitteln zur Erhaltung seiner Gerechtsame“. Pfarrer Löscher konnte mit Recht darauf erwidern, daß auch früher schon Kapläne, Vikare und Verweser im Pfarrhofe gewohnt hätten. Nürnberg mußte sich wohl damit begnügen. Erst als der Sohn 1611 seinem Vater im Pfarramte nachfolgte, konnten sie mit Recht die Verpflichtung vor dem Almosenamte fordern. Dabei verlangten sie aber noch weiter, daß er auch den „Einsatz“ (die Einsetzung) bei Nürnberg nachsuche. Es wird nicht berichtet, was darauf geschah; vermutlich hat er nur vor dem Almosenamt seine „Pflicht“ geleistet.

 Pfarrer Michael Löscher fand seinen Tod im Dreißigjährigen Kriege und der Pfarrhof brannte ab. Pfarrer Vogtherr von Eyb mußte die Pfarrei verwesungsweise versehen. Auch von ihm verlangte der Pfleger von Lichtenau, daß er sich in Nürnberg stellen und Pflicht leisten solle, obwohl er doch gar nicht in Sachsen wohnte und der Pfarrhof leer lag. Selbst inmitten des großen Kriegselendes wußte Nürnberg nichts Besseres zu tun, als auf ungerechtfertigten „Gerechtsamen“ zu bestehen. Sogar mit einem Predigtverbot in Sachsen wurde dem Pfarrer Vogtherr gedroht.

 Auf Pfarrer Vogtherr folgte Pfarrer Kehrer, der nicht nur in Eyb, sondern auch in Sachsen als Pfarrer eingesetzt wurde. Das geschah aber wieder so rasch, daß man in Lichtenau erst in letzter Stunde davon Kenntnis erhielt. Die Einsetzung wurde am 3. Februar 1651 von dem Dekan in Leutershausen und dem Stiftsverwalter in Ansbach vorgenommen; der rasch herbeigeeilte Gerichtsschreiber von Lichtenau konnte nur wiederholt protestieren. Die neuerdings einsetzenden Streitigkeiten wurden diesmal durch einen Vergleich abgeschlossen, den „Receß“ vom 14. September 1653.

 Nach diesem Rezeß sollte Ansbach wie bisher das Recht haben, den Pfarrer für Sachsen zu berufen, zu examinieren, zu präsentieren, auch zu installieren und die geistliche Gerichtsbarkeit über ihn auszuüben; doch sollte der betreffende Pfarrer sich vor der Amtseinsetzung mit einem Anweisungsschreiben des Konsistoriums beim Rat der Stadt Nürnberg zur „Bestätigung“ anmelden und beim Almosenamt die übliche Verpflichtung leisten. Bei der Installation sollte auch ein nürnbergischer Beamter zugegen sein und dabei im Namen der| Stadt den Pfarrer in seine Rechte vor der Gemeinde miteinweisen. Ferner sollten die Visitationen in der Gemeinde künftig von beiden Herrschaften zugleich vorgenommen werden.

 Damit war der Streit über die Pfarreinsetzung und die Kirchenvisitationen beendet. Gemäß dem Vergleich wurde künftig regelmäßig verfahren. Sogar Pfarrer Kehrer wurde nochmals in sein Amt eingesetzt, am 24. August 1654, diesmal von beiden Parteien gemeinschaftlich, die hernach im Wirtshaus zu Sachsen bei einem fröhlichen Mahle – auf Kosten des „Kirchenheiligen“ (Kirchenstiftung) – den Friedensschluß feierten. Nur das Almosenamt von Nürnberg schob sich hernach noch dazwischen, indem es von dem Rate der Stadt forderte, an seiner Statt bei den Installationen und Visitationen zugegen zu sein. Der Stadtrat gab nach und so erschien statt des Pflegers von Lichtenau fortan stets ein Herr des Almosenamts, zugleich mit einem Nürnberger Geistlichen, der bei der Visitation mitwirken sollte.


c) Der Streit um die Abhör der Gotteshausrechnungen

 Der Streit fing schon 1494 an. Damals waren bei der Rechnungsabhör im Pfarrhof zu Sachsen außer dem Pfarrer und den Gotteshauspflegern zugegen: der Dechant vom Chorherrnstift zu Ansbach, der Amtskastner von dort, der Pfleger von Lichtenau und ein Vertreter des Reichen Almosens von Nürnberg, also alle irgendwie in Frage kommenden Personen. Aber die Vertreter von Nürnberg erklärten, daß sie allein zur Rechnungsabhör zuständig seien und daß sie nur noch den Herrn vom Stift dabei dulden wollten. Dagegen erklärte der Stiftsdekan, daß er wegen des dem Stift zustehenden Patronates berechtigt sei zur Teilnahme; der Amtskastner aber sagte, daß er als Vertreter der markgräflichen Untertanen innerhalb der Pfarrei zu erscheinen befugt sei. Dazu lag auch Grund vor, weil die Nürnberger darauf ausgingen, die Pflegschaft des Gotteshauses nicht mehr wie bisher in die Hände von zwei nürnbergischen und zwei markgräflichen Untertanen legen zu lassen, sondern drei Nürnbergische und nur einen Markgräflichen wählen zu lassen, wie sie es tatsächlich im Jahr darauf versuchten, allerdings ohne Erfolg.

 Der Streit wiederholte sich in den nächsten Jahren. Von 1498 bis 1502 konnte überhaupt keine Rechnungsabhör vor sich gehen, weil man sich nicht zu einigen vermochte. Später (1520 und in den folgenden Jahren) sehen wir nur das Gumbertusstift und das Reiche Almosen vertreten, und es fehlten die beiden staatlichen Vertreter, der Pfleger von Lichtenau und der markgräfliche Amtskastner von Ansbach; darum ging es bei der Rechnungsablage friedlich zu. Aber in der Folge gab es doch wieder Auseinandersetzungen, besonders als der| Stiftsverwalter von Ansbach erklärte, daß er als Vertreter der Patronatsherrschaft das alleinige Recht zur Abhör der Rechnung besitze. Es kam dahin, daß der Stiftsverwalter im Jahre 1584 die zwei markgräflichen Gotteshauspfleger nach Ansbach zur Rechnungsabhör forderte, während der Pfleger von Lichtenau die beiden nürnbergischen Pfleger nach Lichtenau zu gleichem Zwecke beorderte. Zuvor hatte der Stiftsverwalter die „Register“ (Rechnungen und Akten) des Gotteshauses gewaltsam nach Ansbach wegführen lassen. So ging es in den folgenden Jahren weiter, nur daß der Stiftsverwalter von 1595 ab wieder nach Sachsen in das Pfarrhaus zur Abhör kam. Es wurde späterhin sogar die Kassenführung geteilt, indem Nürnberg (Lichtenau) die in seinem Gebiet eingegangenen Gelder zurückbehielt und nur mit seiner Zustimmung darüber verfügen lassen wollte, so daß in die Hauptkasse nur noch die aus dem Ansbacher Gebiet fließenden Einnahmen gelangten.

 Es gehört dieser bis zuletzt fortgehende Streit zu den unerquicklichsten Erscheinungen in der Sachsener Kirchengeschichte, ein Streit, der sich nicht um Geld und Gut, um Nutzen oder Schaden drehte, sondern nur um ein äußerliches, ziemlich wenig belangreiches Recht, über das man sich mit einigem guten Willen leicht hätte einigen können. Es mußte auch da erst eine neue Zeit kommen, um solche üble Zustände zu beseitigen.


d) Der Streit um die Verlesung der Mandate

 Es war in alter Zeit üblich, daß obrigkeitliche „Mandate“ (Verordnungen, Gesetze) nach dem Gottesdienst von der Kanzel verlesen wurden, da es noch keine Zeitungen oder Amtsblätter gab. Dem Pfarrer von Sachsen war nun von der für ihn zuständigen markgräflichen Regierung aufgetragen worden, zwar die Ansbacher Mandate von der Kanzel zu verlesen, nicht aber die Nürnberger. Denn Kirche und Kirchhof seien markgräflich, weshalb die Nürnberger nichts darin zu sagen hätten. Nürnberg hinwiederum behauptete, daß Kirche und Kirchhof im Nürnberger Land liege, weshalb der Pfarrer von Sachsen verpflichtet sei, auch die nürnbergischen Mandate zu verkündigen, ein nicht unberechtigter Standpunkt im Hinblick darauf, daß die Hälfte der Pfarrangehörigen doch Nürnberger Untertanen waren. Allein der Pfarrer glaubte dem Auftrag der Ansbacher Behörde Gehorsam leisten zu sollen, weshalb er von dem Lichtenauer Pfleger Schnödt ohne weiteres gefänglich eingezogen wurde (1543). Es ist nicht bekannt, wie sich damals der Streit löste; jedenfalls mußte der Pfarrer bald wieder freigegeben werden. Im Jahre 1561 schickten die Ansbacher sogar einen „Überreiter“ (berittenen Amtsknecht) nach| Sachsen hinaus, der mitten in die Kirche hineinritt, um dort ein Mandat zu verlesen, nachdem die Nürnberger dem Pfarrer von Sachsen aufs strengste verboten hatten, überhaupt noch etwas aus Ansbach auf der Kanzel vorzubringen, wiederum ein unberechtigtes Verlangen. Umgekehrt drang 1578 am Pfingstmontag der Gerichtsschreiber von Lichtenau mit dem „Büttel“ (Amtsknecht) noch während des Gottesdienstes in die Sachsener Kirche ein und verlas dort ein Nürnberger Mandat; die Bitte des Pfarrers, doch erst den Schluß des Gottesdienstes abzuwarten, beachtete er nicht, erging sich vielmehr hernach auf dem Kirchhof noch in heftigen Schmähungen auf den Pfarrer, wofür er dann allerdings von Nürnberg aus zur Verantwortung gezogen wurde. Ähnlich geschah es in den nächsten Jahren, worauf die markgräflichen Räte zu Ansbach den Befehl gaben: Wenn der Lichtenauer Büttel wieder in die Kirche käme, solle man ihn „mit trockenen Streichen abbleuen“ und nach Ansbach ins Gefängnis „bei Wasser und Brot“ bringen (1583).

 Nürnberg ließ späterhin seine Mandate an die Kirchentüre oder an das Kirchhoftor anschlagen, aber Ansbach sorgte dafür, daß sie immer wieder abgerissen wurden, schickte auch öfters „Einspännige“ (Einzel-Amtsknechte) nach Sachsen hinaus. Als 1701 der Mesner von Sachsen von Lichtenau aus beauftragt wurde, die Nürnberger Mandate nach dem Gottesdienste auf dem Kirchhof zu verlesen, wurde ihm dies von Ansbach aus streng untersagt. Einmal kam es fast zu einer Schlägerei, als der Amtskastner von Ansbach persönlich mit einem Überreiter und dem Wildmeister von Hirschbronn in Sachsen erschien, um ein Nürnberger Mandat von der Kirchentüre abzureißen. Nach vorheriger Anweisung der Lichtenauer Pflegschaft liefen sogleich etliche 20 nürnbergische Untertanen zusammen, rissen den Amtsknecht zu Boden, holten Prügel und Flinten und drohten mit Erschießen und Totschlagen, so daß den Ansbachern nichts anderes übrigblieb, als sich zurückzuziehen. Bald darauf erschienen Ansbacher Husaren und schlugen ein Ansbacher Mandat am Kirchhoftor an, worauf sofort die Lichtenauer sich einstellten und das Mandat wieder abrissen. So geschehen im Jahre 1740.

 Man sieht, wie kleinlich und zum Teil lächerlich der Streit um die sogenannten „Gerechtsame“ auf beiden Seiten war, ein Streit, der sich so leicht hätte vermeiden und in Güte schlichten lassen.


e) Andere Streitigkeiten

 Einen Streitpunkt bildete immer wieder die Aufnahme der Verlassenschaft beim Tode eines Pfarrers. Das Stiftsamt zu Ansbach nahm dieses Recht in Anspruch, weil der Pfarrer| von Sachsen von alters her zum Stift gehörte und der geistlichen Gerichtsbarkeit in Ansbach unterstand. Dagegen behauptete das Almosenamt zu Nürnberg, daß ihm als Grundherrn über den Pfarrhof dieses Recht zustehe. So oft nun ein Pfarrer starb, beeilten sich beide Teile, ihr Recht zu wahren. Nur lag Ansbach näher bei Sachsen als Nürnberg, so daß das Stiftsamt regelmäßig zuvorkam und den Nachlaß versiegeln, auch die Akten des Pfarramts rasch nach Ansbach bringen konnte. Das Almosenamt mußte sich stets mit einem nachträglichen Protest begnügen, wie 1716 und 1740.

 Die Nürnberger hatten, wie schon erwähnt wurde, in ihrem Gebiete die Ordnung eingeführt, daß gefallene Brautleute mit einem Strohkranz zur Trauung gehen mußten. Da im Markgrafentum diese Ordnung nicht bestand und da Ansbach die Kirche von Sachsen als sein Eigentum erklärte, so verbot es, daß Brautleute mit Strohkränzen zur Kirche kämen. Aber Lichtenau suchte mit Gewalt die Nürnberger Ordnung in Sachsen durchzusetzen. Als im Jahre 1590 wieder solch ein Fall vorlag, bot Lichtenau nicht weniger als 100 Hackenschützen und 50 Reiter auf, um das Tragen des Strohkranzes in der Kirche von Sachsen zu erzwingen. Alle markgräflichen Proteste ließ Nürnberg unbeachtet. Erst im Jahre 1661 einigte man sich auf die von Ansbach schon 50 Jahre vorher vorgeschlagene Ordnung, daß der Strohkranz bis zur Kirchentüre getragen, dort abgelegt und erst nach der Trauung beim Verlassen des Gotteshauses wieder aufgenommen werde. Das galt natürlich nur für die nürnbergischen Untertanen; die markgräflichen brauchten überhaupt keinen Strohkranz zu tragen.

 Es war alte Sitte, daß der Hochzeitszug von Spielleuten begleitet wurde, wenn er zur Trauung in die Kirche zog. Die Spielleute machten dann vor dem Kirchhoftor halt und warteten, bis der Zug wieder herauskam. In Lichtenau führte nun aber um das Jahr 1705 in Abwesenheit des Pflegers ein sehr gewalttätiger „Richter“ die Amtsgeschäfte, und dieser wies die Spielleute an, bei Hochzeiten von Nürnberger Untertanen auch noch in den Kirchhof hineinzuspielen. Er wollte damit recht auffällig bekunden, daß der Kirchhof nürnbergisch sei. Alle Vorstellungen des Pfarrers über das Unwürdige solcher Musik auf einem Kirchhof halfen nichts; die Spielleute waren zwar bereit, darauf zu verzichten, aber sie wurden von dem persönlich in Sachsen erschienenen Richter gezwungen, auch durch den Kirchhof hindurchzuspielen. Die Ansbacher Regierung protestierte in Nürnberg vergebens; noch 1723 bestand der Unfug fort. Wann er endlich abgestellt wurde, ist nicht bekannt.

 Zu den „Gerechtsamen“ rechnete Nürnberg auch die Hochzeitsmahle, die von allen mit Nürnberg irgendwie in Beziehung stehenden Brautleuten unbedingt in „nürnbergischen“ Wirtshäusern gehalten| werden mußten. Als 1672 ein Matthes Hemmeter aus Österreich, der sich bei seinem Bruder in Wallersdorf aufhielt, sich dort verheiraten wollte, befahl ihm der Pfleger von Lichtenau bei Strafe, das Hochzeitsmahl in dem nürnbergischen Wirtshaus zu Rutzendorf abzuhalten, weil der Hof seines Bruders den Herren von Haller zu Nürnberg gehöre. Mit Recht erhob dagegen Ansbach entschiedenen Einspruch. Ähnlich erging es dem Schullehrer Johann Philipp Leitner, als er 1768 Hochzeit halten wollte. Zunächst verlangte der Wirt von Alberndorf, daß Leitner bei ihm das Festmahl halte, da er markgräflicher Wirt und Leitner markgräflicher Schuldiener sei. Aber dem widersprach der Wirt von Sachsen mit der umgekehrten Behauptung, Leitner sei nürnbergischer Schuldiener und er nürnbergischer Wirt. In diesen Streit der Wirte wurden nun auch die beiderseitigen Obrigkeiten hineingezogen. Nürnberg erwies sich unnachgiebig; Ansbach aber wollte aus einer solchen Kleinigkeit keine Staatsaktion machen und gab nach.

 Weitere Streitpunkte zwischen Ansbach und Nürnberg ergaben sich bei den Fragen der Bauführung und Bauaufsicht, wenn es sich um Kirche und Pfarrhaus in Sachsen handelte, dann bei den Beerdigungen der Lichtenauer auf dem Kirchhof zu Sachsen, auch noch bezüglich der Schule in Sachsen. Hierüber wird bei den betreffenden Abschnitten näher berichtet werden.

 Im allgemeinen kann gesagt werden, daß es den Ansbachern bei der Wahrung ihrer Kirchenhoheit nicht bloß um ein äußeres Recht zu tun war, sondern daß sie sich stets verpflichtet fühlten, auch für die Kirche in Sachsen einzutreten und für sie etwas zu tun, wie sich vor allem bei der Behandlung von Bausachen immer wieder ergab. Nürnberg hat dagegen für Sachsen nie etwas geleistet, weder für die Kirche noch für die Pfarrei noch auch für die Schule, sondern hat immer nur Rechte beansprucht und gelegentlich sogar Vorteile für sich aus dem Kirchenwesen von Sachsen zu ziehen gesucht, wie später gezeigt werden wird. Man sah in Nürnberg die Kirchenhoheit nur als ein Recht und nicht zugleich als eine zu Leistungen verpflichtende Aufgabe an, während man in Ansbach gewiß auch scharf, oft allzu scharf, auf seinen „Gerechtsamen“ bestand, aber das Kirchenwesen in Sachsen wirklich fördern und erhalten wollte. Die Leidtragenden bei allen Streitigkeiten aber waren stets die Gemeinden und am meisten die Pfarrer.


3. Pfarrei und Pfarramt Sachsen (Siehe S. 46 u. 49)

 Mit der Einführung der Reformation lösten sich die einstigen Filialgemeinden Immeldorf, Brodswinden und Lichtenau völlig von der Muttergemeinde Sachsen und wurden selbständig. Der äußere| Umfang der Pfarrei blieb dann über 200 Jahre lang unverändert bestehen. Nur der Ort Bammersdorf lag besonders weit von Sachsen entfernt, so daß sich Schwierigkeiten für seine geistliche Versorgung ergaben. Schon 1561 wird berichtet, daß sich die Bammersdorfer meist nach Merkendorf zu den Gottesdiensten hielten, aber in Krankheitsfällen doch den Pfarrer von Sachsen zu sich kommen ließen. 1726 erhielten sie die ausdrückliche Erlaubnis, zu den Gottesdiensten und zur Feier des hl. Abendmahls nach Merkendorf zu gehen; nur die Taufen, Trauungen und Beerdigungen hätten sie nach wie vor in Sachsen vornehmen zu lassen. Am 28. März 1740 wurden sie endlich ganz von Sachsen abgetrennt und nach Merkendorf gepfarrt. Zur Ablösung ihrer Gebühren hatten sie 75 fl. zu erlegen; von den Zinsen sollten dem Pfarrer jährlich 3 fl., dem Mesner 11/2 fl. zukommen. Weitere Wünsche zu Auspfarrungen wurden in jener Zeit nicht laut. Im Gegenteil hören wir 1618, daß Auswärtige sich gern nach Sachsen hielten, nämlich die Bewohner von Kaltengreuth und Katterbach. Sie beteiligten sich sogar bei einer Turmreparatur in Sachsen mit Fuhrwerksdiensten.

 Im Jahre 1808 zählte die Pfarrei 317 Familien mit Einschluß der Altsitzer und 1661 Seelen. Es war also eine zwar stattliche, aber nicht übergroße Pfarrei. Doch eben in diesem Jahre setzten die Bestrebungen zu einer starken Verkleinerung des Pfarrumfangs ein. Es war damals Pfarrer Brandt in Sachsen gestorben und zugleich war auch die Schulstelle erledigt. Das war eine günstige Gelegenheit für die Nachbarpfarrer, nun den Versuch zu machen, einzelne Ortschaften aus der Pfarrei Sachsen zu sich herüberzuziehen. Das Pfarramt Lichtenau hatte schon 1807 den Antrag an die Behörde gestellt, Langenlohe, Herpersdorf, Boxbrunn, Weickershof und Strüthof nach Lichtenau umzupfarren. Aber die Bewohner von Herpersdorf und Langenlohe lehnten die Umpfarrung einmütig ab und gingen geschlossen nach Ansbach zum Kreisdirektorium, um das bisherige Parochialverhältnis aufrechtzuerhalten. Dagegen wurde Boxbrunn, Weickershof und Strüthof unterm 10. April 1809 von Sachsen losgelöst und der Pfarrei Lichtenau zugeteilt.

 Das Pfarramt Eyb hatte den Antrag gestellt, Untereichenbach und die Schockenmühle einzupfarren, und die beiden Orte reichten den gleichen Antrag ein. Durch königliches Dekret vom 30. November 1808 wurde dem stattgegeben. Nachher wünschten allerdings die Untereichenbacher, daß sie ihre Kirchenstühle in Sachsen noch weiter beibehalten dürften, weil sie doch noch manchmal dahin zum Gottesdienst gehen möchten „wegen der darin von Jugend auf gehabten Andachtsübungen“ und „wegen der Grabstätten der Eltern“;| da sie aber selbst die Auspfarrung gewünscht hatten, wurde ihr Ansinnen abgelehnt. Bezüglich der Grabstätten sei bemerkt, daß diese für die Untereichenbacher nördlich von der Kirche lagen zwischen der Kirche und der an den Schulgarten angrenzenden Kirchhofmauer. Gleichzeitig mit Untereichenbach wurde auch Kaltengreuth, das bisher zur Pfarrei Ansbach gehört hatte, nach Eyb gepfarrt.

 Der Pfarrer von Vestenberg hatte sich an die Regierung zu Ansbach mit der Bitte gewandt, Külbingen für seine Pfarrei zugewiesen zu erhalten. Obwohl die Külbinger einmütig dagegen Vorstellungen erhoben, wurde doch die Umpfarrung am 10. April 1809 vollzogen. Ähnlich wie die Untereichenbacher wünschten nun auch die Külbinger, daß sie ihre alten Plätze in der Kirche zu Sachsen beibehalten dürften. Mit Rücksicht darauf, daß die Umpfarrung gegen ihren Willen geschehen war, wurde ihrer Bitte stattgegeben.

 Nach dem Ableben des Pfarrers Laubinger im Jahre 1823 regte das Landgericht Heilsbronn neue Umpfarrungen an und ließ dazu die betreffenden Orte durch das Dekanat Windsbach befragen. Aus den dabei aufgenommenen Niederschriften entnehmen wir folgendes:

 Zandt und Unterrottmannsdorf erklärten auf das bestimmteste, daß sie „in keinem Fall abgepfarrt werden“ wollten, weil die Kirche in Lichtenau zu klein sei, weil ihre Vorfahren in Sachsen ruhten, usw.

 Oberrammersdorf wollte ebensowenig etwas von einer Umpfarrung wissen, weil die Kirche in Brodswinden, wohin sie gehen sollten, sehr klein sei, weil sie zur Schule in Zandt gehörten, weil nach Sachsen ein „weit geräumigerer Weg“ sei usw.

 Ratzenwinden führte ähnliche Gründe an und sagte zum Schluß: „Kurz, wir leben und sterben darauf und können in keinem Fall von Sachsen getrennt werden.“

 Herpersdorf, das nach Immeldorf kommen sollte, betonte besonders die „schöne Kirche“ in Sachsen, von der sie sich nicht trennen ließen, und erklärte: „Daher wir fest entschlossen sind, bei unserer Kirche, wohin unsere Vorfahren vor Jahrhunderten einverleibt waren, wir auch samt unsern Nachkommen einverleibt bleiben“.

 Langenlohe endlich unterschrieb die Erklärung: Wir wollen nicht nach Petersaurach gepfarrt werden, weil wir seit undenklichen Zeiten nach Sachsen gehören, weil in Petersaurach die Kirche „klein und ungeräumig“ ist, weil die Kinder „ebenso leicht zur Schule nach Sachsen gehen“, „kurz, wir bleiben bei der Pfarrkirche und Schule zu Sachsen und wollen auch ruhen, wo unsere braven Vorfahren ruhen“.

 Selbstverständlich unterblieb nach diesen sehr deutlichen Erklärungen jede Umpfarrung.

|  Späterhin hatte Ratzenwinden noch zweimal Anlaß, seine Erklärung von 1823 zu wiederholen, nämlich i. J. 1834, als das Pfarramt Brodswinden den Antrag auf Umpfarrung gestellt hatte, und 1847, als das Dekanat eine solche Umpfarrung anregte. Dagegen wurde Langenlohe bald anderen Sinnes und wollte 1852 nach Lichtenau gepfarrt werden, was aber damals abgelehnt wurde. Erst in neuerer Zeit betrieb Herpersdorf seinen Anschluß an Lichtenau, in den Jahren 1908 und 1914, beide Male zunächst ohne Erfolg. Dann aber vereinigten sich Herpersdorf und Langenlohe 1926 zu gemeinsamem Vorgehen und betrieben vorerst nur die Umschulung nach Lichtenau bzw. für Langenlohe nach Petersaurach, was nach längeren Verhandlungen von der Kreisregierung am 1. Februar 1928 genehmigt wurde. Wie vorauszusehen war, ergaben sich nun für den Konfirmandenunterricht und für die Christenlehre die größten Schwierigkeiten. Die beiden Orte stellten daraufhin den neuen Antrag auf Umpfarrung, erst Langenlohe und nach ein paar Jahren auch Herpersdorf. Unterm 9. September 1929 wurde dann Langenlohe aus der Pfarrei Sachsen ausgeschieden und nach Petersaurach gewiesen, am 1. Juni 1936 auch Herpersdorf, das nach Lichtenau kam.

 Schon früher, i. J. 1856, waren die ganz nahe bei Lichtenau gelegenen Häuser der Gemeinde Volkersdorf Hs.–Nr. 28 und 29 der dortigen Pfarrei einverleibt worden; 1889 folgte auch Nr. 30 nach.

 Einen kleinen Zuwachs erfuhr der Pfarrbezirk Sachsen durch die Neubildung des Weilers Steinhof bei Ratzenwinden. Von einer Familie Steinbauer wurde dort in der Nähe des Strüthofs 1845 ein neues Anwesen angelegt, das in Anlehnung an den Namen des Besitzers der „Stein“-Hof genannt wurde. Ein zweites Anwesen kam 1850 dazu, später folgten noch zwei weitere.

 Zur Pfarrei gehört ein eigenes Amt, das von dem jeweiligen Pfarrer zu führen ist, das Pfarramt. Es hat alle äußeren Geschäfte, die in einem Pfarrbezirk anfallen, zu erledigen, die nötigen Schriftstücke zu fertigen und vor allem die Kirchenbücher zu führen. Wichtigere Schreiben, Urkunden und Akten werden in der Pfarr-Registratur, und wenn sie für die Gegenwart nicht mehr weiter benötigt werden, im Pfarr-Archiv aufbewahrt.

 In die Kirchenbücher werden alle anfallenden Taufen, Trauungen und Beerdigungen eingetragen und diese Amtshandlungen damit kirchlich beurkundet. Daneben werden noch Kommunikantenregister und Konfirmandenverzeichnisse geführt. Die Einrichtung von Taufbüchern und Trauungsbüchern war schon gleich nach| der Einführung der Reformation durch die Brandenburgische Kirchenordnung von 1533 angeordnet worden; die Führung von Beerdigungsbüchern wurde etwas später verfügt. In Sachsen sind leider die ältesten Kirchenbücher verlorengegangen; wann und wie ist nicht bekannt. Pfarrer Saur, der von 1717–1740 in Sachsen lebte, wußte noch von Taufen aus den Jahren 1552–1561 zu berichten, offenbar aus einem damals noch vorhandenen alten Taufbuch. Ebenso erwähnte Pfarrer Kittler 1776 noch ein altes Leichenregister, das 1576 angelegt worden sei und das sich damals noch in seinen Händen befand, während die übrigen alten Kirchenbücher anscheinend nicht mehr vorhanden waren. Gegenwärtig sind beim Pfarramt nur noch die Kirchenbücher von 1680 ab. Das erwähnte Leichenregister mag 1866 bei einem Kaminbrand im Pfarrhause zugrunde gegangen sein. Dieser Hausbrand hat auch an den noch vorhandenen alten Büchern schwere Beschädigungen verursacht.

 Sehr wertvoll ist ein von Pfarrer Kaeppel 1838 angelegtes Seelenregister nach Dörfern und Hausnummern. Ein gleiches Register wurde von Pfarrer Düll 1872 angefangen, aber nur zum Teil ausgeführt. Besondere Mühe hat sich Pfarrer Buchrucker mit der Anlage von Familienbögen gemacht, in die alle Glieder einer Familie, soweit sie aus den Kirchenbüchern festzustellen waren, nach Geburt, Trauung und Tod eingetragen wurden, eine sehr wichtige Hilfe für die Beibringung des Nachweises arischer Abstammung. Gegenwärtig wird die ebenso mühevolle Anlage einer Kartothek über alle in den Kirchenbüchern vorkommenden Fälle von Taufen (Geburten), Trauungen und Todesfällen vom Pfarramt Sachsen durchgeführt.


4. Die Pfarrer seit der Reformation

 Die Reihenfolge der Pfarrer in Sachsen seit den Tagen der Reformation ist bis zur Gegenwart genau festzustellen. Nachfolgend werden ihre Namen mit kurzen Bemerkungen über ihre Persönlichkeit und Amtsführung aufgeführt.

 1528-1561. Hofmann Jakob. Er kam von Burgbernheim her und bezog die Stelle als Vikar für den eigentlichen Pfarrer, den Chorherrn Paulus Keller in Ansbach. Wie er in Sachsen die Reformation einführte, ist bereits dargestellt worden. Ein Vikar oder Verweser mußte er sein Leben lang bleiben. Als solcher bezog er ein recht bescheidenes Einkommen, soweit nicht die Gemeinde sich seiner annahm. Als er nach 31 Jahren gesegneten Wirkens den Wunsch aussprach,| die Jahrtaggelder, die vor der Reformation die Pfarrer aus der Kirchenkasse bezogen, zugewiesen zu erhalten, wurde das von Nürnberg aus verboten. Er war es auch, der von dem nürnbergischen Pfleger Schnödt in Lichtenau ins Gefängnis abgeführt wurde, weil er auf Befehl der markgräflichen Regierung keine Nürnberger Mandate von der Kanzel ablesen wollte. So konnte auch er nicht unangefochten seines Weges dahingehen, obwohl er sichtlich ein stiller und treuer Arbeiter im Dienste seines Herrn war. Am 18. März 1561 schied er von dannen.

 1561–1576. Kißling Johann. War 1530 zu Windsheim geboren und wurde noch durch das Chorherrnstift auf die Pfarrei ernannt, auch von „Dechant und Kapitel“ des Stiftes verpflichtet, aber schon vom Dekanat Lehrberg in sein Amt eingewiesen. Anscheinend war er zuerst auch noch Vikar (Verweser), da das Stift erst 1563 einging. Jedenfalls bezog er von da ab das volle Pfarreinkommen von Sachsen. Weiteres ist von ihm nicht bekannt. 1576 kam er auf die Pfarrei Schalkhausen, wo er am 25. August 1611 starb.

 1576–1611. Löscher Eberhard. War vorher in Flachslanden als Pfarrer tätig und wurde am 18. Mai 1576 in Sachsen eingesetzt. Er unterschrieb mit den anderen markgräflichen Pfarrern die große, damals herausgegebene lutherische Bekenntnisschrift, die Konkordienformel. Von 1605 ab hatte er als Vikar seinen Sohn Michael bei sich, der zuvor Pfarrer in Neuendettelsau gewesen war und nun mit Frau und Kindern zu seinem Vater zog. Der Vater starb 1611.

 1611–1633. Löscher Michael, der Sohn des Vorgenannten. Er wurde am 2. Sonntag nach Trinitatis in sein Amt eingesetzt. Wie schon sein Vater, so hatte auch er unter den Streitigkeiten zwischen Nürnberg und Ansbach zu leiden (Verpflichtung vor dem Almosenamt in Nürnberg, Verlesung der Mandate u. a.). Während seiner Amtszeit brach der Dreißigjährige Krieg aus, der ihm einen frühzeitigen Tod brachte. Er starb am 29. Mai 1633 zu Ansbach an den Folgen seiner Mißhandlung durch die kaiserlichen Soldaten.

 1633–1650. Vogtherr Andreas, Pfarrer zu Eyb. Da das Pfarrhaus in Sachsen abgebrannt, auch die Gemeinde Sachsen teils ausgestorben oder geflüchtet, teils so verarmt war, daß sie keinen Geistlichen mehr ernähren konnte, mußte die Stelle im Nebenamte von Eyb aus versehen werden. Nach Vogtherrs Tode i. J. 1650 wünschten die Pfarrangehörigen von Sachsen wieder einen eigenen Pfarrer, weil sich die Verhältnisse gebessert hätten. Aber es lagen noch zu viele| Häuser öd und der Anbau der Felder war noch allzusehr im Rückstand; vor allem war für den Wiederaufbau des Pfarrhauses noch keinerlei Vorsorge getroffen. Der neue Pfarrer von Eyb mußte darum noch weiter einspringen.

 1651–1658. Kehrer Johann Georg, Pfarrer in Eyb. Er war vorher Konrektor am Gymnasium zu Ansbach gewesen, und wurde nicht nur zu Eyb, sondern am 3. Februar 1651 auch zu Sachsen in sein Amt eingesetzt. Es ist schon bei den Streitigkeiten über die Einsetzung der Pfarrer dargelegt worden, was Nürnberg gegen Pfarrer Kehrer tat und wie der Streit durch den Vergleich von 1653 geschlichtet wurde, wie dann Kehrer nochmals in Sachsen, diesmal im Beisein der Nürnberger Beamten, installiert wurde. Da er seinen Wohnsitz in Eyb hatte, war es ihm nicht möglich, die ausgedehnte Pfarrei Sachsen ausreichend zu versehen. Er scheint sich auch nicht allzu viel Mühe gegeben zu haben, denn die Gemeinde Sachsen beschwerte sich über ihn, daß er nur „etwa alle 14 Tage“ nach Sachsen käme. Zugleich bat sie erneut dringend um einen eigenen Seelsorger, der sich jetzt schon ernähren könne, da die Ortschaften „ziemlich wohl besetzt“ seien mit 6–700 Seelen. Auch der Rat der Stadt Nürnberg schrieb in diesem Sinne an die markgräfliche Regierung. Diese beschloß denn auch, den Pfarrhof möglichst bald wieder aufzubauen, und beauftragte das Konsistorium, einen tauglichen Pfarrer auszusuchen.

 1658–1664. Teichler Andreas. War zuvor Pfarrer in Dürrenmungenau und wird als gut gebildet und predigtkundig geschildert. Am 30. November 1658 wurde er im Beisein weltlicher Vertreter aus Ansbach und Nürnberg als Pfarrer von Sachsen eingesetzt. Der Neubau des Pfarrhauses konnte allerdings erst 1659 vorgenommen werden. Es ist das Haus, wie es heute noch steht. Pfarrer Teichler (Teuchler) wird in einer Schrift als „Schlesier“ bezeichnet; diese Herkunft ist sehr wohl möglich, da zwischen dem Markgrafentum und einem Teil des schlesischen Landes, dem Fürstentum Jägerndorf, ehedem enge Beziehungen bestanden. Er starb schon am 23. Dezember 1664, erst 27 Jahre alt.

 1665–1680. Spelter Georg Samuel. Kam von der Pfarrei Eckersmühlen bei Roth und wurde am 16. Juli 1665 in Sachsen eingesetzt. Als im Januar 1680 seine Frau mit Hinterlassung von zehn noch minderjährigen Kindern starb, nahm er sich eine Haushälterin, von der sich nachher herausstellte, daß sie eine aus dem Nürnberger Gebiet ausgewiesene üble Person, die Frau eines Falschmünzers war. Pfarrer Spelter ließ sich verleiten, in unerlaubte Beziehungen| zu ihr zu treten, weshalb er von Nürnberg auf dem Turm „Luginsland“ gefangengesetzt und weiter der Ansbacher Behörde zur Bestrafung übergeben wurde. Diese setzte ihn wegen Ehebruchs ab, obwohl die Gemeinde Sachsen sich für ihn verwandte. Eine Zeitlang hielt er sich in Brodswinden auf; dann wurde ihm auf seine flehentlichen Bitten hin eine Lehrstelle an der Lateinschule in Uffenheim übertragen. Später wurde er wieder zu Gnaden angenommen und starb 1694 als Pfarrer in Gollhofen.

 1680–1716. Dietrich Lorenz Ludwig, vorher Pfarrer in Döckingen und Dittenheim, ein gelehrter Mann, der den Titel „Magister“ (Meister der Gottesgelehrsamkeit) führte und später zum Senior des Dekanates Leutershausen gewählt wurde. Am 6. August 1680 fand seine Einsetzung von geistlichen und weltlichen Herren sowohl aus Ansbach wie aus Nürnberg statt. Zugleich wurde mit der Einsetzung eine Kirchenvisitation verbunden. Er hatte besonders unter den Beerdigungsstreitigkeiten zu leiden, die von den Nürnbergern heraufbeschworen wurden und von denen noch bei der Besprechung des Friedhofs ausführlicher gehandelt werden wird. Er starb am 19. November 1716 im 77. Lebensjahre. In seinen letzten Jahren hatte sich allerlei Unordnung in Kirche und Pfarrei eingeschlichen.

 1717–1740. Saur (Sauer) Johann Leonhard, Pfarrerssohn aus Holzhausen, der vorher die Pfarrstelle in Hohentrüdingen innehatte und von dort aus noch das Diakonat (2. Pfarrstelle) in Westheim versehen mußte. Er wurde am 27. Juni 1717 eingesetzt, woran sich wieder eine große Kirchenvisitation anschloß. Die Geschichte weiß wenig zu seinem Lobe zu melden; er sah mehr auf seinen Vorteil als auf das Wohl der Gemeinde. Am 22. Februar 1740 verschied er jäh an einem Schlaganfall, fast 69 Jahre alt.

 1741–1759. Wernher (Werner) Johann Christoph, zuvor Pfarrer in dem damals markgräflichen, jetzt württembergischen Blaufelden („Plofelden“). Er wurde am 30. November 1740 installiert. Da er in den letzten Jahren viel kränkelte, mußte er sich mit Vikaren behelfen, bis er am 21. Januar 1759 einem Schlaganfall erlag, 62 Jahre alt.

 1759–1766. Roth Johann Siegmund, ein Dekanssohn aus Leutershausen, der zuvor die Pfarrei Gastenfelden versehen hatte und am 21. Oktober 1759 in Sachsen eingesetzt wurde. Er wird als ein Geistlicher geschildert, der ausnehmend gute Studien hinter sich hatte und der alle für einen Pfarrer erforderlichen Eigenschaften besaß. Er starb an Gelbsucht den 23. Dezember 1766.

|  1767–1788. Kittler Johann Wilhelm Benedikt Andreas, stammte aus Leutershausen, war erst Pfarrer in Eckersmühlen, Gräfensteinberg und Wittelshofen, und wurde in Sachsen am 18. Oktober 1766 installiert. Er starb nach längerem Leiden am 1. März 1788 im Alter von 74 Jahren. Noch im gleichen Jahre nahm Lichtenau seinen eigenen Friedhof in Betrieb.

 1789–1807. Brandt Karl Heinrich August. Er erhielt die damals als sehr einträglich bekannte Pfarrei Sachsen schon mit 29 Jahren, nachdem er vorher nur Vikar in Uffenheim gewesen war; sechs bedeutend älteren Bewerbern, darunter einem Vater mit sieben Kindern, wurde er dabei vorgezogen. Es geschah dies trotz des Widerspruchs des Konsistoriums auf ausdrücklichen Befehl des Markgrafen, weil sein Vater, ein Hofkammerrat und Obereinnehmer zu Ansbach, sich „besonders bei dem mühsamen engländischen Subsidien-Rechnungsgeschäft“, also bei dem berüchtigten Soldatenverkauf nach Amerika, Verdienste erworben hatte. Eingesetzt wurde er in Sachsen am 15. März 1789, wobei wieder eine Kirchenvisitation gehalten wurde. Man kann nicht sagen, daß die Amtsführung Brandts von besonderem Segen gewesen sei. Schon seine mangelhaften Einträge in die Kirchenbücher lassen eine große Nachlässigkeit erkennen. Dann aber huldigte er ganz dem Zeitgeist des Nationalismus, d. h. des Vernunftglaubens. Zeuge davon ist der aus sein Betreiben vollzogene Umbau und Ausbau der Kirche zu Sachsen. Alles, was aus alter Zeit an schönem Zierat vorhanden war, die geschnitzten Altäre, Bildwerke, Grabmäler u. a., ließ er rücksichtslos beseitigen und zerstören, um ja ein recht kahles, nüchternes und schmuckloses Gotteshaus entsprechend seinem Glauben und dem Geist der Aufklärung zu erhalten. Nicht einmal den alten gotischen Chor hat er verschont, sondern ihn teils einreißen, teils vermauern lassen. All das waren schwerste Bausünden, die sich kaum jemals wieder werden gutmachen lassen. – Er starb in den besten Jahren am 4. Dezember 1807 an einem Schlaganfall. Sein Tod war das Signal für die große Auspfarrungsbewegung, von der wir im vorigen Abschnitt hörten.

 1809–1823. Laubinger Friedrich Wilhelm, Sohn des 2. Pfarrers von Creglingen und späteren Pfarrers in Buch am Wald, ist geboren am 25. Oktober 1763 in dem damals markgräflichen, jetzt württembergischen Ort Creglingen, wurde 1794 Waisenhausprediger in Ansbach, 1797 Pfarrer in Buch am Wald, am 3. Januar 1809 Pfarrer in Sachsen. Es wurden an ihm seine vorzüglichen theologischen Kenntnisse und seine Amtstreue gerühmt; doch gab es in Sachsen mancherlei über ihn zu klagen. Da ihm gleich am Anfang seine Einkünfte| stark beeinträchtigt wurden, hielt er sich am Pfarrwalde schadlos, den er sehr herunterwirtschaftete. Er besaß großen Ehrgeiz und war nicht immer leicht zu haben. Seine zunehmende Kränklichkeit mochte dabei an manchem Schuld tragen. Sein Tod wurde durch „Leberverhärtung“ herbeigeführt am 20. August 1823, im 60. Lebensjahr.

 1824–1834. Lederer Johann Christian, geboren am 4. Mai 1766 zu Münchsteinach (bei Neustadt a. d. Aisch), wurde nach Vollendung seiner Studien zuerst Hauslehrer in Triest, dann 1791 Pfarrer zu Bleyberg in Kärnten, desgleichen 1799 in Treßdorf und 1801 in Gnesau (beide ebenfalls in Kärnten), 1816 Pfarrer in Floß in der Oberpfalz. Am 18. Juli 1824 wurde er in Sachsen als Pfarrer eingesetzt. Er hatte zwar gute Noten für die pfarramtliche Geschäftsführung, aber leider auch recht viele Schulden, die er schon mit nach Sachsen brachte. Hier war er genötigt, ein volles Drittel seines laufenden Einkommens zur Befriedigung seiner Gläubiger abzutreten. Die Schulden gingen vor allem auf seine verwöhnte und üppige Lebensweise zurück. Es ist begreiflich, daß dies alles seinem Ansehen und Amtswirken sehr schadete. Er starb am 15. August 1834.

 1835–1838. Müller Ludwig Theodor. Er wurde zu Hof in Oberfranken am 21. Dezember 1781 geboren, wurde 1806 Pfarrer in Altenschönbach, 1809 in Ziegenbach, 1813 Diakon (2. Pfarrer) in Roth, dann 4. Pfarrer in Schwabach, vom 12. Juni 1835 ab Pfarrer in Sachsen. Ihm wurde das Zeugnis eines gehaltvollen Predigers, eines eifrigen Seelsorgers und überhaupt eines tüchtigen Pfarrers gegeben. Leider war seine Tätigkeit in Sachsen nur von kurzer Dauer; er ging schon am 3. April 1838 infolge einer Unterleibsentzündung rasch aus der Welt, erst 56 Jahre alt.

 1838–1851. Kaeppel Christoph Simon Andreas, geboren am 3. September 1777, erst 1806 Rektor an der Lateinschule zu Schwabach, dann 1813 Pfarrer in Sulzbürg, 1830 in Petersaurach. Am 14. Oktober 1838 wurde er in Sachsen in sein Amt eingesetzt. Er war schon etwas kränklich, als er in Sachsen aufzog, und mußte sich bald mit Vikaren behelfen. Er konnte darum nicht so auf die Gemeinde einwirken, wie er wollte und sollte. Um so größere Sorgfalt hat er auf die schriftliche Amtsführung verwendet (Anlage eines Seelenregisters u. a.). Am 9. März 1851 verschied er an Altersschwäche im 74. Lebensjahre.

 1852–1864. Günther Johann Melchior. Ist geboren am 22. November 1800 zu Erlangen, wurde 1822 Studienlehrer und| Pfarradjunkt zu Weißenburg, 1832 Pfarrer in Möhrendorf bei Erlangen; am 25. Januar 1852 ist er in Sachsen installiert worden. Schon bei seinem Aufzug in Sachsen nierenleidend, benötigte er stets Vikare. Am 26. November 1864 beschloß er sein Leben mit 64 Jahren.

 1865–1882. Düll Karl Ludwig Friedrich. Geboren zu Frankenberg bei Uffenheim am 17. Dezember 1799, wurde er zuerst Pfarrer in Mittelsinn 1827, dann in Unterickelsheim 1832, in Geckenheim 1835, in Burk 1858; in Sachsen wurde er am 8. Oktober 1865 installiert. Bei seinem Amtsantritt war er noch sehr rüstig, aber in seinem hohen Alter bedurfte er der Hilfe eines Vikars. Er kam zuletzt um seine Ruhestandsversetzung ein und zog im Herbst 1881 bereits zu seinem Sohne nach Illenschwang. Dort starb er am 5. März 1882, noch ehe er seinen Ruhestand antreten konnte, im Alter von 82 Jahren. – Hier sei die Bemerkung angefügt, daß es in alter Zeit eine Versetzung in den Ruhestand überhaupt nicht gab; jeder Pfarrer mußte bis an sein Lebensende in Amt und Dienst bleiben und konnte sich lediglich durch Vikare die erforderliche Hilfe verschaffen. Erst in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts war es möglich, eine kleine Anzahl von Ruhestands-Stellen zu schaffen, die aber bei weitem nicht ausreichten, um allen hochbetagten und dienstunfähigen Pfarrern die Niederlegung ihres Amtes zu ermöglichen, wie wir an dem Beispiele des Pfarrers Düll sehen. Die gegenwärtige Ruhestandsordnung konnte erst in den allerletzten Jahrzehnten eingeführt werden.

 1882–1884. Aufsberg Johann Stephan. Er stammte aus Ansbach, wo er am 24. August 1821 geboren wurde. Er war zunächst 1850 als Rektor der Schulen in Marktsteft tätig, dann als Pfarrer 1852 in Thann und Habel (zwei Orte in der Rhön, ehemals bayerisch, seit 1866 preußisch), 1857 in Kairlindach, 1873 in Langenzenn auf der 1. Pfarrstelle. Am 1. November 1882 bezog er die Pfarrei Sachsen. Er hat sich besonders um die Frage der staatlichen Baupflicht am Pfarrhause angenommen und dazu ein ausführliches, geschichtlich begründetes Gutachten ausgearbeitet. Doch starb er schon nach kurzer Zeit an Herzlähmung infolge Wassersucht am 13. November 1884, 63 Jahre alt.

 1885–1900. Baumann Johann Thomas, am 20. Juni 1825 zu Scheckenhof bei Neustadt am Kulm (Oberpfalz) geboren, 1854 Pfarrer in Lichtenstein, 1865 in Uttenreuth, 1875 in Elpersdorf, am 6. September 1885 in Sachsen eingesetzt. Er mußte in späteren Jahren während der Winterszeit sich stets mit Vikaren behelfen. Am 1. Aug.| 1899 ließ er sich beurlauben und zog nach Ansbach, am 1. März 1900 konnte er in den Ruhestand treten. Er starb zu Ansbach am 26. Oktober 1911.

 1900–1914. Schmidt Johann Georg. Ist zu München am 7. Mai 1851 geboren und hatte nacheinander die Pfarrstellen inne: 1877 Hellmitzheim, 1885 Unterasbach, 1890 Ammerndorf. In Sachsen wurde er am 14. Oktober 1900 in sein Amt eingewiesen. Bald nach Beginn des Weltkrieges trat er in den Ruhestand, am 1. Oktober 1914, und zog nach Ansbach. Hier starb er am 9. Oktober 1930.

 1915–1925. Buchrucker Christian. Geboren am 12. Oktober 1855 in Oberlaimbach, erhielt er 1883 die Pfarrei Beerbach, 1897 Wettelsheim, am 1. April 1915 Sachsen, wo er am 11. April installiert wurde. Er hatte die schwere Kriegs- und Inflationszeit mit der Gemeinde durchzumachen, sorgte hernach für die Errichtung eines würdigen Gefallenen-Denkmals und für die Beschaffung neuer Glocken, und legte aus den Kirchenbüchern eingehende Familienbögen an. Am 1. Dezember 1925 trat er mit 70 Jahren in den Ruhestand, den er bis zu seinem am 16. Juni 1937 erfolgten Tode in Ansbach verlebte.

 1926–1937. Rusam Johann Georg. Wurde am 17. April 1867 in Thalmannsfeld geboren, kam 1895 als Pfarrer nach Unterrodach in Oberfranken, 1904 als Dekan nach Rothausen in Unterfranken, 1912 als Dekan nach Schwabach, am 1. Juni 1926 als Pfarrer nach Sachsen. 1929 wurde er mit dem Titel eines Kirchenrates bedacht. Unter ihm wurde die Filialkirche zu Neukirchen wieder instand gesetzt und die Hauptkirche zu Sachsen einer gründlichen Erneuerung und Verschönerung unterzogen. Am 1. Juni 1937 trat er mit 70 Jahren in den Ruhestand und lebt nun in Ansbach.

 Seit 1. September 1937 hat Pfarrer Ludwig Kohler die Stelle inne. Er ist geboren am 30. Januar 1890 zu Ulsenheim bei Uffenheim und wurde 1923 Pfarrer zu Kerkhofen in der Oberpfalz (mit dem Pfarrsitz in Sulzbürg).


5. Der Pfarrhof (Fortsetzung zu S. 54.)

 Auch nach der Reformation blieb der Pfarrhof von Sachsen ein zinspflichtiges Lehen des Almosenamts in Nürnberg. Regelmäßig mußte der Pfarrer bei seinem Amtsantritt nach Nürnberg reisen, um dort in „Erbpflicht“ genommen zu werden. Durch Handgelübde an Eides Statt mußte er beteuern, den Pfarrhof samt zugehörigen| Grundstücken „in treulichem Wesen“ zu erhalten, nichts davon zu entziehen oder zu verändern, Gült und Zins zu rechter Zeit zu geben usw. Die Ansbacher Behörden bestritten wiederholt diese Pflichtleistung und verboten dem Pfarrer nach Nürnberg zu gehen; aber dann sperrte das Pflegamt Lichtenau die Einkünfte des Pfarrers aus dem nürnbergischen Bezirk um Lichtenau, so daß Ansbach schließlich um des Pfarrers willen nachgeben mußte. Durch den Rezeß von 1653 wurde auch diese Frage endgültig geregelt. Wie schon früher berichtet, hatte der Pfarrer jährlich 2 Simra Korn (6,6 hl) und 1 Simra Haber (7 hl) nebst einer geringen Geldleistung jährlich an das Almosenamt abzuliefern. Erst 1809 wurde diese Gült mit dem Zins in eine jährliche Geldabgabe umgewandelt und unter der damaligen Stiftungsadministration Herrieden ohne weiteres auf die Kirchenstiftung übernommen im Betrage von 37 fl.
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 Das alte Pfarrhaus, das um 1450 nach dem damaligen Brande im Krieg des Markgrafen Albrecht Achilles aufgebaut worden war (siehe S. 53), stand bis 1633, wo die kaiserlichen Soldaten es im Sommer niederbrannten. Es war ein „zweigädiger“ Bau, also ein Haus mit Erdgeschoß und Oberstock. Im übrigen glich die ganze Anlage einem größeren Bauernhof. Vorhanden waren im Hofe zwei Brunnen mit Fischkästen. Nach dem Brande von 1633 blieb das Haus 26 Jahre lang im Schutt liegen, bis nach dem Dreißigjährigen Kriege die zerstörte Gemeinde sich wieder einigermaßen gesammelt hatte und man wieder an die Anstellung eines eigenen Pfarrers denken konnte. Den Auftrag zum Bau gab die markgräfliche Kammer zu Ansbach, wobei der Fürst Bauholz und andere Baumaterialien bewilligte, auch aus Kollekten und anderen Sammlungen namhafte Beträge zur Verfügung stellte. Das Stiftsamt konnte nichts beisteuern, da seine Kassen leer waren; es übernahm aber die Bauleitung. Die Stadt Nürnberg leistete nichts, ebensowenig das Almosenamt Nürnberg, obwohl ihm doch der Pfarrhof als Lehen gehörte, wie es immer wieder nachdrücklichst betonte. Dagegen leistete die Gemeinde trotz ihrer damaligen Armseligkeit freiwillige Beiträge neben den pflichtmäßigen Fuhrwerken und Handlangerdiensten. Das Haus wurde im wesentlichen so hergestellt, wie es sich heute noch zeigt; nur daß anfangs auch noch die Stallungen (Pferde- und Viehstall) im Hause untergebracht waren. Erst später wurde gegen den Garten zu erst der Pferdestall angebaut i. J. 1717, dann 1789 auch der Viehstall. Beide waren notwendig, weil damals die Pfarrer noch den vollen Landwirtschaftsbetrieb zu versehen hatten. Bei der Schlußabrechnung zum Pfarrhausbau ergab sich an Barauslagen für Handwerkerlöhne und dergleichen nur die Summe von knapp 199 fl., ein Betrag, der nur verständlich wird, wenn man| die ungeheure Geldknappheit nach dem Dreißigjährigen Kriege und den damaligen außerordentlich hohen Wert des Geldes bedenkt. Auch war in jeder Weise bei dem Bau gespart worden, so daß noch 1680 in einem Visitationsbericht von dem „neuen, aber noch unausgebauten“ Pfarrhaus gesprochen werden konnte. Fortgesetzt waren darum Reparaturen notwendig, die nachholen mußten, was bei dem Bau versäumt worden war. Im Jahre 1729 wurde das Pfarrhaus bei einem Erdbeben so erschüttert, daß die beiden Dachgiebel erneuert werden mußten. Das Haus war nach dem Talgrund zu „merklich gesunken“, was man heute noch an den schiefen Wänden erkennen kann. Auch die Fußböden waren schief geworden, so daß sie neu gelegt werden mußten. Es entstand damals ein Gesamtkostenaufwand von 633 fl. Im Jahre 1866 brach nachts ein Kaminbrand aus, der unter den Pfarrbüchern übel hauste; mit Mühe konnten die schlafenden Pfarrleute geweckt und der Brand gelöscht werden.
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 Die Pfarrscheune, die unmittelbar oberhalb des jetzigen Gemüsegartens stand und deren Nordmauer im Fundament noch zu sehen ist, scheint nach dem Dreißigjährigen Kriege nur notdürftig instand gesetzt worden zu sein; denn schon 1719 wurde ein Neubau notwendig. Die Verhandlungen, die zuerst mit Nürnberg geführt wurden, zerschlugen sich, da Nürnberg zum Bau nichts leisten wollte. Es mußte wieder der Markgraf von Ansbach eintreten, der das nötige Bauholz zur Verfügung stellte und das Stiftsamt mit den nötigen Baumaßnahmen beauftragte. Aber nun kam das Almosenamt von Nürnberg und erklärte, daß das Bauen seine Sache sei, d. h. nicht das Bezahlen der Baukosten, sondern die Ausführung des Baues auf Kosten der anderen. Das Pflegamt Lichtenau schickte sogar seinen Amtsknecht nach Sachsen und verbot den Arbeitern, den schon begonnenen Bau weiterzuführen. Es mußte noch ein langer Schriftwechsel zwischen Ansbach und Nürnberg geführt werden, bis endlich Nürnberg einlenkte und sich mit dem Bau zufriedengab, allerdings unter der Bedingung, daß auch Leute aus Lichtenau und anderen nürnbergischen Orten dabei beschäftigt würden. Es war wieder das alte Bild: Nürnberg beanspruchte Rechte, ohne irgendwelche Pflichten anzuerkennen. So geschah es, daß vier Jahre darüber vergingen, bis endlich die Scheune i. J. 1723 fertiggestellt werden konnte. – Pfarrer Brandt war der erste, der die Pfarrgüter nicht mehr selbst bewirtschaftete, sondern verpachtete. Die Pfarrscheune wurde so mit der Zeit überflüssig, weshalb sie anfangs 1902 abgebrochen wurde. Der Erlös von 900 M wurde zur Kirchenstiftung genommen und daraus zum Einkommen des Pfarrers ein jährlicher Beitrag von 35 M festgesetzt, solange die Scheune von dem Pfarrer nicht in Anspruch genommen wird. Im Falle einer| Wiederaufnahme des landwirtschaftlichen Betriebes durch den Pfarrer müßte die Scheune wieder hergestellt werden.

 Gegenüber vom Pfarrhaus stand längs des Nachbaranwesens von der Straße angehend ehedem ein Hof- und Geschirrhäuslein zu gleichem Zweck wie in anderen Höfen. Es war mit der Zeit baufällig geworden und Pfarrer Roth wollte um 1760 es neu aufbauen, wobei er im Erdgeschoß einen Keller, Backofen und eine Holzlege einzurichten gedachte, im oberen Geschoß aber eine Stube mit Küche und Kammer, diese im Bedarfsfalle als Wohnung für einen Vikar. Das Pflegamt Lichtenau und das Stiftsamt Ansbach, an die er sich wandte, stimmten dem Bau zu, zumal Pfarrer Roth erklärt hatte, einen Teil der Kosten selbst tragen zu wollen. Als Baumaterial sollten unter anderem auch die Steine von dem verfallenen „Beinhäuslein“ auf dem Kirchhof verwendet werden (siehe S. 79). Pfarrer Roth glaubte alle Gerechtigkeit erfüllt zu haben; aber er hatte nicht mit dem Almosenamt in Nürnberg gerechnet. Dieses sandte eilends einen Beamten mit einem Amtsknecht heraus und erklärte, daß der Bau nicht ohne seine ausdrückliche Genehmigung vor sich gehen dürfe; der Pfarrer habe doch bei seiner Verpflichtung in Nürnberg seinerzeit gelobt, den Pfarrhof stets in gutem baulichen Stand erhalten zu wollen. Pfarrer Roth erwiderte, daß er ja dieser Pflicht gerade dadurch nachkomme, daß er das verfallene Hofhäuslein wieder aufbauen wolle. Allein der Beamte ließ sich nicht beruhigen und bestand auf seiner Forderung, obwohl früher das Almosenamt in Bausachen niemals etwas mitzureden hatte. Pfarrer Roth gab um des lieben Friedens willen nach und richtete zu allem Überfluß auch noch an das Landalmosenamt ein Gesuch um Genehmigung. Diese erfolgte dann glücklich im Oktober 1763, worauf endlich der Bau vor sich gehen konnte. Er stand nicht allzu lange, schon 1809 wurde er wieder abgebrochen.

 Ein Wort ist noch zum Pfarrgarten zu sagen. Schon 1680 heißt es in einem Visitationsbericht, daß der Garten ein „geraumer Platz“ sei, jedoch „von nicht gar vielen Bäumen“ bestanden. Die geringe Zahl der Obstbäume beruhte aber nicht etwa auf der Saumseligkeit früherer Pfarrer, sondern auf der ungeeigneten Bodenbeschaffenheit des unteren Teils im Garten. Das ergibt sich aus den vergeblichen Bemühungen späterer Pfarrer, mehr Obstbäume nachzuziehen. So klagte z. B. die Pfarrerswitwe Brandt i. J. 1808, daß ihr Mann zahlreiche Bäume gesetzt habe, daß diese aber infolge der Feuchtigkeit und der kalten Lage immer wieder eingegangen seien, so daß er genötigt war, stets neue nachzusetzen, im ganzen 191 Bäume. Pfarrer Buchrucker sowie der Verfasser dieses Berichtes mußten die gleiche Erfahrung bei ihren Bemühungen machen.

|  Zum Pfarrhofe gehörte von alters her ein Wasserrecht, das schon 1433 in einer Urkunde erwähnt wird. In einer eigenen Wasserleitung wurde das Wasser in den Hof hereingeführt, wo es dauernd in zwei Brunnen floß. Später wurde dann das Wasserrecht des Pfarrhofes in die von der Gemeinde Sachsen erbaute Wasserleitung aufgenommen.


6. Die Baupflicht an Pfarrhaus und Kirche

 Bei allen Bauvornahmen am Pfarrhaus und an der Kirche tauchte immer wieder die Frage der Baupflicht auf. In erster Linie lag diese Pflicht auf der Kirchenstiftung, dem sogenannten „Heiligen“. Aber das Kirchenvermögen war durch den Neubau der Kirche und des Turmes in den Jahren nach 1450 so erschöpft, daß es in der Folge außerstande war, größere Kosten noch auf sich zu nehmen. Es sollten in solchem Falle dann diejenigen eintreten, denen nach altem Recht in zweiter Linie oblag, für die Baukosten einzuspringen. Als solche kamen in Betracht: Das Almosenamt zu Nürnberg als Grundherrschaft über den Pfarrhof, das Chorherrnstift und später das Stiftsamt als Inhaber des Patronates, der Markgraf von Ansbach als Rechtsnachfolger des Stiftes und damit des Patronates, endlich alle, die Zehnten aus dem Pfarrbezirk Sachsen bezogen, also vor allem der Markgraf und die Stadt Nürnberg. Von den Genannten lehnte die Stadt Nürnberg sowie das Almosenamt rundweg jede Pflichtleistung ab und schoben diese dem Markgrafen beziehungsweise dem Stiftsamt zu. Anderseits forderten sie jedoch stets eine Baugenehmigung ihrerseits und die Bauaufsicht, ferner die Verwendung nürnbergischer Geschäftsleute aus Lichtenau und Umgegend, also Rechte ohne Pflichten. Im Jahre 1611 erklärte sich die Stadt bereit, zu den damaligen Reparaturkosten am Turm die Hälfte der Kosten zu tragen, wenn man ihnen das Recht der Pfarreinsetzung und Kirchenvisitation einräume, wenn also der Markgraf den Pfarrer von Sachsen nur „praesentiere“, d. h. vorschlage kraft seines Patronates, auf alles Weitere aber verzichte; natürlich ging der Markgraf darauf nicht ein. Was das Almosenamt betrifft, so hatte der Rechtsgelehrte Dr. Fetzer in Nürnberg in einem Gutachten vom Jahre 1659 dargelegt, daß dieses Amt nach strengem Recht schuldig sei, das Pfarrhaus „alleine zu bauen“; aber das Almosenamt hielt sich nicht an dieses Gutachten, sondern wies die Baupflicht dem Stiftsamt und damit dem Markgrafen zu. Tatsächlich hat denn auch das Stiftsamt im Auftrag des Markgrafen stets in Baunotfällen eingegriffen, die Pläne ausgearbeitet, die Bauleitung| geführt und für die Beibringung der nötigen Mittel gesorgt, soweit nicht die Kirchenstiftung selbst einzutreten in der Lage war. Freilich aus eigenen Mitteln konnte das Stift nur selten etwas leisten, da seine Einkünfte schon anderweitig stark in Anspruch genommen waren; aber der Markgraf stellte immer wieder das nötige Bauholz aus seinen Wäldern zur Verfügung, auch andere Baumaterialien und mitunter sogar bares Geld, dieses allerdings lieber aus anderen Kassen (Sammlungen, Hilfsgeldern u. ä.) als aus seiner Tasche. Wie ernst es ihm mit seiner Hilfe für die kirchlichen Gebäude war, zeigt die Konsistorialordnung von 1594, worin er ganz allgemein für alle markgräflichen Pfarreien die Baupflicht übernahm, sofern und soweit nicht die Kirchenstiftungen oder andere verpflichtete Kassen dafür aufzukommen in der Lage waren.

 Als nach dem Dreißigjährigen Kriege das niedergebrannte Pfarrhaus wieder aufgebaut werden sollte, gab die Stadt Nürnberg beschlußmäßig die Erklärung ab, daß die Baupflicht dem Markgrafen zustehe, der sie auch schon 1617 auf sich genommen habe, denn das Bauen hänge mit dem Patronatsrecht zusammen. Wie dann der Markgraf tatsächlich für den Wiederaufbau des Pfarrhauses sorgte, ist bereits im vorigen Abschnitt dargelegt worden. Später freilich, als es sich nur um Reparaturen handelte, die aus der Kirchenstiftung selbst bestritten werden konnten, besann sich Nürnberg wieder auf seine Gerechtsame, wollte allein und selbständig die Bauvornahmen leiten und frei über die Mittel der Kirche verfügen.

 Es stand demnach mit der Baupflicht an Kirche und Pfarrhaus in Sachsen so, wie i. J. 1702 der Stiftsverwalter an den Markgrafen berichtete, daß die gesamte Baulast – neben der Kirchenstiftung – stets vom Stift getragen worden sei, wozu auch noch gutwillige Beiträge der Eingepfarrten gekommen seien. Darum trage eine 1687 umgegossene Glocke das markgräfliche Wappen und die Aufschrift: Christian Albertus Princeps (Fürst Christian Albrecht); ebenso sei bei der Erneuerung des Kirchturms 1699 auf der Turmfahne Name und Wappen des Fürsten angebracht worden. Nürnberg oder Lichtenau habe nicht das Geringste jemals beigetragen.

 Alle Hoheitsrechte und Pflichten des Markgrafen gingen im Jahre 1792 an die preußische Regierung über und von dieser im Jahre 1806 an den bayerischen Staat. Dieser lehnte zunächst die Baupflicht ab, als die Kirchenstiftung ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen konnte. Schon 1856 beschloß deshalb die Kirchenverwaltung den Rechtsweg zu beschreiten und die staatliche Finanzverwaltung auf Erfüllung ihrer Baupflicht einzuklagen. Doch ist damals die Klage aus unbekannten Gründen unterblieben. Aber 1884 wurde die Frage aufs neue brennend, weil das Pfarrhaus immer ruinöser| wurde und weil man überhaupt in absehbarer Zeit mit einem Neubau des Pfarrhauses rechnen mußte. Pfarrer Aufsberg arbeitete dazu nach gründlichem Studium der Akten ein ausführliches Gutachten aus. Die Regierung zu Ansbach ließ jedoch durch ihren Sachbearbeiter ein gegenteiliges Gutachten fertigen, in welchem die Pflicht des Staates bestritten wurde. Man erklärte, daß die Konsistorialordnung von 1594 für Sachsen keine Gültigkeit habe, weil sich dieser Ort einst nicht in markgräflichem Gebiet, sondern auf Nürnberger Boden befunden habe; die Leistungen des Markgrafen seien nur freiwilliger Art gewesen usw. Doch gab die Regierung zu, daß gewisse Gründe vorhanden seien, die ein Entgegenkommen rechtfertigten, und erklärte sich zu einem Vergleich, zur Leistung einer einmaligen, allerdings geringen Abfindungssumme, bereit. Das Staatsministerium betonte der Regierung gegenüber noch weiter, daß auch Zehntrechte des Staates inmitten lägen, die eine wesentlich höhere Ablösungssumme angezeigt erscheinen ließen. In der Tat besaß sowohl das einstige Chorherrnstift Zehnten in der Pfarrei Sachsen (in Alberndorf, Steinbach, Hirschbronn, Ratzenwinden, Oberrammersdorf, Volkersdorf u. a.), als auch die markgräfliche Regierung, und weiterhin die Stadt Nürnberg und das Almosenamt; und der bayerische Staat war für alle diese Zehntberechtigten der Erbe und Rechtsnachfolger geworden. Zehntrechte aber begründeten vielfach eine Baupflicht an kirchlichen Gebäuden. Darum hielt das Staatsministerium ein weitgehendes Entgegenkommen in der Sachsener Baupflichtfrage für gerechtfertigt. Nach längeren Verhandlungen einigte man sich am Ende des Jahres 1894 über eine Ablösung der Baupflicht mit dem Betrag von 30000 M, wozu nach 1000 M als Zinsen für 1895 kommen sollten. Eine Abstimmung sämtlicher stimmberechtigter Mitglieder der Pfarrgemeinde ergab die Annahme der Ablösung mit 157 „Ja“ gegen nur 17 „Nein“.
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 Die damalige Kirchenverwaltung verwendete nur einen kleinen Teil der im Jahre 1895 ausbezahlten Summe von 31000 M für die unbedingt notwendigen Reparaturen und schob den Neubau des Pfarrhauses hinaus. Sie wollte erst durch Admassierung der jährlich anfallenden Zinsen das Kapital zu einem gewaltigen Baufonds anwachsen lassen, der hinreichend wäre, nicht nur die Kosten für den Neubau des Pfarrhauses zu decken, sondern auch für alle künftig an kirchlichen Gebäuden auftretenden Schäden aufzukommen. Die Rechnung war klug, aber nur für die ersten zwanzig Jahre. Dann begann – schon im Kriege – langsam die Inflation mit ihrer ungeheuren Geldentwertung und gegen Ende des Jahres 1923 bedeutete der inzwischen auf 55000 M angewachsene Baufonds so gut wie nichts. Erst das Gesetz über die Aufwertung brachte ihn| wieder etwas in die Höhe, so daß noch rund 8000 M gerettet werden konnten.

 Die Frage der Baupflicht ist nun seit der staatlichen Ablösung in der Weise festgelegt, daß zunächst Baufonds und Kirchenstiftung einzutreten haben, daß aber dann im weiteren die Kirchengemeinde zur Tragung aller Kosten verpflichtet ist. Die Landeskirche gibt dazu aus Kirchensteuermitteln freiwillige Zuschüsse, soweit sie dazu in der Lage ist.


7. Die Pfarrpfründe (Pfarrstiftung) (Fortsetzung zu S. 60)

a) Die Grundstücke

 Der Grundbesitz der Pfarrei blieb lange Zeit unverändert. Eine Schmälerung brachte erst der Dreißigjährige Krieg, als die Pfarrei 25 Jahre lang unbesetzt war und die Pfarrfelder nicht bebaut wurden. Pfarrer Dietrich (1680–1716) beschuldigte den seinerzeitigen Gerichtsschreiber von Lichtenau, der nach dem Dreißigjährigen Kriege den Strüthof eine Zeitlang im Besitze hatte, daß er das beste Stück aus dem dortigen Pfarrbesitz sich angeeignet habe, und ebenso den Bauern Hans Reiß von Rutzendorf, daß er ebenfalls einen Acker weggenommen habe. Die Beschuldigung ist wohl glaublich; denn wenn man sich die eigentümliche Gestalt des sonst ganz zusammenhängenden Grundbesitzes der Pfarrei beim Strüthof vor Augen hält, erkennt man klar, daß hier Stücke herausgeschnitten wurden, die einst offensichtlich zum Pfarrgut gehörten. Freilich war es schwer, nach so langer Zeit, wo die Bevölkerung so stark gewechselt hatte, noch einen rechtsgültigen Nachweis zu erbringen; und einer der Beschuldigten saß überdies noch im Gericht zu Lichtenau.

 Eine weitere Schmälerung drohte im Jahre 1785, als Milmersdorf und Volkersdorf die zum Pfarrhof gehörigen Hänge und Ödungen am Hohlenstein als Weide beanspruchten. Das Almosenamt war schon bereit, die fraglichen 31/2 Morgen den betreffenden Gemeinden als Eigentum zuzusprechen, und nur durch das entschiedene Auftreten des Pfarrers Kittler konnte dies verhindert werden.

 Dagegen wurde der Pfarrei ein Zuwachs an Grundbesitz zuteil, als im Jahre 1811 das Gemeindeeigentum in Sachsen verteilt wurde. Da der Pfarrhof doppeltes Gemeinderecht besaß, erhielt er auch den entsprechenden doppelten Anteil. Freilich waren es nur kleine Grundstücke, da sich 26 Berechtigte in den Gemeindebesitz zu teilen hatten. Es fielen für die Pfarrei an: Zwei Äckerlein am oberen und unteren| Marterwasen, die obere und untere Hirtenbucködung, zwei vordere und zwei hintere Hinterbergäckerlein, dabei je zwei Hinterbergödungen, zwei Wieslein im Grundwasen. Insgesamt waren es nur 3,61 Tagwerk (1,23 ha). Als dann weiter auch der Gemeindewald im Urlas 1813 geteilt wurde, erhielt die Pfarrei wieder den doppelten Anteil, nämlich 13,04 Tagwerk (4,444 ha). Im gleichen Jahre trat der Bauer Johann Michael Geyer von Milmersdorf als Ablösung für den bisher an die Pfarrei entrichteten Heuzehnten die kleine Hohlensteinwiese zu 0,38 Tagwerk (0,128 ha) an die Pfarrstiftung ab.

 Eine bedeutende Minderung des Grundbesitzes der Pfarrpfründe ist erst im Jahre 1914 zu verzeichnen. Die Gefangenenanstalt zu Lichtenau wünschte ihren landwirtschaftlichen Besitz zu vergrößern und das Pfarramt ließ sich bestimmen, die vorderen und hinteren Herpersdorferwegäcker sowie den Büttnersacker in der Gesamtfläche von 10,09 Tagwerk (3,437 ha) zu verkaufen. Der Erlös wurde, wie üblich, in Wertpapieren angelegt und ging bei der Inflation zum größten Teil verloren. Es waren 13 117 M. – Eine ganz geringe Fläche von 0,17 Tagwerk hatte schon 1873 beim Bahnbau von der Hirtenbucködung abgegeben werden müssen.

 Zu erwähnen ist noch ein Tausch, der 1926 vollzogen wurde. Die Pfarrei gab an die Gemeinde Lichtenau den oberen und unteren Immeldorferwegacker zu 3,89 Tagwerk ab und erhielt dafür die obere und untere Brühlwiese, sowie den Gänswasen, beide in der Rutzendorfer Flur gelegen, mit 3,85 Tagwerk.

 Der Pfarrwald war nach der Verteilung im Jahre 1813 ziemlich gut mit Eichen, Buchen, Tannen, Fichten und Föhren bestanden, wie es in einem Berichte heißt. Aber da es an einer sachgemäßen Bewirtschaftung fehlte, da überdies Pfarrer Laubinger übermäßige Fällungen vornehmen ließ, so kam der Wald sehr rasch herunter. Es konnte in der Folgezeit nur wenig Holz herausgewirtschaftet werden. Erst als der Wald unter die Aufsicht und Leitung des Forstamtes Heilsbronn kam, wurde planmäßig gearbeitet. Es wurde eine Umtriebszeit von 72 Jahren zugrunde gelegt und dabei eine Ruhezeit bis 1910 vorgesehen; bis dahin fielen nur Zwischennutzungen an. Der Wirtschaftsplan von 1913 sah eine alle zwei Jahre sich wiederholende Hauptnutzung von 36 fm und eine Nebennutzung von 8 fm vor. Die daneben noch vorgesehene Streunutzung mußte 1927 eingestellt werden, da hierbei im Laufe der Jahre fast die gesamte Humusschicht des Erdbodens weggenommen worden war. Ein neuer Wirtschaftsplan wurde 1937 ausgearbeitet. – Für den Wald muß jährlich an die Gemeindekasse der „Urlaszins“ mit 5,14 RM entrichtet werden.

|  Nachstehend folgt eine Übersicht über den gegenwärtigen Stand des Grundbesitzes der Pfarrpfründe:
Die Pfarrgebäude mit Hof und Garten 01,19 Tagwerk
Der Wasserstall, Acker und Wiese 03,17 
Milmersdorferwegacker 00,36 
Iggraben-Acker 00,37 
Langacker 01,60 
Urlasacker 02,19 
Wiese am Hohlenstein 01,72 
Acker und Ödungen beim Hohlenstein 09,41 
Gemeindeteile von 1811 (siehe oben) 03,61 
Grundwiese bei Volkersdorf 03,19 
Brückleinswiese bei Volkersdorf 01,40 
Pfarrleiten 02,19 
Die Felder beim Strüthof und Lindach 26,81 
Brühlwiese bei Rutzendorf 03,03 
Gänswasen bei Rutzendorf 00,82 
Geringe Änderungen bei der Entwässerung des Wasserstalls durch Neuvermessung 00 
Der Pfarrwald im Urlas 13,14 

 Der gesamte Grundbesitz betrug bis vor kurzem 77,83 Tagwerk = 26,551 ha. Eine geringfügige Änderung infolge der erwähnten Entwässerung fällt nicht ins Gewicht.


b) Die Zehnten

 Das Jahr 1809 brachte für die Pfarrei Sachsen nicht nur den Verlust mehrerer Ortschaften, sondern auch eine erhebliche Einbuße an dem Pfarreinkommen. Der damalige Pfarrer von Eyb berichtete an die Regierung, daß der Großzehnte, den die Pfarrei Sachsen in Eyb innehabe, zu Unrecht an Sachsen gekommen sei; die Herren von Eyb hätten einst diesen Zehnten für die Eyber Pfarrei gestiftet, aber in der Reformationszeit, als Eyb längere Zeit von Sachsen verwest worden sei, habe man den Zehnten nach Sachsen gezogen; er beantrage deshalb, daß dieser Zehnte jetzt wieder an Eyb zurückgegeben werde. Es waren das durchweg falsche Behauptungen, die das Pfarramt Eyb ohne jeden geschichtlichen Untergrund aufgestellt hatte, und die es nur wagen durfte, weil die Pfarrei Sachsen damals unbesetzt war. Es wäre Sache der Regierung gewesen, die Behauptungen auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen; allein aus Gründen, die nicht ersichtlich sind, unterließ es die Regierung, und das gutgläubige Ministerium verfügte ohne weiteres, daß fortan die Pfarrei Eyb den Zehnten| beziehen sollte. So wurde Sachsen einer Einnahme beraubt, die nach heutigem Geldwert 4–500 RM betrug.

 Einen ähnlichen Versuch machte das Pfarramt Lichtenau im Jahre 1808, indem es beantragte, daß der Zehnte von Bechhofen künftig statt nach Sachsen an die Pfarrei Lichtenau geliefert werde. Zur Begründung seines Antrags stellte Lichtenau allerdings nicht wie Eyb falsche Behauptungen auf, sondern verwies nur auf seine Mehrarbeit, die ihm durch die Seelsorge am „Criminalgefängnis“ in Lichtenau erwachsen sei. Doch war hier die Behörde vorsichtiger und lehnte den Antrag ab. Ebenso wünschte im Jahre 1823 das Pfarramt Vestenberg, daß ihm der Zehnte und die Getreidegült zu Külbingen, die bisher zu Sachsen gehörten, zugewiesen würden. Aber Dekan und Senior sprachen sich mit guten Gründen scharf dagegen aus, und so unterblieb auch dieser Verlust.

 Vielfach machte sich damals und auch schon früher der Wunsch geltend, die Abgabe des Zehnten anders zu gestalten, nämlich so, daß er nicht mehr auf den Feldern nach Garben eingehoben, sondern in Getreide abgegeben werde nach einem zu berechnenden Jahresdurchschnitt. Sowohl die Pfarrer hatten diesen Wunsch, weil ihnen dadurch viele Mühe und auch beträchtliche Kosten erspart wurden, als auch die Zehntpflichtigen, die dann bei ihrer Erntearbeit nicht mehr aufgehalten wurden. Diese Umwandlung des Garbenzehnten in einen Getreidezehnten pflegte man den „Sackzehnten“ zu nennen. Schon sehr frühe geschah das mit einem vom Strüthof auf einen Hof zu Malmersdorf übertragenen Zehnten, an dessen Stelle jährlich sieben Metzen Korn (75 l) nach Sachsen abzuliefern waren.

 Mit dem Zehnten zu Bechhofen gab es immer wieder Anstände. Die dortigen Bauern waren ja von Sachsen weit entfernt, was allein schon zu Schwierigkeiten bei der Einsammlung der Zehntgarben führte. Dann aber suchten die Pflichtigen den Zehnten zu schmälern, indem sie Äcker liegen ließen und mit Wald bepflanzten; wenn dann nach Jahren der Wald wieder abgeholzt und die Äcker neu besät wurden, konnte leicht die Zehntpflicht vergessen sein. Um diesen üblen Zuständen ein Ende zu machen, kam man im Jahre 1810 vor dem Landgericht Heilsbronn dahin überein, daß die zehntpflichtigen Bauern ihren Groß- und Kleinzehnten mit einem jährlichen Reichnis von neun Simra und acht Metzen Korn (rund 31 hl) ablösten. Diesen Sackzehnten mußten sie selbst nach Sachsen fahren, wofür sie dann in üblicher Weise mit Brot und Bier bewirtet wurden.

Ein ähnliches Abkommen wurde mit Milmersdorf im gleichen Jahre (1810) getroffen, nachdem es dort auch einige Anstände gegeben hatte. Der Geyersche Hof wandelte den schuldigen Groß- und Kleinzehnten, sowie den Blutzehnten in eine jährliche Lieferung von| 21/2 Simra Korn (8,3 hl) und 11/2 Simra Weizen (5 hl) um. An Stelle des Heuzehnten trat er 1812 eine kleine Wiese am Hohlenstein mit 0,38 Tagwerk ab. Auch in Sachsen wurde 1810 der auf 13 Anwesen ruhende Zehnte umgewandelt in 4 Simra 8 Metzen Korn (15 hl), 2 Simra Kartoffeln (14 hl) und 10 (?) „welsche Rüben“. 1833 wurde sodann der ganze Zehnte mit 60 fl. jährlich abgelöst. Der Külbinger Zehnte wurde erst bei der allgemeinen Ablösung der Grundlasten auf jährlich 41/2 Metzen Korn (93 l) festgesetzt.

 Im Jahre 1848 wurde für Bayern die Ablösung aller Grundlasten gesetzlich verfügt. Das betraf in erster Linie die Zehnten, aber weiter alle Gülten, Zinsen und Handlöhne, wie sie den Grundherren aus ihren Höfen und Gütern zustanden. Alle diese Reichnisse wurden zunächst in Geld umgewandelt und dann auf eine für das ganze Land geschaffene Ablösungskasse übernommen, an die fortan jährlich der festgesetzte Geldbetrag von den Pflichtigen als „Bodenzins“ einbezahlt werden mußte. Die Kasse gab ihrerseits an alle Empfangsberechtigten Ablösungsbriefe mit Zinsscheinen hinaus. Die Zinsscheine brauchten dann nur jedes Jahr zu den Fälligkeitsterminen eingelöst zu werden und die Beteiligten kamen so zu ihrem Geld. Für die Pfarrei Sachsen wurde ein Gesamtablösungsbetrag von 8787 fl. 11 kr. 1 d festgesetzt und daraus eine jährliche Rente von rund 350 fl. berechnet. Die Bodenzinse wurden mit der Zeit von den Bauern als eine drückende Last empfunden, zumal die Steuern und sonstigen Abgaben immer höher wurden. Man schuf deshalb Erleichterungen in der Weise, daß sich die Pflichtigen durch einmalige größere Zahlungen von den jährlichen Leistungen befreien konnten. Erst nach dem Umsturz 1918 wurde mit dieser Belastung völlig aufgeräumt. Freilich auch die Zahlungen der Ablösungskasse hörten bald auf, da die „Grundrenten“-Wertpapiere durch die Inflation genau so wie die übrigen Staatspapiere nahezu völlig entwertet wurden (Aufwertung nur zu 2,5%). Gegenwärtig weist die Pfarrstiftung nur einen Kapitalbestand von 3490,29 RM auf.


c) Sonstige Einkünfte. Lasten

 Mit der Einführung der Reformation kamen von selbst verschiedene Einkünfte der Pfarrei in Wegfall. Es wurden keine Seelenmessen mehr gelesen, keine Jahrtage mehr gehalten, keine Stiftungen mehr zur Pfarrei gemacht. Soweit aus früherer Zeit noch gestiftete Kapitalien, Grundstücke, Gülten oder Zinsen für Messen und Jahrtage vorhanden waren, flossen die Erträgnisse der Kirchenstiftung zu und nicht mehr dem Pfarrer, der ja nichts mehr dafür zu| leisten hatte. Auch gewisse Reichnisse an Geld und Naturalopfern, die der Pfarrer von Sachsen immer noch aus Immeldorf und Brodswinden bezogen hatte, fielen nach der Reformation weg. Dazu kam die fortschreitende Geldentwertung, die aus den schuldigen Zinsen, Gebühren und sonstigen Geldleistungen immer geringere Werte lieferte und so auch mit der Zeit die Einkünfte der Pfarrei minderte. Wenn z. B. ein Gulden in alter Zeit einen Kaufwert von 60 RM nach heutigem Gelde besaß, so war er zur Reformationszeit schon auf den Wert von etwa 31 M gesunken, 200 Jahre später waren es nur noch etwa 12 M und bei Einführung des neuen Münzsystems vor 65 Jahren rechnete man 1 fl. = 1,71 M, wobei zu bedenken ist, daß inzwischen auch die Mark schon wieder an Kaufkraft bedeutend eingebüßt hat. So trat auch durch diese Geldentwertung von selbst eine Minderung der Pfarreinkünfte ein.

 Die dem Pfarrer als Grundherren zustehenden Gülten und Handlöhne (S. 58) bestanden fort bis zum Jahre 1848, wo sie ebenfalls mit den übrigen Grundlasten (Zehnten u. a.) abgelöst wurden und damit der Geldentwertung und schließlich der Inflation verfielen.

 Nicht abgelöst wurden im Jahre 1848 die Gebühren für Amtshandlungen und die herkömmlichen Sammlungen in der Gemeinde, da diese nicht auf dem Grund und Boden ruhten, sondern auf der Zugehörigkeit zum Pfarrverbande. Die Gebühren für Taufen, Trauungen, Beerdigungen, Kommunionen und andere Amtshandlungen gehen auf sehr alte Zeit zurück. Schon 1433 heißt es in der Antwort auf eine Beschwerde aus der Gemeinde, daß die Leute bei Taufen dem Pfarrer sein „Recht geben“ sollen, daß jedoch der Pfarrer die Vornahme der Taufe nicht von der Leistung der Gabe abhängig machen dürfe, womit wohl gemeint ist, daß er bei Geringbemittelten nichts fordern dürfe. Auch was von dem „Send“ in Sachsen und Immeldorf berichtet wird (1450), deutet auf eine jährliche Gebühr aller beicht- und kommunionfähigen Gemeindeglieder. Bei Beerdigungen ergaben sich von selbst bestimmte Gebühren für Seelenmessen und etwaige sonstige kirchliche Handlungen (Begehung der Gräber u. a.). Man nannte diese das „Seelgerät“. Aus solchen Leistungen erwuchsen mit der Zeit feste kirchliche Abgaben bei allen geistlichen Amtshandlungen, die sogenannten Kasualgebühren, die einen Bestandteil des Pfarreinkommens bildeten und heute noch bilden. Da das Herkommen in den einzelnen Pfarreien verschieden war, ergab sich auch eine verschiedene Höhe der Gebühren je nach den Pfarrbezirken.

 Ebenso verschieden sind die da und dort noch bestehenden Sammlungen in den Gemeinden. Für die Pfarrei Sachsen kommt nur| die im Herbste herkömmliche Flachssammlung in Betracht. Auch sie ist ziemlich weit zurück nachweisbar und wird 1756 ausdrücklich als Zubehör zu den Pfarreinkünften erwähnt. Soweit ersichtlich, ist vordem bei allen Bauern und Gütlern gesammelt worden; pflichtig war, wie es 1809 heißt, „jedes Haus mit Grundstücken“. Häuser ohne Grundbesitz oder später entstandene Anwesen blieben deshalb frei. Mit der Zeit hat sich dieses Verhältnis allerdings infolge der vielen Besitzveränderungen sehr verschoben, so daß sich für die Gegenwart ein ganz bestimmter Kreis von Abgabepflichtigen herausgebildet hat. Über die Höhe der Abgabe sind keine ganz genauen Vorschriften überliefert. Bald ist von 2–3, bald von 5–6 „Reißen“ die Rede; es hat sich die Menge offenbar nach der Größe des Hofes gerichtet. Betont wird nur stets, daß es feinster „Zwirnflachs“ sein müsse. Da Flachs zur Zeit nur noch selten gebaut wird, reichen die Leute meist den Wert in Geld dar, öfters auch in anderen Naturalien, wobei die Zustimmung des Pfarrers vorausgesetzt wird.

 Die auf der Pfarrpfründe ruhenden Lasten wurden bereits S. 60 hervorgehoben. Hier sei noch nachgetragen, daß unterm 10. April 1809 die bayerische Regierung in München verfügte, daß die lästige Gült an das Almosenamt in Nürnberg fortan wegzufallen habe, wogegen ein in Lichtenau aus zurückbehaltenen Gebühren für die Pfarrei Sachsen vorhandener Betrag von 745 fl. an das Almosenamt zu übergeben sei. Damit schien die Sache erledigt zu sein. Allein unter der unseligen Stiftungsadministration Herrieden (1808–1817) wurde die Gült stillschweigend ohne Vorwissen der Kirchengemeinde der Kirchenstiftung mit einem Betrag von jährlich 37 fl. aufgebürdet. Nachträgliche Beschwerden blieben erfolglos. – Im Jahre 1717 wurde dem damaligen Pfarrer eine jährliche Abgabe von 100 fl. zu einer beim Konsistorium Ansbach befindlichen Kasse zur Aufbesserung geringerer Pfarreien auferlegt. Die Summe wurde später ermäßigt, aber 1740 wieder erhöht, später bleibend auf 50 fl. festgesetzt. Erst 1807 fiel sie weg.


8. Die Pfarrkirche in Sachsen (Fortsetzung zu S. 69)

Der äußere Bau

 Über die ursprüngliche Gestalt der Kirche und ihren Um- und Ausbau in der Zeit vor der Reformation ist bereits auf S. 64 ff. berichtet worden. In der Folgezeit wurde bis zum Jahre 1804 keine wesentliche Änderung am äußeren Bau vorgenommen. Wir hören nur von Reparaturen am Dachgebälk, das öfters Schaden litt, wie| 1519 oder 1584. Wie bei den Pfarrhausreparaturen, so forderte auch bei der Kirche jedesmal die Stadt Nürnberg die Baugenehmigung und die Bauaufsicht und die Verwendung von Lichtenauer Handwerkern, ohne selbst je etwas zum Bau beizutragen. Wenn sie sich ja einmal zur Lieferung von Bauholz aus ihren Wäldern verstand, so ließ sie sich’s aus der Kirchenkasse stets redlich bezahlen.

 Sehr übel stand es nach dem Dreißigjährigen Kriege um die Kirche. Sie war zwar nicht abgebrannt, aber äußerst schadhaft geworden. Die Gemeinde klagte damals, das Dach auf der Kirche sei „so bußwürdig, daß die Pfarrkinder zu unwitterlichen Zeiten das Wort Gottes nicht trocken anhören könnten, das Gehölz müsse großen Schaden nehmen und zuletzt zusammenfallen“. Aber, so ging die Klage weiter, der „Heilige“ (Kirchenstiftung) habe nichts, da sein Vermögen auf den „öden, meist eingegangenen Gütern“ hafte. Es wurde darum vorgeschlagen, zwei noch vorhandene – jedenfalls goldene – Kelche zu verkaufen und von dem Erlös die Reparatur zu bestreiten. Ob das geschehen ist, oder wie etwa sonst das Dach der Kirche wiederhergestellt wurde, ist nicht bekannt.

 Im Jahre 1703 schrieb der Pfleger von Lichtenau, daß die Kirche gar „so finster“ sei. Das war ganz natürlich, da damals nur der Chor durch die gotischen Fenster hell erleuchtet war, das Schiff der Kirche aber immer noch lediglich die kleinen, schmalen Fenster dicht unter dem Dachrand besaß, die nur wenig Licht einfallen ließen. Nur in der Nähe des Chors war noch rechts und links je ein größeres Fenster angebracht worden. Es wurde damals vorgeschlagen, noch weiter auf jeder Seite ein großes Fenster aushauen zu lassen. Doch kam es nicht dazu. Erst 1728 wurde auf der Südseite in der Nähe des Chores das dort befindliche gotische Fenster mit dem darüber stehenden kleinen romanischen Fenster zu einem großen, breiten Fenster zusammengefaßt, wie aus einer in den Akten liegenden Zeichnung ersichtlich und auch an dem heutigen Bau noch deutlich wahrnehmbar ist. Es geschah dies damals, um für die Kanzel, die dort angebracht war, mehr Licht zu gewinnen.

 Im nächsten Jahre (1729) war der Chor selbst schadhaft geworden. Mitten unter dem Läuten der Glocken fiel ein „faustgroßer Stein dicht neben dem Pfarrer“ von der gewölbten Decke herab. Doch scheint es keiner größeren Reparatur bedurft zu haben. 1768 heißt es, daß die „Unterstehdächlein vor den beiden Kirchtüren“ abgebrochen werden sollten. Es gab also damals nur zwei Eingänge in die Kirche. Der eine befand sich von alters her auf der Südseite; ob der andere gegenüber auf der Nordseite lag, oder westlich in der Ecke zwischen Turm und Giebelwand, läßt sich nicht bestimmt sagen. Jedenfalls befand sich über jeder der beiden Türen ein kleines Vordach zum| Schutze gegen den Regen. Dieses wurde um jene Zeit abgebrochen und nicht wieder erneuert.

 Eine völlig umstürzende Änderung brachte das Jahr 1804 für den äußeren Kirchenbau. Schon 1789 war in einem amtlichen Gutachten der Zustand der Kirche als äußerst ruinös bezeichnet worden. 1795 wurde weiter festgestellt, daß die Fäulnis der Balken und Dachsparren sehr fortgeschritten sei. Eine Hauptreparatur war nicht länger zu umgehen. Das Stiftsamt zu Ansbach stellte einen Kostenvoranschlag von 2274 fl. auf und bewilligte dazu aus eigenen Mitteln die für jene Zeit ganz stattliche Summe von 700 fl. Nürnberg sollte dazu aus seinen Waldungen das benötigte Bauholz gegen taxmäßige Bezahlung abgeben; aber nicht einmal dazu verstand sich die Stadt. Nach weiteren Verhandlungen arbeitete Bauinspektor Spindler von Ansbach einen neuen Plan aus, der einen Kostenaufwand von 5307 fl. vorsah. Nach diesem Plan, der leider nirgends mehr aufzufinden ist, wurde dann die Umgestaltung der alten Kirche vorgenommen. Am Osterdienstag wurde der letzte Gottesdienst in der bisherigen Kirche gehalten. Zu den weiteren Gottesdiensten wurde die noch auf dem Kirchhof stehende alte Sebastianskirche benützt, die freilich dazu viel zu klein war, weshalb noch Bänke auf dem Kirchhof aufgestellt werden mußten.

 Bei der Bauausführung wurde zunächst die ganze Giebelwand im Osten zwischen Langhaus und Chor niedergerissen und dazu noch der halbe Chor mit seinem Anschluß an die Giebelwand abgebrochen. Dann wurde das Langhaus (Schiff) um etwa 5 m verlängert auf Kosten des Chores. Der Rest des Chores (Ostteil) wurde ganz von der Kirche abgetrennt und zu einer Sakristei eingerichtet, nachdem die alte, an der Nordseite stehende Sakristei entfernt worden war. An den Seitenwänden der Kirche wurden die alten kleinen Fenster unterhalb des Daches zugemauert und dafür große, breite Fenster eingebrochen. Ebenso wurden die Türen vergrößert und noch zwei weitere Eingänge geschaffen, davon einer durch die außerordentlich dicke Turm- und Westgiebelwand hindurchgeschlagen. Die Treppen zu den Emporen, die vorher jedenfalls im Schiff der Kirche an der Süd- und Nordseite angebracht waren, wurden auf die Westseite verlegt und durch eine eingezogene Wand vom unteren Kirchenraum abgetrennt. Auch durch den Chor wurde eine Türe zur Sakristei durchgeschlagen, ebenso zwei große viereckige Fenster eingesetzt. Die Kirche wurde auf diese Weise so vollkommen umgestaltet, daß man heute kaum mehr etwas von der alten Form erkennt (siehe Tafel Nr. VII im Anhang). Man hatte eben damals keinen Sinn für das Alte und geschichtlich Gewordene, und dachte gar nicht daran, das Alte und in seiner Art Schöne nach Möglichkeit zu erhalten,| das Neue, soweit es mit der Zeit notwendig geworden war, dem Alten anzupassen und beides in schöner Gestalt miteinander zu vereinigen, so wie man in der Gegenwart vorzugehen pflegt. Der rationalistische (verstandesmäßige) Geist jener Zeit ließ nur das Neue, Praktische, Nüchterne und Verstandesmäßige gelten. Das zeigt sich vor allem bei der Ausgestaltung des Innern der Kirche, wovon hernach gehandelt werden wird.

 Bemerkt sei noch, daß auch das Dach gründlich erneuert wurde, daß der Fußboden im Innern der Kirche um fast einen halben Meter aufgefüllt wurde und daß die Gemeinde Hand- und Spanndienste zu leisten hatte. Vorgesehen war über der Eingangstüre auf der Südseite wieder ein kleines Dach, das aber nicht zur Ausführung kam.

 Die Gesamtkosten beliefen sich bei der Abrechnung auf rund 6060 fl. Darunter befanden sich folgende Ausgaben:

Maurermeister Gärtner in Sachsen rund 2455 fl.
Zimmermeister Merk in Lichtenau   1450 
Schreinermeister Vogtherr in Sachsen   0814 
Schlossermeister Götz in Lichtenau   0200 
Witwe des Glasermeisters Kolb in Lichtenau   0192 
Wirt Leidel in Sachsen für Brot und Bier an die Fuhrleute   0162 
Schmiedmeister Hochrattel in Sachsen   0059 
Schreiner Vogtherr in Sachsen für Anstrich   0093 
Wetterableiter am Turm   0224 
Sonstiges   0411 

 Zur Deckung der Kosten wurde das vorhandene Barvermögen der Kirchenstiftung fast völlig eingezehrt im Beträge von 4090 fl. Das Stiftsamt Ansbach hatte 700 fl. dazugegeben, die Gemeinde 346 fl. aus freiwilligen Spenden aufgebracht. Weiter wurden 700 fl. von der Kirchenstiftung Neukirchen und 600 fl. von der Kirchenstiftung Büchenbach (bei Schwabach) als Schuld aufgenommen.

 Am 13. November 1804 wurde der erste Gottesdienst in der umgebauten Kirche gehalten.

 In der nachfolgenden Zeit gab es am äußeren Kirchenbau wenig zu erneuern. Nur das Kirchendach war allmählich wieder schadhaft geworden, so daß es 1927 gründlich ausgebessert werden mußte. Es wurden neue Latten für die Dachziegel aufgelegt, die Ziegel selbst völlig umgedeckt und zum Teil erneuert. Auch die Blitzableiteranlage wurde bei dieser Gelegenheit neu erstellt. Der gesamte Kostenaufwand belief sich für diese Reparatur auf über 2000 RM.


| Die innere Einrichtung

 Die mittelalterlichen Kirchen waren durchaus auf den Dienst der Messe eingestellt. Auch die Kirche in Sachsen. Darum war der für eine Dorfkirche recht stattliche Chor erbaut worden, um einen würdigen Raum für das tägliche Meßopfer und das sonntägliche Hochamt zu schaffen. Darum wurde auch der Hochaltar im Chor möglichst prächtig ausgestattet und mit Heiligengestalten, Schmuck und Bildwerk reich versehen und schon äußerlich „hoch aufgebaut“, wie die auf Seite 68 mitgeteilte Beschreibung bestätigt. Anschließend an den Chor befanden sich in der Kirche noch rechts und links je ein Altar und weiter rückwärts an den Kirchenwänden nochmals zwei, so daß im ganzen fünf Altäre vorhanden waren. Der übrige Raum der Kirche war in alter Zeit leer, d. h. ohne Gestühl und Emporen. Die Gemeinde pflegte bei der Messe zu stehen, dazwischen auch zu knien. Doch ist anzunehmen, daß man schon frühzeitig eine Anzahl von Bänken aufstellte, um den von weither gekommenen und müde gewordenen Leuten Ruhe und Andacht zu ermöglichen. Auch im Chor wird rechts und links vom Hochaltar an den Wänden entlang ein Gestühl angebracht gewesen sein für die zum Altardienst berufenen Geistlichen, dann die Mesner und Chorknaben, die den Kirchengesang zu leiten hatten. Aus späterer Zeit wird uns bestimmt von solchen Chorstühlen berichtet. Erwähnt sei, daß 1722 der Weidenmüller Simon Blümlein 30 fl. zur Erneuerung des Chors stiftete.

 Eine Empore ist sicher erst nach der Einführung der Reformation aufgerichtet worden, als aus der Meßkirche eine Predigtkirche wurde und man reichlichere Sitzgelegenheit zum Hören der Predigt schaffen mußte. Wann dies geschah, ist nicht bekannt. Wir hören erst im Jahre 1711, daß eine „alte Barkirche“ (= Empore) vorhanden war, die damals „heruntergeworfen“ und durch eine neue und größere ersetzt wurde. Auffallenderweise ist hierbei schon von einer oberen und einer unteren Empore die Rede. Vermutlich ist mit der oberen Empore die Orgelempore gemeint; denn eben damals ging man daran, die erste Orgel in der Kirche zu Sachsen aufzustellen, für die man wohl durch eine an der Westwand quer gezogene höhergelegene Empore Raum schaffte. An den beiden Seitenwänden waren damals sicher keine zwei Emporen übereinander angebracht, da diese die Kirche sonst fast völlig verdunkelt hätten.

 Auf die Erhaltung der schönen alten Altäre verwendete man leider keinerlei Sorgfalt mehr, so daß sie nach und nach verfielen und beseitigt wurden. Um die Zeit von etwa 1750 waren nur noch drei Altäre vorhanden, um 1800 nur noch zwei, darunter der große Hauptaltar. Aber bei der Umgestaltung der Kirche 1804 wurden auch diese| restlos beseitigt, so daß nicht die geringste Spur von ihnen mehr zu finden ist. Man weiß nicht, ob sie damals zerstört und verbrannt oder von Liebhabern verschleppt worden sind, ob sie vielleicht noch irgendwo in Privatbesitz oder in einem Museum oder auch in einer katholischen Kirche fortleben. Da keine Abbildungen der Altäre vorhanden sind, ist jede Nachforschung von vornherein aussichtslos.

 Auch sonst ging man bei dem Kirchenumbau 1804 rücksichtslos gegen alles Alte vor. Der Chor war überwölbt und oben am Gewölbe sah man das Wappen der Herren von Heideck mit den drei Querstreifen in blau, Silber und rot, ferner am Chorbogen das Wappen der Markgrafen von Ansbach; aber alles, Gewölbe mit Wappen, wurde abgeschlagen und zerstört. Dem gleichen Schicksal verfiel eine – laut Bericht des Pfarrers Kittler von 1776 – in der Kirche aufgestellte Grabplatte mit der Aufschrift: „1535, Samstag vor St. Veitstag, verschied die ehrbare, tugendhafte Frau Anna Paulus Kreßin, dieser Zeit Pflegerin von Lichtenau, die hier begraben lieget, der Gott gnädig sei“; ferner ein altes Epitaphium (Totenschild) für einen Pfleger aus Lichtenau, dessen Name auf dem Schild nicht mehr zu lesen war.

 Die neu gestaltete Kirche von 1804 erhielt überhaupt keinen Chorraum mehr. Man wollte ein Gotteshaus, wie solche in der letzten Markgrafenzeit üblich waren, nämlich eine Kirche ohne Chor, mit großen Fenstern, mit der Kanzel über dem Altar, mit umlaufenden Emporen usw. Dieser sogenannte Markgrafenstil wurde auch bei dem Umbau der Sachsener Kirche angewendet, obwohl er hierher gar nicht paßte und der alten Kirche erst gewaltsam aufgepreßt werden mußte. Eine sehr schlechte Stellung bekam dabei der Altar, der nicht über den allgemeinen Fußboden erhöht wurde, so daß der Geistliche von der Gemeinde nur schwer gesehen werden konnte. Auf dem Altar stand lediglich ein großes Kreuz mit einigen Leuchtern. Nur ein hübsches Holzgitter schloß den Altarraum von der Gemeinde ab. Das Ganze wirkte so kahl und leer, daß aus der Mitte der Gemeinde selbst eine wesentliche Verschönerung herbeigeführt wurde. Es wurde im Jahre 1830 ein großes Bild für die Rückwand des Altars gestiftet, darstellend die Auferstehung Christi. Es ist gemalt von dem Maler Oehme in Fürth und wurde von dem Ansbacher Meister Herterich mit einem schön geschnitzten und vergoldeten Rahmen versehen. Erst bei der letzten Verschönerung der Kirche, im Jahre 1934, wurde der Altar um eine Stufe erhöht, der Ausgang verbreitert und das Ganze freundlicher gestaltet, soweit dies möglich war.

 Von der im Jahre 1804 über dem Altar angebrachten Kanzel wissen wir gar nichts; sie scheint recht einfach und unschön gewesen| zu sein. Denn als im Jahre 1813 die Kirche zu Neukirchen aufgelassen wurde, brachte man die dortige Kanzel nach Sachsen und setzte sie an die Stelle der ersteren. Sie tut noch heute ihre Dienste, ist zwar etwas schmal, aber sonst ganz hübsch. Bei der Renovierung 1934 suchte man durch Anbringung von Zierleisten an der Rückwand eine breitere Wirkung zu erzielen. Auch wurde die Kanzel durch schöne, aus Holz geschnitzte Bilder verziert, in der Mitte durch das Bild Christi, auf der Nordseite durch das Bild des Apostels Petrus, auf der Südseite durch das Bild des Apostels Paulus. Damit Altar und Kanzel besser zusammenstimmten, damit auch das Gemälde zwischen beiden mehr sichtbar würde, setzte man an die Stelle des allzu hohen Altarkreuzes ein kleineres, aber künstlerisch wertvolleres Kruzifix.

 Über den Taufstein in der alten Kirche wissen wir leider auch nichts. Er wurde 1804 ebenfalls verworfen. Aber ein Bauer aus der Gemeinde, Joh. Wolfgang Steinbauer aus Langenlohe, stiftete einen neuen schönen Stein. Dieser wurde später mit einer geschmacklosen Farbe überstrichen, so daß man ihn wenig beachtete. Erst als man 1934 die Farbtünche wieder entfernte, kam die natürliche Schönheit aufs neue zum Vorschein.

 Die im Jahre 1804 aufgestellten Bänke im unteren Kirchenraum wie auf den Emporen sind breit und bequem. Es wurden damals 850 Sitzplätze vorgesehen, von denen dann viele überflüssig wurden, als vier Jahre später die Orte Untereichenbach, Külbingen und Boxbrunn, dazu in neuester Zeit noch Langenlohe und Herpersdorf ausgepfarrt wurden. Da die Bänke im unteren Raum seitwärts an die Wand anstießen, wurden sie vor einigen Jahren an der Wand abgeschnitten, so daß sie nun von beiden Seiten zugänglich sind. Der Fußboden war ehedem mit Sandsteinplatten belegt, die sich leicht austraten; erst 1861 wurden sie durch Solenhofer Kalkplatten ersetzt. – Die Bänke waren vordem numeriert, weil die einzelnen Sitzplätze von der Kirchenstiftung an die Gemeindeglieder jeweils auf Lebenszeit verkauft wurden, um bessere Einnahmen für die Kirchenkasse zu erzielen. Wie aus den Akten ersichtlich ist, gab es bei dem Verkauf und später bei der Benützung oft Streitigkeiten; auch wußten diejenigen, die nicht im Besitze eines Kirchenstuhles waren, nicht, wohin sie sich im Gottesdienst setzen durften. Der Verkauf der Kirchenstühle wurde deshalb schon während des Weltkrieges eingestellt, und gegenwärtig ist die ganze Ordnung aufgehoben.

 Orgeln waren in früherer Zeit unbekannt. Der „Kantor“, d. h. der Vorsänger (erst der Mesner, dann der Lehrer), mußte den Gesang der Gemeinde leiten, vor allem mit Hilfe eines von ihm geleiteten Schülerchors. Erst 1714 dachte man in Sachsen an die Beschaffung| eines Orgelwerkes. Der damalige Lehrer Ritter beklagte sich darüber, daß man ihn von seiner Stelle bringen wolle, weil er die „Orgel nicht schlagen“ könne, die Gemeinde aber dringend eine Orgel wünschte. Orgel „schlagen“ nannte man damals das Orgelspiel, weil die ersten Orgeln einen recht ungefügen Bau hatten, so daß man die breiten Tasten nur mit der Faust niederschlagen konnte. Lehrer Ritter tauschte dann die Schulstelle mit dem Lehrer Leinisch von Frommetsfelden, und es stand nunmehr der Aufstellung eines Orgelwerkes kein Hindernis mehr im Wege. Das Werk wurde vermutlich von dem Hoforgelmeister Prediger in Ansbach bezogen; denn 1725 hören wir, daß dieser die neue Orgel schon wieder reparieren mußte. 1804 war bei der großen Kirchenumgestaltung auch eine neue Orgel notwendig geworden; ihr Bau wurde dem Orgelbauer Näser in Ansbach übertragen. Dieser arbeitete jedoch so langsam, obwohl er immer wieder Vorschüsse forderte, daß die Arbeit erst 1806 fertig wurde. Im Jahre 1910 wurde von der Firma Strebel in Nürnberg die jetzige Orgel beschafft. Wie überall, so mußten auch in Sachsen während des Weltkrieges die vorderen großen Orgelpfeifen an die Heeresverwaltung abgeliefert werden. Es waren 45 Stück, die am 27. Juli 1917 abgegeben wurden. 1923 wurden sie durch die Firma Steinmeyer in Öttingen neu beschafft, wobei die Kosten durch den Ertrag einer Haussammlung gedeckt wurden.

 Zur Verschönerung der Kirche wurden aus der Gemeinde immer wieder teils Gaben gespendet, teils Stiftungen gemacht. Um die leere Vorderwand in der Kirche auszufüllen, wurden 1862 von dem Bauern Johann Andreas Geißelsöder in Rutzendorf und seiner Schwiegermutter Margareta Blümlein zwei große Bilder mit den beiden Reformatoren Luther und Melanchthon, gemalt von dem Kunstmaler Herterich in Ansbach, geschenkt. 1865 stiftete der Bauer Johann Michael Kernstock in Alberndorf einen holzgeschnitzten Kronleuchter, der regelmäßig an den drei hohen Festen, dann am Konfirmationstag und bei der Abendmahlsfeier der Alberndorfer brennen soll. Häufig waren Spenden, besonders auch von Konfirmanden, für Altar-, Taufstein- und Kanzelbekleidungen sowie für Tauf- und Abendmahlsgefäße. Hervorzuheben ist ein Vermächtnis der Wildmeisterseheleute Schneider von Hirschbronn i. J. 1786 mit 300 fl., von denen 115 fl. zur Anschaffung von zwei silbernen Kommunionkannen verwendet werden sollten, während der Rest in die Kirchenkasse floß; die Kannen wurden von dem Silberhändler Gullmann in Augsburg bezogen. 1910 wurden neue Taufgeräte von einem Ehepaar in Reukirchen gestiftet.

 Das ganze Innere der Kirche wurde 1934 einer gründlichen Erneuerung und Verschönerung unterzogen. Die schadhafte| weiße Stuckdecke wurde durch eine braune Sperrholzdecke ersetzt und dabei drei Gemälde als Sinnbilder der heiligen Dreifaltigkeit angebracht. Auch die Untersichten der Emporen erhielten Sperrholzbelag. Die allzu einfachen und unschönen Emporen wurden auf mannigfache Weise schöner geformt und freundlich bemalt. Gestühle und Fußboden wurden entsprechend behandelt, die Seitenwände und Fenster repariert, der Chorbogen über dem Altar herausgehoben usw. Was am Altar und an der Kanzel geschah, wurde schon erwähnt. Die Leitung der Arbeiten hatten die beiden Architekten Will und Stölzle in Nürnberg übernommen. Die Gesamtkosten beliefen sich auf rund 13 000 RM. Sie wurden gedeckt teils durch Bauzuschüsse des Reiches mit dazugehörigen Zinsgutscheinen im Gesamtbetrag von rund 2700 RM, teils durch freiwillige Gaben der Gemeinde im Laufe der letzten Jahre mit über 3000 RM, teils durch Mittel der Kirchenstiftung, durch Kirchenumlagen und Kirchgeld, endlich auch durch Verwendung der Zinsen und anderer Anfälle aus dem vorhandenen Baufonds.


Der Kirchturm

 Der um 1461 neugebaute Turm (siehe S. 67) hatte in seinem Mauerwerk gewiß dieselbe Höhe, wie sie heute noch sichtbar ist. Auch das Dach, der Turmhelm, mag ähnlich hoch gewesen sein. Wie alle hohen, dem Wind und Wetter vornehmlich ausgesetzten Bauten bedurfte auch der Sachsener Kirchturm häufiger Reparaturen. Vor allem wurde dies auch dadurch notwendig, daß mehrfach Blitzschläge auf den Turm niedergingen. Ein besonders schwerer Schlag wird uns aus dem Jahre 1611 überliefert, wo am Trinitatis-Sonntag (19. Mai) der Turm bei einem Ungewitter „durch einen Feuerstrahl entzündet“ wurde. Das ganze Gebälk über dem Mauerwerk samt dem Glockenstuhl brannte damals ab, die Glocken mit dem Uhrglöcklein stürzten halb geschmolzen nieder, und sonst wurde noch viel Schaden angerichtet. Auch ein Menschenleben war zu beklagen. Nach damaliger Sitte hatten sich mehrere Leute im Turm eingefunden, um das „Wetterläuten“ zu besorgen, weil man glaubte, durch starkes Läuten die Wetterwolken vertreiben zu können. Unter ihnen befand sich auch der Sohn des Hans Kraft von Sachsen. Dieser wollte unter der Türe nach dem Wetter Ausschau halten, als eben in diesem Augenblick der Blitz niederfuhr und ihn tötete. Über den Wiederaufbau des Turmes entspann sich der übliche Streit zwischen dem Markgrafen und der Stadt Nürnberg. Die Nürnberger wollten nur dann den halben Kostenanteil tragen, wenn ihnen, wie schon berichtet wurde, der Markgraf das Recht zur| Einsetzung des Pfarrers in Sachsen zugestehe. Vergebens erklärte der Markgraf, daß die Pfarreinsetzung gar nichts mit der Baufrage zu tun habe; die Nürnberger wollten nicht einmal aus der Sebastiansstiftung, deren Verwaltung sie 1561 an sich gerissen und von Sachsen weggeführt hatten, etwas bewilligen, wenn ihnen nicht willfahrt würde. Der Hinweis Ansbachs auf das kaiserliche Gericht, vor dem sie doch klagen könnten, wenn sie sich im Rechte glaubten, wurde von Nürnberg aus guten Gründen nicht aufgegriffen. So blieb dem Markgrafen nichts anderes übrig, als selbst für alle Kosten aufzukommen, soweit sie nicht aus der Kirchenstiftung und anderen Quellen gedeckt werden konnten. Die Wiederherstellung des Turmes kam auf 1111 fl. zu stehen, wobei das Bauholz von Ansbach frei zur Verfügung gestellt wurde und die Gemeinden wie immer alle Hand- und Spanndienste unentgeltlich leisteten. Bei letzteren beteiligten sich freiwillig auch die Orte Kaltengreuth und Katterbach, weil sie, wie sie selbst erklärten, gerne die Pfarrkirche in Sachsen besuchten. Weiter wurde eine Schuld von 200 fl. bei dem „Heiligen“ (Kirchenstiftung) in Flachslanden aufgenommen, und noch eine Schuld von 200 fl. bei dem Heiligen in Dühren (bei Wittelshofen). Eingeschlossen war in die Kosten die Beschaffung einer Uhr um 162 fl. Der Turm wurde nicht wieder in der bisherigen Form aufgebaut, sondern an Stelle des bisherigen spitzen Daches zu 88 Schuh wurde eine „welsche Haube“ aufgesetzt in Gestalt einer vierseitigen, plattgedrückten Glocke, auf der acht offene Säulen standen; auf diesen ruhte wieder eine kleine welsche Haube, die in eine längere Spitze mit einem Knopf in der Mitte auslief. Dieses Dach war nur 60 Schuh hoch. Siehe hierzu Abbildung Nr. VI im Anhang.

 Ein Geschäft hatten die Nürnberger bei diesem Turmbrand doch gemacht. Der Pfleger Scheurl von Lichtenau hatte sofort das Glockenmetall aus dem Schutt herausnehmen und nach Lichtenau, später nach Nürnberg schaffen lassen. Trotz aller Vorstellungen gab Nürnberg das zu Unrecht angeeignete Metall nicht eher heraus, als bis der Neuguß der Glocken bei einem Nürnberger Meister bestellt wurde, was erst 1618 geschah. Glockengießer Pfeffer goß nun die drei neuen Glocken unter Zugabe weiteren Metalls um 326 fl. und lieferte sie anfangs Juni 1619 in Sachsen ab. Die große Glocke wog 13 Zentner, die mittlere 7, die kleine 4 Zentner. Von dem Uhrglöcklein, das „in einem Schwibbogen neben der Uhr“ gehangen und offenbar zum Stundenschlagen diente, ist keine Rede mehr.

 Nach dem Dreißigjährigen Krieg war eine neue „Reparation“ des Kirchturmdaches notwendig geworden. Sie wurde 1654 von dem Stiftsverwalter in Ansbach durchgeführt. Nürnberg machte diesmal keine Schwierigkeiten. Die vor dem Krieg aufgesetzte „welsche| Haube“ bewährte sich auf die Dauer nicht. Im Jahre 1699 begegnet uns die Klage, daß der Dachstuhl auf dem Turm ganz verfault sei, weil die Haube viel zu flach liege, so daß der Regen vom Wind hereingetrieben werde. Es mußte ein ganz neuer Aufbau gemacht werden. Die Gemeinde Sachsen schenkte hierzu 11 Eichen aus dem Urlaswald, das übrige Bauholz wurde vom Markgrafen aus der unteren Feuchtlach angewiesen. Das Dach erhielt dabei seine jetzige spitzige Form in der Höhe von schätzungsweise 22 m mit Einschluß der Helmstange. Die Kosten beliefen sich auf 655 fl. Zu den Hand- und Spanndiensten konnten nur die markgräflichen Untertanen antreten, da die Stadt Nürnberg ihren Untertanen verboten hatte, sich am Bau zu beteiligen.

 Am 20. August 1725, nachmittags zwischen 3 und 4 Uhr, traf der Blitz abermals den Turm mit „erschrecklichem Donnerschlag“. Diesmal zündete der Blitz nicht, richtete aber sonst großen Schaden an. Mit einem Aufwand von 250 fl. konnte der Schaden wieder behoben werden, wobei der Markgraf Holz und Dachziegel anwies. – Wieder schlug der Blitz am 18. Juli 1744, früh zwischen 1 und 2 Uhr, in den Turm, deckte das Dach ab, teilweise auch von der Kirche, zerschmetterte einen Sparren und traf einen jungen Menschen, der im Turm „wetterläuten“ half, so daß sich dieser ein paar Tage lang in Todesgefahr befand. Die Reparatur verursachte einen Aufwand von 545 fl. Unter den Kosten stehen auch 2 fl. 50 kr. für den Turmdeckergehilfen, der „herkömmlicherweise“ vor dem „Spruch“ ein paar neue Schuhe und Strümpfe erhielt, die er „auf dem Turmknopf stehend anzog“. Mit Recht hat die fürstliche Kanzlei in Ansbach dem Turmdecker bedeutet, daß er „dergleichen lebensgefährliche Dinge nicht mehr vornehmen lassen“ dürfe. – 1803 wird von einem weiteren Wetterschlag berichtet. Der Blitz fuhr bei der Turmspitze hinein, warf die Hohlziegel herab und beschädigte die Leitung, die von der Uhr zum Schlaghammer ging, sowie den Perpendikel der Uhr. Dieser neue Blitzschlag gab Anlaß, bei dem großen Kirchenumbau 1804 auch einen Blitzableiter für Turm und Kirche vorzusehen. Seitdem hörte man nichts mehr von Blitzschlägen oder, wenn doch der Blitz einschlug, wie i. J. 1920, so wurde er zur Erde geleitet, ohne daß er weitere Verheerungen anrichten konnte. Die sorgfältige Unterhaltung des Blitzableiters ist somit eine Lebensfrage für den Kirchturm in Sachsen. Gründliche Reparaturen des Blitzableiters erfolgten 1854 und 1934.

 Bei einer im Jahre 1832 vorgenommenen Arbeit am Turm wurde auch die Helmstange mit Knopf, Fahne und Stern erneuert. Dabei wurde in den Turmknopf eine Blechkapsel mit einer Urkunde eingelegt. Bei einer nachfolgenden Reparatur wurden beide wieder| herausgenommen und im Pfarrarchiv aufbewahrt. Die Urkunde hat folgenden Inhalt: „Unter dem Beistand des Allmächtigen wurde i. J. 1832 in den Monaten Mai und Juni die höchstnotwendige Reparatur dieses Kirchturms samt der Renovierung des Knopfes, der Fahne und des Sterns vollzogen, und zwar im 7. Jahr der Regierung seiner Majestät des Königs Ludwigs I. von Bayern. Generalkommissär und Regierungspräsident des Rezatkreises war S. Excellenz Herr von Stichaner, Landrichter zu Heilsbronn Herr Ludwig Friedrich Bartholomä, Pfarrer dahier Johann Christian Lederer, Kantor und Schullehrer Friedrich Ludwig Lösch, Gemeindevorsteher Johann Leonhard Reinlasöder, Stiftungspfleger Johann Georg Bickel.“ Weiter waren in der Urkunde sämtliche zur Pfarrei Sachsen gehörigen Orte aufgeführt, dann ein Verzeichnis der Viktualienpreise in jenem Jahre. Danach kostete 1 Schaff (= 2,22 hl) Kern oder Weizen 21–23 fl., Korn 16–18 fl., Gerste 15 fl., Haber 7 fl., 1 Metze (= 37 l) Kartoffeln 30–32 kr., 1 Pfd. Schmalz 18–20 kr., 1 Pfund Ochsenfleisch 81/2 kr., Kuhfleisch 61/2 kr., Kalbfleisch 61/2 kr., Hammelfleisch 8 kr., Schweinefleisch 10 kr., 1 Maß (= 1,46 l) braunes Bier 51/2 kr., weißes Bier 31/2 kr. Zum Schluß folgten zwei Gedichtverse. – Ob an die Stelle der herausgenommenen Urkunde eine neue in den Turmknopf gelegt wurde, ist nicht bekannt. – Nach damaligen Aufzeichnungen war die Helmstange von der Kugel bis zum Stern 2,60 m lang und wog 56 Pfund, das Blatt der Fahne war 0,55 m hoch und 0,90 m breit mit einem Gewicht von 35 Pfund.


Glocken und Turmuhr

 Glocken gab es in Sachsen sicher seit ältester Zeit. Dazu wurden ja die hohen Türme gebaut, damit die Glocken darin hoch aufgehängt werden konnten und so ihr Schall weit hinaus ins Land zu dringen vermochte. Urkundlich werden sie uns zum erstenmal im Jahre 1595 bezeugt, wo zwischen Nürnberg und Ansbach Verhandlungen wegen des „Glockenhängens“ geführt wurden. Vermutlich sollten damals die Glocken umgehängt werden, damit sie nicht einseitig abgenützt und dadurch leicht zum Zerspringen gebracht würden; ein Meister aus Kulmbach sollte diese Arbeit vornehmen.

 Wie es nach dem Brande von 1611 mit den Glocken ging, ist bereits im vorigen Abschnitt dargestellt worden. 1680 bekam die große Glocke einen Sprung. Aber erst 1686 beauftragte man einen auswärtigen Glockengießer mit dem Umguß. Dieser wollte den Guß in oder bei Sachsen selbst vornehmen. Der Guß mißlang jedoch und die Kosten waren umsonst aufgewendet. Zudem hatte der Gießer einen Teil des Glockenmetalls entwendet und mußte deshalb in Haft| genommen werden. Nun wandte man sich an einen bewährten Glockengießer, namens Wolf Hieronymus Herold in Nürnberg. Dieser schuf eine neue Glocke im Gewicht von 121/2 Zentner um den Preis von 113 fl. Die Glocke trug das markgräfliche Wappen und die Aufschrift:

Christian Albertus princeps ubi floruit haeres
Flos patriae, campana sacros repatatur in usus.

Zu deutsch: Da Erbprinz Christian Albrecht heranwuchs als Blüte des Landes, ward die Glocke erneuert zu heiligem Brauch.

 Schon 1732 mußte die große Glocke neuerdings eines Sprunges wegen umgegossen werden, was diesmal Alexander Arnold von Dinkelsbühl besorgte um 182 fl. 1845 zersprang die kleine Glocke, die in Nürnberg von dem Glockengießer Höfler um 48 fl. umgegossen wurde. Die gleiche Glocke bekam 1901 abermals einen Sprung und wurde diesmal von Heller in Rothenburg um 255 RM neu gegossen.

 In einer Beschreibung der Glocken aus neuerer Zeit heißt es:

 Die große Glocke, 85 cm hoch, 99 cm im Durchmesser, trägt oben herum in einem Blumengewinde die Inschrift: „Aus Feuers Flamm bin ich geflossen, durch Alex. Nik. Arnold in Dinkelsbühl bin ich gegossen worden, anno 1732.“ Mitten auf dem Mantel der Glocke war ein Kruzifix angebracht, auf der Gegenseite das Wappen der Markgrafen von Ansbach, umschrieben von den Buchstaben: C. W. F. M. Z. B. O. Sie bedeuten: Carl Wilhelm Friedrich, Markgraf zu Brandenburg-Onolzbach.

 Die mittlere Glocke, 80 cm hoch, 82 cm im Durchmesser, trug oben herum in gotischer Ornamentik die Inschrift: „Hans Pfeffer in Nürnberg goß mich anno MDCXVIIII“ (1619).

 Die kleine Glocke, die Taufglocke, zeigte die Inschrift: „Lasset die Kindlein zu mir kommen.“ Sie wog 227 kg.

 Während des Weltkrieges mußte am 29. Juni 1917 die kleine Glocke an die Heeresverwaltung abgeliefert werden. Da nach dem Kriege Bronzemetall sehr schwer zu beschaffen war, beschloß die Kirchenverwaltung, die beiden noch vorhandenen Bronze–Glocken an die Kirche in Brodswinden zu verkaufen und dafür ein einheitliches Geläute mit vier Gußstahl-Glocken zu erwerben. Das geschah 1920. Die Firma Schilling und Lattermann in Apolda (Thüringen) lieferte die Glocken, die ein Gewicht von 1912 beziehungsweise 903, 518 und 365 kg hatten. Die Kosten mit 80000 Papiermark (Inflationszeit) wurden teils durch den Erlös aus den verkauften Glocken zu 30000 Papiermark, teils durch freiwillige Sammlung aufgebracht. Am 21. Oktober 1920 läuteten zum erstenmal die neuen Glocken.

| Sehr früh muß auf dem Turm in Sachsen auch ein Uhrwerk aufgestellt worden sein. Schon 1451 lesen wir in einer alten Schrift, daß bei dem großen Brande im Krieg des Albrecht Achilles 1449/50 auch ein „Horlei“ zugrunde gegangen sei. Horlei bedeutet aber ein Uhrwerk (aus dem lateinischen Wort „horologium“). Die einst so reiche Kirchenstiftung konnte sich die Beschaffung eines so kostspieligen Werkes sehr wohl leisten. Und es bestand eine dringende Notwendigkeit dazu, da es damals weder in den Häusern noch sonstwo Uhren gab und die genauere Zeit nur durch das Schlagen und Läuten der Glocken dem Pfarrvolk bekanntgegeben werden konnte. Noch um das Jahr 1700 fehlte es weithin an privaten Uhren, wie man deutlich aus den Kirchenbüchern ersieht, wo die Zeit der Geburt eines Kindes immer nur ganz allgemein angegeben ist, wie „um den Untergang der Sonne“, „um Mitternacht“, „in vorrückender Nacht“, „mit Aufgang der Sonne“ u. ä. Darum hielt man in Sachsen stets auf ein gutgehendes Uhrwerk auf dem Turme. So wurde 1622 eine Schlaguhr mit Zeigern von dem Uhrmacher Jakob Esenbeck in Gunzenhausen um 104 fl. und 28 fl. Nebenkosten bezogen, nachdem die alte Uhr durch den Blitzstrahl und Turmbrand 1611 zerstört worden war. Im Dreißigjährigen Krieg kam diese Uhr abhanden, weshalb 1666 eine neue aufgestellt werden mußte. Die Kosten mit 30 Talern wurden teils durch freiwillige Spenden gedeckt, teils durch Zuwendungen aus der markgräflichen Kasse und auch des Landalmosenamts. Es war dies das einzige Mal, daß das Reiche Almosen zu Nürnberg etwas für kirchliche Zwecke in Sachsen beisteuerte.

 Im Jahre 1754 lieferte der Großuhrmacher Henkel von Ansbach eine neue Uhr mit Viertelstundenschlag. 1755 wurde am Turm auch eine Sonnenuhr angebracht, deren Spuren auf der Südseite noch zu erkennen sind. 1892 kaufte man eine neue Uhr von Holzeder in Rothenburg um 680 RM. Da aber diese Uhr zu schwach war, um das vierfache Zeigerwerk stets richtig in Bewegung zu setzen, wurde sie 1913 umgetauscht gegen ein kräftigeres Werk von der Firma Förster in Nürnberg unter Auszahlung von 1150 RM. Die dabei gelieferten Zifferblätter litten mit der Zeit stark unter Rost, weshalb 1935 neue Blätter eingesetzt wurden, wieder von der Firma Förster. Sie sollten, um recht dauerhaft zu sein, aus Kupferblech gefertigt werden; doch konnte das Kupfer nur noch für drei Tafeln beschafft werden, während die vierte Tafel aus verzinktem Eisenblech hergestellt werden mußte. Diese hängt nun auf der Südseite des Turmes, wo sie der Rostgefahr weniger ausgesetzt ist.


| Der Kirchhof

 Wie es mit dem Kirchhof in alter Zeit stand, ist schon auf S. 69 ausgeführt worden. Die alte Schutzwehr, mit der einst der Kirchhof befestigt war, konnte in späterer Zeit der neuen Kriegswehr gegenüber nicht mehr genügen, weshalb sie abgetragen wurde. Man ließ nur noch eine einfache Mauer um den Kirchhof stehen. Lediglich das starke Eingangstor an der unteren Kirchhofmauer blieb bis in die neueste Zeit herein als Zeuge der alten Befestigung. Erst 1879 wurde es auf Abbruch verkauft und statt des festen Tores ein eisernes Gitter angebracht. – Die nach der Straße zu hoch aufgemauerte Umfassung des Kirchhofs bedurfte wiederholt der Stütze und Neuaufmauerung. So war 1839 ein Teil eingestürzt, und die mit Schulden überlastete Kirchenstiftung konnte erst 1841 an die Wiederherstellung herantreten. Ein anderer Teil der Kirchhofmauer war 1813 so verfallen, daß die Schweine in den Kirchhof einzudringen vermochten.

 Von einer Pflege des Friedhofs und der Gräber war in alter Zeit keine Rede. Man mußte vielmehr Klagen hören, wie die, daß der Mesner sein Pferd frei im Kirchhof herumlaufen lasse, daß Frauen ihre Wäsche darin bleichten (i. J. 1701), daß die Krypta (unter dem jetzigen Gefallenen-Denkmal) als Milchkeller benützt und im Oberbau des Kirchhoftores Heu aufbewahrt werde. Allerlei Übergriffe erlaubte sich besonders die Häfnersehefrau Fischer in Sachsen, eine Tochter des gewalttätigen Lichtenauer Richters, von dem nachfolgend noch Weiteres zu sagen sein wird. Man hatte eben in vergangenen Zeiten zu wenig Ehrfurcht vor den Toten und ihrer Ruhestätte, zu wenig Sinn für Schönheitspflege und fromme Rücksicht auf heilige Orte. Das Gegenteil darf jetzt von unserem Kirchhof gerühmt werden, wo man viel auf seine würdige und schöne Gestaltung verwendet.

 Es war wohl schon von Urzeiten her so, daß die einzelnen Ortschaften der Pfarrei ihre besonderen Begräbnisplätze auf dem Kirchhof hatten, und daß weiter auch die einzelnen Familien und Höfe wieder ihre eigenen Grabstätten besaßen. Kenner der alten Zeit bestätigen solche Sitte als uralt und erklären sie als eine Auswirkung des einstigen Zusammenhangs der Sippen und Familien in den Dörfern; man wollte, wie im Leben, so auch im Tode beisammen sein. Es verdient deshalb solche uralte Sitte nach Möglichkeit erhalten zu werden, wenn auch der Mangel an Raum ihre volle Durchführung nicht immer zuläßt. Die in neuester Zeit aufgestellte Friedhofordnung bietet dazu die Hand. Es handelt sich bei diesen gemeinsamen Gräbern nicht um eigentliche Familiengräber, wie sie| anderwärts bestehen, da keinerlei Verkauf oder Verbriefung stattfindet, sondern nur um ein altes Herkommen, das, soviel als möglich, berücksichtigt wird. Irgendein klagbares Recht besteht nicht, wie schon im Jahre 1905 in einer Sitzung der Kirchenverwaltung festgestellt wurde.

 Leider wurde auch der Friedhof zu einer Stätte des Unfriedens gemacht. In dem schon wiederholt angeführten Vergleich von 1653 zwischen den Regierungen von Ansbach und Nürnberg war ausdrücklich bestimmt worden, daß dem Pfarrer von Sachsen bei Ausübung kirchlicher Handlungen durch Lichtenau „kein fernerer Eintrag getan“ werden soll und daß es in allem „bei dem alten Herkommen und Brauch gelassen werde“. Eine Zeitlang wurde darnach verfahren. Aber dann beliebte es dem Pfleger Haller in Lichtenau, andere Wege zu gehen. Die Lichtenauer mußten ihre Toten regelmäßig nach Sachsen bringen, wo sie am Kirchhoftor von dem Pfarrer mit dem Kreuz und den Chorschülern empfangen und in den Kirchhof geleitet wurden. Die nachfolgende Beerdigungsfeier und der Gottesdienst wurden genau so wie bei den Pfarrangehörigen gehalten. Mit der Zeit bürgerte es sich aber ein, daß der Pfarrer von Lichtenau ebenfalls in Anspruch genommen wurde. Er begleitete den Leichenzug von Lichtenau bis an das Friedhoftor in Sachsen und nahm auf Wunsch schon in Lichtenau eine Feier mit Rede oder Predigt vor. Dadurch erwuchsen den Leuten doppelte Gebühren, was natürlich mancherlei Unzufriedenheit im Gefolge hatte. Pfleger Haller ging nun 1692 dazu über, Leichen von Festungsangehörigen (Soldaten u. a.) eigenmächtig auf dem Kirchhof in Sachsen durch seine Leute begraben zu lassen, ohne den Pfarrer von Sachsen beizuziehen oder auch nur zu verständigen. Als auf Geheiß der für Kirche und Kirchhof zuständigen markgräflichen Regierung das Tor zum Kirchhof verschlossen wurde, ließ er gewaltsam das Schloß abbrechen. Ja, er scheute sich nicht, noch während des Nachmittagsgottesdienstes die Beerdigung eines Soldaten vorzunehmen und durch Schießen und Trommeln den Gottesdienst zu stören.

 Dazu kam noch ein anderes. Während des Dreißigjährigen Krieges, wo die Pfarrei unbesetzt war und der damalige Mesner in Sachsen schlecht singen konnte, hatte der Kantor von Lichtenau öfters ausgeholfen und vor allem die Lichtenauer Toten noch in den Kirchhof hineingeleitet und sogar in der Kirche „abgesungen“. Als nun wieder friedliche Verhältnisse eingetreten waren, beanspruchte der Sachsener Kantor wieder sein altes Recht, schon vom Friedhoftor ab die Leichen zu begleiten und zu besingen. Allerdings machte er dieses Recht nicht sofort geltend, sondern erst viel später, erst um das Jahr 1700, so daß man wohl von einer Verjährung sprechen konnte.| Da Lichtenau nicht nachgeben wollte und Sachsen sein altes Recht doch durchzusetzen trachtete, kam es zu wüsten Auftritten im Kirchhof. Beide Kantoren und ihre Schülerchöre sangen zu gleicher Zeit und suchten einander zu überschreien. Leider mischte sich auch der übel berüchtigte Richter von Lichtenau ein und schlug den Lehrer von Sachsen auf dem Kirchhof blutig. Im Jahre 1704 ließ er den Sachsener Kantor durch den Amtsknecht sogar nach Lichtenau schleppen, mißhandelte und beschimpfte ihn und warf ihn ins Gefängnis. Er konnte das damals tun, weil der Pfleger Löffelholz auf einem Kriegszuge abwesend war. Selbstverständlich beschwerte sich die Ansbacher Regierung bei der Stadt Nürnberg und machte Vergleichsvorschläge. Allein Nürnberg wollte nicht nachgeben und erst 1714 ließ sich die Stadt bewegen, auf den Vergleich einzugehen, wonach der Lichtenauer Kantor seine Toten am Grab besingen und das angefangene Lied noch in der Kirche zu Ende singen durfte, im übrigen aber im Gotteshause der Sachsener Kantor den Dienst zu versehen hatte.

 Bei dieser Gelegenheit wurde auch die sogenannte „Abdankung“ abgeschafft, auf die beide Kantoren besonderes Gewicht gelegt hatten. Diese Abdankung bestand in einer oft recht übel angebrachten Lobrede auf den Verstorbenen, auf die der Geistliche keinen Einfluß hatte. Pfarrer Dietrich hatte deshalb schon längst deren Beseitigung beantragt. Die Gemeinde war freilich nicht damit einverstanden, da sie ihre Toten möglichst gelobt sehen wollte. Noch 1740 stellte sie den Antrag auf Wiedereinführung, jedoch ohne Erfolg.

 Ein voller Friede war auch nach dem Vergleich von 1714 noch nicht erzielt, weil immer noch die leidige Gebührenfrage zu allerlei Mißhelligkeiten führte und weil die Lichtenauer je länger je mehr von Sachsen unabhängig sein wollten. Immer lebhafter wurde deshalb in Lichtenau der Wunsch nach einem eigenen Gottesacker. Im Jahre 1788 wurde endlich ein solcher dort angelegt. Am 14. September 1788 wurde die letzte Leiche aus Lichtenau, ein Kind, in Sachsen beerdigt.

 Der tiefere Grund zu allen Kirchhofstreitigkeiten war der, daß Nürnberg das Eigentums- und Verfügungsrecht über den Kirchhof zu Sachsen beanspruchte, während der Markgraf von Ansbach den Kirchhof als Zubehör zur Kirche und damit als sein Rechtsgebiet betrachtete.

 Nachgetragen sei noch, daß einstens vornehme Leichen in der Kirche selbst bestattet wurden. Bei der Beschreibung des Innern in der früheren Kirche wurden bereits zwei Denkmäler solcher Toten hervorgehoben. In den Kirchenbüchern wird noch eine Freiin Anna von Grünthal erwähnt, die am 29. Juni 1681 in der Kirche beigesetzt wurde. Später kamen jedenfalls solche Kirchenbeerdigungen nicht mehr vor.


| Kirchen- und Totenwege

 Es war selbstverständlich, daß nach der Gründung der Pfarrei die Leute aus den zugehörigen Ortschaften stets den kürzesten Weg zum Pfarrsitz und zum Gotteshause wählten. Das konnte damals leicht geschehen, weil noch ganz wenig Land kultiviert war und man darum nach Belieben durch Wald und Heide, durch Wies und Weide gehen konnte. Als später die Bodenkultur sich ausbreitete, nahm man dabei stets Rücksicht auf die schon bestehenden Kirchenwege und schonte sie. Erst die neueste Zeit ist in dieser Hinsicht rücksichtsloser geworden. Auch brachten die neuzeitlichen Verkehrsverhältnisse von selbst manche Änderung der alten Wege. Eben darum ist es wichtig, daß diese alten Kirchenwege genau aufgezeichnet und beschrieben werden. Sie sind nicht nur Denkmäler vergangener Zeit, sondern sie geben auch mancherlei Aufschluß über kirchliche und wirtschaftliche Zusammenhänge, über Siedlungs- und Kulturgeschichte.

 Was von den Kirchenwegen gilt, das muß erst recht von den Totenwegen gesagt werden. Sie fallen in der Regel zusammen mit den Kirchenwegen, weichen aber aus verkehrstechnischen Gründen öfters von ihnen ab. Denn zur letzten Fahrt für die Toten brauchte man Wege, die nicht bloß für den Fußgänger gangbar, sondern auch für die Fuhrwerke fahrbar waren. Auch sie haben sich da und dort im Laufe der Zeit Änderungen gefallen lassen müssen.

 Für die nächstgelegenen Orte Volkersdorf und Rutzendorf konnte es keinen anderen Kirchen- und Totenweg geben, als den heute noch bestehenden Ortsverbindungsweg mit Sachsen. Nur daß von Volkersdorf heraus ehedem noch ein Fahrweg von dem nördlichen Teile des Dorfes (Hs.–Nr. 10, 11, 13, 14) in gerader Richtung zur Straße nach Sachsen führte und ein Fußweg von dem südlichen Teile her heute noch geht.

 Für Milmersdorf führten von jeher beide Wege vom Dorfe aus in gerader Richtung nach Sachsen, über zwei Höhenzüge hinweg unmittelbar zum Eingangstor in den Kirchhof. Wo der Weg von Herpersdorf einmündet, stand einst ein alter Baum, bei dem die Leichen vom Pfarrer und Chor in Empfang genommen und zum Kirchhof geleitet wurden. Der Baum hieß darum der Totenbaum. Auch der alte Totenweg von Neukirchen und Külbingen kam hier über den Kühberg herab und mündete beim Totenbaum in den Milmersdorfer Weg ein. Seit dem Bau der Eisenbahn wird, zumal bei schlechtem Wetter, als Kirchenweg gern der zwar etwas weitere, aber bequemere Weg an der Bahn entlang gewählt, während die Toten immer noch auf dem alten Wege gefahren werden.

|  Der Kirchenweg von Neukirchen ging von der dortigen Kirche aus, führte über die heute noch „Kirchengärtlein“ genannte Wiese und weiter durch die Felder geradenwegs zu der nach Sachsen gehenden Straße, auf die der Weg im Gründlein stößt. Auf der Anhöhe verläßt der Kirchenweg wieder die Straße und geht links davon durch den Wald geradeaus, bis er beim Verlassen des Waldes wieder auf die Straße mündet. Von der Höhe ging es dann, ehe die Bahn gebaut wurde, geradenwegs in das Tal hinab zum oberen Eingang in den Kirchhof. Diesen von der Höhe hinabstoßenden alten Weg kann man heute noch erkennen, wenn er auch mit Gestrüpp fast ganz verwachsen ist. Der Totenweg war wohl immer gleich der jetzigen Straße, die von Neukirchen nach Sachsen führt. Nur auf der Höhe über Sachsen bog der Totenweg, wie noch heute deutlich zu sehen ist, nach links ab in der Richtung auf das jetzige Röschingersche Anwesen und ging dann über den Kühberg hinab zu dem Totenbaum am Milmersdorfer Weg. Durch den Bahnbau wurde der Kirchenweg verschüttet und der Totenweg abgegraben. Beide konnten seitdem die von der Bahn gebaute Straße längs des Bahndammes benützen, die zuerst schienengleich über die Bahnlinie führte, hernach aber durch eine Unterführung geleitet wurde.

 Von Hirschbronn nach Sachsen lief von alters her die Straße, die Ansbach mit Lichtenau verband. Da sie ganz gerade ging, war kein Anlaß zu einem davon abweichenden Kirchen- und Totenweg gegeben. Nur der Bahnbau verursachte eine Änderung der Wege. Während die alte Straße von der Höhe geradeaus zur Kirche hinabführte, mußte wegen der Bahnlinie ein Umbau mit einer Unterführung vorgenommen werden, wodurch sich ein kleiner Umweg ergab. Die alte Straße ist inzwischen teilweise verbaut worden.

 Alberndorf hatte seinen Totenweg wohl immer im Tal entlang, entsprechend der heutigen Kreisstraße. Dagegen führte der Kirchenweg schräg den Berg hinauf quer durch den Wald gerade auf die Kirche von Sachsen zu. In der Nähe von Sachsen ging er ehedem durch die Felder und den Garten des jetzigen Schwabschen Anwesens. In ältester Zeit hielt sich der Weg von Alberndorf vermutlich gleich am Dorfausgang nach links in der Richtung auf den Wald nach Sachsen zu, was leicht geschehen konnte, solange dort noch Wiesgrund oder Weide lag. Gewisse Wege und ihre Richtung deuten heute noch darauf hin.

 Steinbach hat seine Toten jedenfalls den gleichen Weg gefahren wie Alberndorf, wenigstens seit beide Orte durch eine Brücke miteinander verbunden sind. Vorher, oder auch wenn Hochwasser die Verbindung mit Alberndorf störte, blieb nichts anderes übrig, als über Rutzendorf zu fahren, wo von ältester Zeit her eine Brücke die| Verbindung zwischen dem südlichen und nördlichen Teil der Pfarrei herstellte. Den Kirchenweg nahm Steinbach, wenn kein Hochwasser störte, unmittelbar vom Dorfe aus über die Wiesen bis zum Egelsteg und von da entweder den Talweg weiter bis Sachsen oder den Hang hinauf zum Alberndorfer Kirchenweg. Bei Hochwasser mußte wohl über Alberndorf, oder wenn auch das nicht anging, über Rutzendorf gegangen werden. Der Egelsteg ist jedenfalls schon sehr früh angelegt worden, da er bereits in den ältesten Akten als längst bestehend vorausgesetzt wird.

 Von Ratzenwinden lief der Kirchenweg wohl immer in der gleichen Richtung wie noch heute. Nur oberhalb des Dorfes teilte er sich und führte einerseits durch den Wald in der Richtung auf das Lindach oder am Lindach vorbei, anderseits rechts vom Wald entlang über die einst dort befindlichen Wiesen und Weiden ebenfalls zum Lindach. Von dort aus ist der Weg klar vorgezeichnet nach Rutzendorf und weiter nach Sachsen. Der Totenweg nahm einen ganz anderen Lauf. Er ging schon bald hinter Appolds Hof in den Wald hinein und führte auf halber Höhe durch den Wald hindurch auf einem jetzt noch vorhandenen Fahrweg. Oberhalb der unteren Walk wandte er sich zur Höhe hinauf, zog über den Egelsee–Anger hin und dann in das Tal hinab, wo er mit dem Kirchenweg zusammentraf. Als im vorigen Jahrhundert die Talstraße von Ratzenwinden abwärts gebaut wurde, wählte man lieber diesen Weg für die Toten und fuhr über die Büchenmühle nach Rutzendorf. Als im Jahre 1890 der alte Georg Michael Flühr von Ratzenwinden starb, wünschte er ausdrücklich, daß er noch den alten Totenweg nach Sachsen gefahren werde und nicht den inzwischen aufgekommenen neuen Weg. Er war der letzte, der so auf dem seit uralten Zeiten üblichen Weg der Toten geleitet wurde.

 Für Oberrammersdorf bestand ehedem kein Unterschied zwischen Kirchenweg und Totenweg. Beide führten vom Dorfe auf dem noch heute benützten Fahrweg am Strüthof vorbei bis hinab zum Wald über Rutzendorf. Dort bog aber der Weg nicht wie jetzt links ab und dann links vom Wald das Tal hinab, sondern ging geradeaus oberhalb der „Höll“ in den Wald hinein und auf einem Fahrweg in der Richtung auf Rutzendorf in das Tal hinab, wo er sich mit dem von Unterrottmannsdorf kommenden Wege traf. Erst als der um den Wald herumführende Weg im vorigen Jahrhundert ausgebaut wurde, zog man diesen Weg vor und fuhr mit seinen Toten in das dortige Seitental, wo man schließlich mit dem Ratzenwindener Weg zusammenkam. Aber noch 1872 wurde der alte Weg öfters benützt, wie eine Beschwerde aus Zandt gegen den Waldbesitzer Geißelsöder, der den Weg nicht mehr freigeben wollte, beweist. Der Kirchenweg| behielt die alte Richtung bis heute bei, wenn er auch etwas seitwärts nach der „Höll“ zu ausgebogen ist.

 Der Totenweg von Zandt deckte sich von Oberrammersdorf ab mit dem Totenweg dieser Ortschaft. Von Zandt aus bewegte sich jedoch der Leichenzug über den Wolfsbuck hinauf nach Oberrammersdorf. Der alte Kirchenweg dagegen führte zunächst auf der Straße nach Unterrottmannsdorf bis an den Talrand, wand sich dann links die Höhe hinauf, ging zwischen Oberrammersdorf und Unterrottmannsdorf in ziemlich gleichem Abstand hindurch in gerader Richtung auf den Strüthof. Vor diesem Hof mündet er beim Ausgang aus dem Wald in den Oberrammersdorfer Kirchenweg ein. Das Gelände nördlich von der Straße Oberrammersdorf–Lichtenau, anschließend an den Wald, war früher Weideland, so daß der Kirchenweg geradeaus darüber hinweggehen konnte; jetzt ist das Gelände in Ackerland umgewandelt, wodurch der Weg zum Teil verlegt wurde, so daß man nur mit Schwierigkeit sich zwischen den Feldern hindurchfindet. Da der Weg auch sonst nicht sehr angenehm ist, wird er nicht mehr oft betreten; man geht, zumal bei schlechtem Wetter, lieber den bequemeren und besseren Weg über Oberrammersdorf. Eine Frage ist, ob nicht auch der Zandter Totenweg in ältester Zeit dem Kirchenweg folgte. Es liegt diese Vermutung nahe, weil der Kirchenweg von der Straße ab, die zwischen Oberrammersdorf und Unterrottmannsdorf hinführt, deutlich als ein alter Fahrweg zu erkennen ist. Von Zandt aus wären dann die Toten auf dem Unterrottmannsdorfer Sträßchen bis zur Höhe hinaufgefahren worden, von wo ein Seitenweg nach links abbiegt und unmittelbar zu dem erwähnten Fahrweg geht. Daß dieser Weg schon frühzeitig nicht mehr als Totenweg benützt wurde, ist bei seiner schlechten Beschaffenheit leicht erklärlich.

 Von Unterrottmannsdorf laufen beide Wege auf der noch heute gebräuchlichen Spur, erst auf der Straße gegen Lichtenau, dann durch den Wald – früher geradeaus, jetzt am Waldende um die Ecke biegend – am Weickershof vorbei das Tal hinab, wobei der Fußweg (Kirchenweg) sich wiederholt links seitwärts hält, während der Fahrweg nach rechts ausbiegt. In ziemlich gerader Richtung geht es auf Rutzendorf zu, wo am oberen Ende des Dorfes die Wege von Zandt, Oberrammersdorf und Ratzenwinden zusammenlaufen und dann am Dorf vorbei über die uralte Rezatbrücke nach Sachsen hinübergehen. Anschließend an die vorstehend berichteten Kirchen- und Totenwege seien noch einige andere Wege angeführt, die von früher eingepfarrten Orten nach Sachsen gingen.

 Der Külbinger Kirchenweg führte vom Dorfe aus unmittelbar auf die Höhe hinauf in der Richtung gegen Milmersdorf. Beim Eingang in den Wald stand ehedem eine große Fichte, die „Kirchfichte“| genannt. In deren Stamm war eine „Marter gehauen“ d. h. wohl ein Bild des kreuztragenden Christus angeschlagen; daneben befand sich ein Stein, vermutlich ein Grenzstein, weil dort das nürnbergische Herrenholz mit den Neukirchener Hölzern zusammenstieß. Auf der Grenzscheide zwischen diesen beiderseitigen Wäldern ging der Kirchenweg weiter, bis man etwas oberhalb von Milmersdorf aus dem Walde austrat. In gerader Richtung ging es dann durch das Tal hindurch und auf der anderen Seite wieder hinauf, dort an dem früher Cronerschen Anwesen vorbei abermals in den Grund hinab und über den Kühberg hinweg nach Sachsen hinunter, wo er kurz vor dem Dorfe sich mit dem Milmersdorfer Weg vereinigte. Bei Milmersdorf ist der Weg durch den Bahndamm verschüttet worden. – Ihre Toten fuhren die Külbinger zunächst nach Neukirchen, wo beim Durchfahren mit der Glocke des Kirchleins geläutet wurde, dann den Neukirchener Totenweg bis zum Totenbaum vor Sachsen, wo die Leiche abgesungen wurde.

 Untereichenbach hatte seinen Geh- und Fahrweg vom Dorfe aus über die Höhe hinweg auf Sachsen zu. Ein Teil des Weges ist noch vorhanden in dem „Schleifweg“ und „hinterem Ochsentrieb“; der andere Teil oberhalb Untereichenbach ist durch angelegte Felder verstellt. Dort lag ehedem offenbar Weideland. Der Kirchenweg konnte darum leicht darüber hinwegführen. Vom Schleifweg und Ochsentrieb ging es durch den Wald hinab in den Erlbachgrund, wo auch heute noch ein alter Fahrweg läuft. Der Fußweg hatte sich hier allerdings auf die rechte Talseite hinübergewendet und führte unmittelbar zur Kirche hin. Im unteren Teil des Talgrundes sind jetzt beide Wege durch den Bahndamm zugeschüttet.

 Von Boxbrunn lief der Kirchenweg erst den Talgrund hinab, dann oberhalb der jetzigen Ziegelhütte über den Höhenzug hinüber zu dem Steg, der nahe bei Volkersdorf über die Rezat führt, weiter über den Wiesengrund hinauf zur Straße, die von Volkersdorf nach Sachsen geht. Als Totenweg ist anfangs vielleicht der gleiche Weg benützt worden, wobei dann allerdings der Totenwagen auf der „Steinfurt“ durch die Rezat fahren mußte. Doch wird man schon bald die Fahrt über Lichtenau, d. h. unmittelbar an dem Markt vorbei, nach Volkersdorf genommen haben. Der alte Kirchenweg kann jetzt noch deutlich durch die Felder hin verfolgt werden.

 Herpersdorf besaß einen geraden und bequemen Fahrweg, der oberhalb Volkersdorf unmittelbar nach Sachsen führte und beim Totenbaum auf den Milmersdorfer Weg traf. Gleiches gilt von

 Langenlohe, das auf der rechten Talseite einen Fahrweg nach Herpersdorf hatte und auf der linken Seite einen Fußweg dorthin benützen konnte.


| Das Kirchengut (Kirchenstiftung) (Fortsetzung zu S. 74)

 Das Kirchenvermögen hatte, wie schon ausgeführt wurde, in den Jahren 1451 und 1455 nach dem damaligen großen Brande eine außerordentliche Schwächung erlitten, weil der größte Teil des Besitzes veräußert werden mußte, um die Kirche und den Turm wieder aufbauen zu können. Damit nun das Kirchengut weiter seinen Verpflichtungen ausreichend nachkommen konnte, mußte man auf die Erschließung neuer Einnahme-Quellen bedacht sein. Es wurde deshalb ein „Stock“ (Opferstock) in der Kirche aufgestellt, damit die Leute bei besonderen Gelegenheiten (Abendmahlsfeiern, Taufen, Hochzeiten u. a.) Opfergaben für das Gotteshaus einlegten. Wann dieser Stock aufgestellt wurde, ist nicht überliefert; es muß aber schon sehr bald gewesen sein, weil er bereits um 1503 erwähnt wird, und zwar mit einem guten Ertrag. Ferner wurde um die Zeit von 1700 der Verkauf von Kirchenstühlen eingeführt. Auch hierdurch wurde jährlich ein, wenn auch nicht sehr großer Ertrag erzielt. Da der Kirchenstiftung einst auch die Versorgung der Armen oblag, wurde weiter der Klingelsack eingerichtet, der jährlich im Durchschnitt etwa 60 fl. einbrachte, die restlos der Unterstützung von Armen, nicht nur in der eigenen Gemeinde, sondern auch bei Auswärtigen (Obdachlosen, vertriebenen Exulanten, abgedankten Soldaten und dergleichen) zugewendet wurden.

 Eine erhebliche Verstärkung erfuhr das Kirchengut, als im Jahre 1813 das Vermögen der Filialkirchenstiftung Neukirchen mit der Sachsener Kirchenstiftung vereinigt wurde. Leider stand aber damals alles Kirchengut unter der Verwaltung der Stiftungsadministration in Herrieden; und diese wußte nichts Besseres zu tun, als möglichst viele Grundstücke zu verkaufen und sich dadurch die Verwaltung zu erleichtern. So wurden 1814 verkauft: Die beiden von Neukirchen übernommenen Wälder bei der Roßleiten und Weiherleiten (zwischen Vestenberg und Wicklesgreuth) zu 14 Tgw. an Joh. Mich. Entner in Weiherschneidbach um 2855 fl.; die Neukirchner Wiese in der Wilden Grube bei Rutzendorf an Georg Simon Geyer daselbst um 181 fl. (3/8 Tgw.); eine große Stiftungswiese zu 3 Tgw. bei Bechhofen an Elias Levi in Windsbach um 1436 fl.; eine Wiese mit Acker zu 3/8 Tgw. am Kalkofen bei Alberndorf an Stephan Streng daselbst um 250 fl. Der Gesamterlös aus diesen Grundstücken wurde 1815 auf Schuldschein bei der Staatsschulden-Tilgungs-Hauptkasse in München angelegt. Der zunächst hohe Zinsfuß dieser Staatspapiere zu 5% wurde später bedeutend herabgesetzt und damit von selbst das Vermögen entwertet; bei der Inflation nach dem Weltkrieg ging es| dann nahezu völlig verloren. Wertvollstes Kirchengut ist auf diese Weise verschleudert worden.

 Die Stiftungsadministration hat aber noch anderes Unheil für Sachsen gebracht. Als die kirchliche Vermögensverwaltung im Jahre 1834 endlich wieder in die Hände kirchlicher Organe gelegt wurde, stellte es sich heraus, daß von der Administration ohne jedes Vorwissen der Gemeinde eine Schuld von 1483 fl. der Kirchenstiftung aufgebürdet worden war, und zwar aus dem Pfarrpfründefonds zu Eschenbach. Auch die seit etwa 20 Jahren rückständigen Zinsen waren nicht bezahlt worden und wurden nun nachgefordert. Die Kirchenverwaltung Sachsen wehrte sich gegen die Bezahlung von Schuld und Zinsen, weil diese Belastung ganz gegen Willen und Wissen der Kirchengemeinde erfolgt sei und weil man nicht einmal bei der Übergabe der Verwaltung von der Administration zur (politischen) Gemeinde in Sachsen ein Wort davon habe verlauten lassen. Es kam zu einem langen Prozeß, der erst im Jahre 1848 mit einem Vergleich endete. Die Kirchenstiftung Sachsen mußte das Kapital nebst 3000 fl. Zinsen, also im ganzen 4483 fl. in jährlichen Raten zu 75 fl. abtragen, wodurch sie bis 1888 belastet wurde. – Eine ähnliche jährliche Belastung erwuchs durch die Schuld der Stiftungsadministration der Kirchenstiftung durch die schon erwähnte Übernahme der auf dem Pfarrhof ruhenden Gült an das Almosenamt zu Nürnberg. Durch eine Entschließung der bayerischen Staatsregierung vom 10. April 1809 war diese Gült als erloschen erklärt worden, nachdem von Lichtenau aus eine bestimmte Summe an rückständigen Pfarrgebühren zum Almosenamt bezahlt worden war. Aber ohne Vorwissen von Pfarramt und Gemeinde wurde gleichwohl durch die Stiftungsadministration diese Gült in einem jährlichen Betrage von 37 fl. der Kirchenstiftung überbürdet. Spätere Beschwerden der Kirchenverwaltung 1835 und 1838 konnten die Sache nicht mehr rückgängig machen. Bei der allgemeinen Ablösung der Grundlasten im Jahre 1848 wurde allerdings auch diese Gült mit abgelöst, aber auf Kosten der Kirchenstiftung.

 Bei der Grundlasten-Ablösung von 1848 war die Kirchenstiftung wenig beteiligt, da sie nur einzelne Zinsen und Grundrechte besaß. Es wird uns nur von einzelnen Grundstücken berichtet, auf denen sie eine Gült zu erheben hatte: je 30 kr. jährlich von Utzelmann in Volkersdorf und Wiesinger in Schlauersbach, 1 fl. 15 kr. von Schmidt in Hirschbronn, 1 fl. 30 kr. von Barthel in Neukirchen. Ferner bestand ein „Gattergeld“, das von 22 Anwesen in Sachsen (mit Einschluß des Pfarrhofes) einzusammeln (über das Hof-Gatter hinaus zu reichen) war, und ein sogenanntes „Mistrecht“ auf 3 Äckern bei Hirschbronn. Das alles ergab nur eine geringe Ablösungssumme.

|  Nach der Revolution von 1918 wurde der weltliche Kirchendienst vom Schuldienst abgetrennt. Das bedingte auch eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung zwischen der Kirchengemeinde und den beteiligten Schulgemeinden. Alle Einkünfte aus dem weltlichen Kirchendienst fielen von selbst an die Kirchenstiftung zurück. Soweit es sich um Gebühren für Amtshandlungen und um öffentliche Sammlungen handelte, wurden sie ohne weiteres dem Mesnerdienste zugewiesen. Zwei Grundstücke, die ebenfalls zum Kirchendienst gehörten, wurden im Grundbuche zwar nicht ohne weiteres auf die Kirchenstiftung überschrieben, aber mit dem vollen Nutzungsrecht der Stiftung belastet. Es ist das ein Acker am Milmersdorfer Weg und eine Stegwiese bei Volkersdorf mit einer Gesamtfläche von 1,96 Tgw. (0,668 ha). Schwieriger gestaltete sich die Auseinandersetzung wegen des Schulhauses. Ursprünglich war es das Mesnerhaus, in das die Schule hineinverlegt worden war und das wiederholt für die Zwecke der Schule umgebaut wurde, bis schließlich ein ganz neues Schulhaus an Stelle des alten errichtet wurde. Rechtlich war und blieb es das Mesnerhaus trotz aller Veränderungen. Aber die Schulgemeinden hatten doch erhebliche Aufwendungen für den Ausbau des Hauses zu schulischen Zwecken und schließlich für den Neubau gemacht, wenn auch in früherer Zeit die Hauptkosten durch die Sebastiansstiftung und teilweise auch durch die Kirchengemeinde und Kirchenstiftung bestritten wurden. Es trafen also hier schulgemeindliche und kirchliche Belange zusammen. Auf einer Tagfahrt am 10. Mai 1921, bei der Kirchenamtmann Rohmeder und ein Vertreter des Bezirksamts, dann die Kirchenverwaltung und der verstärkte Gemeinderat zugegen waren, wurde nach eingehender Verhandlung folgendes beschlossen: Das Haus soll den Gemeinden weiter für die Schule und als Wohnung für Lehrer überlassen werden, doch soll jährlich aus der vom Lehrer zu leistenden Mietentschädigung ein angemessener Betrag an die Kirchenstiftung hinüberbezahlt werden. Dieser Betrag wurde damals auf jährlich 300 M festgesetzt, später (1927) auf 60% der Jahresmiete. Die Unterhaltung des Gebäudes obliegt, solange es für Schulzwecke benützt wird, den beteiligten politischen Gemeinden laut gesetzlicher Vorschrift. Der Kirche verbleibt unter allen Umständen das Recht, die Schulsäle für die Religionsstunden, den Konfirmandenunterricht und „sonstige kirchliche Zwecke“ unentgeltlich und während der Heizperiode in geheiztem Zustande zu benützen.

 Zur Zeit besitzt die Kirchenstiftung folgende Grundstücke:

Die Kirche in Sachsen mit Turm und Kirchhof 1,04 Tgw.
Die Kirche in Neukirchen 0,05 
| Die untere Grundwiese, die kleine, mittlere und obere Meerhündin (Wiese), zwei Stegwiesen, unterer und oberer Kalkofen-Acker, Straßacker, sämtlich in der Gemeinde Volkersdorf.

Die Höllwiese bei Alberndorf.

Die Vestenbergerin und den Eichdümpfel (Wiesen), Acker und Wiese bei der Schockenmühle, sämtlich in der Gemeinde Eyb.

Die Gesamtfläche aller Grundstücke ohne die beiden Kirchen beträgt 13,12 Tgw. (4,472 ha). Eine geringe Minderung wird sich infolge der Wasserstall-Entwässerung ergeben.

 An Kapitalien hat die Kirchenstiftung zur Zeit 2405,76 RM. Der Baufonds zählt 7776,95 RM.

 Neben der Kirchenstiftung mit ihrem Vermögen gibt es in neuerer Zeit auch ein Kirchengemeindevermögen. Zu diesem gehören alle Einnahmen aus Kirchenumlagen, Kirchgeldern, freiwilligen Schenkungen und Stiftungen, soweit diese nicht ausdrücklich der Kirchenstiftung vermeint sind. Auch etwaige Anschaffungen aus solchen Einkünften zählen zum Eigentum der Kirchengemeinde. Alles Kirchengemeindevermögen gilt als rein kirchlich und unterliegt nur der kirchlichen Aufsicht, während bei allen Stiftungen, also auch bei der Kirchenstiftung, zur Zeit noch der Staat, wenigstens in Bayern, ein Oberaufsichtsrecht beansprucht.

 Durch die Ablösung der staatlichen Baupflicht im Jahre 1894 hat gerade die Kirchengemeinde Sachsen eine besondere Verpflichtung übernommen, nämlich alle notwendigen Bauten und Reparaturen an den kirchlichen Gebäuden selbst zu bestreiten, soweit nicht die Kirchenstiftung und der Baufonds dazu in der Lage sind.


Die Verwaltung des Kirchengutes

 Auch nach der Einführung der Reformation unterstand die gesamte Verwaltung des Kirchengutes den vier von der Gemeinde erwählten Gotteshauspflegern. Es waren nach wie vor zwei aus dem markgräflichen, zwei aus dem nürnbergischen Gebiet. Die markgräflichen Pfleger konnten ihr Amt in der Regel auf Lebenszeit behalten, und die Ansbacher Regierung vermied jede Einmischung in die wohlgeordnete Verwaltung. Dagegen suchte Nürnberg auch hier „Gerechtsame“ zu beanspruchen. Zwar daß der Amtspfleger Rummel in Lichtenau 1531 ohne weiteres „allen Vorrat an Geld und anderem von der Kirche“ zu Sachsen wegnahm, um damit Getreide für die Bevölkerung zu kaufen und das Reiche Almosen für die noch ausständige Gült schadlos zu halten, war selbst dem Rat der Stadt| Nürnberg zu viel, da es gegen alle Rechtsordnung verstieß, weshalb der Amtspfleger angewiesen wurde, den Schaden alsbald wieder zu ersetzen. Aber die Stadt duldete und unterstützte es, daß das Landalmosenamt in die Rechte der Gemeinde eingriff und von sich aus die beiden nürnbergischen Gotteshauspfleger ernannte. Schon dadurch kam eine Unstimmigkeit in die Verwaltung des Kirchengutes herein. Schlimmer noch wirkten sich Nürnbergs Ansprüche bei der jährlichen Abhör der Rechnungen aus, wie bereits auf S. 159 berichtet wurde. Am meisten aber war bei der Erledigung von Bausachen darüber zu klagen, wie in den Abschnitten über den Pfarrhof und über die Kirche und den Turm hervorgehoben werden mußte (S. 174, 178 und 194).

 Die Gotteshauspfleger versahen ihre Stelle ehrenamtlich. Nur bei der jährlichen Abhör der Rechnung durften sie sich mit der „Zehrung“ gütlich tun, zugleich mit den abhörenden Herren aus Ansbach, Lichtenau oder Nürnberg. Um allzu große Ausgaben zu vermeiden, wurde angeordnet, daß die Zehrung den Betrag von 11 fl. nicht überschreiten dürfe. Später (1754) wurde der Betrag auf 9 fl. herabgesetzt. Schon früher (1728) hören wir, daß sie für ihr sehr mühevolles Amt doch eine geringe Entschädigung erhielten, nämlich jeder Pfleger ein jährliches „Deputat“ von 1 fl. Als dann der Klingelsack eingeführt wurde, den die Gotteshauspfleger herumzutragen hatten, wurde ihnen nochmals je ein halber Gulden bewilligt. Da sie eine Zeitlang zur Abhör der Rechnung nach Ansbach fahren mußten, bekamen sie mit dem Pfarrer zusammen eine Reise-Entschädigung von im ganzen 3 fl. 20 kr.

 Die Zehrung auf Kosten der Kirchenstiftung vergaß man auch bei anderen Gelegenheiten nicht. Vor allem wenn die Stiftungsgrundstücke neu verpachtet wurden, was meist in kürzerer Zeit sich wiederholte, wurden alle Pachtlustigen im Wirtshaus mit „Stechwein“ (wohl eine geringere Sorte Wein) oder mit Bier und Brot bewirtet. Das kostete z. B. im Jahre 1728 nicht weniger als 13 fl., eine für die damalige Zeit recht beträchtliche Summe (etwa 100 RM nach heutigem Geldwert). Auch diese Ausgabe mußte auf behördliche Anordnung hin eingeschränkt werden.

 Mehr und mehr glitt die Vermögensverwaltung und Rechnungsführung in weltliche Hände hinüber. Wie der eine Teil des Kirchengutes in Lichtenau, der andere in Ansbach zuletzt verwaltet wurde, ist schon früher gesagt worden (S. 160). In Ansbach war es der Stiftsverwalter, der in der letzten Zeit das Kassenwesen sich angeeignet hatte. Das hatte böse Folgen. Denn als 1790 der Stiftsverwalter Hoffmann in Konkurs geriet, büßte die Kirchenstiftung Sachsen volle 852 fl. ein. Ganz verweltlicht wurde die Verwaltung| des Kirchengutes erst unter der bayerischen Regierung, die dazu 1808 besondere Stiftungsadministrationen einrichtete. Die Gotteshauspfleger wurden ihres Amtes überall enthoben, und alle Kassengeschäfte gingen nun für Sachsen über Herrieden. Schon die weite Entfernung dieses Ortes bedingte eine Menge von Umständlichkeiten, Botengängen und Schreibereien. Dazu war die Administration eine äußerst kostspielige und bürokratische Behörde, die ganz willkürlich mit dem Kirchengute schaltete, recht wenig leistete und doch eine Menge Geld verbrauchte. So kam es, daß die notwendigsten Reparaturen an den kirchlichen Gebäuden vernachlässigt oder doch erst spät ausgeführt wurden, und daß die Handwerker oft jahrelang auf die Bezahlung ihrer Rechnungen warten mußten. Besitztümer wurden verkauft, Schulden aufgenommen, kurz das ganze kirchliche Finanzwesen in eine unheilvolle Zerrüttung gebracht. Es ist schon im vorigen Abschnitt geschildert worden, welche Vermögens-Verluste für Sachsen durch die Administration in Herrieden entstanden. Da die Klagen sich immer mehr häuften, konnte die bayerische Regierung nicht anders, als nach nur zehnjährigem Bestande die Stiftungsadministrationen wieder aufzuheben (1817).

 Die Verwaltung des Kirchengutes wurde nun wieder an die Gemeinden hinausgegeben, aber leider nicht an die Kirchengemeinden, sondern an die politischen Gemeindeverwaltungen. Auch das war ein Mißgriff, doch kein so schwerer als der mit den Administrationen. Denn damals deckten sich in der Regel die politischen mit den kirchlichen Gemeinden, und wenn der Bürgermeister und die Gemeindeverwaltung gut kirchlich gesinnt waren, konnten sie wohl in kirchlichem Sinne wirken und verwalten. Aber diese Voraussetzung war eben nicht überall gegeben, und auch eine gutgesinnte Gemeindeverwaltung sah zuerst immer auf das, was der Gemeinde nützte. Die Kirche mußte wohl oder übel zurückstehen und mancherlei Beeinträchtigungen erfahren. Auch dieser Zustand ließ sich darum nicht lange aufrechterhalten. Im Jahre 1834 schuf man endlich eigene Kirchenverwaltungen und vertraute diesen das Kirchengut an. Allerdings mußte sich’s diese neue Verwaltung gefallen lassen, daß noch ein Vertreter der politischen Gemeinde mitwirkte. Erst 1912 wurde eine neue Kirchengemeindeordnung herausgegeben, die der Kirche wieder das volle Verfügungsrecht über das Kirchengut einräumte, freilich mit einer immer noch recht weitgehenden staatlichen Aufsicht.

 Neuere Gesetze haben dann der Kirche noch mehr Bewegungsfreiheit verliehen, vor allem auf dem Gebiete der Selbstbesteuerung (Kirchenumlagen und Kirchgeld). Für alle Steuersachen wurde eine Steuerverbandsvertretung vorgesehen, die praktisch| zwar mit der Kirchenverwaltung zusammenfällt, aber unter besonderen Bestimmungen steht. Auch sind jetzt wohl überall die Geschäfte der Kirchenverwaltung dem Kirchenvorstande übertragen, so daß, wie es in Sachsen der Fall ist, eine einheitliche Beratung und Verwaltung für die Kirchengemeinde besteht. Bemerkt sei noch, daß eine Kirchengemeinde in streng gesetzlichem Sinne erst mit der neuen Kirchengemeindeordnung von 1912 geschaffen wurde.


9. Die Kirche in Neukirchen (Fortsetzung zu S. 76)

 Über die kirchlichen Verhältnisse in dem Filialort Neukirchen hören wir aus der Zeit nach der Reformation bis hin zum Dreißigjährigen Kriege recht wenig. So wissen wir nicht, wie lange die von dem ersten evangelischen Pfarrer Jakob Hofmann eingerichteten Wochengottesdienste fortbestanden, ob ihnen erst der Dreißigjährige Krieg ein Ende bereitete oder ob sie schon vorher, vielleicht nach und nach, eingegangen sind. Der Krieg machte jedenfalls auch in Neukirchen wie überall einen tiefen Einschnitt in das kirchliche Leben. Denn auch Neukirchen lag längere Zeit fast ganz verödet da und die Bevölkerung konnte sich hernach erst langsam wieder zusammenfinden.

 Im Mai 1660 wandte sich die Ortsgemeinde an das Konsistorium in Ansbach mit der Bitte, ihre in dem Kriegsunwesen so sehr „ruinierte“ Kirche in Augenschein zu nehmen und Abhilfe zu schaffen, ehe „der Turm und das Dachwerk vollends gar über einen Haufen zusammenfällt“. Die Nachschau ergab, daß die Balken ganz verfault waren und daß besonders der „Chor“ sehr gelitten hatte. Hier hören wir zum erstenmal von einem Chor, der an die Kirche angebaut war. Vor der letzten Renovierung konnte man das an der Ostwand auch deutlich erkennen. Der gotische Chorbogen deutet darauf hin, daß dieser Chor erst in späterer Zeit angebaut wurde, vielleicht um die gleiche Zeit, wie der Chor an der Kirche in Sachsen. Freilich zu der damals nach dem Dreißigjährigen Kriege gewünschten Reparatur brauchte man Geld, und das Geld war in jener Zeit sehr rar. So ist es nicht zu verwundern, daß wir erst 1673 von einer teilweisen Erneuerung und 1682 von der weiteren Ausführung lesen. In dem letztgenannten Jahre kamen auch die Gemeindeglieder sogleich mit dem Antrag an die Kirchenbehörde, es möchte wieder alle 2–3 Wochen eine Betstunde in der Kirche gehalten werden. Pfarrer Dietrich erklärte sich damit einverstanden, wenn ihm nur für sein Pferd das nötige Futter dargereicht werde, von jedem Haushalte etwa zwei Metzen Haber. Daraufhin wurde eine Betstunde alle 14 Tage, jeweils am Donnerstag, genehmigt, jedoch nur für die Amtszeit des| Pfarrers Dietrich. Ob unter seinen Nachfolgern die Betstunden fortgesetzt wurden, ist nicht bekannt.

 Im Jahre 1688 wurde auch noch eine Glocke für die Kirche beschafft aus der Gießerei des Wolf Hieronymus Herold in Nürnberg, 125 Pfund schwer. 1698 folgte eine neue Schlaguhr, gefertigt von Matthäus Fürst in Fürth. Der aus Neukirchen stammende Bräumeister Paul Andreas Kernstock hatte dazu 15 fl. gestiftet, die Kirchenstiftung zahlte noch 31 fl. darauf. Leider blieb auch der Turm in Neukirchen trotz seiner Niedrigkeit nicht vom Blitze verschont. Am 1. Juni 1694 schlug er ein und richtete allerhand Schaden an Dach und Gebälk an, zertrümmerte auch das „Anbäulein vor der Kirchtüre“; und am 24. Juli 1731 traf er abermals den Turm. 1708 wurde die alte Glocke gegen eine größere von 232 Pfund eingetauscht, und zwar von dem Glockengießer Johann Konrad Roth in Forchheim. 1766 kam eine neue Uhr. 1783 wurde eine größere Reparatur am Turm vorgenommen, 1828 eine neue Glocke durch Mich. Ernst Käferlein in Nürnberg gegossen.

 Man konnte sich in Neukirchen solche Ausgaben sehr wohl leisten, da die Filialkirchenstiftung stets gute Erträgnisse abwarf. Mit der Zeit ergaben sich sogar erhebliche Überschüsse. So war 1720 schon ein Kassenbestand von 572 fl. vorhanden, 1746 ein solcher von 1436 fl., 1763 schon 2580 fl., und so weiter. Eben darum wurden der Stiftung auch allerlei Ausgaben zugemutet, die fremden Zwecken dienten. Von 1759 an mußte sie jährlich 12 fl. an die Schule zu Hennenbach bezahlen, dazu von 1763 an noch weitere 10 fl. Eine Zeitlang hatte sie an den Kaplan Horn zu Windsbach wöchentlich 30 kr., also jährlich 26 fl. zu entrichten, von 1805 ab an die Schule in Zandt jährlich 25 fl., ab 1766 an eine Regierungsratswitwe in jedem Jahre 121/2 fl., usw. Auch einmalige Ausgaben waren zu leisten, wie 1766 für Reparaturen an der Kirche in Vestenberg 10 fl., 1768 für eine solche in Brodswinden 25 fl., 1744 zum Pfarrhausbau in Merkendorf 25 fl. Dazu kamen Ausgaben für auswärtige Arme, so für einen Waisenknaben in Flachslanden jährlich 3 fl., für eine verarmte Frau in Hirschbronn wöchentlich 15 kr., für einen armen Mann in Hennenbach wöchentlich 10 kr., später 20 kr. Einheimische Arme gab es nur selten, wie 1762 zwei Waisenkinder Strauß, die wöchentlich mit 15 kr. bedacht wurden. Aber trotz aller Ausgaben mehrte sich der Kassenbestand mit jedem Jahre, so daß man sogar größere Grundstücke ankaufen konnte. Es wurden 1774 zwei Waldteile erworben, 5 Morgen bei der Roßleiten und 8 Morgen auf der Weiherleiten, beide zwischen Vestenberg und Wicklesgreuth gelegen.

 Am 31. Mai 1813 wurde die Vereinigung der Filialkirchenstiftung Neukirchen mit der Hauptkirchenstiftung in Sachsen verfügt,| weil man in jener Zeit der „Aufklärung“ und des Vernunftglaubens eine zweite Kirche neben der in Sachsen nicht mehr für nötig hielt. Am liebsten hätte man gleich die Niederrreißung der Kirche angeordnet; aber der hochgelegene und weithin sichtbare Turm war für die Landesvermessung gut zu gebrauchen und sollte darum als trigonometrisches Signal stehen bleiben. Und da der Turm auf der Kirche aufgebaut war, mußte man auch diese stehen lassen. Man konnte sie ja auch, wie es in einem damaligen Berichte heißt, als „Polizeianstalt zur Versammlung der Leute bei Feuersgefahr“ verwenden oder sonst „zu irgendeinem Gebrauch“. In der Folgezeit gab es noch allerlei Auseinandersetzungen mit Sachsen über vorkommende Baufälle, bis man sich dahin einigte, daß das vereinigte Kirchenvermögen auch für die „Erhaltung und Wiederherstellung der Kirche in Neukirchen“ zu sorgen habe. Diese Vereinbarung wurde allerdings nur sehr mangelhaft erfüllt. Man tat später nur das Allernotwendigste, um Kirche und Turm vor dem Einsturz zu bewahren, ließ aber im übrigen die Kirche vollkommen verwahrlosen. Es bedeutete darum nur eine Einlösung der alten Schuldpflicht, als im Jahre 1929 die Kirche wieder in würdigen Stand gesetzt und aufs neue in Gebrauch genommen wurde. Unter Leitung des Architekten Pylipp in Ansbach wurde das Gotteshaus hübsch erneuert und am 7. Juli durch Oberkirchenrat Rüdel neu geweiht. Als Kirchweihtag gilt nunmehr der Sonntag nach Peter und Paul. Der Kostenaufwand belief sich auf rund 5000 RM, wozu noch erhebliche Leistungen der Ortsgemeinde an Hand- und Spanndiensten, auch an Schenkungen und Stiftungen zu rechnen sind.

Bei der Übergabe des Stiftungsvermögens nach Sachsen im Jahre 1813 wurden folgende Werte verzeichnet:

1/2 Tgw. Wiese am langen Steg (1707 dem Lehrer von Sachsen zur Nutznießung überlassen).
1/2 Tgw. Wiese, die Vestenbergerin, unter der Aumühle.
01 Tgw. Wiese bei Herpersdorf (1912 an Eschenbacher in Herpersdorf verkauft).
3/8 Tgw. Wiese in der Wilden Grube bei Rutzendorf (1814 an Georg Simon Geyer in Rutzendorf verkauft).
13 Tgw. Waldungen in der Roßleiten und Weiherleiten zwischen Vestenberg und Wicklesgreuth (1814 an Joh. Michael Entner in Weiherschneidbach verkauft).

850 fl. an Kapitalien und Barbestand.
1/2 Simra Korngült, umgewandelt in jährlich 1 fl. 30 kr.
30 kr. jährlicher Zins von Immeldorf.

|  Nachzutragen ist noch, daß Neukirchen im Weltkrieg seine Glocke nicht abzuliefern brauchte, sondern sie heute noch besitzt; weiter, daß 1921 eine neue Uhr von der Firma Förster in Nürnberg bezogen wurde.

 Bis zur Auflassung der Kirche im Jahre 1813 fand jährlich nur einmal ein Gottesdienst in Neukirchen statt, nämlich am Kirchweihtage, der damals am Sonntag nach Mariä Heimsuchung (Sonntag nach dem 2. Juli) gefeiert wurde. Der Pfarrer von Sachsen erhielt für die Predigt aus der Stiftung 1 fl. 15 kr., wobei er aber auch nachmittags noch Gottesdienst zu halten hatte. Er und der Organist wurden an diesem Tage mittags und abends „mit einer ländlichen Kirchweihsuppe“ bewirtet, und zwar abwechselnd jedes Jahr bei einem anderen Bauern. Im Jahre 1852 war vom Dekanat die Wiedereinführung der abgeschafften Kirchweihpredigt angeregt worden. Pfarrer Günther erklärte sich dazu bereit; aber es fehlten die Mittel, um die Kirche zuvor in würdigen Zustand zu versetzen. Seit der Wiederherstellung der Kirche haben gemäß Entschließung der Kirchenbehörde mindestens vier Gottesdienste im Jahre stattzufinden.

 Zur Reinhaltung der Kirche, zur Mitwirkung bei den Gottesdiensten, zum Läuten der Glocke täglich früh, mittags und abends, und zum Aufziehen der Uhr war in Neukirchen von jeher ein Mesner beauftragt. Ehedem war es der jeweils von der Gemeinde gedungene Hirte. Als sich aber 1729 der Schneider und Weber Hans Adam Ziegler aus Rutzendorf in Neukirchen ansässig machen wollte, wurde ihm von der Gemeinde die Erlaubnis hierzu sowie der nötige Baugrund auf dem bei der Kirche gelegenen Gemeindeplatz nur gegeben unter der Bedingung, daß er „beständig und auf ewige Zeiten“ den Mesnerdienst übernehme. Als Entschädigung sollte er neben der kostenlosen Überlassung des Bauplatzes noch das Recht haben, eine Kuh und ein Schwein unentgeltlich auf die Weide laufen zu lassen. Ferner sollte er bei der Überführung von Leichen nach Sachsen für das Läuten der Glocke erhalten: von Külbingern jedesmal 71/2 kr., von Neukirchnern die Hälfte. Es ist begreiflich, daß dem Ziegler diese Entlohnung mit der Zeit allzu kärglich erschien, weshalb er um Aufbesserung bat. Man gewährte ihm dann jährlich 5 fl. aus der Kirchenstiftung. Im Laufe der Zeit folgten dann für den Mesner weiter Erhöhungen. Der Kirchendienst ist aber bis heute bei den Inhabern des damals gebauten Hauses (Nr. 6) verblieben.


| 10. Die kirchliche Ordnung

a) Gottesdienste

 Was einst in den Tagen der Reformation grundlegend begonnen wurde, das fand seine Fortsetzung und seinen Ausbau in den nachfolgenden Jahrhunderten. Der Mittelpunkt aller kirchlichen Ordnung blieb stets die Verkündigung des göttlichen Wortes, nicht nur in den Hauptgottesdiensten, sondern auch in den „Christenlehren“ und Wochengottesdiensten, im Unterricht der Jugend und bei den kirchlichen Amtshandlungen. Maßgebend war dabei in der Pfarrei Sachsen bis in die Neuzeit herein die „Brandenburgische“ (Markgräflich-Ansbachische) Kirchenordnung, die mit der Nürnberger Ordnung fast völlig übereinstimmte.

 Neben der Wortverkündigung kam in den evangelischen Gottesdiensten stets auch die Anbetung, der eigentliche „Gottes-Dienst“, das Dienen vor Gott, zum Ausdruck. Es geschah das vor allem in der Liturgie, die ja nichts anderes als „Dienst“ = Gottesdienst bedeutet, dann weiter im Gemeindegesang und Gemeindegebet. Dazu diente auch ein würdiger Schmuck des Altars und des ganzen Kirchenraumes, weshalb man die alten schmuckvollen Altäre aus der katholischen Zeit unbedenklich beibehielt, auch wenn man die dort abgebildeten Heiligengestalten nicht mehr als Mittler und Fürsprecher anerkannte. Selbst die weißen Chorhemden der Geistlichen und längere Zeit sogar die bei der Feier des heiligen Abendmahls noch gebrauchten Meßgewänder ließ man in diesem Sinne gelten. Der Gedanke einer würdigen und schönen gottesdienstlichen Feier trat überall in Erscheinung.

 Die Bedeutung solcher evangelischen Gottesdienste wurde freilich von der Gemeinde nicht immer voll verstanden. Zwar die Hauptgottesdienste durften sich, soweit aus den Akten ersichtlich ist, in Sachsen jederzeit eines guten Besuches erfreuen, aber die Nebengottesdienste am Sonntagnachmittag (Christenlehre) und während der Woche (zweimal, am Dienstag und Freitag, später nur noch am Freitag) fanden niemals die gebührende Beachtung, wie immer wieder geklagt wurde. Aber auch bei den Hauptgottesdiensten wurde der anbetende Teil, d. h. die Liturgie, gern als etwas Überflüssiges angesehen, wenigstens von den Männern und Burschen, die, wie öfters die Klage lautete, während des Altargottesdienstes sich auf dem Kirchhof aufhielten, dort miteinander schwätzten und erst beim zweiten Lied ihre Plätze im Gotteshause aufsuchten. Sogar von solchen hört man, die statt in das Gotteshaus lieber in das Wirtshaus gingen, den Sonntag überhaupt durch Handelsgeschäfte und anderes entheiligten.

|  Kirchenvisitationen scheinen in Sachsen nur jeweils bei der Einsetzung eines neuen Pfarrers gehalten worden zu sein. Nach dem Vergleich von 1653 sollten dabei Ansbach und Nürnberg immer zusammengehen. Das hatte natürlich seine Schwierigkeiten, weshalb wohl die Visitationen so selten stattfanden. Es war dabei stets der markgräfliche Dekan von Leutershausen tätig und zugleich ein Geistlicher aus Nürnberg (z. B. 1680 Prediger Feuerlein, 1717 Prediger Wetzel). Über den Stand christlicher Kenntnisse wurden bei dieser Gelegenheit nicht nur die Kinder und die Jugend geprüft, sondern auch die Erwachsenen, Männer und Frauen. Diese Ordnung rührte noch von der Reformationszeit her, wo anfangs die Unwissenheit in Glaubenssachen so ungeheuer groß war, daß man die „Christenlehren“, d. h. den sonntäglichen Unterricht für alle Christen, für jung und alt, einrichten mußte. Dazu kam, daß damals von einem geordneten Schulwesen noch keine Rede war, so daß die christliche Unterweisung ausschließlich in der Kirche erfolgen mußte und für die Jugend erst später in die Schule verlegt werden konnte.

 Was bei diesen Visitationen herauskam, war recht verschieden, je nachdem die prüfenden Herren schwere oder leichte Fragen stellten, je nachdem sie mehr den allgemeinen Stand christlicher Erkenntnis ins Auge faßten oder besondere Kenntnisse im Katechismus, in Bibelsprüchen und anderem forderten. So berichtete 1680 der nürnbergische Prediger Feuerlein, er habe die Leute „in ihrem Katechismus und Christentum so fein unterrichtet befunden, daß man mit ihnen noch wohl zufrieden sein konnte“. Dagegen schreibt der Prediger Wetzel 1717, die Jugend habe sich willig examinieren lassen, aber bei vielen sei große Unwissenheit vorhanden gewesen, wenn es auch nicht an solchen fehlte, die noch ziemlich aus dem Katechismus und sonst hätten antworten können; bei den Älteren seien etliche ganz roh und unwissend gewesen, andere besser, wenige hätten prompt antworten können, doch hätten sie sich alle willig examinieren lassen. Die Prüfung währte damals 21/2 Stunden. Auch bei den folgenden Visitationen schwankten die Urteile sehr. Auffallend ist ein Bericht von 1759, der hervorhebt, daß Knaben und Mägdlein nicht recht mitkamen, dagegen die Erwachsenen zum Teil recht gründlich zu antworten vermochten; besonders hätten sich zwei Frauen auf den vordersten Bänken hervorgetan, sowie ein Mann, der dem Visitator auf Schritt und Tritt folgte, von dem sich aber hernach herausstellte, daß er ein auswärtiger Lehrer war. Aus den beiden letzten Bemerkungen erkennt man, daß sich die Visitatoren auch täuschen ließen.

 Im Jahre 1789 fand zum letztenmal eine derartige Visitation statt. Es war eine neue Zeit angebrochen, die auch kirchlich manche Änderung brachte. Nachdem der allgemeine Schulunterricht mit einem| eingehenden Religionsunterricht sich durchgesetzt hatte, war es wirklich nicht mehr notwendig, die Erwachsenen so wie zu Luthers Zeiten zu schulen und sie öffentlich zu prüfen. Es mußte sich eine andere Visitationsweise herausbilden, ähnlich wie sie heutzutage geübt wird. Die „Christenlehren“ erhielten sich allerdings noch weiter, aber in der Hauptsache nun für die Jugend, wenn auch so, daß Erwachsene immer noch mit Gewinn daran teilnehmen konnten. Eine Pflicht zum Besuch der Christenlehre bestand lange Zeit bis zum 18. Lebensjahre und wurde dann der Besuchszeit für die Sonntagsschule und Fortbildungsschule gleichgeschaltet. Neuerdings hat sie wieder eine Änderung erfahren und harrt noch eines ganz neuzeitlichen Ausbaues oder vielleicht auch einer völligen Umgestaltung.

 Schweren Schaden hatte die Zeit der „Aufklärung“ gebracht, die etwa um 1750 einsetzte, in unserem Gebiet sich aber erst gegen das Ende des Jahrhunderts auswirkte. Dem verstandesmäßigen Vernunftglauben dieser Zeit, Rationalismus genannt, war alles Wunderbare, Biblische, Sakramentale, Liturgische, Feierliche und Weihevolle zuwider, und wo er konnte, begann er damit aufzuräumen. Die Liturgie in den Gottesdiensten wurde beseitigt und der Gottesdienst selbst möglichst einfach, nüchtern und verstandesmäßig gestaltet. Die Sakramente, Taufe und Abendmahl, verloren ihre hohe, heilige Würde. Der Inhalt des Christentums wurde auf die drei Worte „Gott, Tugend, Unsterblichkeit“ zurückgeschraubt; Wunder erkannte man nicht an, weil sie angeblich der Vernunft widersprachen; die Person Christi wurde ihres göttlichen Charakters entkleidet, seine Auferstehung geleugnet, usw. Der inneren Leerheit paßte sich auch bald die äußere Leerheit an. Aus den Kirchen entfernte man möglichst allen Schmuck und Zierat, zündete keine Lichter mehr an, ließ die Geistlichen nicht mehr ihre weißen Chorhemden tragen, machte alles recht nüchtern, farblos, kahl und leer. Wir haben es bei dem Umbau der Kirche in Sachsen gesehen, wie da der Rationalismus übel hauste und schonungslos gegen das Alte vorging. Glücklicherweise konnte er sich nicht überall so durchsetzen, wie er wollte, da die Gemeinden weithin ein besseres Verständnis zeigten und mehr inneres Gefühl für das wahrhaft Christliche hatten. Aber gerade Sachsen hatte es unter der Führung des damaligen Pfarrers Brandt spüren müssen. Die preußische Regierung (von 1792 ab) trug eine Hauptschuld an der Verbreitung des Rationalismus.

 Es dauerte geraume Zeit, bis dieser rationalistische Geist von innen heraus überwunden wurde. Erst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts wehte wieder eine andere Luft und das biblische Christentum blühte wieder auf. Die Liturgie wurde in Bayern 1856 wieder eingeführt. Die Gemeinden hatten sich allerdings in der Zwischenzeit| so sehr an die kahle und kalte Nüchternheit des rationalistischen Gottesdienstes gewöhnt, daß sie nur schwer zu bewegen waren, wieder die gute, alte, lutherische Ordnung anzunehmen. Auch in Sachsen glaubte der Kirchenvorstand im Namen der Gemeinde gegen die Wiedereinführung der Liturgie protestieren zu sollen, weil diese angeblich katholisch sei; so sehr verkannte man das alte Luthertum. Länger währte es, bis auch die schmucklosen Gotteshäuser wieder schöner und würdiger gestaltet werden konnten; in Sachsen konnte das erst in neuester Zeit geschehen.
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 Eine besondere Hervorhebung muß hierbei das Gesangbuch finden. Noch in der Zeit des letzten Markgrafen war im Jahre 1781 ein neues Gesangbuch herausgegeben worden, das schon ganz dem Geist der Zeit Rechnung trug. Die ländlichen Gemeinden waren freilich damals noch nicht so weit, daß sie sich eine solche Umstellung widerspruchslos gefallen ließen. Wie Pfarrer Laubinger später berichtete, entstand da und dort „eine Art von revolutionären Auftritten“, zu deren Dämpfung der Markgraf sogar seine Husaren einsetzen mußte. – Als das neue Königreich Bayern sich gebildet hatte (1806), war auch eine größere Zahl von evangelischen Gebietsteilen, vor allem in Franken und Schwaben, dazugekommen. Diese wurden zu einer einheitlichen „Protestantischen Landeskirche“ zusammengefaßt unter einem gemeinsamen Kirchenregiment. Der Zusammenschluß sollte aber nicht nur äußerlich bleiben, sondern sich zu einer inneren Einheit formen. Diesem Zweck sollten gemeinsame Ordnungen im Kirchenwesen dienen. Dazu gehörte vor allem ein einheitliches Gesangbuch. Ein solches wurde 1816 herausgegeben. Seine Einführung in der Pfarrei Sachsen vollzog sich diesmal ohne besondere Schwierigkeit, hauptsächlich um deswillen, weil man langsam und vorsichtig vorging. Pfarrer Laubinger konnte 1821 berichten, daß nunmehr Gesangbuch und Choralbuch in der Pfarrei eingeführt seien. Aber auch dieses Bayerische Gesangbuch trug noch den Stempel rationalistischen Geistes und konnte darum bei dem Anbruch der neuen, biblisch und bekenntnismäßig gerichteten Zeit nicht mehr genügen. Es wurde deshalb 1854 wieder ein anderes Gesangbuch hergestellt, ein Gesangbuch, das bis zum Jahre 1930 im Gebrauche blieb. Pfarrer Günther konnte damals aus Sachsen melden, daß dieses Gesangbuch „freudige Aufnahme seitens des weitaus größten Teils der Gemeinde“ gefunden habe. – Durch 75 Jahre bewährte sich dieses wirklich gute und kirchliche Gesangbuch. Aber es zeigte im Laufe der Zeit doch allerlei Mängel. Es fehlten nicht wenige vortreffliche Lieder, die in anderen Landeskirchen gesungen wurden und die unserer Zeit ganz besonders angemessen waren. Anderseits konnte man eine Reihe von Liedern entbehren, die zu| wenig kraftvoll und erbaulich waren. Auch andere Wünsche waren laut geworden. Nach längeren Vorbereitungen kam deshalb das jetzige Gesangbuch zustande, das im Jahre 1930 erschien und ohne besondere Schwierigkeit im Laufe der nächsten Jahre allgemein eingeführt wurde.


b) Feste und Feiertage

 In dem Abschnitt von der „Reformation in der Pfarrei Sachsen“ wurde bereits ausgeführt, daß nicht nur die eigentlich christlichen Feste beibehalten wurden, sondern auch die Aposteltage und die meisten Marientage. Darin gab es keine Änderung bis gegen das Ende des vorletzten Jahrhunderts. Im Volke wurde allerdings ein Unterschied gemacht zwischen der Feier des Sonntags und der christlichen Feste einerseits und der Feier der bestehenden Apostel- und Marientage anderseits. Bei den letzteren glaubte man es nicht so genau nehmen zu müssen. Für den Fortgang der Arbeit bedeuteten ja diese in der Regel auf einen Wochentag fallenden Feiertage oft ein lästiges Hindernis, zumal in der sommerlichen Zeit. Mancher Tag fiel darum schon im Laufe der Zeit dahin, wie der Feiertag „Mariä Himmelfahrt“, der im Ansbacher Gebiet schon 1715 nicht mehr begangen wurde. Da Nürnberg diesen Tag noch länger beibehielt, ergab sich für die Pfarrei Sachsen die mißliche Lage, daß die Hälfte der Gemeinde feierte, die andere Hälfte arbeitete. Die feiernde Hälfte mußte nach Lichtenau zur Kirche gehen, weil die Kirche in Sachsen sich nach der Ansbacher Ordnung zu richten hatte. Die preußische Regierung räumte mit sämtlichen Feiertagen auf und ließ außer den Sonntagen nur Weihnachten, Ostern und Pfingsten mit je zwei Tagen, dann Neujahr, Karfreitag und Himmelfahrtsfest gelten. Das geschah durch die Verordnung von 1796. Da Nürnberg diesem Vorgehen nicht folgte, ergaben sich für die Pfarrei Sachsen noch mehr Mißstände als zuvor.

 Ein Ansatz zur Feier eines Reformationsfestes war schon in der Ansbacher Kirchenordnung gegeben. Danach sollte an dem Sonntag, der Luthers Geburtstag (10. November) am nächsten lag, sei’s vorher oder nachher, im Gottesdienste des Werkes der Reformation gedacht werden. Erst in neuerer Zeit wurde das Fest auf den Sonntag nach dem 31. Oktober, dem Gedenktag des Thesen-Anschlags Luthers an die Schloßkirche zu Wittenberg, verlegt.

 Im Gedenken an die Reformation wurden auch stets Jahrhundertfeiern begangen. Der Beginn der Reformation im Jahre 1517 wurde regelmäßig in den Jahren 1617, 1717, 1817 und 1917 in großen Jubelfesten gefeiert. Der Überreichung der Augsburger| Konfession am 25. Juni 1530 wurde gleicherweise 1630, 1730, 1830 und 1930 festlich gedacht. Im Nürnberger Gebiet geschah das sogar jedes Jahr am Sonntag nach Johannis, wodurch dort dieser Tag als Reformationsfest galt. In dem laufenden Jahrhundert hat man noch besonders gedacht: 1921 an den Reichstag zu Worms mit seinem großen Luther–Bekenntnis, 1922 an Luthers Bibelübersetzung auf der Wartburg, 1923 an die Herausgabe des ersten evangelischen Gesangbuches, 1928 an das Erscheinen des Kleinen Katechismus Luthers, 1929 an den Reichstag zu Speier mit der „Protestation“ der evangelischen Fürsten, 1933 an Luthers Geburtstag vor 450 Jahren (10. November 1483 zu Eisleben). Dazwischen beging die Pfarrei Sachsen noch ein eigenes Jubiläum, das der Einführung der Reformation in Sachsen vor 400 Jahren (um ein Jahr verspätet, erst 1929).

 Bußtage wurden einst nur von Fall zu Fall angeordnet, wenn schwere Gefahren drohten, wie der Einfall der Türken oder der Dreißigjährige Krieg. Gegen die Türkengefahr war schon 1566 im Markgrafentum ein tägliches Gebet angeordnet worden; mittags um 12 Uhr sollten überall die Glocken läuten und dadurch die Leute zu einem Gebet um Abwendung der Türkennot aufgerufen werden. Dieses heute noch bestehende Geläute, dessen Ursprung freilich längst vergessen ist, nannte man die „Türkenglocke“. Sie ist nicht zu verwechseln mit der Mittagsglocke, die stets schon um 11 Uhr rief. Nach dem Dreißigjährigen Kriege wurden die Bußtage zu einer dauernden Einrichtung der Kirche. Nur daß wieder Ansbach und Nürnberg auseinandergingen. Im Markgrafentum hatte sich der Mittwoch nach Jubilate eingebürgert, während im Gebiet der Stadt Nürnberg regelmäßig der Aschermittwoch als „Fast-, Buß- und Bettag“ eingehalten wurde. Da die Kirche in Sachsen dem markgräflichen Brauch zu folgen hatte, mußten die nürnbergischen Untertanen der Pfarrei an ihrem Bußtag nach Lichtenau zur Kirche gehen, während sie am markgräflichen Tage zu arbeiten hatten. Bei der Neuordnung des evangelischen Kirchenwesens in Bayern wurde als gemeinsamer Bußtag der noch heute als solcher geltende Sonntag Invokavit, der erste Sonntag in der Passionszeit, festgesetzt. Neuerdings kam noch ein zweiter Bußtag dazu, der als allgemeiner Bußtag für die ganze evangelische Kirche im Deutschen Reiche aus Preußen übernommen wurde, der Mittwoch vor dem letzten Sonntag nach Trinitatis, vor dem sog. Totensonntag.

 Das Erntedankfest ist aus den Teuerungsjahren 1770 und 1771 herausgeboren worden. Infolge Mißwachs war damals überall die größte Not entstanden. Als dann endlich 1772 eine gesegnete Ernte kam, feierte man ein großes freudiges Dankfest. Und da man erkannt hatte, daß aller Segen von oben kommt, wiederholte man| fortan alljährlich dieses Fest des Dankes für die von Gott geschenkte Ernte. Der Tag hierzu wurde freilich in den verschiedenen Ländern wieder ganz verschieden festgesetzt. Die Nürnberger hielten sich nach einigem Schwanken an den 15. Sonntag nach Trinitatis, die Ansbacher an den Sonntag nach Michaelis. Letzterer wurde später als der geeignetste Tag allgemein festgehalten und gilt noch heute.


c) Kirchliche Handlungen

 Schon in der markgräflichen Kapitelsordnung von 1565 wurde ein siebenwöchiger Unterricht für „Katechumenen“ vorgeschrieben, d. h. für solche, die zum erstenmal das Sakrament des heiligen Abendmahls empfangen wollten. So berichtete auch Pfarrer Kehrer, daß er seit 1651 regelmäßig einen Sonderunterricht für diejenigen Kinder erteile, die „das Alter erreichten, um zum heiligen Abendmahl zu gehen“. 1742 hören wir von einer „Sechswochen- oder Pfingst-Kinderlehre“ für alle Kinder über 13 Jahre zur Vorbereitung auf Beichte und Abendmahl, wobei täglich 2 Stunden Unterricht gegeben wurde. Aus der Erwähnung von Pfingsten entnehmen wir, daß der Unterricht zwischen Ostern und Pfingsten stattfand. Pfingsten war dann der Abendmahlstag. Aus dem Gesagten geht hervor, daß schon bald nach der Reformation ein Unterricht eingeführt wurde, der im Grunde den gleichen Zweck hatte, wie unser heutiger Konfirmanden-Unterricht. Nur daß die Stunden auf wenige Wochen zusammengedrängt waren, während heute die Unterrichtszeit auf mehrere Monate auseinandergezogen ist. Eine eigentliche Konfirmation fand damals noch nicht statt. Wir hören späterhin (1742) lediglich von einer Prüfung, mit der der Unterricht abgeschlossen wurde. Erst um das Jahr 1800 kommen Konfirmationen vor, aber auch da noch nicht überall. Die Zeit des wieder erwachenden Glaubens nach der öden Dürre des Nationalismus eignete sich die Sitte einer eigenen Konfirmationsfeier um so lieber an, als damit ein Bekenntnis und ein Treugelöbnis verbunden war, beides sehr notwendig für jene Zeit. Pfingsten war dann in der Regel der Konfirmationstag, teilweise schon der vorhergehende Sonntag Exaudi. Seit 1838 wurden die Termine rückverlegt. Der Unterricht begann schon im November, meist wöchentlich dreimal, die Konfirmation wurde auf den Sonntag nach Ostern festgesetzt. Auch der Palmsonntag konnte bereits genommen werden.

 Bei Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen hatten sich im Laufe der Jahre allerlei Unsitten und Unzuträglichkeiten eingeschlichen. Wenn im Jahre 1556 über die prächtigen Gewänder und anderen Luxus bei Taufen und Hochzeiten geklagt wird,| so läßt das gewiß erkennen, welche Wichtigkeit man diesen kirchlichen Handlungen beilegte; aber es ist doch eine Ausartung, zumal wenn wir weiter von großartigen Schmäusen bei dieser Gelegenheit, von Völlerei und Trunkenheit und anderen Mißständen vernehmen. Sogar blutige Schlägereien kamen vor. Wiederholt mußten die Behörden durch scharfe Verordnungen eingreifen, sowohl von Nürnberg wie von Ansbach aus.

 Eine ausführliche Ordnung des Markgrafen von Ansbach im Jahre 1733 läßt uns einen Blick in die damaligen Verhältnisse tun, weshalb aus ihr folgendes entnommen sei:

 Bei Taufen dürfen höchstens zwei Paten genommen werden. Diese dürfen nicht, wie oft geschieht, mit großen Geschenken aufwarten, außer wenn sie für Arme Pate stehen. Ebensowenig dürfen Kinder ihre Paten bei jeder Gelegenheit um Geschenke anbetteln. Kostbare Mahlzeiten bei Kindtaufen und sog. „Kindbetthöfe“ sind bei Strafe verboten, desgleichen Spiel und Tanz dabei, überhaupt jeder unnütze Aufwand.

 Bei Eheberedungen (Verlobungen) ist alle Üppigkeit und Schwelgerei, wie aller kostbare Aufwand zu vermeiden. Als Ehepfänder dürfen nur Ringe oder ein „Gulden“ oder ein „Speziestaler“ gegeben werden.

 Zu den Hochzeiten sind nicht mehr als 20, höchstens 24 Personen zu laden. Ausgenommen sind Schultheißen, Siebner, Gerichtspersonen und Bauern mit ganzen Höfen; diese dürfen vier Tische mit je zehn Personen setzen. Bei Mahlzeiten in den Wirtshäusern darf nicht mehr als 1 fl. 30 kr. auf die Person verrechnet werden (nach heutigem Geldwert etwa 10 RM), und die Mahlzeit darf nur von mittag bis 5 oder 6 Uhr dauern, der Tanz hernach nur bis 9 oder höchstens 10 Uhr. Verboten ist das Zulaufen ungebetener Gäste, das Einholen der Braut mit Schießen, das Ausschicken von Kuchen und Wein in die Häuser, das Zechen vor dem Zug in die Kirche und anderes mehr.

 Bei Beerdigungen ist auf möglichste Einfachheit zu achten. Es darf niemandem Brot, Wein oder anderes Getränk verabreicht werden (also keine Leichentrünke!). Witwen betrauern ihren Ehemann ein Jahr lang, Witwer ihre Frau 6 Monate, Eltern ihre Kinder 3 Monate, Kinder ihre Eltern und Großeltern 6 Monate.

 Soweit die markgräfliche Ordnung. Die Leichentrünke haben sich dadurch allerdings nicht beseitigen lassen, wie spätere Verordnungen beweisen. 1789 ist sogar von Leichengelagen die Rede. Erst die neueste Zeit mit dem Weltkrieg und der Inflation hat einen erfreulichen Wandel herbeigeführt. Die Unsitte ist jetzt auf einfachste Bewirtung auswärtiger Trauergäste zurückgeführt.

|  Die Leichen wurden von alters her für Sachsen beim Trauerhause, für auswärtige Orte beim (alten) Dorfeingang abgesungen, für die Orte Neukirchen, Külbingen, Milmersdorf, Herpersdorf und Langenlohe bei dem schon wiederholt erwähnten Totenbaum am Milmersdorfer Weg. Der Totenbaum ist um das Jahr 1760 umgefallen und nicht wieder nachgepflanzt worden. Eine Zeitlang hatte sich die Unsitte eingebürgert, daß vermögende Bauern ihre Toten schon in den nächstgelegenen Orten Volkersdorf, Rutzendorf, Alberndorf, Steinbach und Milmersdorf vom Schülerchor mit Kantor und Kreuz und womöglich auch vom Geistlichen abholen ließen, ein durchaus unsozialer und darum unhaltbarer Ausnahmezustand, der bald wieder abgeschafft wurde.

 Auf dem Gottesacker fand stets nur die Einsegnung statt. Wenn eine Zeitlang vermögende Leute dabei noch eine besondere Grabrede halten ließen, so wurde auch das mit Recht in neuerer Zeit abgestellt. Die Hauptfeier wurde von jeher für die Toten in der Kirche gehalten mit einem Predigtgottesdienst. Über die einstige Unsitte der sog. „Abdankung“ wurde bereits bei den Ausführungen über den Friedhof gesprochen. Geblieben ist davon nur der Gesang des Schülerchors in der Kirche unmittelbar vor dem Trauergottesdienst.

 Ungefähr um das Jahr 1700 kamen da und dort die „Totenkronen“ auf, Kronen aus Silber oder doch versilbertem oder vergoldetem Metall, die Kindern und in Ehren verstorbenen ledigen Personen beim Zug zum Kirchhof auf den Sarg gesetzt wurden. Da sich solch ein Schmuckstück nicht leicht jemand auf eigene Kosten leisten konnte, so pflegte die Kirchenkasse dieselben anzuschaffen und gegen eine geringe Gebühr auszuleihen. In unserer Gegend scheint die Sitte erst spät aufgekommen zu sein; denn erst 1772 kaufte die Kirchenstiftung von Sachsen zwei solche Kronen um den Preis von 29 fl. 10 kr. Sie wurden offenbar gern benützt, denn gleich im ersten Jahre nahm die Kirche davon 4 fl. 44 kr. ein. Die beiden Kronen sind heute noch vorhanden und werden auch noch gebraucht.

 Die Einrichtung der staatlichen Standesämter vom 1. Januar 1876 ab brachte in Sachsen keinerlei Änderung der kirchlichen Ordnung hervor. Die von glaubensloser und unkirchlicher Seite erhoffte Zerstörung der kirchlichen Sitte ist auf dem Lande völlig ausgeblieben und trat auch in den Städten nur ganz wenig in Erscheinung. Bis zum heutigen Tage finden in der Pfarrei Sachsen die Taufen, die Trauungen und die christlichen Beerdigungsfeiern in alter Weise statt.


| 11. Der Mesnerdienst in Sachsen

 Von Anfang an war, wie bei jeder Pfarrkirche, so auch in Sachsen ein besonderer Mesnerdienst geordnet. Der Mesner oder, wie er anderwärts genannt wird, der Kirchner oder Küster hatte das Gotteshaus unter seiner Obhut und Pflege, mußte die kirchlichen Geräte, Gewänder und alles, was zur Kirche gehört, in Verwahrung nehmen, hatte für die Beibringung der nötigen Lichter, der Hostien, des Meßweines, des Weihwassers, des Öles für das ewige Licht, und was man sonst für den Gottesdienst und das Gotteshaus bedurfte, zu sorgen und endlich dem Geistlichen beim Anlegen der Meßgewänder behilflich zu sein. Auch bei den Gottesdiensten hatte er mitzuwirken, besonders bei der Messe; ferner hatte er für den Gesang einen Schülerchor zu leiten. Daneben lag ihm ob, das Geläute der Glocken zu versehen, bei Prozessionen die Kirchenfahne zu tragen, den Geistlichen bei auswärtigen Dienstgeschäften (Versehung der Sterbenden mit den heiligen Sakramenten u. a.) zu begleiten und überhaupt in jeder Weise dem Pfarrer in seinem Amt zu Dienst zu sein. Der Mesnerdienst war in alter Zeit ein sehr wichtiger Dienst, der viel Zeit in Anspruch nahm.

 Mit der Einführung der Reformation änderte sich darin vieles. Nicht wenige Dienstleistungen fielen weg, wie die Mitwirkung bei den täglichen Messen. Anderes blieb bestehen, wie die Leitung des Schülerchores und des gottesdienstlichen Gesanges (Kantoratsdienst), bis späterhin Orgeln eingerichtet und damit ein eigener Organistendienst geschaffen wurde. Wesentliche Änderungen brachte überhaupt in der Folgezeit die Verbindung des Schuldienstes mit dem Mesnerdienst, wovon später die Rede sein wird.

 Aus der Zeit vor der Reformation sind uns keine Namen von Mesnern überliefert. Erst um das Jahr 1550 hören wir den Namen Hans Eberlein nennen, dann von 1571 ab Heinz Weiß und von 1595 ab dessen Sohn Hans Weiß. Auch diese Namen wären uns wohl nicht berichtet worden, wenn nicht wieder die unglückseligen Zwistigkeiten zwischen Nürnberg und Ansbach hereingespielt hätten. Von alters her war es nämlich feste Ordnung gewesen, daß der Mesner alljährlich, meist am Stephanstag (26. Dezember), von dem Pfarrer und den vier Gotteshauspflegern im Pfarrhof gedingt und daraufhin von dem Pfarrer in Pflicht genommen wurde. Irgendeine weitere Bestätigung oder Verpflichtung gab es nicht. Um das Jahr 1580 begann jedoch der nürnbergische Pfleger in Lichtenau zu fordern, daß der gewählte Mesner auch von ihm bestätigt und verpflichtet werde und daß dieser als Anerkennung der Oberherrlichkeit Nürnbergs jährlich eine „Verspruchhenne“ nach Lichtenau abliefere.| Alle Einsprüche des Pfarrers von Sachsen und der Ansbacher Behörden halfen nichts, der Mesner mußte der Gewalt nachgeben und sich fügen. Aber die Eingriffe des Nürnberger Pflegers gingen noch weiter. Als um 1578 der damalige „Schu1meister“ Joachim Schmidt vom Pfleger kurzerhand abgesetzt wurde und nach Neustadt verzog, wollte Pfarrer Löscher an Stelle des bisherigen Mesners, der weder lesen noch schreiben noch in der Kirche vorsingen konnte, einen anderen tüchtigen Mesner anstellen, der dies alles verstand und darum auch Schule zu halten vermochte; aber der Pfleger vereitelte dies auf Anstiften der beiden nürnbergischen Gotteshauspfleger und befahl, den alten Mesner wieder zu wählen, ohne sich um den Einspruch des Pfarrers und der beiden markgräflichen Gotteshauspfleger zu kümmern. Ein neuer Versuch des Pfarrers im Jahre 1593 wurde ebenfalls von Lichtenau aus vereitelt. Erst 1595 erreichte es Pfarrer Löscher, daß der inzwischen alt gewordene Mesner nicht mehr gedingt und für ihn wenigstens sein Sohn Hans Weiß angenommen wurde.

 Im Dreißigjährigen Kriege erscheint eine sehr üble Persönlichkeit als Mesner von Sachsen, nämlich Wolf Freudel, von dem schon auf S. 118 die Rede war. Dann werden genannt Hans Baur, nach ihm Hans Zweig, dann Hans Hoffmann und weiterhin Matthes Hoffmann. Unter diesem wurde der Schuldienst dauernd mit dem Mesnerdienst verbunden. Der weltliche Kirchendienst erscheint deshalb in der Folge als ein Bestandteil des Schuldienstes. Je mehr aber der letztere an Bedeutung gewann, um so mehr machte sich das Bestreben der Lehrerschaft geltend, wenigstens von den niederen Geschäften des Mesnerdienstes befreit zu werden und nur noch den höheren kirchlichen Dienst als Kantoren und Organisten beizubehalten. Die Gemeinden trugen dem in einzelnen Punkten, wie beim Läuten der Glocken, bei der Kirchenreinigung und anderem, mit der Zeit Rechnung; doch konnte eine volle Lösung dieser immer schwieriger werdenden Frage erst dann erfolgen, als der Staat auf die Einkünfte des Kirchendienstes für die Schule verzichtete und die längst ersehnte Trennung von Kirchen- und Schuldienst durchführte. Das geschah mit Anfang des Jahres 1919. Seitdem gibt es wieder einen selbständigen Mesnerdienst.

 Er hat sich aber nun ganz anders gestaltet, als er in der Vergangenheit war. Kantorat und Orgelspiel und ähnliche Mitwirkung bei den Gottesdiensten und kirchlichen Handlungen, z. B. Beerdigungen, ist in Wegfall gekommen; er hat nur noch die einfachen, leicht zu versehenden Dienstleistungen an der Kirche zu vollziehen. In Sachsen ist mit diesem Mesnerdienst noch die Obliegenheit des Blasbalgtretens, des Klingelsacktragens und des Totengräberamtes verbunden. Das Amt eines Kantors und Organisten wurde seit 1919| einem der Lehrer in Sachsen vertragsweise gegen entsprechende Entschädigung übertragen.

 Zum Mesnerdienst gehörte von alters her ein eigenes Mesnerhaus, das ganz nahe bei der Kirche nordwestlich davon stand. Nach Einrichtung der Schule wurde es zugleich als Schulhaus benützt, ohne damit jedoch seine Eigenschaft als Mesnerhaus zu verlieren. Das Nähere über dieses Haus wird in dem späteren Abschnitt von der Schule nachgetragen werden.

 Das Einkommen des Mesners bestand ehedem aus der Nutznießung von zwei der Kirchenstiftung gehörigen Grundstücken, dem Milmersdorferwegacker und der Stegwiese, beide zusammen 1,96 Tagwerk groß. Bei der Trennung von Schul- und Kirchendienst fiel die Nutznießung wieder an die Stiftung zurück. Weiter gehörten zum Einkommen vier jährliche Sammlungen: Eine Läutgarbensammlung, eine Eiersammlung um Ostern, eine Flachssammlung im Herbst, und die Einsammlung des um Weihnachten und Neujahr fälligen Umsinggeldes. Diese Sammlungen bestehen heute noch zu Recht und werden gegenwärtig in zweimaligem Umgang durch die Pfarrgemeinde, im Frühjahr und Herbst, eingehoben, wobei teils Geld, teils Naturalien gereicht werden. Dazu kommt in der Gegenwart noch eine bare Geldbesoldung aus der Kirchenstiftung, sowie die üblichen Gebühren bei kirchlichen Amtshandlungen. Der Totengräberdienst ist besonders zu entschädigen.

 In früherer Zeit gehörte zum Mesnerdienst noch das Hochzeitladen, das seiner Natur nach nicht wenig einträglich war. Auch hier griff der Pfleger von Lichtenau ein, indem er das Hochzeitladen in den zu Nürnberg gehörigen Orten (Sachsen, Volkersdorf, Rutzendorf usw.) dem Mesner von Lichtenau zuwendete und so den Mesner von Sachsen schädigte.


12. Konfessionelle Bewegungen

 Die Pfarrgemeinde Sachsen trat seinerzeit geschlossen dem evangelischen Glauben bei. Von irgendwelchen Widerständen ist nichts in den alten Schriften zu lesen, auch nicht davon, daß etwa einzelne Orte oder Familien den alten Glauben beizubehalten wünschten. Letzteres hätte wohl ohne besondere Schwierigkeiten geschehen können, da man sowohl im Markgrafentum als auch im Gebiet der Stadt Nürnberg nicht unduldsam gegen Andersgläubige war. Ließ man doch auch das Chorherrstift in Ansbach mit seinen katholischen Insassen weiterbestehen, solange noch solche vorhanden waren (bis 1563). Sachsen war somit ein rein evangelischer Pfarrbezirk geworden.

|  Nur selten ließ sich ein Katholik im Pfarrbezirk nieder, und auch dann nur auf kurze Zeit. Er hielt in diesem Falle zur nächstgelegenen katholischen Pfarrei, zur Stadt Eschenbach. So lebte nach dem Dreißigjährigen Kriege auf der Zandtmühle Hans Jörg Hagenauer, „ein guter Papist“, wie es im Kirchenbuche heißt; als er 1695 starb, wurde er auf seinen Wunsch in Eschenbach begraben. Mit den österreichischen Emigranten (S. 124) waren auch einige Katholiken ins Land hereingekommen; aber sie ließen sich alsbald vom evangelischen Geistlichen Unterricht geben, wie Pfarrer Kehrer 1656 berichtete. Im Jahre 1667 wurde zwischen dem Markgrafen und dem Deutschherrenorden in Eschenbach eine Vereinbarung dahingehend getroffen, daß alle Katholiken im markgräflichen Gebiet um Eschenbach sich frei zur dortigen katholischen Kirche halten dürften, während umgekehrt auch die Evangelischen im Eschenbacher Gebiet freien Zugang zu einer benachbarten evangelischen Pfarrei haben sollten. Nur zum Eintrag in die Kirchenbücher und zur Entrichtung der fälligen kirchlichen Gebühren mußte sich jeder Teil an die Pfarrei seines Wohnsitzes wenden.
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 Heute noch lebt im Volksmunde die Erinnerung an die vertriebenen Salzburger, die im Jahre 1732 auch durch unser Land zogen. Der Erzbischof Firmian in Salzburg hatte sich bei seinem Regierungsantritt vorgenommen, sein Land gründlichst von aller „Ketzerei“ zu reinigen, selbst wenn „Dornen und Disteln auf den Äckern wachsen sollten“, wie ein Wort von ihm gelautet haben soll. Mit Jesuiten und Soldaten ging er gegen die vielen Evangelischen in seinem Lande vor und suchte sie durch hohe Geldstrafen, Einquartierungen und Gefängnishaft mürbe zu machen. Als alles nichts half, ließ er ihnen nur noch die Wahl, entweder wieder katholisch zu werden oder Haus und Hof zu verlassen und in die Fremde zu ziehen. In dem schweren Widerstreit zwischen Glauben und Heimat wählten Tausende und aber Tausende den Glauben und verzichteten lieber auf die Heimat und alles, was ihnen in der Heimat lieb und wert war. Auf ihre Bitten hin hatte der König Friedrich Wilhelm I. von Preußen versprochen, ihnen in seinem Lande eine neue Heimat aufzutun, in Ostpreußen, wo es noch viel unbebautes Land gab. Und so machten sie sich, zum Teil noch im Winter, getrost auf den Weg mit dem wenigen Besitztum, daß ihnen verblieben war. Es war ein harter Weg. Denn gleich anfangs mußten sie durch katholisches Gebiet ziehen, durch Altbayern, wo sie allerlei Widerwärtigkeiten zu überwinden hatten. Auch später, als der Weg sie durch Schwaben und hernach durch das Bamberger Land führte, hatten sie nicht wenig von der katholischen Bevölkerung zu leiden. Aber mit Bedacht hatte man sie soviel als möglich durch evangelische Gebiete| gewiesen, schon im Schwabenlande, wo besonders die Städte evangelisch waren, dann im Ries und weiterhin im Markgrafentum Ansbach und im Gebiet der freien Reichsstadt Nürnberg. Die beiden letzteren Länder hatten ganz genaue Reisepläne ausgearbeitet, damit der Durchzug der vielen Tausende ungehindert vonstatten gehen konnte und damit sie überall gute Unterkunft und auch sonst jede Unterstützung fänden.

 Schon Ende Mai 1732 langte der erste Zug mit 1815 Seelen im markgräflichen Gebiete an, wurde in Gunzenhausen und Umgebung untergebracht und zog dann weiter nach Windsbach und Umgebung, ferner nach Schwabach, dann an Nürnberg vorbei in das Bayreuther Land. Am 23. Juni kamen von Wieseth her 300 Salzburger, die in Sachsen, Alberndorf, Steinbach, Ratzenwinden, Rutzendorf, Volkersdorf, Hirschbronn und Milmersdorf Unterkunft fanden und tags darauf nach Ammerndorf und Umgebung weiterwanderten. Gleichzeitig waren 150 Leute in Petersaurach, Langenlohe, Büschelbach und Wicklesgreuth einquartiert, weitere 150 in Katterbach, Neukirchen, Obereichenbach und Thurndorf, 100 in Eyb, Kaltengreuth, Pfaffengreuth und Untereichenbach, 150 in Brodswinden, Wallersdorf, Höfstetten und Claffheim. Diese Abteilungen wurden am folgenden Tage nach Raitersaich, Roßtal, Müncherlbach und andere benachbarte Orte weiterbefördert. Am 4. Juli trafen vom Ries her 200 Leute in Lichtenau, Malmersdorf und Herpersdorf ein, 150 in Oberrammersdorf, Zandt, Unterrottmannsdorf und Wattenbach, andere Gruppen in Weidenbach, Merkendorf usw.; der Weitermarsch geschah in der Richtung Rohr, Müncherlbach, Regelsbach und andere nahegelegene Orte, dann nach Fürth und Umgebung. Am 11. Juli wurden wieder 200 Salzburger nach Zandt, Oberrammersdorf und Unterrottmannsdorf gelegt, andere 200 nach Rutzendorf und Volkersdorf. Der 23. Juli brachte 860 Emigranten nach Lichtenau, Petersaurach und anderwärts, der 30. Juli wieder 906 nach Immeldorf, Windsbach und Nachbarorte.

 Das waren die Züge, die unsere Pfarrei und die nächste Umgebung berührten. Gleichzeitig gingen aber noch viele Züge östlich und westlich durch das markgräfliche und nürnbergische Land, jeder Zug von den beteiligten Regierungen bestens geleitet und versorgt. Im ganzen zogen durch das Ansbacher Gebiet 13643 Salzburger. Andere Tausende nahmen ihren Weg durch benachbarte Gebiete. Die Gesamtzahl aller Auswanderer wird auf 20–30000 angegeben.

 Die Durchziehenden wurden selbstverständlich von ihren Glaubensgenossen überall aufs liebevollste aufgenommen und bestens versorgt. Vielfach wurde auch Geld für sie gesammelt. Man| tat alles, um ihr hartes Los zu lindern. Man war auch bereit, Leute dauernd bei sich aufzunehmen; doch konnte es sich dabei nur um einzelne Personen handeln, da ja das Land voll besetzt war und für größere Niederlassungen keinen Raum mehr bot. Immerhin erklärten sich z. B. im Amt Lichtenau, also auch in Sachsen, Volkersdorf und Rutzendorf, mehrere Familien bereit, bis zu 45 Personen für immer bei sich unterzubringen. Es wurde dann auch von den schon im März eingetroffenen ersten Ankömmlingen eine kleine Zahl nach Lichtenau und in die Umgebung gesandt. Aber als später die Hauptzüge anlangten, zogen es doch diese wenigen vor, sich ihren Landsleuten anzuschließen und mit ihnen weiter nach Norden zu ziehen. Nur ganz vereinzelte „Salzburger“ ließen sich dauernd bei uns nieder. Am bekanntesten ist die Kaminkehrersfamilie Schaitberger, die aber schon 1685 aus Salzburg ausgewandert war und sich zuerst in Nürnberg festgesetzt hatte und erst um 1736 nach Ansbach kam. Joseph Schaitberger hat den früher viel verbreiteten „Sendbrief“ an seine Glaubensgenossen in der Salzburger Heimat geschrieben.

 Im Beerdigungsbuch der Pfarrei Sachsen steht eine Ehefrau Apollonia Lechner verzeichnet, die mit dem Auswandererzug am 23. Juli nach Lichtenau gekommen war, dort aber am 25. Juli 1732 im Kindbett starb und auf dem Kirchhof in Sachsen beigesetzt wurde. Ferner ist unterm 30. April 1743 eine ledige Susanna Schnellendorfer im Totenbuch eingetragen, die Tochter des Christoph Schnellendorfer, „eines um der Religion willen vertriebenen Österreichers“; doch ist nicht ersichtlich, ob es sich um eine Salzburger Familie handelt, oder um eine erst später, vielleicht aus Ober- oder Niederösterreich zur Auswanderung gezwungene Familie.

 Auch aus Frankreich kamen evangelische Glaubensgenossen herein in unser Land. Sie hatten dort ebenfalls um ihres Glaubens willen flüchten müssen. Es waren Reformierte, die man „Hugenotten“ nannte. Eine kleine Zahl ließ sich 1685 in Hennenbach nieder, zog aber bald nach Schwabach weiter, wo sich bereits eine größere Gruppe ansässig gemacht hatte. Dort ließ ihnen die Markgräfin eine eigene Kirche bauen, worin lange fort Gottesdienste in französischer Sprache gehalten wurden. Andere Flüchtlinge wurden in Erlangen und besonders in Preußen angesiedelt.

 Eine so gut wie rein evangelische Gemeinde ist Sachsen bis zum heutigen Tage geblieben. Bei der letzten Volkszählung im Jahre 1939 wurden neben den Evangelischen nur sieben Katholiken festgestellt, und auch das waren zumeist Dienstboten, also nicht dauernd Ansässige.


| 13. Die Sebastians-Bruderschafts-Stiftung mit Kirche und Krypta (Fortsetzung zu S. 79)

 Nach der Einführung der Reformation waren alle Bruderschaften zwecklos geworden. Auch die Sebastians-Bruderschaft in Sachsen löste sich darum auf. Am St. Veitstag (15. Juni) 1529 kamen die „Brüder“ zum letztenmal zusammen, um über die weitere Verwendung des vorhandenen Vermögens zu beschließen. Unter dem Vorsitz des damaligen Pfarrers Hofmann beschlossen sie, das Geld, das man bisher für Messen ausgegeben hatte, künftig armen Leuten zuzuwenden neben dem, was auch bisher schon öfters für diesen Zweck geschehen war. Da die Verwendung für Seelenmessen stets den Hauptteil der Einnahmen beansprucht hatte, so war mit diesem Beschluß die Bruderschafts-Stiftung zu einer rein kirchlichen Wohltätigkeitsstiftung umgestaltet worden. Nur für die Erhaltung der Kirche (Kapelle) und für etwaigen Mesnerdienst an derselben waren noch Aufwendungen zu machen. Da die Armenpflege und sonstige Wohltätigkeit damals ganz in den Händen der Kirche lag, so war es selbstverständlich und entsprach auch gewiß dem Willen der Stifter, daß die Verwaltung und Verwendung der Stiftungsmittel ganz und gar in den Händen der Kirche und ihrer Organe verblieb. So wurde es auch in der ersten Zeit gehandhabt: Der Pfarrer von Sachsen übte die Oberaufsicht über die Stiftung aus und die beiden im Benehmen mit der Gemeinde aufgestellten Stiftungsverwalter, die „Brüdermeister“, mußten alljährlich vor ihm Rechnung ablegen.

 Die Rechnungsstellung vor dem Pfarrer ist auch bis in die neuere Zeit herein geblieben, weshalb fast sämtliche Rechnungen heute noch beim Pfarramt in Verwahrung liegen. Aber im übrigen mischte sich wieder Nürnberg ein. Es nahm zunächst für sich das Recht der Oberaufsicht in Anspruch und die Rechnung durfte nur noch im Beisein des Lichtenauer Amtspflegers gelegt werden. Später behandelte es die Stiftung als Anhängsel zum Landalmosenamt in Nürnberg und ließ nur noch Untertanen des Reichen Almosens zu Brüdermeistern wählen, obwohl doch die Stiftung der gesamten Pfarrei gehörte. Nürnberg griff weiter auch in die Verwendung der Stiftungsmittel ein und behielt sich schließlich das alleinige Bestimmungsrecht vor ohne Rücksicht auf den Stiftungszweck. Der Pfleger des Reichen Almosens nahm 1561 sogar die Akten und Rechnungen der Stiftung an sich. Wohl protestierten das Pfarramt und die markgräfliche Regierung gegen dieses eigenmächtige und willkürliche Vorgehen und betonten immer wieder, daß die Stiftung ein Anhang zur Kirche von Sachsen sei und darum wie diese dem Markgrafen| unterstehe; allein Nürnberg kehrte sich nicht daran und hielt seine Hand fest auf der Stiftung. So kam es, daß durch Nürnberg die kirchliche Stiftung mehr und mehr verweltlicht wurde. Unter der bayerischen Regierung seit 1806 suchte man die Kirche völlig auszuschalten, wie Pfarrer Günther 1854 klagte. Damals wurde allerdings das Pfarramt wieder in sein Aufsichtsrecht über die Stiftung eingesetzt; aber später überging man doch wieder den Pfarrer, und heute steht es so, daß die Kirche völlig beiseite gesetzt ist. Lediglich über die Verwendung der von alters her für Armenzwecke ausgeworfenen Mittel hat noch das Pfarramt zu bestimmen.
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 Bei dieser durch Nürnberg herbeigeführten Unterstellung der Verwaltung unter weltliche Hände ist es nicht zu verwundern, daß auch der Stiftungszweck, die Verwendung der Einnahmen für Arme, mit der Zeit mehr und mehr außer acht gelassen wurde. Stiftungsgemäß wurde nur 1529 und in den nächstfolgenden Jahren verfahren. Aber dann wurden bald andere Zwecke in den Vordergrund geschoben. Einiges wurde der Kirche und dem Pfarrhaus zugewendet, allerdings nur leihweise. Vor allem aber war es die Schule, die später als Nutznießerin der Stiftung eingeschoben wurde. Im Jahre 1565 erscheint zum erstenmal ein bezüglicher Posten in der Rechnung: „2 fl. dem Schulmeister aus Geheiß des Herrn“. Der Herr war der Amtspfleger von Lichtenau, der so widerrechtlich den Stiftungszweck änderte. Weiterhin erscheinen dann immer wieder Ausgaben für die Schule, nicht nur für arme Schulkinder, was dem Stiftungszweck entsprach, sondern auch für Bauvornahmen am Schulhause, was stiftungswidrig war. Als Pfarrer Held von Lichtenau im Jahre 1808 die Pfarrei Sachsen verweste, berichtete er geradezu über die Stiftung: „Davon wird das Schulhaus unterhalten“; so sehr war damals schon das Bewußtsein über den eigentlichen Zweck der Stiftung geschwunden. Als 1813 das alte Schulhaus, genauer das alte Mesnerhaus, einem gründlichen Umbau und Aufbau unterzogen wurde, verwendete man dazu nicht nur das Baumaterial von der damals abgebrochenen Sebastianskirche, die der Stiftung gehörte, sondern man zehrte auch aus den vorhandenen Kapitalien 1440 fl. ein. Da diese nicht sofort flüssig waren, mußte die Stiftung vorübergehend sogar noch Geld aufnehmen (in Großenried, Eschenbach, Veitsaurach und anderwärts). Auch 1829 und 1830 kommt das Schulhaus wieder in der Stiftungsrechnung vor. Ebenso mußte 1884 die Stiftung herhalten, als das alte Schul- und Mesnerhaus abgebrochen und ein neues an seine Stelle gesetzt wurde. Freilich reichten zum Neubau die Mittel der Sebastiansstiftung nicht aus, so daß für die Mehrkosten die Schulgemeinde eintreten mußte. – So ist im Laufe der Zeit der Zweck der Stiftung fast völlig durch die weltlichen Behörden| verändert worden. Aus der kirchlichen Stiftung wurde eine weltliche gemacht, aus der Bestimmung für Arme wurde in der Hauptsache eine Bestimmung für die Schule, wenn auch die Armen niemals völlig ausgeschaltet wurden.

 Zur Zeit der unseligen Stiftungsadministration (1808–1817) hat auch die Sebastians-Bruderschafts-Stiftung ihre schmerzlichen Erfahrungen machen müssen. Im Jahre 1809 konnte das Pfarramt Sachsen für seine Armen nur 5 fl. anstatt der von früher her festgesetzten 50 fl. von der Administration erlangen. Eine beim Schulhausbau 1813 aufgenommene Schuld von 125 fl. wurde von der Administration nicht rechtzeitig zurückbezahlt, so daß es später – ähnlich wie bei der Kirchenstiftung – zu bösen Nachforderungen für Kapital und Zinsen kam. Einen angestrengten Prozeß verlor die Stiftung 1844 und hatte zu allem noch die Prozeßkosten zu tragen.

 Die Stiftung besaß ehedem an Grundstücken vier Wiesen: 1 Tagwerk (nach altem Maße) bei der Büchenmühle, 1/4 Tagwerk unter dem Pfarrgarten, 1/4 Tagwerk bei der Erlamühle, 1/2 Tagwerk bei der Zandtmühle. Nur die erstgenannte Wiese ist noch bei der Stiftung. Die anderen wurden verkauft, zwei davon erst 1883. Der Pachtertrag beläuft sich zur Zeit auf 80 RM. An Kapitalien waren 1813 vorhanden 4550 fl., 1866 3390 fl., 1878 7620 M, 1883 9126 M (hier mit Einschluß der Beckschen Stiftung). Nach dem Weltkrieg gingen infolge der Inflation die Kapitalien zumeist verloren, so daß gegenwärtig nur noch rund 1600 M vorhanden sind, wobei die Restbeträge von zwei kleinen Stiftungen hinzugenommen wurden. Die geringen jetzt noch anfallenden Erträgnisse des Stiftungsvermögens werden gegenwärtig im allgemeinen stiftungsgemäß verwendet, da sie in der Hauptsache in gleichem Betrage wie früher dem Pfarramt zur Verteilung an Arme in der Gemeinde, vor allem auch an bedürftige Konfirmanden, übergeben werden. Soweit darüber hinaus noch Mittel zur Verfügung stehen, werden Anschaffungen für die Schule zu Unterrichtszwecken gemacht. Besonders wird damit noch ein alter Brauch aufrechterhalten, wonach an Allerheiligen (1. November) an die Schulkinder, an Pfarrer, Lehrer, Bürgermeister, Gemeinderäte und Kirchendiener eigens gebackene Weißbrote ausgeteilt werden.

 Die Sebastianskirche (Kapelle) war mit der Auflösung der Bruderschaft überflüssig geworden. Man ließ sie aber gleichwohl noch weiter bestehen, begnügte sich jedoch damit, nur das Dach und den darauf sitzenden kleinen Turm imstande zu erhalten, während man| das Innere der Kirche verwahrlosen ließ. Bei der Kirchenvisitation von 1680 wird sie in einem Bericht als ein an sich „feiner“, doch innen ganz leerer und übel beschaffener Steinbau bezeichnet. Es waren also Bänke, Altar und sonstige Ausstattungsgegenstände daraus verschwunden. Dafür hatte der Totengräber seine Geräte, Grabschaufel, Totenbretter und anderes darin hinterlegt. Auch die Bahren zum Tragen der Leichen waren in der Kirche hinterstellt. Auf dem Turm befand sich um 1768 ein Storchennest, das man bei einer Reparatur sorgsam zu erhalten suchte. Zu Gottesdiensten wurde die Kirche nur noch 1804 verwendet, als die Hauptkirche umgebaut wurde. Als 1813 das alte Schul- und Mesnerhaus erneuert wurde, brach man die Kapelle ab und verwendete das anfallende Material, soweit es brauchbar war, zum Hausbau; der Rest wurde versteigert.

 Der Krypta unter dem Chor der Sebastianskirche erging es noch schlimmer als der Kirche. Sie wurde nicht nur ihrer ganzen Einrichtung beraubt, sondern sie wurde auch zu recht irdischen Zwecken mißbraucht. Der Mesner und später die benachbarte Häfnerin sahen sie als einen guten „Keller“ an und verwahrten darin ihre Milch und einen Teil ihrer Feldfrüchte. Über den Zweck des Baues hatte sich eine Sage gebildet, daß nämlich darin einst „der Mönche oder eines anderen Begräbnis gewesen“. Beim Abbruch der Kapelle dachte man daran, die Krypta einzufüllen; man unterließ es aber, vermutlich weil es zuviel Arbeit gemacht hätte oder vielleicht auch aus anderen rein praktischen Erwägungen. Im Jahre 1919 wurde über dem noch immer festen Gewölbe, das überdies im Innern der Krypta durch einen Pfeiler gestützt wurde, das Denkmal für die im Weltkrieg Gefallenen errichtet.

 Aus einer fachmännischen Beschreibung der Krypta durch Architekt Braun in Erlangen sei folgendes angeführt: Der ganze Raum ist 4 m breit und 5,5 m lang. Er ist durch einen Chorbogen deutlich in zwei Teile geschieden, den ostwärts befindlichen Chor und das anschließende kurze Schiff. Letzteres ist von einem einfachen, 2,2 m hohen Tonnengewölbe überspannt. Der Chor schließt nach Osten im Achteck ab, wie es auch von außen erkennbar ist. Darüber steht ein entsprechendes Gewölbe mit sechs Rippen, die oben zusammenlaufen. Im Chor stand offenbar der Altar. Eine von Südosten her in die Krypta hinabführende Treppe endete noch hinter dem Altar, um den man also herumgehen mußte, um vor den Altar zu gelangen. Das Innere war einst sichtlich hübsch ausgestattet und zeigt sogar noch Spuren von Bemalung. Beleuchtet wurde der Raum nur durch zwei schmale, heute noch vorhandene Fenster. Das Ganze war eine stimmungsvolle, zu stiller Gebetsandacht geeignete Stätte.


| 14. Wohltätigkeitsstiftungen

 In neuerer Zeit fielen verschiedene Stiftungen an, die zwar an sich nicht kirchlich sind, aber doch irgendwie die Kirche berühren.

 1. Die Becksche Stiftung. Gefängnisaufseher Beck in Lichtenau stiftete mit seiner Frau im Jahre 1876 ein Kapital von 300 fl., dessen Zinsen alljährlich zur Hälfte an die Schulkasse in Sachsen zum Ankauf von Schulbüchern für arme Kinder fallen, zur anderen Hälfte bedürftigen Konfirmanden zukommen sollten. Die Verwaltung der Stiftung wurde der Gemeinde Sachsen übertragen, die Verteilung an die Konfirmanden sollte das Pfarramt Sachsen vornehmen. Durch die Inflation ging jedoch der größte Teil des Kapitals verloren, der Rest wurde mit der Sebastiansstiftung vereinigt.

 2. Die Lierhammersche Stiftung. Von der Familie Lierhammer auf der Weidenmühle wurden 1025 M im Jahre 1904 gegeben, um mit den anfallenden Zinsen bedürftige Konfirmanden aus der Gemeinde Unterrottmannsdorf mit Zandt zu bedenken. Ein etwaiger Zinsenrest sollte der Armenpflege zufallen. Auch dieses Kapital hat durch die Inflation schwer gelitten, so daß gegenwärtig nur noch etwa 25 RM Jahreszinsen verteilt werden können.

 3. Die Blümleinsche Stiftung. Johann Michael Blümlein in Merkendorf stiftete 31/4 Tagwerk Wiesen im Altmühlgrund für Schulzwecke. Aus dem Pachtertrag sind jährlich 2/3 in Merkendorf zu verwenden, 1/3 aber in Zandt zur Beschaffung von Lernmitteln für bedürftige Schulkinder und ähnliche Zwecke.

 4. Die Leidelsche Stiftung. Der Gütler und Maurermeister Johann Georg Leidel in Sachsen (Hs.–Nr. 19) gab einst 200 fl. für Arme in der Gemeinde Sachsen. Der aus der Inflation gerettete geringe Vermögensrest wurde ebenfalls mit der Sebastiansstiftung vereinigt.

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 Neben diesen einheimischen Stiftungen seien noch zwei auswärtige erwähnt, an denen Pfarrangehörige im Bedarfsfall Anteil haben können:

 a) Die Dörnbergsche Waisenfondsstiftung, vor etwa 40 Jahren von dem Grafen Dörnberg in Regensburg errichtet.| Sie verfolgt den Zweck, mittellosen, deutschen, protestantischen, ehelichen Voll- und auch Halbwaisen vom 6.-16. Lebensjahre eine jährliche Unterstützung von 250 RM zu gewähren. Meldungen sind durch die Pfarrämter einzureichen.

 b) Die Mittelfränkische Waisenstiftung. Sie steht unter der Verwaltung des Evangelisch–Lutherischen Landeskirchenrats in München und wird hauptsächlich durch eine jährliche Kollekte gespeist. Sie will vor allem solchen Waisen helfen, die sonst trotz Bedürftigkeit keine Unterstützung finden. Gesuche um Zuwendungen aus dieser Stiftung sind ebenfalls bei den Pfarrämtern abzugeben.


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