Seite:Georg Rusam - Geschichte der Pfarrei Sachsen.pdf/220

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

 Kirchenvisitationen scheinen in Sachsen nur jeweils bei der Einsetzung eines neuen Pfarrers gehalten worden zu sein. Nach dem Vergleich von 1653 sollten dabei Ansbach und Nürnberg immer zusammengehen. Das hatte natürlich seine Schwierigkeiten, weshalb wohl die Visitationen so selten stattfanden. Es war dabei stets der markgräfliche Dekan von Leutershausen tätig und zugleich ein Geistlicher aus Nürnberg (z. B. 1680 Prediger Feuerlein, 1717 Prediger Wetzel). Über den Stand christlicher Kenntnisse wurden bei dieser Gelegenheit nicht nur die Kinder und die Jugend geprüft, sondern auch die Erwachsenen, Männer und Frauen. Diese Ordnung rührte noch von der Reformationszeit her, wo anfangs die Unwissenheit in Glaubenssachen so ungeheuer groß war, daß man die „Christenlehren“, d. h. den sonntäglichen Unterricht für alle Christen, für jung und alt, einrichten mußte. Dazu kam, daß damals von einem geordneten Schulwesen noch keine Rede war, so daß die christliche Unterweisung ausschließlich in der Kirche erfolgen mußte und für die Jugend erst später in die Schule verlegt werden konnte.

 Was bei diesen Visitationen herauskam, war recht verschieden, je nachdem die prüfenden Herren schwere oder leichte Fragen stellten, je nachdem sie mehr den allgemeinen Stand christlicher Erkenntnis ins Auge faßten oder besondere Kenntnisse im Katechismus, in Bibelsprüchen und anderem forderten. So berichtete 1680 der nürnbergische Prediger Feuerlein, er habe die Leute „in ihrem Katechismus und Christentum so fein unterrichtet befunden, daß man mit ihnen noch wohl zufrieden sein konnte“. Dagegen schreibt der Prediger Wetzel 1717, die Jugend habe sich willig examinieren lassen, aber bei vielen sei große Unwissenheit vorhanden gewesen, wenn es auch nicht an solchen fehlte, die noch ziemlich aus dem Katechismus und sonst hätten antworten können; bei den Älteren seien etliche ganz roh und unwissend gewesen, andere besser, wenige hätten prompt antworten können, doch hätten sie sich alle willig examinieren lassen. Die Prüfung währte damals 21/2 Stunden. Auch bei den folgenden Visitationen schwankten die Urteile sehr. Auffallend ist ein Bericht von 1759, der hervorhebt, daß Knaben und Mägdlein nicht recht mitkamen, dagegen die Erwachsenen zum Teil recht gründlich zu antworten vermochten; besonders hätten sich zwei Frauen auf den vordersten Bänken hervorgetan, sowie ein Mann, der dem Visitator auf Schritt und Tritt folgte, von dem sich aber hernach herausstellte, daß er ein auswärtiger Lehrer war. Aus den beiden letzten Bemerkungen erkennt man, daß sich die Visitatoren auch täuschen ließen.

 Im Jahre 1789 fand zum letztenmal eine derartige Visitation statt. Es war eine neue Zeit angebrochen, die auch kirchlich manche Änderung brachte. Nachdem der allgemeine Schulunterricht mit einem